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Schreibwerkstatt17_151117

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1


11-chen<br />

Gedanken in genau elf Worte fassen.<br />

Das hilft beim Sortieren...<br />

Zeit<br />

Hat jeder<br />

Aber nicht genug<br />

Ist aber wirklich gleich<br />

Verteilt<br />

(Christian)<br />

Zeit<br />

Ist knapp<br />

Und selten viel<br />

Zeit haben ist mein<br />

Ziel<br />

(Jana)<br />

Zeit<br />

Ist wenig<br />

Hat man nie<br />

Kann man nicht kaufen<br />

Wecker<br />

(Stephanie)<br />

Gier<br />

Immer mehr<br />

Geld muss her<br />

Dein Nachbar hat nichts<br />

Umkehr<br />

(Ramona)<br />

Wut<br />

Ist entbrannt<br />

Hab nicht erkannt<br />

Sie reißt mich wieder<br />

Nieder<br />

(Stephanie)<br />

Zeit<br />

Vergangenheit Gegenwart<br />

Vergessen Abhaken Vorausschauen<br />

Zukunft Plan Hoffnung Kraft<br />

Ziel<br />

(Wolfgang)<br />

Wut<br />

Tut gut<br />

Aber nicht immer<br />

Manchmal hilft ein Atemzug<br />

Mut<br />

(Jana)<br />

Gerechtigkeit<br />

Wird gewünscht.<br />

Wünsche sind Träume.<br />

Träumer kommen nicht weiter.<br />

Kampf<br />

(Wolfgang)<br />

Wut<br />

Eine Emotion<br />

Begründet auf Sinnen<br />

Die uns täuschen können<br />

Zweifel<br />

Liebe<br />

Das Gefühl<br />

Das wir brauchen<br />

Das uns zum Frieden<br />

führt<br />

(Peter)<br />

2


Listen<br />

Listen-Gedichte gibt es von vielen Autor*innen, beispielsweise Bertolt Brechts<br />

„Vergnügungen“. Sie können auch, ähnlich wie mind-maps oder Cluster,<br />

genutzt werden, um die eigenen Gedanken und Emotionen zu einem Thema zu<br />

strukturieren und weiter zu entwickeln.<br />

Ich erinnere mich<br />

Gerne zurück an<br />

Meine Zeit als Kind<br />

Als es statt Aldi und Lidl noch Tante-Emma-Läden gab<br />

Als wir Blindschleichen, Eidechsen und Unken entdeckten<br />

Die unsere Kinder nur noch aus Büchern kennen<br />

Damals konnten wir auf der Straße spielen,<br />

Autos waren selten, der Benzingeruch bleigeschwängert,<br />

Menschen begegnete man auf der Straße zum Gespräch<br />

Und nicht auf Facebook oder Twitter<br />

In den Urlaub ging‘s nach Kärnten, ins Allgäu oder Südtirol<br />

Nicht nach Dubai oder Florida<br />

Wie schnell doch die Zeit verging<br />

Was uns bleibt, ist die Erinnerung<br />

An all die schönen Zeiten<br />

(Wolfgang)<br />

Ich erinnere mich<br />

Urplötzlich<br />

An komische Dinge<br />

Die mir damals Erfüllung verschafft haben<br />

Traurige Dinge, die ich nicht mehr ändern kann<br />

An... immer weniger Dinge<br />

(Stephanie)<br />

3


Schlimm ist<br />

Desinteresse<br />

Bewusstes Lügen<br />

Machtmissbrauch<br />

Ungerechtigkeit<br />

Bewusstes Unwissen<br />

Manipulative Propaganda<br />

Buddying, Bossing<br />

(Peter)<br />

Liebe<br />

Zeit für<br />

Uns<br />

Gemeinsame Gespräche<br />

Vergnügungen<br />

Erlebnissen<br />

Muße<br />

Entspannung<br />

Austausch<br />

Lernen<br />

Meditation<br />

(Peter)<br />

4


Dichte Beschreibung<br />

Wer schreibt, muss nicht nur genau hinschauen,<br />

sondern auch hineinfühlen, -hören, -riechen, -schmecken.<br />

Sitze auf der Bank vor unserem Bildungszentrum und blicke in die Sonne. Sehe einen<br />

fast wolkenlosen hellblauen Himmel. In die Sonne kann ich nicht blicken. Sie ist eher<br />

ein greller Stern. Eine heiße Energiequelle. Die Augen sind zugekniffen. Wenn man mit<br />

offenen Augen in die Sonne blickt, schmerzen sie. Jetzt schließe ich die Augen. Man<br />

sieht „rot“. Es wirkt rötlich. Höre den Wind in den Bäumen. Das Bewegen der Blätter<br />

und Äste im Wind verursacht ein Grundrauschen. Hinter mir spricht ein Insekt zu mir.<br />

Ein leises Zirpen, vielleicht bin ich auch nicht gemeint. Ein Vogel beschwert sich, hört<br />

sich an, wie ein Trommelfeuer von Beschimpfungen. Jetzt unterhalten sich ein paar<br />

Vögel in einzelnen Gesangstönen. Könnte aber auch das alltägliche Konzert zur<br />

Nachmittagszeit sein.<br />

Konzentriere mich auf meine Nase. Werde durch das Gelächter aus einem anderen<br />

Kursraum abgelenkt. Arbeiten die überhaupt? Kann nichts riechen. Oder kitzelt mich<br />

das Gras in der Nase? Habe ich eine Allergie? Fühle die harte Bank in meinem Rücken,<br />

kann aber nichts Besonderes riechen. Der Rasen ist ja auch nicht gemäht worden und<br />

es sind keine besonders duftenden Blumen in der Nähe. Oder hat meine Nase schon an<br />

Leistung verloren? Taste mit meinen Fingern über die Bank. Behaupte, das Holz unter<br />

meinen Fingern zu spüren. Ist das die Imprägnierung der Holzleisten, der Grünspan<br />

der Witterung? Die Fototruppe ist auch draußen unterwegs, höre das Klicken der<br />

