Allgäu Alternativ 1/2018
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Ausgabe 1/<strong>2018</strong><br />
Schutzgebühr: 4,– Euro<br />
Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />
Biogasanlagen: Energie: LED-Licht Forderungen für Sturmannshöhle und Folgen<br />
Wasserkraft: Verkehr: Ostallgäu Schneiteich will Wasserstoff-Zug<br />
als Stromlieferant<br />
Windräder: Biodiversität: Ungewöhnliche Artensterben Standorte und Regionalpolitik
Auf ein Wort<br />
Die Bürger sorgen für die<br />
erfolgreiche Energiewende<br />
Für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland<br />
spielen die Bürgerinnen und Bürger als<br />
Energieproduzenten eine Schlüsselrolle. Wie<br />
aus einer neuen Studie des Instituts trend:research<br />
hervorgeht, sind Privatpersonen weiterhin die mit Abstand<br />
wichtigsten Investoren für Erneuerbare-Energien-Anlagen.<br />
Ihnen gehört in Deutschland knapp ein<br />
Drittel der installierten Leistung zur regenerativen<br />
Stromproduktion. Damit liegen sie weit vor Energieversorgern,<br />
Projektierern, Gewerbebetrieben, Fonds<br />
und Banken.<br />
Bürgerengagement bleibt ein entscheidender Erfolgsfaktor<br />
für den weiteren erfolgreichen Ausbau der<br />
Erneuerbaren Energien, davon bin ich überzeugt.<br />
Aber der Beitrag von Privatpersonen zur installierten<br />
Leistung Erneuerbarer Energien ist leicht gesunken.<br />
Energie-Genossenschaften wie auch Bürgerwindparks,<br />
die als Verbund gemeinsam Erneuerbare-<br />
Energien-Projekte verwirklichen, werden in der Studie<br />
ebenso zur Kategorie der Privatleute gezählt wie Einzelpersonen,<br />
die beispielsweise in eine Photovoltaikanlage<br />
investieren. Zusammen bringen es die Privatleute<br />
und Landwirte auf einen Anteil von 42 Prozent am Eigentum<br />
Erneuerbarer-Energien-Anlagen in Deutschland.<br />
Ihr Anteil ist damit gegenüber der Vorgänger-<br />
Erhebung, die das Jahr 2012 erfasste, insgesamt um<br />
vier Prozentpunkte gesunken. Zur Entwicklung der<br />
vergangenen Jahre gehört auch, dass sich der Anteil<br />
größerer Unternehmen an der installierten Leistung<br />
Erneuerbarer Energien erhöht hat. Die große Vielfalt<br />
der Akteure ist zu begrüßen. Dennoch darf nicht vergessen<br />
werden: Die Basis für Akzeptanz und Engagement<br />
beim Ausbau Erneuerbarer Energien steht und<br />
fällt mit Beteiligungs- und Investitionsmöglichkeiten<br />
der Bürgerinnen und Bürger.<br />
Überdurchschnittlich ist der Anteil der Bürgerenergie<br />
bei Solar- und Windenergie. Privatleute und<br />
Landwirte bringen es bei der Windenergie an Land auf<br />
einen Anteil von 41 Prozent. Beim Solarstrom vereinen<br />
sie sogar 49 Prozent der installierten Leistung in ihren<br />
Händen. In beiden Sparten ist der Anteil der Bürgerenergie<br />
allerdings gesunken. So fiel der Anteil der Privatpersonen<br />
und Landwirte an der installierten Leis -<br />
tung von Windenergieanlagen an Land 2016 gegenüber<br />
2012 um neun Prozentpunkte. Hingegen legte der<br />
Anteil der Energieversorger in diesem Segment um 3,6<br />
Prozentpunkte auf insgesamt<br />
14,3 Prozent zu. Die<br />
Gewerbebetriebe verdoppelten<br />
ihren Anteil auf<br />
mehr als sechs Prozent.<br />
Diese Entwicklung<br />
zeigt die wachsende Attraktivität<br />
des Zukunftsfeldes<br />
Erneuerbare Energien<br />
für institutionelle Investoren.<br />
Getreu dem<br />
Motto »Eigentum verpflichtet«<br />
sollte es den Investoren<br />
aber unbedingt auch um eine hohe Akzeptanz<br />
ihrer Projekte gehen. Unsere Erfahrung zeigt: Nur<br />
durch die Teilhabe der Bevölkerung erhalten Erneuerbare<br />
Energien die notwendige Unterstützung vor<br />
Ort. Diese Unterstützung ist für den weiteren dynamischen<br />
Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland<br />
essenziell.<br />
Philipp Vohrer<br />
Geschäftsführer der Agentur für<br />
Erneuerbare Energien (AEE)<br />
Foto: AEE<br />
3
Inhalt<br />
Impressum<br />
Verlag und Herstellung:<br />
Verlag HEPHAISTOS,<br />
EDITION ALLGÄU<br />
Lachener Weg 2,<br />
87509 Immenstadt-<br />
Werdenstein<br />
Tel. 08379/728616,<br />
Fax 08379/728018<br />
info@heimat-allgaeu.info<br />
www.allgaeu-alternativ.de<br />
Herausgeber:<br />
Peter Elgaß<br />
Redaktion:<br />
Viola Elgaß (v.i.S.d.P.)<br />
Thomas Niehörster<br />
Claudia Schöwe<br />
Gekennzeichnete Beiträge<br />
stellen die Meinung des<br />
Ver fassers, nicht aber des<br />
Verlages dar.<br />
Layout:<br />
Bianca Elgaß<br />
Ramona Klein<br />
Joshua Riedisser<br />
Anzeigen:<br />
Carolin Mathes (Ltg.)<br />
Christian Vu<br />
Tel. 08379/728616<br />
gültige Anzeigenpreisliste:<br />
1/2010<br />
Bankverbindung Verlag:<br />
Raiffeisenbank Oberallgäu-<br />
Süd eG, IBAN:<br />
DE97733699200007126999<br />
BIC: GENODEF1SFO<br />
Druck und Bindung:<br />
HOLZMANN DRUCK<br />
GMBH & CO. KG<br />
Gewerbestraße 2<br />
D-86825 Bad Wörishofen<br />
26<br />
Vorwort Seite 3<br />
Serie Holzbau<br />
Restauration statt Abriss Seite 6<br />
Bauen<br />
Innovation in Entwicklung Seite 12<br />
Mobilität<br />
Neue Art der Fortbewegung Seite 16<br />
Klimaschutz<br />
Engagierter Rückkehrer Seite 19<br />
E-Mobil<br />
Plug-in-Hybridfahrzeuge Seite 20<br />
StreetScooter für Sonthofen Seite 22<br />
Mobilität der Zukunft Seite 24<br />
Mobilität<br />
Visionäre Zu(g)kunft Seite 26<br />
Energie sparen<br />
Unternehmen im Fokus Seite 28<br />
Mehr Effizienz für Klima... Seite 30<br />
Zuschüsse holen – aber wie? Seite 33<br />
Beratung für Privathaushalte Seite 34<br />
Ehrung<br />
Auszeichnung für Klimaschutz Seite 36<br />
Erfolgreiches Engagement Seite 37<br />
Strom<br />
Baustein der Energiewende Seite 38<br />
Unternehmen<br />
Leuchtturmprojekt im <strong>Allgäu</strong> Seite 40<br />
Meldungen<br />
Bedeutendste Bauplattform Seite 42<br />
15 Jahre Holzforum: Holzbau kompakt Seite 42<br />
Schüler für Hollz begeistern Seite 43<br />
Zukunftsweisende Häuser locken Besucher Seite 43<br />
