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W O W<br />
Wiesbach observiert die Welt<br />
im September 20<strong>16</strong><br />
Quint Edition Nr. <strong>16</strong>
Jagdsaison geht wieder los<br />
Geböller und Geröhr sind groß<br />
Kann es ein edleres Handwerk geben<br />
als Herr sein über Anderer Leben
Unser großer Albrecht Dürer<br />
seinerzeit gern Weltmarktführer<br />
malte Halm und Löwenzahn<br />
wie es kaum ein andrer kann<br />
Hatte mehr Glück als Sachverstand<br />
als er Boletus edulis fand<br />
Hat ein Bild davon skizziert<br />
es mit AD handsigniert<br />
Damit niemand diesen Platz entdeckt<br />
das Blatt in seinem Schrank versteckt<br />
Seither war das Bild verschwunden<br />
<strong>WOW</strong> hat am Flohmarkt es gefunden<br />
<strong>WOW</strong> hat lange recherchiert<br />
viele Quellen vertieft studiert<br />
Hier kann <strong>WOW</strong> zum ersten Mal verkünden<br />
dass aus mykologisch-künstlerischen Gründen<br />
der Fundort muss die Frankenhöhe sein<br />
Da kehrt der Dürer-Pilz-Verein<br />
bevorzugt gern zur Jahres-Tagung ein<br />
Dort wo ein Rasthaus heute steht<br />
und Lärm der Autos rüber weht<br />
ist viel Asphalt und Lastverkehr<br />
Das macht Schwammerlsuchen schwer<br />
Hier ist mykologisch nur bedingt was los<br />
Im Restaurant gibts Schwammerlbrüh mit fränkisch Kloß<br />
allerdings am 23. September bloß<br />
Abbildungen: Links oben: Albrecht Dürer, Das große Rasenstück, 1503; r.o.: AD, 1000 Becquerel; u.: GD, Rasthaus,1980, 205 x 137 cm<br />
Halbabstrakt ist wie bekifft<br />
doch erst die Dosis macht das Gift<br />
Halbabstrakt ist sehr beliebt<br />
weil es der Kunst modernen Anstrich gibt<br />
Niemand muss sich mehr entscheiden<br />
ist es Freude sind es Leiden<br />
Ein Hoch auf die Beliebigkeit<br />
Oh wie scheint der Dumme g‘scheit
Leonardo da Vinci,<br />
Das Abendmahl,<br />
1494/1498<br />
Andy Warhol, The Last Supper, 1986<br />
Von Leonardos Abendmahl<br />
weiß man der Personen Zahl<br />
Ist wohl das weltbekannteste Gelage<br />
<strong>WOW</strong> stellt sich schon lang die Frage<br />
wer die zwei Damen sind am Tisch<br />
und gabs als Amuse-Gueule schon Fisch<br />
Weil das Fresco ist schon alt<br />
erkennt man schlecht was drauf gemalt<br />
Auskünften von Theologen<br />
ist <strong>WOW</strong> lediglich bedingt gewogen<br />
Hält sich an ein eignes Bild<br />
das als Inkunabel christlicher Verpflegung gilt<br />
Die Tomate muss nicht sein<br />
Bleiben also Brot und Wein<br />
Ein Messer als Symbol<br />
finden nur die Ultras toll<br />
<strong>WOW</strong> wird noch etwas üben<br />
Fischt weiterhin im Trüben<br />
Andy legt bunte Streifen übers Bild<br />
Der Warhol-Kenner lächelt mild<br />
Andy will hier plump versuchen<br />
zu naschen von da Vincis Kuchen<br />
<strong>WOW</strong> bietet Andy einen Burger an<br />
den er gern verspeisen kann
Der Maler und die Eitelkeit<br />
haben für einander Zeit<br />
Auch wenn die Bilder stehn für sich<br />
sind sie ein Teil von Malers Ich<br />
Das Publikum ist nicht dein Spiegel<br />
das liebt erst sich dann Schokoriegel<br />
Michelangelo Merisi da Caravaggio, Narziss, 1598/99<br />
Großer Bär nahm Kleiner Bär gefangen<br />
Kleiner Bär musste ums Leben bangen<br />
Um sich von seinen Bruder zu befreien<br />
begann Kleiner Bär ganz laut zu schreien<br />
„Hör auf so jämmerlich zu klagen“<br />
hört man da den Schöpfer sagen<br />
