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Aktuell · Wissenswert · Offen - AWO in Chemnitz

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8<br />

<strong>AWO</strong> <strong>in</strong>tern<br />

L<strong>in</strong>kshänder auf dem rechten Weg… oder „Das mach ich doch mit l<strong>in</strong>ks!“<br />

Laut Statistik s<strong>in</strong>d etwa 25 Prozent unserer Bevölkerung L<strong>in</strong>kshänder. Die Vermutungen gehen sogar<br />

weit darüber h<strong>in</strong>aus.<br />

„Gib mir das schöne Händchen“, „der<br />

Stift kommt <strong>in</strong> die rechte Hand“ oder<br />

auch Worte wie „auf dem rechten Weg“<br />

und „Recht haben“ verdeutlichen uns <strong>in</strong><br />

eher unbewusster Art die Stellung von<br />

„Rechts“ <strong>in</strong> unserer Gesellschaft. Auf<br />

den ersten Blick ersche<strong>in</strong>t uns die Händigkeit<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des, die Benutzung der<br />

Hand besonders zum Schreiben, als eher<br />

nebensächlich.<br />

Im Beratungsalltag hat sich <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren mehr und mehr gezeigt, dass<br />

h<strong>in</strong>ter den verschiedensten Problemlagen<br />

und vor allem Schulproblemen die<br />

Benutzung der nichtdom<strong>in</strong>anten Hand<br />

liegen kann. Schaut man <strong>in</strong> die wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige<br />

Zusammenhänge <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

sehr deutlich erkannt, anderes bleibt<br />

immer noch unergründet verborgen.<br />

Statistiken weisen ca. 25 Prozent L<strong>in</strong>kshänder<br />

<strong>in</strong> unserer Bevölkerung aus, die<br />

Vermutungen gehen sogar von e<strong>in</strong>em<br />

Anteil von fast 50 Prozent aus.<br />

Längst haben wir uns von dem Irrglauben<br />

verabschiedet, dass es nur e<strong>in</strong>e Frage der<br />

Diszipl<strong>in</strong> ist, K<strong>in</strong>dern die Benutzung der<br />

rechten Hand e<strong>in</strong>fach anzutra<strong>in</strong>ieren.<br />

Denn dies ist, um mit den Worten von<br />

Dr. Barbara Sattler zu sprechen „e<strong>in</strong>er<br />

der massivsten E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> das menschliche<br />

Gehirn ohne Blutvergießen.“ Doch<br />

was genau ist damit geme<strong>in</strong>t?<br />

Das menschliche Gehirn besteht aus<br />

zwei Hemisphären, welches mittels ka-<br />

belförmiger Struktur Milliarden Nervenfasern<br />

verb<strong>in</strong>det. Kontralateral organisiert<br />

werden periphere Reize von der<br />

gegenüberliegenden Gehirnhälfte verarbeitet.<br />

Somit arbeitet beim äußerst<br />

komplizierten Prozess des Schreibens<br />

beim Rechtshänder die l<strong>in</strong>ke Hirnhälfte<br />

als Steuerzentrale und beim L<strong>in</strong>kshänder<br />

die rechte Hirnhälfte. Mit dem Glauben<br />

an Bequemlichkeit, Unwissen oder<br />

mechanischen Traditionismus me<strong>in</strong>te<br />

man noch im letzen Jahrhundert, den<br />

K<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong>en Gefallen zu tun, <strong>in</strong>dem<br />

sie beim Schreibenlernen der rechten<br />

Hand den Vorzug geben sollten.<br />

Schließlich ist unsere Welt auf RECHTS e<strong>in</strong>gestimmt.<br />

Massive Auswirkungen durch<br />

die Überlastung der nichtdom<strong>in</strong>aten<br />

Hirnhälfte und gleichzeitig die Unterbelastung<br />

der anderen führen zu verschiedenen<br />

Primär- und Sekundärfolgen.<br />

Dies können Gedächtnisstörungen z.B.<br />

beim Abrufen von Gelerntem, Konzentrationsstörungen,<br />

Blackouts, Fe<strong>in</strong>motorische<br />

Störungen und Sprachstörungen<br />

se<strong>in</strong>. Sekundärfolgen wie e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges<br />

