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Schwerpunkt<br />

GENÜG-<br />

SAMKEIT<br />

Ausgabe 09, November 2017, € 2,50, Zugestellt durch Österreichische Post<br />

Winter 2017/18<br />

Goldene Zeiten am Karkogel<br />

Die Volksschule am Radochsberg<br />

Heavy Metal auf der Neudegg Alm<br />

Die Percht kommt ins Haus<br />

Der Maler Hans Russegger<br />

Ein quirliger Gast<br />

VORTRAG Genügsamkeit<br />

von Heini Staudinger<br />

23. November 2017<br />

<strong>gangart</strong> 1


SCHWERPUNKT GENÜGSAMKEIT<br />

DARF'S EIN BISSERL<br />

WENIGER SEIN?<br />

Ein Beitrag von Wolfgang Tonninger<br />

Genügsamkeit ist ein altes Wort und wird heute nur mehr verschämt in den<br />

Mund genommen. Weil die Menschen das Leben genießen wollen und der<br />

Verzicht, der damit gekoppelt scheint, dieses Bedürfnis bedroht. Dabei ist<br />

alles ganz anders: Wir sind zu Sklaven unseres Appetits geworden, und der<br />

Konsum hat uns längst den Genuss verbaut.<br />

10 <strong>gangart</strong>


You can't always get<br />

what you want. But if<br />

you try sometimes you<br />

get what you need.<br />

Rolling Stones<br />

Was nicht wächst, stirbt – über kurz oder lang. Das haben wir<br />

von der Natur gelernt. Dass dieses Wachstum an die Befriedigung<br />

von Bedürfnissen gekoppelt ist, die wir nicht nötig haben,<br />

ist eine andere Geschichte, die in einem Kinderzimmer im Jahr<br />

1969 beginnt und bis heute weltweit 30 Millionen Mal verkauft<br />

wurde. Eric Carle, ihr Autor, hat damit Weltruhm erlangt.<br />

Der Plott geht ungefähr so: An einem schönen Sonntag schlüpft<br />

die kleine Raupe Nimmersatt aus ihrem Ei, das auf einem Blatt<br />

ruht. Sie will wachsen. Wachsen um jeden Preis. Und so frisst<br />

sich die Raupe am Montag durch einen Apfel – „aber satt war<br />

sie noch immer nicht“. Am Dienstag frisst sie sich durch zwei<br />

Birnen, ohne satt zu werden. Am Mittwoch frisst sie sich durch<br />

drei Pflaumen, am Donnerstag durch vier Erdbeeren und am<br />

Freitag durch fünf Orangen – „aber satt war sie noch immer<br />

nicht.“ Erst am Samstag wendet sich das Blatt. Die Raupe frisst<br />

sich durch eine saure Gurke, ein Würstchen, ein Stück Käse,<br />

eine Scheibe Wurst, eine Eiswaffel, ein Schokoladentörtchen,<br />

einen Früchtekuchen, noch ein Törtchen und – zur Abrundung<br />

– durch ein Stückchen Melone. Bis sie am Ende keinen Hunger<br />

mehr hat, dafür aber Bauchschmerzen. Am nächsten Tag, wieder<br />

ein Sonntag, sieht man die Raupe, dick und groß geworden,<br />

auf einem grünen Blatt, an dem sie etwas herumnagt. Nun ist<br />

sie fett genug, um sich einen schönen Kokon zu spinnen, in<br />

den sie sich für zwei Wochen zurückzieht – um dann zu einem<br />

wunderbaren Schmetterling zu werden.<br />

Die Geschichte ist perfide, verspricht sie uns doch, dass am<br />

Ende alles gut wird – wir die Transformationskurve kratzen<br />

und uns zum Schmetterling mausern. Das Problem: Im normalen<br />

Leben geht die Geschichte anders aus. Nämlich so, dass<br />

