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Allgäu Alternativ 1/2018

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Ausgabe 1/<strong>2018</strong><br />

Schutzgebühr: 4,– Euro<br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

Biogasanlagen: Energie: LED-Licht Forderungen für Sturmannshöhle und Folgen<br />

Wasserkraft: Verkehr: Ostallgäu Schneiteich will Wasserstoff-Zug<br />

als Stromlieferant<br />

Windräder: Biodiversität: Ungewöhnliche Artensterben Standorte und Regionalpolitik


Auf ein Wort<br />

Die Bürger sorgen für die<br />

erfolgreiche Energiewende<br />

Für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland<br />

spielen die Bürgerinnen und Bürger als<br />

Energieproduzenten eine Schlüsselrolle. Wie<br />

aus einer neuen Studie des Instituts trend:research<br />

hervorgeht, sind Privatpersonen weiterhin die mit Abstand<br />

wichtigsten Investoren für Erneuerbare-Energien-Anlagen.<br />

Ihnen gehört in Deutschland knapp ein<br />

Drittel der installierten Leistung zur regenerativen<br />

Stromproduktion. Damit liegen sie weit vor Energieversorgern,<br />

Projektierern, Gewerbebetrieben, Fonds<br />

und Banken.<br />

Bürgerengagement bleibt ein entscheidender Erfolgsfaktor<br />

für den weiteren erfolgreichen Ausbau der<br />

Erneuerbaren Energien, davon bin ich überzeugt.<br />

Aber der Beitrag von Privatpersonen zur installierten<br />

Leistung Erneuerbarer Energien ist leicht gesunken.<br />

Energie-Genossenschaften wie auch Bürgerwindparks,<br />

die als Verbund gemeinsam Erneuerbare-<br />

Energien-Projekte verwirklichen, werden in der Studie<br />

ebenso zur Kategorie der Privatleute gezählt wie Einzelpersonen,<br />

die beispielsweise in eine Photovoltaikanlage<br />

investieren. Zusammen bringen es die Privatleute<br />

und Landwirte auf einen Anteil von 42 Prozent am Eigentum<br />

Erneuerbarer-Energien-Anlagen in Deutschland.<br />

Ihr Anteil ist damit gegenüber der Vorgänger-<br />

Erhebung, die das Jahr 2012 erfasste, insgesamt um<br />

vier Prozentpunkte gesunken. Zur Entwicklung der<br />

vergangenen Jahre gehört auch, dass sich der Anteil<br />

größerer Unternehmen an der installierten Leistung<br />

Erneuerbarer Energien erhöht hat. Die große Vielfalt<br />

der Akteure ist zu begrüßen. Dennoch darf nicht vergessen<br />

werden: Die Basis für Akzeptanz und Engagement<br />

beim Ausbau Erneuerbarer Energien steht und<br />

fällt mit Beteiligungs- und Investitionsmöglichkeiten<br />

der Bürgerinnen und Bürger.<br />

Überdurchschnittlich ist der Anteil der Bürgerenergie<br />

bei Solar- und Windenergie. Privatleute und<br />

Landwirte bringen es bei der Windenergie an Land auf<br />

einen Anteil von 41 Prozent. Beim Solarstrom vereinen<br />

sie sogar 49 Prozent der installierten Leistung in ihren<br />

Händen. In beiden Sparten ist der Anteil der Bürgerenergie<br />

allerdings gesunken. So fiel der Anteil der Privatpersonen<br />

und Landwirte an der installierten Leis -<br />

tung von Windenergieanlagen an Land 2016 gegenüber<br />

2012 um neun Prozentpunkte. Hingegen legte der<br />

Anteil der Energieversorger in diesem Segment um 3,6<br />

Prozentpunkte auf insgesamt<br />

14,3 Prozent zu. Die<br />

Gewerbebetriebe verdoppelten<br />

ihren Anteil auf<br />

mehr als sechs Prozent.<br />

Diese Entwicklung<br />

zeigt die wachsende Attraktivität<br />

des Zukunftsfeldes<br />

Erneuerbare Energien<br />

für institutionelle Investoren.<br />

Getreu dem<br />

Motto »Eigentum verpflichtet«<br />

sollte es den Investoren<br />

aber unbedingt auch um eine hohe Akzeptanz<br />

ihrer Projekte gehen. Unsere Erfahrung zeigt: Nur<br />

durch die Teilhabe der Bevölkerung erhalten Erneuerbare<br />

Energien die notwendige Unterstützung vor<br />

Ort. Diese Unterstützung ist für den weiteren dynamischen<br />

Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland<br />

essenziell.<br />

Philipp Vohrer<br />

Geschäftsführer der Agentur für<br />

Erneuerbare Energien (AEE)<br />

Foto: AEE<br />

3


Inhalt<br />

Impressum<br />

Verlag und Herstellung:<br />

Verlag HEPHAISTOS,<br />

EDITION ALLGÄU<br />

Lachener Weg 2,<br />

87509 Immenstadt-<br />

Werdenstein<br />

Tel. 08379/728616,<br />

Fax 08379/728018<br />

info@heimat-allgaeu.info<br />

www.allgaeu-alternativ.de<br />

Herausgeber:<br />

Peter Elgaß<br />

Redaktion:<br />

Viola Elgaß (v.i.S.d.P.)<br />

Thomas Niehörster<br />

Claudia Schöwe<br />

Gekennzeichnete Beiträge<br />

stellen die Meinung des<br />

Ver fassers, nicht aber des<br />

Verlages dar.<br />

Layout:<br />

Bianca Elgaß<br />

Ramona Klein<br />

Joshua Riedisser<br />

Anzeigen:<br />

Carolin Mathes (Ltg.)<br />

Christian Vu<br />

Tel. 08379/728616<br />

gültige Anzeigenpreisliste:<br />

1/2010<br />

Bankverbindung Verlag:<br />

Raiffeisenbank Oberallgäu-<br />

Süd eG, IBAN:<br />

DE97733699200007126999<br />

BIC: GENODEF1SFO<br />

Druck und Bindung:<br />

HOLZMANN DRUCK<br />

GMBH & CO. KG<br />

Gewerbestraße 2<br />

D-86825 Bad Wörishofen<br />

26<br />

Vorwort Seite 3<br />

Serie Holzbau<br />

Restauration statt Abriss Seite 6<br />

Bauen<br />

Innovation in Entwicklung Seite 12<br />

Mobilität<br />

Neue Art der Fortbewegung Seite 16<br />

Klimaschutz<br />

Engagierter Rückkehrer Seite 19<br />

E-Mobil<br />

Plug-in-Hybridfahrzeuge Seite 20<br />

StreetScooter für Sonthofen Seite 22<br />

Mobilität der Zukunft Seite 24<br />

Mobilität<br />

Visionäre Zu(g)kunft Seite 26<br />

Energie sparen<br />

Unternehmen im Fokus Seite 28<br />

Mehr Effizienz für Klima... Seite 30<br />

Zuschüsse holen – aber wie? Seite 33<br />

Beratung für Privathaushalte Seite 34<br />

Ehrung<br />

Auszeichnung für Klimaschutz Seite 36<br />

Erfolgreiches Engagement Seite 37<br />

Strom<br />

Baustein der Energiewende Seite 38<br />

Unternehmen<br />

Leuchtturmprojekt im <strong>Allgäu</strong> Seite 40<br />

Meldungen<br />

Bedeutendste Bauplattform Seite 42<br />

15 Jahre Holzforum: Holzbau kompakt Seite 42<br />

Schüler für Hollz begeistern Seite 43<br />

Zukunftsweisende Häuser locken Besucher Seite 43<br />

Mobilität von morgen in Memmingen Seite 44<br />

BINE-Themeninfo Seite 44<br />

Neue E-Tankstelle in Sonthofen Seite 45<br />

Das Ostallgäu blüht auf Seite 46<br />

Lehrer lernen Fakten rund um E-Mobilität Seite 46<br />

Ladestation in Kempten und DietmannsriedSeite 47<br />

Holzbauprojekte mit Beispielcharakter Seite 48<br />

Terra Preta Seite 48<br />

Kloster Irsee erhält Förderung Seite 49<br />

Umwelt<br />

Per Rad die Iller erleben Seite 50<br />

Wasserkraft<br />

Kraftwerksbau an der Ostrach Seite 54<br />

Tourismus<br />

Weniger Strom – mehr Licht Seite 56<br />

Klimaschutz<br />

Urlaub auf dem Bauernhof Seite 58<br />

Wissenstransfer<br />

Ein Plus an Auslandserfahrung Seite 60<br />

Landesforschungszentrum Seite 61<br />

Landwirtschaft<br />

Sonne ernten auf zwei Etagen Seite 62<br />

Artenvielfalt – Artensterben Seite 66<br />

Jena aus <strong>Allgäu</strong>er Sicht Seite 69<br />

Energie sparen<br />

Je kälter, desto besser? Seite 74<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste<br />

Ausgabe ist der 28. Mai <strong>2018</strong><br />

4


Fotos: Alstom/Michael Wittwe, Archiv, Claudia Schöwe, Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach<br />

66<br />

62 22<br />

Titelfotos: Ramona Klein, Cucumaz, Michael Felkner, Mitsubishi<br />

5


Serie Holzbau<br />

Restauration statt Abriss<br />

Modernes Wohnen in alter Scheune<br />

Eigentlich sollte es ein modernes Holzhaus werden – so, wie es die<br />

Bauherren auf der Homepage des <strong>Allgäu</strong>er Holzbauspezialisten<br />

Michael Felkner gesehen hatten. Also luden sie den Architekten zu<br />

einem ersten Gespräch auf ihren ehemaligen Bauernhof am Rande<br />

von Weiler bei Bidingen ein. Doch es sollte anders kommen.<br />

Die ehemalige Scheune er strahlt<br />

nun mit einer neuen Fassade<br />

und hat so manche Besonde r -<br />

heit: Schiebe tore mit senkrech -<br />

ten Lamellen vor den Fenstern<br />

schüt zen vor neugierigen Blicken<br />

Für die Eigentümer war das etwa 250 Jahre alte<br />

Haus nur noch eines: baufällig und abrissreif.<br />

Umso verwunderter waren sie, als der Architekt<br />

bei der Besichtigung immer mehr ins Schwärmen<br />

kam, obwohl er in den niedrigen Räumen kaum stehen<br />

konnte. »Und das möchten Sie wirklich abreißen?<br />

Steht das nicht unter Denkmalschutz? «, waren seine<br />

ersten Fragen. Daraufhin erzählte ihm das bei Eichstätt<br />

lebende Ehepaar, dass sie und ihre vier erwachsenen<br />

Söhne das von einem Onkel geerbte Haus seit<br />

Jahren nur als Wochenend- und Ferienziel nutzen.<br />

Nun aber rückt das Ende der Berufstätigkeit in greifbare<br />

Nähe, und so soll der Wunschtraum einer Dauerheimat<br />

in der geliebten <strong>Allgäu</strong>er Voralpenlandschaft<br />

endlich Realität werden. Allerdings mag ein Haus<br />

ohne Zentralheizung, ohne vernünftiges Bad, ohne<br />

warmes Wasser, mit kalten Böden und zugigen Fens -<br />

tern für ein paar Urlaubstage als urig oder romantisch<br />

hingenommen werden, aber als Dauerwohnsitz wohl<br />

eher nicht. Also wollten sie das Haus abbrechen und<br />

anschließend neu bauen.<br />

Gemütlich und lichtdurchflutet<br />

Doch Michael Felkner kam eine andere Idee in<br />

den Sinn: Es gab noch die Scheune, die erst in den<br />

1960er-Jahren – zwar etwas unpassend zum <strong>Allgäu</strong>er<br />

Flachdachhaus – errichtet, aber mit guter Bausubstanz<br />

als Wiederkehr das Wohnhaus gegen Westen vor<br />

Wind und Wetter schützt. Nun stellte sich die Frage:<br />

6


Nach der Besichtigung kam<br />

Architekt Michael Felkner auf<br />

die Idee, die alte Scheune zum<br />

Wohnhaus auszubauen – die<br />

Eigentümer zeigten sich von<br />

der Idee be geistert<br />

Jahrelang nutzen die Besitzer<br />

das geerbte Haus nur als<br />

Wochenend- und Feriendomizil.<br />

Nun wollten sie es abreißen<br />

lassen und neu bauen<br />

Fotos: Michael Felkner<br />

Könnten sich die Bauherren moderne Wohnräume in<br />

der alten Scheune vorstellen?<br />

Der Architekt wagte den Versuch, und die Familie<br />

zeigte sich von den Vorzügen begeistert. Zumal eine<br />

Nachfrage beim zuständigen Kreisbaumeister ergab,<br />

dass dieser einem Abbruch und einem Neubau im Außenbereich<br />

niemals zugestimmt hätte. Und in der<br />

Scheune gab es mehr als genug Platz für einen großzügigen<br />

Wohnbereich. Die Küchenzeile liegt hinter<br />

der Südfassade und bietet durch zwei waagrechte<br />

Fens terschlitze einen Blick auf die Straße – so sieht<br />

man immer, wer gerade kommt, aber keiner kann in<br />

das Haus hineinsehen. An einen freistehenden Küchenblock<br />

schließt sich ein Essplatz an, der im Sommer<br />

auch unter den überdachten Freisitz vor das<br />

Scheunentor verlegt werden kann. Hinter dem heute<br />

verglasten Scheunentor gibt es eine Besonderheit: Einen<br />

fast vier Meter hohen Raum, der über einen breiten<br />

Durchgang mit dem Wohnbereich verbunden ist.<br />

Vor der alten Holzwand zum Wohnhaus steht ein<br />

riesiger Tisch für Familienfeiern. Für gemütliche<br />

Abendstunden am Kachelofen ist der Wohnbereich<br />

durch eine offene Stahltreppe von der Koch- und Esszone<br />

räumlich etwas abgetrennt. Daran angrenzend<br />

befindet sich das Enkel-Schlafzimmer mit einem<br />

Gäste bad. Die Wohn- und Schlafräume im Erdgeschoss<br />

sowie die beiden Schlafzimmer im Obergeschoss<br />

und das Bad sind über raumhohe Fenstertüren<br />

nach Westen geöffnet und bieten fantastische Ausbli -<br />

cke auf die freie Landschaft.<br />

►<br />

7


Serie Holzbau<br />

Nach dem Abbruch der<br />

gemauerten Stallteile und des<br />

Hochsilos im Inneren der Scheune<br />

wurde eine Betonboden -<br />

platte auf einer dicken Wärme -<br />

dämmung gegossen<br />

Um aus der Scheune ein<br />

Wohnhaus zu machen, wurden<br />

von einem Zimmerer mehrere<br />

Wände eingezogen<br />

Schutz vor Wärme und Kälte<br />

Auch, wenn die Bewohner hier allenfalls mit<br />

neugierigen Blicken von Fuchs und Hase rechnen<br />

müssen, fühlt man sich abends vielleicht doch wohler,<br />

wenn man solch großzügige Verglasungen verschließen<br />

kann. Also wurden, passend zur Lärchenholzverschalung<br />

und zur Scheune, Schiebetore mit senkrechten<br />

Lamellen entwickelt, die an heißen Sommertagen<br />

überdies vor zu viel Sonneneinstrahlung schützen und<br />

das Haus angenehm kühl halten. Die ausschließliche<br />

Verwendung von heimischem Holz in Verbindung mit<br />

Zellulose- und Holzfaserdämmstoffen begünstigt den<br />

sommerlichen Wärmeschutz und sorgt zusammen mit<br />

den dreifach verglasten Lärchenholzfenstern dafür,<br />

dass annähernd Passivhausstandard erreicht wurde.<br />

Dabei gestaltete sich der Bauablauf vergleichsweise<br />

einfach und reibungslos, da fast alle beteiligten<br />

Handwerker am Ort ansässig sind. Der Zimmerer<br />

stützte die Scheune ab und entferne die abgewitterte<br />

Fassadenschalung. Der Rohbauer konnte mit seinen<br />

Maschinen in die Scheune hineinfahren, die gemauerten<br />

Stallteile und das Hochsilo abbrechen und eine<br />

Betonbodenplatte auf einer dicken Wärmedämmung<br />

einbauen. Anschließend kam der Zimmerer mit vorgefertigten,<br />

dreischalig aufgebauten und mit insgesamt<br />

34 Zentimetern Wärmedämmung ausgestatteten geschosshohen<br />

Holzständerwänden und hievte diese mit<br />

einem Teleskopstapler in die richtige Position. Die Geschossdecken<br />

bestehen ebenfalls aus Holz. Hier kamen<br />

verleimte und mit Nut und Feder versehene Balken<br />

zum Einsatz, die mit Manneskraft zusammengefügt<br />

8


werden konnten. Die oberste Decke wurde gar mit 40<br />

Zentimetern Zellulose wärmegedämmt. Lediglich die<br />

Raumtrennwände im ersten Stock mussten vor Ort<br />

händisch erstellt werden. Der Verzicht auf einen Dachgeschossausbau<br />

und das Belassen der alten Dacheindeckung<br />

schafften erhebliche Kostenvorteile, sodass<br />

der Ausbau der Scheune deutlich preiswerter ausfiel<br />

als ein Neubau.<br />

Eine energieeffiziente Scheune<br />

Bei der Haustechnik hätte man angesichts des<br />

vom Bauherrn gewünschten Kachelofens und der<br />

Wohnraumlüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung<br />

auf die zusätzliche Pelletsheizung<br />

mit Fußbodenheizung verzichten können, wäre da<br />

nicht das alte Wohnhaus gewesen. Aber es war ja Sinn<br />

und Zweck der Vorgehensweise, den Altbestand vor<br />

dem Abbruch zu retten. Nach nur sechs Monaten Bauzeit<br />

für den Scheunenausbau begannen die vier Söhne<br />

damit, das alte Haus herzurichten. Die Räume hier sollen<br />

weiterhin als Urlaubsdomizil dienen. Deswegen<br />

wurde die Putzfassade nur ausgebessert und nicht<br />

wärmegedämmt. Der tiefer zu legende Boden kann<br />

natürlich gut wärmegedämmt werden, ebenso die<br />

Decke zum kalten Dachraum. Und auch ein Austausch<br />

der einfach verglasten Fenster wird vielleicht<br />

eines Tages vorgenommen. Trotzdem wird der Energieverbrauch<br />

um ein Vielfaches höher bleiben als im<br />

Neubauteil, der rein rechnerisch den Gegenwert von<br />

weniger als drei Litern Heizöl pro Quadratmeter<br />

Wohnfläche und Jahr verbraucht.<br />

►<br />

Nach der Restauration ist von<br />

innen nicht mehr zu erkennen,<br />

dass es sich einmal um eine<br />

Scheune gehandelt hat.<br />

Entstanden ist ein heller und<br />

großzügiger Wohnbereich<br />

9


Serie Holzbau<br />

10<br />

Die alte Holzwand zum<br />

Wohnhaus konnte erhalten<br />

werden und bildet nun<br />

den perfekten Rahmen für<br />

einen großen Esstisch.<br />

Die bodentiefen Fenster<br />

sorgen für viel Licht<br />

In Wirklichkeit ist der Heizwärmebedarf sogar<br />

um einiges geringer: Die Lüftungsanlage mit etwa 90<br />

Prozent Wärmerückgewinnung reduziert die errechneten<br />

11.377 Kilowattstunden pro Jahr an Lüftungswärmeverlusten<br />

auf ein Zehntel. Würde man zudem<br />

den für die Haustechnik benötigten Strom über eine<br />

PV-Anlage selbst erzeugen, so wäre der Passivhausstandard<br />

erreicht.<br />

Hohe Förderungssummen<br />

All diese Maßnahmen werden vom Staat hoch<br />

gefördert. Angesichts der Erhaltungswürdigkeit des alten<br />

Wohnhauses kann der Scheunenausbau über das<br />

Programm Energieeffizient Sanieren 151 der KfW gefördert<br />

werden. Kombiniert man das mit dem KfW-<br />

Programm 159 Altersgerecht Umbauen, so sind pro<br />

Wohneinheit bis zu 150.000 Euro an zinsvergünstigtem<br />

Darlehen mit Teilschulderlässen bis zu 27.500<br />

Euro möglich. Für eine moderne Holzpelletsheizung<br />

mit Solarunterstützung gibt es vom Bundesamt für<br />

Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle fast 10.000 Euro an<br />

Zuschuss. Für die Baubegleitung durch einen Energieeffizienzexperten<br />

gibt es von der KfW außerdem einen<br />

Zuschuss von 4000 Euro, der von den Landkreisen<br />

Ober- und Ostallgäu um weitere 4000 Euro aufgestockt<br />

wird. Die Höhe der Landkreiszuschüsse ist allerdings<br />

nicht nur abhängig davon, welcher energetische<br />

Standard erreicht wird, sondern auch davon, ob<br />

heimische Firmen oder ökologische Baumaterialien<br />

aus der Region zum Einsatz kommen.<br />

Eine Anekdote zum Schluss<br />

Als kurz vor Weihnachten die am Bau beteiligten<br />

Handwerker zusammen mit dem Architekten das Bauwerk<br />

an die Bauherrnfamilie übergaben und anschließend<br />

in geselliger Runde zusammensaßen, kam die<br />

Frage auf, ob die Lüftungsanlage schon in Betrieb sei,<br />

denn davon höre und merke man ja gar nichts. Selbstverständlich<br />

war sie in Betrieb – bester Beweis also dafür,<br />

dass Bauen mit Holz und moderne Technik gut<br />

miteinander kombinierbar sind. Stichwort »modern«:<br />

Den Kreisbaumeister freut am meisten, dass die Scheune<br />

immer noch aussieht wie eine Scheune. Wenn niemand<br />

da ist und alle Schiebeläden geschlossen sind,<br />

vermutet man im Vorbeigehen tatsächlich nicht, dass<br />

sich darin ein modernes Holzhaus befindet.


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unserer Marketingabteilung finden Sie auf dieser Seite.<br />

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Carolin Mathes und Christian Vu • Tel. +49 (0)8379 728616<br />

E-Mail: info@heimat-allgaeu.info<br />

11


Bauen<br />

Innovation in Entwicklung<br />

Aufdachdämmung aus Rohrkolben<br />

Energiesparend herzustellen, druckfest und kompostierbar: Von<br />

Dämm platten aus Blättern der Typhapflanze versprechen sich Forscher<br />

des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) viel. Gemeinsam mit einem<br />

Industriepartner entwickeln sie eine Platte zur Aufsparrendämmung<br />

weiter und bereiten deren Serienfertigung vor, wie der BINE<br />

Informationsdienst Anfang November berichtete.<br />

12


Rohrkolben, wissenschaftlich<br />

Typha genannt,<br />

als Rohstoff für<br />

die Baustoffproduktion zu verwenden,<br />

vereint Vorteile im Pflanzenanbau,<br />

im Herstellungsprozess sowie bei den Platteneigenschaften.<br />

Bereits vor einigen Jahren<br />

haben das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP<br />

und das Unternehmen typha technik unter Leitung<br />

von Dipl.-Ing. Werner Theuerkorn eine Bauplatte aus<br />

Rohrkolben entwickelt. »Das mit Magnesit gebundene<br />

Typhaboard bietet bei einer niedrigen Wärmeleitfähigkeit<br />

gute Festigkeit und Biegesteifigkeit. Es wird<br />

beispielsweise bei der Fachwerksanierung bereits erfolgreich<br />

eingesetzt«, berichtet Professor Martin Krus<br />

Das Endprodukt, das von Saint-<br />

Gobain Isover vermarktet<br />

werden soll, ist<br />

ein Dämmstoff mit hervor -<br />

ragenden Umweltaspekten<br />

Die Blätter der weltweit verbreiteten<br />

Rohrkolben sind nicht nur essbar – sie<br />

eignen sich auch hervorragend als<br />

natürliches Dämmmaterial<br />

vom Fraunhofer IBP in Holzkirchen. »Ausgehend von<br />

diesen Erfahrungen arbeiten wir jetzt an einem vergleichbaren<br />

Produkt für die Aufdachdämmung. Für<br />

diese Anwendung müssen die Rohdichte gesenkt und<br />

die Dämmwirkung weiter erhöht werden.« Mit an<br />

Bord bei dem gerade gestarteten Forschungsprojekt<br />

ist der in der Dämmstoffproduktion erfahrene Industriepartner<br />

Saint-Gobain Isover, der im Anschluss die<br />

Markteinführung plant.<br />

Entscheidende Vorteile<br />

Fotos: Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Fraunhofer IBP, pixabay, Press'n'Relations<br />

Die Typhaplatte punktet neben ihrer Dämmwirkung<br />

und Druckfestigkeit mit einem guten sommerlichen<br />

Wärmeschutz und Schallschutz. Sie ist verhältnismäßig<br />

diffusionsoffen und kapillaraktiv. In ihrem<br />

Brandschutzverhalten ist sie einer Holzfaserplatte<br />

deutlich überlegen: Ähnlich wie das magnesitgebundene<br />

Typhaboard wird sie, wenn auch in etwas geringerem<br />

Maße, aufgrund ihrer Bestandteile Typha und<br />

Magnesit einen hohen Feuerwiderstand aufweisen<br />

und im Gegensatz zur Holzfaserplatte nicht glimmen.<br />

Einen weiteren großen Pluspunkt bietet die Möglichkeit,<br />

sie am Ende ihrer Lebensdauer problemlos in den<br />

Stoffkreislauf zurückführen, also kompostieren zu<br />

können (cradle-to-cradle Prinzip).<br />

Nachwachsender Rohstoff<br />

Die unempfindliche Sumpfpflanze Typha wächst<br />

in natürlichen Reinbeständen und ist weltweit verbreitet.<br />

Ihre Blätter weisen ein faserverstärktes Stützgewebe<br />

auf, ausgefüllt mit weichem, offenzelligem Schwammgewebe.<br />

Durch die Herstellung aus Blattpartikeln werden<br />

diese positiven Eigenschaften der Pflanze in das<br />

Produkt überführt und verleihen diesem seine Stabilität<br />

und gute Dämmwirkung. Der hohe Gehalt von<br />

Polyphenolen in der Typhapflanze macht sie außerdem<br />

resistent gegen Pilz- und Insektenbefall. Der für<br />

die Herstellung der Typhaboards verwendete ►<br />

13


Bauen<br />

schmalblättrige Rohrkolben (Typha angustifolia) bildet<br />

äußerst dichte, bis drei Meter hohe Bestände. Pro Hektar<br />

ergibt das 15 bis 20 Tonnen Trockenrohstoff – vierbis<br />

fünfmal so viel, wie hiesige Nadelwälder liefern.<br />

Daraus ließen sich jährlich circa 150 bis 250 Kubikmeter<br />

des neuen Baustoffes herstellen.<br />

Noch ein weiter Weg<br />

Ein von 1998 bis 2001 lau -<br />

fendes Projekt zeigte, dass<br />

sich innerhalb eines halben<br />

Jahres ein nahezu geschlossener<br />

Rohrkolbenbestand<br />

entwickeln kann<br />

Im Rahmen des Projektes<br />

»Rohrkolbenanbau in<br />

Nieder mooren«, das von der<br />

Deutschen Bundesstiftung<br />

Umwelt gefördert wurde, erfolgte<br />

die Ernte mit feucht -<br />

gebietstauglichen Spezial -<br />

fahrzeugen. Die Ernte bei<br />

gefrorenem Boden ist dabei<br />

für Pflanzen und Boden<br />

besonders schonend<br />

Die Typhablätter weisen<br />

ein faserverstärktes<br />

Stütz gewebe auf, das mit<br />

weichem, offenzelligem<br />

Schwammgewebe<br />

ausgefüllt ist<br />

Neben den bereits aufgezählten Pluspunkten weisen<br />

Aufdachdämmsysteme aus Typha noch einen wesentlichen<br />

Vorteil gegenüber den gängigen Holzfaserdämmplatten<br />

auf: Während die Herstellung des klassischen<br />

Produktes viel Energie für das Trocknen beziehungsweise<br />

Härten benötigt, können die magnesitgebundenen<br />

Typhaplatten nach dem Abbindevorgang<br />

einfach an der Luft trocknen. Zusätzlich lassen sie sich<br />

mit den gängigen Werkzeugen herstellen und verarbeiten.<br />

Dazu kommt: Rohrkolben und Produkte aus<br />

dem Naturstoff sind frei von Siliziumoxid und können<br />

so im Gegensatz zu anderen nachwachsenden Rohstoffen<br />

leichter geschnitten werden. All diese Punkte<br />

sprechen klar für eine Aufsparrendämmung aus Rohrkolben<br />

– bis es allerdings soweit ist und das Endprodukt<br />

in Serienfertigung gehen kann, muss das Forscherteam<br />

noch ein paar Hürden nehmen.<br />

Als nächster Schritt sollen kleine, mineralisch gebundene<br />

Typhaplatten hergestellt und unter Freilandbedingungen<br />

getestet werden. Und auch in der Praxis<br />

muss sich das Produkt erst noch bewähren.<br />

Rohrkolbenanbau ist möglich<br />

Und eine weitere wichtige Frage muss noch geklärt<br />

werden: Woher soll der benötigte Rohstoff kommen?<br />

Dipl.-Ing. Werner Theuerkorn bezog seine<br />

Rohrkolben aus dem rumänischen Donaudelta. Doch<br />

das ist prinzipiell gar nicht nötig. Ein von der Deutschen<br />

Bundesstiftung Umwelt gefördertes Projekt mit<br />

dem Titel »Rohrkolbenanbau in Niedermooren« zeigte<br />

in den Versuchsjahren von 1998 bis 2001, dass sich<br />

Typha auf geeigneten Flächen auch in Deutschland gut<br />

anbauen lässt.<br />

Damals hatten Wissenschaftler der TU München<br />

auf einer acht Hektar großen Fläche per Hand 110.000<br />

Typha-Pflanzen eingesetzt. Innerhalb eines halben<br />

Jahres entwickelte sich ein nahezu geschlossener<br />

Rohrkolbenbestand auf der Versuchsfläche im Donaumoos<br />

bei Ingolstadt. Und bei der notwendigen Überflutung<br />

stellte sich zudem heraus, dass Rohrkolben als<br />

Pflanzenkläranlage verschmutze Gewässer reinigen.<br />

Doch trotz des Ergebnisses, dass Typha Niedermoore<br />

renaturieren kann, findet bis heute kein kommerzieller<br />

Anbau der Pflanze statt. So müssen für die Produktion<br />

weiterhin die natürlichen Vorkommen aus dem Donaudelta<br />

in Rumänien importiert werden. Allein aus<br />

Umweltschutzgründen ist es deshalb wünschenswert,<br />

dass in naher Zukunft – spätestens bei der Serienfertigung<br />

– der Rohrkolben in der Nähe des Fertigungsstandortes<br />

angebaut wird.<br />

BINE Informationsdienst, Dorothee Gintars/(cs)<br />

Typha –<br />

ein Universalbaustoff<br />

Dank seiner vielen positiven Eigenschaften und der<br />

vollständigen Rückführbarkeit in den Stoffkreislauf<br />

sind die Einsatzmöglichkeiten des Rohrkolbens breit<br />

gefächert. So kann der Naturbaustoff mit seiner<br />

hohen Biegesteifigkeit bei gleichzeitig geringem<br />

Gewicht für Dachkonstruktionen oder als Leichtbau-<br />

Sandwichelement für Fußböden und Zwischendecken<br />

verwendet werden. Auch Türblätter, Fenster- und<br />

Türstürze lassen sich mit Typha gestalten, ebenso ist<br />

der Ersatz von Holzbalken möglich.<br />

14


Neue Serie: Parade der Holzbau-Meister<br />

Präsentieren Sie<br />

Ihr Holzbauprojekt<br />

kostenlos und unverbindlich in allgäuALTERNATIV<br />

Das bringen Sie mit:<br />

Die Zeitschrift allgäuALTERNATIV berichtet regelmäßig über regionale Projekte<br />

zu Energie zukunft und Klimawandel. In der Herbst-/Winterausgabe ist<br />

eine neue Serie gestartet, in der wir unseren Lesern die interessantesten<br />

<strong>Allgäu</strong>er Holzbau-Projekte vorstellen. Dabei geht es der Redaktion um modernste<br />

