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6 | <strong>Jahr</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Drachen</strong><br />
auf <strong>de</strong>n Mund, als er es endlich ausspricht: Ich liebe<br />
dich. Die Wörter allein be<strong>de</strong>uten ihr nichts. Sie muss<br />
sie ertasten, um ihnen glauben zu können. Wie überhaupt<br />
die Sprache oft im Gestischen steckenbleibt.<br />
Deshalb war es mir auch ganz wichtig, dass nichts<br />
synchronisiert wur<strong>de</strong>. Dass das Gefühl <strong>de</strong>r Fremdheit<br />
und <strong>de</strong>r Befremdung erhalten bleibt. Huong spricht<br />
kaum Englisch, und für Thomas ist das Vietnamesische<br />
wie ein frem<strong><strong>de</strong>s</strong>, ein wenig raues Geräusch. Es<br />
gibt diese Filme, da ist selbst die Lautsprecherdurchsage<br />
auf <strong>de</strong>r New Yorker Central Station auf Deutsch.<br />
Das ist Trash.<br />
Als Thomas gebeten wird, die Operation von Huongs<br />
Mutter zu bezahlen, reagiert er misstrauisch und<br />
überweist nur einen Teilbetrag. Wie wichtig war es<br />
Ihnen, die Zuschauer darüber im Unklaren zu lassen,<br />
ob dieses Misstrauen gerechtfertigt ist?<br />
Wir wer<strong>de</strong>n es bis zum Schluss nicht wissen. Ist die<br />
Mutter nun wirklich krank? O<strong>de</strong>r will man ihm nur<br />
das Geld aus <strong>de</strong>r Tasche ziehen, wie Huongs Onkel<br />
das so unnachahmlich dreist versucht. Die Sache mit<br />
<strong>de</strong>r Operation ist jetzt nicht unbedingt das beste<br />
Beispiel, aber ich mag es, wenn Dinge in <strong>de</strong>r Schwebe<br />
bleiben. Mich interessieren keine Filme, die auf je<strong>de</strong><br />
Frage eine Antwort wissen. Sie sind verlogen.<br />
Sie haben schon mehrere Drehbücher geschrieben,<br />
die von Torsten C. Fischer verfilmt wur<strong>de</strong>n, und Klaus<br />
J. Behrendt spielt erneut eine Ihrer Hauptfiguren.<br />
Hatten Sie beim Schreiben <strong><strong>de</strong>s</strong> Drehbuchs schon im<br />
Kopf, was sie <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n vorlegen müssen, um ein<br />
optimales Ergebnis zu erzielen?<br />
Als Drehbuchautor hat man das erste, aber lei<strong>de</strong>r<br />
nicht das letzte Wort. Manchmal wer<strong>de</strong>n am Set<br />
schreckliche Dinge ausgehan<strong>de</strong>lt. Da ist es gut, wenn<br />
man die »Täter« im Vorfeld kennt. Aber im Ernst, es<br />
hilft ungemein, wenn <strong>de</strong>r Regisseur möglichst früh zu<br />
einem Projekt hinzugezogen wird. Wenn die Fragen,<br />
die er hat, nicht erst gestellt wer<strong>de</strong>n, wenn er das<br />
Drehbuch einrichtet. Und es erleichtert mir die Arbeit,<br />
wenn ich weiß, wer die Hauptrollen spielt. Wenn ich<br />
mir beim Schreiben wirkliche Personen vorstellen<br />
kann, aus Fleisch und Blut. Klaus J. Behrendt scheint<br />
mir die i<strong>de</strong>ale Besetzung für Thomas Eichner zu sein,<br />
<strong>de</strong>r ja eigentlich ein eher unauffälliger, netter Typ ist,<br />
<strong>de</strong>r aber dann Dinge tut, die er sich wahrscheinlich<br />
selbst nicht zugetraut hätte. Kann sein, dass manche<br />
Leute diesen Thomas hassen wer<strong>de</strong>n. Ich folge ihm,<br />
ich verstehe seine abgrundtiefe Verzweiflung.