uns schlecht ist, dass wir uns matt fühlen und – weit weg vom<br />

aufrechten Gang oder eleganten Schmetterlingsflug – als dicke,<br />

träge Raupen durch den Rest unseres Lebens kriechen.<br />

Überleben im Überfluss<br />

Der griechische Philosoph Diogenes, von dem es heißt, dass er<br />

in einem Fass gewohnt hat, brauchte zum Leben nicht mehr als<br />

einen Wanderstab, eine Decke und eine Schüssel. Als er einmal<br />

an einer Quelle einen Knaben sah, der das Wasser aus seinen<br />

Handflächen trank, warf er auch die Schüssel als unnötigen<br />

Ballast beiseite und war der Freiheit wieder ein Stück nähergekommen.<br />

Schöne Kontrastgeschichte, denken Sie, aber ziemlich an der<br />

Realität vorbei. Doch haben Sie nicht auch manchmal das<br />

Gefühl, dass Ihnen alles zu viel wird? Dass Sie genug von<br />

allem haben? Dass es reicht? Ein Bekannter erzählte mir von<br />

der besten Eisdiele der Welt – mit 55 Sorten Eis im Angebot. Ist<br />

es wirklich so schwierig, Quantität und Qualität auseinanderzuhalten?<br />

Brauchen wir 17 Joghurt-Sorten im Kühlregal oder<br />

120 Fernsehsender? Im oberen Engadin gibt es ein Gasthaus,<br />

das den Reisenden auf einer Schiefertafel vor dem Eingang<br />

zwei Menüs anbietet: eines für den kleinen Hunger und eines<br />

für den großen Hunger. Und es fühlt sich an wie ein Platz im<br />

Paradies. Aber wenn es so einfach ist, warum tun wir es dann<br />

nicht? Weil die Entscheidung so schwerfällt, was man weglassen<br />

soll?<br />

> Fortsetzung nächste Seite<br />

<strong>gangart</strong> 11


WANN IH AMOI GROSS BIN<br />

von Maria Ronacher<br />

Wann ih amoi groß bin, nacha mach ih ma a riesige<br />

Schüssl voi Gurknsalat ohne Erdöpfi.<br />

A Nudlsuppn, mit wenig Nudln und vui Würstl drin<br />

und ohne Schnittlauch.<br />

Oi Taog brat ih ma in an kloan Pfannei a Ochsnaug<br />

mit vui Butta und rundumandum ana braun Prinz.<br />

Oda, ih mach ma an Guglhupftoag, ohne Mehl. Den<br />

schleck ih nacha auf, ganz langsam, mit de Finga,<br />

bis nix mehr dao is.<br />

Des, ho ih ma denkt, wia ih kloa gwen bin. Nix davo<br />

ho noh do.<br />

Aba diamb amoi mach ih ma an Häfn Muichreis mit<br />

vui Zucka und vui Zimt. Mittn eichi tua ih an großn<br />

Batzn Butta. Ih gfrei mih, daß koana schimpft,<br />

wann ih mit`n Löffe an Grabm ziach, daß da Butta-<br />

Bach zu mia zuawa rinnt.<br />

Dao bin ih glücklich, daß ih hiaz groß bin.<br />

Maria Ronacher gehört zum Tennengauer Mundartdichterkreis, der es sich zum Ziel gesetzt hat,<br />

Themen in besinnlicher, kritischer oder humorvoller Weise zu bearbeiten und im kleinen Kreis kritisch<br />

zu würdigen. Die Einsendungen zu unserem Schwerpunktthema „Genügsamkeit“ waren zahlreich<br />

und von hoher Qualität. Die Spielregeln sahen vor, dass wir unseren Favoriten wählen und prominent<br />

vorstellen. Wir gratulieren Maria Ronacher und bedanken uns bei allen, die mitgemacht haben!<br />

Unsere Buchempfehlung: Dahoam im Tennengau. Gedichte und Geschichten in Mundart.<br />