Mobilität von morgen in Memmingen Seite 44<br />
BINE-Themeninfo Seite 44<br />
Neue E-Tankstelle in Sonthofen Seite 45<br />
Das Ostallgäu blüht auf Seite 46<br />
Lehrer lernen Fakten rund um E-Mobilität Seite 46<br />
Ladestation in Kempten und DietmannsriedSeite 47<br />
Holzbauprojekte mit Beispielcharakter Seite 48<br />
Terra Preta Seite 48<br />
Kloster Irsee erhält Förderung Seite 49<br />
Umwelt<br />
Per Rad die Iller erleben Seite 50<br />
Wasserkraft<br />
Kraftwerksbau an der Ostrach Seite 54<br />
Tourismus<br />
Weniger Strom – mehr Licht Seite 56<br />
Klimaschutz<br />
Urlaub auf dem Bauernhof Seite 58<br />
Wissenstransfer<br />
Ein Plus an Auslandserfahrung Seite 60<br />
Landesforschungszentrum Seite 61<br />
Landwirtschaft<br />
Sonne ernten auf zwei Etagen Seite 62<br />
Artenvielfalt – Artensterben Seite 66<br />
Jena aus <strong>Allgäu</strong>er Sicht Seite 69<br />
Energie sparen<br />
Je kälter, desto besser? Seite 74<br />
Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste<br />
Ausgabe ist der 28. Mai <strong>2018</strong><br />
4
Fotos: Alstom/Michael Wittwe, Archiv, Claudia Schöwe, Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach<br />
66<br />
62 22<br />
Titelfotos: Ramona Klein, Cucumaz, Michael Felkner, Mitsubishi<br />
5
Serie Holzbau<br />
Restauration statt Abriss<br />
Modernes Wohnen in alter Scheune<br />
Eigentlich sollte es ein modernes Holzhaus werden – so, wie es die<br />
Bauherren auf der Homepage des <strong>Allgäu</strong>er Holzbauspezialisten<br />
Michael Felkner gesehen hatten. Also luden sie den Architekten zu<br />
einem ersten Gespräch auf ihren ehemaligen Bauernhof am Rande<br />
von Weiler bei Bidingen ein. Doch es sollte anders kommen.<br />
Die ehemalige Scheune er strahlt<br />
nun mit einer neuen Fassade<br />
und hat so manche Besonde r -<br />
heit: Schiebe tore mit senkrech -<br />
ten Lamellen vor den Fenstern<br />
schüt zen vor neugierigen Blicken<br />
Für die Eigentümer war das etwa 250 Jahre alte<br />
Haus nur noch eines: baufällig und abrissreif.<br />
Umso verwunderter waren sie, als der Architekt<br />
bei der Besichtigung immer mehr ins Schwärmen<br />
kam, obwohl er in den niedrigen Räumen kaum stehen<br />
konnte. »Und das möchten Sie wirklich abreißen?<br />
Steht das nicht unter Denkmalschutz? «, waren seine<br />
ersten Fragen. Daraufhin erzählte ihm das bei Eichstätt<br />
lebende Ehepaar, dass sie und ihre vier erwachsenen<br />
Söhne das von einem Onkel geerbte Haus seit<br />
Jahren nur als Wochenend- und Ferienziel nutzen.<br />
Nun aber rückt das Ende der Berufstätigkeit in greifbare<br />
Nähe, und so soll der Wunschtraum einer Dauerheimat<br />
in der geliebten <strong>Allgäu</strong>er Voralpenlandschaft<br />
endlich Realität werden. Allerdings mag ein Haus<br />
ohne Zentralheizung, ohne vernünftiges Bad, ohne<br />
warmes Wasser, mit kalten Böden und zugigen Fens -<br />
tern für ein paar Urlaubstage als urig oder romantisch<br />
hingenommen werden, aber als Dauerwohnsitz wohl<br />
eher nicht. Also wollten sie das Haus abbrechen und<br />
anschließend neu bauen.<br />
Gemütlich und lichtdurchflutet<br />
Doch Michael Felkner kam eine andere Idee in<br />
den Sinn: Es gab noch die Scheune, die erst in den<br />
1960er-Jahren – zwar etwas unpassend zum <strong>Allgäu</strong>er<br />
Flachdachhaus – errichtet, aber mit guter Bausubstanz<br />
als Wiederkehr das Wohnhaus gegen Westen vor<br />
Wind und Wetter schützt. Nun stellte sich die Frage:<br />
6
Nach der Besichtigung kam<br />
Architekt Michael Felkner auf<br />
die Idee, die alte Scheune zum<br />
Wohnhaus auszubauen – die<br />
Eigentümer zeigten sich von<br />
der Idee be geistert<br />
Jahrelang nutzen die Besitzer<br />
das geerbte Haus nur als<br />
Wochenend- und Feriendomizil.<br />
Nun wollten sie es abreißen<br />
lassen und neu bauen<br />
Fotos: Michael Felkner<br />
Könnten sich die Bauherren moderne Wohnräume in<br />
der alten Scheune vorstellen?<br />
Der Architekt wagte den Versuch, und die Familie<br />
zeigte sich von den Vorzügen begeistert. Zumal eine<br />
Nachfrage beim zuständigen Kreisbaumeister ergab,<br />
dass dieser einem Abbruch und einem Neubau im Außenbereich<br />
niemals zugestimmt hätte. Und in der<br />
Scheune gab es mehr als genug Platz für einen großzügigen<br />
Wohnbereich. Die Küchenzeile liegt hinter<br />
der Südfassade und bietet durch zwei waagrechte<br />
Fens terschlitze einen Blick auf die Straße – so sieht<br />
man immer, wer gerade kommt, aber keiner kann in<br />
das Haus hineinsehen. An einen freistehenden Küchenblock<br />
schließt sich ein Essplatz an, der im Sommer<br />
auch unter den überdachten Freisitz vor das<br />
Scheunentor verlegt werden kann. Hinter dem heute<br />
verglasten Scheunentor gibt es eine Besonderheit: Einen<br />
fast vier Meter hohen Raum, der über einen breiten<br />
Durchgang mit dem Wohnbereich verbunden ist.<br />
Vor der alten Holzwand zum Wohnhaus steht ein<br />
riesiger Tisch für Familienfeiern. Für gemütliche<br />
Abendstunden am Kachelofen ist der Wohnbereich<br />
durch eine offene Stahltreppe von der Koch- und Esszone<br />
räumlich etwas abgetrennt. Daran angrenzend<br />
befindet sich das Enkel-Schlafzimmer mit einem<br />
Gäste bad. Die Wohn- und Schlafräume im Erdgeschoss<br />
sowie die beiden Schlafzimmer im Obergeschoss<br />
und das Bad sind über raumhohe Fenstertüren<br />
nach Westen geöffnet und bieten fantastische Ausbli -<br />
cke auf die freie Landschaft.<br />
►<br />
7
Serie Holzbau<br />
Nach dem Abbruch der<br />
gemauerten Stallteile und des<br />
Hochsilos im Inneren der Scheune<br />
wurde eine Betonboden -<br />
platte auf einer dicken Wärme -<br />
dämmung gegossen<br />
Um aus der Scheune ein<br />
Wohnhaus zu machen, wurden<br />
von einem Zimmerer mehrere<br />
Wände eingezogen<br />
Schutz vor Wärme und Kälte<br />
Auch, wenn die Bewohner hier allenfalls mit<br />
neugierigen Blicken von Fuchs und Hase rechnen<br />
