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Rauschtenberger-Ruhrstrasse 33. Heimatroman

Heimatroman und Entwicklungsgeschichte. Ein heißes Buch vom Leben am Rande des Ruhrgebietes kurz nach dem 2. Weltkrieg: Wie Julius »Jülle« Ewaldt seine Unschuld und Jugend verliert, als er hinter die Geheimnisse der Erwachsenen kommt und begreift, dass sie gar nicht anders können, as einander ständig zu verraten. Jülle ist einer, den man nicht so schenll vergisst ...

Heimatroman und Entwicklungsgeschichte.

Ein heißes Buch vom Leben am Rande des Ruhrgebietes kurz nach dem 2. Weltkrieg: Wie Julius »Jülle« Ewaldt seine Unschuld und Jugend verliert, als er hinter die Geheimnisse der Erwachsenen kommt und begreift, dass sie gar nicht anders können, as einander ständig zu verraten. Jülle ist einer, den man nicht so schenll vergisst ...

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mer. Jülle zog rechtzeitig die Finger weg. Der Nagel war verschwunden. „Der is weg.“<br />

Sie strich mit der Hand über den Nagelkopf, der zwischen den langschwänzigen bunten<br />

Vögeln und schwertförmigen Halmen des Tapetenmusters als grauer Punkt zu<br />

sehen war. „Dat gibt et doch nich.“ Jülle, dem schon leid tat, das Foto vom Schrank<br />

geholt zu haben, zog den Nagel mit den Fingernägeln wieder heraus, etwas Sand rieselte<br />

aus dem Loch.<br />

Sein Vater ließ ein trockenes Lachen hören. „Dat hält nie. Der Rahmen is viel zu<br />

schwer.“ So schnell gab Jülles kleine Mutti nicht auf. „Halt du dich da raus“, sagte sie.<br />

Sie versuchte es neben dem Loch, erst etwas höher, dann etwas tiefer. Sie erzeugte<br />

kleine Krater und winzige Sandhäufchen neben der Fußleiste.<br />

„Au! Verdammt!“ Sie steckte den Daumen in den Mund.<br />

„Halb so schlimm, Mutti. Das gibt nur’n blauen Fingernagel.“<br />

„Da brauch man’ Dübel“, sagte sein Vater. „Hab ich aber nich, sonst hätte ich dat<br />

schon lange gemacht.“ Sie verdrehte die Augen und sagte zur Zimmerdecke: „Sonst<br />

hätte er das natürlich schon lange gemacht.“<br />

Jülle holte das Kehrblech und den Handfeger und fegte den Sand vom Boden.<br />

„Is doch klar, warum der Geier die Bruchbude vergammeln lässt“, sagte sein Vater.<br />

„Warum denn?“ Jülle schüttete den Sand in den Kohlenkasten.<br />

„Damit er es möglichst bald abreißen kann.“<br />

„Ja und dann?“<br />

„Dann setzt er hier’n großes Wohnhaus hin.“<br />

„Wie Nummer 31?“<br />

„Genau.“<br />

„Das ist doch prima“, sagte Jülle, „dann kriegen wir endlich ne größere Wohnung<br />

und ich brauch nicht mehr in der Küche zu schlafen.“<br />

„Hast du’ne Ahnung.“ Sein Vater hatte für solche Gelegenheiten einen Karnevalsschlager<br />

parat und sang: „Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, wer hat so viel<br />

Pinkepinke, wer hat so viel Geld?“<br />

Jülles Mutter winkte ab. „Du hast doch nur Angst, dass dir was vom Saufen abgeht.“<br />

„Wenn wir wenigstens ein Badezimmer hätten“, sagte Jülle.<br />

„In Nummer 31 sind die Klos auch auf der halben Treppe“, sagte sein Vater.<br />

„Ja, aber wenigstens hat jede Familie ein eigenes.“<br />

„Warum sind die eigentlich bei uns außen am Haus?“<br />

„Wahrscheinlich gab es früher überhaupt kein Klo in der Hütte.“<br />

„Wo haben die denn ...“<br />

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