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Leseprobe Soziale Sicherheit 11_2017

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<strong>Soziale</strong><br />

<strong>Sicherheit</strong><br />

zeitschrift für arbeit und soziales<br />

sozialesicherheit.de<br />

66. JAHRGANG<br />

ISSN 0490-1630<br />

D 6364<br />

<strong>11</strong> | <strong>2017</strong><br />

Betriebliche Rente<br />

Was das neue Gesetz bringt<br />

Betriebsrenten Urteile zur Höhe, Anpassung und Unverfallbarkeit<br />

Arbeitslosenversicherung Warum Beitragssenkungen riskant sind<br />

Rente ab 63 Ungleiche Anrechnung von ALG-Zeiten verfassungsgemäß?<br />

inklusive<br />

rechtsprechung


Position<br />

Beitrag zur Arbeitslosenversicherung nicht senken<br />

Schon in den allerersten Papieren aus den Sondierungen<br />

zur Jamaika-Koalition war die Festlegung zu lesen, dass<br />

die Beiträge zur Sozialversicherung nicht über 40 Prozent<br />

steigen dürften. Klingt erst einmal gut, ist aber brandgefährlich:<br />

Diese selbst gesetzte Grenze ist nämlich schon<br />

fast erreicht.<br />

Dabei wissen wir alle, dass in den nächsten Jahren<br />

angesichts der Altersstruktur unserer Gesellschaft Beitragsanhebungen<br />

in der Pflege und in der Rente gar nicht<br />

zu vermeiden sein werden, von Konjunktureinbrüchen, die<br />

hoffentlich nicht eintreten werden, gar nicht zu reden. Fixiert<br />

eine neue Bundesregierung jetzt die 40 Prozent als<br />

Obergrenze, steht zu befürchten, dass dann, wenn eigentlich<br />

die Beiträge ansteigen müssten, stattdessen die Leistungen<br />

gekürzt werden. Es sei denn, man glaubt jahreszeitgemäß<br />

an den Weihnachtsmann und daran, dass eine<br />

Regierung mit FDP-Beteiligung für höhere Steuerzuschüsse<br />

für die Sozialversicherungen sorgt, um gute Leistungen<br />

sicherzustellen.<br />

Vor diesem Hintergrund ist die jetzt laufende Diskussion<br />

um die Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung<br />

mit besonderen Risiken behaftet, weil ein<br />

Rückweg angesichts der Obergrenze bei den Beiträgen<br />

versperrt wäre, zumindest aber ausgesprochen steinig. Je<br />

tiefer die Senkung – der Sachverständigenrat schlägt völlig<br />

unverantwortliche 0,5 Prozent vor – desto schwerer der<br />

Rückweg.<br />

Aber vielleicht macht die Absenkung ja Sinn? Schließlich<br />

macht die Bundesagentur für Arbeit (BA) wegen der<br />

guten konjunkturellen Lage derzeit Milliarden Überschüsse.<br />

Stimmt, aber die werden auch gebraucht: als Reserve,<br />

damit die BA bei einem Konjunktureinbruch handlungsfähig<br />

ist. Kein Zweig der Sozialversicherung ist so konjunkturanfällig<br />

wie die Arbeitslosenversicherung: Werden viele<br />

Menschen arbeitslos, sinken die Beitragseinnahmen und<br />

steigen die Ausgaben – und zwar schnell.<br />

Zur Erinnerung: Als die Finanzkrise 2010 zu Ende ging,<br />

waren die Kassen der BA leer. Die Agenturen hatten 22<br />

Mrd. Euro in die Krisenbewältigung investiert, 17 Mrd.<br />

davon aus Rücklagen – u. a. für Kurzarbeit, Arbeitslosengeld<br />

und Weiterbildung. So war ein massiver Anstieg der<br />

Arbeitslosigkeit verhindert worden und die Wirtschaft war<br />

startklar, als die Konjunktur wieder anzog. Bis heute wird<br />

dieses Handeln europaweit als vorbildliche Krisenbewältigung<br />

betrachtet. Möglich war es aber nur, weil die Arbeitslosenversicherung<br />

liquide war und nicht in der Krise die<br />

Beiträge erhöhen musste.<br />

Wenn die Beiträge nicht ausreichen, hätte die BA theoretisch<br />

die Möglichkeit, ein Darlehen beim Bund aufzunehmen,<br />

das aber später wieder zurückgezahlt werden muss.<br />

So kann sie schnell in eine finanzielle Schieflage geraten,<br />

die sie massiv unter Druck setzt, auf Kosten der Arbeitslosen<br />

die Leistungen zu senken. Dies betrifft dann vor allem<br />

die so genannten Ermessensleistungen, also die Leistungen,<br />

auf die kein unmittelbarer Rechtsanspruch besteht.<br />

Das wären in erster Linie Leistungen für Weiterbildung,<br />

das Nachholen von Schulabschlüssen und das Programm<br />

»Zweite Chance«, das jungen Menschen, die bereits über<br />

25 Jahre alt sind, helfen soll, noch einen Berufsabschluss<br />

zu erreichen. Auch die Programme zur Rehabilitation von<br />

Behinderten könnten gefährdet sein.<br />

Der BA-Verwaltungsrat sieht sich deshalb in der Pflicht,<br />

Risikovorsorge zu treffen. Ein Gutachten des wissenschaftlichen<br />

Institutes der BA – des Instituts für Arbeitsmarkt<br />

und Berufsforschung – beziffert den Vorsorgebedarf auf<br />

ca. 20 Mrd. Euro. Das ist mit Blick auf die vorherigen Perioden<br />

plausibel. Derzeit beträgt die Rücklage rund 12 Mrd.<br />