Bautechnik, Energiespar- Innovationen und gute Innen- und Außengestaltung,<br />

passend für unsere Region.<br />

Die Redaktion stellt praktische Beispiele vor, die in letzter Zeit errichtet wurden.<br />

Die Serie soll unseren Lesern helfen, den richtigen Bau-Partner für ihr<br />

Projekt zu finden. Wir legen dabei großen Wert auf Niedrig-Energiestandards<br />

und pfiffige, sowie günstige Lösungen für die Bauherrn.<br />

Ihre Firma hat in letzter Zeit ein solches<br />

Bauprojekt durchgeführt?<br />

Der Bauherr hat nichts dagegen, dass sein Haus in<br />

unserer Zeitschrift vorgestellt wird? Das Projekt wurde<br />

von Ihnen dokumentiert?<br />

Rufen Sie die Redaktion von allgäuALTERNATIV an:<br />

+49 (0)83 79 / 72 80 16 oder senden Sie eine Mail an<br />

info@heimat-allgaeu.info


Mobilität<br />

Neue Art der Fortbewegung<br />

Ein Fahrradbus für Sonthofen<br />

Erst vor drei Jahren erfunden, sind sie noch weitesgehend unbekannt,<br />

doch dies dürfte sich in Zukunft ändern: Seit ein paar Monaten verfügt<br />

Sonthofen als erste Stadt im <strong>Allgäu</strong> über einen Fahrradbus. Mit diesem<br />

neu entwickelten, muskelbetriebenen Fahrzeug können bis zu vier<br />

Personen gleichzeitig in die Pedale treten.<br />

Ende Oktober war es soweit: Nach einer mehrwöchigen<br />

Radtour durch Süddeutschland<br />

übergaben zehn Lehrer und Schüler der freien<br />

Schule Elztal aus Waldkirch in Baden-Württemberg<br />

am Biberhof in Sonthofen den Fahrradbus an das Naturerlebniszentrum<br />

(NEZ) des Bundes Naturschutz.<br />

Wie es der Zufall so wollte<br />

Die Schüler legten mit dem Gefährt nicht nur<br />

mehrere Hundert Kilometer bis zu seinem Bestimmungsort<br />

zurück, sondern sie bauten es auch im Rahmen<br />

eines Schulprojektes unter fachkundiger Leitung<br />

von Emil Allmenröder zusammen. Dieser besitzt<br />

selbst einen Fahrradbus und leitete außerdem im August<br />

des vergangenen Jahres die Einfach-Leben-Tour,<br />

die vom NEZ veranstaltet wurde. Darüber entstand<br />

der Kontakt zu Andreas Güthler, Leiter des NEZ, der<br />

den Fahrradbus-Bauer zu einem Wochenende ins <strong>Allgäu</strong><br />

einlud, um sich näher auszutauschen. Im Laufe<br />

der drei Tage erzählte Allmenröder von dem Schulprojekt<br />

und fragte bei seinem Gastgeber nach, ob er<br />

nicht eine Möglichkeit wisse, ein solches Projekt zu finanzieren<br />

oder zu fördern.<br />

Viele Hände, schnelles Ende<br />

Und da schoss Andreas Güthler eine Idee in den<br />

Kopf: »Radstadt Sonthofen – das könnte doch super<br />

passen.« Und so wurde der Plan gefasst, dass sich das<br />

NEZ finanziell am Bau des Fahrradbusses beteiligt<br />

und dafür nach Fertigstellung sowie absolvierter Rad-<br />

16


Mit dem Fahrradbus will<br />

das Naturerlebniszentrum<br />

des Bundes Naturschutz<br />

die Entwicklung der Stadt<br />

Sonthofen zur<br />

fahrradfreundlichen<br />

Kommune unterstützen<br />

Johannes Buhl (l.) und<br />

Andreas Güthler überlegen<br />

zusammen, wann und wo<br />

der Fahrradbus zum<br />

Einsatz kommt<br />

Fotos: Claudia Schöwe, NEZ <strong>Allgäu</strong><br />

tour das umweltfreundliche Fahrzeug erhält, um damit<br />

die Entwicklung Sonthofens zur fahrradfreundlichen<br />

Kommune zu unterstützen.<br />

Kurz darauf stellte Andreas Güthler einen Förderantrag<br />

beim Umweltministerium, der auch genehmigt<br />

wurden. So wurden die Materialkosten mit 70<br />

Prozent gefördert, und auch die Stadt Sonthofen übernahm<br />

einen Teil der Kosten, ebenso wie das NEZ.<br />

Dank dieser Unterstützung und der Mithilfe von Emil<br />

Allmenröder konnten die Schüler in sechs Wochen<br />

den Fahrradbus bauen, und dessen Technik kann sich<br />

sehen lassen.<br />

►<br />

Anzeige<br />

17


Mobilität<br />

Nach der Übergabe ließen es sich Andreas Güthler (2.v.l.)<br />

und Johannes Buhl (3.v.l.) nicht nehmen und fuhren mit dem<br />

Fahrradbus eine Runde<br />

Jeder der vier Fahrer hat an seinem Platz eine eigene Acht-<br />

Gang-Schaltung und kann so selber bestimmen, wie kräftig<br />

er in die Pedale treten will<br />

Die Schüler der freien Schule Elztal, die den Fahrradbus<br />

gebaut haben, brachten diesen auch persönlich zum<br />

Biberhof Sonthofen<br />

Rückspiegel und verstellbare Sitze – ist das noch ein<br />

Fahrrad? Ja, aber eines, mit dem lange Touren wesentlich<br />

komfortabler sind<br />

Technik, die begeistert<br />

Das umweltfreundliche Fahrzeug besteht aus<br />

zwei auch einzeln nutzbaren Modulen, die wiederum<br />

aus zwei nebeneinander montierten Liegerädern bestehen.<br />

Die Steuerung übernimmt derjenige, der vorne<br />

rechts sitzt. In die Pedale treten müssen aber alle. Damit<br />

dies optimal gelingt, können die einzelnen Sitze<br />

vor- und zurückgestellt werden.<br />

Außerdem verfügt jeder der vier Fahrradbusfahrer<br />

über eine eigene Gangschaltung mit acht Gängen.<br />

»So kann jeder treten, wie es für ihn passt«, erklärt<br />

Andreas Güthler.<br />

Und er spricht aus Erfahrung: Zusammen mit Johannes<br />

Buhl, Leiter des Nachhaltigkeitsbüros der Stadt<br />

Sonthofen und damit verantwortlich für das Projekt<br />

»Radstadt Sonthofen«, unternahm er nach Ankunft<br />

des Fahrradbusses am Biberhof eine Probefahrt. Danach<br />

zeigten sich beide begeistert von dem neuartigen<br />

Gruppenerlebnis sanfter Mobilität.<br />

Werbung der etwas anderen Art<br />

Bis auf diese Ausfahrt kam der Fahrradbus bisher<br />

leider noch nicht zum Einsatz, doch das wird sich bald<br />

ändern. Allerdings, und das ist Johannes Buhl und<br />

Andreas Güthler wichtig, wird das Gefährt für Privatleute<br />

nicht frei zugänglich sein.<br />

Angedacht ist, dass das Fahrzeug zu bestimmten<br />

Anlässen genutzt wird. »Es soll ein Werbe- und Sympathieträger<br />

auf bio-regionalen Märkten sein«, sagt<br />

der Leiter des NEZ. So etwa beim Bio-Regional-Fairen<br />

Markt in Sonthofen, der am 15. April stattfindet. Im<br />

vergangenen Jahr gab es im Rahmen der Veranstaltung<br />

einen Rikscha-Service, der die Menschen von der<br />

Fußgängerzone zur Markthalle brachte. Diesen soll es<br />

auch heuer wieder geben, mit tatkräftiger Unterstützung<br />

durch den Fahrradbus. Und wenn Sonthofen am<br />

5. Mai mit dem »Bikeday <strong>2018</strong>« in die neue Radsaison<br />

startet, wird der Viersitzer vor Ort sein und Bewusstsein<br />

für sanfte Mobilität schaffen.<br />

(cs)<br />

18


Klimaschutz<br />

Engagierter Rückkehrer<br />

Der Leiter des Nachhaltigkeitsbüros Sonthofen<br />

Alpen-Stadt, Fair Trade Stadt, Energie- und Klimaschutzkommune –<br />

Sonthofen hat in den letzten Jahren viel erreicht und will mit<br />

anhaltendem Engagement weiterhin mit gutem Beispiel vorangehen.<br />

Verantwortlich dafür ist Johannes Buhl: Er arbeitet aktiv an der<br />

Nachhaltigkeit der Stadt.<br />

Im letzten Frühjahr kehrte der gebürtige Sonthofer<br />

in seine Heimat zurück, um die Stelle als Leiter des<br />

Nachhaltigkeitsbüros der Stadt zu übernehmen.<br />

Schon länger hegte er den Wunsch, wieder ins <strong>Allgäu</strong><br />

zu ziehen, und als er von der Stellenausschreibung<br />

hörte, war die Entscheidung, sich darauf zu bewerben,<br />

schnell gefallen, und so trat er am 2. Mai des letzten<br />

Jahres seine neue Arbeit an.<br />

Mit im Gepäck hatte er nicht nur die Motivation,<br />

etwas zu bewegen, sondern auch Erfahrung im<br />

Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Denn zuvor<br />

war er seit Ende 2011 am Wuppertaler Institut<br />

für Klima, Umwelt, Energie und arbeitete dort in der<br />

Forschungsgruppe »Nachhaltiges produzieren und<br />

konsumieren«. Zudem war er an dem Projekt »InnovationCity<br />

Ruhr« beteiligt, bei dem anhand der Modellstadt<br />

Bottrop demonstriert werden soll, wie ein<br />

klimagerechter Stadtumbau unter Berücksichtigung<br />

der Sicherung des Industriestandortes aussehen<br />

kann.<br />

Sonthofen will mehr Radler<br />

Nun kümmert er sich vorrangig um zwei große<br />

Themenschwerpunkte: Mobilität sowie Bauen und<br />

Wohnen. In den ersten Bereich fallen etwa Projekte<br />

wie die Umrüstung des Fuhrparks der Stadt auf Elektro-<br />

und Hybridfahrzeuge oder auch die Errichtung<br />

und Erneuerung von Ladesäulen. Ein weiteres großes<br />

Vorhaben trägt den Titel »Radstadt Sonthofen.« Mit<br />

diesem soll die Stadt fahrradfreundlicher gestaltet<br />

werden, damit mehr Menschen lieber in die Pedale<br />

statt aufs Gas treten. Ziel ist, den Radverkehr um fünf<br />

Prozent zu erhöhen, wie Johannes Buhl sagt.<br />

Zudem trat die Stadt auch der Arbeitsgemeinschaft<br />

fahrradfreundlicher Kommunen bei, die eine<br />

Schnittstelle zwischen Landespolitik und der Radverkehrsförderung<br />

auf kommunaler Ebene ist. Um dort<br />

Vollmitglied zu werden, müssen einige Aufgaben erfüllt<br />

werden, was Sonthofen bis nächstes Jahr schaffen<br />

möchte. Dazu gehört die Ausarbeitung eines Radverkehrskonzeptes<br />

und im Zuge dessen die Ausgestaltung<br />

und Neuanlegung von Radwegen, aber auch das<br />

Aufstellen von überdachten Radabstellanlagen mit<br />

Ladestationen für E-Bikes an geeigneten Standorten<br />

wie etwa am Spitalplatz in der Fußgängerzone. Zudem<br />

möchte Sonthofen den Radverkehr fördern, indem<br />

es den Kauf von Lastenrädern bezuschusst. Dieses<br />

Angebot gibt es noch nicht lange, doch schon jetzt<br />

hat Johannes Buhl einige Förderanträge auf seinem<br />

Schreibtisch. Dazu organisiert Sonthofen auch mehrere<br />

Veranstaltungen und Kampagnen wie etwa das<br />

Stadtradeln, um das Bewusstsein für die sanfte Mobilität<br />

zu stärken, so der Leiter des Nachhaltigkeitsbüros.<br />

Ein Jahrhundertprojekt<br />

Und auch in seinem zweiten Tätigkeitsfeld – dem<br />

Bereich Bauen und Wohnen – kümmert sich der gebürtige<br />

Sonthofer um zahlreiche Projekte. So sollen<br />

beispielsweise die Straßenbeleuchtung und die kommunalen<br />

Liegenschaften auf LED umgerüstet werden.<br />

Darüber hinaus ist er in der Bauverwaltung der Ansprechpartner,<br />

wenn es um Energieeffizienz in der<br />

Bauleitplanung liegt.<br />

Und in absehbarer Zeit steht der Stadt und Johannes<br />

Buhl ein weiteres großes Projekt bevor – die<br />

Konversion der militärischen Anlagen Sonthofens.<br />

Mitten in der Stadt umfassen diese eine Fläche von 34<br />

Hektar, die es zu entwickeln gilt. Auch dabei soll die<br />

Nachhaltigkeit eine Rolle spielen, doch wie genau das<br />

einmal aussieht, steht noch offen. Dass dieses Projekt<br />

aber viel Zeit und Arbeit erfordern wird, ist dem Leiter<br />

des Nachhaltigkeitsbüros schon jetzt bewusst. Er<br />

selber spricht von einem Jahrhundertprojekt, das das<br />

Bild der Stadt prägen wird. Genau wie die Arbeit von<br />

Johannes Buhl.<br />

(cs)<br />

Foto: Claudia Schöwe<br />

Johannes Buhl will in seiner<br />

Tätigkeit die Nachhaltigkeit<br />

der Stadt vorantreiben<br />

19


E-Mobil<br />

Plug-in-Hybridfahrzeuge<br />

Sie sind besser als ihr Ruf<br />

Neben derzeit etwa 50.000 rein elektrischen Personenkraftwagen sind auch etwa<br />

40.000 Plug-in-Hybridfahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs. Diese werden<br />

von Umweltverbänden und politischen Entscheidern oft kritisch gesehen, da sie<br />

keine »echten« Elektroautos sind und eine schlechtere Umweltbilanz haben sollen.<br />

Mit diesem Irrtum räumt eine Studie nun auf.<br />

Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts<br />

für System- und Innovationsforschung<br />

ISI und des Karlsruher Instituts für Technologie<br />

(KIT) haben die Fahrleistung von 49.000 Batteriefahrzeugen<br />

und 73.000 Plug-In-Hybridfahrzeugen<br />

in Deutschland und in den USA verglichen. Die Daten<br />

dafür stammen aus Flottentests und von Autoherstellern<br />

sowie von Webseiten, die der Verwaltung und<br />

Überwachung des eigenen Fahrzeugs dienen.<br />

Die Datenauswertung zeigt: Plug-in-Hybridfahrzeuge<br />

mit einer realen elektrischen Reichweite von<br />

etwa 60 Kilometern fahren genauso viel elektrisch wie<br />

reine Batteriefahrzeuge, nämlich bis zu 15.000 Kilometer<br />

pro Jahr. Deshalb ist ihr Kohlendioxid-Reduktionspotenzial<br />

ebenso groß wie das von Elektroautos<br />

mit reinem Batterieantrieb. Somit sind Plug-in-Hybride<br />

eine gute Ergänzung zu reinen Batteriefahrzeugen,<br />

um die Treibhausgase zu reduzieren. Dies gilt vor allem<br />

dann, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energien<br />

geladen werden.<br />

Zu Unrecht kritisiert<br />

»Bezieht man noch ein, dass bei der Produktion<br />

der deutlich kleineren Batterien von Plug-in-Hybridfahrzeugen<br />

weniger Kohlendioxid freigesetzt wird als<br />

20


Bisher gab es keinen<br />

systematischen empiri -<br />

schen Vergleich der ele k -<br />

trischen Fahrleistung von<br />

Batterie- und Hybrid fahr -<br />

zeugen – diese<br />

Forschungs lücke wurde<br />

nun geschlossen<br />

Fotos: Mitsubishi<br />

Info<br />

Die aktuelle Studie wurde<br />

im Rahmen des Leistungs -<br />

zentrums »Profilregion<br />

Mobilitätssysteme Karls -<br />

ruhe« erstellt. Die Ergeb -<br />

nisse wurden als Open-<br />

Access-Artikel »CO2<br />

Mitigation Potential of Plugin<br />

Hybrid Electric Vehicles<br />

larger than expected« in<br />

der Zeit schrift »Nature<br />

Scientific Reports«<br />

veröffentlicht:<br />

www.nature.com/srep<br />

bei der Produktion der größeren Batterien für Elektrofahrzeuge,<br />

haben sie sogar eine bessere Kohlendioxid-<br />

Bilanz«, unterstreicht Patrick Jochem vom Institut für<br />

Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion des<br />

KIT. »Zudem können Hybride zur Vertrauensbildung<br />

und Verbreitung der Elektromobilität beitragen, da sie<br />

anders als reine Batteriefahrzeuge prinzipiell die gleiche<br />

Reichweite wie ein Verbrennungsauto haben.«<br />

Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI merkt zudem<br />

an, dass die Plug-in-Fahrzeuge aufgrund fehlender<br />

empirischer Daten in der Vergangenheit oft zu kritisch<br />

gesehen wurden. »Wichtig ist aber, dass die Batterie<br />

mit einer realen elektrischen Reichweite von mehr als<br />

50 Kilometern groß genug ausgelegt ist und zusätzlich<br />

die Dekarbonisierung des Stromsystems weiter vorangetrieben<br />

wird«, ergänzt er.<br />

Jedoch ergab die Studie auch, dass die abnehmenden<br />

Kohlendioxid-Emissionen während der Batterieproduktion<br />

und die zunehmende Verbreitung von<br />

Schnellladesäulen diesen Vorteil in den kommenden<br />

Jahren immer mehr in Richtung der reinen Elektrofahrzeuge<br />

verschieben werden.<br />

Laut der Studie fahren<br />

Plug-in-Hybride mit einer<br />

realen elektrischen<br />

Reichweite von etwa 60<br />

Kilometern genauso viel<br />

elektrisch wie reine<br />

Elektrofahrzeuge und<br />

haben damit ein genauso<br />

großes Kohlendioxid-<br />

Reduktionspotenzial<br />

Anzeige<br />

21


E-Mobil<br />

(V.l.): Andreas Repper (ehemaliger Klimaschutzmanager), drei Mitarbeiter des Bauhofes, Arnold Biberger (Vertriebsmanager der Deutschen Post),<br />

Hans-Erich Endler (Angestellter bei der Paul Nutzfahrzeuge GmbH) und Johannes Buhl (aktueller Klimaschutzmanager) bei der Übergabe des StreetScooters<br />

StreetScooter für Sonthofen<br />

Bauhof begrüßt elektrischen Kollegen<br />

Kurz vor Weihnachten war Bescherung in dem städtischen Betrieb:<br />

Am 21. Dezember wurde der erste »zivile« StreetScooter<br />

für den Bauhof in Sonthofen vorgestellt, mit dem die städtische<br />

Abfall beseitigung emissions- und nahezu geräuschlos erfolgt.<br />

Die Freude bei allen Beteiligten war groß, als<br />

nach langer Vorbereitung und Wartezeit<br />

Ende Dezember der klimafreundliche Alleskönner<br />

präsentiert wurde. Für dieses Ereignis fanden<br />

sich nicht nur die Bauhofmitarbeiter rund um Fachbereichsleiter<br />

Winfried Geisteier ein, die ihren neuen<br />

elektrischen Kollegen begrüßten. Auch Johannes Buhl,<br />

Klimaschutzmanager der Kommune, und der ehemalige<br />

Klimaschutzmanager Andreas Repper, der die Anschaffung<br />

des StreetScooter von Beginn an begleitete,<br />

ließen es sich nicht nehmen, sich das E-Auto genau erklären<br />

zu lassen.<br />

Perfekt gerüstet für den Einsatz<br />

Das übernahm Hans-Erich Endler von der Firma<br />

Paul Nutzfahrzeuge GmbH in Vilshofen, Vertriebspartner<br />

der Deutschen Post in Sachen StreetScooter.<br />

Unterstützt wurde er dabei von Arnold Biberger, Vertriebsmanager<br />

der Deutschen Post.<br />

Zusammen machten sie auf die Besonderheiten<br />

des elektrischen Nutzfahrzeuges aufmerksam, das immerhin<br />

48 Kilowatt – das entspricht etwa 65 PS – leis -<br />

tet. Das E-Mobil wurde für den Bauhof so konzipiert,<br />

dass es für seine kommende Aufgabe, die städtische<br />

Abfallbeseitigung, perfekt geeignet ist.<br />

Als Basis wurde der Typ Work Pure des Street -<br />

scooters gewählt, auf den ein kippbarer Aufbau<br />

montiert wurde. Das Besondere an speziell diesem<br />

Fahrzeug ist, dass hinter der Fahrerkabine eine große<br />

Kiste aus Metall angebracht wurde, in der ohne Probleme<br />

ein Besen sowie andere Gerätschaften und<br />

Arbeitsmaterialien verstaut werden können, so Hans-<br />

Erich Endler.<br />

Gut zur Umwelt und zum Geldbeutel<br />

Gleichzeitig verwies er auf einen weiteren Vorteil<br />

des StreetScooters: Es entstehen so gut wie keine Servicekosten<br />

im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen<br />

mit Verbrennungsmotor.<br />

Er rät lediglich zu einem kurzen Besuch in einer<br />

Werkstatt einmal jährlich, um das Elektrofahrzeug<br />

durchprüfen zu lassen, und zu einem Wechsel der<br />

Bremsflüssigkeit alle vier Jahre. So können der Bauhof<br />

und die Kommune bares Geld sparen.<br />

22


Fotos: Claudia Schöwe<br />

Dies taten sie bereits bei der Anschaffung des<br />

elektrischen Fahrzeuges, wie Andreas Repper erklärt.<br />

Gefördert wurde der Kauf des StreetScooters über die<br />

nationale Klimaschutzinitiative. Der Förderanteil lag<br />

laut dem ehemaligen Klimaschutzmanager bei 50 Prozent<br />

– so konnte das Auto für etwa 26.000 Euro erworben<br />

werden und war damit ungefähr gleich teuer wie<br />

ein vergleichbares »normales« Auto.<br />

Nun muss sich der orangefarbene Stromer nur<br />

noch bewähren und zeigen, dass er auch bei seinen<br />

täglichen Aufgaben konventionellen Fahrzeugen in<br />

nichts nachsteht. Aber auch dies sollte der StreetScooter<br />

meistern, hat er doch laut Andreas Repper eine realistische<br />

Reichweite von 80 bis 100 Kilometern. Damit<br />

kann er ohne Probleme seine geplanten Einsätze im<br />

Nahbereich absolvieren.<br />

(cs)<br />

Im Fahrerraum haben<br />

bequem zwei Leute Platz,<br />

und in der Kiste hin ter der<br />

Kabine können Gerät -<br />

schaften und Arbeits -<br />

materialien verstaut<br />

werden<br />

Bewährungsprobe<br />

bestanden<br />

Die Deutsche Post DHL Group hatte bereits Ende November<br />

ihr Jahresziel 2017 erreicht: Zu dem Zeitpunkt waren<br />

bundesweit 5000 StreetScooter in der Brief- und<br />

Paketzustellung im Einsatz. Die Bilanz nach 13,5 Millionen<br />

gefahrenen Kilometern: Die Elektrofahrzeuge, die über<br />

300 Brems- und Anfahrvorgänge täglich an über 300<br />

Tagen im Jahr bewältigen müssen, bewähren sich im<br />

harten Post-Alltag. Mehr noch: Sie verursachen 60 bis<br />

80 Prozent weniger Kosten für Wartung und Verschleiß<br />

gegenüber vergleichbaren konventionellen Fahrzeugen.<br />

Zudem sparen die rund 3700 StreetScooter vom Typ<br />

WORK und die etwa 1300 WORK L jährlich mehr als<br />

16.000 Tonnen CO 2 ein und leisten somit einen wichtigen<br />

Beitrag zum Klima- und auch Lärmschutz.


