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05 40 Jahre kontinuierliche Nierenersatztherapie

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<strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>kontinuierliche</strong> <strong>Nierenersatztherapie</strong><br />

Happy Birthday: <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong><br />

<strong>kontinuierliche</strong> <strong>Nierenersatztherapie</strong><br />

für das akute Nierenversagen<br />

Im Jahr 1977 berichtete Peter Kramer<br />

erstmalig über eine <strong>kontinuierliche</strong><br />

<strong>Nierenersatztherapie</strong>, die kontinuierlich<br />

arterio-venöse Hämofiltration<br />

(CAVH) (Kramer P; Klin Wochenschr<br />

1977; 55:1121). Kramer stellte nach<br />

akzidenteller Punktion der Arteria femoralis<br />

fest, dass der arterielle Druck<br />

ausreichte, um an einem zwischengeschalteten<br />

Hämofilter ohne jede Pumpenunterstützung<br />

ein Ultrafiltrat zu<br />

erzeugen. Zur <strong>kontinuierliche</strong>n Applikation<br />

benötigte sie neben dem Filter<br />

lediglich einen arteriellen und venösen<br />

Zugang (Abbildung). Eine solche Therapieform<br />

war hoch attraktiv. Das einfache<br />

Handling führte dazu, dass sich<br />

dieses Verfahren rasch in der Intensivtherapie<br />

zur Behandlung des akuten<br />

Nierenversagens (ANV) etablierte.<br />

Dabei hatte Kramer, der sich der geringen<br />

Effektivität dieses Verfahrens bezogen<br />

auf die Elimination von Stoffwechselendprodukten<br />

bewusst war, den<br />

Einsatz beim ANV nicht propagiert. Er<br />

sah es als eine Ergänzung der konventionellen<br />

diuretischen Therapie bei renal<br />

und kardial kompromittierten Patienten<br />

an. „Arterial venous hemofiltration:<br />

a new and simple method for<br />

treatment of overhydrated patients resistant<br />

to diuretics“ lautete entsprechend<br />

der Titel seiner bahnbrechenden Arbeit.<br />

Entscheidende Kraft für die Ultrafiltration<br />

war der mittlere arterielle Druck.<br />

Auf Grund der geringen Möglichkeiten<br />

der Einflussnahme auf dieses System<br />

zeigte sich bald, dass die CAVH bei<br />

kritisch Kranken selten in der Lage war,<br />

eine ausreichende Stoffelimination zu<br />

erzielen (Kierdorf HP; Contrib Nephrol<br />

1991; 93:1). Auch die Etablierung von<br />

ähnlichen Verfahren wie die arterio-venöse<br />

Hämodialyse (CAVHD) oder Hämodiafiltration<br />

(CAVHDF) verbesserte<br />

dieses Problem nur unwesentlich.<br />

Veno-venöse pumpenunterstützte<br />

Verfahren (CVVH, CVVHD, CVVHDF)<br />

Dies führte in den frühen 80iger <strong>Jahre</strong>n<br />

zur Entwicklung von Behandlungsmethoden,<br />

welche die Vorteile der Kontinuität<br />

mit einer höheren Effektivität<br />

verbinden sollten. Gleichzeitig wurde<br />

durch diese veno-venösen, pumpenunterstützten<br />

Verfahren die arterielle<br />

Punktion vermieden (Mehta RL; Semin<br />

Dial 1996; 9:469). In die Behandlung<br />

eingeführt wurden die <strong>kontinuierliche</strong><br />

veno-venöse Hämofiltration (CVVH),<br />

die Hämodialyse (CVVHD) und die<br />

Hämodiafiltration (CVVHDF).<br />

Diese Verfahren waren deutlich effektiver<br />

und ermöglichten eine suffiziente<br />

Behandlung auch bei hämodynamisch<br />

instabilen, hyperkatabolen Patienten.<br />

Problembereiche der <strong>kontinuierliche</strong>n<br />

