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Es ist nicht vorbei - BStU

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Mittwoch, 9. November 2011, 20.15 Uhr im Ersten<br />

<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> vorbEi<br />

Mittwoch, 9. November 2011, 20.15 Uhr im Ersten<br />

DiE FrauEn von hohEnEck<br />

EiN DDR-GEfäNGNis UND sEiNE schattEN iN DiE GEGENwaRt<br />

Mittwoch, 9. November 2011, 21.45 Uhr im Ersten


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

VoRwoRt<br />

Der Titel bringt das Thema des Films auf den Punkt: „<strong>Es</strong> <strong>ist</strong><br />

<strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>“. Körperliche und, noch mehr, seelisch erlittene<br />

Pein lassen sich <strong>nicht</strong> verdrängen. Die Wunden der Vergangenheit<br />

wollen aufgearbeitet sein, bevor sie sich schließen<br />

können, auch wenn Narben zurückbleiben. Findet eine solche<br />

Aufarbeitung <strong>nicht</strong> statt, brechen sie immer wieder auf,<br />

verfolgen sie die Leidtragenden lebenslang. Die Not traumatisierter<br />

Opfer <strong>ist</strong> gegenwärtig erneut Gegenstand intensiver<br />

gesellschaftlicher Debatten, sei es bei den vielen Fällen<br />

sexuellen Missbrauchs oder bei den jungen kriegstraumageschädigten<br />

Soldaten. Dabei <strong>ist</strong> es immer wieder dieselbe<br />

Grunderfahrung, dasselbe Muster, von dem die Betroffenen<br />

berichten: „<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>“ – im Kopf gehen die Qualen<br />

weiter, im Körper zittern sie unaufhörlich nach.<br />

So auch in der Geschichte, die unser Film erzählt – eine Ge-<br />

schichte zugleich über ein dunkles Kapitel der jüngeren deut-<br />

schen Vergangenheit. Die Hauptperson, Carola Weber, erlei-<br />

det einen schweren Schock, als ihr Mann sie seinem neuen<br />

Krankenhauskollegen vorstellt. Vor ihr steht jener Arzt, der<br />

sie während ihrer Haftzeit in Hoheneck, dem größten Frauengefängnis<br />

der DDR, mit Psychopharmaka sedierte und mitverantwortlich<br />

wurde, dass sie bei der Gefängnisarbeit am<br />

Band zwei Finger verlor. Ihre Karriere als Pian<strong>ist</strong>in war damit<br />

für immer zerstört. Als sie ihm nun wiederbegegnet, lässt sie<br />

<strong>nicht</strong>s unversucht, dem Arzt seine Verstrickungen nachzuweisen.<br />

Familie, Beruf, Glück – sie setzt alles aufs Spiel, um<br />

ihr Leben von dem Schatten der einschneidenden Erlebnisse<br />

und dem erlittenen Trauma zu befreien. Anja Kling, Ulrich<br />

Noethen und Tobias Oertel spielen mit hoher Intensität in<br />

diesem genau recherchierten und beklemmend einfühlsam<br />

erzählten Film, für den der SWR gemeinsam mit dem RBB<br />

verantwortlich zeichnet.<br />

Seit Anfang der 50er Jahre bis 1989 waren rund 8.000 Frau-<br />

en aus politischen Gründen auf Hoheneck unter menschen-<br />

unwürdigen Bedingungen in Haft. Eine Dokumentation von<br />

Kr<strong>ist</strong>in Derfler, die auch das Drehbuch zu „<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>“<br />

schrieb, im Anschluss an den Fernsehfilm beleuchtet die h<strong>ist</strong>orischen<br />

Hintergründe. Viele der ehemals Inhaftierten leiden<br />

noch immer an den psychischen Spätfolgen. Bis heute<br />

warten sie auf Gerechtigkeit, Anerkennung oder mindestens<br />

eine offizielle Entschuldigung. Einige, die Klage erhoben haben,<br />

wurden selbst bedroht; viele Verfahren verliefen im<br />

Sande oder waren verjährt. Gerade bei den Verjährungsfr<strong>ist</strong>en<br />

setzt die Kritik der Opferverbände an. Auch unser Film<br />

fragt danach, ob es mit unserem Rechtsempfinden und unserem<br />

Selbstverständnis als einer offenen, modernen, das<br />

heißt, am Individuum als höchstem, unantastbaren Gut ausgerichteten<br />

Gesellschaft vereinbar <strong>ist</strong>, bei derart schweren<br />

Verbrechen die in etlichen Fällen frei herumlaufenden Täter<br />

ungestraft davonkommen zu lassen.<br />

Volker herres<br />

Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen<br />

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4 |<br />

<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

iNhalt<br />

Die schlimmste Zeit ihres lebens hat carola weber tief in sich vergraben: ihre haftzeit nach<br />

der gescheiterten flucht aus der DDR. Bis sie glaubt, einem ihrer Peiniger aus dem frauengefängnis<br />

hoheneck gegenüberzustehen ... Von nun an setzt sie alles daran, dem arzt seine<br />

Verstrickung nachzuweisen.<br />

Carola Weber erschrickt bis ins Mark, als ihr Mann Jochen<br />

ihr seinen neuen Kollegen aus dem Krankenhaus vorstellt:<br />

Diese Stimme kennt sie. Sie zu hören, katapultiert Carola in<br />

die schlimmste Zeit ihres Lebens, die Haft im DDR-Frauengefängnis<br />

Hoheneck. Sie <strong>ist</strong> überzeugt, dass Prof. Wolfgang<br />

Limberg jener Arzt war, der sie dort mit Psychopharmaka<br />

behandelte, um eine Aussage zu erzwingen, und damit<br />

verschuldete, dass sie bei der Arbeit am Band zwei Finger<br />

verlor. Carolas Karriere als Pian<strong>ist</strong>in war damit für immer<br />

beendet.<br />

Als sie Limberg mit ihrem Verdacht konfrontiert, streitet der<br />

ab, je in Hoheneck gewesen zu sein, geschweige denn als Arzt<br />

in Diensten der Stasi gestanden zu haben. Jochen gegenüber<br />

äußert er den Verdacht, dass die Haftzeit die seelische Gesundheit<br />

seiner Frau aus dem Gleichgewicht gebracht habe.<br />

Jochen <strong>ist</strong> erschüttert und verwirrt. In zehn Jahren Ehe hatte<br />