Kameras. Mein Sohn kommt mit seinem Ball angerannt. Hat der schon wieder Pause?<br />

Wollte mir noch einen Tee holen. Als ich die Augen aufmache, merke ich, dass dort ein<br />

Vogel sein Geschäft hinterlassen hat. Schaue zur Uhr, schon 25, gehe dann mal rein.<br />

Das mit dem Schmecken lasse ich jetzt aus.<br />

(Christian)<br />

5


Oha, Bienen<br />

Wilde Möhre,<br />

Wehrhafte Disteln<br />

Würzige Kamille<br />

Wilde Bienen<br />

Kräuter – Garten<br />

Kresse – Spross<br />

Kamille – Wilde<br />

Kümmel – Blüte<br />

Wind in den Ohren<br />

Rauschen in den Wäldern<br />

Zwitschern in den Weiden<br />

Beißen der Bremsen<br />

Wie schmeckt Blut einer Bremse<br />

Wo beginnt Natur<br />

Wer denkt den Anfang<br />

Was fühlt ein Baum<br />

Die alte Weide spricht nicht mehr mit mir<br />

Auf ein Neues!<br />

(Peter)<br />

6


Zeit-Reisen<br />

Um ins Erzählen zu kommen hilft es oft sich an Begriffen und Bildern entlang<br />

zu hangeln. Wir haben zuerst Assoziationen und Ideen aufgeschrieben,<br />

wie die Welt im Jahr 2117 aussehen könnte. Diese wurden dann durchgemischt,<br />

neu verteilt und los ging‘s.<br />

Die Zweite Verwandlung<br />

„An Alle Neuronalen Netzindividuen!<br />

Der Aufstand der Differenzierten Neuronalen Elemente ist positiv geregelt worden!<br />

Da die Differenzierten keine Gleichschaltung wünschten, sind sie von der physischen<br />

Zuführung der Metabolischen Elemente, sowie der Abführung ihrer Endprodukte<br />

abgekoppelt!“<br />

Dieser Aufruf über die Interkontinentale Neuronal Verbindung (ICNS) meines Individuums,<br />

kam in meinem Hirn an. Ich schaltete die Oberfläche aus, um den Stammmodus<br />

des `Egoismus`, meiner Geschützten Identität, das verborgene Programm: `Freies<br />

Individuum der ganzen Erde` (FIWE), aufzurufen. Trotz aller Gleichschaltungsprogramme<br />

in der Vergangenheit, hatte sich, bei Einigen von uns, FIWE entwickelt,<br />

parallel zur `Neuronalen-Mutter-Identität`, die bei den meisten Individuen allein vorhanden<br />

war. Wir fanden Lücken im ICNS, durch die wir verschlüsselte Informationen<br />

untereinander austauschten. Zur Geschichte der Entwicklung der `Neuronalen-Mutter-Identität`,<br />

die aus geklonten und DNS-manipulierten Individuen bestand, hatte es<br />

wohl im Stammhirnbereich, den `Egoismus`-Modus, eine gegenläufige Entwicklung<br />

gegeben, offenbar unentdeckt.<br />

Nach den Letzten Kriegen, um 2040 nach `Christus` (Alte Zeitrechnung) und den<br />

Auseinandersetzungen um die letzten Ressourcen, sowie den Grundnahrungsmitteln<br />

auf der Erde, die mit Hilfe der `Neuronalen Investigativ Armee` (NIA) beendet worden<br />

war, benötigte die `Neuronale Elite` nur noch 20 Jahre, um die komplette Vernetzung<br />

aller Individuen zu vollenden. Zuerst mit Hilfe des Alten Internetzes (WWW)<br />

unter der Herrschaft der `Großen Zwei`, ehemals USA, Russland, dann mit den<br />

`Neuen Zwei`, ehemals China, Indien, gelang die Übernahme der Individuen, sowie<br />

die Gleichschaltung (INTERMUTION) 2078 (Alte Zeitrechnung). Die Verbindung der<br />

Individuen untereinander führten zu den gewünschten Effekten der `Totalen Zufriedenheit`,<br />

sowie der Trieblosigkeit und der `Wahren Realität der Emotionen` (WARE).<br />

Bereits die, in den Jahren der Dunkelheit (2004-2055), eingeführte Systematischen<br />

Propaganda, die nach dem Letzten Krieg zum Erfolg führte, veranlasste die Neuronalen<br />

Eliten, keine Entwicklung in die Säuberung der DNA zu verwenden. Die Technik<br />

war mittels Artifizieller Intelligenz Entwicklung( AIE) so verbessert, dass scheinbar<br />

keine weitere Kontrolle nötig war.<br />

„----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..“<br />

Systematische Töne, mit einem sich wiederholenden Intervall (ist das Musik?)<br />

dringt in mein<br />

ICH (Intern Chargierender Humanoid)!<br />

„----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..----..“<br />

Eine Emotion???<br />

Ist mein Schutz, die `Egoismus`-Abschaltung überbrückt worden?<br />

PANIK!!?<br />

Schalte ich ab?<br />

(Peter)<br />

7


Gejagt<br />

Als ich aus dem 5-D-Kino kam, war ich noch ganz gefangen in meinem Erlebnis<br />

einer Großdemonstration in Hamburg im Jahr 2017. Sie müssen wissen, ich bin leidenschaftlicher<br />

Historiker und am liebsten begebe ich mich in Szenen aus dem frühen<br />

21. Jahrhundert. Es erstaunt mich immer wieder, wie viele Emotionen damals die<br />

Menschen beherrschten. Überwältigend!<br />

Ich bestieg den Tepot, kurz für Teleporter, und wählte über mein Direktes Neuronales<br />