Euro, auch im laufenden Jahr wird die BA die Rücklage weiter<br />

aufstocken können. Darüber, die Rücklage auf 20 Mrd.<br />

Euro aufzustocken, gibt es in der Selbstverwaltung der BA<br />

über alle Bänke hinweg Einigkeit.<br />

Danach gehen die Auffassungen von Arbeitgebern und<br />

Gewerkschaften auseinander: Während die Bundesvereinigung<br />

der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die<br />

Beiträge senken will, sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund<br />

(DGB) die Notwendigkeit, Leistungen zu verbessern<br />

und Löcher im Schutzschirm der Arbeitslosenversicherung<br />

wieder zu schließen. Heute befindet sich nur noch ein Drittel<br />

der Arbeitslosen in der Arbeitslosenversicherung, zwei<br />

Drittel sind in Harz IV. Jeder vierte, der arbeitslos wird, wird<br />

direkt in Hartz IV durchgereicht, weil diejenigen, die in<br />

Leiharbeit gehen, befristet beschäftigt sind oder in Saisonberufen<br />

arbeiten, oft den Schutz der Sozialversicherung<br />

gar nicht erreichen. Als ersten Schritt, um das zu ändern,<br />

fordert der DGB, die Rahmenfrist, in der Arbeitslose einen<br />

Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben können, wieder<br />

von zwei auf drei Jahre auszuweiten.<br />

Hinzu kommt, dass die Bundesagentur sich für Zukunftsaufgaben<br />

gut aufstellen muss: Bei der Bewältigung<br />

der massiven Veränderungen in der Arbeitswelt durch Digitalisierung<br />

und Strukturwandel brauchen Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer Unterstützung. Gerade Weiterbildung<br />

von Arbeitslosen wie Beschäftigten muss – unterlegt<br />

mit Rechtsansprüchen – auch mit den entsprechenden<br />

finanziellen Ressourcen versehen werden (s. auch Soz-<br />

Sich 7–8/<strong>2017</strong>, S. 261 ff.). Unternehmen und Beschäftigte<br />

müssen im strukturellen Wandel begleitet und unterstützt<br />

werden. Das kann die Arbeitslosenversicherung sicher<br />

nicht allein bewältigen, aber sie muss ihren Beitrag leisten.<br />

Und wenn die Jamaika-Sondierer sich darüber einig<br />

sind, dass Weiterbildung angesichts der Digitalisierung<br />

eine entscheidende Zukunftsaufgabe ist, sollten sie sich<br />

nicht einen der Wege zumauern, den sie gehen könnten.<br />

Annelie Buntenbach,<br />

Mitglied des Geschäftsführenden<br />

Bundesvorstands des DGB<br />

384<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Sicherheit</strong> <strong>11</strong>/<strong>2017</strong>


Magazin<br />

Bei Bezug von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung:<br />

Nur noch vier Wochen Auslandsaufenthalt erlaubt<br />

Erwerbsgeminderte und Senioren, die Grundsicherung erhalten, dürfen sich jetzt<br />

nicht mehr länger als vier Wochen im Ausland aufhalten. Die Neuregelung, von<br />

der bislang kaum Notiz genommen wurde, gilt bereits seit dem 1. Juli <strong>2017</strong>. Kommunalpolitiker<br />

fürchten, dass als Folge dieser Verschärfung der Residenzpflicht<br />

bei den Betroffenen Mietschulden auflaufen, die sogar zum Wohnungsverlust<br />

führen können.<br />

Die Neuregelung findet sich im Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur<br />

Änderung des SGB II und SGB XII vom 22. Dezember 2016. Hierdurch wurde § 41 a<br />

neu ins SGB XII eingefügt. Dort heißt es: »Leistungsberechtigte, die sich länger als<br />

vier Wochen ununterbrochen im Ausland aufhalten, erhalten nach Ablauf der vierten<br />

Woche bis zu ihrer nachgewiesenen Rückkehr ins Inland keine Leistungen.«<br />

Bislang regelte das SGB XII lediglich, dass Leistungen nach diesem Gesetz nur<br />

denjenigen zustanden, die »ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben«<br />

(§ 41 SGB XII). Eine entsprechende Regelung enthält z. B. auch das Wohngeldgesetz<br />

und SGB VI. Bei der gesetzlichen Rente gilt: »Berechtigte, die sich nur vorübergehend<br />

im Ausland aufhalten, erhalten für diese Zeit Leistungen wie Berechtigte,<br />

die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben« (§ <strong>11</strong>0 Abs. 1 SGB VI).<br />

Bei den genannten Gesetzen wurde die Regelung zum »gewöhnlichen Aufenthalt«<br />

bislang von den Trägern der Leistungen und den Gerichten eher großzügig<br />

ausgelegt. Horst Zeller von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Nordbayern<br />

hält in den Informationen der Regionalträger der DRV in Bayern sogar einen<br />

Auslandsaufenthalt von bis zu zwölf Monaten für unschädlich: »Obwohl das Gesetz<br />

keinen Zeitrahmen vorgibt, geht man im Allgemeinen davon aus, dass ein<br />

Aufenthalt bis zu einem Jahr noch als vorübergehend anzusehen ist.«<br />

Bezogen auf die Grundsicherung im Alter liegen ebenfalls einige eher großzügige<br />