Carola ihm nie von diesem Teil ihrer Vergangenheit erzählt.<br />

Er kann verstehen, dass die Haft wegen gescheiterter Republikflucht<br />

ein traumatisches Erlebnis war, über das Carola<br />

<strong>nicht</strong> gerne redet, aber dass sie ihm etwas so Einschneidendes<br />

verheimlichen konnte, dass sie ihn sogar über den Verlust<br />

ihrer Finger belog, kränkt ihn in seiner Liebe zu ihr. Gleich-<br />

zeitig fällt es ihm schwer, die Anschuldigungen gegen Dr.<br />

Limberg nachzuvollziehen. Immerhin hat er selbst den Arzt<br />

eingestellt, <strong>nicht</strong> zuletzt wegen dessen hervorragenden Rufs<br />

als Neurologe.<br />

Carola <strong>ist</strong> Limbergs Ruf egal. Sie <strong>ist</strong> ihrer Sache sicher. Ihren<br />

ehemaligen Peiniger in überlegener Pose mit Frau und klavierspielender<br />

Tochter zu erleben, <strong>ist</strong> für sie eine Provokation:<br />

Dass der Mann, dem sie psychische Folter vorwirft, Karriere<br />

gemacht hat und ihr jetzt völlig ungerührt gegenübertritt,<br />

macht sie fassungslos. Sie beantragt eine erneute Einsicht<br />

in ihre Stasi-Akte und versucht, den Klarnamen des Arztes<br />

über seinen ehemaligen Führungsoffizier herauszufinden. Als<br />

das ergebnislos bleibt, fährt sie an den Ort, den sie in ihrem<br />

Leben eigentlich nie mehr wiedersehen wollte: das Frauengefängnis<br />

Hoheneck. Dort findet sie auch eine kleine Spur,<br />

mit der sie weitermachen kann. Gegen Jochens Willen, der<br />

um seine Position in der Klinik fürchtet und paranoide Züge<br />

im Verhalten seiner Frau sieht, setzt Carola ihre Spurensuche<br />

fort. Ihre Beziehung zu riskieren, kann Carola genauso wenig<br />

aufhalten, wie die zunehmende Gefahr, in die sie sich mit<br />

ihren Recherchen begibt. Denn je stärker der Druck wird, den<br />

sie ausübt, desto skrupelloser reagiert die Gegenseite.


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

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6 |<br />

<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

B<strong>Es</strong>EtZUNG/staB<br />

Carola Weber –––––––––––––––––––––– aNja KliNG<br />

Prof. Dr. Wolfgang Limberg –––––––––– UlRich NoEthEN<br />

Jochen Weber ––––––––––––––––––––– toBias oERtEl<br />

Monika Limberg ––––––––––––––––––– MEliKa foRoUtaN<br />

Friederike Limberg ––––––––––––––––– MERlE jUschKa<br />

Helga Gramski ––––––––––––––––––––– KiRstEN BlocK<br />

Renate Förster ––––––––––––––––––––– MaRiE GRUBER<br />

Weihe –––––––––––––––––––––––––––– ERNst GEoRG schwill<br />

Anne Weber ––––––––––––––––––––––– cathERiNE BoDE<br />

Hannes ––––––––––––––––––––––––––– PEtER fi<strong>Es</strong>ElER<br />

Frau Rohde –––––––––––––––––––––––– Rosa ENsKat<br />

Buch ––––––––––––––––––––––––––––– KR<strong>ist</strong>iN DERflER und clEMENs MURath<br />

Regie ––––––––––––––––––––––––––––– fRaNZisKa MElEtZKy<br />

Kamera ––––––––––––––––––––––––––– EEVa flEiG<br />

Schnitt ––––––––––––––––––––––––––– jüRGEN wiNKElBlEch<br />

Musik –––––––––––––––––––––––––––– johaNN<strong>Es</strong> KoBilKE<br />

Szenenbild –––––––––––––––––––––––– jöRG BaUMGaRtEN<br />

Kostümbild –––––––––––––––––––––––– iNGRiDa BENDZUK<br />

Besetzung –––––––––––––––––––––––– tiNa BöcKENhaUER<br />

Producer –––––––––––––––––––––––––– hEiKE stREich<br />

Produzent ––––––––––––––––––––––––– MichaEl lEhMaNN<br />

Redaktion ––––––––––––––––––––––––– MichaEl schMiDl/SWR,<br />

–––––––––––––––––––––––––––––––––– MaNfRED hattENDoRf/SWR,<br />

–––––––––––––––––––––––––––––––––– DaRia MohEB ZaNDi/RBB,<br />

–––––––––––––––––––––––––––––––––– RosEMaRiE wiNtGEN/RBB<br />

Eine Produktion der Studio Berlin Filmproduktion im Auftrag von SWR und RBB für Das Erste<br />

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<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

„Das schlimmste <strong>ist</strong>, <strong>nicht</strong> Darüber reDen zu können.“<br />

G<strong>Es</strong>PRäch Mit DER DREhBUchaUtoRiN KR<strong>ist</strong>iN DERflER<br />

Frau Derfler, Sie gaben den Impuls zu<br />

dem Fernsehfilm „<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>“,<br />

nachdem Sie sich jahrelang mit dem<br />

Frauengefängnis Hoheneck und den<br />

Frauen beschäftigten, die dort aus politischen<br />

Gründen inhaftiert waren. Was an<br />

den Schicksalen der inhaftierten Frauen<br />

liegt Ihnen besonders am Herzen?<br />

Seit 1998 beschäftige ich mich als<br />

Drehbuchautorin mit der jüngsten<br />

deutschen Geschichte und versuche zu<br />

verstehen, wo der Riss heute in diesem<br />

Land verläuft. Die deutsche Teilung<br />

hat zwar den Osten und den Westen<br />

gespalten, aber nach der Wende tat<br />

sich ein neuer Riss auf: Zwischen Ost<br />

und Ost. Zwischen den Menschen, die<br />

in der DDR bis November 1989 lebten,<br />

und denjenigen, die lange vor der friedlichen<br />

Revolution ihr Leben für Freiheit<br />

und Demokratie riskiert haben und dafür<br />

hart bestraft wurden. Den Opfern<br />

der SED-Diktatur eine Stimme zu verleihen,<br />

auf ihre Schicksale die mediale<br />

Aufmerksamkeit zu lenken, war und<br />

<strong>ist</strong> mir ein großes Anliegen. Für diese<br />

Menschen <strong>ist</strong> die DDR <strong>nicht</strong> Vergangenheit,<br />