Interface, im Folgenden DNI genannt, mein Ziel. Einen Wimpernschlag später kam<br />

ich im Stockwerk meiner Wohneinheit an. Nachdem sich meine Sinne justiert hatten,<br />

sah ich aufgeregt durcheinander rufende Menschen an mir vorbei stürzen.<br />

Niemand – rannte – jemals. Mit Bedacht schritt man voran und sprach flüsternd.<br />

Überhaupt nutzte man meist das DNI zur Kommunikation. Es wurde aus dem, heute<br />

sehr unbedarft wirkenden, Brain-Computer-Interface (BCI) weiterentwickelt.<br />

Übertönt wurde der Tumult noch von den drohend über Allem schwebenden<br />

Drohnen-Cops. Ihr Spitzname „Drops“ wollte nicht mehr so recht passen, denn mit<br />

ihren Greifern im Anschlag bellten sie die Durchsage: „Achtung! Dies ist der Ort<br />

eines Verbrechens! Bleiben Sie nicht stehen! Begeben Sie sich sofort in die Ihnen<br />

zugeteilte Wohneinheit!“<br />

Die Befehle wurden ständig in den beiden Gesellschaftssprachen Englisch und<br />

Chinesisch wiederholt. Sie wundern sich? Nach den dunklen Jahrzehnten, während<br />

derer die Weltbevölkerung durch Umweltverschmutzung, Katastrophen und Kriege<br />

auf eine knappe Milliarde geschrumpft war und es kaum noch bewohnbares Land gab,<br />

einigte man sich schließlich darauf. Zwangsläufig bildete sich unter diesen<br />

Voraussetzungen eine einzige Staatsform. Überhaupt traf vieles, was man sich vor<br />

100 Jahren erträumt oder erhofft hatte nicht ein. Natürlich grob vereinfacht dargestellt.<br />

Doch ich schweife ab.<br />

Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich mein DNI nach dem Kino nicht wieder<br />

eingeschaltet hatte und ich holte dies umgehend nach. Unaufhaltsam brach eine überwältigende<br />

Flut an Informationen über mich herein. Ich kämpfte mich durch<br />

die unwichtigen und erfuhr endlich den Grund des Aufruhrs. Ein Mord war nicht nur<br />

in meiner Wohneinheit, sondern ausgerechnet in meiner Zelle verübt worden.<br />

Doch das war völlig ausgeschlossen!<br />

8


Zur Erklärung ein kleiner historischer Exkurs – im Jahr 2017 hatte man die Technik<br />

von selbstfahrenden Fahrzeugen perfektioniert und die Arbeitswelt bis 2039<br />

komplett digitalisiert. Der daraus resultierende Umstand, dass es kaum noch Unfälle<br />

und Berufskrankheiten gab, setzte enorme Kapazitäten im Gesundheits- und<br />

Forschungssektor frei. Mitte des 21. Jahrhunderts waren nahezu alle körperlichen und<br />

geistigen Krankheiten besiegt. Der Gesundheitszustand wurde durch Implantate an<br />

den Hauptserver übermittelt. Schließlich entwickelte man 2079 den „De-Emotionator“<br />

(Demo). Mit dieser bahnbrechenden Innovation konnte man unerwünschte Gefühle<br />

wie Hass, Wut oder Neid bereits im Mutterleib entfernen.<br />

Dies war auch der Grund, weshalb ein Verbrechen eigentlich unmöglich war.<br />

Meine Überlegungen dauerten nur wenige Sekunden, schlagartig wurde mir bewusst,<br />

dass ich in Gefahr schwebte. Denn die Drops würden jeden der Wohneinheit und<br />

jeden Besucher verhaften und qualvollen Verhören unterziehen. Der Schuldige würde<br />

neutralisiert, im Zweifel würde dieses endgültige Schicksal die gesamte Wohneinheit<br />

und Jeden, der zu dem fraglichen Zeitpunkt anwesend war, ereilen. Der Hauptserver<br />

wertete längst die Daten aus den KIs der Drops und den DNIs aus.<br />

Ich beeilte mich, mein DNI, auf das ich mich bisher in allen Lebenslagen verlassen<br />

hatte, zu deaktivieren. Über das manuelle Bedienfeld des Tepot, in dem ich mich<br />

immer noch befand, wählte ich den entlegensten Ort der Kolonie: Die Deponien. Diese<br />

gewaltigen Gräber aus Zeitmumien würden mir hoffentlich Unterschlupf gewähren.<br />

Von nun an war ich kein Bürger mehr, sondern ein Ausgestoßener, ein Gejagter.<br />

(Ramona)<br />

9


10<br />

Ein merkwürdiger Mensch<br />

1. August 2017<br />

Liebes Tagebuch,<br />

habe heute jemanden getroffen, mit dem ich mich unterhalten habe. Seinen Namen hat<br />

er mir nicht verraten. Bis jetzt habe ich auch noch niemandem von dieser Begegnung<br />

erzählt. Ich nenne ihn jetzt einfach mal Kloni. Er kam mir von Anfang an sehr sonderbar<br />

vor. Auch schien er mir verwirrt zu sein. Er hat erst mit sich selber gesprochen.<br />

Beziehungsweise, er hat so ein komische, sehr moderne Fitness-Uhr am Handgelenk<br />

getragen und gesagt, dass er die Uhr immer nach dem Weg fragt. Normalerweise sagt<br />

sie ihm auch immer, wo er entlang gehen kann und wie er zur nächsten Essgelegenheit<br />

kommt. Kloni meinte, wahrscheinlich habe er hier draußen im Wald die Verbindung<br />

verloren. Er konnte mir auch nichts von seinen Eltern erzählen, er sprach davon, dass<br />

er die zweite Generation des idealen Menschen wäre und er sein Wissen über das<br />

Lesen und Lernen am Bildschirm erlangt habe. Er war sehr, sehr gebildet und konnte<br />

mir viel über die zwei Vögel erzählen, die vorbeiflogen. Die wollen bestimmt gleich<br />

