Pictorial 6-17
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feature<br />
Ritati imendiciur ad ut<br />
perionserio. Et fugiat<br />
volore simil exernatem<br />
sum et eum haribus,<br />
unt, vernatur<br />
Ritati imendiciur ad ut<br />
perionserio. Et fugiat<br />
volore simil exernatem<br />
sum et eum haribus,<br />
unt, vernatur<br />
Gleichen bedeutet, veranschaulicht Henk<br />
Wildschut in seinem Buch Ville de Calais.<br />
Auf 320 Seiten zeigt er, wie zwischen<br />
Juni 2015 und Oktober des folgenden<br />
Jahres bei Calais, ganz in der Nähe des<br />
Ortes, der zwischen 2006 und 2010 bereits<br />
unter dem Namen „The Jungle“<br />
weltweit traurige Berühmtheit erlangte,<br />
ein Flüchtlingslager entstand und wieder<br />
zerstört wurde. Unter der Aufsicht französischer<br />
Offizieller entstand auf einer gut<br />
einsehbaren, ebenen Fläche eine Siedlung,<br />
um diejenigen im Blick zu behalten,<br />
die monatelang darauf warteten, das<br />
Land Richtung England zu verlassen.<br />
Unprätentiös dokumentiert er den Aufbau<br />
der Hütten und das Wachsen einer<br />
Siedlung derjeniger, die eigentlich<br />
nicht an die Kanalküste gekommen waren,<br />
um länger dort zu bleiben. In geraden,<br />
klar gebauten Bildern dokumentiert<br />
Henk Wildschut die Architektur der<br />
Gebäude und die Einrichtung ihrer Innenräume.<br />
So entwickelt er eine Vorstellung<br />
vom Zusammenleben und des<br />
wirtschaftlichen Gefüges, das sich in kürzester<br />
Zeit hier entwickelt hat. Der Fotograf<br />
zeigt Menschen, die auf ihrer Flucht<br />
zu Ladeninhabern und Restaurantbesitzern<br />
wurden und erklärt in den beigestellten<br />
Texten die wirtschaftlichen Kreisläufe<br />
des Camps – Rabattaktionen für<br />
Selbstgedrehte inbegriffen. Seine Fotos<br />
entwickeln ein komplett anderes Bild von<br />
Flucht, als jenes, das bis dahin nicht nur<br />
von der französischen Kanalküste gezeigt<br />
wurde: Geschäftsinhaber vor ihren<br />
Regalen, drei Sorten Cola stehen zur<br />
Auswahl, eine Moschee und die mit Unterstützung<br />
einer Gemeinde in Calais<br />
aufgebaute christliche Kirche. Eine gut<br />
organisierte Infrastruktur für die, die nach<br />
ihren vergeblichen Versuchen, das Festland<br />
zu verlassen, hungrig und müde zurückkehren<br />
und im Camp auf eine neue<br />
Möglichkeit zur Überquerung des Kanals<br />
warten – oft für Monate.<br />
Henk Wildschut zeigt ein neues Bild und<br />
verweigert das schnelle Fazit. So wird<br />
seine Präsentation dem Thema in einer<br />
Weise gerecht, wie es eine wöchentliche<br />
Illustrierte nie könnte.<br />
Die Wundertüte ist leer<br />
Die Idee der Massenillustrierten, die ihre<br />
Leser immer wieder aufs Neue mit einer<br />
Mischung ganz unterschiedlicher, meist<br />
in keinem inneren Zusammenhang stehender<br />
Themen überraschen will, erweist<br />
sich immer wieder als ein für eine vertiefte<br />
Auseinandersetzung ungeeignetes<br />
Medium. Während die Idee der gedruckten<br />
Wundertüte mit einem zum Teil grotesken<br />
Nebeneinander von Geschichten<br />
als Ergebnis medialer Entwicklungen immer<br />
weniger Freunde findet, wächst bei<br />
den Lesern von Printmedien gleichzeitig<br />
der Wunsch nach einer vertieften Darstellung<br />
von Themen. Während Massenillustrierte<br />
alter Prägung an Auflage<br />
verlieren, kommen deshalb immer mehr<br />
Special-Interest und Very-Special-Interest-Zeitschriften<br />
auf den Markt, die<br />
sich ausgewählten Aspekten größerer<br />
Themen widmen. Monothematische Magazine<br />
präsentieren in ein und derselben<br />
Ausgabe aus verschiedenen Perspektiven<br />
betrachtete Facetten eines Themas.<br />
Dabei verschwinden die Grenzen zwischen<br />
den Büchern und monothematischen<br />
Magazinen. Ein Trend, der mit<br />
der Verbreitung der privaten Fernsehsender<br />
aufkam, als diese die Wochenmagazine<br />
immer älter aussehen ließen, verändert<br />
den Printmedienmarkt zusehends.<br />
Warnung vor dem Buch<br />
In Büchern werden immer öfter auch Inhalte<br />
aufbereitet, die für die breite Öffentlichkeit<br />
nicht unbedingt den gängigen<br />
Vorstellungen typischer Themen<br />
zur Präsentation in großformatigen Folianten<br />
entsprechen. Bilder der Opfer chemischer<br />
Kampfstoffe oder von Chemieunfällen<br />
verseuchte Stadtgebiete sind<br />
nicht unbedingt der Stoff, an den man im<br />
Zusammenhang mit Bildbänden denkt.<br />
Das ganze irritiert um so mehr, wenn der<br />
Autor auf dem Titel seines Buches auch<br />
noch einen Warnhinweis anbringt. „Warning:<br />
the following book contain pictures<br />
that may be disturbing to some viewers:<br />
viewer discretion is advised:“ Doch die<br />
Idee funktioniert.<br />
Wer sich nicht abschrecken lässt, dem<br />
erzählt Mathieu Asselin in „Monsanto:<br />
A Photographic Investigation“ zunächst<br />
das Märchen von Hänsel und Gretel in<br />
der Fassung einer historischen Firmenanzeige.<br />
Nachdem in weiteren Anzeigen<br />
des Unternehmens, Monsantos Kampf<br />
im gerechten Krieg für leckeren Kuchen<br />
oder einfach ein besseres Leben gezeigt<br />
wurde, schildert der Autor in vier Kapiteln<br />
das Unternehmen, seine Produkte,<br />
deren verheerende Wirkungen auf Menschen<br />
und Umwelt sowie den Kampf der<br />
Firma gegen seine Vertragspartner.<br />
Kombiniert mit Print-Anzeigen, Zeitungsartikeln<br />
und Lizenzvereinbarungen zeigen<br />
Prof. Lars Bauernschmitt<br />
lehrt Fotojournalismus<br />
an der<br />
Hochschule Hannover<br />
und der Justus<br />
Liebig Universität Gießen.<br />
www.larsbauern<br />
schmitt.de<br />
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