sondern ein Paket, das sie auf<br />

unterschied liche Weise immer noch<br />

mit sich herumschleppen.<br />

Das Frauengefängnis Hoheneck, in dem<br />

politische Gefangene wie Schwerkriminelle<br />

behandelt wurden, galt schon zu<br />

DDR-Zeiten als besonders grausam. Die<br />

Haftbedingungen waren unmenschlich,<br />

die Frauen mussten im Dreischichtsystem<br />

Zwangsarbeit le<strong>ist</strong>en. Gemeinsam<br />

mit Mörderinnen und ehemaligen KZ-<br />

Wärterinnen.<br />

Viele von ihnen sind traumatisiert, verdrängen,<br />

können bis heute <strong>nicht</strong> darüber<br />

sprechen, was ihnen widerfahren<br />

<strong>ist</strong>, bzw. dürfen <strong>nicht</strong> darüber sprechen,<br />

aus Angst vor rechtlichen Schritten.<br />

Vor allem nach der Wende sind viele<br />

der ehemaligen Täter in den Westen<br />

gezogen und leben dort ihr ganz normales<br />

Leben. Den Tätern heute wieder<br />

zu begegnen, die von einem System ins<br />

andere gewechselt sind und ihre Karrieren<br />

als Richter, Politiker, Rechtsanwälte,<br />

Ärzte, Sporttrainer usw. fortsetzen<br />

konnten, <strong>ist</strong> für diese Frauen eine bittere<br />

Erfahrung.<br />

Einige, die gewagt haben, ihre ehemaligen<br />

Peiniger anzuzeigen, wurden selbst<br />

verklagt oder bedroht. Die me<strong>ist</strong>en dieser<br />

Verfahren verliefen im Sande, die<br />

Taten waren verjährt. Die Opfer fühlen<br />

sich von der Politik alleine gelassen. Sie<br />

kämpfen <strong>nicht</strong> nur um ihre mageren<br />

Opferrenten, sondern im Wesentlichen<br />

um Gerechtigkeit und Anerkennung.<br />

Eine Entschuldigung hat es nie gegeben.<br />

Im Gegenteil. Niemand fühlt sich<br />

verantwortlich für die Drangsalierungen,<br />

die so vielfältig und perfide waren<br />

wie die DDR selbst.<br />

Wie sind Sie bei der Recherche vorgegangen?<br />

Recherche beginnt im Kopf. In dem<br />

Moment, wo ich eine neue Geschichte<br />

entwickle und anfange, mir viele Fragen<br />

zu stellen. Aber Fantasie schöpft<br />

auch aus Wissen. Um glaubwürdige<br />

Charaktere erzählen zu können, um<br />

ihre Motivation zu verstehen, also das,<br />

was sie antreibt, muss ich sie kennenlernen.<br />

In diesem speziellen Fall also<br />

Frauen, die in Hoheneck aus politischen<br />

Gründen inhaftiert waren. Seit<br />

2008 bin ich regelmäßig nach Stollberg<br />

zum Jahrestreffen der ehemaligen Ho-<br />

heneckerinnen gefahren. Aber <strong>nicht</strong><br />

nur in Stollberg habe ich viele der Zeitzeuginnen<br />

getroffen; einige habe ich<br />

auch privat besucht und immer wieder<br />

die gleichen Fragen gestellt: Warum<br />

wolltest du weg aus der DDR? Was war<br />

dein Vergehen? Auf welche Weise b<strong>ist</strong><br />

du geflohen? Wie lautete dein Urteil?<br />

Was hast du in Hoheneck erlebt? Einige<br />

wurden inhaftiert, weil sie lediglich einen<br />

Ausreiseantrag ge stellt hatten. Ho-<br />

heneck, das wurde mir schnell klar, <strong>ist</strong><br />

eine unverheilte Bruchstelle im Leben<br />

jeder dieser Frauen. Bis heute.<br />

Meine Recherchen bezogen sich aber<br />

<strong>nicht</strong> nur auf die politisch Inhaftierten<br />

in Hoheneck. Sondern auch auf die Verstrickungen<br />

zwischen dem Min<strong>ist</strong>erium<br />

für Staatssicherheit (MfS) und dem<br />

MdI, übrigens ein Fass ohne Boden. Hoheneck<br />

unterstand offiziell dem Min<strong>ist</strong>erium<br />

des Inneren. Trotzdem ging die<br />

Stasi munter ein und aus und entschied,<br />

wer vom Westen freigekauft wurde<br />

und wer <strong>nicht</strong>. Ärzte, Wachpersonal,<br />

Erzieher haben inoffiziell für die Stasi<br />

gearbeitet und eifrig Berichte über die<br />

Politischen geschrieben. Sie haben damit<br />

manche Ausreise verhindert. Aber<br />

sie haben sich auch gegenseitig bespitzelt.<br />

Ich habe groteske Stasiakten gelesen.<br />

Ohne Recherche <strong>ist</strong> wahrhaftiges<br />

Erzählen <strong>nicht</strong> möglich. Deshalb war<br />

diese Vorarbeit so eminent wichtig für<br />

die Drehbuchentwicklung.<br />

Neben meiner Arbeit am Drehbuch entstand<br />

gemeinsam mit meinem Mann,<br />

dem Regisseur Dietmar Klein, der Dokumentarfilm<br />

„Ein Tag zählt wie ein Jahr“.<br />

Bis zu 8.000 politisch inhaftierte Frauen<br />

soll es bis 1989 in Hoheneck gegeben<br />

haben. Unser Film zeigt Frauenschick-


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

sale von den frühen 50ern bis zu den<br />

späten 80er Jahren und er zeigt auch<br />

die nächste Generation, die Kinder der<br />

Inhaftierten, die mit den Folgen dieser<br />

Vergangenheit bis heute zu kämpfen<br />

haben.<br />

Für den Film mussten die Fakten und<br />

Schicksale zu einer Geschichte verdichtet<br />

werden. Gibt es ein direktes Vorbild<br />

für die Figur der Carola Weber? Wie<br />

gingen Sie vor bei der Konstruktion der<br />

Geschichte? Welche Aspekte sind Ihnen<br />

besonders wichtig?<br />

„<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>“ <strong>ist</strong> kein Biopic. Die<br />

Geschichte, ihre Protagon<strong>ist</strong>en sind frei<br />

erfunden, das möchte ich ausdrücklich<br />

betonen. „Meine“ Carola Weber, ihr<br />

Schick sal, das sich mit dem Haftarzt<br />

Prof. Limberg so unwiderruflich ver-<br />

knüpft, hätte aber genauso stattfinden<br />

können. Hoheneck <strong>ist</strong> die Bruchstelle in<br />

Carolas Leben. Sie kam als junge, vielversprechende<br />

Pian<strong>ist</strong>in ins Gefängnis,<br />

sie hätte Karriere machen können, aber<br />

sie hat gegen den Staat rebelliert und<br />

bekam das System in aller Härte zu<br />

spüren. Das „System“, hinter dem sich<br />

Menschen verbargen, Menschen wie<br />

Prof. Limberg, die ihre Macht ausnutzten,<br />

haben eine andere Carola aus ihr<br />

gemacht.<br />

Sie erzählen die Geschichte einer traumatisierten<br />

Frau und Sie erzählen sie<br />

von heute aus. Wieso haben Sie sich für<br />

diesen dramaturgischen Aufbau entschieden?<br />

Das Schlimmste am Schlimmen <strong>ist</strong>,<br />

<strong>nicht</strong> darüber reden zu können. Die<br />

Scham über das erlittene Unrecht hat<br />

viele der ehemals inhaftierten Frauen<br />

stumm gemacht. Für viele <strong>ist</strong> es ein<br />

jahrelanger Prozess, bis sie sich wieder<br />

öffnen können und beginnen, von<br />

ihrem Leid zu erzählen. Auch deshalb<br />

nimmt das jahrelange Schweigen meiner<br />

Protagon<strong>ist</strong>in ihrem eigenen westdeutschen<br />

Ehemann gegenüber einen<br />

so großen Stellenwert ein und zerstört<br />

fast ihre Ehe. Jochen wirft Carola dieses<br />

Schweigen vor. Aus seiner Perspektive<br />

<strong>ist</strong> es ein massiver Vertrauensbruch,<br />

dass Carola ihm diesen Teil ihrer Vergangenheit<br />

verschwiegen hat. Er ignoriert<br />

ihre Traumatisierung, dass sie<br />

<strong>nicht</strong> reden konnte.<br />

Aus heutiger Sicht zu erzählen, hebt die<br />

h<strong>ist</strong>orische D<strong>ist</strong>anz auf, deshalb habe<br />

ich die Geschichte in der Gegenwart<br />

angesiedelt. Der Film verspricht <strong>nicht</strong><br />

‚<strong>Es</strong> war einmal‘, sondern behauptet ‚<strong>Es</strong><br />

<strong>ist</strong>‘ (<strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>).<br />