müssen, fühlt man sich abends vielleicht doch wohler,<br />
wenn man solch großzügige Verglasungen verschließen<br />
kann. Also wurden, passend zur Lärchenholzverschalung<br />
und zur Scheune, Schiebetore mit senkrechten<br />
Lamellen entwickelt, die an heißen Sommertagen<br />
überdies vor zu viel Sonneneinstrahlung schützen und<br />
das Haus angenehm kühl halten. Die ausschließliche<br />
Verwendung von heimischem Holz in Verbindung mit<br />
Zellulose- und Holzfaserdämmstoffen begünstigt den<br />
sommerlichen Wärmeschutz und sorgt zusammen mit<br />
den dreifach verglasten Lärchenholzfenstern dafür,<br />
dass annähernd Passivhausstandard erreicht wurde.<br />
Dabei gestaltete sich der Bauablauf vergleichsweise<br />
einfach und reibungslos, da fast alle beteiligten<br />
Handwerker am Ort ansässig sind. Der Zimmerer<br />
stützte die Scheune ab und entferne die abgewitterte<br />
Fassadenschalung. Der Rohbauer konnte mit seinen<br />
Maschinen in die Scheune hineinfahren, die gemauerten<br />
Stallteile und das Hochsilo abbrechen und eine<br />
Betonbodenplatte auf einer dicken Wärmedämmung<br />
einbauen. Anschließend kam der Zimmerer mit vorgefertigten,<br />
dreischalig aufgebauten und mit insgesamt<br />
34 Zentimetern Wärmedämmung ausgestatteten geschosshohen<br />
Holzständerwänden und hievte diese mit<br />
einem Teleskopstapler in die richtige Position. Die Geschossdecken<br />
bestehen ebenfalls aus Holz. Hier kamen<br />
verleimte und mit Nut und Feder versehene Balken<br />
zum Einsatz, die mit Manneskraft zusammengefügt<br />
8
werden konnten. Die oberste Decke wurde gar mit 40<br />
Zentimetern Zellulose wärmegedämmt. Lediglich die<br />
Raumtrennwände im ersten Stock mussten vor Ort<br />
händisch erstellt werden. Der Verzicht auf einen Dachgeschossausbau<br />
und das Belassen der alten Dacheindeckung<br />
schafften erhebliche Kostenvorteile, sodass<br />
der Ausbau der Scheune deutlich preiswerter ausfiel<br />
als ein Neubau.<br />
Eine energieeffiziente Scheune<br />
Bei der Haustechnik hätte man angesichts des<br />
vom Bauherrn gewünschten Kachelofens und der<br />
Wohnraumlüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung<br />
auf die zusätzliche Pelletsheizung<br />
mit Fußbodenheizung verzichten können, wäre da<br />
nicht das alte Wohnhaus gewesen. Aber es war ja Sinn<br />
und Zweck der Vorgehensweise, den Altbestand vor<br />
dem Abbruch zu retten. Nach nur sechs Monaten Bauzeit<br />
für den Scheunenausbau begannen die vier Söhne<br />
damit, das alte Haus herzurichten. Die Räume hier sollen<br />
weiterhin als Urlaubsdomizil dienen. Deswegen<br />
wurde die Putzfassade nur ausgebessert und nicht<br />
wärmegedämmt. Der tiefer zu legende Boden kann<br />
natürlich gut wärmegedämmt werden, ebenso die<br />
Decke zum kalten Dachraum. Und auch ein Austausch<br />
der einfach verglasten Fenster wird vielleicht<br />
eines Tages vorgenommen. Trotzdem wird der Energieverbrauch<br />
um ein Vielfaches höher bleiben als im<br />
Neubauteil, der rein rechnerisch den Gegenwert von<br />
weniger als drei Litern Heizöl pro Quadratmeter<br />
Wohnfläche und Jahr verbraucht.<br />
►<br />
Nach der Restauration ist von<br />
innen nicht mehr zu erkennen,<br />
dass es sich einmal um eine<br />
Scheune gehandelt hat.<br />
Entstanden ist ein heller und<br />
großzügiger Wohnbereich<br />
9
Serie Holzbau<br />
10<br />
Die alte Holzwand zum<br />
Wohnhaus konnte erhalten<br />
werden und bildet nun<br />
den perfekten Rahmen für<br />
einen großen Esstisch.<br />
Die bodentiefen Fenster<br />
sorgen für viel Licht<br />
In Wirklichkeit ist der Heizwärmebedarf sogar<br />
um einiges geringer: Die Lüftungsanlage mit etwa 90<br />
Prozent Wärmerückgewinnung reduziert die errechneten<br />
11.377 Kilowattstunden pro Jahr an Lüftungswärmeverlusten<br />
auf ein Zehntel. Würde man zudem<br />
den für die Haustechnik benötigten Strom über eine<br />
PV-Anlage selbst erzeugen, so wäre der Passivhausstandard<br />
erreicht.<br />
Hohe Förderungssummen<br />
All diese Maßnahmen werden vom Staat hoch<br />
gefördert. Angesichts der Erhaltungswürdigkeit des alten<br />
Wohnhauses kann der Scheunenausbau über das<br />
Programm Energieeffizient Sanieren 151 der KfW gefördert<br />
werden. Kombiniert man das mit dem KfW-<br />
Programm 159 Altersgerecht Umbauen, so sind pro<br />
Wohneinheit bis zu 150.000 Euro an zinsvergünstigtem<br />
Darlehen mit Teilschulderlässen bis zu 27.500<br />
Euro möglich. Für eine moderne Holzpelletsheizung<br />
mit Solarunterstützung gibt es vom Bundesamt für<br />
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle fast 10.000 Euro an<br />
Zuschuss. Für die Baubegleitung durch einen Energieeffizienzexperten<br />
gibt es von der KfW außerdem einen<br />
Zuschuss von 4000 Euro, der von den Landkreisen<br />
Ober- und Ostallgäu um weitere 4000 Euro aufgestockt<br />
wird. Die Höhe der Landkreiszuschüsse ist allerdings<br />
nicht nur abhängig davon, welcher energetische<br />
Standard erreicht wird, sondern auch davon, ob<br />
heimische Firmen oder ökologische Baumaterialien<br />
aus der Region zum Einsatz kommen.<br />
Eine Anekdote zum Schluss<br />
Als kurz vor Weihnachten die am Bau beteiligten<br />
Handwerker zusammen mit dem Architekten das Bauwerk<br />
an die Bauherrnfamilie übergaben und anschließend<br />
in geselliger Runde zusammensaßen, kam die<br />
Frage auf, ob die Lüftungsanlage schon in Betrieb sei,<br />
denn davon höre und merke man ja gar nichts. Selbstverständlich<br />
war sie in Betrieb – bester Beweis also dafür,<br />
dass Bauen mit Holz und moderne Technik gut<br />
miteinander kombinierbar sind. Stichwort »modern«:<br />
Den Kreisbaumeister freut am meisten, dass die Scheune<br />
immer noch aussieht wie eine Scheune. Wenn niemand<br />
da ist und alle Schiebeläden geschlossen sind,<br />
vermutet man im Vorbeigehen tatsächlich nicht, dass<br />
sich darin ein modernes Holzhaus befindet.