E-Mobil<br />

Mobilität der Zukunft<br />

Eine Gefahr für unsere Märkte<br />

Der klassische<br />

Wochenmarkt und die<br />

Händler leben von der<br />

Mobilität. Genau diese<br />

könnte ihnen nun zum<br />

Verhängnis werden<br />

Die kleinen und großen Wochenmärkte in unserer ländlichen Region tragen<br />

wesentlich zur Versorgung der Bevölkerung bei. Gerade für ältere oder immobile<br />

Menschen ist der Markt eine Einkaufsalternative. Doch die sieht sich einer großen<br />

Bedrohung ausgesetzt, wie die Deutsche Marktgilde eG kürzlich in ihrer Hauszeitung<br />

»Der Wochenmarkt« deutlich gemacht hat.<br />

Das Angebot auf den Märkten<br />

im <strong>Allgäu</strong> ist groß und regional.<br />

Doch wie lange wird es noch so<br />

sein?<br />

24<br />

Mobilität als wesentlicher Bestandteil unseres<br />

Alltags war und ist Treiber für die<br />

wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung.<br />

Doch der Verkehrszuwachs der letzten Jahrzehnte<br />

verursacht zunehmend ökonomische und<br />

ökologische Folgen: Staus auf den Straßen, volle Züge,<br />

verspätete Lieferungen, Grenzwerte übersteigende<br />

Emissionsbelastungen in den Städten. Umweltplaketten<br />

oder Fahrverbote, die die Fahrt in die eine oder<br />

andere Innenstadt untersagen, und drohende Dieselfahrverbote<br />

sind die ersten Konsequenzen. Zudem<br />

fordern Politiker vor dem Hintergrund verkehrsbedingter<br />

Umweltschäden und selbstgesetzter Klimaschutzziele<br />

eine Mobilitätswende. Sie soll insbesondere<br />

der massiven Luftverschmutzung entgegenwirken und<br />

unsere Gesundheit schonen.<br />

Weitere Anliegen wie zum Beispiel weniger<br />

Lärm, Straßen mit mehr Aufenthaltsqualität und geringere<br />

Unfallrisiken zielen auf mehr Lebensqualität.<br />

Dafür sollen Verkehr und Mobilität auf nachhaltige<br />

Energieträger, sanfte Mobilitätsnutzung und eine Vernetzung<br />

verschiedener Formen des Individual-, des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs und des Güterverkehrs<br />

umgestellt werden.<br />

Neue Herausforderungen<br />

Dieser anstehende Wandel rückt das seit jeher<br />

wichtige Thema Mobilität für den gesamten Einzelhandel<br />

noch mehr in den Fokus. Der Onlinehandel<br />

wächst rasant und hängt mit seiner Logistikkette stark<br />

von Einschränkungen der Mobilität ab. Er experimentiert<br />

nicht umsonst mit neuen Transportmitteln wie<br />

Drohnen zur Paketzustellung. Die umfassenden Erfahrungen<br />

mit der Organisation von Mobilität nutzt<br />

ein Unternehmen wie Amazon ja inzwischen in Ballungsgebieten<br />

auch schon im Lebensmittelbereich. Da<br />

müssen sich selbst die Supermärkte – gerade 60 Jahre<br />

alt geworden – »neu erfinden«, zum Beispiel mit dem<br />

Ausbau ergänzender Dienstleistungen wie Lieferservice<br />

für frische Lebensmittel. Und auch der Paketzusteller<br />

DPD hat mittlerweile das Geschäft mit der Lieferung<br />

frischer Lebensmittel gestartet. Sein Angebot<br />

soll sich bewusst nicht nur auf Ballungsräume konzen-


Viele Lieferfahrzeuge der Marktständler werden mit Diesel<br />

betrieben. Das könnte angesichts des drohenden Dieselfahrverbotes<br />

ein echtes Problem werden<br />

Seit einiger Zeit bietet die Post ihren »Streetscooter« auch<br />

in Weißlackierung zum offenen Ver kauf an. Dies könnte eine<br />

Alter native zu den diese l betrie benen Lieferfahrzeugen sein<br />

Fotos: Archiv, Deutsche Post DHL Group, Thomas Niehörster<br />

trieren, sondern setzt auf eine »flächendeckende Versorgung<br />

von Empfängern in ganz Deutschland«.<br />

Markthandel braucht Mobilität<br />

Auch jeder Wochenmarkt wird durch einen solchen<br />

»Kulturwandel« mehr oder weniger stark betroffen<br />

sein – bis hin zum »Todesstoß« aufgrund fehlender<br />

Händler und Kunden. Denn der Wochenmarkt<br />

lebt als ein Teilbereich des mobilen Handels gerade<br />

von der Mobilität all seiner Teilnehmer.<br />

So müssen die Markthändler beweglich sein,<br />

denn sie haben ihre Lager- und Geschäftsräume in<br />

preiswerten Außenbereichen und beschicken von dort<br />

aus in der Regel mehrere Marktplätze pro Woche in<br />

verschiedenen Städten oder Stadtteilen im Umkreis.<br />

Im Gegensatz zum stationären Handel müssen sie<br />

nicht nur ihre Waren zum »Point of Sale« transportieren,<br />

sondern auch ihre gesamte Verkaufseinrichtung<br />

– und zwar täglich. Damit waren in der Vergangenheit<br />

wichtige Vorteile verbunden.<br />

Der Werbeslogan des Marktführers für Verkaufsfahrzeuge<br />

bringt den wichtigsten davon auf den Punkt:<br />

»Fahren Sie den schlechten Standorten davon.« Soll<br />

dieser Vorteil erhalten bleiben, dann muss die Mobilität<br />

der Markthändler effizienter und umweltfreundlicher<br />

gestaltet werden. In vielen Bereichen verbergen sich<br />

hierfür noch große Verbesserungspotenziale, deren<br />

Ausschöpfung oftmals auch betriebswirtschaftlich<br />

sinnvoll ist. Sowohl von der Seite der Fahrzeughersteller<br />

als auch von der Seite der Händler sind aber erhebliche<br />

Investitionen zu erwarten, um zum Beispiel per<br />

E-Mobilität flexibel zu bleiben.<br />

Dieselverbot bedroht Existenz<br />

Dass diese unvermeidbar sind, wird vor allem im<br />

Hinblick auf das bereits erwähnte Dieselfahrverbot<br />

deutlich. Denn neben Privatnutzern und vielen Unternehmen<br />

wären insbesondere Markthändler von einem<br />

solchen Verbot betroffen. Für sie gehört die Mobilität<br />

in Städten zum Geschäftsmodell. Sie alle müssen täglich<br />

– meist ohne <strong>Alternativ</strong>e – in die Innenstädte pendeln.<br />

Es sollte deshalb nicht unterschätzt werden, welch gravierende<br />

Auswirkungen ein Fahrverbot für Dieselautos<br />

gerade für Markthändler, für die Veranstalter, für die<br />

Kommunen mit ihrer innerstädtischen Nahversorgung<br />

und letztlich für jeden einzelnen Einwohner und Verbraucher<br />

haben würde. Ein Dieselfahrverbot würde vielen<br />

die Existenzgrundlage entziehen.<br />

Im Gegensatz zu einer Privatperson, die – bei allem<br />

Ärger und einem mehr oder weniger großen Wertverlust<br />

des alten Diesels – relativ leicht »umsteigen«<br />

kann, dürfte das Markthändlern nicht leichtfallen. Gibt<br />

es überhaupt alternative Antriebe bei Verkaufsfahrzeugen,<br />

Sprintern, Lkws? Können vorhandene Fahrzeuge<br />

nachgerüstet werden? Wer bezahlt das, wenn nicht die<br />

millionenfache Lobby der SUV- und Oberklasse-Nutzer<br />

dahintersteht? Sind entsprechende Investitionen unter<br />

den gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen<br />

der Branche überhaupt finanzierbar?<br />

Wer zahlt die Zeche?<br />

Zumindest dem einen oder anderen Händler<br />

würde ein Fahrverbot tatsächlich den »Todesstoß« versetzen.<br />

Und jeder fehlende Markthändler kann auf den<br />

vielen ohnehin kränkelnden Wochenmärkten dazu<br />

führen, dass die Abwärtsspirale aus »weniger Händler<br />

= weniger Angebot = weniger Attraktivität = weniger<br />

Kundeninteresse = weniger Umsatz = weniger Händlerinteresse<br />

...« in Gang gesetzt oder beschleunigt wird.<br />

In der Diskussion um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge<br />

warnen viele Verbände (Handwerker, Speditionswesen,<br />

Taxigewerbe) – und auch der Bundesverband<br />

der Deutschen Schausteller und Marktkaufleute (BSM)<br />

inzwischen vehement vor den Folgen. Aber nicht nur<br />

ihnen drohen wirtschaftliche Einbußen, sondern auch<br />

den Verbrauchern stehen Mehrkosten ins Haus, denn<br />

sie müssen letztlich über höhere Verbrauchsgüterpreise<br />

für die Beseitigung der Schäden aufkommen, die der<br />

Automobilindustrie angelastet werden. Neben den gesundheitlichen<br />

Auswirkungen, die sie in der Vergangenheit<br />

zu tragen hatten, müssen sie in Zukunft womöglich<br />

auf Lebensqualität in dem Sinn verzichten,<br />

dass die beliebte Einkaufsalternative »Wochenmarkt«<br />

mit ihren zahlreichen Vorteilen verloren geht.<br />

In einer extremen Form wird sich ein solches Katastrophenszenario<br />

hoffentlich nicht einstellen. An ein<br />

totales und tatsächliches Innenstadtverbot für alle<br />

Dieselfahrzeuge glaubt (noch) keiner. Vorbeugend<br />

wird darüber nachgedacht, bestimmte Branchen von<br />

dem Verbot auszunehmen.<br />

Aber: Ob der Markthandel dazugehört?<br />

25


Mobilität<br />

Visionäre Zu(g)kunft<br />

Grüner Wasserstoff statt schwarzer Diesel<br />

Bahnfahren ist umweltfreundlich, zumindest dort, wo die Züge mit Strom<br />

betrieben werden können. Allerdings gibt es in Deutschland noch viele<br />

regionale Strecken, wo dies nicht möglich ist und weiterhin Dieseltriebwagen<br />

verkehren. Abhilfe könnten Züge mit Wasserstoffantrieben schaffen, wie<br />

es sich Landrätin Maria Rita Zinnecker für das Ostallgäu wünscht.<br />

In Niedersachsen fährt der Zug<br />

der Zukunft bereits im Probe -<br />

betrieb. In drei Jahren sollen insgesamt<br />

14 Züge mit Wasser -<br />

stoffantrieb in der nord deut -<br />

schen Provinz unterwegs sein<br />

26<br />

Ende Januar stellte Staatsminister Herrmann in<br />

einer Kabinettssitzung die »Bayerische Elektromobilitäts-Strategie<br />

Schiene zur Reduzierung<br />

des Dieselverkehrs im Bahnnetz in Bayern« vor. Eines<br />

der Pilotprojekte, das in den nächsten Jahren umgesetzt<br />

werden soll, ist ein Wasserstoffantrieb-Zug für die<br />

Strecke Augsburg-Füssen. Das nahm die Ostallgäuer<br />

Landrätin zum Anlass, einen Brief an den Innenminister<br />

zu schreiben, in dem sie seine Initiative für alternative<br />

Antriebsmöglichkeiten auf der »König-Ludwig-<br />

Bahn« begrüßt und darauf verweist, dass der Landkreis<br />

gerne ein solches Projekt unterstützen würde.<br />

Zillertal fährt in die Zukunft<br />

Nicht nur Maria Rita Zinnecker glaubt an das<br />

große Potenzial. Auch unser Nachbarland Österreich<br />

will diesen Schritt Richtung alternative Antriebstechnik<br />

wagen. Der Aufsichtsrat der Zillertalbahn beschloss<br />

kürzlich, dass die Schmalspurbahn bald mit<br />

Wasserstoff fahren soll – und zwar als erste Schmalspurbahn<br />

der Welt. Wenn alles nach Plan verläuft, soll<br />

der Regelbetrieb schon in vier Jahren aufgenommen<br />

werden. Bis dahin muss allerdings noch viel passieren,<br />

etwa der Test eines Prototyps und die Ausschreibung<br />

der Triebwagen. Und auch die Finanzierung ist noch<br />

nicht endgültig geklärt.<br />

Die Verantwortlichen aber wollen sich diesen<br />

Hürden stellen, denn ihnen ist bewusst, dass die momentane<br />

Situation nicht mehr tragbar ist. Derzeit verbraucht<br />

die Zillertalbahn 800.000 Liter Diese jährlich<br />

– das sind fast 30 Lkw-Tankzüge. Zusätzlich emittiert<br />

die Bahn jährlich über 2000 Tonnen Kohlenstoffdioxid.<br />

Was ebenfalls für Wasserstoffzüge im Zillertal<br />

spricht: Man kann eine regionale Ressource nutzen,<br />

denn knapp ein Drittel der in Tirol erzeugten Wasserkraft<br />

kommt aus dem Zillertal. Zudem besteht die<br />

Möglichkeit, den Wasserstoff vor Ort herzustellen.<br />

Fotos: Alstom/Michael Wittwe, Zillertaler Verkehrsbetriebe


Dazu muss allerdings erst eine Wasserstoff-Produktionsanlage<br />

gebaut werden. Es bleibt also abzuwarten,<br />

in wie naher Zukunft unsere Nachbarn mit Wasserstoff<br />

fahren. Wie es jedoch einmal sein könnte, zeigt<br />

ein Blick nach Niedersachsen.<br />

Im Norden was Neues<br />

Dort fährt seit Kurzem der erste Wasserstoffzug<br />

der Welt. Produziert wird der »Coradia iLint« vom<br />

Schienenfahrzeugbauer Alstom für die Landesnahverkehrsgesellschaft<br />

Niedersachsen (LNVG). Es ist geplant,<br />

dass insgesamt 14 Brennstoffzellen-Züge im Alstom-Werk<br />

in Salzgitter produziert werden, die ab Dezember<br />

2021 Reisende zwischen Cuxhaven, Bremerhaven,<br />

Bremervörde und Buxtehude befördern. Sie<br />

sollen die Dieseltriebwagen der Elbe-Weser-Verkehrsbetriebe<br />

ersetzen und den Schadstoff-Ausstoß im täglichen<br />

Betrieb auf null reduzieren.<br />

Die Wasserstoffversorgung der neuen Züge übernimmt<br />

der Technologiekonzern The Linde Group. Eigens<br />

dafür errichtet das Unternehmen in Bremervörde<br />

die weltweit erste Wasserstoff-Tankstelle für Züge und<br />

wird diese auch betreiben. Ist der Zug voll aufgetankt,<br />

kann er an die 1000 Kilometer zurücklegen, bei einer<br />

Höchstgeschwindigkeit von 140 Stundenkilometern.<br />

Nun ist abzuwarten, wie sich die mit Wasserstoff<br />

betriebenen Züge im Probebetrieb schlagen und ab<br />

wann bei uns die ersten emissionslosen Züge auf den<br />

Schienen unterwegs sein werden.<br />

(cs)<br />

Der »Coradia iLint« mutet<br />

auf den ersten Blick wie ein<br />

ganz normaler Regionalzug<br />

an, dabei ist sein Antrieb<br />

innovativ und zukunfts -<br />

weisend<br />

So könnte der weltweit<br />

erste Schmalspurbahn-<br />

Wasserstoffzug einmal<br />

aussehen<br />

27


Energie sparen<br />

Fotos: eza!, Karl Geller/Berufsschule Mindelheim<br />

Fast die Hälfte des<br />

Energieeinsatzes wird von<br />

Unternehmen verbraucht.<br />

Die Betriebe beim Thema<br />

Energiesparen zu unter -<br />

stützen, ist ein Ziel des<br />

Projektes Energiewende<br />

Unterallgäu Nordwest<br />

Unternehmen im Fokus<br />

Feldversuch »Unterallgäu«<br />

Ob Optimierung von Biogasanlagen, die Gründung von Energieteams in den<br />

Gemeinden, der Erfahrungsaustausch von Firmen in Energieeffizienz-Netzwerken,<br />

Kurzcheck-Kampagnen für Hausbesitzer oder der Bau von Nahwärmenetzen und<br />

Photovoltaikanlagen – im Nordwesten des Landkreises Unterallgäu tut sich viel.<br />

Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromund<br />

Wärmeverbrauch soll im nordwestlichen<br />

Teil des Landkreises Unterallgäu innerhalb<br />

von fünf Jahren auf über 60 Prozent klettern. Das ist<br />

Ziel des Projektes Energiewende Unterallgäu Nordwest<br />

des Landkreises Unterallgäu, des Energie- und<br />

Umweltzentrums <strong>Allgäu</strong> (eza!) und der Lechwerke<br />

AG. Gefördert wird der deutschlandweit einzigartige<br />

Feldversuch, der noch bis März 2019 läuft, aus dem<br />

Energie- und Klimafonds des Bundesministeriums für<br />

Ernährung und Landwirtschaft. Viele Maßnahmen<br />

wurden angestoßen oder bereits umgesetzt.<br />

Ein wichtiger Punkt war zunächst die flächendeckende<br />

Gründung von Energieteams in den Gemeinden<br />

des Projektgebietes. »Denn die Basis für eine<br />

erfolgreiche Projektarbeit ist eine enge Zusammenarbeit<br />

mit Kommunen, Kommunalpolitkern und engagierten<br />

Bürgern«, betont Sebastian Hartmann, bei eza!<br />

für das Projekt zuständig. Tatsächlich haben die Mitglieder<br />

der Energieteams bei ihren regelmäßigen Sitzungen<br />

bereits zahlreiche Maßnahmen und Projekte<br />

identifiziert und auf den Weg gebracht. Bestes Beispiel<br />

ist eine 30-kWp-Photovoltaikanlage in Winterrieden,<br />

die in diesem Jahr in Betrieb gehen soll und dann<br />

knapp 40 Prozent des Strombedarfs der Kläranlage<br />

decken wird. Auch in Lachen hat das dortige Energieteam<br />

den Bau einer Photovoltaikanlage angestoßen,<br />

und zwar auf dem Dach der Grundschule.<br />

Biogasanlagen sind nach Meinung vieler Experten<br />

von großer Bedeutung für das Gelingen der Energiewende.<br />

»Es handelt sich bei Biogas um eine steuerund<br />

speicherbare Energiequelle«, erklärt Hartmann.<br />

In Zusammenarbeit mit Renergie <strong>Allgäu</strong> e.V. werden<br />

für drei Betriebe unterschiedlicher Größenklassen<br />

Machbarkeitsstudien erstellt. Im Fokus stehen die Optimierung<br />

der Wärmenutzung und die Flexibilisierung<br />

der Anlagen sowie Maßnahmen zur Effizienzsteigerung.<br />

Interessierte Betreiber erhalten während der<br />

Projektlaufzeit begleitende Unterstützung. Ein schönes<br />

Beispiel dafür ist die Familie Harzenetter in Günz, die<br />

bereits im Sommer 2017 ihre Anlage so umgestellt hat,<br />

dass bedarfsgerecht Strom und Gas produziert wer-<br />

28


den. Im Rahmen des Modellprojektes wird die Betreiberfamilie<br />

dabei unterstützt, weitere Abnehmer für<br />

eine noch bessere Abwärmenutzung zu finden.<br />

Nachdem durch die Unternehmen in der Modellregion<br />

fast die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs<br />

verursacht wird, gilt es auch, hier anzusetzen.<br />

So wurde für interessierte Unternehmen ein Netzwerk<br />

gegründet. Vertreter der teilnehmenden Firmen treffen<br />

sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch und<br />

lernen beim Thema Energiesparen voneinander. Vorbildlich<br />

ist der Fabrikneubau der Alois-Müller-Gruppe<br />

in Ungerhausen. Eine PV-Anlage, ein Blockheizkraftwerk<br />

sowie ein Pufferspeicher in Kombination<br />

mit Wärmerückgewinnung und intelligent gesteuerten<br />

Maschinen machen die »Green Factory <strong>Allgäu</strong> 2.0« zu<br />

einem nahezu energieautarken Produktions- und Bürogebäude.<br />

Bereits ab April startet die Fertigung in den neuen<br />

Produktionsflächen, und bis spätestens Anfang<br />

2019 soll dann auch der Umzug der Verwaltung von<br />

Memmingen nach Ungerhausen erfolgen.<br />

Eine tragende Säule des Projektes ist die Energieberatung<br />

in privaten Haushalten. In der gesamten Modellregion<br />

werden Info-Kampagnen mit Vor-Ort-<br />

Kurz checks angeboten. Seit Projektbeginn haben die<br />

eza!-Experten bereits 323 Beratungen durchgeführt.<br />

Der eza!-Experte gibt zudem einen Überblick über die<br />

staatlichen Förderprogramme. Dadurch, so die Zielsetzung<br />

der Projektpartner, werden viele Hauseigentümer<br />

motiviert, wirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen<br />

durchzuführen und verstärkt erneuerbare<br />

Energien zu nutzen.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.energiewende-unterallgaeu.de/<br />

Landwirte werden bei der Optimierung der Wärme nutzung und der Flexibilisie rung<br />

ihrer Biogasanlagen beraten und unterstützt<br />

Pilotprojekt Berufsschule<br />

Wie optimiert man die Beleuchtung in einem Unternehmen?<br />

Auch das ist Inhalt des Energieeffizienzkurses an der Mindel -<br />

heimer Berufsschule<br />

Das Thema Energieeffizienz hat sich in den vergangenen<br />

Jah ren zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für<br />

Unternehmen entwickelt. Die Nachfrage nach qualifizierten<br />

Fachkräften in diesem Bereich sei hoch, sagte Hartmut<br />

Wur ster, stellvertretender Präsident der Industrie- und<br />

Han delskammer Schwaben (IHK) im Landratsamt in Mindelheim.<br />

Um bereits Auszubildende in dieser Hinsicht zu schu -<br />

len, ha be die IHK gemeinsam mit der staatlichen Berufs -<br />

schule Mindelheim ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, das<br />

vor Kurzem erfolgreich abgeschlossen worden sei – den<br />

sogenannten Energieeffizienzkurs. Der Kurs soll an der<br />

Berufsschule als Wahlfach fortgeführt werden und künftig<br />

auch allen allge meinbildenden Schulen und Unternehmen<br />

im Unterallgäu offenstehen.<br />

Auszubildende, die den Energieeffizienzkurs absolviert<br />

haben, bringen fundiertes Fachwissen mit. Der Kurs wurde<br />

mit dem Deutschen Klimapreis der Allianz Umwelt stiftung<br />

ausgezeichnet.<br />

Schulleiter Georg Renner ging ins Detail: Seit Beginn im<br />

Jahr 2014 nahmen rund 250 Auszubildende am Kurs teil.<br />

Er wir d als Wahlfach angeboten und umfasst 36<br />

Unterrichts stunden sowie eine vierstündige Exkursion in<br />

einen Betrieb. In elf Modulen setzen sich die Schüler mit<br />

verschiedenen Fragen auseinander: Wie nimmt man ein<br />

Unternehmen im Hinblick auf die Energieeffizienz pro -<br />

fessionell unter die Lupe? Wie erstellt man eine<br />

Energiebilanz? Wie kann man Energie einsparen, und wie<br />

lassen sich diesbezügliche Maßnahmen finanzieren? Und<br />

wie überzeuge ich meinen Chef? Am Ende des Kurses wird<br />

das Wissen in einem Test abgefragt.<br />

Der Kurs soll nun auch Schülern der allgemeinbildenden<br />

Schulen angeboten werden. »Wir wollen das Wahlfach<br />

öffnen für Schüler ab der neunten Klasse der Mittelschulen,<br />

Real schulen und Gymnasien«, sagt Georg Renner. Diese sollen<br />

das Wahlfach an der Berufsschule dann genauso<br />

belegen können wie die Berufsschüler. Außerdem sollen<br />

Schulungen für die Umweltbeauftragten der Schulen, also<br />

für Lehrer, angeboten werden. In einem zweiten Schritt soll<br />

der Kurs über die IHK, die Kreishandwerkerschaft und die<br />

Innungen auch Unternehmen angeboten werden. Der<br />

Landkreis Unterallgäu unterstützt das Angebot sowohl als<br />

Bildungs region als auch im Rahmen seines Klimaschutzkonzeptes<br />

logistisch und finanziell.<br />

29


Energie sparen<br />

Mehr Effizienz fürs Klima ...<br />

... und für die Wettbewerbsfähigkeit<br />

Fast die Hälfte des gesamten Energieeinsatzes im <strong>Allgäu</strong> wird von Unternehmen<br />

verbraucht. Im Wirtschaftssektor schlummern große Einsparpotenziale. In der Region<br />

ist nun das Projekt »Energiezukunft Unternehmen« angelaufen, unter anderem mit<br />

kostenlosen Beratungsangeboten. Die ersten Reaktionen sind vielversprechend.<br />

Die <strong>Allgäu</strong> GmbH hat zusammen mit den vier<br />

Landkreisen und den drei kreisfreien Städten,<br />

der IHK Schwaben und der Handwerkskammer<br />

für Schwaben die Initiative »Energiezukunft Unternehmen«<br />

gestartet. Ziel ist es, die Betriebe im <strong>Allgäu</strong><br />

bei der Steigerung der Energieeffizienz und beim Einsatz<br />

erneuerbarer Energien zu unterstützen. Eine wichtige<br />

Rolle spielen dabei kostenlose Energieberatungen<br />

durch das Energie- und Umweltzentrum <strong>Allgäu</strong> (eza!),<br />

die in zahlreichen Kommunen geplant sind.<br />

Den Anfang gemacht hat die Gemeinde Wiggensbach.<br />

Sowohl 1. Bürgermeister Thomas Eigstler wie<br />

auch Sebastian Uhlemair von eza! sprechen von einer<br />

großen Offenheit und guter Resonanz bei den örtlichen<br />

Betrieben. Insgesamt neun Beratungen hat der eza!-<br />

Fachmann in drei Wochen in Wiggensbach durchgeführt,<br />

insbesondere in Handwerksbetrieben, aber auch<br />

bei Dienstleistern und Unternehmen aus dem verarbeitenden<br />

Gewerbe. Entsprechend breit gefächert waren<br />

die Themen: Wie lässt sich der Wärmeverbrauch des<br />

Firmengebäudes senken? Was bringt die Umstellung<br />

der Beleuchtung auf LED? Welche Möglichkeiten gibt<br />

es für den Einsatz von erneuerbaren Energien? Wie<br />

sieht es mit staatlichen Förderprogrammen aus? So lauteten<br />

unter anderem die Fragen.<br />

Kleine Ursache – große Wirkung<br />

»Viele Unternehmen haben noch ungenutzte Potenziale,<br />

ihren Energieeinsatz zu optimieren«, stellt eza!-<br />

Experte Sebastian Uhlemair immer wieder fest. Der Diplom-Ingenieur<br />

hat schon zahllosen Betrieben Einsparmöglichkeiten<br />

aufgezeigt, egal, ob durch den Austausch<br />

von ineffizienten Pumpen, die Nutzung von Abwärme<br />

30


oder die Beseitigung von Leckagen im Druckluftsystem.<br />

»Damit kann die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und<br />

ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden«, so Uhlemair.<br />

»Erfolge können häufig schon mit kleinen Maßnahmen<br />

erzielt werden.«<br />

Wiggensbachs Bürgermeister Thomas Eigstler<br />

spricht von »einem sehr sinnvollen Angebot« – vor allem<br />

für kleinere und mittelständische Unternehmen.<br />

»Hier fehlt in der Regel die Manpower, um sich mit dem<br />

Thema Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer<br />

Energien intensiv beschäftigen zu können.« Außerdem<br />

sei es sehr hilfreich, wenn ein Fachmann von außen den<br />

Betrieb mit »neutralem Auge« unter die Lupe nimmt<br />

und nach Einsparmöglichkeiten sucht. Frank Linhart,<br />

Geschäftsführer der Cucumaz GmbH & Co. KG in<br />

Wiggensbach, hat das Angebot einer kostenlosen Energieberatung<br />

gerne angenommen. Das Unternehmen<br />

mit 14 Mitarbeitern hat sich auf die Planung und den<br />

Bau von Abenteuerspielplätzen aus Holz spezialisiert.<br />

Energieeffizienz und erneuerbare Energie – das passe<br />

sehr gut zur Firmenphilosophie, meint Linhart beim<br />

Rundgang durch seinen Betrieb, der rund zwei Stunden<br />

dauert. Im Falle der Firma Cucumaz stand die Frage<br />

nach dem passenden Heizsystem für die Büroräume im<br />

Mittelpunkt. Ursprünglich war ein kleiner Anbau geplant,<br />

in dem die neue Heizung untergebracht<br />

►<br />

Auf kreative Holz-Spielgeräte ist<br />

die Cucumaz GmbH spezialisiert.<br />

Mit eza!-Beratung wurden die<br />

Büroräume er Firma optimiert<br />

Fotos: eza!, Cucumaz<br />

Anzeige<br />

31


Sebastian Uhlemair ist<br />

ständig auf der Suche nach<br />

kleinen und großen<br />

Stellschrauben, an denen<br />

gedreht werden kann, um<br />

den Energieverbrauch in<br />

Unternehmen zu senken<br />

In diese Produktionsräume<br />

wurden die Büros integriert<br />

werden sollte. Sebastian Uhlemair hat eine andere Idee:<br />

ein Pelletskessel samt Sacksilo könnte problemlos im<br />

bestehenden Gebäude untergebracht werden. In den<br />

Augen von Frank Linhart und seinem Sohn Florian eine<br />

gute und praktikable Lösung. »Das wäre deutlich güns -<br />

tiger«, freut sich der Juniorenchef. Zudem finden er und<br />

sein Vater den Brennstoff Pellets sympathisch.<br />

Die meisten Firmen in Wiggensbach, die das Angebot<br />

einer kostenlosen Beratung in Anspruch nahmen,<br />

seien in Sachen Energieeffizienz ohnehin schon<br />

auf einem guten Weg gewesen, so der Eindruck von<br />

eza!-Fachmann Sebastian Uhlemair. Das treffe auch<br />

für die Firma Cucumaz zu. »Es tut den Unternehmen<br />

auch gut, wenn sie von unabhängiger Seite bestätigt<br />

bekommen, dass die bereits umgesetzten Maßnahmen<br />

sinnvoll waren«, glaubt Uhlemair. »Das stärkt den Rü -<br />

cken für die nächsten Schritte.«<br />

Bessere Werte durch Netzwerke<br />

Neben den kostenlosen Energieberatungen ist die<br />

Bildung von Energie-Effizienz-Netzwerken ein weiteres<br />

wichtiges Instrument im Rahmen des Projektes<br />

Energiezukunft Unternehmen. Drei dieser Netzwerke,<br />

die von eza! betreut werden, gibt es im <strong>Allgäu</strong> bereits<br />

– darunter ein Hotelnetzwerk. »Sie funktionieren alle<br />

sehr gut«, betont Felix Geyer, der bei eza! für die Netzwerke<br />

zuständig ist. Die Vertreter der beteiligten Firmen<br />

kommen alle drei Monate zum Erfahrungsaustausch<br />

in Sachen Energiesparen zusammen. »In einem<br />

Betrieb umgesetzte Maßnahmen lassen sich häufig auf<br />

andere Unternehmen übertragen«, stellt Geyer immer<br />

wieder fest. »Aber man kann auch von den Fehlern der<br />

anderen lernen.«<br />

Neben dem Erfahrungsaustausch und Betriebsführungen<br />

sind Fachvorträge ein weiterer wichtiger<br />

Bestandteil der Netzwerktreffen – beispielsweise zum<br />

Thema Ressourceneffizienz, Beleuchtung oder zur<br />

Frage, wie die eigenen Mitarbeiter bei der Suche nach<br />

Einsparpotenzialen eingebunden werden können.<br />

Geyer: »Die Referenten von außerhalb liefern immer<br />

wieder wichtige Impulse, die von den Teilnehmern in<br />

die Betriebe getragen werden.«<br />

Weitere Informationen unter www.standort.allgaeu.de/energiezukunft-unternehmen<br />