Hrsg. von Lorenz Heiß. 2017<br />

In der Tat bereitet die richtige Auswahl<br />

Mühe, wenn der Maßstab fehlt<br />

oder der Knopf, mit dem sich die<br />

von allen realen Bedarfen entkoppelte<br />

Bedürfnisproduktionsmaschine<br />

abschalten ließe. Weil die Betriebswirtschaft<br />

nur den Mangel kennt,<br />

gehört das Überleben im Überfluss<br />

zu den geflissentlich übersehenen<br />

Herausforderungen. Schon in der<br />

Schule lernen wir, dass der Mangel<br />

Treibstoff von beinahe allem ist.<br />

Ständig wird uns eingeflüstert: „Es<br />

gibt nicht genug für alle! Deshalb<br />

trachte danach, auf die Seite zu legen,<br />

was dir zusteht!“ Wo der Mangel<br />

in den Köpfen regiert, gibt es kein<br />

richtiges Maß. Jeder glaubt, zu kurz<br />

zu kommen – und deshalb will jeder<br />

das, was andere haben. Nur ein bisschen<br />

größer, schneller, bunter. Das<br />

führt zu einem Gerechtigkeitssinn,<br />

der nichts anderes ist als die Gier<br />

nach immer mehr.<br />

Genügsamkeit ist eine zarte, scheue<br />

Pflanze und in einer geschwätzigen<br />

Welt der Unersättlichkeit und des<br />

Überangebots vom Aussterben bedroht.<br />

Dabei steht eine ganze Menge<br />

auf dem Spiel, denn mit der Genügsamkeit<br />

wird auch die Zufriedenheit<br />

verschwinden und das Glück. Gerald<br />

Hüther, der bekannte Gehirnforscher,<br />

geht soweit zu behaupten,<br />

dass Konsum und Glück sich ausschließen:<br />

Wer glücklich ist, kauft<br />

nicht, denn er hat sich entschieden,<br />

die Fülle zu sehen und nicht den<br />

Mangel.<br />

Die Kunst des Weglassens<br />

Dabei tut es so gut, sich von Dingen<br />

zu trennen, die man nicht braucht.<br />

Ballast abwerfen, Altlasten entsorgen,<br />

den Schreibtisch aufräumen,<br />

den Dachboden entrümpeln oder<br />

den Kleiderschrank entschlacken.<br />

Apropos Kleiderschrank. Dass Lebenskunst<br />

eine Kunst der Reduktion<br />

ist und Mode alles andere als eine<br />

Oberflächendisziplin, hat einst die<br />

Modeschöpferin Coco Chanel mit<br />

der Erfindung des „kleinen Schwarzen“<br />

demonstriert, eines schmal geschnittenen<br />

Etuikleides aus schwarzer<br />

Chinaseide, kniebedeckend,<br />

mit engen langen Ärmeln, dessen<br />

Zauber noch heute darin besteht,<br />

alles Überflüssige wegzulassen und<br />

12 <strong>gangart</strong>


sich aufs Wesentliche zu beschränken. Ein Allerweltsmodell sollte es sein,<br />

in dem Frauen ihre Trauer, aber auch ihren Wunsch nach Zukunft ausdrücken<br />

konnten.<br />

Um das Wesentliche im Leben ging es auch Henry David Thoreau, der sich<br />

am Unabhängigkeitstag des Jahres 1845 in einen Wald von Massachusetts<br />

zurückzog, um in einem Selbstversuch dem menschlichen Glück und den<br />

Prinzipien des einfachen Lebens nachzustellen – aus Protest gegen die<br />

unselige Verbindung von Fortschritt, Verschwendung und sittlichem Verfall:<br />

„Ich wollte nicht das leben, was kein Leben war, denn das Leben ist zu<br />

kostbar; noch wollte ich Entsagung üben, wenn es nicht unumgänglich nötig<br />

war. Ich wollte tief leben, alles Mark des Lebens aussaugen und so standhaft<br />

und spartanisch leben, um alles, was nicht Leben war, davonzujagen. Ich<br />

wollte einen breiten Schwaden dicht am Boden mähen, das Leben in die Enge<br />

treiben und auf seinen einfachsten Nenner bringen.“<br />

Auch Thoreau ging es um die Tiefe, die in der Einfachheit liegt: „Wir<br />

verzetteln unser Leben in Kleinigkeiten. Ein ehrlicher Mensch braucht kaum<br />

weiter zu zählen als seine zehn Finger, zur Not kann er seine zehn Zehen<br />

hinzunehmen und den Rest über den Kamm scheren. Einfachheit, Einfachheit,<br />

Einfachheit! Ich sage dir, beschränke deine Geschäfte auf zwei oder drei, nicht<br />

hundert oder tausend. Anstatt einer Million zähle ein halbes Dutzend und<br />

führe Buch auf deinem Daumennagel.“ In dieser Unbedingtheit statuiert er<br />

ein zeitloses Exempel eines äußerlich kargen, innerlich umso reicheren<br />

Lebens, in dem jede Tätigkeit, auch die am Rand liegende oder alltägliche,<br />

auf das Ganze zielt: „Verfolge es, halte Schritt mit ihm, gehe immer wieder<br />

