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das Geheimnis des Findus

Das Geheimnis des Findus - oder vom Umgang mit Konflikten und Krisen eine Sinngeschichte von Hans Jürgen Groß © 2012 / 2018

Das Geheimnis des Findus - oder vom Umgang mit Konflikten und Krisen eine Sinngeschichte von Hans Jürgen Groß © 2012 / 2018

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DAS<br />

H a n s J ü r g e n G r o ß<br />

GEHEIMNIS DES<br />

FINDUS<br />

v o m U m g a n g m i t K o n f l i k t e n u n d K r i s e n


DAS GEHEIMNIS<br />

DES FINDUS<br />

ODER:<br />

VOM UMGANG MIT KONFLIKTEN UND KRISEN<br />

Es war einmal vor langer, langer Zeit, als die Erde noch Feuer<br />

und Steine spuckte.<br />

An einem unbekannten Ort, zu unbekannter Zeit wurden am<br />

gleichen Tag, ganz nah bei einander, zwei Wesen geboren. Die<br />

Vorsehung verlangte es, <strong>das</strong>s die Eltern <strong>des</strong> einen<br />

Neugeborenen, gleich nach <strong>des</strong>sen Geburt von glühenden<br />

Steinen erschlagen wurden.<br />

Das Neugeborene war nun hilflos, -dem Tode geweiht- den<br />

Naturgewalten ausgesetzt. Da geschah es, und es war bestimmt<br />

kein Zufall, <strong>das</strong> ein Luchs <strong>das</strong> hilflose Wesen entdeckte. Seine<br />

Frau hatte gerade selbst ein Kind zur Welt gebracht und so<br />

nahm er es in sein Maul und brachte es zu seinem Weib,<br />

welches fortan, beide Neugeborenen nährte.<br />

Dem eigenen Kind gab man den Namen Luca, denn es war<br />

Tradition in dieser Luchsfamilie, <strong>das</strong> jeder männliche<br />

Erstgeborene diesen Namen trug. Dem Findelkind, gab man den<br />

Namen <strong>Findus</strong>.


E<br />

R<br />

H<br />

O<br />

L<br />

U<br />

N<br />

G


Luca und <strong>Findus</strong> wuchsen schnell heran, und für <strong>Findus</strong> stand<br />

ausser Frage <strong>das</strong> dies seine leiblichen Eltern waren.


Luca entwickelte sich<br />

prächtig und war der<br />

Sonnenschein der Familie.<br />

<strong>Findus</strong> hingegen war eher<br />

<strong>das</strong> Sorgenkind. Er tat sich<br />

schwer, auf Bäume zu<br />

klettern, oder von einem<br />

Baum herunter zu springen.<br />

Oft grämte sich <strong>Findus</strong>,<br />

wenn sein Bruder Luca sich<br />

über ihn lustig machte, weil<br />

er es wieder mal nicht<br />

schaffte auf einen Baum zu<br />

klettern. Was war nur mit<br />

ihm los? In <strong>Findus</strong><br />

wechselten sich Gefühle von<br />

Trauer und Wut ab. Alles was<br />

er empfand, war ein großer<br />

Schmerz, nicht so zu sein,<br />

wie sein Bruder Luca. Und<br />

dieser Schmerz legte sich<br />

über seinen Kopf, und<br />

hinderte ihn am Denken.<br />

Als die Zeit reif geworden<br />

war, sollten Luca und <strong>Findus</strong><br />

in den Kreis der<br />

Erwachsenen aufgenommen<br />

werden. Zuvor<br />

mussten sie jedoch eine<br />

Prüfung bestehen. Wie es<br />

ihnen die Alten gezeigt<br />

hatten sollten sie ein Tier<br />

erlegen. Luca und <strong>Findus</strong><br />

legten sich auf der Lauer;<br />

ein jeder in einem anderen<br />

Waldstück. Schnell sprang,<br />

Luca aus seinem Versteck,<br />

als ein Reh sich ihm näherte<br />

und riss <strong>das</strong> Tier mit seinen<br />

Krallen.


<strong>Findus</strong>, der sich ebenfalls au die Lauer gelegt hatte, musste<br />

ebenfalls nicht lange warten, bis ein stolzer Hirsch seinen Platz<br />

passierte. So wie man es ihm beigebracht hatte, sprang er aus<br />

seinem Versteck auf den Hirsch zu. Doch bevor <strong>Findus</strong> ihn<br />

erreicht hatte war dieser davon gerannt. So musste sich <strong>Findus</strong><br />

erneut auf die Lauer legen. Nie gelang es ihm, in der<br />

katzeneigenen Art ein Tier zu erbeuten. Was sollte nun<br />

geschehen? All der Schmerz den <strong>Findus</strong> in seinem Leben<br />

empfunden hatte brach auf einmal aus ihm heraus. Er war<br />

gescheitert und würde wohl nie in den Kreis der Erwachsenen<br />

aufgenommen werden, während man Luca vermutlich schon<br />

feierte.<br />

<strong>Findus</strong> sah keinen Ausweg mehr. Er wollte sterben, wollte sich<br />