32


Energie sparen<br />

Zuschüsse holen – aber wie?<br />

Sicher durch den Förderdschungel<br />

Das Energie- und Umweltzentrum <strong>Allgäu</strong> (eza!) bietet für Kommunen und<br />

Unternehmen eine spezielle Förderberatung an. Die Zahl der Förderprogramme,<br />

mit denen die Energiewende in Deutschland forciert werden soll, ist groß.<br />

Nicht nur private Bauherren und Hausbesitzer verlieren da leicht den Überblick.<br />

Mit einer speziellen Förderberatung bietet eza! Betrieben und Kommunen Hilfe an.<br />

Foto: eza!<br />

Sebastian Obermaier ist bei eza! auf Förderprogramme<br />

spezialisiert und berät Kommunen und Unternehmen<br />

Die Förderberatung reicht von einer kostenlosen<br />

Erstinformation bis hin zur kompletten<br />

Antragsstellung und Betreuung bei eventuellen<br />

Nachforderungen der Förderstelle. »Auch <strong>2018</strong><br />

gibt es wieder viele Maßnahmen zur Energieeffizienz<br />

und CO2-Einsparung, die von der Bundesregierung<br />

und dem Freistaat Bayern gefördert werden«, erklärt<br />

eza!-Geschäftsführer Martin Sambale. Das betreffe<br />

beispielsweise zahlreiche investive Maßnahmen in<br />

Kindertagesstätten, Schulen und Sportstätten inklusive<br />

Freibädern und Schwimmhallen. Besonders interessant<br />

sei für Kommunen die Umstellung der<br />

Außen- und Innenbeleuchtung auf LED oder der Austausch<br />

alter Heizungspumpen durch Hocheffizienz-<br />

Modelle. »Dafür übernimmt der Staat bis zu 40<br />

Prozent der Kosten«, so Sambale. »Aber auch für die<br />

Sanierung von Nichtwohngebäuden bleibt die Förderung<br />

stabil.« So gewähre das Bundesumweltministerium<br />

unter anderem für den Austausch von<br />

Lüftungsanlagen einen nicht rückzahlbaren Zuschuss<br />

von 25 bis 30 Prozent der förderfähigen Aufwendungen.<br />

Fördervoraussetzungen prüfen, mehrseitige Formulare<br />

ausfüllen, Rückfragen beantworten – das wirkt<br />

häufig abschreckend, besonders wenn die personellen<br />

Kapazitäten in der Verwaltung knapp sind, stellen Martin<br />

Sambale und seine Mitarbeiter immer wieder fest.<br />

Das sei schade – auch weil mithilfe von Fördergeldern<br />

oftmals etwas teurere, aber deutlich energieeffizientere<br />

Lösungen realisiert werden könnten. »Mit Sebastian<br />

Obermaier haben wir daher einen Fachmann eingestellt,<br />

der sich bei uns ausschließlich mit dem Thema<br />

Förderung für Kommunen und Unternehmen befasst«,<br />

berichtet Martin Sambale. »Das Angebot kommt nicht<br />

nur in den Rathäusern, sondern auch bei den Firmen<br />

gut an«, fügt der eza!-Geschäftsführer hinzu.<br />

Gerade in Handwerksbetrieben, aber auch in<br />

mittelständischen Unternehmen gebe es in der Regel<br />

niemanden, der die Zeit habe, sich intensiver mit dem<br />

Thema Förderung zu befassen. »Dabei gibt es auch<br />

hier sehr attraktive Förderprogramme – zum Beispiel<br />

für den Einsatz hocheffizienter Querschnittstechnologien<br />

im Mittelstand«, betont Sebastian Obermaier.<br />

Gefördert werden Investitionen in Einzelmaßnahmen<br />

und die Optimierung von Teil- oder Gesamtsystemen<br />

mit bis zu 150.000 Euro. Zu den geförderten Maßnahmen<br />

gehören der Ersatz oder die Neuanschaffung von<br />

elektrischen Motoren und Antrieben, Pumpen für industrielle<br />

und gewerbliche Anwendungen, Ventilatoren<br />

in lufttechnischen Anlagen, Drucklufterzeuger,<br />

Abwärmenutzungsanlagen, aber auch die Dämmung<br />

von industriellen Anlagen.<br />

Wichtig ist laut Sebastian Obermaier dabei eine<br />

enge Abstimmung mit den Technik-Experten im eza!-<br />

Team. »Es geht nicht darum, etwas einzubauen, nur<br />

weil es eine Förderung dafür gibt«, so der Finanzexperte<br />

und ehemalige Bankangestellte. »Die Maßnahme<br />

muss Sinn machen und wirkliche Energieeinsparungen<br />

bringen.«<br />

Weitere Informationen unter www.eza-allgaeu.de<br />

33


Energie sparen<br />

Beratung für Privathaushalte<br />

Angebot von Verbraucherzentrale und eza!<br />

Die Verbraucherzentrale Bayern und das Energie- und Umweltzentrum <strong>Allgäu</strong><br />

(eza!) bieten seit 1. Januar gemeinsam Energieberatungen im <strong>Allgäu</strong> an. Beide<br />

Partner haben langjährige Erfahrung in der Energieberatung privater Verbraucher.<br />

Kompetente und neutrale<br />

Energieberatung – dafür stehen<br />

eza! und die Verbraucherzen -<br />

trale, die seit Anfang des Jahres<br />

auf diesem Gebiet kooperieren<br />

Fotos: eza!<br />

Die bisherigen 46 Beratungsstellen von eza!<br />

werden als gemeinsame Beratungsstützpunkte<br />

der Verbraucherzentrale Bayern und<br />

eza! weitergeführt. »Beratungsumfang, Qualität und<br />

Neutralität bleiben wie gewohnt erhalten«, betont<br />

eza!-Geschäftsführer Martin Sambale. Die Verbraucherzentrale<br />

führt bayernweit bereits an 55 Standorten<br />

Energieberatung durch. Im <strong>Allgäu</strong> findet das Angebot<br />

in Immenstadt und den Beratungsstellen in Memmingen<br />

und Kempten statt.<br />

»Wir erwarten uns von der Zusammenarbeit<br />

Synergieeffekte. Gemeinsam wollen wir noch mehr<br />

Bürger im <strong>Allgäu</strong> motivieren, sich zum Energiesparen<br />

und zu Energieeffizienzmaßnahmen individuell beraten<br />

zu lassen«, erklärt Marion Zinkeler, geschäftsführender<br />

Vorstand der Verbraucherzentrale Bayern.<br />

Auch der Kemptener Oberbürgermeister und Vorsitzende<br />

der Gesellschafterversammlung von eza!, Thomas<br />

Kiechle, sieht große Chancen in der Kooperation:<br />

»Dadurch kann das Energieberatungsangebot im <strong>Allgäu</strong><br />

gestärkt und weiter ausgebaut werden.«<br />

Energie-Check für die Wohnung<br />

Neben der klassischen Beratung in den Energieberatungsstellen<br />

bieten eza! und Verbraucherzentrale<br />

künftig Beratung bei den Bürgern zu Hause an, mit<br />

sogenannten Energie-Checks. Alle Beratungsangebote<br />

in der Kooperation werden vom Bundeswirtschaftsministerium<br />

bis auf einen Eigenanteil finanziert. Dieser<br />

Eigenanteil wird in den Beratungsstellen von den<br />

beteiligten Kommunen getragen, sodass das Angebot<br />

für die Verbraucher kostenlos ist.<br />

Nur bei der Beratung zu Hause zahlt der Verbraucher<br />

je nach Art des Checks einen Eigenanteil von<br />

10 bis 40 Euro. Zu den Vor-Ort-Beratungsangeboten<br />

zählt der Basis-Check. Hier steht der Strom- und Wärmeverbrauch<br />

im Mittelpunkt. Es werden einfache und<br />

34


kostengünstige Möglichkeiten aufgezeigt, mit denen<br />

sich die Energiekosten senken lassen.<br />

Energiecheck fürs Haus<br />

Beim Gebäude-Check, der sich gezielt an Hauseigentümer<br />

richtet, beurteilt der Energieberater den<br />

Strom- und Wärmeverbrauch, die Heizungsanlage sowie<br />

die Gebäudehülle des Wohnhauses. Das Heizsys -<br />

tem mit Niedertemperatur- oder Brennwertkessel,<br />

Wärmepumpe oder Fernwärme wird im Rahmen des<br />

Heiz-Checks detailliert geprüft. Und beim Solarwärme-Check<br />

untersucht der Energieberater, ob Speicher<br />

und Sonnenkollektoren zusammenpassen, die Solaranlage<br />

gut arbeitet und richtig mit dem Heizkessel<br />

kommuniziert. Einzelne, spezifische Energieprobleme<br />

– zum Beispiel rund um das Thema Sanierung, Dämmung<br />

oder Haustechnik – werden im Detail-Check<br />

geklärt. »Durch die Checks lassen sich gezielt<br />

Schwachstellen an Haus und Heizung aufdecken«, sagt<br />

Marion Zinkeler. Die Erfahrung zeige, dass erschrekkend<br />

viele Heizsysteme mehr Energie verbrauchen, als<br />

notwendig wäre.<br />

Drittes Element des gemeinsamen Angebotes<br />

von eza! und Verbraucherzentrale sind »Check-Dein-<br />

Haus«-Aktionen, die zusammen mit Kommunen<br />

durchgeführt werden. Bei bisherigen ähnlichen Kampagnen<br />

habe man sehr gute Ergebnisse erzielt, berichtet<br />

eza!-Geschäftsführer Martin Sambale. In einem begrenzten<br />

Zeitraum werden dabei Hauseigentümer eines<br />

Stadtteils oder einer Gemeinde intensiv angesprochen.<br />

Auf diese Weise können viele Menschen erreicht<br />

werden, die sich sonst nie für eine Energieberatung<br />

angemeldet hätten und sich nicht mit dem Thema beschäftigen<br />

würden, so die Erfahrung. »Viele Hausbesitzer<br />

lassen sich durch die Beratung dann auch zu Sanierungsmaßnahmen<br />

motivieren«, fügt Sambale hinzu.<br />

Finanziert werden die »Check-Dein-Haus«-Aktionen<br />

wie die anderen Angebote aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums.<br />

Der Eigenanteil und der<br />

Aufwand für die Öffentlichkeitsarbeit und die Organisation<br />

der Aktionen werden von den beteiligten<br />

Kommunen übernommen.<br />

Weitere Infos unter www.eza-allgaeu.de<br />

Die Kooperation soll Synergie -<br />

effekte in der Energieberatung<br />

bringen (von links): Thomas<br />

Kiech le (Oberbürgermeister der<br />

Stadt Kempten und Vorsitzender<br />

Gesell schafterversammlung von<br />

eza!), Heidemarie Krause-Böhm<br />

(Leite rin des Referats Energie,<br />

Umwelt und Nachhaltigkeit bei<br />

der Ver brau cher zentrale Bayern)<br />

und Mar tin Sambale<br />

(Geschäftsführer eza!)<br />

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Carolin Mathes: carolin.mathes@heimat-allgaeu.info<br />

Christian Vu: christian.vu@heimat-allgaeu.info<br />

Telefonisch erreichbar unter Tel. 08379/728616<br />

35


Ehrung<br />

Auszeichnung für Klimaschutz<br />

Unterallgäu gewinnt European Energy Award<br />

Im Bereich Bildung und Klimaschutz geht der Landkreis kreative Wege, wie das<br />

Projekt »Prima Klima Kids« und der Schulwettbewerb »Bewegter Wandertag« zeigen.<br />

Das sind nur zwei der zahlreichen Maßnahmen zum Klimaschutz, die das<br />

Unter allgäu in den vergangenen Jahren in die Wege geleitet hat – nun wurde dem<br />

Landkreis dafür der European Energy Award verliehen.<br />

Marlene Preißinger (Mitte),<br />

Stellvertreterin des Landrats,<br />

nahm zusammen mit dem<br />

Energieteam des Landkreises<br />

Unterallgäu die Auszeichnung<br />

stellvertretend für alle<br />

Klimaschutzinitiativen des<br />

Landkreises im Künstlerhaus<br />

in München entgegen<br />

Foto: O.Bodmer/stmuv<br />

Die Auszeichnung bestätigt: In Sachen Klimaschutz<br />

haben wir schon viel erreicht. Diesen<br />

Weg wollen wir weitergehen«, betont Landrat<br />

Hans-Joachim Weirather. Der European Energy<br />

Award ist ein Qualitätsmanagementsystem und Zertifizierungsverfahren<br />

für kommunale Energieeffizienz<br />

und Klimaschutz. »An der Zertifizierung haben wir<br />

teilgenommen, um lokale Potenziale zu erkennen und<br />

zu nutzen sowie weiteren Handlungsbedarf zu definieren«,<br />

sagt Klimaschutzmanagerin Andrea Ruprecht.<br />

So hat der Landkreis zunächst eine Ist-Analyse<br />

erstellt, dann ein Arbeitsprogramm verfasst und inzwischen<br />

zahlreiche Maßnahmen umgesetzt.<br />

Viel hilft viel<br />

So wurde vor dem Landratsamt eine Ladesäule<br />

für E-Fahrzeuge errichtet und damit die Ladeinfrastruktur<br />

verbessert. Außerdem stehen den Mitarbeitern<br />

des Landratsamts zwei Elektroautos als Dienstfahrzeuge<br />

zur Verfügung. Zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen<br />

in Sachen Mobilität sind ein gut ausgebautes<br />

Radwegenetz, Rufbusse und eine Mitfahrzentrale.<br />

Eine weitere Maßnahme waren energetische Sanierungen<br />

kreiseigener Gebäude. Darüber hinaus werden<br />

die kommunalen Baulichkeiten fast zu 30 Prozent<br />

mit regenerativen Energien beheizt, und auf vielen<br />

Dächern landkreiseigener Liegenschaften wurden<br />

Photovoltaikanlagen installiert.<br />

Weiterhin stellt der Landkreis jährlich ein Budget<br />

für Klimaschutzaktivitäten zur Verfügung, und die<br />

Fachstelle für Klimaschutz unterstützt Gemeinden,<br />

Unternehmen und Bürger in Sachen Klimaschutz.<br />

Zum Beispiel wird die Energieberatung im Landkreis<br />

ausgebaut, Bildungsprogramme für Schulen werden<br />

angeboten. Deutschlandweit einmalig ist das Projekt<br />

Modellregion Energiewende Unterallgäu-Nordwest.<br />

In einem Teil des Landkreises soll innerhalb von drei<br />

Jahren der Anteil an erneuerbaren Energien am<br />

Strom- und Wärmeverbrauch von derzeit 40 auf 60<br />

Prozent gesteigert werden.<br />

»Diese Auszeichnung ist die Anerkennung der<br />

Klimaschutzbemühungen im Landkreis, aber darüber<br />

hinaus der Startpunkt für weitere konsequente Klimaschutzarbeit«,<br />

fasst es Andrea Ruprecht, Klimaschutzmanagerin<br />

des Landkreises, zusammen. (cs)<br />

36


Ehrung<br />

Erfolgreiches Engagement<br />

Goldene Auszeichnung für Wasserburg<br />

Die Bodenseegemeinde Wasserburg ist seit Jahren auf Energiesparkurs und<br />

wurde nun für ihre Klimaschutzaktivitäten mit dem European Energy Award in<br />

Gold belohnt. Doch trotz der hohen Ehrung ruht sich die Kommune nicht auf<br />

dem Erfolg aus, sondern verfolgt stetig weitere Projekte in Sachen Klimaschutz.<br />

Bereits seit 2007 nimmt die Gemeinde Wasserburg<br />

am Bodensee mit Unterstützung des<br />

Energie- und Umweltzentrums <strong>Allgäu</strong> am<br />

European Energy Award (eea) teil, und nur zwei Jahre<br />

später war sie die erste bayerische Gemeinde, die als<br />

Teilnehmer am eea von einer externen Kommission auf<br />

ihre Energiesparaktivitäten hin untersucht wurde und<br />

die Auszeichnung sofort erhielt.<br />

Anfang November des letzten Jahres folgte die<br />

Krönung der jahrelangen Bemühungen: Bei einer Feierstunde<br />

in München verlieh das bayerische Staatsministerium<br />

für Umwelt und Verbraucherschutz Wasserburg<br />

den eea in Gold – die höchste Auszeichnung im<br />

Rahmen der eea-Teilnahme.<br />

Kleiner Ort, große Projekte<br />

»Mit nur 3600 Einwohnern ist die Gemeinde<br />

Wasserburg am Bodensee Vorreiter im Klimaschutz«,<br />

betonte Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf anlässlich<br />

der Preisverleihung. Maßgeblich dafür verantwortlich<br />

sei das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde.<br />

So hat das Wasserburger Energieteam mit<br />

Mitgliedern des Gemeinrates, Mitarbeitern der Verwaltung<br />

und vor allem mit engagierten Bürgern und<br />

Fachleuten viele Projekte initiiert und umgesetzt, bei<br />

denen häufig die Bevölkerung und die Unternehmen<br />

eingebunden werden.<br />

Ein gutes Beispiel, so Scharf, sei die Schwachstellen-Rallye<br />

zur Beseitigung von Verkehrsgefahren. Dabei<br />

wurde zusammen mit den Bürgern herausgefunden,<br />

wo es Fußgänger, Radler, Inline-Skater und vor<br />

allem Kinder schwer haben, gefahrlos und ohne Hindernisse<br />

von einem Ort zum anderen zu kommen.<br />

Nach der Bestandsaufnahme wurde ein Maßnahmenkatalog<br />

mit definierten Prioritäten erarbeitet, der Zug<br />

um Zug mit einem festen jährlichen Budget umgesetzt<br />

wird. Im Rahmen dessen wurden beispielsweise Gehwegsicherungen<br />

und -absenkungen vorgenommen.<br />

Auch schadhafte Wegebeläge wurden ausgebessert.<br />

Ein weiteres Highlight war die Einführung der<br />

Ökosonne-Klassifizierung für örtliche Gästeunterkünfte.<br />

Mit dieser werden Betriebe ausgezeichnet, die<br />

Foto: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz<br />

Strahlende Gesichter bei der Verleihung der European Energy Awards (vordere Reihe v.l.):<br />

Bernd Reihs, Jens Dell-Gebhart, Harald Breuer, Florian Strößenreuther, Roland Gamisch;<br />

(hintere Reihe v. l.): Martin Sambale (eza!-Geschäftsführer), Ilga Schwidder (Geschäftsführerin<br />

Bundesgeschäftsstelle eea), Günter Edeler (Energieteamleiter), Johannes Enders, Dr. Monika<br />

Kratzer (Ministerialdirigentin im bayerischen Staatsministerium für Umwelt und<br />

Verbraucherschutz), Theophil Pflaum, Thorsten Böhm (eea-Berater von eza!), Walter<br />

Steinmann (Vorstandsvorsitzender Europäischer Verein EEA)<br />

Wärme und Strom aus erneuerbaren Energien beziehen,<br />

auf regionale Produkte setzen oder auch die klimafreundliche<br />

Mobilität mit Fahrrad oder öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln unterstützen.<br />

Punkten konnte die Bodenseegemeinde auch mit<br />

einer Prämie von bis zu 100 Euro für die Anschaffung<br />

eines besonders energiesparenden Modells als Ersatz<br />

für einen alten Kühl- oder Gefrierschrank, Geschirrspüler,<br />

Elektrobackofen, Wäschetrockner oder Geschirrspüler<br />

– ein Angebot, das bei den Bürgern sehr<br />

gut ankommt. Zudem wurde ein Energiesparwettbewerb<br />

gestartet.<br />

Weitere Maßnahmen sind bereits in Planung. So<br />

soll beispielsweise die Straßenbeleuchtung komplett<br />

auf LED umgestellt werden.<br />

37


Strom<br />

Baustein der Energiewende<br />

Erste Großbatteriespeicher im <strong>Allgäu</strong><br />

Die <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke GmbH hat zusammen mit den Partnern <strong>Allgäu</strong>er<br />

Überlandwerk GmbH und enesto GmbH die Projektgesellschaft <strong>Allgäu</strong>Speicher<br />

GmbH & Co. KG gegründet. Die Gesellschaft installierte Mitte Januar die erste<br />

Großbatteriespeicheranlage zur Netzstabilisierung im Oberallgäu.<br />

Die Anlage ist ein StoraXe Kom -<br />

plettsystem der Firma ADS-TEC<br />

aus Nürtingen. Es wurde in -<br />

klusive Trafo, Wechsel richter,<br />

Steuerung und Klimatisierungs -<br />

technologie geliefert<br />

Bei winterlichen Verhältnissen<br />

wurde der Batteriespeicher<br />

mit einer Kapazität von 1,25<br />

Megawattstunden an seinen Bestimmungsort<br />

gebracht<br />

38<br />

Der Ausbau von Stromspeichern ist ein wesentlicher,<br />

aber bisher vernachlässigter Baustein<br />

der Energiewende, denn die Speichertechnologien<br />

werden für das erfolgreiche Vorankommen essentiell<br />

sein«, so Dr. Hubert Lechner, Geschäftsführer<br />

der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke GmbH. Daher haben die Gesellschafter<br />

der <strong>Allgäu</strong>Speicher GmbH & Co. KG die Investitionsentscheidung<br />

über 1,2 Millionen Euro für<br />

einen Lithium-Ionen-Batteriespeicher getroffen.<br />

Seit Mitte Januar steht nun im Ortsteil Bruck, Gemeinde<br />

Bad Hindelang, der erste Batteriespeicher mit<br />

mehr als einem Megawatt Lade- und Entladeleistung<br />

neben dem Wasserkraftwerk der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke.<br />

Der Stromspeicher, der seit Februar Aufgaben in der<br />

Netzstabilisierung übernimmt und in das europäische<br />

Verbundnetz eingebunden ist, hat eine Kapazität von<br />

1,25 Megawattstunden. Damit können rein theoretisch<br />

etwa 60 Haushalte einen ganzen Tag lang mit Strom<br />

versorgt werden.<br />

Gewährleistete Versorgung<br />

Doch weswegen sind Batteriespeicher so wichtig<br />

in der Energiewende? Dazu muss ein genauerer Blick<br />

auf das europäische Stromverbundnetz geworfen werden.<br />

Geraten dort Erzeugung und Verbrauch elektrischer<br />

Energie aus dem Gleichgewicht, wird Regelleistung<br />

in positiver und negativer Richtung benötigt, um<br />

die Frequenzstabilität zu gewährleisten. Der Batteriespeicher<br />

liefert fehlende Energie in das Netz oder


Fotos: <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke<br />

Ein Blick ins Innere<br />

des Batterie -<br />

speichers, der in<br />

Bruck neben dem<br />

Was ser kraftwerk<br />

der <strong>Allgäu</strong>er Kraft -<br />

werke steht<br />

nimmt überschüssige Energie aus dem Netz auf. Konventionelle<br />

Kraftwerke können diese Regelleistung erst<br />

nach mehreren Sekunden liefern, der Batteriespeicher<br />

liefert sie in Millisekunden.<br />

Der für den technischen Bereich zuständige Prokurist<br />

der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke, Karlheinz Loitz, erklärt:<br />

»Großspeicheranlagen arbeiten durch ihre<br />

schnellen Reaktionszeiten im Rahmen der Netzstabilisierung<br />

sehr effizient. Die Steuerung von großen<br />

Kraftwerken erfordert Zeit und Geld. Batteriespeicher<br />

bieten hier heute schon ein echte <strong>Alternativ</strong>e.«<br />

Jürgen Herrmann, Prokurist des <strong>Allgäu</strong>er Überlandwerks,<br />

ergänzt: »Die gemeinsame Kooperationsgesellschaft<br />

<strong>Allgäu</strong>Speicher macht Sinn, der Speicher<br />

in Bruck entlastet das Netz und trägt dazu bei, die Frequenz<br />

im Netz zu halten. Perspektivisch kann auch die<br />

Einspeicherung von regenerativem Strom eine sinnvolle<br />

Option für den Speicher sein.«<br />

Für enesto ist das Projekt <strong>Allgäu</strong>Speicher ein weiterer<br />

Meilenstein beim Aufbau eines bundesweiten Batterieportfolios.<br />

Der mittelständische Batteriespezialist<br />

für IT-basierte Energielösungen ist auch für die Inbetriebnahme<br />

und Wartung zuständig und übernahm die<br />

Leistungen von der Planung über Bau und Installation<br />

bis hin zur Beschaffung der einzelnen technischen<br />

Komponenten. Die technische und kaufmännische Betriebsführung<br />

für die Speichergesellschaft übernehmen<br />

die <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke.