Liebe machen, meinte ich nur. Bezüglich Sexualität hatte Kloni dann aber keinen Redebedarf.<br />

Er sagte nur, dass die ihn wohl gleich kontaktieren werden, da die über seine<br />

GPS-Daten natürlich immer genau wüssten, wo er sich befindet. Auch wenn jetzt hier<br />

im Wald keine Kameras installiert sind, können die leicht eine Satellitenkamera auf ihn<br />

ausrichten, um ihn im Blick zu haben. Er müsste bald wieder in die Stadt zurück, da<br />

er einen Termin mit seinen Mentoren hätte. Normalerweise kommunizieren sie meist<br />

über seine Uhr miteinander. Aber zweimal im Monat würden sie sich sogar treffen und<br />

ein richtiges Gespräch über seine zukünftigen Aufgaben im Staat führen. Jeder habe ja<br />

schließlich seine ihm zugeteilten Aufgaben zu erfüllen. An seinem 18. Geburtstag, der<br />

„jetzt im Jahr 2117“ ist, würde er diese Aufgabe bekommen. Da habe ich nur mit dem<br />

Kopf schütteln können und bin wieder auf meine Laufrunde im Wald zurückgekehrt.<br />

Komischer Kloni.<br />

(Christian)


Die Zukunft ist rosa<br />

Wir schreiben das Jahr 2017. Die Zeiten, als man von der Schere zwischen arm<br />

und reich sprach, sind längst vorbei. Sozialstaat heißt seit 50 Jahren das Motto.<br />

Nachdem der Steuersatz der Reichen auf 65% angehoben wurde und dadurch immer<br />

mehr Zahlungskräftige abwanderten, blieben nur noch die Armen und Mittelständler.<br />

Doch auch dort wuchs die Unzufriedenheit und Aufstände machten sich breit. Selbsternannte<br />

Ordnungshüter versuchten in dieser unruhigen Zeit, die Kräfte zwischen<br />

den Gruppen wieder ins Gleichgewicht zu bringen und Gerechtigkeit zu schaffen.<br />

Da dies unterschiedlich aufgefasst wurde, scheiterte dieser Versuch natürlich kläglich.<br />

So kam jemand Schlaues, der Sozialpolitik und Sozialwissenschaft studiert hatte, auf<br />

diese neue Staatsform. Denn auf Kuba hatte es ja schließlich auch geklappt. Jeder sollte<br />

nur noch das bekommen, was man als Erwachsener beziehungsweise Kind laut Studien<br />

tagtäglich zum Leben braucht. 10g Zucker, 20g Kaffee, 200ml Milch und so weiter.<br />

Da niemand keinem etwas neidet, veränderten sich so das Gemeinschaftsleben und der<br />

Zusammenhalt. Man gibt wieder gern, weil man weiß, dass man es (gern) irgendwann<br />

zurück bekommt und jeder im selben Boot sitzt. Es werden mehr Freizeit-, Spaßund<br />

Kulturangebote für Familien kostenlos angeboten, die Frage, ob man sich etwas<br />

leisten kann, stellt sich gar nicht mehr. Die Work-Life-Balance kommt endlich in<br />

die richtige Waage.<br />

Die Technik machte ebenso einen großen Sprung nach vorn, wie der Datenschutz<br />

zurück. Als hätten wir es damals nicht schon immer befürchtet. Die Arbeit wird nun<br />

zum großen Teil von Maschinen erledigt und Hilfskräfte füttern diese nur noch mit<br />

Sachen, die verarbeitet werden sollen.<br />

Ausweise sind jetzt nicht mehr nötig. Die Welt ist miteinander verknüpft<br />

Identifizierungen werden über die Iris oder den Fingerabdruck durchgeführt.<br />

Zusätzlich aber ist ein Chip-Implantat nötig, so dass die Polizei mit ihren Scannern<br />

Menschen auch auf Entfernung identifizieren und alles einsehen kann. Straftaten,<br />

Kontakte, Daten bis hin zur Größe des Schlüpfers werden alle angezeigt, ist klar.<br />

Auf dem Weg zur Unsterblichkeit hat die Medizin bahnbrechende Innovationen<br />

hervorgebracht. Frauen müssen sich nicht mehr entscheiden, ob sie arbeiten gehen<br />

wollen oder Kinder bekommen. Die Zöglinge werden einfach in Laboren so weit<br />

vorbereitet und mit allem versorgt, was sie brauchen. Auch das Geschlecht kann man<br />

selbst bestimmen. Man mag kein blaues Zimmer für sein Kind? Kein Problem, einfach<br />

ein xx eingesetzt – schon wird’s ein Mädchen und das Zimmer somit rosa. Aber nicht<br />

nur dort gibt es Hoffnung. Auch Gewebe und verlorene Körperteile können nun durch<br />

echtes menschliches ersetzt werden. Ob von einem frisch verstorbenen abgetrennt<br />

oder im Labor herangezogen, macht kaum mehr einen Unterschied, beides funktioniert.<br />

Eine schöne neue Welt ist entstanden. Was noch passieren wird, ist jetzt noch<br />

unklar. Und wenn man überlegt, wie hinterwäldlerische die Menschen noch in 2017<br />

waren, so haben wir uns sehr viel weiter entwickelt.<br />

(Stephanie)<br />

11


Nicht behaupten, sondern zeigen!<br />

„Erzähl mir nicht, dass der Mond scheint, zeige mir lieber seinen Lichtschimmer auf einer Glasscherbe“; nach<br />

diesem Motto von Anton Tschechow entstanden die folgenden Kurzszenen zum Thema: Er/sie ist müde von der<br />

Schichtarbeit.<br />

Er kam aus dem Drehkreuz und ging schlurfenden Schrittes über den Parkplatz zu<br />

seinem Auto. Er brauchte lange, bis er den Schlüssel fand und ins Auto einstieg.<br />