um den Kreis deines Lebens wie ein Hund um die Kalesche seines Herrn. Tue,<br />

was du liebst. Kenne deinen eigenen Knochen; nage an ihm, vergrabe ihn,<br />

grabe ihn wieder aus und nage weiter daran.“<br />

Wachstum um jeden Preis<br />

Thoreaus Einsiedelei war eine Antwort auf ein mit der Industrialisierung<br />

einsetzendes Wachstum, das völlig neu war. Zuvor gab es so etwas nicht.<br />

Da wuchs die weltweite Wirtschaft nach Berechnungen von Historikern der<br />

Weltbank um jährlich weniger als ein Zehntelpromille (0,01 Prozent). Erst<br />

Mitte des 18. Jahrhunderts gab es ein Ansteigen auf zwei Promille pro Jahr<br />

(0,2 Prozent). Das ging dann die nächsten zweihundert Jahre so weiter, bis<br />

um 1950 in den westlichen Industrieländern der entscheidende Knick kam<br />

und die Fieberkurve sich aufstellte – auf mehr als zwei Prozent.<br />

Das war die Geburtsstunde eines neuen Turbo-Kapitalismus, zu dem der<br />

Wirtschaftswissenschaftler John Kenneth Galbraith noch mitten in der<br />

Wirtschaftseuphorie der Nachkriegszeit in seinem Bestseller „Die Überflussgesellschaft“<br />

die Erklärung liefert: Weil es nach dem Krieg enorme<br />

Produktionskapazitäten gab, die plötzlich brachlagen, musste die Kriegsmaschine<br />

in eine Konsummaschine verwandelt werden, um „tiefgreifende<br />

soziale Verwerfungen“, wie er es nennt, zu verhindern. Mit dem Supermarkt<br />

und dem Aufstieg der Werbung über die elektronischen Massenmedien<br />

konnte die Produktion von immer neuen Bedürfnissen beinahe beliebig<br />

angekurbelt werden. Seitdem hetzen wir den unzähligen Wohlstandsversprechen<br />