Urteile vor. So hat das Landessozialgericht (LSG) NRW im Falle eines Empfängers<br />

in einem Urteil vom 3. Februar 2010 (Az.: L 12 (20) SO 3/09) einen achtwöchigen<br />

Auslandsaufenthalt als unproblematisch angesehen. Verhandelt wurde<br />

dabei über den Fall eines 70-jährigen Grundsicherungsbeziehers, der sich für<br />

acht Wochen für einen Verwandtenbesuch in Australien aufhielt. Das LSG NRW<br />

befand: »Der vorübergehende Auslandsaufenthalt mit einer Dauer von acht Wochen<br />

lässt den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland unberührt. Der Lebensmittelpunkt<br />

des Klägers lag und liegt weiterhin in I«. Das Hessische LSG hielt<br />

es dagegen am 4. April 2006 (Az.: L 7 SO 12 / 06 ER) für entscheidend, dass die<br />

Rückkehr nach Deutschland »absehbar« sein müsse. Das könne z. B. bedeuten,<br />

dass der Rückflug von vornherein gebucht sein müsse und nicht »offen« sei.<br />

Ungedeckte Unterkunftskosten bei vielen Türken und Südeuropäern<br />

Die jüngste Gesetzesänderung wurde mit dem Argument begründet, dass die<br />

staatliche Fürsorge ihre Aufgabe, »das Existenzminimum der im Inland lebenden<br />

Menschen sicherzustellen, nur erfüllen [kann], wenn sich die Leistungsberechtigten<br />

tatsächlich im Inland aufhalten. Die Vier-Wochen-Frist wurde danach »in<br />

Anlehnung an die gesetzliche Mindesturlaubsdauer« von Arbeitnehmern gewählt<br />

(BT-Drs. 18/9984, S. 92).<br />

Das Münchener Sozialamt äußerte bereits Ende 2016 die Befürchtung, dass die<br />

Regelung »zu Problemen bei den Kosten für die Unterkunft in München und zur<br />

verwaltungsaufwändigen Übernahme von Mietschulden führen« werde. Leistungsberechtigte<br />

aus südeuropäischen Ländern bzw. aus der Türkei würden<br />

bislang häufig eine längere Zeit bei ihrer Verwandtschaft im Heimatland verbringen,<br />

hätten aber nicht die Absicht, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in München<br />

aufzugeben. Der Lebensunterhalt der Betroffenen werde im Ausland »von der<br />

Verwandtschaft regelmäßig sichergestellt«. Mit Problemen rechnet das Amt<br />

jedoch bei den Unterkunftskosten. Diese würden »künftig zunächst ungedeckt<br />

bleiben«, wenn die Grundsicherung ab der fünften Woche des Auslandsaufenthalts<br />