Sie haben als Erzählperspektive die der<br />

Carola Weber gewählt. <strong>Es</strong> wird ja immer<br />

wieder konstatiert, dass die Mediengesellschaft<br />

dazu neigt, ihr Interesse den<br />

Tätern als den Handelnden zuzuwenden<br />

und die Opfer zu vergessen. Wollten Sie<br />

dem etwas entgegensetzen? Oder haben<br />

Sie auch mal erwogen, die Geschichte<br />

aus der Perspektive von Jochen zu<br />

erzählen, die ja, was den Kenntnisstand<br />

betrifft, die des Publikums <strong>ist</strong>?<br />

Carolas fast pathologisch anmutende<br />

Suche nach dem Täter bzw. nach dessen<br />

Entlarvung und das Unvermögen<br />

ihres westdeutschen Ehemanns, damit<br />

umzugehen, waren mir besonders<br />

wichtig. Jochens Erzählperspektive<br />

wäre schlichtweg undramatisch gewesen,<br />

denn er <strong>ist</strong> ja weder der Täter noch<br />

das Opfer. Er gerät zwischen die Fron-<br />

ten, zwischen Carola und Prof. Limberg.<br />

Seine Konflikte beziehen sich auf die<br />

Aspekte Loyalität und Vertrauen.<br />

<strong>Es</strong> stimmt, ich wollte dem allgemeinen<br />

Trend auch etwas entgegensetzen,<br />

denn ich bemerke schon die Tendenz,<br />

die Täter in den Mittelpunkt einer Filmhandlung<br />

zu stellen. Die Nazi-Täter,<br />

die RAF-Täter, den Vergewaltiger, den<br />

Amokläufer. Sie erscheinen auf den ersten<br />

Blick wohl interessanter und wer<br />

identifiziert sich schon freiwillig mit<br />

einem Täter? Wohl kaum einer. <strong>Es</strong> <strong>ist</strong><br />

also einfacher, einem Täter beim Morden<br />

zuzusehen und sich von ihm abzugrenzen,<br />

als einem Opfer bei seiner<br />

Ohnmacht zuzusehen und Empathie zu<br />

entwickeln.<br />

Welche Bedeutung hat Verdrängung bei<br />

den Figuren des Films? <strong>Es</strong> wird ja auch im<br />

Dokumentarfilm immer wieder deutlich,<br />

wie stark die Erlebnisse einem Prozess<br />

des Verdrängens unterworfen wurden,<br />

um es ertragbar zu machen – wie befreiend<br />

es aber andererseits <strong>ist</strong>, frei darüber<br />

reden zu können. Auch Limberg <strong>ist</strong> im<br />

Übrigen eine Figur, die ihre Vergangenheit<br />

verdrängt.<br />

Das <strong>ist</strong> ein wichtiger Punkt. Sowohl<br />

bei den Opfern als auch bei den Tätern<br />

geht es um Verdrängung. Bei den einen<br />

um das verdrängte Leid, bei den anderen<br />

um die verdrängte Schuld bzw. das<br />

hartnäckige Leugnen der persönlichen<br />

Verantwortung. Der Täter sagt: Nicht<br />

ich habe gehandelt, sondern das „System“<br />

hat mir keine andere Wahl gelassen.<br />

Deshalb kann es auch keine „Versöhnung“<br />

zwischen den beiden Lagern<br />

geben. Das würde voraussetzen, dass<br />

beide Seiten das Gespräch suchen. Der<br />

Dialog wird aber einseitig geführt; nur<br />

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10 |<br />

<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

die Opfer sind an Aufarbeitung interes-<br />

siert. Die Stasi-Ärzte, Wärter und Erzie-<br />

her, die wir für unsere Doku kontaktiert<br />

haben, verweigern selbst mir als Journal<strong>ist</strong>in<br />

das Gespräch. Sie wollen <strong>nicht</strong><br />

reden. Sie wollen sich <strong>nicht</strong> erinnern. Sie<br />

wollen sich auch <strong>nicht</strong> konfrontieren,<br />

geschweige denn reflektieren. Im Film<br />

geht Carola einen Schritt weiter und<br />

fordert von Prof. Limberg das Schuldbekenntnis<br />

ein. Natürlich bekommt sie<br />

es <strong>nicht</strong> und so nehmen die Ereignisse<br />

ihren Lauf, bis zum bitteren Ende.<br />

Mehr als 20 Jahre nach dem Mauerfall<br />

scheinen die Verbrechen des Systems<br />

schon wieder in Vergessenheit zu geraten.<br />

Welche Kraft und Wirkung trauen<br />

Sie einem Fernsehfilm zu, was erhoffen<br />

Sie sich?<br />

Natürlich wünsche ich den Frauen, dass<br />

sie gehört werden, und vielleicht kann<br />

der kleine Themenabend am 9. November<br />

– mit Fernsehfilm und Doku – dazu<br />

beitragen.<br />

<strong>Es</strong> gibt seltsamerweise wenig Empathie<br />

in unserer Gesellschaft für die Opfer<br />

der SED-Diktatur. Der Westen interessiert<br />

sich <strong>nicht</strong> dafür, nach dem Motto:<br />

Jetzt <strong>ist</strong> doch alles gut – und im Osten<br />

gibt es die Haltung: Selbst schuld. Warum<br />

haben die <strong>nicht</strong> einfach den Mund<br />

gehalten und sich angepasst? Warum<br />

mussten die denn unbedingt flüchten,<br />

ausreisen oder sich mit den Staatsorganen<br />

anlegen? <strong>Es</strong> lebte sich doch ganz<br />

gut in der DDR ... Und warum <strong>ist</strong> jetzt<br />

<strong>nicht</strong> endlich mal Schluss mit dieser<br />

DDR-Vergangenheit, 22 Jahre nach der<br />

Wende? Aber es kann <strong>nicht</strong> „Schluss<br />

sein“ mit Schicksalen, die mit dieser<br />

Vergangenheit bis heute zu kämpfen<br />

haben. „Aufarbeitung“ und „Unrechts-<br />

staat“, diese Begriffe sind heute Reizworte.<br />

Fakt <strong>ist</strong>: Die DDR war eine sozial<strong>ist</strong>ische<br />