hinterher und werden dabei nicht glücklicher. Tief in uns spüren<br />

wir, dass der Konsum nicht glücklich macht, wir verdrängen jedoch diese<br />

Einsicht, indem wir die Dosis erhöhen.<br />

In der Kult-TV-Serie der 1970er-Jahre „Der ganz normale Wahnsinn“<br />

arbeitet der Journalist Maximilian Glanz für eine Tageszeitung, wo er<br />

für die Beantwortung der Leserbriefe zuständig ist. Eigentlich möchte er<br />

schon seit geraumer Zeit ein Buch mit dem Titel „Woran es liegt, dass der<br />

Einzelne sich nicht wohlfühlt, obwohl es uns allen so gut geht“ schreiben,<br />

in dem er sich mit den Befindlichkeiten seiner Mitmenschen beschäftigt.<br />

Damit bringt er den Widerspruch, an dem viele leiden,<br />

auf den Punkt: Es geht uns nicht gut, weil wir das, was<br />

wir haben, nicht wollen, und das, was wir wollen, nicht<br />

haben. Zwischen unseren Abhängigkeiten und unseren<br />

Wünschen klafft ein schwarzes Loch, in dem wir wie<br />

Spaghetti auseinandergezogen werden. Wir glauben,<br />

dass unser Wachstum und unser Wohlergehen unmittelbar<br />

zusammenhängen und sind geblendet von den<br />

Möglichkeiten, die uns umgeben. Weil der Mangel – das<br />

Gefühl, zu wenig zu haben und zu wenig zu sein – sich<br />

in unsere Köpfe gefressen hat, können wir nicht mehr<br />

ruhig sitzen. Wir lehnen uns immer weiter hinaus in<br />

eine Zukunft, der langsam, aber sicher die Ressourcen<br />

abhandenkommen.<br />

Doch am Ende allen Wollens fallen wir auf die Gegenwart<br />

zurück. Wie überführte Kreditschwindler stehen<br />

wir nun vor dem Augenblick – und der Frage, die wir<br />

uns bislang nicht zu stellen trauten: Was tun wir, wenn<br />

wir unsere Anleihen an der Zukunft verbraucht haben,<br />

bevor wir satt geworden sind?<br />

Nie ist zu wenig, was genügt<br />

Neue Ziele auszugeben, hilft hier wenig, weil sie uns<br />

wieder in die Zukunft werfen. Je mehr Zukunft, umso<br />

weniger Gegenwart. Das ist ein Faktum. Aber wie soll<br />

das gehen – in einer Gesellschaft, in der Zielstrebigkeit<br />

fast alles ist und jemand, der sein Ziel aus den Augen<br />

verliert, als Verlierer gilt, als Taugenichts? Vielleicht<br />

mit einem Trick, indem wir den Zukunftspfeil so abschießen,<br />

dass er jeden Moment auf die Gegenwart herunterfällt;<br />

uns auf den Weg machen, ohne ein Ziel auszugeben.<br />

Einfach nur gehen, Schritt für Schritt. Ganz<br />

aufgehen im Gehen. Ohne Ziel im Kopf. Nichts anderes.<br />

Nicht fünf Schritte voraus oder fünf Schritte hinterher,<br />

sondern da sein mit jedem Schritt. Unterwegs sein und<br />

doch auf der Stelle treten. Es geht um die Kunst des<br />

Flanierens: Dass man sein Tempo entscheidend verlangsamt<br />

und an jeder Ecke/Weggabelung neu entscheidet,<br />

ob rechts oder links oder geradeaus – aus dem Bauch<br />

heraus die Richtung ändernd oder beibehaltend. Sich<br />

ausbreiten im Hier und Jetzt statt eingezwängt und nervös<br />

im Kaum-Zeit-Kontinuum zu zappeln.<br />

Doch eines muss klar sein: Wer so geht, macht sich<br />

verdächtig – in einer Welt, in der wir von Termin zu<br />

Termin jagen und immer neuen Zielen hinterherhetzen.<br />

Vielleicht könnte man das ziellose Flanieren als Übung<br />

begreifen, für die wir uns täglich Zeit nehmen. Damit<br />

wir irgendwann lernen, beides zu sein – zielstrebig und<br />

gegenwartsgewahr zugleich – und den tagträumenden<br />

Taugenichts, der sich vor unsere Türe gesetzt hat, hereinbitten<br />

in unser Leben.<br />

So wie Hans Adelmann, der die Hundwiler Höhe vor<br />

seiner Haustür mehr als 2.000 Mal bestiegen hat und<br />

mittlerweile jeden Baum und jeden Grashalm kennt.<br />

Jetzt hat er ein Buch geschrieben mit dem Titel „Einfacher<br />

leben“, in dem er sein Lebensmotto nennt: „Den<br />

schmalen Grat zu finden, an dem die Zukunft und die<br />

> Fortsetzung nächste Seite<br />

<strong>gangart</strong> 13


Schenken leicht gemacht.<br />

Name Franz Neureiter<br />

Physiotherapeut aus Leidenschaft<br />

Osteopath vor allem für Kinder<br />

begleitet Sie gerne ein Stück<br />

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Mo.–Fr. 9 00 –12 00 und 14 00 –18 00 Uhr<br />

Samstag 9 00 –12 00 Uhr<br />

Ab 1. Dezember am Sa. 9 00 –17 00 Uhr,<br />

ab 23. Dezember auch an Sonn- und<br />

Feiertagen von 9 00 –12 00 Uhr geöffnet<br />

RUBRIK<br />

KÖRPER<br />

& GEIST<br />

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In der GEA-Geschenksecke finden Sie über 60 besondere Produkte, die<br />

ihresgleichen suchen.<br />

Ein Beitrag von Franz Neureiter<br />

Fasten steht momentan hoch im Kurs und das nicht ohne<br />

Grund. Egal, ob Basenfasten, I-Fasten (intermittierendes Fasten,<br />

z.B. nur einmal in der Woche fasten) oder das strengere<br />

Heilfasten – beinahe jeder, der eine Form des Fastens ausprobiert<br />

hat, berichtet von einem Gefühl der Leichtigkeit,<br />

Klarheit oder von einer Form des Gelöstseins. Diese Art des<br />

Verzichtes gibt uns die Möglichkeit, gegen unser Ego bzw.<br />

unseren inneren Schweinehund anzukämpfen. Wenn wir<br />

beständig bleiben und die Stärke aufbringen, den selbst<br />

auferlegten Versuchungen zu widerstehen, entwickelt sich<br />

aus dem Inneren eine große Kraft. Durch die Reduktion<br />

werden uns unser Selbst und unser eigenes Tun bewusster.<br />

Es richten sich die Begriffe „innerlich“ und „äußerlich“ neu<br />

aus, wodurch es uns leichter fällt, eine generelle Ordnung<br />

der persönlichen Struktur zu halten.<br />

Zirbenbelüfter, Zirbenkissen, Wärmeflaschen, Teelichter, Kerzen, Kunstkarten,<br />