entzogen werde. o<br />

Rente steigt – Beitrag sinkt<br />

Wegen der guten Konjunktur befindet<br />

sich gesetzliche Rentenversicherung<br />

(GRV) in einem »Zwischenhoch«.<br />

Wenn die Beschäftigung weiter steigt<br />

und die Löhne weiter zulegen, seien in<br />

den kommenden fünf bis sechs Jahren<br />

Rentenerhöhungen zwischen 2,5 und<br />

3,0 % möglich, erklärte der derzeitige<br />

Vorstandsvorsitzende der Deutschen<br />

Rentenversicherung (DRV) Bund, Alexander<br />

Gunkel. Anfang Juli 2018 wird<br />

es nach vorläufigen Berechnungen für<br />

die knapp 21 Mio. Rentner/innen Erhöhungen<br />

von rund 3 % geben. Im Westen<br />

wird mit Erhöhungen von 3,09 % und<br />

im Osten mit einem Plus von 3,23 %<br />

gerechnet. Die unterschiedlichen Anhe<br />

bungen in Ost und West sollen spätestens<br />

im Juli 2024 ein Ende haben.<br />

Bis dahin müssen die Renten nach dem<br />

Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz<br />

bundes weit angeglichen sein (s. Soz-<br />

Sich 2/<strong>2017</strong>, S. 63). Endgültig festgelegt<br />

wird die Rentenerhöhung für 2018<br />

erst im kommenden Frühjahr, wenn<br />

Daten zur aktuellen Lohn entwicklung<br />

vorliegen.<br />

Die Finanzreserve der GRV beläuft sich<br />

Ende dieses Jahres voraussichtlich<br />

auf 1,59 Monatsausgaben (32,9 Mrd.<br />

Euro). Wenn das Polster die Obergrenze<br />

von 1,5 Monatsausgaben übersteigt,<br />

muss laut Gesetz der Beitrag reduziert<br />

werden. Am 9. November hat das Bundesministerium<br />

für Arbeit und <strong>Soziale</strong>s<br />

deshalb den Entwurf zu einer Verordnung<br />

vorgelegt, mit der der derzeitige<br />

Beitragssatz von 18,7 % auf 18,6 % im<br />

nächsten Jahr gesenkt werden soll.<br />

Der Satz für die knappschaftliche Rentenversicherung<br />

soll von 24,8 % auf<br />

24,7 % reduziert werden.<br />

Die Gewerkschaften sehen diese Senkung<br />

kritisch. »Statt heute die Beiträge<br />

zu senken, sollte die Regierung<br />

an morgen denken und angemessene<br />

Rücklagen bilden«, so IG Metall-Vorstandsmitglied<br />

Hans-Jürgen Urban.<br />

»Die Reduzierung des Beitragssatzes<br />

um 0,1 Prozentpunkte bringt für einen<br />

Durchschnittsverdiener eine Entlastung<br />

von knapp 1,60 Euro im Monat.«<br />

Spätestens ab 2023 werden die GRV-<br />

Beiträge nach jetzigen Berechnungen<br />

schrittweise steigen – bis auf 21,6 %<br />

im Jahr 2030. Denn dann kommen immer<br />

mehr Babyboomer-Jahrgänge in<br />

die Rente. o<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Sicherheit</strong> <strong>11</strong>/<strong>2017</strong><br />

385


Magazin<br />

PERSONALIA<br />

GESUNDHEIT<br />

A Dr. Karl Blum (Jg. 61) und Gabriele Gumbrich wurden als neue Vorstände des<br />

Deutsches Krankenhausinstitut e. V. (DKI) berufen. Sie lösen den bisherigen Vorstand<br />

Dr. Andreas Weigand (Jg. 63) ab. Weiterhin wird das Institut durch den seit<br />

Ende 2015 amtierenden Präsidenten des Kuratoriums des Deutschen Krankenhausinstituts,<br />

Wolfgang Pföhler (64), repräsentiert. Blum ist im Vorstand Leiter<br />

des Geschäftsbereichs Forschung des DKI und Gumbrich Leiterin des Geschäftsbereichs<br />

Qualifikation sowie Geschäftsführerin des Tochterunternehmens Deutsches<br />

Krankenhausinstitut GmbH.<br />

A Dr. Irmgard Stippler (53) ist am 10. November zur neuen Vorstandsvorsitzenden<br />

der AOK Bayern gewählt worden. Die Volkswirtin ist seit 2014 Vorstandsvorsitzende<br />

der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Sie übernimmt die Nachfolge von Dr.<br />

Helmut Platzer (64), der die AOK Bayern seit 1999 als Vorstandschef leitet und<br />

»aus Altersgründen« sein Amt zum 1. März 2018 niederlegt.<br />

A Kai Swoboda (44) wird 2018 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der IKK<br />

classic. Die IKK classic wird damit in Zukunft von einem zweiköpfigen Vorstand<br />

geführt. Vorstandsvorsitzender ist weiterhin Frank Hippler (53). Der studierte<br />

Wirtschaftswissenschaftler Swoboda ist gegenwärtig Geschäftsführer der Median-Kliniken.<br />

A Franz Wagner (60), Bundesgeschäftsführer des Deutschen Berufsverbandes für<br />

Pflegeberufe, hat für die kommenden vier Jahre die Präsidentschaft des Deutschen<br />

Pflegerates (DPR) übernommen. Er löst Andreas Westerfellhaus (61) ab, der seit<br />

2009 an der Spitze der Interessenvertretung der 1,2 Mio. professionell Pflegenden<br />

in Deutschland stand und nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren durfte.<br />

A Prof. Dr. Lothar H. Wieler (54), Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), ist zum<br />

Mitglied des IANPHI Executive Board gewählt worden. IANPHI ist die Internationale<br />

Vereinigung der nationalen Public-Health-Institute und hat rund 100 Mitglieder<br />

aus 88 Staaten.<br />

WEITERE PERSONALIA<br />

A Thorben Albrecht (47), Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und <strong>Soziale</strong>s,<br />

ist in eine neue Kommission der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in<br />

Genf berufen worden. Die »Global Commission on the Future of Work« will sich im<br />

Rahmen der Jahrhundertinitiative der ILO mit den Fragen der sich immer schneller<br />

verändernden Arbeitswelt und daraus entstehenden Gestaltungsnotwendigkeiten<br />

beschäftigen. Albrecht ist Historiker und war von 20<strong>11</strong> bis 2013 Abteilungsleiter<br />

Politik im SPD-Parteivorstand.<br />

A Henner Braach (Jg. 63), Landwirt und Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes<br />

Siegen-Wittgenstein ist zum Vorsitzenden der Vertreterversammlung<br />

des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-SpV)<br />

gewählt worden. Beim LSV-SpV setzen sich Vertreterversammlung und Vorstand<br />

paritätisch aus Vertretern der versicherten Arbeitnehmer (AN), der Arbeitgeber<br />

(AG) und der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte (SOFA) zusammen. Der<br />

Vorsitz wechselt alle zwei Jahre. Braach gehört der Gruppe der SOFA an. Seine<br />

Stellvertreter sind Stephan Neumann (Jg. 63), Forstwirtschaftsmeister (AN) und<br />

Heinrich-Wilhelm Tölle (Jg. 57), Landwirt (AG). Zum Vorstandsvorsitzenden wurde<br />

Martin Empl (Jg. 55), Landwirt und Präsident des Gesamtverbandes der deutschen<br />

land- und forstwirtschaftl. Arbeitgeberverbände (AG), gewählt. Die stellvertretenden<br />