<strong>Nierenersatztherapie</strong> in den letzten<br />

<strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n<br />

Gefäßanschlüsse:<br />

Die Langzeitkanülierung der Arteria<br />

femoralis mit einer Komplikationsrate<br />

von mehr als 10% (Blutung, Thromben,<br />

etc.) war die Schwachstelle der CAVH.<br />

Veno-venöse Therapieverfahren hingegen<br />

werden nach Punktion einer großen<br />

Vene mittels eines Doppellumenkatheters<br />

durchgeführt. Heute wird in der<br />

Regel die obere Hohlvene via Vena jugularis<br />

kanüliert, da die Langzeitkanü -<br />

l ierung der Vena femoralis und der Vena<br />

subclavia mit einer erhöhten Thromboserate,<br />

einer erhöhten Infektionsgefahr<br />

sowie der Gefahr des Abknickens<br />

der Katheter bei gewollten oder spontanen<br />

Mobilisationsversuchen der Patienten<br />

einhergeht (KDIGO, Kidney Int<br />

2012; Suppl 2; 1).<br />

Bilanzierung:<br />

Die initial vorgenommene manuelle<br />

Bilanzierung von CAVH und CVVH<br />

führte häufig zu Flüssigkeitsimbalanzen.<br />

Es gab daher eine Reihe von Ansätzen,<br />

diese Problematik durch automatische<br />

Bilanzierungshilfen zu verbessern, die<br />

- vom heutigen Standpunkt gesehen –<br />

eher experimentellen Charakter hatten.<br />

Nachdem von fast allen großen Herstellern<br />

moderne Geräte für die <strong>kontinuierliche</strong><br />

Therapie entwickelt wurden, hat<br />

sich diese Problematik erübrigt.<br />

Substitutionslösungen:<br />

Mit Steigerung der Austauschmenge<br />

bei der <strong>kontinuierliche</strong>n <strong>Nierenersatztherapie</strong><br />

kamen den Substitutionslösungen<br />

zunehmend Bedeutung zu. Initial<br />

wurden im Übrigen Austauschlösungen<br />

verwendet, die entweder für die Peritonealdialyse<br />

oder für die intermittierende<br />

Hämofiltration konzipiert waren. Initial<br />

enthielten die Infusionslösungen Laktat<br />

als Pufferlösung. Erst seit 10-15 <strong>Jahre</strong>n<br />

stehen Bikarbonat-gepufferte Lösungen<br />

von allen Anbietern zur Verfügung.<br />

Antikoagulation:<br />

Grundsätzlich benötigen alle Therapieverfahren<br />

eine Antikoagulation zur<br />

Vermeidung der Aktivierung der Blutgerinnung<br />

im extrakorporalen Kreislauf.<br />

In der frühen Phase der CAVH<br />

Nr. 5, 2017 15


<strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>kontinuierliche</strong> <strong>Nierenersatztherapie</strong><br />

wurden hierdurch blutungsgefährdete,<br />

kritisch kranke Patienten einem erheblichen<br />

Antikoagulantien-bedingten<br />

Morbiditätsrisiko ausgesetzt. Selbst<br />

unter niedrig dosierter Heparinisierung<br />

(10.000-15.000 IU/Tag) traten Blutungskomplikationen<br />

mit einer Häufigkeit<br />

von 10-50% auf (Frank RD; Intensivmed<br />

2003; <strong>40</strong>:382).<br />

Heutzutage existieren für verschiedene<br />

klinische Situationen Strategien, dieses<br />

Risiko für die Patienten durch den<br />

Einsatz spezieller Antikoagulationsverfahren,<br />

insbesondere der lokalen Zitratantikoagulation,<br />

deutlich zu reduzieren.<br />

Die Zitratantikoagulation mit der<br />

auf den extrakorporalen Kreislauf beschränkten<br />

Gerinnungshemmung hat<br />

die Filterlaufzeiten deutlich verlängert<br />

und Antikoagulations-bedingte Komplikationen<br />

erheblich vermindert und<br />

ist damit für die <strong>kontinuierliche</strong> <strong>Nierenersatztherapie</strong><br />