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11
Bauen<br />
Innovation in Entwicklung<br />
Aufdachdämmung aus Rohrkolben<br />
Energiesparend herzustellen, druckfest und kompostierbar: Von<br />
Dämm platten aus Blättern der Typhapflanze versprechen sich Forscher<br />
des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) viel. Gemeinsam mit einem<br />
Industriepartner entwickeln sie eine Platte zur Aufsparrendämmung<br />
weiter und bereiten deren Serienfertigung vor, wie der BINE<br />
Informationsdienst Anfang November berichtete.<br />
12
Rohrkolben, wissenschaftlich<br />
Typha genannt,<br />
als Rohstoff für<br />
die Baustoffproduktion zu verwenden,<br />
vereint Vorteile im Pflanzenanbau,<br />
im Herstellungsprozess sowie bei den Platteneigenschaften.<br />
Bereits vor einigen Jahren<br />
haben das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP<br />
und das Unternehmen typha technik unter Leitung<br />
von Dipl.-Ing. Werner Theuerkorn eine Bauplatte aus<br />
Rohrkolben entwickelt. »Das mit Magnesit gebundene<br />
Typhaboard bietet bei einer niedrigen Wärmeleitfähigkeit<br />
gute Festigkeit und Biegesteifigkeit. Es wird<br />
beispielsweise bei der Fachwerksanierung bereits erfolgreich<br />
eingesetzt«, berichtet Professor Martin Krus<br />
Das Endprodukt, das von Saint-<br />
Gobain Isover vermarktet<br />
werden soll, ist<br />
ein Dämmstoff mit hervor -<br />
ragenden Umweltaspekten<br />
Die Blätter der weltweit verbreiteten<br />
Rohrkolben sind nicht nur essbar – sie<br />
eignen sich auch hervorragend als<br />
natürliches Dämmmaterial<br />
vom Fraunhofer IBP in Holzkirchen. »Ausgehend von<br />
diesen Erfahrungen arbeiten wir jetzt an einem vergleichbaren<br />
Produkt für die Aufdachdämmung. Für<br />
diese Anwendung müssen die Rohdichte gesenkt und<br />
die Dämmwirkung weiter erhöht werden.« Mit an<br />
Bord bei dem gerade gestarteten Forschungsprojekt<br />
ist der in der Dämmstoffproduktion erfahrene Industriepartner<br />
Saint-Gobain Isover, der im Anschluss die<br />
Markteinführung plant.<br />
Entscheidende Vorteile<br />
Fotos: Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Fraunhofer IBP, pixabay, Press'n'Relations<br />
Die Typhaplatte punktet neben ihrer Dämmwirkung<br />
und Druckfestigkeit mit einem guten sommerlichen<br />
Wärmeschutz und Schallschutz. Sie ist verhältnismäßig<br />
diffusionsoffen und kapillaraktiv. In ihrem<br />
Brandschutzverhalten ist sie einer Holzfaserplatte<br />
deutlich überlegen: Ähnlich wie das magnesitgebundene<br />
Typhaboard wird sie, wenn auch in etwas geringerem<br />
Maße, aufgrund ihrer Bestandteile Typha und<br />
Magnesit einen hohen Feuerwiderstand aufweisen<br />
und im Gegensatz zur Holzfaserplatte nicht glimmen.<br />
Einen weiteren großen Pluspunkt bietet die Möglichkeit,<br />
sie am Ende ihrer Lebensdauer problemlos in den<br />
Stoffkreislauf zurückführen, also kompostieren zu<br />
können (cradle-to-cradle Prinzip).<br />
Nachwachsender Rohstoff<br />
Die unempfindliche Sumpfpflanze Typha wächst<br />
in natürlichen Reinbeständen und ist weltweit verbreitet.<br />
Ihre Blätter weisen ein faserverstärktes Stützgewebe<br />
auf, ausgefüllt mit weichem, offenzelligem Schwammgewebe.<br />
Durch die Herstellung aus Blattpartikeln werden<br />
diese positiven Eigenschaften der Pflanze in das<br />
Produkt überführt und verleihen diesem seine Stabilität<br />
und gute Dämmwirkung. Der hohe Gehalt von<br />
Polyphenolen in der Typhapflanze macht sie außerdem<br />
resistent gegen Pilz- und Insektenbefall. Der für<br />
die Herstellung der Typhaboards verwendete ►<br />
13
Bauen<br />
schmalblättrige Rohrkolben (Typha angustifolia) bildet<br />
äußerst dichte, bis drei Meter hohe Bestände. Pro Hektar<br />
ergibt das 15 bis 20 Tonnen Trockenrohstoff – vierbis<br />
fünfmal so viel, wie hiesige Nadelwälder liefern.<br />
Daraus ließen sich jährlich circa 150 bis 250 Kubikmeter<br />
des neuen Baustoffes herstellen.<br />
Noch ein weiter Weg<br />
Ein von 1998 bis 2001 lau -<br />
fendes Projekt zeigte, dass<br />
sich innerhalb eines halben<br />
Jahres ein nahezu geschlossener<br />
Rohrkolbenbestand<br />
entwickeln kann<br />
Im Rahmen des Projektes<br />
»Rohrkolbenanbau in<br />
Nieder mooren«, das von der<br />
Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt gefördert wurde, erfolgte<br />
die Ernte mit feucht -<br />
gebietstauglichen Spezial -<br />
fahrzeugen. Die Ernte bei<br />
gefrorenem Boden ist dabei<br />
für Pflanzen und Boden<br />
besonders schonend<br />
Die Typhablätter weisen<br />
ein faserverstärktes<br />
Stütz gewebe auf, das mit<br />
weichem, offenzelligem<br />
Schwammgewebe<br />
ausgefüllt ist<br />
Neben den bereits aufgezählten Pluspunkten weisen<br />
Aufdachdämmsysteme aus Typha noch einen wesentlichen<br />
Vorteil gegenüber den gängigen Holzfaserdämmplatten<br />
auf: Während die Herstellung des klassischen<br />
Produktes viel Energie für das Trocknen beziehungsweise<br />
Härten benötigt, können die magnesitgebundenen<br />
Typhaplatten nach dem Abbindevorgang<br />
einfach an der Luft trocknen. Zusätzlich lassen sie sich<br />
mit den gängigen Werkzeugen herstellen und verarbeiten.<br />
Dazu kommt: Rohrkolben und Produkte aus<br />
dem Naturstoff sind frei von Siliziumoxid und können<br />
so im Gegensatz zu anderen nachwachsenden Rohstoffen<br />
leichter geschnitten werden. All diese Punkte<br />
sprechen klar für eine Aufsparrendämmung aus Rohrkolben<br />
– bis es allerdings soweit ist und das Endprodukt<br />
in Serienfertigung gehen kann, muss das Forscherteam<br />
noch ein paar Hürden nehmen.<br />
Als nächster Schritt sollen kleine, mineralisch gebundene<br />
Typhaplatten hergestellt und unter Freilandbedingungen<br />
getestet werden. Und auch in der Praxis<br />
muss sich das Produkt erst noch bewähren.<br />
Rohrkolbenanbau ist möglich<br />
Und eine weitere wichtige Frage muss noch geklärt<br />
werden: Woher soll der benötigte Rohstoff kommen?<br />
Dipl.-Ing. Werner Theuerkorn bezog seine<br />
Rohrkolben aus dem rumänischen Donaudelta. Doch<br />
das ist prinzipiell gar nicht nötig. Ein von der Deutschen<br />
Bundesstiftung Umwelt gefördertes Projekt mit<br />
dem Titel »Rohrkolbenanbau in Niedermooren« zeigte<br />
in den Versuchsjahren von 1998 bis 2001, dass sich<br />
Typha auf geeigneten Flächen auch in Deutschland gut<br />
anbauen lässt.<br />
Damals hatten Wissenschaftler der TU München<br />
auf einer acht Hektar großen Fläche per Hand 110.000<br />
Typha-Pflanzen eingesetzt. Innerhalb eines halben<br />
Jahres entwickelte sich ein nahezu geschlossener<br />
Rohrkolbenbestand auf der Versuchsfläche im Donaumoos<br />
bei Ingolstadt. Und bei der notwendigen Überflutung<br />
stellte sich zudem heraus, dass Rohrkolben als<br />
Pflanzenkläranlage verschmutze Gewässer reinigen.<br />
Doch trotz des Ergebnisses, dass Typha Niedermoore<br />
renaturieren kann, findet bis heute kein kommerzieller<br />
Anbau der Pflanze statt. So müssen für die Produktion<br />
