06.12.2017 Aufrufe

kj cloud.book Nr. 3 Ausgabe III/2017

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

unkritisch sind, den Wert des Neo-<br />

Sozialen hoch. Das heißt: Für sie ist<br />

all das sozial, was im Interesse der<br />

Allgemeinheit geschieht oder die<br />

Sozialgemeinschaft nicht belastet.<br />

Der Einzelne ist sozial, wenn er bzw.<br />

sie sich zu Eigenverantwortung und<br />

Eigeninitiative bekennt. Kann oder<br />

schafft er/sie das nicht, liegt die Schuld<br />

ihrer Meinung nach allerdings nur<br />

beim Einzelnen. Das ist eine Haltung,<br />

die nicht nur eine Entsolidarisierung<br />

mit den Schwächeren der Gesellschaft<br />

begünstigt, sondern auch eine<br />

Entsolidarisierung von sich selbst. Über<br />

gesellschaftliche Rahmenbedingungen<br />

oder ungleiche Ressourcenlagen wird<br />

dabei nicht nachgedacht.<br />

In gegenwärtigen Jugendkulturen fällt<br />

auf, dass ästhetische oder politische<br />

Rebellionen keine großen Themen<br />

mehr sind. Die breite Mehrheit setzt<br />

auf individualitätsbezogene Werte.<br />

Familie, Freunde und Freizeit liegen<br />

im Ranking der persönlich wichtigsten<br />

Lebensbereiche ganz oben. Fast<br />

keine der früheren Jugendkulturen<br />

darf jedoch vorübergehend in einen<br />

Dornröschenschlaf verfallen, und so<br />

existieren gegenwärtig einige hundert<br />

Stilvarianten und Untergruppen,<br />

die sich bisweilen nur noch selbst<br />

gegenseitig sofort einordnen können. ²<br />

Religiöse Fragen werden (auch) von<br />

jungen Menschen gerne privatisiert<br />

(„was ich glaube, ist meine Sache“),<br />

relativiert („was wahr ist, weiß keiner“)<br />

und funktionalisiert („was bringt mir<br />

Religion“). Religion im unspezifischen<br />

Plural gedacht hat breiten Konsens,<br />

man wählt unbekümmert aus einer<br />

Vielfalt spiritueller Angebote, zu<br />

denen durchaus auch kirchliche<br />

gehören, solange sie helfen, das Leben<br />

zu bewältigen (Patchworkreligion).<br />

Dennoch bilden nach wie vor Kirchen<br />

und Religionsgemeinschaften den<br />

sozialen Rahmen, in dem sich<br />

die Bildung religiöser Identitäten<br />

vollzieht, und sei es nur in Form von<br />

Abgrenzung und Dissens.<br />

Das Interesse an Sinnfragen ist<br />

laut der letzten Sinus-Jugendstudie<br />

(2016) durchaus vorhanden –<br />

unabhängig von der Zugehörigkeit<br />

zu einer Glaubensgemeinschaft.<br />

Wirken junge Menschen im Alltag<br />

ihrer Glaubensgemeinschaft noch<br />

mit, ist dies das Ergebnis kirchlicher<br />

Jugendarbeit in all ihren Formen.<br />

Kirchliche Jugendarbeit, die<br />

ausdifferenziert und auch nachgehend<br />

sein muss, bleibt wichtig. Hier<br />

sind es vor allem Personen (nicht<br />

Strukturen) und die Erreichbarkeit<br />

der Jugendarbeit vor Ort, die für nicht<br />

wenige junge Menschen ansprechend<br />

sind und bleiben.<br />

Univ.-Prof. in Dr. in theol.<br />

Ilse Kögler<br />

Professorin der Katechetik,<br />

Religionspädagogik und Pädagogik an<br />

der KU Linz<br />

Foto: RebecaT, pixabay.com<br />

2 Vgl. Klaus Farin, Jugendkulturen heute – Essay, in: H www.bpb.de/apuz/32643/jugendkulturen-heute-essay?p=all<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!