“Ab heute heißt ihr beide Wagen<br />
Dann werdet ihr euch wohl vertragen“
GD, Im Friseursalon, 1968<br />
GD, Im Bad, 1981<br />
GD, Auf der Couch, 1982<br />
Wie in jedem Journal das etwas auf sich hält<br />
gibts auch in <strong>WOW</strong> die Seite die insbesondre Männern gut gefällt<br />
Aus kunstgenüsslichen Interessen<br />
sollte man doch nie vergessen<br />
dass der Blick aufs Original<br />
macht den Genuss erst optimal<br />
Abbildungen:<br />
Giogione (und Tizian?), Schlummernde Venus, 1508/1510<br />
Diego Velázquez, La Venus del Espejo, (Rokeby-Venus), <strong>16</strong>48–<strong>16</strong>51<br />
Francisco de Goya, La maja desnuda, 1795–1800
GD, Erdöl & Erdbeeren,1962 GD, Maler & Beamter, 1963<br />
Max Beckmann, Selbstporträt, 1950<br />
Chaime Soutine, Der Bildhauer Oscar Miestschaninoff, 1923/24<br />
<strong>WOW</strong> zeigt hier Männerbilder auf zwei Seiten<br />
Malen Maler Männerbilder<br />
Anscheinend herrscht die Ansicht vor<br />
Manche Maler malen oft ein Bild von sich<br />
Sind etwas gleicher unter Gleichen<br />
um Frauen Freude zu bereiten<br />
geben sie sich gerne wilder<br />
als Schönling ist der Mann ein Tor<br />
wollen damit zu überzeugen dich<br />
weil sie von der Norm abweichen<br />
Zeigte <strong>WOW</strong> vormals Frauenbilder seitenweise<br />
und stärker als sie wirklich sind<br />
Die Eitelkeit bereitet Pein<br />
dass sie ein Mensch wie du und ich –<br />
<strong>WOW</strong> muss ihnen zugestehen<br />
geriert es sich aus Gendergründen altersweise<br />
Schützen sich so wie ein Kind<br />
als Maler schön und doof zu sein<br />
und reklamieren doch Besonderssein für sich<br />
so falsch haben sie das nicht gesehen<br />
GD, Vater & Sohn, 1965<br />
GD, Prof. H. beim Tierarzt, 1966<br />
Lovis Corinth, Selbstporträt, 1924<br />
Oskar Kokoschka, Selbstporträt, 1918/19
Paul Klee, Der Goldfisch, 1925<br />
Katsushika Hokusai, Klare Morgendämmerung bei Südwind, (Roter Fuji), 1830-36<br />
Paul Klee wählte einen Goldfisch aus<br />
machte Poesie und Bilderkunst daraus<br />
GD schielte auf den Negerkuss<br />
(wegen p. c. gibt es nun Mordsverdruss)<br />
Wollte für P. K. eine Widmung malen<br />
Ist poetisch etwas abgefallen<br />
Hokusai schneidet sechsunddreißig Ansichten des Fuji in Holz<br />
ist auf den Irisdruck ganz stolz<br />
Weil Fuji soviel wie der Einzige heißt<br />
GD mit einem Bild Hokusai und seine Fujis preist<br />
Legt vor Fuji Fugu und zwei Kirschen<br />
Hokusai meint male lieber Watzmann mit Gämsen oder Hirschen
GD befolgt Japaners Rat<br />
hat ein Watzmannbild parat<br />
Hat den Berg noch nie erklommen<br />
hätte Muskelkater dabei bekommen<br />
Findet dass die Berge wunderschön<br />
kann man auch von unten sehn<br />
GD, CDF am Königssee, 2003<br />
CDF kam nicht einmal bis Berchtesgaden<br />
für sein Bild war das kein Schaden<br />
Johann Heinrichs Watzmann-Skizze<br />
war ihm topographisch nütze<br />
Entscheidend war für Caspar das Motiv<br />
im dem metapherhaft und tief<br />
man vom Jetzt ins Jenseits sehen kann<br />
(So interpretiert es der Museumsmann)<br />
Vom Watzmann übers Matte Horn bis Nockherberg<br />
war eine edle Zunft am Werk<br />
Hochgebirgsmaler malten Fels und Eis<br />
(mit Gipfelhöhe stieg der Preis)<br />
Hehre Werke in Öl und Aquarell<br />
schmücken Zirbelstube Salon Hotel<br />
(in Zermatt auch ein Bordell)<br />
Caspar David Friedrich, Der Watzmann, 1824/5<br />