weiterhin die natürlichen Vorkommen aus dem Donaudelta<br />
in Rumänien importiert werden. Allein aus<br />
Umweltschutzgründen ist es deshalb wünschenswert,<br />
dass in naher Zukunft – spätestens bei der Serienfertigung<br />
– der Rohrkolben in der Nähe des Fertigungsstandortes<br />
angebaut wird.<br />
BINE Informationsdienst, Dorothee Gintars/(cs)<br />
Typha –<br />
ein Universalbaustoff<br />
Dank seiner vielen positiven Eigenschaften und der<br />
vollständigen Rückführbarkeit in den Stoffkreislauf<br />
sind die Einsatzmöglichkeiten des Rohrkolbens breit<br />
gefächert. So kann der Naturbaustoff mit seiner<br />
hohen Biegesteifigkeit bei gleichzeitig geringem<br />
Gewicht für Dachkonstruktionen oder als Leichtbau-<br />
Sandwichelement für Fußböden und Zwischendecken<br />
verwendet werden. Auch Türblätter, Fenster- und<br />
Türstürze lassen sich mit Typha gestalten, ebenso ist<br />
der Ersatz von Holzbalken möglich.<br />
14
Neue Serie: Parade der Holzbau-Meister<br />
Präsentieren Sie<br />
Ihr Holzbauprojekt<br />
kostenlos und unverbindlich in allgäuALTERNATIV<br />
Das bringen Sie mit:<br />
Die Zeitschrift allgäuALTERNATIV berichtet regelmäßig über regionale Projekte<br />
zu Energie zukunft und Klimawandel. In der Herbst-/Winterausgabe ist<br />
eine neue Serie gestartet, in der wir unseren Lesern die interessantesten<br />
<strong>Allgäu</strong>er Holzbau-Projekte vorstellen. Dabei geht es der Redaktion um modernste<br />
Bautechnik, Energiespar- Innovationen und gute Innen- und Außengestaltung,<br />
passend für unsere Region.<br />
Die Redaktion stellt praktische Beispiele vor, die in letzter Zeit errichtet wurden.<br />
Die Serie soll unseren Lesern helfen, den richtigen Bau-Partner für ihr<br />
Projekt zu finden. Wir legen dabei großen Wert auf Niedrig-Energiestandards<br />
und pfiffige, sowie günstige Lösungen für die Bauherrn.<br />
Ihre Firma hat in letzter Zeit ein solches<br />
Bauprojekt durchgeführt?<br />
Der Bauherr hat nichts dagegen, dass sein Haus in<br />
unserer Zeitschrift vorgestellt wird? Das Projekt wurde<br />
von Ihnen dokumentiert?<br />
Rufen Sie die Redaktion von allgäuALTERNATIV an:<br />
+49 (0)83 79 / 72 80 16 oder senden Sie eine Mail an<br />
info@heimat-allgaeu.info
Mobilität<br />
Neue Art der Fortbewegung<br />
Ein Fahrradbus für Sonthofen<br />
Erst vor drei Jahren erfunden, sind sie noch weitesgehend unbekannt,<br />
doch dies dürfte sich in Zukunft ändern: Seit ein paar Monaten verfügt<br />
Sonthofen als erste Stadt im <strong>Allgäu</strong> über einen Fahrradbus. Mit diesem<br />
neu entwickelten, muskelbetriebenen Fahrzeug können bis zu vier<br />
Personen gleichzeitig in die Pedale treten.<br />
Ende Oktober war es soweit: Nach einer mehrwöchigen<br />
Radtour durch Süddeutschland<br />
übergaben zehn Lehrer und Schüler der freien<br />
Schule Elztal aus Waldkirch in Baden-Württemberg<br />
am Biberhof in Sonthofen den Fahrradbus an das Naturerlebniszentrum<br />
(NEZ) des Bundes Naturschutz.<br />
Wie es der Zufall so wollte<br />
Die Schüler legten mit dem Gefährt nicht nur<br />
mehrere Hundert Kilometer bis zu seinem Bestimmungsort<br />
zurück, sondern sie bauten es auch im Rahmen<br />
eines Schulprojektes unter fachkundiger Leitung<br />
von Emil Allmenröder zusammen. Dieser besitzt<br />
selbst einen Fahrradbus und leitete außerdem im August<br />
des vergangenen Jahres die Einfach-Leben-Tour,<br />
die vom NEZ veranstaltet wurde. Darüber entstand<br />
der Kontakt zu Andreas Güthler, Leiter des NEZ, der<br />
den Fahrradbus-Bauer zu einem Wochenende ins <strong>Allgäu</strong><br />
einlud, um sich näher auszutauschen. Im Laufe<br />
der drei Tage erzählte Allmenröder von dem Schulprojekt<br />
und fragte bei seinem Gastgeber nach, ob er<br />
nicht eine Möglichkeit wisse, ein solches Projekt zu finanzieren<br />
oder zu fördern.<br />
Viele Hände, schnelles Ende<br />
Und da schoss Andreas Güthler eine Idee in den<br />
Kopf: »Radstadt Sonthofen – das könnte doch super<br />
passen.« Und so wurde der Plan gefasst, dass sich das<br />
NEZ finanziell am Bau des Fahrradbusses beteiligt<br />
und dafür nach Fertigstellung sowie absolvierter Rad-<br />
16
Mit dem Fahrradbus will<br />
das Naturerlebniszentrum<br />
des Bundes Naturschutz<br />
die Entwicklung der Stadt<br />
Sonthofen zur<br />
fahrradfreundlichen<br />
Kommune unterstützen<br />
Johannes Buhl (l.) und<br />
Andreas Güthler überlegen<br />
zusammen, wann und wo<br />
der Fahrradbus zum<br />
Einsatz kommt<br />
Fotos: Claudia Schöwe, NEZ <strong>Allgäu</strong><br />
tour das umweltfreundliche Fahrzeug erhält, um damit<br />
die Entwicklung Sonthofens zur fahrradfreundlichen<br />
Kommune zu unterstützen.<br />
Kurz darauf stellte Andreas Güthler einen Förderantrag<br />
beim Umweltministerium, der auch genehmigt<br />
wurden. So wurden die Materialkosten mit 70<br />
Prozent gefördert, und auch die Stadt Sonthofen übernahm<br />
einen Teil der Kosten, ebenso wie das NEZ.<br />
Dank dieser Unterstützung und der Mithilfe von Emil<br />
Allmenröder konnten die Schüler in sechs Wochen<br />
den Fahrradbus bauen, und dessen Technik kann sich<br />
sehen lassen.<br />
►<br />
Anzeige<br />
17
Mobilität<br />
Nach der Übergabe ließen es sich Andreas Güthler (2.v.l.)<br />
und Johannes Buhl (3.v.l.) nicht nehmen und fuhren mit dem<br />
Fahrradbus eine Runde<br />
Jeder der vier Fahrer hat an seinem Platz eine eigene Acht-<br />
Gang-Schaltung und kann so selber bestimmen, wie kräftig<br />
er in die Pedale treten will<br />
Die Schüler der freien Schule Elztal, die den Fahrradbus<br />
gebaut haben, brachten diesen auch persönlich zum<br />
Biberhof Sonthofen<br />
Rückspiegel und verstellbare Sitze – ist das noch ein<br />
Fahrrad? Ja, aber eines, mit dem lange Touren wesentlich<br />
komfortabler sind<br />
Technik, die begeistert<br />
Das umweltfreundliche Fahrzeug besteht aus<br />
zwei auch einzeln nutzbaren Modulen, die wiederum<br />
aus zwei nebeneinander montierten Liegerädern bestehen.<br />
Die Steuerung übernimmt derjenige, der vorne<br />
rechts sitzt. In die Pedale treten müssen aber alle. Damit<br />
dies optimal gelingt, können die einzelnen Sitze<br />
vor- und zurückgestellt werden.<br />
Außerdem verfügt jeder der vier Fahrradbusfahrer<br />
über eine eigene Gangschaltung mit acht Gängen.<br />
»So kann jeder treten, wie es für ihn passt«, erklärt<br />
Andreas Güthler.<br />
Und er spricht aus Erfahrung: Zusammen mit Johannes<br />
Buhl, Leiter des Nachhaltigkeitsbüros der Stadt<br />
Sonthofen und damit verantwortlich für das Projekt<br />
»Radstadt Sonthofen«, unternahm er nach Ankunft<br />
des Fahrradbusses am Biberhof eine Probefahrt. Danach<br />
zeigten sich beide begeistert von dem neuartigen<br />
Gruppenerlebnis sanfter Mobilität.<br />
Werbung der etwas anderen Art<br />
Bis auf diese Ausfahrt kam der Fahrradbus bisher<br />
leider noch nicht zum Einsatz, doch das wird sich bald<br />
ändern. Allerdings, und das ist Johannes Buhl und<br />