Diktatur, dazu muss man nur<br />

mal das Strafgesetzbuch der ehemaligen<br />

Deutschen Demokratischen (!) Republik<br />

studieren und die sogenannten<br />

„Gummiparagraphen“ 99, 100, 106, 107,<br />

213 und 249 lesen.<br />

Eine gesellschaftliche Debatte über<br />

das Gestern im Heute, die bis in die<br />

Familien hineinreicht, hat – entgegen<br />

aller Beteuerungen – <strong>nicht</strong> stattgefunden.<br />

Stiftungen und Behörden, die sich<br />

weiterhin um Aufklärung bemühen,<br />

werden angefeindet und müssen sich<br />

rechtfertigen. Aber ich glaube, die Fragen<br />

werden noch gestellt werden. Vielleicht<br />

braucht es noch eine gewisse Zeit,<br />

bis eine junge, unbefangene und geschichtsbewusste<br />

Generation anfängt,<br />

sich mit der Geschichte ihrer Eltern und<br />

Großeltern sachlich auseinanderzusetzen.<br />

Die me<strong>ist</strong>en Diskussionen werden<br />

ja nach wie vor sehr emotional geführt.<br />

Auch ich, als Westdeutsche, genauer<br />

gesagt als gebürtige Österreicherin, erlebe<br />

immer wieder, dass Menschen aus<br />

Ost und West mich nach meiner Motivation<br />

fragen. Wieso beschäftigst du<br />

dich damit? Was hast du eigentlich damit<br />

zu tun? Ich frage dann zurück: Hat<br />

der Osten die DDR für sich gepachtet?<br />

Wir haben eine gesamtdeutsche Geschichte<br />

und eine gemeinsame Verantwortung<br />

dafür. Aber vielleicht bin ich<br />

auch nur neugierig – weil ich verstehen<br />

will? Weil mich Menschen mit Bruchstellen<br />

interessieren? Suchen Sie sich<br />

eine Antwort aus!<br />

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12 |<br />

<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

aNja KliNG<br />

„Wir befinden uns im 22. Jahr nach dem Mauerfall.<br />

Ich bin ein Kind der DDR, hatte eine glückliche und<br />

behütete Kindheit, ohne politischen Drill mit schlimmen<br />

Auswirkungen selbst zu erleben. Und doch sind<br />

in diesem, meinem Land, Dinge passiert, vor denen<br />

man die Augen <strong>nicht</strong> verschließen darf. Dass man<br />

junge Frauen aus politischen Gründen ins Frauengefängnis<br />

Hoheneck gesperrt und ihnen zum Teil<br />

Unmenschliches angetan hat, gehört dazu.<br />

Viele dieser Frauen sind bis heute traumatisiert. Sie<br />

haben ein Recht darauf, dass man über ihre Geschichten<br />

spricht und ihre Peiniger anklagt. Wir erzählen in<br />

‚<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>‘ eine fiktive Geschichte mit realem<br />

Hintergrund und ich hoffe, somit einen kleinen Beitrag<br />

le<strong>ist</strong>en zu können im Kampf der Hoheneckerinnen<br />

um Aufklärung und Gerechtigkeit.“


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

toBias oERtEl<br />

„In der Vorbereitung auf die Dreharbei-<br />

ten zu ‚<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>‘ <strong>ist</strong> mir erst<br />

bewusst geworden, welche Auswirkungen<br />

der Machtapparat der ehemaligen<br />

DDR noch heute auf zahllose seiner<br />

Opfer hat. Wir werden noch lange über<br />

die Schrecken dieser Zeit reden müssen<br />

und uns mit der ungeheuerlichen<br />

Hinterlassenschaft dieses Regimes<br />

auseinander setzen müssen, wenn wir<br />

uns <strong>nicht</strong> an den Betroffenen schuldig<br />

machen wollen – auch wenn es uns<br />

noch so fremd und unwahrscheinlich<br />

vorkommen mag.“<br />

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<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

UlRich NoEthEN<br />

„‚<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>‘ erzählt eine deutsche<br />

Geschichte, die mir <strong>nicht</strong> bekannt war.<br />

Und Vielen bis heute <strong>nicht</strong> bekannt <strong>ist</strong>.<br />

Eine DDR-Geschichte, die bestürzend und<br />

erschütternd <strong>ist</strong>. Und ich fand und finde es<br />

wichtig, diese Geschichte zu erzählen. Dieser<br />

Film tut das. Der scheinbar unbescholtene<br />

Doktor Limberg, den ich in diesem Film<br />

verkörpere, <strong>ist</strong> ein Mitmacher, ein Verdränger,<br />

ein Verbrecher, der glaubte, seine<br />

Untaten hinter sich gelassen zu haben, und<br />

der nun, da sie ihn einzuholen drohen, alles<br />

tut, um seine Person, seine Familie, seine<br />

Karriere zu retten. Die Enttarnung seiner<br />

Identität <strong>ist</strong> spannend – so spannend, wie<br />

der Film ‚<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>‘ diese ganze<br />

Geschichte erzählt. Franziska Meletzky, mit<br />

der ich zum ersten Mal zusammenarbeiten<br />

konnte, hat hier einen hochwertigen, aufwendigen<br />

Psycho-Thriller gedreht. Und ich<br />

freue mich, dass ich dabei sein durfte.“


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

„es gibt kein richtiges leben im falschen.“ REGissEURiN fRaNZisKa MElEtZKy<br />

„Diesen Film zu inszenieren, war für mich eine der größten<br />

Herausforderungen bis jetzt. Psychodramen faszinieren mich<br />

ohnehin sehr, dazu kam hier noch der private Moment meiner<br />

DDR-Vergangenheit.<br />

Meine Haltung zu diesem Staat, in dem ich meine Kindheit<br />

und Jugend verbrachte, <strong>ist</strong> eindeutig: ‚<strong>Es</strong> gibt kein richtiges<br />

Leben im falschen‘. Natürlich hatte ich trotzdem einige meiner<br />

glücklichsten Momente in dieser Zeit erlebt, habe ehrliche<br />

Freundschaften erfahren und verrückte Dinge gemacht in<br />

dieser Dunsthaube der Sicherheit. Mein Glück damals war, zu<br />

jung zu sein für politische Aktivitäten und dazu auch noch<br />

parteilose, liberale Eltern zu haben.<br />

„ein geschenk an authentizität“<br />

„Der Film ‚<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>‘ war eine der größten Heraus-<br />

forderungen für uns als Produzenten. Wie erzählt man eine<br />

fiktive Geschichte vor dem Hintergrund realer Ereignisse<br />

und menschlicher Schicksale? Denn das Frauengefängnis<br />

‚Hoheneck‘ ex<strong>ist</strong>ierte 40 Jahre in der DDR und die Frauen,<br />

die dort zu Unrecht eingesperrt waren, leben mit den traumatisierenden<br />

Erfahrungen heute in einem wiedervereinten<br />

Deutschland weiter. Wir sind glücklich, mit unseren Partnern<br />

beim SWR und RBB und den Drehbuchautoren Kr<strong>ist</strong>in Derfler<br />

Ich habe viel gelernt während der intensiven Vorbereitungen<br />

für diesen Film; mehr und mehr offenbarte sich mir ein sehr<br />

dunkles, unbedingt erzählenswertes Kapitel.<br />

Das Drehbuch nutzt die realen Vorgänge damals im Frauengefängnis<br />

Hoheneck und dessen Folgen bis heute, um ein<br />

zeitloses Psychodrama zu erzählen, in dem Wahnsinn und<br />

Gesundheit, Wahrheit und Lüge sich relativieren und ebenso<br />

austauschbar werden. Trotzdem: Hätte es nie eine DDR<br />

gegeben, sondern nur diese Geschichte über einen fiktiven,<br />

sozial<strong>ist</strong>ischen Staat und seine fiktiven Langzeitfolgen – ich<br />