Unternehmen<br />

Die Privat-Brauerei Zötler in<br />

Rettenberg und die Geiger<br />

Energietechnik gehen zu -<br />

sammen einen außer gewöhn -<br />

lichen Schritt in Sachen<br />

Umweltschutz<br />

Fotos: Privat-Brauerei Zötler, Geiger Energietechnik<br />

Leuchtturmprojekt im <strong>Allgäu</strong><br />

Zötler übernimmt Vorreiter-Rolle<br />

Die älteste Familien-Brauerei der Welt gibt Gas bei der Energieeinsparung und<br />

Kohlenstoffdioxid-Minimierung. Dank eines komplett neuen Energiekonzeptes, das<br />

die Geiger Energietechnik GmbH geplant hat , spart die Brauerei jährlich<br />

knapp die Hälfte des früheren Strombedarfs ein.<br />

Die Produktion von Bier ist, ähnlich wie bei vielen<br />

anderen Lebensmitteln, mit konstant<br />

hohen Verbräuchen von Strom, Wärme und<br />

Kälte verbunden. Aus der Motivation heraus, den steigenden<br />

Energiekosten entgegenzuwirken und Umweltschutz<br />

aktiv zu leben, beauftragte die Privat-Brauerei<br />

Zötler die Geiger Energietechnik GmbH damit, ein<br />

Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Eigenstromversorgung<br />

zu planen.<br />

Herausgekommen ist ein in Deutschland bisher<br />

einmaliges Projekt. Mit einem Investitionsvolumen<br />

von 400.000 Euro entstand ein Blockheizkraftwerk<br />

mit 50 Kilowatt Leistung sowie in eine Absorptionskältemaschine,<br />

mit der die BHKW-Abwärme zur Kälteversorgung<br />

im Minusbereich genutzt wird. Resultat<br />

der Investition: Pro Jahr werden 400.000 Kilowattstunden<br />

Strom weniger benötigt.<br />

Ein untypisches Vorhaben<br />

Um die bei BHKW-Projekten angestrebte hohe<br />

Laufzeit zu erreichen, setzt Geiger in der Planung einen<br />

wesentlichen Schwerpunkt auf die gründliche<br />

Analyse der vorliegenden Energieströme. Neben ausführlichen<br />

Lastgangauswertungen werden Messungen<br />

genutzt, um belastbare Entscheidungsgrundlagen zu<br />

erstellen. »Der Ansatz, ein BHKW einzusetzen, scheiterte<br />

zunächst daran, dass sich in der Brauerei bei der<br />

Detailbetrachtung keine geeignete Abnahme für die<br />

anfallende Wärme fand. Hieraus entstand die Idee, die<br />

Wärme mittels einer Absorptionskältemaschine in<br />

Kälte umzuwandeln«, erläutert Alexander Paul, Leiter<br />

operatives Geschäft bei Geiger Energietechnik.<br />

Kälte wird bei Zötler ganzjährig benötigt, und erste<br />

Anlagen dieser Art sind bereits seit Jahren in Kombination<br />

mit BHKWs im Einsatz. Allerdings stellte sich die<br />

Herausforderung, dass in der Privat-Brauerei zum einen<br />

Kälte im Minusbereich um die -3 Grad Celsius eingesetzt<br />

wird und zum anderen das BHKW aus verschiedenen<br />

Gründen nicht größer als 50 Kilowatt elektrisch<br />

dimensioniert werden sollte. Absorptionskältemaschinen<br />

werden jedoch bislang entweder zur Kühlung, mit<br />

einer Temperatur von etwa 7 Grad Celsius eingesetzt<br />

oder im Industrieanlagen-Format mit mehreren Hundert<br />

beziehungsweise Tausend Kilowatt Leistung.<br />

Standardanlage passte nicht<br />

»Die große Herausforderung war für uns, einen<br />

Hersteller zu finden, der eine für dieses Projekt maßgeschneiderte<br />

Kälteanlage anbieten konnte. Mit der Zimmermann<br />

GmbH in Seevetal konnten wir einen Spezialisten<br />

für Industriekälte als Partner gewinnen. Der<br />

erkannte das Marktpotenzial und war bereit, bisherige<br />

Anlagenkonzepte für die spezielle Projektanforderung<br />

weiterzuentwickeln. Es war außerdem schnell klar, dass<br />

40


das benötigte Kälteniveau nicht mit den üblichen Temperaturen<br />

eines Standard-BHKW zu erreichen ist. Daher<br />

wurde ganz gezielt nach einem Hochtemperatur-<br />

BHKW im kleinen Leistungsbereich bis 50 Kilowatt gesucht«,<br />

so Alexander Paul. Als einer der führenden Hersteller<br />

von BHKW zeigte das Unternehmen 2G genügend<br />

Flexibilität, um sein Serienmodell g-box 50 an diesen<br />

speziellen Anwendungsfall anzupassen.<br />

»Beide Partner haben erkannt, dass sie hier auch<br />

eine Art Business Development betreiben. Denn dieses<br />

Projekt hat absoluten Leuchtturmcharakter und<br />

viel Adaptionspotenzial für die gesamte Lebensmittelindustrie«,<br />

erklärt der Leiter operatives Geschäft bei<br />

Geiger Energietechnik.<br />

Hohe Laufzeit, hohe Effizienz<br />

Da die Kälte in der Brauerei kontinuierlich benötigt<br />

wird, kann mit einer Laufzeit von 8000 Betriebsstunden<br />

pro Jahr bei hundertprozentiger Wärmenutzung<br />

gerechnet werden. Die bisher zur Kälteversorgung<br />

genutzten Kältekompressoren werden nicht ersetzt,<br />

sondern lediglich in ihren Betriebsstunden reduziert<br />

und dienen zur Spitzenlast sowie als Redundanz.<br />

Der vom BHKW erzeugte Strom von rund<br />

400.000 Kilowattstunden wird vollständig von der<br />

Brauerei selbst verbraucht. Hinzu kommt die Reduktion<br />

beim Stromverbrauch der Kompressoren um weitere<br />

ca. 80.000 Kilowattstunden. So wird sich die Anlage<br />

in bereits acht Jahren amortisiert haben.<br />

Eine gute Zusammenarbeit<br />

Brauereichef Niklas Zötler und Produktionsleiter<br />

Markus Würz sind nicht nur vom Ergebnis, sondern<br />

auch vom Vorgehen der Geiger Energietechnik begeistert,<br />

denn beide haben sich zu jeder Zeit gut betreut<br />

und auch verstanden gefühlt: »Wir hatten stets eine<br />

sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit und immer den<br />

Eindruck, dass man uns nicht gegen unseren Willen<br />

überzeugen will. Im Gegenteil: Die Geiger Energietechnik<br />

hat sich ausführlich mit unseren Gegebenheiten<br />

auseinandergesetzt und Planungen und Entscheidungsvorlagen<br />

immer gründlich, aber ergebnisoffen<br />

erstellt. Wir sind uns sicher, dass wir gemeinsam mit<br />

Geiger Energietechnik ein Projekt entwickelt und umgesetzt<br />

haben, das in Deutschland viele Nachahmer<br />

finden wir d«, lobt der Brauereichef.<br />

Links oben: Freuen sich über die<br />

gelungene Umsetzung des<br />

neuen Energiekonzeptes bei<br />

Zötler (v.l.): Braumeister Markus<br />

Würz, Jan Seibert von<br />

Geiger Energietechnik und<br />

Niklas Zötler, Geschäftsführer<br />

der Brauerei Zötler<br />

Rechts oben: Die Absorptions -<br />

kältemaschine wandelt Wärme<br />

in Kälte um<br />

Eine Detailansicht des individualisierten<br />

Blockheizkraftwerks mit<br />

50 Kilowatt Leistung<br />

Herbert und Niklas Zötler stel -<br />

len nun umweltfreundliches Bier<br />

her, bei dessen Produktion auch<br />

noch Energie eingespart wird<br />

41


Meldungen<br />

Kurzinfo<br />

Veranstaltungsort:<br />

Messequartier Dornbirn<br />

Öffnungszeiten:<br />

9.-10. März 10-18 Uhr,<br />

11. März 10-17 Uhr<br />

Eintritt: Erwachsene 12 €,<br />

Ermäßigte Karten 9 €<br />

(Jugendliche 15-18 Jahre,<br />

Senioren, Raiffeisen-<br />

Mitglieder), Kinder bis 14<br />

Jahre sind frei.<br />

Kartenvorverkauf: 10 €<br />

online und in allen<br />

Raiffeisenbanken und<br />

Sparkassen in Vorarlberg<br />

Foto: Sarah Schmid<br />

Bedeutendste Bauplattform<br />

der Vier-Länder-Region<br />

Die Messe in Dornbirn ist eine<br />

Informationsdrehscheibe für<br />

Bau- & Sanierungsinteressierte<br />

Bereits zum fünften Mal findet vom<br />

9. bis zum 11. März die Baumesse<br />

com:bau statt. An den drei Tagen beantworten<br />

über 250 Aussteller sämtliche<br />

Fragen rund ums Bauen und<br />

Sanieren. Die Ausstellungsbereiche<br />

der Messe umfassen die Themen<br />

Planung, Finanzierung, Rohbau und<br />

Sanierung, Erneuerbare Energie,<br />

Haustechnik/Installation, Ausbau,<br />

Außenbereich und Immobilien. Der<br />

bewährte Mix aus ausstellenden Unternehmen,<br />

produktneutralen Informationen<br />

und attraktiven Highlights<br />

ist auch heuer wieder kennzeichnend<br />

für die com:bau. Im Raiffeisen<br />

bau:forum referieren namhafte Experten<br />

über aktuelles Bauwissen. Die<br />

Teilnahme am Forum in Halle 12 ist<br />

für alle Besucher kostenlos. Eine<br />

Sonderausstellung zum Thema<br />

Lehm sowie eine weitere zum Thema<br />

Holz in Kombination mit einem<br />

spannenden Kinderprogramm machen<br />

den Besuch der com:bau garantiert<br />

zu einem erfolgreichen Tag<br />

für die ganze Familie. (cs)<br />

15 Jahre Holzforum: Holzbau kompakt<br />

Auch im Jubiläumsjahr veranstaltet<br />

das Holzforum <strong>Allgäu</strong> die Vortragsreihe<br />

»Holzbau kompakt« im Grünen<br />

Zentrum in Immenstadt. Zum<br />

dritten Mal informiert die Veranstaltungsreihe<br />

Bauingenieure, Architekten,<br />

Holzbauer und Studenten<br />

über verschiedene Themen<br />

rund um den Holzbau. Ziel ist es,<br />

die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten<br />

und die hohe Leistungsfähigkeit<br />

des Baustoffes Holz in der Region<br />

bekannter zu machen. Hochkarätige<br />

Experten referieren zum aktuellen<br />

Stand von Baulösungen, Bauphysik<br />

und fachlichen Neuerungen<br />

nach dem Motto: »Aus der Praxis<br />

für die Praxis«.<br />

(cs/ve)<br />

Die Termine<br />

12. April, 18 Uhr, Daniel Kehl: »Anspruchsvolle Bauteile und<br />

Anschlüsse im Holzbau – Bauphysik und<br />

Praxis«<br />

19. April, 18 Uhr, Pirmin Jung »Das Bauen mit Holz wird zur<br />

Selbstverständlichkeit«<br />

26. April, 18 Uhr, Michael Ziller: »Form Follows Position –<br />

Wohnen mit der Atmosphäre des Ortes«<br />

3. Mai, 18 Uhr, Gordian Kley: »Holztragwerke zwischen<br />

Ästhetik und Wirtschaftlichkeit«<br />

Anmeldeformular und weitere Informationen<br />

zur Veranstaltung und den Referenten gibt es<br />

auf www.holzforum-allgaeu.de<br />

42


Foto: Holzforum <strong>Allgäu</strong> e.V.<br />

Was kann alles aus Holz her gestellt werden? Wie viel Holz wächst in meiner<br />

Umgebung? Antworten auf diese Fragen er hielten die Siebtklässler der Mit tel -<br />

schule Sonthofen bei einem Vortrag der Holzbot schafterin Maike Breitfeld<br />

Schüler für Holz begeistern<br />

Im Rahmen des Projektes<br />

Inno4wood – für das sich das Holzforum<br />

<strong>Allgäu</strong>, die Cluster-Initiative<br />

Forst und Holz in Bayern, der Verein<br />

proHolz Tirol und die Universität<br />

Innsbruck zusammengeschlossen<br />

haben, um grenzübergreifend Innovationen<br />

in der Forst- und Holzbranche<br />

zu fördern – hielt die Holzbotschafterin<br />

Maike Breitfeld Mitte<br />

Dezember einen Vortrag in den<br />

siebten Klassen der Mittelschule<br />

Sonthofen. Unter dem Titel »Mit<br />

Holz in die Zukunft« erklärte sie den<br />

Schülern, was alles außer einem<br />

Weihnachtsbaum aus einer regionalen<br />

Fichte hergestellt werden kann.<br />

Darüber hinaus bekamen die Siebtklässler<br />

einen Eindruck davon, wie<br />

viel Wald in ihrer direkten Umgebung<br />

nachwächst, wie viel Hightech<br />

bereits in den holzverarbeitenden<br />

Berufen eingesetzt wird, und sie<br />

durften sich im Brückenbau ausprobieren.<br />

Gleichzeitig wurde den Kindern<br />

die Möglichkeit geboten, Holz<br />

zu erfahren: von der Baumscheibe<br />

bis zur Pflanzenkohle konnte Holz<br />

berührt, gerochen und geschmeckt<br />

werden.<br />

Zukunftsweisende Häuser<br />

locken Besucher<br />

Mehrere Hundert Besucher nutzten<br />

Mitte November den 14. <strong>Allgäu</strong>er<br />

Hausbesichtigungstag, um sich über<br />

die Vorteile des energieeffizienten<br />

Bauens und Sanierens sowie die<br />

Möglichkeiten beim Einsatz erneuerbarer<br />

Energien zu informieren. Im<br />

gesamten <strong>Allgäu</strong> hatten die Besitzer<br />

zukunftsweisender Häuser ihre Türen<br />

geöffnet. Unter den 17 Gebäu-<br />

den, die besichtigt werden konnten,<br />

waren Passivhausneubauten, aber<br />

auch topsanierte Altbauten, die<br />

dank des Einbaues von Passivhauskomponenten<br />

extrem wenig Heizenergie<br />

benötigen. Angehende Bauherren<br />

und Besitzer von Altbauten<br />

konnten sich zudem ein Bild von<br />

den neuesten Trends im Bereich<br />

Haustechnik machen. Lüftungsanlagen,<br />

Wärmepumpen oder Pelletskessel<br />

und Stromspeicher waren zu<br />

sehen und wurden in ihrer Funktionsweise<br />

erklärt.<br />

(cs)<br />

Foto: eza!<br />

Johannes Wille (rechts) aus Wiggens -<br />

bach öffnete für den <strong>Allgäu</strong>er Haus be -<br />

sichtigungs tag seine Tür und berichtete<br />

über seine Erfahrungen bei der Nut zung<br />

des selbstproduzierten Solarstroms


Meldungen<br />

Foto: Autohaus Rabus<br />

Mobilität von morgen in Memmingen<br />

Das Memminger Autohaus<br />

setzt neben Fahrzeugen mit<br />

konventionellen Antrieben<br />

auch auf E-Mobilität<br />

Das Autohaus Rabus kann nicht<br />

nur auf viel Erfahrung zurückbli -<br />

cken, sondern richtet seinen Blick<br />

vor allem intensiv in Richtung Zukunft.<br />

Fest verankert in der <strong>Allgäu</strong>er<br />

Heimat, liegt es der Firma Rabus<br />

sehr am Herzen, diese beiden Themen<br />

in den Fokus zu stellen. Und<br />

so setzt das Memminger Autohaus<br />

auf die Mobilität von morgen und<br />

hat neben konventionellen Fahrzeugen<br />

auch Elektroautos im Sorti-<br />

ment, die technologisch auf dem<br />

neuesten Stand sind, wie etwa der<br />

neue NISSAN LEAF. Er verfügt<br />

über eine Ladekapazität von 40 Kilowattstunden<br />

sowie das einzigartige<br />

e-Pedal und kommt auf eine<br />

Reichweite von 400 Kilometer. Zudem<br />

überzeugt er ab der Acenta-<br />

Ausstattung mit High-Tech, Sicherheit<br />

und Comfort. Auch im Nutzfahrzeugbereich<br />

setzt das Autohaus<br />

auf Elektromobilität und bietet neben<br />

dem Basismodell e-NV200 mit<br />

40 Kilowattstunden auch die Busvariante<br />

EVALIA an. Von beiden<br />

Fahrzeugen sind auch viele Sonderfahrzeuge<br />

– vom behindertengerechten<br />

Reise-Van bis zum Kipper<br />

– erhältlich. Ansprechpartner für<br />

alle Elektrofahrzeuge und den damit<br />

verbundenen Fragen ist Wolfgang<br />

Meyer-Müller, für alle NIS-<br />

SAN-Nutzfahrzeuge ist Patrick<br />

Schmidtkord verantwortlich. (cs)<br />

BINE-Themeninfo:<br />

Wirtschaftlichkeit energieoptimierter Gebäude<br />

Neubauten und sanierte Gebäude<br />

mit einem minimalen<br />

Energiebedarf zu realisieren,<br />

ist technisch problemlos<br />

möglich. Wann, für wen und<br />

in welchem Ausmaß der gewählte<br />

Baustandard aber<br />

wirtschaftlich ist, wird innerhalb<br />

der Fachwelt und<br />

der Politik kontrovers diskutiert.<br />

Wenn die Wirtschaftlichkeit<br />

eines energieoptimierten<br />

Gebäudes beurteilt<br />

wird, spielen die eingenommene<br />

Perspektive und Annahmen<br />

zu Energiepreisen, Kapitalmarktentwicklung<br />

und Nutzungsdauer<br />

eine große Rolle. Für Bauherren,<br />

Investoren, Planer und Mieter fällt<br />

die wirtschaftliche Bilanz für umgesetzte<br />

Maßnahmen jeweils sehr<br />

unterschiedlich aus. Die BINE-<br />

Themeninfo »Wirtschaftlichkeit<br />

energieoptimierter Gebäude«<br />

(III/2017) stellt verschiedene Betrachtungsweisen<br />

zur Wirtschaftlichkeit<br />

sowie Methoden zur Erfassung<br />

der wesentlichen Zahlungsflüsse<br />

und Kosten vor. Besonders in<br />

der frühen Planungsphase sind<br />

Kostenkennwerte für Wärmeschutz<br />

und Anlagentechnik hilfreich, um<br />

sich zwischen verschiedenen Varianten<br />

zu entscheiden. Autoren<br />

der BINE-Themeninfo sind Professor<br />

Thomas Lützkendorf, Fachgebiet<br />

Immobilienwirtschaft am<br />

Karlsruher Institut für Technologie<br />

(KIT), und Dr. Andreas Enseling,<br />

Institut Wohnen und Umwelt in<br />

Darmstadt.<br />

Die BINE-Themeninfo ist kostenfrei<br />

unter www.bine.info oder Tel.<br />

0228/923790 erhältlich.<br />

44


Anzeigen<br />

Foto: A. Geissler/AKW<br />

Christian Wilhelm (1. Bürgermeister von Sonthofen), Dr. Hubert Lechner<br />

(Geschäftsführer <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke), Harald Voigt (2. Bürgermeister von<br />

Sonthofen), Ingrid Fischer (3. Bürgermeisterin von Sonthofen), Michael Lucke<br />

(AÜW-Geschäftsführer) und Thomas Kiechle (Oberbürgermeister von Kempten)<br />

bei der Inbetriebnahme der neuen Ladesäule (v.l.)<br />

Neue Tankstelle für<br />

E-Fahrzeuge in Sonthofen<br />

An der neuen, modernen Ladesäule<br />

der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke neben<br />

dem Verwaltungsgebäude können<br />

nun bis zu zwei Stromfahrzeuge<br />

gleichzeitig aufgetankt werden. »E-<br />

Mobilität ist wichtiger Bestandteil<br />

einer modernen Infrastruktur und<br />

für uns als Alpenstadt ein zentrales<br />

Thema«, erklärte Bürgermeister<br />

Christian Wilhelm bei der Inbetriebnahme.<br />

Mit einer Ladeleistung<br />

von 22 Kilowattstunden je<br />

Ladepunkt kann ein Elektroauto<br />

an der neuen »E-Tankstelle« bei<br />

entsprechender Batterietechnik<br />

sechsmal schneller geladen werden<br />

als an der Haushaltssteckdose.<br />

»Die neue Ladesäule ist Teil einer<br />

Ausbauoffensive, die wir in den<br />

nächsten Monaten umsetzen wollen«,<br />

ergänzt AKW-Geschäftsführer<br />

Dr. Hubert Lechner. Dabei werden<br />

die Standorte Hirnbeinstraße<br />

(Tiefgarage) und Bogenstraße mit<br />

neuen Ladesäulen modernisiert.<br />

Weitere Sonthofer Standorte sollen<br />

<strong>2018</strong> folgen. (cs)<br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss<br />

für die nächste Ausgabe<br />

ist der 28.05.<strong>2018</strong><br />

Anzeigen-Kontakt:<br />

Carolin Mathes und Christian Vu<br />

Tel. +49 (0)8379 728616<br />

E-Mail: info@heimat-allgaeu.info<br />

45


Meldungen<br />

Das Ostallgäu blüht auf<br />

In Pforzen haben Kinder der<br />

Grundschule Blausternchen,<br />

Winterlinge und Krokusse auf<br />

dem Hügel am Burgstall<br />

gepflanzt<br />

Die teilnehmenden<br />

Gemeinden<br />

Oberostendorf, Rieden, Pforzen,<br />

Irsee, Friesenried, Obergünzburg,<br />

Günzach, Biessenhofen, Markt ober -<br />

dorf, Lengenwang, Lechbruck a. See,<br />

Halblech, Schwangau, Füssen,<br />

Roßhaupten, Rieden a. F.<br />

Foto: Landkreis Ostallgäu<br />

Das Projekt »Wiese mal 16« ist erfolgreich<br />

angelaufen. 16 Gemeinden<br />

im Landkreis Ostallgäu hatten sich<br />

vergangenes Jahr zusammengefunden,<br />

um aktiv etwas gegen den Artenverlust<br />

zu unternehmen. Innerörtliche<br />

Flächen werden in artenreiche<br />

Wiesen mit heimischen Pflanzen<br />

umgewandelt. Die Bevölkerung<br />

soll für das Thema Artenschwund<br />

sensibilisiert, Gemeinden, Schulen<br />

und Naturschutzverbände sollen<br />

durch das Projekt vernetzt werden.<br />

Seit Projektbeginn im Sommer<br />

2017 wurden – zum Teil in Kooperation<br />

mit Schulen – zahlreiche<br />

Streuobstwiesen, Fettwiesen, Säume<br />

für Wildbienen und Schmetterlinge<br />

gesät. Tausende von Stauden und<br />

Blumenzwiebeln, zum Beispiel auf<br />

einer Verkehrsinsel unterhalb der<br />

Königsschlösser bei Hohenschwangau,<br />

wurden gesetzt. Auf dem Weg<br />

zu St. Coloman in Schwangau wurde<br />

eine artenreiche Fettwiese angesät.<br />

In Füssen fand Ende letzten Jahres<br />

auf dem Heuberger Kreisel der<br />

erste Umsetzungsworkshop für eine<br />

naturnahe Staudenmischpflanzung<br />

statt. Nun, nach dem Winter, werden<br />

weitere Gemeinden ihre Ideen<br />

umsetzen.<br />

(ve)<br />

Lehrer lernen Fakten rund um die E-Mobilität<br />

Nach wie vielen Kilometern muss<br />

ich ein E-Auto laden? Für welche<br />

Bedürfnisse eignet es sich? Wie<br />

umweltfreundlich ist es? Wie ist das<br />

Fahrgefühl? Das erfuhren im<br />

Herbst des letzten Jahres die Umweltbeauftragten<br />

von Schulen. Die<br />

Staatlichen Schulämter im Landkreis<br />

Unterallgäu und der Stadt<br />

Memmingen sowie die Fachstelle<br />

für Klimaschutz am Landratsamt<br />

Unterallgäu organisierten eine Einführung<br />

in die Elektromobilität, an<br />

der 23 Umweltbeauftragte von<br />

Grund- und Mittelschulen, Realschulen<br />

und Gymnasien teilnahmen.<br />

Referent Thomas Scharpf von<br />

der Interessensgemeinschaft zur<br />

Förderung der E-Mobilität im Unterallgäu<br />

(IFEU) erklärte, was die<br />

E-Mobilität ausmacht und welche<br />

Vorteile sie bietet. Es ging um die<br />

Reichweite, die Wirt schaftlichkeit,<br />

das Preis-Leistungs-Verhältnis, und<br />

ökologische Aspekte von E-Autos.<br />

Schließlich durften die Teilnehmer<br />

bei einer Probefahrt mit Thomas<br />

Scharpf und Klimaschutzmanagerin<br />

Andrea Ruprecht selbst testen,<br />

wie sich ein Elektroauto fährt. Die<br />

IFEU bietet für Schulen kostenfreie<br />

Vorträge rund um Elektromobilität<br />

an.<br />

(cs)<br />

An der Einführung in die<br />

Elektromobilität nahmen<br />

Umweltbeauftragte von Grundund<br />

Mittelschulen, Realschulen<br />

und Gymnasien teil<br />

Foto: Landratsamt Unterallgäu<br />

46


Meldungen<br />

Alexander Geiger (Lattemann &<br />

Geiger), Michael Lucke (<strong>Allgäu</strong>er<br />

Überlandwerk), Ulrich Geiger<br />

(Lattemann & Geiger), Landrat<br />

Anton Klotz und Bürgermeister<br />

Werner Endres (v.l.)<br />

Foto: Dietmannsried<br />

Erste Schnellladestationen in Kempten und Dietmannsried<br />

Die Elektromobilität nimmt weiter<br />

an Fahrt auf. Damit E-Mobilisten<br />

ihre Fahrzeuge schnellstmöglich<br />

wieder aufladen können, nahm das<br />

<strong>Allgäu</strong>er Überlandwerk gemeinsam<br />

mit den regionalen Partnern Lattemann<br />

& Geiger in Dietmannsried<br />

sowie McDonald‘s Kempten die ers -<br />

ten DC-Ladestationen im südlichen<br />

<strong>Allgäu</strong> in Betrieb. »Besonders E-<br />

Mobilisten, die auf der Durchreise<br />

sind oder vor der Haustür keine ei-<br />

gene Lademöglichkeit haben, sind<br />

auf die sogenannten Schnellladestationen<br />

angewiesen«, erläutert Michael<br />

Lucke, Geschäftsführer AÜW.<br />

»Bei den Standorten haben wir großen<br />

Wert darauf gelegt, dass die Zeit<br />

des Ladevorganges für eine Erholungsphase<br />

genutzt werden kann«,<br />

so Lucke weiter. »Mit dem COFFEE<br />

friends direkt an der Ausfahrt Dietmannsried<br />

an der A7 und dem<br />

McDonald´s Restaurant in Kempten<br />

am Kreuz B12/A7 realisieren<br />

wir die ersten Schnellladestationen<br />

in unserem Versorgungsgebiet und<br />

belegen somit zwei wichtige und<br />

gleichzeitig interessante Standorte«,<br />

so Michael Lucke. Landrat Anton<br />

Klotz sowie Oberbürgermeister<br />

Thomas Kiechle betonten gleichermaßen<br />

das Engagement und die<br />

Weitsicht der beteiligten Unternehmen<br />

und wünschen sich weitere<br />

dieser Allianzen im <strong>Allgäu</strong>. (cs)<br />

Anzeige<br />

47


Meldungen<br />

An dem Bundeswettbewerb<br />

können private, öffentliche<br />

oder gewerbliche Bauherren<br />

teilnehmen, die in den letzten<br />

fünf Jahren innovative Gebäude<br />

fertiggestellt haben<br />

Foto: pixabay<br />

Holzbauprojekte mit Beispielcharakter gesucht<br />

Anlässlich der Internationalen Grünen<br />

Woche, die vom 19. bis 28. Januar<br />

in Berlin stattfand, hat das<br />

Bundesministerium für Ernährung<br />

und Landwirtschaft (BMEL) den<br />

Startschuss zum vierten Bundeswettbewerb<br />

»HolzbauPlus – Bauen<br />

mit nachwachsenden Rohstoffen«<br />

gegeben. Mit ihm sollen erneut vorbildliche<br />

Projekte ausgezeichnet<br />

werden, die nachhaltiges Bauen mit<br />

Holz und nachwachsenden Rohstoffen<br />

dokumentieren und Beispielcharakter<br />

haben, erklärt Bundesminis -<br />

ter Christian Schmidt zum Start des<br />

Wettbewerbs, für den Preisgelder in<br />

Höhe von 50.000 Euro bereitstehen.<br />

Für Bewerberprojekte gelten folgende<br />

Anforderungen: Beim Neubau<br />

sollten maßgebliche Gebäudeteile<br />

wie die Baukonstruktion oder vorgefertigte<br />

Bauelemente aus Holz bestehen.<br />

In der Sanierung sind auch<br />

Massivbauten zulässig. Daneben<br />

müssen bei allen Gebäuden zwingend<br />

weitere nachwachsende Baustoffe<br />

in größerem Umfang vorkommen,<br />

etwa Dämmstoffe aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen und biobasierte<br />