Leider fiel ab und an ein Maler aus der steilen Wand<br />
wobei er dann sein Ende fand<br />
Seit Laptop und Smartphone sind dabei<br />
ist edle Hochgebirgsmalerei<br />
vorbei
René Magritte, L‘invention collective, 1934<br />
Zum Hochgebirgsmaler als Pendant<br />
ist <strong>WOW</strong> der Tiefseemaler wohlbekannt<br />
<strong>WOW</strong> hat den Begriff bei google eingegeben<br />
gleich schlug ihm Kitsch und Trash entgegen<br />
<strong>WOW</strong> hat im eignen Repertoire<br />
in seiner Serie Kunstbetrieb-noir<br />
ein Bild in dem der Haken wird gern übersehen<br />
Pass auf sonst wird es dir wie Courbets Fisch ergehen<br />
Tiefseemaler sind mit allen Wassern längst gewaschen<br />
beherrschen alle Tricks und Maschen<br />
Entwickeln wunderbar absurde Phantasie<br />
in ihrer Bilderfindungs-Strategie<br />
Jan lässt Wal den Jonas an die Küste spucken<br />
bei René kann man wie meist nur mit den Schultern zucken<br />
Gustave ist für den Angler Optimist<br />
Für die Forelle ist es Mist<br />
Jan Brueghel d. Ä., Jonas entsteigt dem Wal, 1595<br />
Gustave Courbet, La truite, 1871
Gustave Courbet, Les Demoiselles du bord de Seine, 1857<br />
An der Seine ruhen zwei Maiden<br />
Courbet war nachts aus mit Beiden<br />
Nun malt er ihre Müdigkeit<br />
und gibt sich Müh beim Sommerkleid<br />
Ein Mädchen liegt am Isarstrand<br />
Sonst ist darüber nichts bekannt<br />
Ein blaues Auto parkt am Rand<br />
wo man später rote Schuhe fand<br />
Édouard Manet, Le déjeuner sur l‘herbe,1863 (Victorine Meurent, Eugène Manet, Ferdinand Leenhoff)<br />
Édouard – sagen viele – sei der Maler dieser Szene<br />
Er säße rechts im Bilde sagen jene<br />
die eifernd auf die Damen schauen<br />
Wem soll der Rezipient nun trauen<br />
Entweder malt Édouard das Gemälde<br />
oder er frühstückt im Bild in Bälde<br />
Auch in GDs Bild erschließt sich nicht so schnell<br />
Wen erwartet Mademoiselle<br />
GD, Liegende, 1993<br />
GD, Hallo Edi! Picknick, 1984, Linol
GD, Hunde im Farbraum, 1962<br />
GD malte für Europeinture dies Hundestück<br />
und erntete beglückt Kritik<br />
In Frankreich sprach sie von l‘art infâme<br />
obwohl chien für Hund der Name<br />
Der Brite aber schrieb von canine art<br />
und fand das Bild sei rough and smart<br />
Schrieb auch es seien unbekannte Rassen<br />
wahrscheinlich tykes von deutschen Straßen<br />
Ein Blatt aus Köln der Rheinische Kurier<br />
schrieb dagegen von Geschmier<br />
Damals fand das GD unverschämt<br />
hat sich jedoch nicht lang gegrämt<br />
Gabriel von Max, Affen als Kunstrichter, 1889<br />
30 000<br />
Jahre<br />
<strong>WOW</strong> Nr. <strong>16</strong><br />
© Quint Edition 20<strong>16</strong><br />
gerd-dengler.com<br />
Repros: CH. Vohler,<br />
Stevie Casino,<br />
Florian D., Net<br />
Druck: Wenzel GmbH<br />
Nachtgespenst fährt nach Berlin<br />
will auf Flors Dachterrasse ziehn<br />
Schaut nachts mal in die Galerie hinein<br />
Möchte allein mit Caspar David Friedrich sein<br />
Doch immer nachts zur Geisterstunde<br />
hängen dort in der Rotunde<br />
zweihundertfünfzig <strong>WOW</strong>-Gemälde<br />
wie Nachtgespenst akribisch zählte<br />
Punkt ein Uhr muss Nachtgespenst verschwinden<br />
konnte leider Mönch am Meer nicht finden<br />
Malerei<br />
Foto: Nationalgalerie Berlin
W O W<br />
Wiesbach observierte die Welt<br />
im September 20<strong>16</strong><br />
Quint Edition Nr. <strong>16</strong>