Andreas Güthler wichtig, wird das Gefährt für Privatleute<br />
nicht frei zugänglich sein.<br />
Angedacht ist, dass das Fahrzeug zu bestimmten<br />
Anlässen genutzt wird. »Es soll ein Werbe- und Sympathieträger<br />
auf bio-regionalen Märkten sein«, sagt<br />
der Leiter des NEZ. So etwa beim Bio-Regional-Fairen<br />
Markt in Sonthofen, der am 15. April stattfindet. Im<br />
vergangenen Jahr gab es im Rahmen der Veranstaltung<br />
einen Rikscha-Service, der die Menschen von der<br />
Fußgängerzone zur Markthalle brachte. Diesen soll es<br />
auch heuer wieder geben, mit tatkräftiger Unterstützung<br />
durch den Fahrradbus. Und wenn Sonthofen am<br />
5. Mai mit dem »Bikeday <strong>2018</strong>« in die neue Radsaison<br />
startet, wird der Viersitzer vor Ort sein und Bewusstsein<br />
für sanfte Mobilität schaffen.<br />
(cs)<br />
18
Klimaschutz<br />
Engagierter Rückkehrer<br />
Der Leiter des Nachhaltigkeitsbüros Sonthofen<br />
Alpen-Stadt, Fair Trade Stadt, Energie- und Klimaschutzkommune –<br />
Sonthofen hat in den letzten Jahren viel erreicht und will mit<br />
anhaltendem Engagement weiterhin mit gutem Beispiel vorangehen.<br />
Verantwortlich dafür ist Johannes Buhl: Er arbeitet aktiv an der<br />
Nachhaltigkeit der Stadt.<br />
Im letzten Frühjahr kehrte der gebürtige Sonthofer<br />
in seine Heimat zurück, um die Stelle als Leiter des<br />
Nachhaltigkeitsbüros der Stadt zu übernehmen.<br />
Schon länger hegte er den Wunsch, wieder ins <strong>Allgäu</strong><br />
zu ziehen, und als er von der Stellenausschreibung<br />
hörte, war die Entscheidung, sich darauf zu bewerben,<br />
schnell gefallen, und so trat er am 2. Mai des letzten<br />
Jahres seine neue Arbeit an.<br />
Mit im Gepäck hatte er nicht nur die Motivation,<br />
etwas zu bewegen, sondern auch Erfahrung im<br />
Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Denn zuvor<br />
war er seit Ende 2011 am Wuppertaler Institut<br />
für Klima, Umwelt, Energie und arbeitete dort in der<br />
Forschungsgruppe »Nachhaltiges produzieren und<br />
konsumieren«. Zudem war er an dem Projekt »InnovationCity<br />
Ruhr« beteiligt, bei dem anhand der Modellstadt<br />
Bottrop demonstriert werden soll, wie ein<br />
klimagerechter Stadtumbau unter Berücksichtigung<br />
der Sicherung des Industriestandortes aussehen<br />
kann.<br />
Sonthofen will mehr Radler<br />
Nun kümmert er sich vorrangig um zwei große<br />
Themenschwerpunkte: Mobilität sowie Bauen und<br />
Wohnen. In den ersten Bereich fallen etwa Projekte<br />
wie die Umrüstung des Fuhrparks der Stadt auf Elektro-<br />
und Hybridfahrzeuge oder auch die Errichtung<br />
und Erneuerung von Ladesäulen. Ein weiteres großes<br />
Vorhaben trägt den Titel »Radstadt Sonthofen.« Mit<br />
diesem soll die Stadt fahrradfreundlicher gestaltet<br />
werden, damit mehr Menschen lieber in die Pedale<br />
statt aufs Gas treten. Ziel ist, den Radverkehr um fünf<br />
Prozent zu erhöhen, wie Johannes Buhl sagt.<br />
Zudem trat die Stadt auch der Arbeitsgemeinschaft<br />
fahrradfreundlicher Kommunen bei, die eine<br />
Schnittstelle zwischen Landespolitik und der Radverkehrsförderung<br />
auf kommunaler Ebene ist. Um dort<br />
Vollmitglied zu werden, müssen einige Aufgaben erfüllt<br />
werden, was Sonthofen bis nächstes Jahr schaffen<br />
möchte. Dazu gehört die Ausarbeitung eines Radverkehrskonzeptes<br />
und im Zuge dessen die Ausgestaltung<br />
und Neuanlegung von Radwegen, aber auch das<br />
Aufstellen von überdachten Radabstellanlagen mit<br />
Ladestationen für E-Bikes an geeigneten Standorten<br />
wie etwa am Spitalplatz in der Fußgängerzone. Zudem<br />
möchte Sonthofen den Radverkehr fördern, indem<br />
es den Kauf von Lastenrädern bezuschusst. Dieses<br />
Angebot gibt es noch nicht lange, doch schon jetzt<br />
hat Johannes Buhl einige Förderanträge auf seinem<br />
Schreibtisch. Dazu organisiert Sonthofen auch mehrere<br />
Veranstaltungen und Kampagnen wie etwa das<br />
Stadtradeln, um das Bewusstsein für die sanfte Mobilität<br />
zu stärken, so der Leiter des Nachhaltigkeitsbüros.<br />
Ein Jahrhundertprojekt<br />
Und auch in seinem zweiten Tätigkeitsfeld – dem<br />
Bereich Bauen und Wohnen – kümmert sich der gebürtige<br />
Sonthofer um zahlreiche Projekte. So sollen<br />
beispielsweise die Straßenbeleuchtung und die kommunalen<br />
Liegenschaften auf LED umgerüstet werden.<br />
Darüber hinaus ist er in der Bauverwaltung der Ansprechpartner,<br />
wenn es um Energieeffizienz in der<br />
Bauleitplanung liegt.<br />
Und in absehbarer Zeit steht der Stadt und Johannes<br />
Buhl ein weiteres großes Projekt bevor – die<br />
Konversion der militärischen Anlagen Sonthofens.<br />
Mitten in der Stadt umfassen diese eine Fläche von 34<br />
Hektar, die es zu entwickeln gilt. Auch dabei soll die<br />
Nachhaltigkeit eine Rolle spielen, doch wie genau das<br />
einmal aussieht, steht noch offen. Dass dieses Projekt<br />
aber viel Zeit und Arbeit erfordern wird, ist dem Leiter<br />
des Nachhaltigkeitsbüros schon jetzt bewusst. Er<br />
selber spricht von einem Jahrhundertprojekt, das das<br />
Bild der Stadt prägen wird. Genau wie die Arbeit von<br />
Johannes Buhl.<br />
(cs)<br />
Foto: Claudia Schöwe<br />
Johannes Buhl will in seiner<br />
Tätigkeit die Nachhaltigkeit<br />
der Stadt vorantreiben<br />
19
E-Mobil<br />
Plug-in-Hybridfahrzeuge<br />
Sie sind besser als ihr Ruf<br />
Neben derzeit etwa 50.000 rein elektrischen Personenkraftwagen sind auch etwa<br />
40.000 Plug-in-Hybridfahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs. Diese werden<br />
von Umweltverbänden und politischen Entscheidern oft kritisch gesehen, da sie<br />
keine »echten« Elektroautos sind und eine schlechtere Umweltbilanz haben sollen.<br />
Mit diesem Irrtum räumt eine Studie nun auf.<br />
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts<br />
für System- und Innovationsforschung<br />
ISI und des Karlsruher Instituts für Technologie<br />
(KIT) haben die Fahrleistung von 49.000 Batteriefahrzeugen<br />
und 73.000 Plug-In-Hybridfahrzeugen<br />
in Deutschland und in den USA verglichen. Die Daten<br />
dafür stammen aus Flottentests und von Autoherstellern<br />
sowie von Webseiten, die der Verwaltung und<br />
Überwachung des eigenen Fahrzeugs dienen.<br />
Die Datenauswertung zeigt: Plug-in-Hybridfahrzeuge<br />
mit einer realen elektrischen Reichweite von<br />
etwa 60 Kilometern fahren genauso viel elektrisch wie<br />
reine Batteriefahrzeuge, nämlich bis zu 15.000 Kilometer<br />
pro Jahr. Deshalb ist ihr Kohlendioxid-Reduktionspotenzial<br />
ebenso groß wie das von Elektroautos<br />
mit reinem Batterieantrieb. Somit sind Plug-in-Hybride<br />
eine gute Ergänzung zu reinen Batteriefahrzeugen,<br />
um die Treibhausgase zu reduzieren. Dies gilt vor allem<br />
dann, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energien<br />
geladen werden.<br />
Zu Unrecht kritisiert<br />
»Bezieht man noch ein, dass bei der Produktion<br />
der deutlich kleineren Batterien von Plug-in-Hybridfahrzeugen<br />
