Leseprobe_Herrschaft_des_Eises
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Der oberste Priester<br />
Dreimal tauchte Ismann tief in das eiskalte, klare Wasser in<br />
dem Becken in seinem Gemach ein. Es wurde vom Quellwasser<br />
gespeist, das aus den Bergen in den Tempelbezirk<br />
geleitet wurde. Mit diesem Eintauchen in das Wasser bereitete<br />
er sich auf die Begegnung mit Ewis vor. Der Beginn<br />
eines Zyklus war eine angespannte Zeit, das Bestehen <strong>des</strong><br />
Eiskultes hing von seinem Gelingen ab. Ismann stieg aus<br />
dem Becken und ließ sich von seinem Diener seine dunkelblaue<br />
Robe um die Schultern legen.<br />
„Wenn ich aus dem Tempel zurückkehre, will ich etwas<br />
essen. Sorge dafür, dass alles bereitsteht!“<br />
„Sehr wohl, oberster Priester.“<br />
Mit einer Verbeugung zog sich der Diener zurück.<br />
Einen Moment stand Ismann reglos da und sammelte seine<br />
Gedanken. Dann machte er sich barfuß auf den Weg ins<br />
innerste Heiligtum. Die Wände <strong>des</strong> Ganges leuchteten auf,<br />
als er an ihnen vorüberschritt. Hinter ihm wurde es wieder<br />
dunkel. Er brauchte keine Fackeln. Er konnte das Eis zum<br />
Leuchten bringen. Im innersten Heiligtum angekommen,<br />
kniete er vor dem Altar nieder und legte die Stirn auf ihn.<br />
Langsam begann der Kristall in seinem Inneren zu glühen<br />
und im Rhythmus von Ismanns Herzschlag zu pulsieren.<br />
Ismann versenkte sich ganz in den Geist der Eisgöttin, ließ<br />
sich von ihrer Kraft durchströmen, um für die kommende<br />
Zeit gestärkt zu sein.<br />
Die Jahre zehrten an seinen Kräften. Schon lange diente er<br />
Ewis und wenn er mit ihr allein war, füllten Bilder aus den<br />
vergangenen Jahren, von den Anfängen und von den unzähligen<br />
Opferungen, seinen Geist. Er wusste, dass sie sich<br />
von den schlimmsten Erfahrungen ihrer Opfer ernährte,<br />
hatte er es doch am eigenen Leib erfahren. Immer wenn er<br />
bei ihr war, durchforschte sie seine Erinnerungen aufs Neue