zum Standardverfahren<br />

geworden.<br />

Dosis und Zielkriterien der<br />

<strong>kontinuierliche</strong>n extrakorporalen<br />

Therapie<br />

16<br />

Controlled<br />

Infusion fluid<br />

Venous<br />

line<br />

Hemofilter<br />

Arterial line<br />

Abb.: Schematische Darstellung der CAVH<br />

aus der Originalpublikation von Peter<br />

Kramer et al. (mod. nach Klin Wochenschr<br />

1977; 55:1121)<br />

Ältere Daten zeigen, dass bei einer <strong>kontinuierliche</strong>n<br />

Therapie mit sehr niedriger<br />

Dosis ein eindeutiger Zusammenhang<br />

zwischen Hämofiltratmenge<br />

und Letalität besteht (Storck M; Lancet<br />

1991;337:452). Darüber hinaus erfordert<br />

das Ausmaß der im ANV vorliegenden<br />

metabolischen Veränderungen<br />

eine Mindestdosis, die bei der<br />

CVVH bei einem Austausch von ca.<br />

1,2-1,5 L/h liegt (Brause M; Crit Care<br />

Med 2003; 31:841).<br />

Erste Empfehlungen für die Dosis der<br />

<strong>kontinuierliche</strong>n Therapie beruhten<br />

seit 2000 auf einer prospektiv randomisierten<br />

Studie (Ronco C; Lancet 2000;<br />

355:26). Ein Austausch bei der CVVH<br />

von 35 oder 45 ml/kg KG/h steigerte die<br />

Überlebenschance signifikant gegenüber<br />

einem Austausch von 20 ml/kg KG/h.<br />

In den <strong>Jahre</strong>n 2008 und 2009 zeigten<br />

drei große Untersuchungen, dass eine<br />

lineare Dosis-Wirkungsbeziehung nicht<br />

besteht. Eine CVVHD mit einem Umsatz<br />

von 35 ml/kg KG/h zeigte keine<br />

Verbesserung des Überlebens, verglichen<br />

mit einem Austausch von 20 ml/<br />

kg KG/h (Tolwani AJ; J Am Soc Nephrol<br />

2008; 19:1233).<br />

Die beiden anderen Studien (ATN und<br />

RENAL Trial) kamen ebenfalls zu dem<br />

Ergebnis, dass eine Steigerung der Dosis<br />

der extrakorporalen Therapie über<br />

ein Basisvolumen hinaus das Überleben<br />

der Patienten nicht verbessert. Im<br />

ATN-Trial wurde eine CVVHD mit<br />

20 ml/kg KG/h verglichen mit einer<br />

Dosis von 35 ml/kg KG/h, während<br />

das Austauschvolumen im australischen<br />

RENAL-Trial CVVHD 25 versus <strong>40</strong><br />

ml/kg KG/h betrug (Palevsky PM; N<br />

Engl J Med 2008; 359:7, Bellomo R; N<br />

Engl J Med 2009; 361:1627).<br />

Dementsprechend darf man sich ganz<br />

allgemein in der Intensivtherapie des<br />

ANV von der grundsätzlichen These<br />

verabschieden, dass „viel Dialysedosis<br />

jedem Patienten zu jedem Zeitpunkt<br />

immer viel hilft“.<br />

Erfreulicherweise zeigten diese drei Untersuchungen<br />

eine im Vergleich zu älteren<br />

Daten zur Letalität Schwerkranker<br />

mit ANV eine deutlich verbesserte<br />

Überlebensrate. Hintergrund ist am<br />

ehesten die Tatsache, dass in allen Untersuchungen<br />

schon in der Niedrigdosis-Gruppe<br />

Austauschmengen erreicht<br />

wurden, die in der täglichen Praxis auf<br />

der Intensivstation nicht erzielt wurden<br />

(Kellum JA, Ronco C; Nat Rev Nephrol<br />

2010; 6:191). Zuletzt wurde schließlich<br />

gezeigt, dass auch mit einer Hochvolumen-Hämofiltration<br />

keine Verbesserung<br />

der Prognose der Patienten erzielt<br />

werden kann (Joannes-Boyou O;<br />

Intensive Care Med 2013; 33:724; Combes<br />

A; Am J Resp Crit Care Med 2016;<br />

192:1179).<br />

Stellenwert der<br />

<strong>kontinuierliche</strong>n Therapie<br />

Hämodynamik und Flüssigkeitshaushalt:<br />

Eine hämodynamische Instabilität bei<br />

Patienten mit multiplem Organversagen<br />

(MOV) ist eine der Hauptindikationen<br />

für den Einsatz <strong>kontinuierliche</strong>r<br />

Verfahren, obwohl einige prospektive<br />

Studien eine vergleichbare hämodynamische<br />

Stabilität verglichen mit der<br />

Dialyse zeigen (Misset B; Intensive Care<br />

Med 1996; 22:742).<br />

Allerdings bleibt die Einschätzung<br />

von Nephrologen und Intensivmedizinern<br />

bestehen, dass es eine Gruppe<br />

von Schwerkranken mit ausgeprägt<br />

schlechter Prognose gibt, die aufgrund<br />

ihrer Instabilität nicht mit einem intermittierenden<br />

Verfahren behandelt werden<br />

können (Lameire N; Lancet 20<strong>05</strong>;<br />

365:417). Unbestritten ist, dass es bei<br />

der intermittierenden Dialyse zu raschen<br />

Flüssigkeits- und Natriumverschiebungen<br />

kommen kann, welche als<br />

die wesentliche Ursache zerebraler Begleiterscheinungen<br />

bei dieser Behandlung<br />

gelten und wahrscheinlich für die<br />

Tatsache verantwortlich sind, dass <strong>kontinuierliche</strong><br />

Verfahren bezogen auf die<br />

Entwicklung eines Hirnödems signifikante<br />

Vorteile haben (Ronco C; J Nephrol<br />

1999; 12:173).<br />

Therapieverfahren und Letalität:<br />

Neben einer Reihe von anderen Faktoren<br />

ist die Prognose von Patienten<br />

im ANV möglicherweise auch von der<br />

Art des Niereneratzverfahrens abhängig.<br />

Seit der Einführung der <strong>kontinuierliche</strong>n<br />

Therapieverfahren Ende der<br />

70iger <strong>Jahre</strong> konnte allerdings in diversen<br />

Studien kein genereller Über-<br />

Nr. 5, 2017


<strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>kontinuierliche</strong> <strong>Nierenersatztherapie</strong><br />