Vorsitzenden sind nun Arnd Spahn (Jg. 58), Landwirtschaftssekretär<br />

des Europäischen Verbandes der Landwirtschafts-, Lebensmittel- und Tourismusgewerkschaften<br />

(AN) und Walter Heidl (Jg. 59), Präsident des Bayerischen Bauernverbandes<br />

(SOFA).<br />

A Klaus Müller (46) bleibt bis zum Jahr 2024 Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes<br />

(vzbv). Der Volkswirt bekleidet dieses Amt seit 2014. Zuvor war er<br />

acht Jahre Vorstand der Verbraucherzentrale NRW und von 2000 bis 2005 Umweltund<br />

Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein. Er ist Mitglied von Bündnis<br />

90/Die Grünen.<br />

Europäische Entsenderichtlinie:<br />

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit<br />

Die Arbeits- und Sozialminister der EU<br />

haben sich nach langen Verhandlungen<br />

am 23. Oktober gegen Widerstände<br />

insbesondere aus den osteuropäischen<br />

Staaten auf einen Reformkompromiss<br />

zur Entsenderichtlinie verständigt.<br />

Dem Kompromiss muss nun noch das<br />

EU-Parlament zustimmen. Mit den<br />

Neuregelungen soll das Lohndumping<br />

eingeschränkt werden.<br />

Nach der jetzigen Richtlinie aus dem<br />

Jahr 1996 haben aus dem EU-Ausland<br />

entsandte Arbeitnehmer lediglich einen<br />

Anspruch auf den jeweiligen Mindestlohn<br />

des Arbeitslandes. Schickt<br />

also z. B. ein polnischer Arbeitgeber einen<br />

Mitarbeiter auf eine deutsche Baustelle,<br />

muss dieser nur den deutschen<br />

Mindestlohn, nicht aber den besseren<br />

Tariflohn erhalten. Tatsächlich verdienen<br />

Entsandte so häufig nur halb so<br />

viel wie heimische Arbeitnehmer.<br />

Künftig soll der gleiche Lohn für entsandte<br />

Arbeitnehmer wie für einheimische<br />

Beschäftigte – inklusive Zulagen<br />

wie Weihnachtsgeld oder Schwerarbeitszulagen<br />

– gelten. Grundsätzlich<br />

soll die Entsendung auf eine Höchstdauer<br />

von zwölf Monate begrenzt werden.<br />

Danach soll für die entsandten<br />

Arbeitnehmer das Arbeitsrecht des<br />

Gastlandes gelten. In Ausnahmefällen<br />

soll der Einsatz im EU-Ausland aber auf<br />

Antrag auf 18 Monate verlängert werden<br />

können.<br />

Die Gewerkschaften begrüßen, dass<br />

damit eine wichtige Hürde genommen<br />

wurde, um endlich Verbesserungen für<br />

entsandte Beschäftigte zu erreichen.<br />

Sie kritisieren aber scharf, dass das<br />

Transportgewerbe erst einmal von den<br />

Neuregelungen ausgenommen werden<br />

soll. So soll etwa die Reform für Lastwagenfahrer<br />

auf dem Weg durch Europa<br />

nicht gelten. Aus der Sicht der Gewerkschaften<br />

könnte dies »Nachahmungstäter«<br />

in anderen Sektoren motivieren,<br />

für weitere Ausnahmen zu werben.<br />

»Die EU muss nun schnellstmöglich<br />

auch die Voraussetzungen für die<br />

Gleichbehandlung entsandter Arbeitnehmer<br />

in Fragen der Sozialversicherungsbeiträge<br />

schaffen«, fordert die IG<br />

BAU. Denn weiterhin lägen die Sozialversicherungsbeiträge<br />

für entsandte<br />

Arbeitnehmer auf dem niedrigeren Niveau<br />

des Herkunftslandes. o<br />

386<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Sicherheit</strong> <strong>11</strong>/<strong>2017</strong>


