DP noch eine Ausgabe
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mit der Polizei zu sprechen – und<br />
wie viel Wissen, Zeit und Erfahrung<br />
gibt es dort, um solche sensiblen<br />
Situationen im Interesse<br />
des Kindes zu lösen?<br />
Bei den schrecklichen Fällen,<br />
die in den vergangenen Monaten<br />
in den Medien diskutiert wurden,<br />
waren ja die Probleme seit längerem<br />
bekannt – und trotzdem hat<br />
niemand gehandelt.<br />
Was muss jetzt in Deutschland<br />
passieren? Wer ist in der Pflicht?<br />
Gewalt gegen Kinder geht jeden<br />
an. Trotzdem ist professioneller<br />
Kinderschutz eindeutig <strong>eine</strong><br />
Aufgabe des Staates. Die Diskussion<br />
um ein so genanntes „Frühwarnsystem“<br />
zur Identifizierung<br />
möglicherweise bedrohter Kinder<br />
von der Geburt an ist wichtig und<br />
richtig. Die Vernetzung der Institutionen,<br />
die mit Kindern zu tun<br />
haben und die Qualifizierung von<br />
Mitarbeitern sind zentral.<br />
Nur darf man dabei nicht bei<br />
Unser Gesprächspartner<br />
Rudi Tarneden ist Sprecher von<br />
UNICEF Deutschland<br />
„Modellprojekten“ stehen bleiben.<br />
Denn wenn nach ein paar<br />
Jahren die Förderung ausläuft,<br />
besteht immer die Gefahr, dass<br />
das erworbene Wissen und die<br />
verbesserte Handlungsfähigkeit<br />
wieder verloren gehen.<br />
Ich denke, dass auch der Austausch<br />
zwischen Polizei und<br />
Kinderschutzeinrichtungen weiter<br />
entwickelt werden kann – um<br />
die jeweilige Arbeitsweise und die<br />
Probleme der Kinder besser zu<br />
verstehen.<br />
Grundsätzlich sollten auch<br />
Nachbarn, Freunde, Kindergärtner<br />
oder Lehrer ermutigt sein,<br />
hinzuschauen und ein Gespür zu<br />
entwickeln, wann zum Beispiel<br />
der Stress in <strong>eine</strong>r Familie umschlägt<br />
in Schläge gegen ihr Kind.<br />
Hier sind Initiative und Sensibilität<br />
gleichzeitig erforderlich, um<br />
offen Fragen zu stellen und auch<br />
Hilfe anzubieten.<br />
Wie bleibt UNICEF am<br />
Thema?<br />
Schwerpunkt der UNICEF-<br />
Hilfsprogramme sind die ärmsten<br />
Länder der Welt, die nicht über<br />
die Mittel und Institutionen verfügen,<br />
um die Grundversorgung<br />
der Kinder sicher zu stellen.<br />
In den Industrieländern arbeiten<br />
wir mit nationalen Organisationen<br />
wie dem Kinderschutzbund<br />
zusammen und leisten dabei<br />
Aufklärungs- und Lobbyarbeit.<br />
Beispielsweise hat <strong>eine</strong> Studie<br />
über Kinderprostitution im<br />
deutsch-tschechischen Grenzgebiet<br />
in 2004 dazu beigetragen, das<br />
Problem auf die Tagesordnung<br />
der Politik zu setzen und <strong>eine</strong><br />
Länder übergreifende Zusammenarbeit<br />
der Behörden mit anzustoßen.<br />
Mit Unterstützung des Auswärtigen<br />
Amtes wird UNICEF auch<br />
<strong>eine</strong> „kinderfreundliche“ Fassung<br />
der UN-Studie „Gewalt gegen<br />
Kinder“ erstellen und den Schulen<br />
in Deutschland zur Verfügung<br />
stellen.<br />
Gemeinsam mit anderen Kinderorganisationen<br />
setzt sich<br />
UNICEF dafür ein, ein starkes<br />
politisches Signal zu setzen und<br />
die Kinderrechte explizit in der<br />
Verfassung zu verankern.<br />
Das Gespräch führte<br />
Marion Tetzner<br />
1/2007 Deutsche Polizei 11