beziehungsweise natürliche<br />

Baustoffe beim Innenausbau. Zudem<br />

bewertet die Jury auch das<br />

energetische Gebäudekonzept einschließlich<br />

des Einsatzes erneuerbarer<br />

Energien. Prämiert werden herausragende<br />

Neubauten und Sanierungsmaßnahmen<br />

in folgenden Kategorien:<br />

Wohnungsbau, öffentliches<br />

Bauen und gewerbliches Bauen.<br />

Teilnehmen können private, gewerbliche<br />

oder öffentliche Bauherren,<br />

die im Zeitraum vom 1. August<br />

2013 bis 31. August <strong>2018</strong> innovative<br />

Gebäude fertiggestellt oder Bestandsbauten<br />

saniert haben. Die Bewerbungsfrist<br />

läuft bis zum 1. September<br />

<strong>2018</strong>.<br />

Weitere Informationen und die<br />

vollständigen Teilnahmebedingungen<br />

unter www.holzbauplus-wettbewerb.info<br />

(cs)<br />

Terra Preta<br />

Die schwarze Revolution aus dem Regenwald<br />

Terra Preta do Indio lautet der portugiesische<br />

Name für einen Stoff,<br />

dem man wundersame Eigenschaften<br />

zuschreibt. Die Presse überschlägt<br />

sich mit Berichten über das<br />

»Schwarze Gold«, die Wissenschaft<br />

glaubt mit der Schwarzerde aus<br />

dem Regenwald zwei der größten<br />

Menschheitsprobleme lösen zu<br />

können – den Klimawandel und die<br />

Hungerkrise. Das Gute daran: Jeder<br />

kann mithelfen, denn seit 2005 ist<br />

das Geheimnis um die Herstellung<br />

der Wundererde gelüftet. Die Rezeptur<br />

mutet dabei erstaunlich einfach<br />

an, denn mehr als Küchenoder<br />

Gartenabfälle, Holzkohle und<br />

Regenwürmer sind nicht nötig. Die<br />

Autoren haben das Wissen um die<br />

fruchtbarste Erde der Welt in einem<br />

kundigen Führer zusammengetragen.<br />

Neben einer fundierten Gebrauchsanweisung<br />

zur Herstellung<br />

von Terra Preta und Biokohle (biochar),<br />

informiert das Handbuch<br />

über die Grundprinzipien von Klimafarming<br />

und Kreislaufwirtschaft.<br />

Es ist ein flammendes Plädoyer<br />

gegen Kunstdünger und<br />

Gentechnik und ein unerlässlicher<br />

Ratgeber für alle, denen gesunde<br />

Lebensmittel am Herzen liegen.<br />

»Terra Preta. Die schwarze Revolution<br />

aus dem Regenwald«, Autoren:<br />

Ute Scheub, Haiko Pieplow, Hans-<br />

Peter Schmidt, 224 Seiten, oekom<br />

verlag München, erweiterte Neuauflage,<br />

224 Seiten, Preis 22 Euro,<br />

ISBN 978-3-96238-026-7<br />

48


Kloster Irsee erhält<br />

Förderung für Ladesäule<br />

Anzeigen<br />

Foto: StMWi/S.Leiprecht<br />

Die Bayerische Wirtschaftsministerin<br />

Ilse Aigner persönlich hat dem<br />

Schwäbischen Tagungs- und Bildungszentrum<br />

Kloster Irsee und<br />

der Lechwerke AG (LEW) den positiven<br />

Förderbescheid übergeben:<br />

Rund 6100 Euro erhält die Bildungseinrichtung<br />

des Bezirks<br />

Schwaben für den Neubau einer<br />

Ladesäule für Elektrofahrzeuge aus<br />

dem bayerischen Förderprogramm<br />

für Ladeinfrastruktur. LEW hat das<br />

Kloster Irsee bei der Planung der<br />

Ladestation unterstützt und den<br />

Förderantrag eingereicht.<br />

Das bezirkseigene Bildungszentrum<br />

gehört damit zu den ersten<br />

acht Antragstellern in Bayern, die<br />

Geld aus dem Förderprogramm erhalten.<br />

Die Ladestation wird über<br />

zwei Ladepunkte verfügen, sodass<br />

immer zwei Elektroautos parallel<br />

laden können. Beide Ladepunkte<br />

werden öffentlich zugänglich und<br />

damit für jeden nutzbar sein. Sobald<br />

die neue Ladestation in Betrieb<br />

ist, wird sie in den digitalen<br />

»Ladeatlas Bayern« und in mobile<br />

Apps für Fahrer von Elektroautos<br />

eintragen. Damit wissen E-Mobilisten<br />

in der Region jederzeit, ob einer<br />

der beiden Ladepunkte aktuell<br />

verfügbar ist.<br />

(cs)<br />

Andreas Bayer, Leiter des Geschäfts -<br />

kundenvertriebs bei LEW (rechts), und<br />

Dr. Stefan Raueiser, Leiter des Schwä -<br />

bischen Bildungszentrums Irsee (links),<br />

haben den positiven Förderbescheid<br />

von Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse<br />

Aigner entgegengenommen<br />

jetzt auch<br />

online lesen!<br />

www.allgaeualternativ.de<br />

49


Umwelt<br />

Per Rad die Iller erleben<br />

E-Werke planen Themenradweg<br />

Die Bayerische Elektrizitätswerke GmbH (BEW) und ihre Partner werden in diesem<br />

Jahr mit der Umsetzung eines Themenradweges unter dem Motto »Natur und Technik<br />

im Illerwinkel« starten. Die Obere Iller zwischen Altusried und Lautrach soll besser<br />

erlebbar gemacht werden. Dabei kommen auch neue, multimediale Elemente zum<br />

Einsatz.<br />

Für den Aussichtsturm in Legau<br />

wollen die Projektpartner eine<br />

ganze Reihe von multimedialen,<br />

spielerischen Elementen<br />

entwickeln, die das Zusammen -<br />

spiel von Natur und Technik an<br />

der Iller visualisieren und<br />

erlebbar machen<br />

50<br />

An dem LEADER-geförderten Projekt sind die<br />

lokalen Aktionsgruppen Regionalentwicklung<br />

Oberallgäu und Kneippland® Unterallgäu<br />

sowie die Landkreise Unterallgäu und Oberallgäu<br />

und die angrenzenden Kommunen als Projektpartner<br />

beteiligt. Sie haben im Vorfeld viele Anregungen eingebracht.<br />

Die Elektrizitätswerke haben gemeinsam mit<br />

ihnen die einzelnen Projekte definiert und vorgeplant.<br />

Nach dem Erhalt des Förderbescheides können nun<br />

die Detailplanungen und Abstimmungen mit den beteiligten<br />

Kommunen erfolgen. Ab Sommer <strong>2018</strong> soll<br />

dann die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen beginnen.<br />

»Als Wasserkraftbetreiber möchten wir mit unseren<br />

Projekten den Lebensraum Fluss wieder für<br />

Menschen erlebbar machen. Dass wir dabei mit Mitteln<br />

aus dem LEADER-Programm unterstützt werden,<br />

bestätigt uns in diesem Ansatz«, sagt BEW-Geschäftsführer<br />

Prof. Dr. Frank Pöhler. »Gemeinsam mit den<br />

Landkreisen und Kommunen können wir nun viele<br />

Anregungen aus der Bürgerschaft oder von Verbänden<br />

aufgreifen. Der Themenradweg ‚Natur und Technik


Die Akteure und die Finanzierung<br />

Träger des Projektes ist die Bayerische Elektrizitätswerke<br />

GmbH. Unterstützt wird er dabei von den lokalen Aktions -<br />

gruppen Kneippland ® Unterallgäu und Regional entwick -<br />

lung Oberallgäu. Projektpartner sind außerdem die Land -<br />

kreise Unterallgäu und Oberallgäu sowie die Gemeinden<br />

Lautrach, Legau, Bad Grönenbach, Altusried, Dietmanns -<br />

ried und Kronburg. Die Kosten für das Projekt belaufen<br />

sich auf etwa 420.000 Euro. Die Mittel stammen zu 60<br />

Prozent aus dem Förderprogramm LEADER, ein<br />

Programm der Europäischen Union zur Stärkung des<br />

ländlichen Raums. Die Kofinanzierung erfolgt durch die<br />

Projektpartner, die an grenzenden Kommunen und die<br />

Landkreise. Die Eigenmittel werden aus dem Förderfonds<br />

des Ökostromproduktes LEW Strom Aqua Natur<br />

aufgebracht. Hier investiert LEW pro abgeschlossenem<br />

Vertrag monatlich einen Euro in die Förderung regionaler<br />

Naturschutzprojekte wie beispiels weise ökologische<br />

Maßnahmen an den Flüssen.<br />

Bald noch besser möglich:<br />

Vögel beobachten, die sich<br />

auf Treibholz in der Iller<br />

niedergelassen haben<br />

Fotos: LEW/Julian Leitenstorfer, Peter Elgaß<br />

im Illerwinkel‘ soll den Lebensraum Fluss noch stärker<br />

ins Bewusstsein der Menschen rücken.«<br />

Hauptziel des Projektes ist es, die Obere Iller besser<br />

für den Radverkehr zu erschließen und den Fluss<br />

auf diese Weise als Ort der Naherholung zu stärken.<br />

So sollen unter anderem an den Illerstaustufen Fluhmühle,<br />

Legau und Maria Steinbach neue, fahrradgerechte<br />

Rastplätze aufgebaut werden. Außerdem wird<br />

die Vogelbeobachtungsstation bei Lautrach in den<br />

Themenradweg eingebunden und der Weg dorthin<br />

besser beschildert. Im Bereich der Hängebrücke Fischers/Pfosen<br />

(Gemeinden Altusried/Dietmannsried)<br />

soll der Übergang für Fahrradfahrer optimiert werden.<br />

Im Rahmen des Projektes gehen die Partner um<br />

BEW auch innovative Wege in der Umweltbildung. So<br />

möchten sie die Möglichkeit schaffen, über QR-Codes<br />

die Iller aus der Vogelperspektive zu betrachten. Für<br />

den Aussichtsturm in Legau wollen die Projektpartner<br />

in diesem Jahr gemeinsam mit der Hochschule Kempten<br />

eine ganze Reihe von multimedialen, spielerischen<br />

Elementen entwickeln, die das Zusammenspiel<br />

►<br />

Auch die Vogelbeobachtungs -<br />

station bei Lautrach soll in den<br />

Themenradweg eingebunden<br />

und der Weg dorthin besser<br />

beschildert werden<br />

51


Umwelt<br />

Per Rad unterwegs sein und<br />

trotzdem Tier- und<br />

Pflanzenwelt entdecken – so<br />

wie hier die Fischtreppe mit<br />

Fischbeobachtungsstation in<br />

der Nähe der Hängebrücke<br />

Die Projektpartner des Themenradweges »Natur und Technik im Illerwinkel« haben Ende<br />

2017 den positiven LEADER-Förderbescheid erhalten<br />

Erste Pionierpflanzen haben die Iller-Aufweitung bereits<br />

als neues Refugium erobert<br />

von Natur und Technik an der Iller visualisieren und<br />

erlebbar machen. Die Maßnahmen zur Umweltbildung<br />

sollen in Zusammenarbeit mit der Umweltstation<br />

Unterallgäu im kommenden Jahr umgesetzt werden.<br />

»Wir werden neue Medien und interaktive Elemente<br />

einsetzen. So wollen wir neue Zielgruppen ansprechen<br />

und die Iller noch attraktiver für Familien<br />

machen«, so Landrat Hans-Joachim Weirather, Vorsitzender<br />

der federführenden LAG Kneippland® Unterallgäu.<br />

Ein weiterer Baustein des Projektes sind sogenannte<br />

Uferaufweitungen unter anderem bei Lautrach.<br />

Dabei macht BEW den Fluss an bestimmten Stellen<br />

zugänglicher und bringt Kies ein. So entstehen auch<br />

ökologisch wertvolle Flachwasserbereiche.<br />

Die geplanten Maßnahmen<br />

• Anbindung der Vogelbeobachtungsstation in Lautrach<br />

(Gemeinde Lautrach)<br />

• »Iller Interaktiv«, mediale Gestaltung der<br />

Aussichtsplattform am Kraftwerk Legau (Gemeinde<br />

Legau und Bad Grönebach)<br />

• Optimierung des Steges und Waldweges bei<br />

Fischers/Pfosen (Gemeinden Altusried, Dietmannsried)<br />

• Uferaufweitungen (Gemeinden Altusried, Kronburg)<br />

Ortsübergreifende Maßnahmen:<br />

• Konzeptentwicklung Radweg und Studie zur E-Bike-<br />

Infrastruktur<br />

• Infrastrukturmaßnahmen, z.B. radgerechte Rastplätze<br />

• Beschilderung, Besucherlenkung<br />

• Umweltbildung und »Iller Interaktiv«<br />

52


Wasserkraft<br />

Kraftwerksbau an der Ostrach<br />

Berufung gegen das Älpele-Urteil<br />

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat Mitte November letzten Jahres<br />

entschieden: Das Wasserkraftwerk Älpele an der Oberallgäuer Ostrach<br />

wird nicht genehmigt. Der Bund Naturschutz hatte erfolgreich gegen<br />

den Bau geklagt. Doch die Planungsgesellschaft will nicht klein beigeben.<br />

Sie hat Berufung eingelegt.<br />

Bis zu einer Entscheidung,<br />

ob die Ostrach zur<br />

Stromer zeu gung genutzt<br />

werden darf, wird noch<br />

einige Zeit vergehen<br />

Wir freuen uns, dass das einzigartige Naturjuwel<br />

Eisenbreche im Naturschutz -<br />

gebiet <strong>Allgäu</strong>er Hochalpen auch für<br />

kommende Generationen als unberührte, spektakuläre<br />

Wildflussklamm erhalten bleibt«, kommentierte<br />

der BN-Landesvorsitzende Prof. Dr. Hubert Weiger<br />

nach dem Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Augsburg.<br />

»Wir kämpfen mit Leidenschaft weiter!«, sagt<br />

Oliver Braun von der Planungsgesellschaft Kraftwerk<br />

Älpele mbH, die 2012 gegründet wurde und folgende<br />

Gesellschafter hat: Marktgemeinde Bad Hindelang,<br />

Elektrizitätswerke Hindelang eG, die Wald- und Weidegenossenschaft<br />

Bad Oberdorf und die Galtalpe Erzberg.<br />

Über die bisherige Entwicklung des Vorhabens<br />

berichteten wir in unseren allgäuALTERNATIV-Ausgaben<br />

1/2017 und 2/2015.<br />

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat in seiner<br />

Entscheidung den Genehmigungsbescheid des Landratsamtes<br />

Oberallgäu für das Wasserkraftwerk Älpele/Eisenbreche<br />

aufgehoben. Das Gericht sah im Bau<br />

des Wasserkraftwerks eine erhebliche Beeinträchtigung<br />

verschiedener Lebensräume und Arten. Das betrifft<br />

bedrohten Lebensraum alpine Wildflüsse, aber<br />

auch Fischarten wie Mühlkoppe oder Bachforelle. Das<br />

Vorhaben würde zu einer deutlichen Verschlechterung<br />

des gesamten Ökosystems im Bereich Eisenbreche<br />

führen, meinte das Gericht.<br />

Geplant waren eine fünf Meter hohe Staumauer<br />

mit Stauanlage, eine ca. 1,25 Kilometer lange, verrohrte<br />

Ausleitung und ein kleines Kraftwerkshaus.<br />

Die klagende Partei hatte argumentiert: »Betroffen<br />

wären von der Ausleitung sowohl die Wildflusslandschaften<br />

oberhalb der Eisenbreche als auch die spektakuläre<br />

Wildwasserklamm, die Eisenbreche an sich.<br />

Durch diese vom Wasser über Jahrtausende ausgewaschene<br />

und heute tief in die <strong>Allgäu</strong>er Berglandschaft<br />

eingeschnittene Klamm stürzt das Wasser der Ostrach<br />

in Richtung des Bad Hindelanger Ortsteiles Hinter-<br />

54


Fotos: Archiv EDITION ALLGÄU, Thomas Niehörster, Lala Aufsberg<br />

Das aktuelle Foto links zeigt die<br />

Ostrach in ihrem freien Lauf. Es<br />

gibt kaum einen Unterschied zu<br />

1946: Das Foto oben von Lala<br />

Aufsberg zeigt den Fluss und<br />

die Umgebung damals<br />

stein. Mit dem Wasserkraftwerk wären dem Naturdenkmal<br />

zeitweise 70 bis 80 Prozent ihres Wassers<br />

entzogen worden.« Tatsache ist: Das Vorhaben liegt<br />

im Naturschutzgebiet <strong>Allgäu</strong>er Hochalpen, in einem<br />

europäischen Fauna-Flora-Habitat (FFH), in einem<br />

europäischen Vogelschutzgebiet, im Landschaftsschutzgebiet<br />

und ist nach dem deutschen und bayerischen<br />

Naturschutzgesetz als Biotop geschützt. Die<br />

Eisenbreche ist darüber hinaus Naturdenkmal und<br />

Geotop.<br />

Die stark schwankenden Wasserstände der<br />

Ostrach hätten nur einen eingeschränkten Betrieb des<br />

Kraftwerkes zugelassen. Restwassermengen müssten<br />

im Fluss verbleiben. Bis zu 165 Tage im Jahr könnte das<br />

Kraftwerk nicht betrieben werden, sagen die Gegner.<br />

Dass es Tage und Wochen des Stillstandes vor allem<br />

im Winter geben könnte, wird auch von den Befürwortern<br />

nicht bestritten. Selbst angesichts dieser<br />

Einschränkung geht die Planungsgesellschaft davon<br />

aus, dass das Kraftwerk rund 2700 Haushalte im Tal<br />

mit sauberer Energie versorgen könnte. Die tiefgreifenden<br />

Untersuchungen, Planungen und Umweltverträglichkeits-Tests<br />

haben viel Geld gekostet. Auch deshalb<br />

wollen die Befürworter nicht aufgeben und versuchen,<br />

mit einer Berufung doch noch eine Genehmigung<br />

zu bekommen.<br />

Letztlich können sie sich auf einen einstimmigen<br />

Gemeinderatsbeschluss berufen, und auch Landrat<br />

Anton Klotz hatte dem Vorhaben grünes Licht gegeben.<br />

Oliver Braun als Vertreter der Befürworter macht<br />

deutlich, dass das geplante Kraftwerk kaum Eingriffe<br />

in die Landschaft und in die Schutzgebiete zur Folge<br />

habe. Seit Jahrhunderten haben die Alp-Bauern diese<br />

Landschaft gepflegt und so erhalten, wie sie heute ist.<br />

Die wenigen Eingriffe, die nötig seien, würden durch<br />

geeignete Maßnahmen mehr als ausgeglichen. Die dezentrale<br />

Stromversorgung werde in Zukunft noch viel<br />

bedeutsamer für die Gemeinde werden.<br />

Größere Unterschiede gibt es<br />

beim Vergleich der Fotos der<br />

Eisenbreche heute (Foto links)<br />

und 1946 (Aufsberg-Foto oben).<br />

Heute gibt es deutlich mehr<br />

Bewuchs<br />

Die Ostrach am frühen Morgen<br />

55


Tourismus<br />

Weniger Strom – mehr Licht<br />

Neue Beleuchtung in der Sturmannshöhle<br />

Die einzige Spalthöhle des <strong>Allgäu</strong>s führt tief in das Erdinnere und ist<br />

Millionen von Jahren alt. Ganz so viele Jahre hatte die Beleuchtung nicht<br />

auf dem Buckel, aber es war trotzdem an der Zeit, dass sie erneuert wird.<br />

Nun erstrahlt die Höhle in neuem Glanz – die eingebauten LED-Lampen<br />

setzen nicht nur besondere Akzente, sondern sparen auch bares Geld.<br />

Im Jahr 1906 war die Sturmannshöhle das erste<br />

Objekt in Obermaiselstein, das mit Strom versorgt<br />

wurde, und bis vor Kurzem tauchten simple Glühbirnen<br />

und große Strahler die Spalthöhle in ein orangefarbenes<br />

Licht. Jedoch war schon länger bekannt,<br />

dass die Höhlenbeleuchtung erneuert und auf den<br />

Stand der Technik gebracht werden muss.<br />

Die finanzielle Umsetzung dieses Vorhabens war<br />

möglich durch das Interreg-Projekt »Bewegende Natur«<br />

des Naturparks Nagelfluhkette, in dem sich die<br />

Höhle befindet. Mit dem Projekt soll der Naturerlebnistourismus<br />

in der Region unterstützt werden, so Rolf<br />

Eberhardt, Geschäftsführer des Naturparks. Für die<br />

praktische Umsetzung sorgte Oliver Heil von der Firma<br />

Cave Lighting aus Herborn in Hessen, die schon<br />

für Licht in 100 Höhlen – von den Cayman Islands<br />

über den Kaukasus bis nach Marokko und Australien<br />

– sorgte.<br />

Beeindruckende Zahlen<br />

Mit dieser tatkräftigen Unterstützung gelang die<br />

Rundumerneuerung innerhalb weniger Wochen. Zunächst<br />

wurden die alten Glühbirnen und Strahler so-<br />

Die installierten LED-Lampen<br />

wurden von der Firma Cave<br />

Lighting speziell für Höhlen<br />

entwickelt und gebaut<br />

Die neuen Beleuchtung<br />

sorgt für einen echten 3D-<br />

Effekt und zeigen die Höhle<br />

in ihrer ganzen Pracht<br />

Fotos: Ramona Klein, Claudia Schöwe<br />

56


Per Funksteuerung können einzelne Aspekte besonders in<br />

Szene gesetzt werden wie etwa Karl, der gute Geist, der die<br />

Geschichte der Höhle erzählen kann<br />

Die farbige Beleuchtung am Höhlensee ist ein Hingucker<br />

und vor allem für Kinder ein Highlight<br />

wie die Kabel entfernt, die deutlich sichtbar durch die<br />

ganze Höhle verliefen und das Gesamtbild störten.<br />

Nachdem dies geschafft war, ging es an die Installation<br />

der neuen Beleuchtung: Für sie wurden an<br />

die 5000 Meter Kabel verlegt – die allerdings kaum<br />

sichtbar sind – und etwa 250 LED-Lampen platziert,<br />

die eine Gesamtleistung von 800 Watt und eine Energieeinsparung<br />

von mindestens 90 Prozent im Vergleich<br />

zu vorher bringen. Zudem sind die Leuchten<br />

wasserdicht. Dies ist wichtig, da es besonders im unteren<br />

Teil der Höhle zu Überschwemmungen kommen<br />

kann. Dann steigt der Wasserpegel gut und gerne<br />

mehrere Meter an. Doch Oliver Heil versichert, dass<br />

die speziell für Höhlen entwickelten Lampen bis zu 50<br />

Meter Tiefe wasserdicht sind.<br />

Gut für Mensch und Tier<br />

Doch das sind nicht die einzigen positiven<br />

Aspekte der neuen Beleuchtung, wie Oliver Heil erklärt.<br />

Da man sich für kaltweiße Lampen entschieden<br />

hat, die ungefähr dem Tageslicht entsprechen, sehen<br />

Besucher die Höhle so, wie sie ist. Vorher – mit den<br />

alten Leuchten – verschwamm alles in einem orangefarbenen<br />

Licht, und man konnte viele Details wie etwa<br />

Spalten nicht wahrnehmen. Nun ist das Licht in der<br />

Höhle fokussierter, denn neben dem Weg werden auch<br />

einzelne Bereiche beleuchtet. Das stellt einen Mehrwert<br />

für Besucher dar, denn dies ermöglicht ihnen auf<br />

dem Rückweg einen ganz anderen Blick als auf dem<br />

Hinweg. Ebenfalls neu ist die akzentuierte farbige Beleuchtung<br />

an zwei markanten Punkten, dem Drachentor<br />

und dem Höhlensee. Zudem kann der Höhlenführer<br />

über Funksteuerung die Lichtanlage bedienen und<br />

so einzelne Aspekte beleuchten, passend zur Führung.<br />

Spricht er also gerade über den Schatz der Sturmannshöhle,<br />

ist es ihm möglich, auch nur den Schatz zu erhellen<br />

und alles andere im Dunkel zu lassen.<br />

Aber nicht nur den menschlichen Besuchern gefällt<br />

die neue Beleuchtung, sondern auch den tierischen.<br />

Denn zahlreiche Fledermäuse nutzen die Höhle zum<br />

Überwintern, und dieser Rückzugsort sollte für sie erhalten<br />

bleiben, was auch gelang. Außerdem ist die neue<br />

Beleuchtung insgesamten fledermausfreundlicher als<br />

die alte, denn die LED-Lampen können gedimmt werden,<br />

und je dunkler es ist, umso wohler fühlen sie sich.<br />

Uns Menschen behagt die Dunkelheit meistens<br />

nicht so, und für viele ist nichts schlimmer als ein<br />

Stromausfall, besonders, wenn man sich währenddessen<br />

in einer Höhle befindet. Doch Besucher können<br />

beruhigt sein: Für den Fall der Fälle gewährleistet eine<br />

Batterie das Wegelicht für etwa zwei Stunden – so<br />

kann jeder die Höhle sicher verlassen und sieht sie<br />

nochmal aus einem ganz anderen Blickwinkel. (cs)<br />

Wo früher alles in einem<br />

orangefarbenen Licht<br />

verschwamm, zeigen die<br />

kaltweißen LEDs heute viele<br />

Details wie etwa Spalten<br />

und Gesteinsstrukturen<br />

57


Klimaschutz<br />

Urlaub auf dem Bauernhof<br />

Gäste tanken und sparen Energie<br />

Auf dem Bio-Bauernhof der Familie Bayrhof in Roßhaupten wurden in den letzten<br />

Jahren viele große und kleine Investitionen vorgenommen, die den Energieverbrauch<br />

enorm senkten. So können Besucher hier nicht nur einen gästefreundlichen, sondern<br />

auch einen energiefreundlichen Urlaub verbringen.<br />

Wir sind uns unserer Verantwortung für<br />

unsere Umwelt bewusst. Unsere Gäste<br />

machen Urlaub auf dem Bauernhof, um<br />

neue Energie in der einzigartigen <strong>Allgäu</strong>er Landschaft<br />

zu tanken. Diese Landschaft zu erhalten, ist für uns als<br />

Bio-Bauernhof selbstverständlich. Dabei zählt für uns<br />

auch, dass wir bewusst mit dem Thema Energieverbrauch<br />

und Energieeinsparung umgehen.« Diese<br />

nachhaltige Lebenseinstellung der Familie Bayrhof<br />

spiegelt sich in vielen Bereichen auf dem Hof wider.<br />

Heizen mit Wärme aus der Erde<br />

Ein gutes Beispiel sind die zwei Ferienwohnungen,<br />

in denen tendenziell viel Energie beim Heizen<br />

verbraucht wird. Um hier Kosten und auch Kohlenstoffdioxid<br />

einzusparen, nutzt der Landwirt Markus<br />

Bayrhof seit zehn Jahren Wärme aus dem Erdreich als<br />

Wärmequelle. Dadurch wird über eine Wärmepumpe<br />

die Erdwärme als Heizenergie für das Austragshaus<br />

mit den Ferienwohnungen abgegeben. Für zusätzliche<br />

Wärme und Kosteneinsparungen an kalten Tagen<br />

sorgt der Ofen der Familie. Wird dieser angeheizt,<br />

wird über eine Wassertasche oberhalb des Kamins die<br />

Energie in den Heizkreislauf eingespeist.<br />

Sonnenstrom vom Stalldach<br />

Für noch mehr Energieeffizienz sorgt eine Photovoltaikanlage,<br />

die sich auf dem Stall befindet. Mit ei-<br />

58


LandSchafftEnergie – Energiewende im ländlichen Raum<br />

Die Umsetzung der Energiewende im ländlichen Raum stellt eine große<br />

gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Herausforderung dar. Sie wird nur<br />

dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, maßgeschneiderte Lösungen zu finden<br />

und dafür die Akzeptanz der Menschen zu erreichen. Mit diesem Ziel rief das<br />

Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) im<br />

Jahr 2012 das Expertenteam »LandSchafftEnergie – Energiewende im<br />

ländlichen Raum« ins Leben. Seit 2014 ist es nunmehr ein gemeinsames Projekt<br />

des StMELF und des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien,<br />