hätte es unbedingt und mit genau diesen Schauspielern inszenieren<br />

wollen.“<br />

PRoDUZENt MichaEl lEhMaNN UND PRoDUcERiN hEiKE stREich üBER „<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> Nicht VoRBEi“<br />

und Clemens Murath, die das Herzstück des Projekts waren,<br />

diesen Film auf die Beine gestellt zu haben. Die Regisseurin<br />

Franziska Meletzky hat gemeinsam mit der Kamerafrau Eva<br />

Fleig und allen anderen künstlerischen Gewerken diesen für<br />

uns so wichtigen Stoff kongenial umgesetzt. Und die Besetzung<br />

mit Anja Kling, Ulrich Noethen, Tobias Oertel und Melika<br />

Foroutan <strong>ist</strong> ein Geschenk an Authentizität und berührender<br />

schauspielerischer Le<strong>ist</strong>ung.“<br />

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<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

Die Dokumentation:<br />

DiE fRaUEN VoN hohENEcK – EiN DDR-GEfäNGNis UND sEiNE schattEN iN DiE GEGENwaRt<br />

Mittwoch, 9. November 2011, 21.45 Uhr im Ersten<br />

autoren: Kr<strong>ist</strong>in Derfler und Dietmar Klein<br />

Redaktion: hans-Michael Kassel (swR)<br />

Im Anschluss an den Fernsehfilm „<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong>“ will die<br />

30-minütige Dokumentation „Die Frauen von Hoheneck“<br />

den h<strong>ist</strong>orischen Hintergrund deutlich machen und ein Licht<br />

auf diesen bisher wenig bekannten, beklemmenden Teil der<br />

DDR-Realität werfen, der die Menschen bis heute <strong>nicht</strong> loslässt.<br />

Im Frauengefängnis Hoheneck nahe Chemnitz wurden ab<br />

den späten 40er Jahren, vor allem aber nach 1970, Frauen inhaftiert,<br />

die wiederholte Ausreiseanträge gestellt oder Republikflucht<br />

geplant hatten. Ihr Wunsch nach Freiheit, nach Familienzusammenführung<br />

u. a. wurde vom DDR-Regime mit<br />

Kriminalisierung, erniedrigenden Haftbedingungen, Übergriffen<br />

des Knast-Personals (z. B. Schlägen) sowie der Ärzte<br />

(Behandlung mit Psychopharmaka), Zwangsarbeit und vor<br />

allem mit der Zerstörung ihrer Familien (Zwangsadoptionen,<br />

geheimdienstliche Zersetzung innerhalb der Familie und andere<br />

Maßnahmen) beantwortet.<br />

Heute, im Jahr 22 nach dem Mauerfall, geht es aber vor<br />

allem um die Frage der Aufarbeitung: Können die Frauen von<br />

Hoheneck Ruhe finden?<br />

Die Autoren Kr<strong>ist</strong>in Derfler und Dietmar Klein haben in<br />

mehrjährigen Recherchen mit vielen Frauen gesprochen. Drei<br />

exemplarische Beispiele stellen sie im Film vor:<br />

Ellen Thiemann wurde wegen versuchter Republikflucht verurteilt,<br />

verraten vom eigenen Ehemann. Ihre Inhaftierung in<br />

Hoheneck bleibt ein Trauma und <strong>ist</strong> noch heute lebendig. Sie<br />

klagt Menschen an, die dabei mitmachten, sie wie viele andere<br />

Frauen systematisch zu entrechten. Sie gibt sich <strong>nicht</strong><br />

damit zufrieden, dass die Taten längst verjährt sind, und sich<br />

die Täter hinter bürgerlichen Fassaden verstecken können.<br />

Helga Riede wurde verraten, als sie im Kofferraum eines<br />

Autos in den Westen wollte. Verräter war der Mann ihrer<br />

Schwester, der dafür die Verdienstmedaille der DDR erhielt.<br />

Der Kontakt mit der Schwester <strong>ist</strong> abgebrochen, die Lüge und<br />

der Verrat stehen zwischen den Frauen. Heute will Helga Riede<br />

versuchen, sich mit der Schwester auszusöhnen.<br />

Regina Labahn hatte mehrere Ausreiseanträge gestellt, als<br />

eines Tages ihre Kinder <strong>nicht</strong> mehr aus der Schule kamen. Sie<br />

waren von der Staatsmacht in ein Heim gesteckt worden. Regina<br />

Labahn landete in Hoheneck. Erst sieben Jahre später,<br />

am Tag nach dem Mauerfall, durfte sie ihre Kinder wieder<br />

vom Heim abholen. Noch heute <strong>ist</strong> die emotionale Entfremdung<br />

spürbar, das Eltern-Kind-Verhältnis massiv gestört.<br />

Aber sie kämpft um ihre Familie.


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

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<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

Das fRaUENGEfäNGNis hohENEcK<br />

<strong>Es</strong> gibt Ortsnamen, die zum Synonym<br />

geworden sind für Schrecken und<br />

menschliches Leid. Auf dem „Bautzen-<br />

Forum“ berichten jedes Jahr ehemals<br />

politisch Verfolgte aus der Sowjetischen<br />

Besatzungszone (SBZ) bzw. der<br />

DDR über zahlreiche solche Orte. Diese<br />

ergreifenden Schilderungen sind eine<br />

Enzyklopädie ostdeutscher Haft- und<br />

Leidensorte: das NKWD-Gefängnis in<br />

der Postdamer Le<strong>ist</strong>ikowstraße, die sowjetischen<br />

Speziallager Buchenwald<br />

und Sachsenhausen, das „Gelbe Elend“<br />

in Bautzen und die Zentrale Untersuchungshaftanstalt<br />

in Berlin-Hohenschönhausen<br />

– die Aufzählung ließe<br />

sich beliebig fortsetzen.<br />

Auch das Zuchthaus Hoheneck, die<br />

„Burg“ wie die Häftlinge sie nannten,<br />

gehört in die Reihe dieser Schreckensorte.<br />

Hoheneck war aus vielerlei<br />

Gründen eines der skandalösesten Gefängnisse<br />

des SED-Staates. Der Name<br />

konnotiert wie so viele andere Orte<br />

mit der NS-Herrschaft und verbietet<br />

eigentlich eine Nutzung als Gefängnis.<br />

Immerhin hatten hier bereits 1933 die<br />

Nationalsozial<strong>ist</strong>en kurzzeitig ein sogenanntes<br />

„wildes KZ“ eingerichtet. Doch<br />

ebenso wenig, wie die Sowjetische Besatzungsmacht<br />

davor zurückschreckte,<br />

die Anlagen der ehemaligen Konzentrationslager<br />

Buchenwald und Sachsenhausen<br />

weiter zu nutzen, hatte die SED<br />

Skrupel, in den Zuchthäusern Brandenburg<br />

oder Bautzen politische Häftlinge<br />

einzusperren. Obwohl dort noch kurz<br />

zuvor Erich Honecker und Ernst Thälmann<br />

inhaftiert waren!<br />

Doch der Ort Hoheneck <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> nur<br />