lebensvorteil für die <strong>kontinuierliche</strong><br />

Therapie für die gesamte, heterogene<br />

Gruppe von Patienten mit ANV nachgewiesen<br />

werden. Exemplarisch zeigte<br />

die größte prospektive Analyse aus dem<br />

Jahr 2006 (Vinsonneau C; Lancet 006;<br />

368:379) keinen Vorteil bezogen auf die<br />

Überlebenschancen der Patienten, was<br />

verschiedene Metaanalysen bestätigten<br />

(Rabindranath K; Cochrane Database Syst<br />

Rev 2007; CD003773, Schneider AG ; Intensive<br />

Care Med 2013; 39:987).<br />

Kontinuierliche Therapie:<br />

Mehr als Nierenersatz?<br />

Auch heute ist die Frage, ob Patienten<br />

im ANV und MOV, insbesondere mit<br />

begleitender schwerer Sepsis, im Rahmen<br />

der <strong>kontinuierliche</strong>n Therapie von<br />

der begleitenden <strong>kontinuierliche</strong>n Elimination<br />

proinflammatorischer Mediatoren<br />

profitieren. CVVH oder CVVH-<br />

DF alleine ist hier allerdings nicht der<br />

Ansatz, da bei unverändert kritischer<br />

klinischer Situation die Serumkonzentrationen<br />

der proinflammatorischen<br />

Mediatoren weitgehend unverändert<br />

bleiben. Selbst unter einer Hochvolumen-Hämofiltration<br />

konnte keine Absenkung<br />

der Plasmakonzentrationen erzielt<br />

werden (Joannes-Boyou O; Inten sive<br />

Care Med 2013; 33:724).<br />

Ein Grund hierfür ist sicher die hohe<br />

Gesamtkörperclearance dieser Mediatoren<br />

mit extrem kurzer Halbwertszeit<br />

(Sieberth HG, Kierdorf HP; Kidney Int<br />

1999; 56:S79). Eine entscheidendere<br />

Rolle in der Elimination dieser Substanzen<br />

könnte in Zukunft die Kombination<br />

einer Filtrationstechnik mit einer<br />

Adsorption haben (Ronco C; Blood<br />

Purif 2013, 21:<strong>40</strong>9; Honore PM, ASA­<br />

IO J 2013; 59:99).<br />

In den letzten <strong>Jahre</strong>n hatte die Arbeitsgruppe<br />

in Nürnberg die <strong>kontinuierliche</strong><br />

<strong>Nierenersatztherapie</strong> mit einem in<br />

Serie geschalteten Gasaustauscher zur<br />

CO 2 -Elimination kombiniert (Forster<br />

C; Crit Care 2013; 17: R154). Mit dieser<br />

Technik kann gemeinsam mit der<br />

<strong>Nierenersatztherapie</strong> eine „Lungenunterstützung“<br />

bei dekompensierten<br />

Tabelle: Indikationen für die verschiedenen extrakorporalen<br />

Therapieverfahren in der Intensivmedizin<br />

(modifiziert nach Kierdorf HP; Nephrologe 2011; 6:135)<br />

COPD-Patienten erzielt und auch eine<br />

„ultraprotektive“ Beatmung unterstützt<br />

werden. Wegen der zu niedrigen Blutflussraten<br />

kann mit dieser Kombination,<br />

die jetzt auch von der Industrie angeboten<br />

wird, zwar eine klinisch durchaus<br />

relevante Elimination von CO 2 , jedoch<br />

keine Verbesserung der Oxygenierung<br />