Holzprodukte, Hausschuhe, Kinder-Gehlernschuhe, Socken, Handschuhe,<br />

Gürtel, Taschen, Decken, Teppiche, Kunstdrucke, Glasprodukte,<br />

Klangschalen und vieles mehr.<br />

Im ZEN-Buddhismus gibt es den Ausdruck „Der Weg der<br />

leeren Hand“. Dieser bezieht sich nicht auf das materielle<br />

Leben, sondern es geht darum, im Vertrauen zu bleiben,<br />

die Kontrolle ziehen zu lassen und sich des Augenblicks<br />

gewahr zu sein. Es entsteht dadurch „ENT-Spannung“, also<br />

eine förderliche Spannung von Körper und Geist. Dabei gilt<br />

es, dem Moment die Führung zu überlassen. Die Probleme<br />

werden nicht ignoriert, aber ihnen wird so wenig Beachtung<br />

wie möglich geschenkt. Wenn wir dem Moment die Führung<br />

überlassen, vollzieht sich oft ein Paradigmenwechsel in<br />

der Selbsteinschätzung, und die Gedanken werden klarer.<br />

Ein alter Meister erklärte es seinen Schülern so: Jedes Tun<br />

im richtigen Geist ist eine spirituelle Handlung – so kann<br />

selbst das Kochen für den Koch zur Meditation werden.<br />

Oft ist ein bisschen weniger, ein bisschen langsamer oder<br />

ein bisschen leiser MEHR. Dadurch nehmen wir unsere<br />

„Innenwelt“ deutlicher wahr, und wenn wir genau hinhören,<br />

wird uns sogar die Stille aus uns selbst mehr bewusst.<br />

Ist Reduktion eine Gnade?<br />

14 <strong>gangart</strong><br />

PS: Große Auswahl an Steinerdecken!<br />

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Gegenwart aneinander reichen, und diesem Grat zu folgen.“<br />