weniger Kohlendioxid freigesetzt wird als<br />
20
Bisher gab es keinen<br />
systematischen empiri -<br />
schen Vergleich der ele k -<br />
trischen Fahrleistung von<br />
Batterie- und Hybrid fahr -<br />
zeugen – diese<br />
Forschungs lücke wurde<br />
nun geschlossen<br />
Fotos: Mitsubishi<br />
Info<br />
Die aktuelle Studie wurde<br />
im Rahmen des Leistungs -<br />
zentrums »Profilregion<br />
Mobilitätssysteme Karls -<br />
ruhe« erstellt. Die Ergeb -<br />
nisse wurden als Open-<br />
Access-Artikel »CO2<br />
Mitigation Potential of Plugin<br />
Hybrid Electric Vehicles<br />
larger than expected« in<br />
der Zeit schrift »Nature<br />
Scientific Reports«<br />
veröffentlicht:<br />
www.nature.com/srep<br />
bei der Produktion der größeren Batterien für Elektrofahrzeuge,<br />
haben sie sogar eine bessere Kohlendioxid-<br />
Bilanz«, unterstreicht Patrick Jochem vom Institut für<br />
Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion des<br />
KIT. »Zudem können Hybride zur Vertrauensbildung<br />
und Verbreitung der Elektromobilität beitragen, da sie<br />
anders als reine Batteriefahrzeuge prinzipiell die gleiche<br />
Reichweite wie ein Verbrennungsauto haben.«<br />
Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI merkt zudem<br />
an, dass die Plug-in-Fahrzeuge aufgrund fehlender<br />
empirischer Daten in der Vergangenheit oft zu kritisch<br />
gesehen wurden. »Wichtig ist aber, dass die Batterie<br />
mit einer realen elektrischen Reichweite von mehr als<br />
50 Kilometern groß genug ausgelegt ist und zusätzlich<br />
die Dekarbonisierung des Stromsystems weiter vorangetrieben<br />
wird«, ergänzt er.<br />
Jedoch ergab die Studie auch, dass die abnehmenden<br />
Kohlendioxid-Emissionen während der Batterieproduktion<br />
und die zunehmende Verbreitung von<br />
Schnellladesäulen diesen Vorteil in den kommenden<br />
Jahren immer mehr in Richtung der reinen Elektrofahrzeuge<br />
verschieben werden.<br />
Laut der Studie fahren<br />
Plug-in-Hybride mit einer<br />
realen elektrischen<br />
Reichweite von etwa 60<br />
Kilometern genauso viel<br />
elektrisch wie reine<br />
Elektrofahrzeuge und<br />
haben damit ein genauso<br />
großes Kohlendioxid-<br />
Reduktionspotenzial<br />
Anzeige<br />
21
E-Mobil<br />
(V.l.): Andreas Repper (ehemaliger Klimaschutzmanager), drei Mitarbeiter des Bauhofes, Arnold Biberger (Vertriebsmanager der Deutschen Post),<br />
Hans-Erich Endler (Angestellter bei der Paul Nutzfahrzeuge GmbH) und Johannes Buhl (aktueller Klimaschutzmanager) bei der Übergabe des StreetScooters<br />
StreetScooter für Sonthofen<br />
Bauhof begrüßt elektrischen Kollegen<br />
Kurz vor Weihnachten war Bescherung in dem städtischen Betrieb:<br />
Am 21. Dezember wurde der erste »zivile« StreetScooter<br />
für den Bauhof in Sonthofen vorgestellt, mit dem die städtische<br />
Abfall beseitigung emissions- und nahezu geräuschlos erfolgt.<br />
Die Freude bei allen Beteiligten war groß, als<br />
nach langer Vorbereitung und Wartezeit<br />
Ende Dezember der klimafreundliche Alleskönner<br />
präsentiert wurde. Für dieses Ereignis fanden<br />
sich nicht nur die Bauhofmitarbeiter rund um Fachbereichsleiter<br />
Winfried Geisteier ein, die ihren neuen<br />
elektrischen Kollegen begrüßten. Auch Johannes Buhl,<br />
Klimaschutzmanager der Kommune, und der ehemalige<br />
Klimaschutzmanager Andreas Repper, der die Anschaffung<br />
des StreetScooter von Beginn an begleitete,<br />
ließen es sich nicht nehmen, sich das E-Auto genau erklären<br />
zu lassen.<br />
Perfekt gerüstet für den Einsatz<br />
Das übernahm Hans-Erich Endler von der Firma<br />
Paul Nutzfahrzeuge GmbH in Vilshofen, Vertriebspartner<br />
der Deutschen Post in Sachen StreetScooter.<br />
Unterstützt wurde er dabei von Arnold Biberger, Vertriebsmanager<br />
der Deutschen Post.<br />
Zusammen machten sie auf die Besonderheiten<br />
des elektrischen Nutzfahrzeuges aufmerksam, das immerhin<br />
48 Kilowatt – das entspricht etwa 65 PS – leis -<br />
tet. Das E-Mobil wurde für den Bauhof so konzipiert,<br />
dass es für seine kommende Aufgabe, die städtische<br />
Abfallbeseitigung, perfekt geeignet ist.<br />
Als Basis wurde der Typ Work Pure des Street -<br />
scooters gewählt, auf den ein kippbarer Aufbau<br />
montiert wurde. Das Besondere an speziell diesem<br />
Fahrzeug ist, dass hinter der Fahrerkabine eine große<br />
Kiste aus Metall angebracht wurde, in der ohne Probleme<br />
ein Besen sowie andere Gerätschaften und<br />
Arbeitsmaterialien verstaut werden können, so Hans-<br />
Erich Endler.<br />
Gut zur Umwelt und zum Geldbeutel<br />
Gleichzeitig verwies er auf einen weiteren Vorteil<br />
des StreetScooters: Es entstehen so gut wie keine Servicekosten<br />
im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen<br />
mit Verbrennungsmotor.<br />
Er rät lediglich zu einem kurzen Besuch in einer<br />
Werkstatt einmal jährlich, um das Elektrofahrzeug<br />
durchprüfen zu lassen, und zu einem Wechsel der<br />
Bremsflüssigkeit alle vier Jahre. So können der Bauhof<br />
und die Kommune bares Geld sparen.<br />
22
Fotos: Claudia Schöwe<br />
Dies taten sie bereits bei der Anschaffung des<br />
elektrischen Fahrzeuges, wie Andreas Repper erklärt.<br />
Gefördert wurde der Kauf des StreetScooters über die<br />
nationale Klimaschutzinitiative. Der Förderanteil lag<br />
laut dem ehemaligen Klimaschutzmanager bei 50 Prozent<br />
– so konnte das Auto für etwa 26.000 Euro erworben<br />
werden und war damit ungefähr gleich teuer wie<br />
ein vergleichbares »normales« Auto.<br />
Nun muss sich der orangefarbene Stromer nur<br />
noch bewähren und zeigen, dass er auch bei seinen<br />
täglichen Aufgaben konventionellen Fahrzeugen in<br />
nichts nachsteht. Aber auch dies sollte der StreetScooter<br />
meistern, hat er doch laut Andreas Repper eine realistische<br />
Reichweite von 80 bis 100 Kilometern. Damit<br />
kann er ohne Probleme seine geplanten Einsätze im<br />
Nahbereich absolvieren.<br />
(cs)<br />
Im Fahrerraum haben<br />
bequem zwei Leute Platz,<br />
und in der Kiste hin ter der<br />
Kabine können Gerät -<br />
schaften und Arbeits -<br />
materialien verstaut<br />
werden<br />
Bewährungsprobe<br />
bestanden<br />
Die Deutsche Post DHL Group hatte bereits Ende November<br />
ihr Jahresziel 2017 erreicht: Zu dem Zeitpunkt waren<br />
bundesweit 5000 StreetScooter in der Brief- und<br />
Paketzustellung im Einsatz. Die Bilanz nach 13,5 Millionen<br />
gefahrenen Kilometern: Die Elektrofahrzeuge, die über<br />
300 Brems- und Anfahrvorgänge täglich an über 300<br />
Tagen im Jahr bewältigen müssen, bewähren sich im<br />
harten Post-Alltag. Mehr noch: Sie verursachen 60 bis<br />
80 Prozent weniger Kosten für Wartung und Verschleiß<br />
gegenüber vergleichbaren konventionellen Fahrzeugen.<br />
Zudem sparen die rund 3700 StreetScooter vom Typ<br />
WORK und die etwa 1300 WORK L jährlich mehr als<br />
16.000 Tonnen CO 2 ein und leisten somit einen wichtigen<br />
Beitrag zum Klima- und auch Lärmschutz.