Magazin<br />

Sozialwahl bei BARMER:<br />

VersichertenGemeinschaft siegt<br />

Die Sozialwahl <strong>2017</strong> wurde Anfang Oktober<br />

mit der Urwahl bei der BARMER<br />

abgeschlossen. Wegen der erst Anfang<br />

<strong>2017</strong> vollzogenen Fusion mit der Deutschen<br />

BKK wurde die Wahl hier später<br />

durchgeführt. Von den 7,5 Mio. wahlberechtigten<br />

Mitgliedern der Krankenkasse<br />

gaben mehr als 2,2 Mio. ihre<br />

Stimme ab. Die Wahlbeteiligung lag<br />

bei 30,3 % und etwas niedriger als bei<br />

der letzten Sozialwahl 20<strong>11</strong> (31,5 %).<br />

Großer Sieger der jetzigen Wahl ist<br />

die »gewerkschaftsunabhängige«<br />

BARMER VersichertenGemeinschaft.<br />

Sie bekam 64,18 % der Stimmen. 20<strong>11</strong><br />

hatte sie 44,5 % der Stimmen geholt.<br />

Der drastische Zuwachs resultiert offensichtlich<br />

daraus, dass die bisher<br />

zweitgrößte Liste – die BARMER GEK<br />

Versichertenvereinigung – zur jetzigen<br />

Sozialwahl nicht mehr angetreten<br />

war, weil sie intern zerstritten ist, zu<br />

wenige Mitglieder hat und führende<br />

Mitglieder nun auf der Liste der BAR-<br />

MER VersichertenGemeinschaft kandidierten<br />

(s. SozSich 9/<strong>2017</strong>, S. 322<br />

ff.). 20<strong>11</strong> hatte die Versichertenvereinigung<br />

noch 27,62 % der Stimmen<br />

gewonnen. Ein Großteil davon ging<br />

diesmal wohl an die BARMER VersichertenGemeinschaft,<br />

die nun die<br />

einzige kandidierende Liste war, die<br />

den Namen der Kasse mit sich führt.<br />

Sie hat jetzt 18 der 30 Sitze im Verwaltungsrat<br />

– und damit die absolute<br />

Mehrheit. 20<strong>11</strong> holte sie 14 Sitze. Nach<br />

der Fusion mit der Deutschen BKK, als<br />

erstmals drei Arbeitgebervertreter in<br />

den Verwaltungsrat kamen, hatte sie<br />

noch <strong>11</strong> Sitze.<br />

Die zweitstärkste Liste bei der BAR-<br />

MER stellt jetzt ver.di. – mit <strong>11</strong>,92 %<br />

der Stimmen (20<strong>11</strong>: 8,72 %) und vier<br />

Sitzen. Auch <strong>2017</strong> hatte ver.di vier Sitze;<br />

20<strong>11</strong> (vor der Fusion) waren es allerdings<br />

nur drei. Drei Sitze (<strong>11</strong>,53 %)<br />

bekam jetzt die BfA DRV-Gemeinschaft.<br />

Sie konnte sich damit um einen<br />

Sitz verbessern. Die IG Metall<br />

(5,42 %) behielt ihren einen Sitz im<br />

Verwaltungsrat. Die Arbeitsgemeinschaft<br />

Christlicher Arbeitnehmerorganisationen<br />

(4,15 %) musste einen Sitz<br />

abgeben und hat jetzt auch nur noch<br />

einen Sitz. Ohne Sitze blieben der DGB<br />

(1,25 %) und der sog. Christliche Gewerkschaftsbund<br />

(1,55 %). o<br />

Neue Vorsitzende der Träger der Rentenversicherung<br />

Nach den Sozialwahlen im Mai <strong>2017</strong> haben sich die Selbstverwaltungen neu<br />

konstituiert. Auf den konstituierenden Sitzungen der Vertreterversammlungen<br />

der Träger der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wurden die alternierenden<br />

Vorsitzenden der Vertreterversammlungen (im Folgenden: VV) sowie die Vorstände<br />

für sechs Jahre neu gewählt (s. dazu auch SozSich 10/<strong>2017</strong>, S. 347). Der<br />

jeweilige Vorstand wählte dann die beiden alternierenden Vorstandsvorsitzenden.<br />

Der Vorsitz in beiden Gremien wechselt jährlich zwischen der Versichertenseite<br />

(im Folgenden jeweils zuerst genannt) und der Arbeitgeberseite.<br />

BUNDESTRÄGER<br />

DRV Knappschaft-Bahn-See: VV: Robert Prill (Jg. 61), Bahn-AG, Frank Vanhofen<br />

(Jg. 59), Personalleiter bei der DB Cargo AG; Vorstand: Edeltraud Glänzer (Jg.<br />

55), stellvertr. Vorsitzende der IG BCE; Prof. Dr. Karl-Friedrich Jakob (Jg. 51), Vorstandsvorsitzender<br />

des Rheinisch-Westfälischen Technischen Überwachungsvereins<br />

(RWTÜV) und der RWTÜV-Stiftung<br />

DRV Bund (als eigener Träger): VV: Rüdiger Herrmann (Jg. 59), Vertriebsleiter<br />

der DAK Gesundheit in Baden-Württemberg; Jens Dirk Wohlfeil (50), Geschäftsführer<br />

Arbeit, Bildung, Sozial- und Tarifpolitik beim Handelsverband Deutschland<br />

(HDE); Vorstand: Dagmar König (62), Ressortleiterin Arbeitsmarkt- und<br />

Sozialpolitik im ver.di-Bundesvorstand; Christian Amsinck (59), Hauptgeschäftsführer<br />

der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg<br />

e. V. und des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und<br />

Brandenburg e. V.<br />

DRV Bund (als Interessenvertretung aller Träger): Vorsitzende Bundesvertreterversammlung:<br />

Gabriele Frenzer-Wolf (54), stellvertr. Vorsitzende des DGB-<br />

Bezirks Baden-Württemberg; Jens Dirk Wohlfeil (50), Geschäftsführer Arbeit,<br />

Bildung, Sozial- und Tarifpolitik beim Handelsverband Deutschland (HDE); Bundesvorstand:<br />

Annelie Buntenbach (52), Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands<br />

des DGB; Alexander Gunkel (49), Mitglied der Hauptgeschäftsführung<br />

der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die<br />

Bundesvertreterversammlung und der Bundesvorstand nehmen Aufgaben aller<br />

16 Rentenversicherungsträger wahr und vertreten deren Interessen gegenüber<br />

der Politik.<br />

REGIONALTRÄGER<br />

DRV Hessen: VV: Gerd Brücker (63), Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall<br />

