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LGBB_042017_web

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aufwendige Lockenfrisur Einzug in das Kaiserbild.<br />

Diese höfi sche Aufmachung verstärkte sich in den<br />

folgenden Jahrzehnten noch erheblich.<br />

Caracalla (211–217) entwickelte eine völlig gewandelte<br />

Form der Selbstdarstellung, die für fast<br />

ein Jahrhundert stilbildend wurde: Kurzhaarfrisur,<br />

gestutzter Bart und energisch angestrengter<br />

Blick vermittelten seinem Porträt eine militärische<br />

Aura, ganz passend auch für die nachfolgenden<br />

Herrscher der Soldatenkaiserzeit. Von solchen<br />

Bildnissen setzte sich Konstantin der Große in<br />

seinem Porträt deutlich ab: er imitierte nämlich<br />

Augustus und Trajan, die „guten” Kaiser der Vergangenheit,<br />

und präsentierte sich dem Betrachter<br />

wie diese mit beruhigten, zeitlos jugendlich wirkenden<br />

Gesichtszügen sowie einer wohlgeordneten<br />

Strähnenfrisur.<br />

Im 6. Jahrhundert riss die seit der griechischen<br />

Klassik bestehende Traditionslinie des wirklichkeitsnahen<br />

und individualisierten Bildnisses in<br />

Marmor oder Bronze endgültig ab. Erst im 13.<br />

Jahrhundert unter der Herrschaft des Staufenkaisers<br />

Friedrich II. ließen italienische Bildhauer bewusst<br />

antike Vorbilder wieder aufl eben, verstärkt<br />

dann seit der Renaissance. Eine besondere Blüte<br />

erfuhr das antikisierende Marmor- und Bronzeporträt<br />

im Zeitalter des Klassizismus gegen Ende<br />

des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.<br />

Auch wenn die Antike den ganzen Körper abbildete;<br />

heute gibt es meist nur noch Köpfe aus<br />

Porträt eines römischen Politikers<br />

der späten Republik, um 50 v. Chr.,<br />

Marmor, Inv. Gl 320<br />

© Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München,<br />

fotografiert von Renate Kühling<br />

Marmor oder Bronze. Ausdrucksstarke Physiognomien<br />

sind es allesamt, egal, ob es sich um<br />

Dichter und Denker, Fürsten oder Feldherrn handelt.<br />

Bildwürdig waren sogar Kinder, meist allerdings<br />

zur Erinnerung an früh verstorbene und,<br />

eher selten, Frauen-Darstellungen, bevorzugt von<br />

Kaisergattinnen. Sehr gut lässt sich der stilistische<br />

Wandel nachvollziehen, der nicht nur abhing von<br />

der Epoche, sondern auch dem jeweiligen Auftraggeber.<br />

Normale Sterbliche wurden häufi g<br />

realitätsnah mit Falten oder Glatze verewigt wie<br />

der römische Politiker, während sich Herrscher<br />

äußerlich meist idealisieren ließen wie Alexander<br />

der Große. Dies hing auch davon ob, ob sich eine<br />

Persönlichkeit bereits zu Lebzeiten ein Denkmal<br />

schuf oder Künstler es posthum herstellten, es<br />

Porträtbüste eines Römers,<br />

um 170 n. Chr.,<br />

Marmor, Inv. Gl 339<br />

© Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München,<br />

fotografiert von Renate Kühling<br />

Porträt der Kaiserin Faustina Minor<br />

(130–176 n. Chr.), Ehefrau des Marc Aurel,<br />

Marmor, Inv. Gl 535<br />

© Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München,<br />

fotografiert von Renate Kühling<br />

Porträt eines römischen Politikers<br />

der späten Republik, um 50 v. Chr.,<br />

Marmor, Inv. Gl 320<br />

© Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München,<br />

fotografiert von Renate Kühling<br />

220 JAHRGANG LXI · <strong>LGBB</strong> 04 / 2017<br />

<strong>LGBB</strong> 04 / 2017 · JAHRGANG LXI<br />

hing von der realen Bedeutung des Porträtierten<br />

ebenso ab wie vom Image, welches er, salopp gesagt,<br />

herstellen wollte.<br />

Der gewichtige Katalog enthält sieben gut lesbare<br />

Fachartikel: Christian Gliwitzky, Von Volkshelden,<br />

Porträtisten und Kunstsammlern. Antike Bildnisse<br />

und ihre Geschichte – eine Einführung (10–27).<br />

– Florian S. Knauß, Das griechische Bildnis (28–<br />

89). – Christian Gliwitzky, Von echtem Schrot und<br />

Korn. Das römische Porträt spätrepublikanischer<br />

Zeit (90–141). – Jörg Gebauer, Vom Princeps zum<br />

Kaiser und Gott. Bildnisse der frühen Kaiserzeit<br />

(142–201). – Astrid Fendt, Militärs, Reisende,<br />

Philosophen und Tyrannen. Das römische Porträt<br />

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