Die Hundwiler Höhe war dabei sein Lehrmeister: „Ich gehe<br />

vor mich hin, gehe in dieser Welt auf, die bei jedem meiner<br />

Aufstiege die gleiche und doch immer eine ganz andere ist. Ich<br />

denke dabei nicht einmal, dass ich nicht denke. Die ständige<br />

Wiederholung, die Sicherheit, die diese Wiederholung bietet, und<br />

die Abenteuer in ganz kleinen Dingen, die sie ermöglicht, spielen<br />

dabei eine Rolle. Der Aufstieg ist Meditation und Meditation<br />

in dieser Form ist wahres Leben.“<br />

Hans Adelmann hat Glück gehabt. Weil er es verstand, die<br />

Möglichkeiten, die er hatte, abzuwägen und sich für seinen<br />

Weg zu entscheiden. Und Möglichkeiten hatte er genug – als<br />

Halbbruder von Frank Stronach, dem Gründer von Magna International,<br />

einem der größten Automobilzulieferer der Welt.<br />

Sie wuchsen miteinander in der Steiermark auf und als Frank<br />

Stronach, der damals noch Franz Strohsack hieß, seinen<br />

ersten Mitarbeiter brauchte, holte er Hans nach Toronto, wo<br />

ihre Visionen aufeinanderprallten: Frank wollte reich werden,<br />

Hans wollte das Glück im Kleinen finden. Beide haben<br />

es geschafft. Frank wurde Milliardär. Sein Wikipedia-Eintrag<br />

liest sich wie der manische Versuch, in wirklich allem auf der<br />

Welt Erfolg zu haben. Stronach hat Dutzende Unternehmen<br />

gegründet und einmal fast den deutschen Automobilkonzern<br />

Opel gekauft. Er züchtet Pferde, stiftet Krebskliniken, fliegt<br />

mit Privat-Hubschraubern um die Welt und gründet fragwürdige<br />

Parteien.<br />

Hans führt sein Weg nach dem Ausstieg aus dem Geschäft<br />

seines Bruders zunächst für einige Zeit in die kanadischen<br />

Wälder, dann in die Karibik, nach Panama, später nach Frankreich<br />

und schließlich gemeinsam mit seiner Frau zurück<br />

in die Schweiz. Um Geld zu verdienen, nimmt er eine Stelle<br />

als Hausmeister an einer Schule in Wittenbach an. Er repariert<br />

Wasserhähne und dichtet Hausdächer ab. Die weiteren<br />

Angebote seines Bruders, sein einfaches Leben in der Schweiz<br />

aufzugeben, schlägt er aus. Das Glück, das er gefunden hat,<br />

funkelt nicht und besitzt nahezu keinen Tauschwert. Es ist<br />

eines, das am Wegesrand liegt. Eines, nach dem sich jeder<br />

bücken könnte.<br />

Wenn Zeit dazu wäre.<br />

BUCHTIPPS & LINKS:<br />

Hans Adelmann: Einfacher leben<br />

QUER<br />

GEDACHT<br />

Ein Beitrag von Werner Pfeffer<br />

Name Werner Pfeffer<br />

Zeremonienmeister,<br />

Ideen-Coach und Künstler<br />

Buchtipp Querdenken 2016<br />

www.pepperworks.at<br />

MEIN UNIVERSUM<br />

FÜR 200,– EURO IM MONAT<br />

Jetzt, 06.48 Uhr. Bahnhof Linz.<br />

Mit dem Railjet nach Dornbirn. Fünf Stunden hin, zwei<br />

Stunden Treffen mit einem Geschäfts+Freund, fünf Stunden<br />

zurück. Insgesamt zwölf Stunden. Davon zehn Stunden<br />

Denken, Entwerfen, Konzipieren, Verwerfen, Neues Denken,<br />

bewegt Denken. Mich inspiriert Zugfahren. Mindestens drei<br />

Mal in der Woche. Ich habe eine Jahreskarte der ÖBB. Erste<br />

Klasse.<br />

Dienstag, 14.55 Uhr. Parkbad Linz.<br />

Schwimmen. Nachdenken. Mich hören. Bei mir sein. Gleiten.<br />

Mitzählen. Bis fünfzig. Bahnen. Vielleicht war es das Thema<br />

Wasser, das meine Klangwolke HERZFLUSS mit dieser Denkumgebung<br />

gemeinsam hatte. Den Großteil dieses Ereignisses<br />

für 95.000 Menschen habe ich beim Schwimmen entwickelt.<br />

Ich habe eine Jahreskarte. Schwimmen, Sauna.<br />

Donnerstag, 14.00 Uhr. Museum für angewandte Kunst, Wien.<br />

Vienna Biennale 2017. Sehr inspirierend. Mein dritter Besuch<br />

erlaubte mir wieder neue Blickwinkel. Ich sitze auch oft<br />

im Lesesaal. Um zu arbeiten, zu denken. Um in die coolen<br />

Magazine einzutauchen. Jahreskarte. Fürs Museum. Für den<br />

Lesesaal ist keine notwendig.<br />

Eric Carle: Die kleine Raupe Nimmersatt<br />

John Kenneth Galbraith: Die Überflussgesellschaft<br />

Peter Sloterdijk: Taugenichts kehrt heim (Vortrag)<br />

https://soundcloud.com/petersloterdijk/taugenichts-kehrt-heim-oder-das-endeeines-alibis-muenchen-1984<br />

Heini Staudinger: 5 Thesen für Mutige (Vortrag)<br />

https://www.youtube.com/watch?v=h9PKlgOZpgc<br />

Henry David Thoreau: Leben aus den Wurzeln<br />

Henry David Thoreau: Walden<br />

Gerald Hüther: Über das Verhältnis von Konsum und Glück (Vortrag)<br />

https://www.youtube.com/watch?v=M6EjBvAlw2U<br />

Niko Paech: Befreiung vom Überfluss<br />

AEC, Lentos, Schlossmuseum, Landesmuseum. In Linz. Mit<br />

der Kulturcard. Alle für ein Jahr. Dann noch die Jahreskarte<br />

für die Stadtbibliotheken in Linz, ich bevorzuge die im<br />

Wissensturm. Mit prächtiger DVD-Sammlung. Und dann die<br />

Landesbibliothek. Mit exzellenter Zeitschriftenauswahl.<br />

Ich habe prächtige elektrische Fahrzeuge, eine Schwimmhalle,<br />

mehrere Museen, großartige Bibliotheken und Videotheken.<br />

Selbst in Linz bin ich elektrisch unterwegs. Alles mit<br />

Jahreskarten.<br />

Mehr brauch ich nicht.<br />

Außer vielleicht eine Karte für Schönbrunn. Demnächst. Für<br />

ein Jahr. Für meinen Zoo.<br />

<strong>gangart</strong> 15

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