Bezirksleitung Frankfurt a. M.; Manfred Schmidt, Geschäftsführer eines Gebäudereinigungsunternehmens;<br />

Vorstand: Gabriele Kailing (53), Vorsitzende des<br />

DGB-Bezirks Hessen-Thüringen; Dr. Stefan Hoehl (50), Geschäftsführer für Arbeitsmarkt-<br />

und Sozialpolitik bei der Vereinigung der hessischen Unternehmenverbände<br />

DRV Saarland: VV: Eugen Roth (59), stellvertr. Vorsitzender des DGB-Bezirks<br />

Rheinland-Pfalz/Saarland; Hans-Jörg Ravené, ehemaliger Geschäftsführer des<br />

Arbeitgeberverbands der Chemischen Industrie; Vorstand: Robert Hiry, 1. Bevollmächtigter<br />

der IG Metall Völklingen, Martin Schlechter (46), Geschäftsführer<br />

der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände und des Verbands<br />

der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes<br />

DRV Schwaben: VV: Peter Ziegler, KAB-Diözesansekretär der Diözese Augsburg;<br />

Susanne Niewalda, Geschäftsführerin beim Bayerischen Bauindustrieverband;<br />

Vorstand: Ludwig Debong, Vorsitzender des DGB-Kreisvorstands Allgäu; Ernst<br />

Holme, Inhaber eines IT-Unternehmens<br />

DRV Westfalen: VV: Karl Schiewerling (66), ehemaliges MdB für die CDU; Ernst-<br />

Peter Brasse (47), Geschäftsführer Unternehmensverbände Dortmund; Vorstand:<br />

Alfons Eilers (62), 1. Bevollmächtigter der IG Metall Hamm-Lippstadt;<br />

Prof. Dr. Volker Verch (50), Geschäftsführer des Unternehmensverband Westfalen-Mitte<br />

o<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Sicherheit</strong> <strong>11</strong>/<strong>2017</strong><br />

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Alterssicherung<br />

Betriebsrentenstärkungsgesetz:<br />

Neue Handlungsmöglichkeiten für die Tarifvertragsparteien<br />

Von Kerstin Schminke<br />

Selten war die betriebliche Altersversorgung (bAV) so in der Diskussion wie in den vergangenen zwei Jahren. Nachdem<br />

Anfang 2015 der Vorschlag aus dem Bundesministerium für Arbeit und <strong>Soziale</strong>s (BMAS) über ein »Sozialpartnermodell«<br />

1 aufgeworfen wurde, nahm ein mehrjähriger Diskussionsprozess Fahrt auf, welcher letztendlich in der Verabschiedung<br />

des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) im Juli <strong>2017</strong> vorerst endete. Im Folgenden wird vor allem<br />

erläutert, welche neuen Handlungsmöglichkeiten sich den Tarifvertragsparteien nach dem BRSG eröffnen.<br />

Aus Sicht der Bundesregierung der 18. Legislaturperiode<br />

war die Stärkung der bAV notwendig aufgrund des sinkenden<br />

Leistungsniveaus (s. Abbildung 1) in der ersten Säule<br />

– der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) – und der zu<br />

geringen und selektiven Verbreitung der bAV.<br />

1. Die selektive Verbreitung der bAV<br />

Aus dem Alterssicherungsbericht 2016 der Bundesregierung<br />

lässt sich entnehmen, dass im Jahr 2015 etwa 17,7<br />

Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eine Anwartschaft<br />

auf eine bAV erworben hatten. Im Jahr 2015<br />

gab es insgesamt 31,1 Mio. sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigte, so dass der bAV-Verbreitungsgrad bei rund<br />

57 % 2 lag (s. Tabelle 1). Dieser Verbreitungsgrad ist allerdings<br />

relativ ungenau, da Mehrfachanwartschaften bei der<br />

Datenerhebung nicht ausgeschlossen werden konnten.<br />

Auch sagt diese Zahl noch nichts über die Qualität, die<br />

laufende Fortführung/Beitragsfreistellung oder die Finanzierung<br />

dieser Anwartschaften aus. Ebenso wenig wird daraus<br />

deutlich, wo diese Anwartschaften entstanden sind.<br />

1 vgl. dazu auch Kerstin Schminke: Reform der betrieblichen Altersversorgung:<br />

Einschätzungen und Positionen aus der Sicht der IG Metall, in: Soz-<br />

Sich 6/2016, S. 219 f.<br />

2 Alterssicherungsbericht der Bundesregierung 2016, BT-Drs. 18/10571, S. 133<br />

Tabelle 1: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten zum Jahresende insgesamt<br />