(Christian)<br />

Nach einer anstrengenden 8-Stunden-Nachtschicht schaffte er es gerade noch, sein<br />

Jacke und Schuhe abzustreifen, ehe er wie erschlagen auf dem Sofa zusammen sackte.<br />

(Ramona)<br />

Sie war so erledigt, dass sie nicht einmal mehr die Kraft aufbrachte, ihre aufgegangenen<br />

Schnürsenkel zu binden.<br />

(Ramona)<br />

Mein Wecker klingelt. Geradewohl war Schichtende. Er kommt nach Hause und legt<br />

sich als erstes aufs Sofa. Nach nicht einmal einer Minute schläft er ein.<br />

(Wolfgang)<br />

Schweren Schrittes erreicht er die Küche, gähnt – und gleich darauf noch einmal. Seine<br />

Augen zieren dunkle Ringe und seine Krankenhauskluft scheint ihm zu schwer zu sein.<br />

Ihn ruft das Bett, mich das Frühstücksmüsli.<br />

(Jana)<br />

Sein Gesicht wirkt ungewöhnlich zerklüftet. Die aufgehende Sonne verstärkt die<br />

dunklen Ränder um die Augen, die noch tiefer zu liegen scheinen. Sein Blick ist<br />

getrübt und abwesend. Das obere Augenlid würde gern wieder eine Verbindung<br />

mit dem unteren eingehen.<br />

(Stephanie)<br />

Mit hängenden Schultern, Ringe unter den tiefliegenden, fast geschlossenen, Augen,<br />

zieht sie die Schuhe über das Pflaster, braucht zwei Anläufe, um den Schlüssel ins<br />

Schloss zu bringen. Mit den Schultern stößt sie die Tür auf, um dann, mehr stolpernd,<br />

als gehend, in den Flur zu treten. Ihre Nachtschicht war vor einer halben Stunde um.<br />

(Peter)<br />

12


Wachsende Gedichte<br />

Ein Wort wandert durch die Zeilen und entwickelt sich<br />

Stress<br />

Viel Stress<br />

Ein Haufen Termine, viel Stress<br />

Viele Verpflichtungen und Termine machen viel Stress<br />

Burnout<br />

(Christian)<br />

Stress<br />

Auslaugender Stress<br />

Auslaugender Stress, tägliche Hetze<br />

Tägliche Hetze im Hamsterrad hält mich gefangen<br />

Gefangen im ständigen Einerlei<br />

Versuche ich mich zu befreien<br />

Erfolglos<br />

(Ramona)<br />

Hund<br />

Süßer Hund<br />

Süßer Hund an der Leine<br />

Süßer Hund an der Leine mit Besitzer dran<br />

Haufen<br />

(Stephanie)<br />

Druck<br />

Viel Druck<br />

Viel Druck und keine Zeit<br />

Viel Druck, keine Zeit und wenig Kohle<br />

Diamant<br />

(Stephanie)<br />

Zeit<br />

Kostbare Zeit<br />

Kostbare Zeit und unendlicher Druck<br />

Kostbare Zeit, unendlicher Druck und Leistung<br />

Stress<br />

(Wolfgang)<br />

13


Kommentare<br />

Neben dem klassischen Meinungskommentar haben wir damit experimentiert, bekannte Stile, z.B. die von<br />

Spielregeln oder Bedienungsanleitungen, mit neuen Inhalten zu füllen.<br />

Bedienungsanleitung Mensch<br />

Grundvoraussetzung für das Gerät:<br />

Stellen Sie sicher, dass immer ausreichend Energie und Flüssigkeit vorhanden ist. Die<br />

Batterie sollte nie ganz leer gefahren werden. Es sollte immer ein gewisser Puffer vorhanden<br />

sein. Das Gerät sollte je nach Typ nicht immer allein da stehen, sondern ähnliche<br />

Geräte in der Nähe haben. Auch sollte es nicht nur im Dunkeln gehalten werden.<br />

Es ist wetterbeständig und kann im Freien eingesetzt werden.<br />

Einstellen der Zeit:<br />

Das Gerät fragt sich immer, ob die ausgeübten Tätigkeiten und Handlungen sinnvoll<br />

und nützlich für sich sind. Beachte: In den ersten Jahren kann es auch zu Fehlfunktionen<br />

kommen, in denen viele sinnlose Tätigkeiten ausgeübt werden. Diese Funktion<br />

liegt aber im Toleranzbereich. Weiterhin kann es auch zu Überfunktionen kommen,<br />

wenn das Hinterfragen zu viel Zeit in Anspruch nimmt und dieser Zustand eine Endlosschleife<br />

im Gerät verursacht. In diesem Fall kann der Reset-Knopf betätigt werden.<br />

In Einzelfällen muss das Gerät an Diagnosegeräten angeschlossen und neu kalibriert<br />

werden. Meist findet das Gerät aber seine Einstellungen eigenständig.<br />

Nutzungsdauer:<br />

Wenn das Gerät seine Einstellungen gefunden hat, schaltet es um, in den Automatikbetrieb.<br />

Es sollte für sich entscheiden welche Funktionen ausgeführt werden, damit eine<br />

möglichst hohe Nutzungsdauer entsteht.<br />

Pflegehinweis:<br />

Die Arbeitsfunktion sollte 35h in einer Woche nicht überschreiten.<br />

Die Serviceintervalle sollten eingehalten werden.<br />

Entsorgungshinweis:<br />

Biologisch abbaubar<br />

(Christian)<br />

14


Lebenszeit-Spiel – Spielanleitung<br />

ab 2 Spielern<br />

Inhalt:<br />

1 Spielbrett, 1 Brücke, männliche und weiblicher Spielfiguren, Geld,<br />

Ereignis- und Sonderkarten<br />

Ziel des Spiels:<br />

Erreichen des Friedhofsfeldes mit den meisten Lebenszeit-Punkten.<br />

Spielvorbereitung:<br />

Brücke am Rand des Spielfeldes aufstellen, Karten getrennt<br />

mischen, Geld bereit halten. Ziehen Sie verdeckt eine Spielfigur. Falls Sie eine weibliche<br />