symbolisch aufgeladen. Darüber hinaus<br />

entspricht das Gebäude <strong>nicht</strong> den<br />

Anforderungen für einen Strafvollzug<br />

im 20. Jahrhundert. Immerhin geht es<br />

zurück auf einen Vorgängerbau aus<br />

dem 16. Jahrhundert und beherbergte<br />

bereits 1862 ein „Sächsisches Weiberzuchthaus“<br />

und später diverse Haftanstalten<br />

für Männer. Die durch den<br />

SED-Staat hier eingesperrten Frauen<br />

berichten in ihren Erinnerungen über<br />

das kalte, feuchte Klima, über unzureichende<br />

hygienische Verhältnisse<br />

und über die Enge in den hoffnungslos<br />

überbelegten Zellen. All das aber hat<br />

die Verantwortlichen zuerst der sowjetischen<br />

Besatzungsbehörden und<br />

später des Partei- und Staatsapparates<br />

der DDR <strong>nicht</strong> davon abgehalten, hier<br />

Menschen einzusperren. Die Umstände<br />

des Strafvollzuges – so die offizielle<br />

Bezeichnung in der DDR – war in Hoheneck<br />

zu jeder Zeit ein Skandal.<br />

Der eigentliche Skandal von Hoheneck<br />

aber sind die Gründe, derentwegen<br />

die SED Tausende Frauen verschleppen<br />

ließ. Im Jahr 1950 wurden aus den aufgelösten<br />

sowjetischen Speziallagern<br />

Baut zen und Sachsenhausen über ein-<br />

tausend Frauen auf die Burg ver legt.<br />

Das für maximal 600 Häftlinge ausge-<br />

legte Zuchthaus war damit hoffungslos<br />

über belegt. Seitdem kamen nach Ho-<br />

heneck gewöhnliche Kriminelle ebenso<br />

wie poli tische Gefangene und Frauen,<br />

die einfach ihr Menschenrecht auf Frei-<br />

zügigkeit, auf das freie Wort oder auf<br />

die freie Religionsausübung für sich in<br />

Anspruch genommen hatten. Für das<br />

SED-Regime waren sie alle Verbrecher<br />

und wurden verbrecherisch behan -<br />

delt – allerdings wurden sie <strong>nicht</strong> wie<br />

die übrigen Verbrecher behandelt.<br />

Denn im Gefängnisalltag dominierten<br />

die ge wöhnlichen Kriminellen, vor denen<br />

sich die politischen Gefangenen in<br />

Acht nehmen mussten.<br />

Zusammen mit diesen Frauen kamen<br />

auch 30 Kleinkinder, die in den Lagern<br />

geboren worden waren, hierher. Diese,<br />

und viele bis 1952 im Gefängnis geborene<br />

Kinder, wurden von ihren Müttern<br />

getrennt und auf Kinderheime in der<br />

DDR verteilt. <strong>Es</strong> gibt zahlreiche Berichte<br />

über solchen entsetzlichen Kindesraub,<br />

unter dem heute noch Mütter und Kinder<br />

leiden.<br />

Welchen ‚Wert‘ die SED den hier eingesperrten<br />

Frauen beimaß, verdeutlicht<br />

ein weiteres düsteres Kapitel der DDR-<br />

Geschichte. Von Anfang der 1950er Jahre<br />

bis 1989 waren rund 8.000 Frauen<br />

aus politischen Gründen auf Hoheneck<br />

in Haft. Viele von ihnen gelangten<br />

durch Freikauf in den Westen. Denn<br />

der seit Beginn der 1960er Jahre durch<br />

die Bundesrepublik betriebene Häftlingsfreikauf<br />

war für das SED-Regime<br />

ein einträgliches Geschäft. Von 1963 bis<br />

1989 verkaufte die DDR für insgesamt<br />

etwa 3,5 Milliarden DM geschätzte<br />

34.000 Häftlinge an die Bundesrepublik<br />

Deutschland. Die Mehrzahl dieser<br />

Gefangenen verbrachte die letzten<br />

Tage in der DDR im ehemaligen Gefängnis<br />

auf dem Chemnitzer Kaßberg. Der in<br />

Anspielung auf den Rechtsanwalt Wolf-<br />

gang Vogel als „Vogelkäfig“ bezeichnete<br />

Bau steht heute zum Verkauf und wird<br />

wohl bald abgerissen werden. Damit<br />

wäre in Chemnitz der letzte authentische<br />

Ort der Unterdrückung und Willkürherrschaft<br />

im SED-Staat verloren.<br />

Das Schicksal der Burg Hoheneck <strong>ist</strong><br />

ebenfalls ungewiß. Die ehemalige<br />

„Straf vollzugseinrichtung Hoheneck“<br />

wurde im Jahr 2001 vom Fre<strong>ist</strong>aat Sach-<br />

sen geschlossen. Im Jahr 2004 wurde<br />

die gesamte Anlage zu einem symbolischen<br />

Preis an einen privaten Investor<br />

verkauft, der wohl geschmacklose<br />

kommerzielle Angebote plante („Jail-<br />

House-Feeling“ und „Knastfrühstück<br />

in originalen Zellen“), sich jedoch bald<br />

wieder zurückzog. Heute bewirbt die


<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>vorbei</strong><br />

Firma im Internet unter „www.ho-<br />

heneck.com“ das Schloß Hoheneck als<br />

‚das einzige Frauengefängnis der DDR,<br />

vollständig authentisch erhalten, hart<br />

und schonungslos in seiner Wirkung‘.<br />

Mehr als 20 Jahre nach der friedlichen<br />

Revolution und dem Ende der SED-<br />

Herrschaft scheint also ungeklärt, was<br />

in einigen Jahren von diesem einstigen<br />

Ort der Einsperrung und Rechtlosigkeit<br />

bleiben. Was und wer wird beispielsweise<br />

im Jahr 2050 Zeugnis ablegen<br />

können von dem, was hier zwischen<br />

1945 und 1990 geschehen <strong>ist</strong>?<br />

In den vergangenen 50 Jahren sind<br />

zahlreiche Haftschicksale aufgeschrieben<br />

und somit für immer vor dem Vergessen<br />

bewahrt worden. Wohl das erste<br />

und vielleicht prominenteste Beispiel<br />

<strong>ist</strong> Margarethe Kempowski, die Mutter<br />

von Walter Kempowski, die 1948 von<br />

der sowjetischen Geheimpolizei verhaftet,<br />

zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt<br />

und dann hierher verschleppt<br />

wurde. 1984 schrieb Ellen Thiemann in<br />

der Bundesrepublik den Erlebnisbericht<br />

„Stell dich mit den Schergen gut“. Und<br />

nach 1990 erschienen zahllose Berichte<br />

über diesen Ort und das Schicksal der<br />