erreicht werden.<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Einführung der <strong>kontinuierliche</strong>n<br />

<strong>Nierenersatztherapie</strong> auf der Intensivstation<br />

hat die Behandlung des ANV in<br />

den letzten <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n erheblich verändert<br />

und schlussendlich seine Prognose<br />

verbessert. Nicht alle der Hoffnungen,<br />

die man an einen <strong>kontinuierliche</strong>n Ersatz<br />

eines Vitalorgans geknüpft hatte,<br />

haben sich erfüllt, so findet sich trotz der<br />

Faszination der Kontinuität kein genereller<br />

Vorteil für alle Patienten.<br />

Generelle Therapieempfehlungen für<br />

die gesamte, heterogene Gruppe von<br />

Patienten mit ANV im internistischen<br />

und chirurgischen Bereich sind somit<br />

in Kenntnis der Datenlage 2017 obsolet.<br />

Kontinuierliche und intermittierende<br />

Nierenersatzverfahren ermöglichen<br />

es, die Therapie den individuellen Bedürfnissen<br />

des Einzelnen anzupassen<br />

(Tabelle).<br />

Intermittierende<br />

Therapieverfahren<br />

Meine persönliche Überzeugung ist,<br />

dass es auf den Intensivstationen immer<br />

noch eine kleine Gruppe von Patienten<br />

(ca. 10% aller ANV) gibt, die<br />

aufgrund ihrer hämodynamischen Instabilität<br />

ausschließlich mit der <strong>kontinuierliche</strong>n<br />

<strong>Nierenersatztherapie</strong> behandelt<br />

werden kann.<br />

Spezifische Indikationen für <strong>kontinuierliche</strong><br />

Therapieverfahren sind das<br />

Vorliegen einer akuten/chronischen<br />

Leberinsuffizienz sowie die Notwendigkeit,<br />

intrakranielle Drucksteigerungen<br />

zu vermeiden, wie bei Patienten mit<br />

Schädel-Hirn-Traumen oder drohendem<br />

Hirnödem.<br />

Der <strong>40</strong>. Geburtstag dieses Verfahrens<br />

ist Anlass zur Gratulation und Ansporn<br />

zugleich. Ziel der nächsten <strong>Jahre</strong> wird<br />

es sein, die differenzierten Möglichkeiten<br />

der <strong>Nierenersatztherapie</strong> im Kontext<br />

mit den individuellen Bedürfnissen<br />

der Schwerkranken mit MOV zu evaluieren<br />

und die Behandlung stetig weiter<br />

zu individualisieren.<br />

Interessenkonflikte: Keine<br />

Kontinuierliche<br />

Therapieverfahren<br />

Alleiniger Flüssigkeitsentzug – – ++<br />

Unkompliziertes (alleiniges) ANV ++ – –<br />

ANV im Multiorganversagen (–) / + ++<br />

ANV und Hirndruckerhöhung – – ++<br />

ANV und Leberversagen (–) ++<br />

ANV in der Mobilisationsphase + – –<br />

Rasche Elektrolytkorrektur (z. B. K+) ++ – –<br />

Intoxikation ++ (–)<br />

Prof. Dr. Horst P. Kierdorf<br />

Kliniken der Stadt Köln<br />

kierdorfh@kliniken-koeln.de<br />

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