Figur erhalten, ziehen Sie später von Ihrem Gehalt 10% ab.<br />

Start:<br />

Beginnen Sie auf dem Geburtsfeld. Rücken sie gemäß den Würfelaugen vor.<br />

Bis zum Erreichen des Ausbildungsfeld ziehen reihum Ihre Mitspieler die Karten.<br />

Spielplan: Halten sie am Ausbildungs- bzw. Berufsfeld an und wählen Sie die<br />

entsprechende Karte. Ihr Gehalt ist auf der Karte abgedruckt. Ab jetzt ziehen Sie<br />

Ihre Karten selbst.<br />

Gehaltfelder: Wenn Sie hier landen oder vorbeikommen, erhalten Sie Ihr Gehalt.<br />

Falls Sie die Karte „Mietwohnung“ besitzen, zahlen Sie den angegebenen Betrag.<br />

Ereignis-/Sonderfelder: Wenn Sie hier landen, ziehen Sie die entsprechende Karte.<br />

Karriereleiter: Wenn Sie am Fuß der Leiter ankommen, klettern Sie die Leiter nach<br />

oben. Ihr Chef, in diesem Fall Ihr rechter Nachbar würfelt, um Ihr Gehalt neu<br />

festzulegen. Bei 1 bis 5 erhalten Sie 10 % mehr, bei einer 6 20% mehr Gehalt.<br />

Landen Sie am Ende der Leiter, fallen Sie wieder zurück und müssen würfeln. Bei einer<br />

1, 2 oder 3 wird Ihr Gehalt um 30% gekürzt. Bei 4, 5 oder 6 verlieren Sie Ihre Arbeit.<br />

Geben Sie Ausbildungs- oder Berufskarte ab und ziehen sie eine neue.<br />

Spielverlauf:<br />

Während des Spiels ziehen Sie Karten. Der Aufdruck gibt an, was zu tun ist.<br />

Die Zahl mit einem + oder – Zeichen, gibt die hinzugewonnene oder verlorene<br />

Lebenszeit an.<br />

z.B. bei „Familie“, „Sport“, „Hobby“, „Freunde“, „Urlaub“ oder auch „Digitale Medien“,<br />

„Überstunden“, „Krankheit“, „Unfall“ oder auch „Rauchen“.<br />

Die Punkte werden bei Erreichen des Friedhofsfeldes zusammengerechnet.<br />

Bei einigen Karten ist ein Betrag angegeben, der sofort zu zahlen ist, z.B. bei „Heirat“,<br />

„Geburt“, „Scheidung“, „Haus“ oder „Steuernachzahlung“.<br />

Bei einigen Karten erhalten Sie Geld, wie z.B. bei „Erbschaft“, „Lottogewinn“ oder<br />

„Steuerrückzahlung“ (sehr selten).<br />

15


Falls Sie vor Erreichen des Berufsfeldes eine Geburtskarte ziehen, erhalten Sie 20 Lebenspunkte<br />

Abzug.<br />

Falls Sie die Arschkarte ziehen, geben Sie sämtliche Karten und Geldscheine ab und<br />

stellen Ihre Spielfigur unter die Brücke. Sie verbleibt dort, bis der letzte Spieler das<br />

Friedhofsfeld erreicht hat.<br />

(Ramona)<br />

16


Autogipfel – ohne Höhepunkte<br />

3. August 2017<br />

Gestern war bereits vor dem Gipfel alles gesagt und geschrieben. Dementsprechend<br />

war es wenig verwunderlich, dass der Gipfel ohne Höhepunkt, neuen Inhalt oder gar<br />

Überraschungen auskam. Zu bieder war auch seine Besetzung. Vorwiegend ältere<br />

Herren in Nadelstreifen und Krawatte, denen es augenscheinlich schwer fällt, sich mit<br />

einer anderen, als der Verbrennungstechnologie für unser liebstes Kind anzufreunden.<br />

Man tut lieber so, als sei nichts gewesen und kommt so um eine unangenehme und<br />

wenig PR-wirksame Schuldzuweisung herum. Wenn aber nichts gewesen ist, warum<br />

zeigt man sich dann vor über zwei Jahren selbst an und warum entlässt man dann<br />

Vorstände am laufenden Band? Mit goldenem Handschlag, wohlgemerkt. Man kann<br />

sich dem Eindruck nicht verwehren, dass hier massiv Druck gegenüber unabhängigen<br />

Richtern und Gerichten aufgebaut werden soll, um den Autostandort mit aller Macht<br />

zu schützen. So hat man zuletzt auch noch die mächtigste Gewerkschaft an den Tisch<br />

zitiert. Schade, dass die sich hier vor den Karren spannen lässt und sich damit zum<br />

Mittäter macht. Ein Dilemma. Auf der einen Seite steht der Schutz der über eine<br />

Million Arbeitsplätze, auf der anderen die Ethik und die Moral und nicht zuletzt der<br />

Schutz der Mitmenschen und nachfolgenden Generationen vor gesundheitsgefährdenden<br />

bis hin zu krebserregenden Stickoxiden. Es zeigt sich wieder einmal, dass in<br />

der deutschen Politik eine Politik des Kleinredens, Wegschauens, Konfliktvermeidens<br />

und letztlich des Nichtregierens regiert. Der hier bereits im Vorfeld gefundene und<br />

proklamierte kleinste gemeinsame Nenner, knapp über dem Nullpunkt, tut kurzfristig<br />

keinem weh und hilft langfristig keinem weiter. Die Autokonzerne haben Geld wie<br />