Energie und Technologie (StMWi) und bietet eine kostenfreie und produktneutrale<br />

Information und Beratung rund um die Energiewende im ländlichen<br />

Raum an. So sollen die effiziente Erzeugung und der verantwortungsvolle<br />

Verbrauch von Strom und Wärme gefördert werden. Ein weiteres Ziel ist es,<br />

die Umsetzung von Projekten zum Thema erneuerbare Energien<br />

voranzutreiben und klimaschonende Mobilitätskonzepte zu unterstützen.<br />

Fotos: Markus Baur<br />

Dank der Photovoltaikanlage kann der kürzlich<br />

angeschaffte elektrische Hoftraktor mit eigenproduziertem<br />

Strom geladen werden<br />

Über eine Wassertasche oberhalb des<br />

Kaminofens gelangt warmes Wasser in den<br />

Heizkreislauf – das spart zusätzlich Energie<br />

Die Photovolt aik anlage deckt fast 40 Prozent<br />

des Stromverbrauches am Hof. Gespeichert<br />

wird der Sonnenstrom in zwei Batterien<br />

ner Leistung von 29 Kilowatt peak erzeugt sie erneuerbaren<br />

Sonnenstrom und deckt damit 37 Prozent des<br />

Stromverbrauches auf dem Hof ab. Darüber hinaus hat<br />

sich die Familie aufgrund des ökologischen Bewusstseins<br />

im letzten Jahr zwei 7,5-Kilowattstunden-Batteriespeicher<br />

einbauen lassen – dadurch stieg der Eigenstromanteil<br />

auf 46 Prozent.<br />

Zusätzlich zu diesen eigenen Ideen wurde der<br />

Landwirt auf seinem Weg zu einem energieeffizienten<br />

Bauernhof vom Team der »LandSchafftEnergie-Berater«<br />

am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Fors -<br />

ten Kempten begleitet. Über die kostenfreie Energieberatung<br />

konnte sich die Familie außerdem darüber<br />

informieren, wo und welche Investitionen zur Energieeinsparung<br />

auf ihrem Hof sinnvoll sind.<br />

Ökologisches Bewusstsein<br />

Getreu dem Motto »Kleinvieh macht auch Mist«<br />

müssen diese auch nicht immer groß sein. Unterm<br />

Strich lässt sich auch über viele Kleinigkeiten im Alltag<br />

Energie sparen. So wurden etwa der Stall, das Wohnhaus<br />

und die Ferienwohnungen mit LED-Lampen<br />

ausgestattet. Außerdem wurden auf dem gesamten<br />

Hof Wassersparvorrichtungen installiert, und in den<br />

Ferienwohnungen kommen nur energieeffiziente Geräte<br />

zum Einsatz.<br />

All dies kann auch dazu beitragen, ein ökologisches<br />

Bewusstsein bei den Gästen zu schaffen. Natürlich<br />

sind sie in erster Linie auf dem Bauernhof, um<br />

sich zu erholen, betont der Landwirt. Aber sind die<br />

Gäste interessiert und neugierig, dann erklärt er ihnen<br />

gerne die erneuerbaren Energiequellen auf dem Hof.<br />

»Wärmerückgewinnung kennen die wenigsten. Viele<br />

wissen nicht, wie viel Energie in der Milch steckt und<br />

dass die Milchkühlung gleichzeitig warmes Wasser liefern<br />

kann«, so Markus Bayrhof.<br />

Auch im Bereich Mobilität denkt die Familie weiter:<br />

Damit die Gäste das Auto im Urlaub auch mal stehen<br />

lassen, dürfen sie sich auf dem Ferienhof Fahrräder<br />

ausleihen. Ebenfalls geplant ist die Anschaffung<br />

von E-Bikes – für alle die nicht so kräftig in die Pedale<br />

treten wollen. Elektrisch unterwegs ist seit Kurzem<br />

auch der Landwirt selber, dank eines strombetriebenen<br />

Hoftraktors. Dieser bringt nicht nur den Vorteil,<br />

dass so der gewonnene Solarstrom optimal genutzt<br />

werden kann, sondern er senkt zudem den Geräuschpegel<br />

auf dem Hof um ein Vielfaches.<br />

So können die Gäste ihren klimafreundlichen<br />

Urlaub noch mehr genießen. Eva Nowatschin/(cs)<br />

59


Wissenstransfer<br />

Ein Plus an Auslandserfahrung<br />

Studienmodell »Bachelor International«<br />

Seit knapp einem Jahr bietet die Hochschule Biberach in allen Bachelor-<br />

Studiengängen die Möglichkeit, zwei Semester im Ausland zu verbringen.<br />

Durch die Kombination je eines Studien- und Praxissemesters können die<br />

Studenten sowohl theoretische als auch praktische Erfahrungen in einem<br />

internationalen Umfeld sammeln.<br />

Die Hochschule Biberach (HBC) hat dieses internationale<br />

Studienmodell bereits im Studiengang<br />

Energie-Ingenieurwesen erfolgreich<br />

getestet. Hier konnten die Studierenden schon in der<br />

Vergangenheit entscheiden, ob sie ein Semester länger<br />

studieren möchten, um insgesamt ein Jahr im Ausland<br />

zu verbringen. Das Modell kam gut an: Rund 60 Studenten<br />

und Studentinnen – Tendenz steigend – haben<br />

bisher am »Bachelor International« teilgenommen<br />

und je ein Studien- sowie Praxissemester etwa in Kanada,<br />

Schweden und Jordanien verbracht.<br />

Nicht nur ihre Sprachkenntnisse und ihre interkulturelle<br />

Kompetenz haben die Studierenden dadurch<br />

verbessert, sagt Prof. Dr.-Ing. Norbert Büchter,<br />

Prorektor für Studium und internationale Angelegenheiten:<br />

»Die Teilnehmer profitieren stark von dem<br />

Programm, was ihre individuelle Persönlichkeitsentwicklung<br />

angeht.« Außerdem wirke sich der zweit -<br />

semestrige Auslandsaufenthalt positiv auf den Lebenslauf<br />

aus.<br />

Rundum-Betreuung<br />

Die Chance nutzte Friederike<br />

Soldner und verbrachte ein<br />

Studiensemester in Jordanien<br />

sowie ein Praxissemester in<br />

Norwegen<br />

Foto: Friederike Soldner<br />

Die Entscheidung für den »Bachelor International«<br />

treffen die Studierenden nicht vor, sondern während<br />

des Studiums, so Büchter. In der Regel dienen die<br />

ersten beiden Semester der Orientierung und dem<br />

Grundlagenstudium, danach können sie sich für das<br />

Studienmodell bewerben, und ab dem vierten Semes -<br />

ter beginnen die Vorbereitungen für den Auslandsaufenthalt<br />

– etwa Sprachkurse oder interkulturelle Trainings.<br />

Das Studienmodell »Bachelor International« ist<br />

ein strukturiertes Programm innerhalb des eigentlichen<br />

Studiums. Nachteile, so Büchter, würden daraus<br />

nicht entstehen. Teilnehmer absolvieren insgesamt 240<br />

Leistungspunkte, und zum Abschluss ihres Studiums<br />

erhalten sie ein zusätzliches Zertifikat.<br />

Für das Studiensemester stehen den Studierenden<br />

des »Bachelor International« die Kontakte der<br />

Hochschule Biberach zu Partnerhochschulen weltweit<br />

zur Verfügung. Betreut werden die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer des Programms durch das International<br />

Office an der HBC sowie durch den jeweiligen Studiengang.<br />

»Studieren ist längst nicht mehr nur Lernen von<br />

reinem Fachwissen – und das für die Dauer eines gesamten<br />

Studiums an einem Ort«, sagt Prorektor<br />

Büchter. Die Arbeitswelt erwartet mehr – wie etwa<br />

Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse. Mit dem<br />

»Bachelor International« biete die HBC neugierigen<br />

Studierenden dafür ein maßgeschneidertes Programm<br />

an.<br />

Weitere Informationen unter www.hochschulebiberach.de/web/bachelor-international<br />

60


Wissenstransfer<br />

Landesforschungszentrum<br />

Biberacher Dozent wird Vorsitzender<br />

Prof. Roland Koenigsdorff, Experte für Gebäudeklimatik, Energiesysteme<br />

und Geothermie an der Hochschule Biberach, ist zum Vorsitzenden des wissenschaftlichen<br />

Beirates am Landesforschungszentrum Geothermie gewählt<br />

worden. Damit ist er als erster Vertreter einer Hochschule für Angewandte<br />

Wissenschaften mit diesem Amt betraut worden.<br />

Bereits seit vielen Jahren ist Professor<br />

Koenigsdorff Mitglied des Beirates und Forschungspartner<br />

im Landesforschungszentrum<br />

Geo thermie (LFZG). Nun folgt er, zunächst für<br />

zwei Jahre, auf seinen Kollegen Prof. Dr. Manfred Joswig<br />

von der Universität Stuttgart, der dieses Ehrenamt<br />

acht Jahre lang innehatte und jetzt aus Altersgründen<br />

niederlegte.<br />

Das LFZG ist mit einer Geschäftsstelle und den<br />

leitenden Professoren am Karlsruher Institut für Technologie<br />

(KIT) lokalisiert. Dort arbeiten die Wissenschaftler<br />

in enger Partnerschaft mit weiteren Kolleginnen<br />

und Kollegen des KIT, der Universitäten Stuttgart,<br />

Freiburg, Tübingen und Heidelberg zusammen sowie<br />

mit den Hochschulen Karlsruhe, Offenburg und Biberach.<br />

Dem Landesforschungszentrum gehören darüber<br />

hinaus die Forschungsinstitute EIFER und Solites<br />

an. Im Beirat vertreten sind auch das Ministerium für<br />

Wissenschaft und Kunst sowie das Umweltministerium<br />

Baden-Württemberg.<br />

Er ist ein Tausendsassa<br />

In den letzten sechs Jahren hat sich Koenigsdorff<br />

als Forschungspartner und Beiratsmitglied des LFZG<br />

engagiert und in fünf vom Land geförderten Verbundprojekten<br />

unter diesem Dach geforscht, davon zwei<br />

unter der Federführung der Hochschule Biberach.<br />

Über seine einstimmige Wahl zum Vorsitzenden des<br />

wissenschaftlichen Beirates und das damit verbundene<br />

Vertrauen freut er sich nach eigenen Angaben »persönlich<br />

ausgesprochen«.<br />

An der Hochschule Biberach ist Prof. Dr.-Ing.<br />

Roland Koenigsdorff neben der Lehre in den Studiengängen<br />

Energie-Ingenieurwesen sowie Energie- und<br />

Gebäudesysteme als geschäftsführender Leiter und<br />

Forscher im Institut für Gebäude- und Energiesysteme<br />

aktiv. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind<br />

die Konzeptentwicklung, Simulation sowie das Monitoring<br />

von Gebäudesystemen in Verbindung mit oberflächennaher<br />

Geothermie sowie integrierte Energiekonzepte<br />

mit energetisch und exergetisch optimierter<br />

Energienutzung. Daneben ist er als Berater für private<br />

und öffentliche Institutionen sowie in der Richtlinienarbeit<br />

des Verbandes Deutscher Ingenieure (VDI) tätig.<br />

Er ist Autor des Fachbuchs »Oberflächennahe<br />

Geothermie für Gebäude« und Teil eines Autorenkollektivs,<br />

das Leitfäden des Verbandes Beratender Ingenieure<br />

zur Geothermie verfasst. Das Rechenverfahren<br />

GEO-HANDligh zur Auslegung von Erdwärmesonden<br />

stammt von ihm und seinem Biberacher Team<br />

und wird derzeit in einem Forschungsprojekt für andere<br />

Systeme zur oberflächennahen geothermischen<br />

Energiegewinnung weiterentwickelt.<br />

Professor Dr.-Ing. Roland<br />

Koenigs dorff ist nun Vorsitzen -<br />

der des wissenschaftlichen<br />

Beirats der Landesforschungs -<br />

gruppe Geothermie in Baden-<br />

Württemberg<br />

Foto: privat<br />

61


Landwirtschaft<br />

Sonne ernten auf zwei Etagen<br />

Ein vielversprechender Lösungsansatz<br />

Bislang galt für Ackerflächen: entweder Photovoltaik oder Photosynthese, also<br />

Stromerzeugung oder Nahrungs mittelproduktion. Ein Pilotprojekt am Bodensee<br />

hat nun bewiesen, dass beides miteinander vereinbar ist. Die Agro photovoltaik kann<br />

durch ressourceneffiziente Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen die<br />

Flächenkonkurrenz abmildern und Landwirten neue Einkommensquellen liefern.<br />

Agrophotovoltaik bedeutet eine<br />

innovative, ressourceneffiziente<br />

Doppelnutzung von Acker -<br />

flächen, die die Produktion von<br />

landwirtschaftlichen Gütern<br />

unterhalb von Photovoltaik-<br />

Freiflächenanlagen erlaubt<br />

62<br />

Die Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach –<br />

hier wurde im September 2016 die Agrophotovoltaik-Pilotanlage<br />

installiert und in Betrieb<br />

genommen. Dafür wurde eine Testfläche von<br />

etwa zweieinhalb Hektar eingesetzt, von der die Anlage<br />

ein Drittel Hektar in Anspruch nimmt. Auf diesem<br />

wurden in fünf Metern Höhe Photovoltaik-Module<br />

montiert. Gleichzeitig wurden darunter vier verschiedene<br />

Kulturen – Kartoffel, Sellerie, Winterweizen und<br />

Kleegras – angebaut. Durch einen größeren Reihenabstand<br />

zwischen den bifazialen Glas-Glas-Solarmodulen<br />

und die Ausrichtung nach Südwesten wurde<br />

sichergestellt, dass die Nutzpflanzen gleichmäßig Sonnenstrahlung<br />

erhalten.<br />

Auf dem übrigen Testacker hat das Projektteam<br />

rund um die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare<br />

Energiesysteme (ISE) eine Referenzfläche in der<br />

gleichen Größe mit der gleichen Bepflanzung angelegt,<br />

aber ohne Photovoltaik-Module.<br />

Positive Bilanz trotz Ernteverlusten<br />

Ein Jahr nach Installierung der Agrophotovoltaik-Anlage<br />

konnten im Herbst des letzten Jahres die<br />

ersten Ernten eingefahren werden. Und die waren<br />

durchaus vielversprechend. »Bei Kleegras ist der Ertrag<br />

im Vergleich zur Referenzfläche nur leicht um 5,3<br />

Prozent reduziert«, berichtet Prof. Dr. Petra Högy,<br />

Agrarexpertin an der Universität Hohenheim. »Bei<br />

Kartoffel, Weizen und Sellerie sind die Ernteverluste<br />

durch die Beschattung mit 18 bis 19 Prozent etwas<br />

stärker ausgeprägt.«<br />

Auch Prof. Dr. Iris Lewandowski, Leiterin des<br />

Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen<br />

an der Universität Hohenheim, zieht eine<br />

positive Bilanz und betont: »Aus agrarwissenschaftlicher<br />

Sicht sieht Agrophotovoltaik nach einem vielversprechenden<br />

Lösungsansatz aus, um die Landnutzungseffizienz<br />

zu erhöhen und den Mix erneuerbarer


Die Projektpartner<br />

der Agrophotovoltaik-Anlage<br />

Energien zu erweitern, die künftig aus der Landwirtschaft<br />

bereitgestellt werden.« Allerdings seien noch<br />

mehr Praxisjahre und Untersuchungen mit anderen<br />

Kulturen sinnvoll, um eindeutige Aussagen treffen zu<br />

können, so die Expertinnen.<br />

Überdurchschnittliche Stromernte<br />

Der Ertrag der Photovoltaikanlage war im ers ten<br />

Projektjahr ebenfalls bemerkenswert. Der Grund dafür:<br />

Die insgesamt 720 bifazialen Solarmodule gewinnen<br />

Sonnenstrom nicht nur auf der Vorderseite,<br />

sondern nutzen auch die von der Umgebung reflektierte<br />

Strahlung auf der Rückseite. So kann sie bei<br />

günstigen Bedingungen, zum Beispiel bei einer<br />

Schneefläche, bis zu 25 Prozent Mehrertrag erzielen<br />

und den Energieertrag der Fläche merklich erhöhen.<br />

Zusätzlich sorgt die beidseitige Zellverglasung für<br />

eine homogene Lichtverteilung über den Pflan- ►<br />

Neben dem Fraunhofer ISE, das die<br />

Projekt leitung innehat und für den<br />

technischen Teil zuständig ist, und der<br />

Demeter-Hof gemein schaft Heggelbach,<br />

auf deren Acker flächen die Praxis -<br />

tauglichkeit erforscht werden soll,<br />

sind folgende Partner an dem Projekt<br />

beteiligt:<br />

• die Universität Hohenheim: zuständig<br />

für die agrar wissenschaftliche und<br />

ökologische Analyse;<br />

• das Institut für Technikfolgen -<br />

abschätzung und System analyse<br />

des Karlsruher Instituts für Techno -<br />

logie: konzipierte und realisierte den<br />

»Living Lab«-Ansatz, der die lokale<br />

Bevölkerung und Stakeholder in die<br />

Technologie entwicklung einbezieht;<br />

• der Energieversorger EWS-Schönau:<br />

nimmt über schüssigen Strom ab;<br />

• die BayWa r.e.: verantwortet die<br />

Agrophotovoltaik-Anlagenprojektierung<br />

und Betriebsführung.<br />

Der Regionalverband Bodensee-<br />

Ober schwaben mit Sitz in Ravensburg<br />

unterstützt das Projektvorhaben auf<br />

regionaler und kommunaler Ebene. Dem<br />

Projektbeirat gehören unter anderem<br />

der Bundesverband Solar wirtschaft, der<br />

Landes bauern verband Baden-Württem -<br />

berg und der Bund für Umwelt und<br />

Naturschutz Deutschland, Landesverband<br />

Baden-Württemberg, an. Gefördert wird<br />

das Projekt vom Bundes ministerium für<br />

Bildung und Forschung und der FONA-<br />

Forschung für nachhaltige Entwicklung.<br />

63


Landwirtschaft<br />

Getrennte Flächennutzung auf 2 Hektar Ackerland<br />

1 Hektar 1 Hektar<br />

100 % Weizen 100 % Solarstrom = 100 % Weizen<br />

100 % Solarstrom<br />

Gemischte Flächennutzung auf 2 Hektar Ackerland: Effizienz > 60 % gesteigert<br />

1 Hektar 1 Hektar<br />

80 % Weizen<br />

80 % Solarstrom<br />

80 % Weizen<br />

+ 80 % Solarstrom =<br />

Durch Agrophotovoltaik und die damit ein hergehende Doppelnutzung<br />

der Fläche wird die Landnutzungseffizienz um 60 Prozent gesteigert<br />

160 % Weizen<br />

160 % Solarstrom<br />

zen. Aus energetischer Sicht ist diese Doppelnutzung<br />

einer Ackerfläche deutlich effizienter als der reine<br />

Anbau von Energiepflanzen, der in Deutschland immerhin<br />

18 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen<br />

belegt.<br />

Mit der installierten Leistung von 194 Kilowatt<br />

können 62 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden.<br />

In den ersten zwölf Monaten hat die Photovoltaik-Anlage<br />

1266 Kilowattstunden Strom pro installiertem Kilowatt<br />

Leistung geerntet. Damit liegt sie ein Drittel<br />

über dem landesweiten Durchschnitt von 950 Kilowattstunden<br />

pro Kilowatt. Weiterer positiver Aspekt:<br />

Der tägliche Verlauf der Stromernte passt gut zu den<br />

Lastverläufen auf dem Hof. So wurden etwa 40 Prozent<br />

des erzeugten Solarstroms direkt für das Betanken<br />

des Elektrofahrzeugs sowie die Verarbeitung der<br />

Produkte genutzt. In den Sommermonaten wurde die<br />

Last tagsüber fast komplett durch die Photovoltaik-<br />

Anlage beliefert. Die Demeter-Bauern planen, durch<br />

eine Optimierung ihres Verbrauchsverhaltens und den<br />

Einsatz eines Stromspeichers den Grad der Eigennutzung<br />

gar auf 70 Prozent zu erhöhen. Den überschüssigen<br />

Strom nimmt der Projektpartner Elektrizitätswerke<br />

Schönau ab.<br />

Die bifazialen Solarmodule gewinnen<br />

Sonnenstrom auf der Vorder- und Rückseite<br />

und erzielen so einen Mehrertrag


Da die Solarmodule in fünf<br />

Metern Höhe montiert<br />

wurden, können landwirtschaftliche<br />

Fahrzeuge problemlos<br />

unter der Anlage durchfahren<br />

Ein geglücktes Projekt<br />

Auch die Experten des Fraunhofer ISE zeigen<br />

sich beeindruckt. »Die Ergebnisse des ersten Projektjahres<br />

sind ein voller Erfolg, da sich die Agrophotovoltaik-Anlage<br />

als praxistauglich erwiesen hat, die<br />

Kos ten schon heute mit kleinen Solar-Dachanlagen<br />

wettbewerbsfähig sind, die Ernteprodukte ausreichend<br />

hoch und wirtschaftlich rentabel vermarktet werden<br />

können«, so Stephan Schindele, Projektleiter Agrophotovoltaik<br />

am Fraunhofer ISE. Institutsleiter Dr.<br />

Andreas Bett ergänzt: »Die Agrophotovoltaik hat das<br />

Potenzial, neue Flächen für den dringend benötigten<br />

Photovoltaik-Ausbau in Deutschland zu erschließen<br />

und gleichzeitig den Flächenkonflikt zwischen Landwirtschaft<br />

und Freiflächenanlagen zu mildern. Bis zur<br />

Marktreife der Technologie müssen jedoch noch weitere<br />

Sparten und Anlagengrößen getestet und die technische<br />

Integration vorangetrieben werden, zum Beispiel<br />

bei der Speicherung.«<br />

Zunächst einmal wird allerdings weiter an der<br />

Pilotanlage in Heggelbach geforscht, die noch bis 2019<br />

betrieben wird und schon jetzt ein wegweisender<br />

Lösungsansatz für die Zukunft ist.<br />

(cs)<br />

Als Testkulturen wurden<br />

auf einem Drittel Hektar<br />

Winterweizen, Kartoffeln,<br />

Sellerie und Kleegras unter<br />

der Agrophotovoltaik-<br />

Anlage angebaut<br />

Fotos: Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach, Fraunhofer ISE<br />

65


Landwirtschaft<br />

Artenvielfalt – Artensterben<br />

Was geht das uns <strong>Allgäu</strong>er an?<br />

Wie schwer wiegt der globale Artenverlust? Wie wirkt er sich im <strong>Allgäu</strong> aus? Verändern<br />

sich Stoffkreisläufe in einem Ökosystem mit wenig Arten? Um dies zu klären, wurde 2002<br />

das Jena-Experiment etabliert, eines der größten Biodiversitätsexperimente weltweit. Zwei<br />

unerwartete Ergebnisse der Langzeitstudie: Biodiversität beeinflusst knapp die Hälfte der<br />

Prozesse im Ökosystem, und intensive Grünlandbewirtschaftung, wie sie in weiten Teilen<br />

des <strong>Allgäu</strong>s üblich ist, erzielt keinen höheren Ertrag als eine hohe Biodiversität.


Fotos: Archiv EDITION ALLGÄU<br />

Ein Ökosystem stellt für den Menschen Naturleistungen<br />

bereit wie zum Beispiel die Fruchtbarkeit<br />

des Bodens, die Grundwasserqualität,<br />

die Produktion von Nahrungsmitteln oder auch das<br />

Bestäuben durch Insekten, das essentiell für viele<br />

Früchte ist. Deshalb sind intakte Ökosysteme fürs<br />

Überleben aller Lebewesen wichtig. Welche Bedeutung<br />

hat somit das Sterben der Arten? Kann der weltweite<br />

Artenverlust dazu führen, dass Ökosysteme am<br />

Ende schlechter funktionieren?<br />

Die Ergebnisse des Langzeitprojektes Jena-Experiment,<br />

das von der Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

koordiniert wird, hat Professor Weisser vom Lehrstuhl<br />

für Terrestrische Ökologie an der Technischen Universität<br />

München (TUM) zusammengefasst. Er war bis<br />

ins Jahr 2015 Sprecher des interdisziplinären Forschungskonsortiums.<br />

Langzeituntersuchung über 15 Jahre<br />

»Eine Besonderheit am Jena-Experiment ist die<br />

Tatsache, dass wir über 15 Jahre unsere Untersuchungen<br />

und Analysen durchgeführt haben«, erklärt Weisser.<br />

Werde ein Lebensraum durch menschliches Eingreifen<br />

zerstört oder verändert, sterbe eine Art meist<br />

nicht sofort aus, sondern einige Zeit später. Und dieses<br />

Aussterben hat nach dieser Erkenntnis dann einen<br />

zeitverzögerten Effekt auf die Stoffkreisläufe.<br />

Der Wandel der Biodiversität wurde im Jena-Experiment<br />

über die Zeit stärker: In artenreichen Gemeinschaften<br />

wurden die positiven Effekte wie etwa<br />

die Kohlenstoffspeicherung im Boden, die mikrobielle<br />

Atmung oder die Entwicklung der Bodenfauna erst<br />

mit der Zeit stärker. Andererseits wurden die negativen<br />

Effekte von Monokulturen später sichtbar. »Dies<br />

bedeutet, dass die negativen Effekte des derzeitigen<br />

Artenverlustes erst in einigen Jahren vollständig augenscheinlich<br />

werden«, warnt Weisser.<br />

Landwirt ist nicht besser als die Natur<br />

80.000 Messungen wurden durchgeführt. Auf<br />

mehr als 500 Versuchsparzellen wurden unterschiedlich<br />

viele Pflanzenarten angesät, von Monokulturen<br />

bis zu Mischungen mit 60 Arten. Neben Pflanzen wurden<br />

auch alle weiteren im Ökosystem vorkommenden<br />

Organismen untersucht – im Boden und auch oberhalb.<br />

Daneben haben Bodenkundler die Stoffkreisläufe<br />

von Kohlenstoff, Stickstoff und Nitrat und auch der<br />

Wasserkreislauf über den gesamten Zeitraum von 15<br />

Jahren untersucht.<br />

So konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

belegen, wie sich die Artenvielfalt auswirkt<br />

auf die Kapazität des Bodens, Wasser aufzunehmen, zu<br />

speichern oder abzugeben. »Kein anderes Experiment<br />

hat bisher die Nährstoffkreisläufe mit solcher Genau-<br />

Schmetterlinge, Bienen,<br />

Hummeln und Spinnen tummeln<br />

sich in artenreichen Wiesen<br />

67


Landwirtschaft<br />

igkeit untersucht«, sagt Professor Wolfgang W. Wilcke<br />

vom Lehrstuhl für Geoökologie am Karlsruher Institut<br />

für Technologie (KIT). Wie sehr etwa der Stickstoffkreislauf<br />

eines Bodens von vielen Faktoren wie etwa<br />

der Artenvielfalt von mikrobiologischen Organismen,<br />

dem Wasserkreislauf und der Pflanzeninteraktion abhängt,<br />

wurde im Jena-Experiment erstmals deutlich.<br />

Artenreiche Wiesen haben mehr Energie<br />

Artenreichere Wiesen hatten über die gesamte Zeit<br />

des Jena-Experiments eine höhere Produktivität als artenarme<br />

Wiesen. Eine gesteigerte Bewirtschaftungsintensität<br />

durch zusätzliche Düngung und eine häufigere<br />

Mahd erreichte denselben Effekt: Wenn ein Landwirt<br />

bestimmte Arten fördert und düngt, ist er im Durschnitt<br />

betrachtet also nicht erfolgreicher als die Natur.<br />

Die Energie der Biomasse (Bioenergiegehalt) von<br />

artenreichen Wiesen war deutlich höher als der von<br />

artenarmen Wiesen, zugleich aber ähnlich hoch wie<br />

viele der heute stark subventionierten Arten wie beispielsweise<br />

Chinaschilf.<br />

Bessere Ökosystemdienstleistungen<br />

Artenreiche Flächen hatten eine bessere Kohlenstoffspeicherung.<br />

Die Anzahl von Insekten und anderen<br />

Arten war deutlich höher. Wechselwirkungen zwischen<br />

Arten wie etwa Bestäubungen fanden häufiger<br />

statt. Artenreichere Wiesen transportierten Oberflächenwasser<br />

besser in den Boden.<br />

Artenreiche Ökosysteme waren stabiler gegenüber<br />

Störungen wie Dürren oder Überschwemmungen<br />

als artenarme Ökosysteme. Das Jena-Experiment<br />

beweist aufgrund seiner Breite erstmals, dass ein Verlust<br />

der Artenvielfalt negative Konsequenzen für viele<br />

einzelne Komponenten und Prozesse in Ökosystemen<br />

hat. Das weltweite Artensterben bedeutet also nicht<br />

nur, dass ein Teil des evolutionären Erbes der Erde unwiederbringlich<br />

verloren geht und der Mensch seiner<br />

Fürsorgepflicht gegenüber anderen Geschöpfen nicht<br />

gerecht wird, sondern es hat direkte unangenehme<br />

Folgen für den Menschen. Das Artensterben wirkt sich<br />

unter anderem auch auf die Stoffkreisläufe aus – und<br />

diese nehmen direkten Einfluss auf den Wasserhaushalt,<br />

den Quell allen Lebens.<br />

Die Forschung geht weiter<br />

Neuer Sprecher des Jena-Experimentes ist Professor<br />

Nico Eisenhauer vom deutschen Zentrum für<br />

integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-<br />

Leipzig. Der Experte von der Universität Leipzig wird<br />

das Experiment fortführen, um die Mechanismen, die<br />

den Biodiversitätseffekten zugrunde liegen, noch genauer<br />

aufzuklären. Zu den Gründungsmitgliedern des<br />

Jena-Experimentes zählen die Friedrich-Schiller-Universität<br />

Jena, wo auch die wissenschaftliche Koordination<br />

angesiedelt ist, und das Max-Planck-Institut für<br />

Biogeochemie in Jena. Maßgeblich finanziell unterstützt<br />

wird es von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

(DFG).<br />

Wespen sind auch auf Nektar,<br />

Pollen und Fruchtfleich angewiesen<br />

Die Raupe des Mittleren Wein -<br />

schwärmers liebt Weidenröschen<br />

Mädesüß-Perlmuttfalter<br />

suchen gerne Feuchtwiesen auf<br />

68


Landwirtschaft<br />

Jena aus <strong>Allgäu</strong>er Sicht<br />

Konsequenzen aus dem Experiment<br />

<strong>Allgäu</strong>ALTERNATIV hat Regionalpolitiker und Fachleute unterschiedlicher Couleur<br />

gebeten, ihre Schlüsse aus dem Jena-Experiment zu ziehen. Welche Konsequenzen für<br />

die Region <strong>Allgäu</strong> ziehen sie aus der Studie? Treffen die Ergebnisse auf unsere Vor -<br />

alpenregion überhaupt zu? Müssen wir unser Verhalten – unsere Landwirtschaft –<br />

verändern? Angefragt haben wir die Ämter für Landwirtschaft Kempten und Kaufbeuren,<br />

den Bauernverband, die Landtagsabgeordneten Leopold Herz (Freie Wähler)<br />

und Ulli Leiner (Bündnis90/Die Grünen), beide auch landwirtschaftlich tätig, Paul<br />