dieser ungerechten Welt für immer entziehen.<br />

Statt zu den Anderen zurück zu kehren, schlich er allein hinaus<br />

in den Wald, sicher bald den Tod zu finden.<br />

Es war längst dunkel geworden und der Mond hatte sein<br />

silbernes Licht auf die Wipfel der Bäume gelegt, als <strong>Findus</strong> sich<br />

auf eine Lichtung zu bewegte. Er wurde ganz unruhig, nahm er<br />

doch den Geruch von fremden Wesen wahr. Es waren<br />

Menschen, welche sich dort auf der Lichtung befanden. Ein<br />

Zauberer und sein Schüler, der in dieser Vollmondnacht in die<br />

höchsten Weisheiten der Magie eingeweiht werden sollte.<br />

<strong>Findus</strong> versteckte sich hinter einem Busch und belauschte die<br />

Menschen. Er konnte ihre Sprache verstehen, und so nahm er<br />

wahr wie der Zauberer sagte: „Merke dir mein Sohn, die größte


Weisheit der Welt, die Regel welche <strong>das</strong> gesamte Weltbild und die<br />

Sterne bestimmt, -und dies darfst du nur mündlich weitergebenlautet:<br />

" Wie oben so unten, wie außen so innen“.<br />

Mehr konnte <strong>Findus</strong> nicht hören da der Wind sich gedreht hatte, die<br />

Worte <strong>des</strong> Zauberers nun in eine andere Richtung getragen wurden.


<strong>Findus</strong> fragte sich was dies<br />

zu bedeuten hatte. Seine<br />

To<strong>des</strong>sehnsucht war nun der<br />

Wissbegierde gewichen. In<br />

Gedanken vertieft streifte er<br />

weiter durch den Wald. So<br />

geschah es, -und es war<br />

bestimmt wieder kein Zufall-,<br />

<strong>das</strong> er an einem See vorbei<br />

kam und im Licht <strong>des</strong><br />

Vollmon<strong>des</strong> sich selbst im<br />

See erkannte. Noch nie hatte<br />

er zuvor sein Spiegelbild<br />

erblickt. Und er sah. Er war<br />

gar kein Luchs, wie er immer<br />

gedacht hatte, er sah ganz<br />

anders aus.<br />

Was für eine Nacht! Er<br />

machte sich auf den Weg<br />

um andere Geschöpfe zu<br />

finden, die seinem<br />

Spiegelbild ähnelten. Minute<br />

um Minute, Stunde um<br />

Stunde irrte er im Wald<br />

umher, auf der Suche nach<br />

Geschöpfen wie er. Nach<br />

langem Suchen traf er auf<br />

ein Rudel Wölfe, denn<br />

<strong>Findus</strong> war ein Wolf. Nach<br />

einigem hin und her bot<br />

man ihm einen Platz in<br />

ihrem Rudel an.


Jedoch dauerte es noch<br />

einige Zeit, bis er so bellen,<br />

heulen und jagen konnte wie<br />

sie. Am Anfang lachten sie<br />

ihn seiner absonderlichen<br />

Verhaltensweisen aus. Der<br />

Schmerz stieg wieder in ihm<br />

auf, doch mit der Zeit wurde<br />

dieser geringer und geringer.<br />

Es wurde ihm eine Freude<br />

den Mond anzuheulen, oder<br />

mit der Meute die Beute zu<br />

hetzen.<br />

Nach unzähligen Tagen und<br />

Monden war es <strong>Findus</strong>,<br />

<strong>des</strong>sen Rat und Tatkraft man<br />

im Rudel schätzte, hatte er<br />

doch Dinge erlebt, von denen<br />

kein anderer Wolf wusste.<br />

Viele weitere Monde später<br />

wurde er sogar selbst zum<br />

Leittier <strong>des</strong> Rudels.<br />

Er herrschte lange und<br />

erfolgreich über sein Rudel<br />

und zeugte viele<br />

Nachkommen. Die<br />

Geschehnisse in der<br />

Mondnacht vergaß er jedoch<br />

nie, und <strong>das</strong> <strong>Geheimnis</strong> <strong>des</strong><br />

Zauberers lenkte ein Leben<br />

lang sein Geschick. Die<br />

Narben <strong>des</strong> Schmerzes<br />

schützten ihn vor<br />

unangemessenen Tun und<br />

Überheblichkeit.<br />

Solltet ihr einmal einen Wolf<br />

treffen und diesen nach<br />

<strong>Findus</strong> fragen, so wird dir<br />

dieser bestimmt die gleiche<br />

Geschichte erzählen.<br />

Text und Gestaltung<br />

Hans Jürgen Groß<br />

Bildmaterial<br />

Pixabay.com<br />

© 2012 / 2018

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