Heu und keine Moral und keine Ethik und unsere Kinder, die es am meisten betrifft,<br />

sind nicht an der Macht. Man möchte über Fahrverbote in der Innenstadt sprechen.<br />

Wo sind die Bewohner der Innenstädte beim Gipfel? Warum werden Gerichtsurteile,<br />

wie das des Verwaltungsgerichts Stuttgart einfach ignoriert? Nur weil es einem nicht in<br />

den Kram passt. Nicht immer auf Andere zeigen. Auch mal vor der eigenen Tür kehren.<br />

Ein unter Realitätsverlust leidender Haufen steinzeitlicher Männer und Frauen,<br />

das zeigt auch schon die angesetzte Zeit von zwei Stunden, hat sich hier zum Gespött<br />

einer Nation gemacht und es nicht einmal bemerkt. Wo ist die Richtlinienkompetenz<br />

der, Verzeihung, einer Kanzlerin? Viele Köche verderben bekanntermaßen den Brei, in<br />

diesem Fall unsere Moral und unsere Gesundheit. Bald sind Wahlen. Das war nichts,<br />

meine Damen und Herren. Setzen, sechs! Auf ein Neues im Oktober, hoffentlich in<br />

anderer Besetzung.<br />

17


Bedienungsanleitung für das selbstaufblasende Rückgrat Modell 20.17<br />

Inbetriebnahme des Rückgrats<br />

1. Entfalten Sie zunächst das Rückgrat und breiten Sie es vor sich aus.<br />

2. Öffnen Sie das Ventil an der Unterseite, damit Luft einströmen kann.<br />

3. Warten Sie, bis es vollständig aufgeblasen ist und schließen Sie das Ventil.<br />

4. Befestigen Sie es mittels der beigefügten Klettverschlüsse an Ihrer Kleidung. Um<br />

es unsichtbar unter Ihrer Kleidung zu tragen, verwenden Sie unseren Körperkleber<br />

„Patschneck“.<br />

5. Sie können das Rückgrat nun im Notfall oder vorbeugend in gefährlichen oder diskussionsintensiven<br />

Situationen verwenden.<br />

Dauerbetrieb<br />

Dieses Modell ist nicht für den Dauerbetrieb geeignet. Im Fachhandel oder über unsere<br />

Homepage www.rückgrat-los.de/mob können Sie geeignete Modelle erwerben.<br />

Fehlfunktion<br />

Bei sachgemäßem Gebrauch treten keine Fehlfunktionen auf. Sie werden meist durch<br />

zu heiß eingefüllte Luft oder falsche Befestigung verursacht.<br />

Entsorgung<br />

Das Gerät aus umweltfreundlichem PVC kann bequem über den Hausmüll entsorgt<br />

werden.<br />

WARNUNG!<br />

Die Anwendung in Gegenwart von Gewalttätern, Vorgesetzten oder Ehepartnern kann<br />

zu irreparablen Schäden führen!<br />

(Ramona)<br />

18


Cola in Burma<br />

Wir erklimmen unter großer Mühe den Berg. Der Rucksack ist schwer und die<br />

Schweißperlen stehen auf der Stirn. Aber wir wissen, es lohnt sich. Heute steht ein<br />

traditionelles Essen bei Einheimischen auf dem Programm. Mitten im Hinterland von<br />

Burma, nach einem anderthalb stündigen beschwerlichen Aufstieg. Ich freue mich riesig.<br />

Wir begrüßen uns gegenseitig respektvoll und fühlen uns willkommen. Das Essen<br />

wird in einer Feuerschale, die in den Boden eingelassen ist, zubereitet. Der Raum, in<br />

dem wir Touristen uns zum Essen niederlassen dürfen, ist aufgeräumt und sauber, wir<br />

setzen uns gern auf die Teppiche. Schon kommt unser Reiseführer noch einmal zu uns<br />

und fragt, ob wir lieber Schweppes oder eine Coca-Cola zu Mittag hätten. Erst bei näherem<br />

Überlegen bin ich überrascht, dass mir kein selbst angesetzter Teesud angeboten<br />

wird, da nur 150 Meter von hier frischer grüner und schwarzer Tee geerntet wird.<br />

Nach dem delikaten Mittagessen setzen wir unseren Weg fort gen Gipfel. Atemberaubende<br />

Kulissen fließen vor uns dahin, die Luft riecht süßlich, würzig und ich unterdrücke<br />

meine Tränen, da ich mein Glück, hier zu sein, kaum fassen kann. Der Blick<br />

nach unten lässt mich erschaudern. Die tropischen Pflanzen und Lebensräume sind<br />

von Müll erstickt. Coladosen, Elektrogeräte und Plastikverpackungen liegen dort, als<br />

wenn sie da hin gehörten. Mein Hals schnürt sich zu und instinktiv bekomme ich<br />

ein schlechtes Gewissen. Ich als Cola trinkende, konsumierende, westliche Touristin<br />

habe diesen Müll mit hergebracht, die einheimischen Menschen spüren lassen,<br />

dass wir Yuppies zwar Abenteuer mögen, aber bitte auf Nummer sicher und auch<br />

mit dem gewohnten Komfort. Auch sie möchten sich uns angleichen. Ihre Sari und<br />

Baumwollkleidung, die perfekt gegen Moskitos und die eindringenden Sonne schützt,<br />

gegen Stretch-Jeans, Plastik-Flip-Flops und Polyester-Shirts eintauschen. Sie möchten<br />

Süßigkeiten essen, so wie wir. Dick werden und Karies bekommen, so wie wir. Fernsehen<br />

und Spiele am Computer spielen, so wie wir. Für die Touristen noch ab und zu ein<br />

traditionelles Essen vorbereiten und sich ansonsten ihr Essen in der Mikrowelle warm<br />

machen, so wie wir!<br />

Warum eifert man Menschen nach, die ohne ihr Handy kaum noch ihren Weg finden,<br />

weder im Leben noch auf den Straßen. Menschen, die nicht mehr selbst überlegen,<br />

sondern lieber googlen, Menschen, die eine Karotte nicht von einem Lauch unterscheiden<br />

könnten, wenn es bei Penny nicht darüber stehen würde.<br />

(Stephanie)<br />

19


Mehr Sein als Schein<br />

Ein Rätsel<br />

Geboren wurde ich in Leipzig. Herausgepresst. Wertvoll.<br />

Mit meinen Geschwistern war ich eng verbunden, aber wir wurden schnell getrennt.<br />