Wengert (SPD) und die Europaabgeordnete Ulrike Müller (Freie Wähler). Alle haben<br />

uns ihre Sicht auf das Jena-Experiment und die Konsequenzen für das <strong>Allgäu</strong> mitgeteilt.<br />

Die beiden Landwirtschaftsämter haben allerdings die Stellungnahme an die<br />

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft weitergegeben. Dr. Anette Freibauer und<br />

Dr. Gisbert Kuhn vom Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz,<br />

Arbeitsgruppe 'Vegetationskunde und Berglandwirtschaft', haben uns<br />

geantwortet. Hier die Statements.<br />

<strong>Allgäu</strong>er Wiesen müssen nicht<br />

wie angelegte Gartenbeete<br />

aussehen (Foto oben), aber<br />

eine möglichst hohe Artenviel -<br />

falt ist wünschenswert<br />

69


Landwirtschaft<br />

Hummeln lieben den Nektar der<br />

Vogel-Wicke<br />

Schachbrettfalter auf Wiesenklee<br />

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft<br />

Dr. Anette Freibauer, Institut für<br />

Ökologischen Landbau<br />

Der Bericht der Technischen Universität München fasst 15<br />

Jahre Biodiversitätsforschung im Jena-Experiment zusam -<br />

men. Im Jena-Experiment wurden künstliche Grün land -<br />

mischungen mit einer bis 16 (Einzelfall bis 60) Arten auf<br />

einem ehemaligen Acker angelegt und die Biomasse und<br />

Ökosystemfunktionen beobachtet. Standardmäßig wurde<br />

zweimal jährlich geschnitten, nicht gedüngt und uner -<br />

wünscht Aufgegangenes in den Versuchs par zellen ent fernt.<br />

Das Jena-Experiment erlaubte einzig artige wissen -<br />

schaftliche Grundlagenuntersuchungen, ist aber weit von<br />

Praxisbedingungen entfernt. Sicher gilt aber auch in der<br />

Praxis die zentrale Erkenntnis der For scher: Artenreiches<br />

Grünland erbringt mehr Öko system leistungen als arten -<br />

armes. Dass aber eine intensive Grün landbewirtschaftung<br />

keinen höheren Ertrag erziele als eine extensive Nutzung<br />

mit mehr Pflanzenarten, kann nicht auf die Praxisbedin gun -<br />

gen des bayerischen Wirt schaftsgrünlandes übertragen<br />

werden. Das Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkul -<br />

tur und Ressource nschutz der Bayerischen Landesanstalt<br />

für Landwirt schaft gibt daher Folgendes zu bedenken:<br />

Ertrag ist mehr als Energie<br />

Im Jena-Experiment wurden nur Ertragspotenziale, aber<br />

nicht die Futterqualität für Milchvieh gemessen. Bei<br />

praxisüblicher Düngung im Dauergrünland steigen die<br />

Erträge und Qualitäten mit steigender Nutzungsinten sität.<br />

Die Artenzusammensetzung passt sich an die Schnitt -<br />

frequenz an. Denn viele Pflanzenarten vertragen die hohe<br />

Schnittfrequenz und den frühen ersten Schnitt im Jahr<br />

nicht. Im bayerischen Ertrags- und Nährstoff monitoring<br />

wurden zwischen 2009 und 2012 150 Praxis flächen<br />

intensiv beprobt. Die Flächen hatten im Mittel 17 Arten –<br />

also mehr als die meisten im Jena-Experiment. Bei vier bis<br />

fünf Schnitten dominierten die ertrags starken<br />

Weidelgräser, die im Jena-Experiment nicht vorkamen. Im<br />

Vergleich zwischen Zwei- bis Fünfschnitt wiesen stiegen mit<br />

jedem zusätzlichen Schnitt die Er träge, Rohprotein-,<br />

Phosphor- und Kaliumgehalte signifikant an.<br />

Nicht übertragbar aufs <strong>Allgäu</strong><br />

Im <strong>Allgäu</strong> ist der Niederschlag fast doppelt so hoch wie in<br />

den Versuchsflächen in Thüringen. Die Bewirtschaftungs in -<br />

tensität ist ebenfalls deutlich höher und dementspre chend<br />

auch das Ertragsniveau. Das Geschehen spielt also in einer<br />

anderen Liga. Futter aus dem zwei- bis dreischürigen Jena-<br />

Experiment wäre für unser Milchvieh nicht leistungsgerecht.<br />

Im Jena-Experiment ging es vorwiegend um Artenzahlen<br />

zwischen 1 und 16. Hohe Erträge wurden v.a. bei den<br />

‚hohen‘ Artenzahlen von 16 erzielt. Aus dem Grünland -<br />

monitoring Bayern der LfL (https://www.lfl.bayern.de/<br />

mam/cms07/publikationen/daten/schriftenreihe/p_41<br />

955.pdf und https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/<br />

publikationen/daten/schriftenreihe/gruendlandmonitorinbayern-evaluierung_lfl-schriftenreihe.pdf)<br />

geht jedoch<br />

hervor, dass das bayerische Grünland im Durchschnitt<br />

knapp 20 Pflanzenarten pro 25 Quadratmeter auf weist. In<br />

intensiv genutzten Regionen wie im <strong>Allgäu</strong> sind es<br />

immerhin noch 14 bis 16 Arten. Somit wird der po sitive<br />

Effekt von hohen Artenzahlen im Dauergrünland sowieso<br />

schon genutzt. Eine hohe Biodiversität im Dauer grünland<br />

be ginnt aus bayerischer Sicht erst bei 25 Ar ten. Diese<br />

Artenzahl kann nur bei moderater Düngung und Zwei- bis<br />

Dreischnittnutzung erreicht werden – mit moderaten Er -<br />

trä gen und Qualitäten vergleichbar dem Jena-Experiment.<br />

Dr. Annette Freibauer (Leiterin des Institutes für Ökologi -<br />

schen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz der<br />

Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, LfL-IAB)<br />

und Dr. Gisbert Kuhn (ebenfalls LfL-IAB)<br />

PS: Beachtenswert ist auch die Feststellung des Leiters<br />

im Fachzentrum Alpwirtschaft, Dr. Michael Honisch, der<br />

explizit darauf hinweist, dass die höchsten Artenzahlen im<br />

Dauer grünland in Bayern regelmäßig bei alpwirtschaft licher<br />

Nut zung erreicht werden. Deshalb ist diese Nutzungsform,<br />

die im <strong>Allgäu</strong> häufiger als in anderen Regionen gepflegt wird,<br />

von hoher Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität.<br />

70


Landwirtschaft<br />

Bayerischer Bauernverband Schwaben<br />

Die <strong>Allgäu</strong>er Bauernfamilien haben sich über Jahrhunderte<br />

zu echten Spezialisten bei der Bewirtschaftung von<br />

Dauergrünland entwickelt. Dies zunächst nicht wirklich<br />

aus freien Stücken, sondern im wahrsten Wortsinn »aus<br />

der Not geboren«. Klima und Bodenbeschaffenheit sind<br />

für eine ackerbauliche Nutzung in weiten Teilen kaum<br />

geeignet. Missernten und niedrigere Erträge, verglichen<br />

mit Gunstregionen, wären beispielsweise beim Getrei -<br />

deanbau vorprogrammiert. Der Flachsanbau, der den<br />

heimischen Flächenbewirtschaftern über lange Jahre ein<br />

bescheidenes Auskommen ermöglichte, wurde durch die<br />

Baumwollkonkurrenz aus Übersee unwirtschaftlich. So<br />

stand der Einstieg des <strong>Allgäu</strong>s in die Milchwirtschaft und<br />

damit der optimierten Grünlandbewirtschaftung zu nächst<br />

unter extrem schwierigen Vorzeichen. Rück blickend kann<br />

gesagt werden, dass Vordenker wie Karl Hirnbein nicht<br />

nur dem <strong>Allgäu</strong>, sondern mindestens dem gesam ten Voralpengürtel<br />

einen großen Dienst erwiesen haben.<br />

Nachhaltige Nutzung dient allen<br />

Für den Ackerbau extrem schwierig, sind die hohen Nie -<br />

derschlagsmengen für ertragreiches Grünland lebens -<br />

notwendig. Durch angepasste Nutzung und Düngung<br />

wird aus dem Aufwuchs die wertvolle Futtergrundlage<br />

für die Rinder und Milchkühe der Bauernfamilien. Das<br />

<strong>Allgäu</strong> ist eine der führenden Regionen in der Produktion<br />

hochwertigster Milchprodukte. Die Qualität und Frische<br />

dieser Produkte ist weltweit bekannt, geschätzt und<br />

sichert zahllose Arbeitsplätze in der Ernährungswirt -<br />

schaft. Die Bewirtschaftung des Grünlandes wird bereits<br />

seit Jahrzehnten auch von der Wissenschaft intensiv be -<br />

gleitet. Die Versuchsergebnisse am Spitalhof in Kempten<br />

sind wertvolle Impulse für die landwirtschaftliche Praxis<br />

weit über das <strong>Allgäu</strong> hinaus. Immerhin bestehen ca. die<br />

Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche Schwabens<br />

und rund ein Drittel Bayerns aus Dauergrünland. Die<br />

nachhaltige Nutzung dieser Flächen ist somit für die<br />

gesamte Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Nur über<br />

den Magen von Wiederkäuern wie beispielsweise der<br />

Milchkuh können aus dem für Menschen ungenießbaren<br />

Wiesenaufwuchs hochwertige Lebensmittel gemacht<br />

werden. Die Einstellung der Nutzung würde gerade in den<br />

alpinen Regionen zu einer schnellen Verbuschung und<br />

damit auch zu einem Rückgang der Arten führen.<br />

Landnutzung hat Einfluss auf das Umfeld<br />

Untersuchungen wie das Jena-Experiment sind sicher geeignet,<br />

um die grundlegenden Zusammenhänge<br />

zwischen Pflanzengesellschaften, Pilzarten, Käferarten<br />

etc. ge nauer zu erforschen. Diese können dann in die<br />

Beurte ilung und Diskussion von Untersuchungen, die die<br />

tat sächlichen regionalen Bedingungen widerspiegeln, mit<br />

einfließen. Die Landnutzung hat immer einen Einfluss auf<br />

das natürliche Umfeld. Am deutlichsten wird das, wenn<br />

man die Auswirkungen der enormen Versiegelung von<br />

Flächen durch Straßen- und Siedlungsbau in den letzten<br />

Jahrzehnten betrachtet.<br />

Alfred Enderle,<br />

Bezirkspräsident Bayerischer Bauernverband Schwaben,<br />

Kreisobmann Oberallgäu<br />

Alfred Enderle, Bauernverband<br />

Schon heute eine seltene Art auf unseren Wiesen:<br />

ein Weibchen der Gemeinen Strauchheuschrecke<br />

Immer seltener im <strong>Allgäu</strong> zu finden:<br />

Der Schwalbenschwanz sucht mageres Grünland<br />

und Trockenrasenflächen auf


Landwirtschaft<br />

Feuchte Flächen und<br />

Moore sind die Heimat<br />

des Hochmoor-Gelblings<br />

Blütenreiche Mähwiesen sind die Heimat des Schornsteinfegers<br />

Dr. Paul Wengert, Landtagsabgeordneter (SPD)<br />

Paul Wengert,<br />

Landtagsabgeordneter der SPD<br />

Der zunehmende Artenverlust auch im <strong>Allgäu</strong> ist er -<br />

schreckend. Dem Rückgang der Insektenpopulation von<br />

über 80 Prozent in manchen Gebieten folgt ein er heb licher<br />

Rückgang vieler Bodenbrüter. Klar ist, dass die moderne<br />

Landwirtschaft hierfür ebenso verantwortlich ist wie die Gesellschaft<br />

insgesamt: der Flächenverbrauch, die<br />

Versiegelung und die Zersiedelung der Kulturland schaft<br />

tragen ebenso zu einem massiven Artenschwund bei! Die<br />

Verantwortlichen für diese Entwicklung handeln jedoch aus<br />

wirtschaftlichen Zwängen heraus. Ver braucher müssen<br />

sich über ihre Konsumgewohnheiten ebenso Gedanken<br />

machen wie die Verantwortlichen in den Kommunen bei der<br />

Erschließung von Infrastruktur projekten. Unser Weg als<br />

Bayern-SPD ist klar: Wir müs sen die Landwirtschaft<br />

nachhaltiger machen, und wir müs sen sparsamer mit<br />

unserer Kulturlandschaft umgehen!<br />

Alle müssen umdenken – und das schnell!<br />

Richtig ist, dass bei Grünlandstandorten mit fünf oder<br />

mehr Schnitten die Artenvielfalt gegenüber Flächen mit<br />

drei Schnitten geringer ist. Jedoch können viele Schnitte<br />

dazu beitragen, dass das Futter eiweißreicher ist und<br />

folglich weniger oder überhaupt kein Soja aus Übersee in<br />

der Milchviehfütterung mehr benötigt wird. Dieses Bei spiel<br />

zeigt, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Wir brauchen<br />

Gebiete, die mit extensiver Bewirtschaftung die<br />

Biodiversität fördern; weniger ertragreiche Standorte<br />

innerhalb eines Gebietes eignen sich hier hervorragend!<br />

Das jetzige System der EU-Agrarpolitik hat völlig versagt,<br />

aktuelle Ökologisierungskomponenten in der Gemein samen<br />

Agrarpolitik (GAP) der EU hatten keine nennens werten<br />

positiven Auswirkungen auf die Biodiversität! Wir wollen<br />

eine massive Reduktion der Zahlungen nach dem<br />

Gießkannenprinzip (EU-Direktzahlungen) zugunsten von<br />

verpflichtenden Vertragsnaturschutzprogrammen und<br />

effektiven Agrarumweltmaßnahmen! Dies lehnen die<br />

Unionsparteien aktuell leider noch immer ab!<br />

Weiterhin müssen Pestizide auf ihre Schädigungs wirkung<br />

auf Insekten und den Naturhaushalt hin überprüft werden.<br />

Der moderne Pflanzenschutz ist ein wichtiges Instrument<br />

in der Landwirtschaft, jedoch muss er auf ein notwendiges<br />

Maß reduziert werden. Der Pestizid minimierungsplan von<br />

Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hat komplett<br />

versagt – im Gegenteil, mit seiner Stimme wurde das Totalherbizid<br />

Glyphosat wieder EU-weit zugelassen. Auch die<br />

hochtoxischen Neonicotinoide, die aktuell immer noch in bestimmten<br />

Kulturen zu gelas sen sind, müssen verboten<br />

werden!<br />

Die im Landtag mehrheitlich beschlossene Lockerung des<br />

Anbindegebotes wird ebenfalls enorme negative Aus -<br />

wirkungen auf die Artenvielfalt haben. Lebensräume<br />

werden zerschnitten, und flächensparsame Ent wicklun gen<br />

werden künftig die Ausnahme sein.<br />

Ulli Leiner, Landtagsabgeordneter (Bündnis90/Die Grünen)<br />

Ulli Leiner, Landtags abgeord -<br />

neter und Landwirt<br />

Das Jena-Experiment »Artenverlust zerstört Öko sys teme«<br />

bestätigt einmal mehr: Die biologische Vielfalt ist eine exis -<br />

tenz ielle Grundlage für das menschliche Leben, und sie ist<br />

mas siv bedroht. Es bezweifelt mittlerweile nie mand mehr,<br />

dass die Vielfalt an Arten und Lebens räumen abnimmt.<br />

Der Artenschwund betrifft besonders die Vögel. Drei von<br />

vier heimischen Vogelarten gelten als gefährdet. Bei den In -<br />

sekten ist die Lage ebenfalls dramatisch, allein von den rund<br />

560 in Deutschland vorkommenden Bienenarten sind 31<br />

vom Aussterben bedroht. Weil viele Tierarten auf In sekten<br />

als Nahrungsgrundlage angewiesen sind, bre chen damit<br />

komplette Nahrungsnetzwerke zusammen.<br />

Hauptursachen sind die verschwindenden Lebensräume, der<br />

ungebremste Landschaftsverbrauch und der Einsatz von<br />

Pestiziden.<br />

Eine Aufforderung zum Handeln<br />

Leider machen diese Entwicklungen auch vor dem <strong>Allgäu</strong><br />

nicht halt. Die <strong>Allgäu</strong>er Moorallianz und der Bund Natur -<br />

schutz leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von<br />

Natur und Biotopflächen. Viele Landwirte pflegen unsere<br />

vielfältige Kulturlandschaft mit Hecken, Bäumen und<br />

Oberflächengewässern, die den Tieren und Pflanzen<br />

Lebensräume bieten.<br />

Dennoch: Das Jena-Experiment muss als eine weitere<br />

Aufforderung zum Handeln gesehen werden. Wir brauchen<br />

dringend mehr artenreiche Naturschutz flächen und<br />

müssen die weitere Intensivierung der Landwirtschaft<br />

stoppen.<br />

72


Landwirtschaft<br />

Ulrike Müller, Europa-Abgeordnete (Freie Wähler)<br />

Die wissenschaftliche Begleitung der verschiedenen Land -<br />

nutzungsformen ist mir ein großes Anliegen. Dies ist ins -<br />

besondere beim Grünland notwendig, denn gerade in<br />

gewachsenen, also durch langjährige Bewirtschaftung<br />

entstandenen und nicht künstlich angelegten Grünland -<br />

beständen wirken sich Veränderungen in der Nutzung oft<br />

erst nach Jahren aus. Deshalb sind die bereits seit Jahr -<br />

zehnten laufenden Versuche der Landesanstalt für Land -<br />

wirt schaft in unserer Region von unschätzbarem Wert. Die<br />

Wirkzusammenhänge in der Natur sind extrem vielseitig<br />

und oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen. In der<br />

letzten Zeit finden immer wieder Erhebungen große öffentliche<br />

Aufmerksamkeit, die sich stark auf einzelne Teilaspekte<br />

beziehen. Leider werden dabei oft wissen schaftliche Stan -<br />

dards unzureichend berücksichtigt. Ohne Zweifel kann auch<br />

ein Exaktversuch mit nebeneinander liegenden Kleinpar -<br />

zellen zentral an einem einzigen Stand ort nicht die tat -<br />

sächlichen Gegebenheiten in den ver schiedensten Grün -<br />

landregionen Deutschlands oder gar Europas wiedergeben.<br />

Dazu sind die naturräumlichen Besonderheiten wie<br />

Höhenlage, Bodenbeschaffenheit und Niederschlags -<br />

verteilung zu verschieden. Deshalb braucht es dezentrale<br />

Forschungsstandorte, die die verschiedenen Aspekte<br />

entsprechend beleuchten können. Das Jena-Experiment<br />

kann aber wissenschaftlich fundiert Erkenntnisse über<br />

grundsätzliche Zusammenhänge liefern. Für poli tische und<br />

gesellschaftliche Zielsetzungen und Weichen stellungen ist<br />

immer ein Abwägungsprozess notwendig. Dazu zählt auch,<br />

ob es tatsächlich ethisch vertretbar wäre, Weide- und<br />

Grasland weitgehend aus der Nahrungsmittelproduktion zu<br />

nehmen. Dies würde bedeuten, allein in Deutschland ca. 4,7<br />

Mio Hektar (rund ein Viertel der landwirtschaftlichen<br />

Nutzfläche) der Erzeugung von Lebens mitteln zu entziehen.<br />

Wir leben im <strong>Allgäu</strong> nicht in einer Wildnis, sondern in einer<br />

vom Menschen geschaf fenen Kulturlandschaft. Die<br />

unzähligen Besucher aus nah und fern bestätigen, dass<br />

unsere Vorfahren und unsere heutigen Bauernfamilien aus<br />

diesem Landstrich ein Juwel geformt haben, um den uns<br />

andere Regionen beneiden. Das Wirken des Menschen hat<br />

immer direkte Auswir kungen auf unsere Ökosysteme, sei<br />

es in der Landwirt schaft, in der Freizeitnutzung, im Straßenverkehr,<br />

beim Siedlungsbau oder bei der Schaffung von<br />

Arbeitsplätzen über Gewerbeansiedlungen. Dies gilt es<br />

ehrlich zu beleuchten und zu bewerten.<br />

Ulrike Müller,<br />

Europaabgeordnete<br />

und Landwirtin<br />

Leopold Herz, Landtagsabgeordneter (Freie Wähler)<br />

Über Jahrhunderte haben unsere Landwirte die <strong>Allgäu</strong>er<br />

Kulturlandschaft zu dem gemacht, was sie heute ist. Die<br />

Landwirtschaft trägt dabei massiv zum Erfolg von Wirt -<br />

schaft und Tourismus bei. Nirgendwo in Bayern ist die<br />

Teilnahme an Umweltprogrammen – wie das Kultur- und<br />

Landschaftsprogramm sowie das Vertragsnaturschutz -<br />

programm – höher. Auch dank unserer Initiativen konn ten<br />

die Blühflächenprogramme im Kultur- und Land -<br />

schaftsprogramm praktikabel gestaltet und deren Nutzen<br />

für Bienen und Insekten gesteigert wer den. Ein weiterer<br />

Ausbau der Blühflächen ist deshalb unverzichtbar.<br />

Wir <strong>Allgäu</strong>er packen an…<br />

…wenn es um die Artenvielfalt und unser Ökosystem geht.<br />

Und das »Jenaer Experiment« zeigt auch: Ohne Arten -<br />

vielfalt und ohne ein funktionierendes Ökosystem können<br />

wir nicht erfolgreich wirtschaften. Dies gilt für den<br />

gesamten Wirtschaftsbereich – nicht nur für die<br />

Landwirtschaft. Deshalb müssen wir gemeinsam mit Praktikern<br />

und Wissenschaft einen Weg finden, wie dieser<br />

Zusammenschluss noch besser gelingen kann.<br />

Grundvoraussetzung ist, dass es verlässliche wissenschaftliche<br />

Aussagen gibt, die regionenspezifisch den<br />

Handlungsbedarf aufzeigen. Daraus müssen weitere<br />

Maßnahmen entwickelt werden, um die Artenvielfalt zu<br />

erhalten. Denn eines ist klar: Die Akzeptanz von weiteren<br />

Handlungsschritten können wir nur erreichen, wenn<br />

unsere <strong>Allgäu</strong>er Landwirte dabei keine massiven<br />

Einkommensnachteile befürchten müssen.<br />

Leopold Herz,<br />

Landtagsabgeordneter und<br />

Landwirt<br />

Widderchen finden sich überwiegend auf violetten Blüten


Energie sparen<br />

Je kälter, desto besser?<br />

Unser Energiespar-Tipp zum Schluss<br />

Jeder Haushalt kann Energie und Ressourcen sparen – und muss<br />

dafür nicht einmal viel investieren. Oft genügen schon kleine<br />

Verhaltensänderungen, um den Verbrauch zu reduzieren. Heute<br />

geht’s um kalte Speisen und warme Wäsche.<br />

Tiefkühlkost richtig lagern<br />

Tiefkühlprodukte, die bei mehr als der Hälfte der<br />

Deutschen mindestens einmal die Woche auf den<br />

Tisch kommt, bewahrt man bei -18 Grad Celsius optimal<br />

auf. Es ist ein Irrtum, dass kälter besser ist: Jedes<br />

Grad weniger im Gefrierschrank bedeutet sechs Prozent<br />

mehr Energieverbrauch. Negativ auf den Stromverbrauch<br />

wirken sich auch vereiste Kühlfächer im<br />

Gefrierschrank aus. Bereits eine Eisschicht von nur<br />

zwei Millimetern erhöhte den Energiebedarf um 15<br />

Prozent. Regelmäßig abtauen rechnet sich also. Und<br />

wer Gefrierschrank oder Tiefkühltruhe in den kühlen<br />

Keller verfrachtet, kann nochmals mit bis zu 25 Prozent<br />

weniger Stromverbrauch rechnen. Gefriergut<br />

langsam im Kühlschrank aufzutauen statt im Auftauprogramm<br />

der Mikrowelle, kostet gar keinen Strom<br />

extra – und ist schonender für die Speisen.<br />

Tiefkühlkost kommt in vielen deutschen Haushalten auf den<br />

Tisch. Zu Hause liegt die ideale Aufbewahrungstemperatur<br />

bei -18 Grad Celsius<br />

Fotos: djd/E.ON/Getty Images<br />

Kälter waschen und weniger trocknen<br />

Geringere Temperaturen sind sinnvoll, wenn es um<br />

die Waschmaschine geht. Wer seine Wäsche öfter bei<br />

30 Grad Celsius statt 60 Grad Celsius wäscht, kann seine<br />

Stromrechnung bei drei Wäschen pro Woche mit<br />

vollgefüllter Trommel um bis zu 40 Euro im Jahr entlasten.<br />

Zudem schonen die niedrigen Temperaturen<br />

auch die Textilien. Und nach dem Waschen muss die<br />

Wäsche nicht jedes Mal in den Trockner: Wer es nicht<br />

eilig hat, lässt sie mit null Energieverbrauch an der<br />

Luft trocknen. Ökoprogramme der Waschmaschine<br />

sollte man ausprobieren und langfristig nutzen. Das<br />

spart Wasser, Strom und schont die Wäsche. Heutige<br />

Waschmittel machen Koch- und Vorwäsche meist<br />

überflüssig.<br />

(djd/red)<br />

Wer öfter mit 30 Grad Celsius statt mit 60 Grad Celsius<br />

wäscht, spart Energie und schont die Textilien<br />

74


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