sowie mit aktiven bAV-Anwartschaften<br />

sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigte<br />

(in Mio.)<br />

darunter mit<br />

bAV (in Mio.)<br />

Verbreitungsquote<br />

2001 2012 2013 2014 2015<br />

28,0 29,5 29,9 30,4 31,1<br />

13,6 17,4 17,6 17,6 17,7<br />

48,7% 59,0% 58,8% 58,0% 57,0%<br />

Quelle: Alterssicherungsbericht 2016, BT-Drs. 18/10571<br />

Dazu kommt, dass in dem vorgenannten Verbreitungsgrad<br />

auch die Leistungen aus den Zusatzversorgungskassen<br />

des öffentlichen Dienstes (ZÖD) einbezogen wurden, so<br />

dass dieser zunächst recht hoch wirkende Wert durchaus<br />

in der Lage ist, über die Selektivität und die dadurch entstehende<br />

Notwendigkeit einer weiteren Verbreitung der<br />

bAV hinwegzutäuschen.<br />

Die bAV ist in Bezug auf ihre Verbreitung in diverser Hinsicht<br />

selektiv. So kann festgehalten werden, dass die bAV<br />

Abbildung 1:<br />

Tatsächliches<br />

Netto-Rentenniveau<br />

vor Steuern zwischen<br />

1985 und 2016 und<br />

Untergrenze für 2030<br />

Quelle:<br />

DRV Deutsche Rentenversicherung<br />

in Zahlen<br />

<strong>2017</strong><br />

396<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Sicherheit</strong> <strong>11</strong>/<strong>2017</strong>


Alterssicherung<br />

Abbildung 2:<br />

Verbreitung der bAV<br />

(ohne ZÖD)<br />

Männer und Frauen<br />

nach Einkommenshöhe,<br />

Bruttolohn/<br />

-gehalt (Euro/Monat)<br />

in 2015<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

nach Daten vom<br />

Bundesministerium für<br />

Arbeit und <strong>Soziale</strong>s:<br />

Forschungsbericht 476.<br />

Verbreitung der Altersvorsorge<br />

2015, Endbericht<br />

Januar <strong>2017</strong>, S. 27<br />

Abbildung 3:<br />

Finanzierung der bAV<br />

nach Durchführungswegen<br />

im Jahr 2010<br />

Quelle: Florian Blank/ Sabrina<br />

Wiecek: Die betriebliche Altersversorgung<br />

in Deutschland:<br />

Verbreitung, Durchführungswege<br />

und Finanzierung;<br />

Auswertung der Daten der<br />

WSI-Betriebsrätebefragung<br />

2010; WSI Diskussionspapier<br />

Nr. 181, Düsseldorf 2012,<br />

S. 16 f., Abb. <strong>11</strong><br />

in größeren Betrieben stärker verbreitet ist als in kleinen<br />

und mittleren Unternehmen. 3 Frauen haben durchschnittlich<br />

eine geringere Betriebsrente als Männer, im Osten gibt<br />

es weniger Betriebsrentenanwartschaften als im Westen<br />

der Bundesrepublik, Beschäftigte mit höherem Einkommen<br />

haben öfter eine (meist auch höhere) Betriebsrente als Beschäftigte<br />

mit niedrigerem Einkommen (s. Abbildung 2). 4<br />

Hinzu kommt eine Verschiebung in der Finanzierung<br />

der bAV. Die klassische arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente<br />

hat erheblich an Bedeutung verloren und weicht<br />

immer öfter Systemen 5 der Mischfinanzierung oder reiner<br />

Entgeltumwandlung, die durch die Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer zum Teil oder ganz selbst finanziert werden<br />

(s. Abbildung 3) 6 .<br />

2. Hemmnisse und geplante Gegenmaßnahmen<br />

Aufgrund der hier dargestellten Gesamtsituation in der<br />

bAV hat auch das BMAS in einer von ihm in Auftrag gegebenen<br />

Machbarkeitsstudie Ende 2012 7 die entscheidenden<br />

Hemmnisse für eine Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung<br />

zu analysieren versucht. Einige besonders zu<br />

erwähnende Hemmnisse waren<br />

• die Angst des Arbeitgebers vor hohem Verwaltungsund<br />

Informationsaufwand,<br />

• fehlendes Engagement des Arbeitgebers für eine bAV,<br />

• das Fehlen von bAV-Spezialisten/Personalressourcen<br />

im Unternehmen,<br />

• geringes Einkommen der Mitarbeiter,<br />

• fehlendes Engagement eines Betriebsrates<br />

• und schließlich zu hohe Komplexität des Themas bAV.<br />

3 vgl. dazu Judith Kerschbaumer/Norbert Reuter: Das neue Betriebsrentenstärkungsgesetz<br />

aus sozial- und tarifpolitischer Sicht, S. 391 in diesem Heft<br />

4 vgl. Bundesministerium für Arbeit und <strong>Soziale</strong>s (BMAS): Forschungsbericht<br />

430. Verbreitung der Altersvorsorge 2015, Endbericht, Januar <strong>2017</strong><br />

5 Die fünf Durchführungswegen der bAV werden ausführlicher dargestellt in<br />

Kerstin Schminke, a. a. O., S. 217 f.<br />

6 vgl. Florian Blank/Sabrina Wiecek: Die betriebliche Altersversorgung in<br />

Deutschland: Verbreitung, Durchführung und Finanzierung. Auswertung<br />

von Daten der WSI-Betriebsrätebefragung 2010; WSI-Diskussionspapier<br />

181, Düsseldorf, September 2012, S. 16 f. (Abb. <strong>11</strong>)<br />

7 BMAS: Forschungsbericht 444. Machbarkeitsstudie für eine empirische<br />

Analyse von Hemmnissen für die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung<br />

in kleinen und mittleren Unternehmen (Machbarkeitsstudie bAV<br />

in KMU), Endbericht, Juni 2014<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Sicherheit</strong> <strong>11</strong>/<strong>2017</strong><br />

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