Menschen, die in Hoheneck eingesperrt<br />

waren. Stellvertretend seien genannt:<br />

Birgit Schlicke „Knast-Tagebuch“; Eva-<br />

Maria Neumann „Sie nahmen mir <strong>nicht</strong><br />

nur die Freiheit“. Und schließlich die<br />

Zeugnisse der Hohenecker Kinder, wie<br />

z.B. Ulrich Schachts „Hohenecker Protokolle“<br />

(1984) sowie Alex Latotzkys<br />

„Kindheit hinter Stacheldraht“. Alle diese<br />

Selbstzeugnisse berichten <strong>nicht</strong> nur<br />

über das Gefängnisleben in der DDR,<br />

sondern vor allem über das Wesen des<br />

SED-Staates.<br />

Doch diejenigen, die aus eigenem Erleben<br />

berichten können, werden irgendwann<br />

als Zeitzeugen <strong>nicht</strong> mehr zur<br />

Verfügung stehen. Neben dem, was der<br />

Fachh<strong>ist</strong>oriker als „ego papers“ bezeichnet,<br />

also autobiographisches Material<br />

wie Briefe, Tagebücher und Memoirenliteratur,<br />

sowie den leider gefährdeten<br />

Sachzeugnissen <strong>ist</strong> im Fall Hoheneck<br />

ein weiterer großer Quellenfundus<br />

überliefert. Denn die Täter von einst<br />

haben zahlreiche Spuren hinterlassen.<br />

Die Staatspartei SED, die Strafvollzugsbehörden<br />

und die Geheimpolizei haben<br />

umfangreiche Akten über ihre Opfer<br />

angelegt. Aus Sicht der Wissenschaft<br />

sind dies wertvollste Materialien, denn<br />

es sind sogenannte „Überreste“, d.h. sie<br />

sind unabsichtlich überliefert worden<br />

und geben uns also unverfälscht Auskunft<br />

über das Denken und Handeln<br />

der Täter, über deren Absichten und<br />

über die Zustände in Hoheneck.<br />

Die für Hoheneck zentrale Überlieferung<br />

der Geheimpolizei des SED-<br />

Staates wird heute von einer weltweit<br />

einmaligen Einrichtung verwahrt: Der<br />

„Bundesbeauftragte für die Unterlagen<br />

des Staatssicherheitsdienstes der<br />

ehemaligen DDR“ hat den gesetzlichen<br />

Auftrag, Verfolgten ihre Stasiakten zugänglich<br />

zu machen, die Öffentlichkeit<br />

über die SED-Herrschaft zu informieren<br />

sowie Wissenschaft und Medien bei<br />

ihrer Arbeit zu unterstützen. Anhand<br />

dieser Unterlagen können ehemals<br />

Ver folgte erfahren, wer sie in der DDR<br />

bespitzelt hat oder warum sie in der<br />

DDR keinen Studienplatz bekommen<br />

haben, ehemalige Gefangene können<br />

ihre Unschuld nachweisen oder eine<br />

Opferrente beantragen, Enteignete<br />

eine Entschädigung fordern und Angehörige<br />

Auskunft über das Schicksal<br />

verschleppter Ehemänner oder Kinder<br />

erhalten.<br />

Die <strong>BStU</strong> klärt auf und informiert, aber<br />

sie ermittelt <strong>nicht</strong> und klagt niemanden<br />

an – dies <strong>ist</strong> Aufgabe der Justiz. Denn<br />

anders als DDR-Staatsanwälte und Gerichte<br />

<strong>ist</strong> die Stasiunterlagenbehörde<br />

streng an Recht und Gesetz gebunden.<br />

Und auch die ehemals Verfolgten<br />

haben in den vergangenen 20 Jahren<br />

<strong>nicht</strong> willkürlich, sondern ausnahmslos<br />

klug gehandelt und damit das Vermächtnis<br />

der friedlichen Revolution<br />

weitergetragen: <strong>Es</strong> hat keinen einzigen<br />

Fall von Selbstjustiz gegeben, die früher<br />

Verfolgten haben an ihren nun bekannten<br />

und entmachteten Peinigern keine<br />

Rache oder Siegerjustiz geübt. Vorwürfe,<br />

die Stasiunterlagenbehörde würde<br />

Millionen ehemalige DDR-Bürger verfolgen,<br />

entbehren jeder Grundlage.<br />

Das MfS der DDR hatte etwa 90.000<br />

„hauptamtliche“ sowie weitere ca.<br />

180.000 spitzelnde „inoffizielle Mitarbeiter“.<br />

Die Mehrheit der circa 17 Millionen<br />

Bürgerinnen und Bürger der DDR<br />

hat sich auf eine Zusammenarbeit mit<br />

der Geheimpolizei <strong>nicht</strong> eingelassen<br />

und wurde eben deswegen beobachtet<br />

oder gar drangsaliert.<br />

Die Frauen von Hoheneck haben seinerzeit<br />

Mut bewiesen und ein Zeichen gegen<br />

das Vergessen und für die Zukunft<br />

gesetzt. Im Jahr 1953 traten sie mit dem<br />

Mut der Verzweiflung in einen Hungerstreik,<br />

um bessere Haftbedingungen<br />

und eine Überprüfung ihrer Verurteilungen<br />

zu erreichen. Und vor 20 Jahren,<br />

genau am 26. April 1991, gründeten sie<br />

den „Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen“.<br />

Dr. clemens heitmann<br />

Leiter der <strong>BStU</strong>-Außenstelle Chemnitz<br />

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Impressum<br />

Herausgegeben von der Programmdirektion<br />

Erstes Deutsches Fernsehen/Presse und Information<br />

Redaktion: Dr. Lars Jacob (Das Erste)<br />

Bildredaktion: Rita Jacobi<br />

Bildnachweis: SWR/Gordon Muehle;<br />

SWR/Repro (S.19)<br />

Grafik: din jank_münchen<br />

Druck: Steininger Druck e.K., Ismaning<br />

O-Töne und Radio-Kits zu diesem Film finden akkrediti erte<br />

Journal<strong>ist</strong>en in der Datenbank von ARD TVAudio, die im Pressedienst<br />

Online (https://presse.daserste.de) direkt verlinkt <strong>ist</strong>.<br />

www.ard-foto.de<br />

Pressekontakt<br />

Dr. Lars Jacob (Das Erste)<br />

Tel.: 089/5900-2898<br />

Fax: 089/5501259<br />

E-Mail: lars.jacob@DasErste.de<br />

Annette Gilcher (SWR)<br />

Tel.: 07221/929-4016<br />

E-Mail: annette.gilcher@swr.de<br />

Julia Kainz, Carina Fischer<br />

Filmcontact<br />

Tel. 030/2 79 08-700<br />

E-Mail: juliakainz@filmcontact<br />

www.DasErste.de

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