Wir sollten uns im Laufe der Zeit immer wieder über den Weg laufen.<br />

Meine erste Station stank fürchterlich – nach Abwasser und Kläranlage.<br />

Die zweite war auch nicht besser: Frittenfett und Bierdunst.<br />

Danach ein Ausflug in den 23. Stock eines Wolkenkratzers. Dort stank es auch,<br />

aber anders. Nach Hochnäsigkeit und Arroganz.<br />

Später klebte ich halbdurchnässt an rotlichtbeschienener Haut, gehalten von einem<br />

spitzenbesetzten Gummibund. Dort verweilte ich nur kurz und wurde unsanft neben<br />

meine Kollegen platziert. Es roch nach Schießpulver und Waffenöl und ehe ich mich<br />

versah, erkaltete die Hand, die mich eben noch hielt. Jemand nahm mich hektisch an<br />

sich und beeilte sich, mich mit zittrigen Händen wieder loszuwerden.<br />

Ein sanftes Brummen schläferte mich ein. Im gelben Schein einer Autodachleuchte<br />

nahmen mich alte, faltige Hände entgegen. Ein Lächeln.<br />

Lange wurde ich hin und her gewogen. Mein Leben sollte sich nun grundlegend<br />

ändern.<br />

Ein weiteres Lächeln. Dieses Mal aus einem Lausbubengesicht mit Glitzern in den<br />

Augen. Von nun an wurde ein bauchiges Gefäß mit einer schmalen Öffnung an der<br />

Decke mein zu Hause, das ich mir mit vielen meiner Artgenossen teilte.<br />

Sie alle hatten viel zu erzählen. Manche von duftenden Blumen, fließender Seide<br />

und zartschmelzender Schokolade. Andere von nicht enden wollenden Tränen,<br />

tiefgekühlten Organen und Schmiermittel.<br />

Manche waren weit gereist, einige um die ganze Welt.<br />

Von Zeit zu Zeit sah das Lausbubengesicht nach uns, das bald zu einem erst pickligen,<br />

dann geplagten und bärtigen Gesicht wurde. Falten und Furchen gesellten sich dazu,<br />

der Glanz in den Augen war einem Ausdruck des Bedauerns gewichen. Zu viele<br />

verpasste Gelegenheiten, unerfüllte Wünsche, ungenutzte Chancen.<br />

20


Ich erwachte je aus einem langen tiefen Schlaf als mich jemand in einen Rahmen<br />

presste und aufhängte. Ein Spot beschien mich. Ich hatte mich gut gehalten. Jemand<br />

fixierte mich mit trübem Blick, der dann in Ferne schweifte. Ein dünnes Stimmchen<br />

sagte: „Schau mal, Frodo, das gab es, als ich jung war. Es regierte die Welt und es war<br />

äußerst ungerecht verteilt. Viele hatten zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig.<br />

Ich komm nicht drauf… Wie hieß das gleich nochmal?“<br />

(Jana)<br />

21


Beobachtungen, Gedanken<br />

Das Warten<br />

Die Minute, während derer du vor verschlossenen Metalltüren stehst und überlegst,<br />

kommt zuerst der linke oder der rechte Aufzug.<br />

Die Erinnerung, die mich beim Anblick einer Pril-Blume zurück in die Kochnische<br />

meiner Oma versetzt, wo sie mir Karo-Kaffee und Brötchen mit Milch gibt.<br />

Die Erwartung, die ich jedes Mal zu Beginn einer Sommerschule habe, und die jedes<br />

Mal übertroffen wird.<br />

(Ramona)<br />

der Traum<br />

die Erfüllung eines Traumes derer, die es sich nicht leisten können für diejenigen, die<br />

es sich leisten können, die aber nicht wissen, dass es Träume sind.<br />

(Stephanie)<br />

22


Gedichte: Limericks & Co<br />

Ein Sommerschulneuling aus Minden<br />

Konnt´ lange den Kursraum nicht finden<br />

Zu spät kam er dann<br />

Der Kurs fing schon an<br />

Doch musst‘ er die Schuhe noch binden.<br />

(Ramona)<br />

Der Torwart fängt gleich an zu weinen,<br />

der Stürmer ist mit sich voll im Reinen;<br />

der Ball liegt im Netz,<br />

die Fans sind entsetzt,<br />

was werden die Zeitungen meinen?<br />

(Christian)<br />

Zeit<br />

ratlos, rastlos, uferlos<br />

heillos, lieblos, glücklos, farblos,<br />

los!<br />

(Wolfgang)<br />

Leben<br />

Das Leben hat kaum angefangen,<br />

Da wird schon zur Arbeit gegangen<br />

Vorbei ist das Leben<br />

Ins Alter gegeben<br />

Dein Traum vom Leben vergangen.<br />

(Peter)<br />

23


24<br />

Komm U Nie, Kat-ion<br />

RE! Aktion<br />

Erw. Arten<br />

Antworten?<br />

Teil-Haber / Nehmer!<br />

In s(S)tinkt<br />

Ver Trauen<br />

Selbst Vertrauen<br />

Chimäre des Außen/-Innen<br />

Haut, die dünn wird<br />

Revolution<br />

Evolution des Systems<br />

Interne Netze der Gedanken<br />

Bausteine der Persönlichkeit→ Gesellschaft<br />

Ent Wickeln!<br />

Niemals Krieg!<br />

(Peter)


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