Selbstbewusstse<strong>in</strong>, Zurückgezogenheit,<br />

unterschiedliche Verhaltensstörungen,<br />

Bettnässen, Nägelkauen und Emotionale<br />

Probleme stehen unverhältnismäßig oft<br />

im Zusammenhang mit der Umschulung<br />

der Händigkeit. Zahlreiche dieser<br />

Problemlagen können natürlich auch<br />

ohne die Umschulung der Händigkeit<br />

auftreten, werden aber, wie die Praxis<br />

zeigt, durch derartige Maßnahmen noch<br />

verstärkt. Wie e<strong>in</strong> „Wackelkontakt“ im<br />

Gehirn lassen sich die beobachteten Gedächtnisstörungen<br />

charakterisieren.<br />

Die Weichenstellung für die Nutzung der<br />

dom<strong>in</strong>anten Hand erfolgt nicht selten<br />

schon im Säugl<strong>in</strong>gs- und Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dalter.<br />

Fotos oder Filmaufnahmen dokumentieren<br />

bereits erste H<strong>in</strong>weise auf die<br />

bevorzugt benutzte Hand. Bei l<strong>in</strong>kshändigen<br />

K<strong>in</strong>dern ohne Bee<strong>in</strong>flussung ist<br />

schon als Baby deutlich die Bevorzugung<br />

zu erkennen.<br />

Geschieht hier, oft unbewusst, e<strong>in</strong> Prägen<br />

auf rechts, und das kann noch so<br />

sanft und liebevoll geschehen, werden<br />

auch kle<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der schnell erkennen,<br />

was von ihnen erwartet wird.<br />

Später <strong>in</strong> der Kita kommen die anderen<br />

K<strong>in</strong>der dazu, e<strong>in</strong> Abschauen verstärkt<br />

nochmals den Drang, es wie die anderen<br />

machen zu wollen. Und betrachtet man<br />

die im Alltag unbewusst ablaufenden<br />

Handlungen, f<strong>in</strong>den sich schnell unzählige<br />

Beispiele für e<strong>in</strong> Vorbild und drängen<br />

zur Benutzung der rechten Hand. Ob<br />

es das nach rechts ausgerichtet Besteck<br />

oder das Malzeug ist: damit geschieht<br />

die Gewöhnung.<br />

Lassen wir stattdessen den K<strong>in</strong>dern die<br />

angeborene Händigkeit, auch wenn es<br />

nicht immer leicht fällt: Worte wie „l<strong>in</strong>kisch“,<br />

„l<strong>in</strong>ks liegen lassen“ oder „l<strong>in</strong>ke<br />

Tour“ erwecken e<strong>in</strong>en negative E<strong>in</strong>druck.<br />

S<strong>in</strong>d sich Eltern, Erzieher oder Lehrer<br />

unsicher, weil e<strong>in</strong> ständiger Wechsel<br />

beobachtet wird oder L<strong>in</strong>kshändigkeit<br />

vermutet wird, dann kann e<strong>in</strong> Händigkeitstest<br />

mehr Klarheit br<strong>in</strong>gen.<br />

Auch gezielte Übungen zum Erlernen der<br />

richtigen Schreibhaltung für L<strong>in</strong>kshänder<br />

können wesentlich zur Besserung der<br />

Schreibmotorik, Stifthaltung und Tempoleistung<br />

beitragen.<br />

Nachfragen und Term<strong>in</strong>abstimmungen<br />

zu diesem Thema richten Sie bitte an:<br />

Erziehungsberatungsstelle der <strong>AWO</strong><br />

W<strong>in</strong>klerstraße 22<br />

Tel.: 0371/428762 oder<br />

eb@awo-chemnitz.de<br />

Redaktion: Gabriela Rückert<br />

Beratungsstelle für K<strong>in</strong>der, Jugend u. Familie

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