E-Mobil<br />
Mobilität der Zukunft<br />
Eine Gefahr für unsere Märkte<br />
Der klassische<br />
Wochenmarkt und die<br />
Händler leben von der<br />
Mobilität. Genau diese<br />
könnte ihnen nun zum<br />
Verhängnis werden<br />
Die kleinen und großen Wochenmärkte in unserer ländlichen Region tragen<br />
wesentlich zur Versorgung der Bevölkerung bei. Gerade für ältere oder immobile<br />
Menschen ist der Markt eine Einkaufsalternative. Doch die sieht sich einer großen<br />
Bedrohung ausgesetzt, wie die Deutsche Marktgilde eG kürzlich in ihrer Hauszeitung<br />
»Der Wochenmarkt« deutlich gemacht hat.<br />
Das Angebot auf den Märkten<br />
im <strong>Allgäu</strong> ist groß und regional.<br />
Doch wie lange wird es noch so<br />
sein?<br />
24<br />
Mobilität als wesentlicher Bestandteil unseres<br />
Alltags war und ist Treiber für die<br />
wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung.<br />
Doch der Verkehrszuwachs der letzten Jahrzehnte<br />
verursacht zunehmend ökonomische und<br />
ökologische Folgen: Staus auf den Straßen, volle Züge,<br />
verspätete Lieferungen, Grenzwerte übersteigende<br />
Emissionsbelastungen in den Städten. Umweltplaketten<br />
oder Fahrverbote, die die Fahrt in die eine oder<br />
andere Innenstadt untersagen, und drohende Dieselfahrverbote<br />
sind die ersten Konsequenzen. Zudem<br />
fordern Politiker vor dem Hintergrund verkehrsbedingter<br />
Umweltschäden und selbstgesetzter Klimaschutzziele<br />
eine Mobilitätswende. Sie soll insbesondere<br />
der massiven Luftverschmutzung entgegenwirken und<br />
unsere Gesundheit schonen.<br />
Weitere Anliegen wie zum Beispiel weniger<br />
Lärm, Straßen mit mehr Aufenthaltsqualität und geringere<br />
Unfallrisiken zielen auf mehr Lebensqualität.<br />
Dafür sollen Verkehr und Mobilität auf nachhaltige<br />
Energieträger, sanfte Mobilitätsnutzung und eine Vernetzung<br />
verschiedener Formen des Individual-, des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs und des Güterverkehrs<br />
umgestellt werden.<br />
Neue Herausforderungen<br />
Dieser anstehende Wandel rückt das seit jeher<br />
wichtige Thema Mobilität für den gesamten Einzelhandel<br />
noch mehr in den Fokus. Der Onlinehandel<br />
wächst rasant und hängt mit seiner Logistikkette stark<br />
von Einschränkungen der Mobilität ab. Er experimentiert<br />
nicht umsonst mit neuen Transportmitteln wie<br />
Drohnen zur Paketzustellung. Die umfassenden Erfahrungen<br />
mit der Organisation von Mobilität nutzt<br />
ein Unternehmen wie Amazon ja inzwischen in Ballungsgebieten<br />
auch schon im Lebensmittelbereich. Da<br />
müssen sich selbst die Supermärkte – gerade 60 Jahre<br />
alt geworden – »neu erfinden«, zum Beispiel mit dem<br />
Ausbau ergänzender Dienstleistungen wie Lieferservice<br />
für frische Lebensmittel. Und auch der Paketzusteller<br />
DPD hat mittlerweile das Geschäft mit der Lieferung<br />
frischer Lebensmittel gestartet. Sein Angebot<br />
soll sich bewusst nicht nur auf Ballungsräume konzen-
Viele Lieferfahrzeuge der Marktständler werden mit Diesel<br />
betrieben. Das könnte angesichts des drohenden Dieselfahrverbotes<br />
ein echtes Problem werden<br />
Seit einiger Zeit bietet die Post ihren »Streetscooter« auch<br />
in Weißlackierung zum offenen Ver kauf an. Dies könnte eine<br />
Alter native zu den diese l betrie benen Lieferfahrzeugen sein<br />
Fotos: Archiv, Deutsche Post DHL Group, Thomas Niehörster<br />
trieren, sondern setzt auf eine »flächendeckende Versorgung<br />
von Empfängern in ganz Deutschland«.<br />
Markthandel braucht Mobilität<br />
Auch jeder Wochenmarkt wird durch einen solchen<br />
»Kulturwandel« mehr oder weniger stark betroffen<br />
sein – bis hin zum »Todesstoß« aufgrund fehlender<br />
Händler und Kunden. Denn der Wochenmarkt<br />
lebt als ein Teilbereich des mobilen Handels gerade<br />
von der Mobilität all seiner Teilnehmer.<br />
So müssen die Markthändler beweglich sein,<br />
denn sie haben ihre Lager- und Geschäftsräume in<br />
preiswerten Außenbereichen und beschicken von dort<br />
aus in der Regel mehrere Marktplätze pro Woche in<br />
verschiedenen Städten oder Stadtteilen im Umkreis.<br />
Im Gegensatz zum stationären Handel müssen sie<br />
nicht nur ihre Waren zum »Point of Sale« transportieren,<br />
sondern auch ihre gesamte Verkaufseinrichtung<br />
– und zwar täglich. Damit waren in der Vergangenheit<br />
wichtige Vorteile verbunden.<br />
Der Werbeslogan des Marktführers für Verkaufsfahrzeuge<br />
bringt den wichtigsten davon auf den Punkt:<br />
»Fahren Sie den schlechten Standorten davon.« Soll<br />
dieser Vorteil erhalten bleiben, dann muss die Mobilität<br />
der Markthändler effizienter und umweltfreundlicher<br />
gestaltet werden. In vielen Bereichen verbergen sich<br />
hierfür noch große Verbesserungspotenziale, deren<br />
Ausschöpfung oftmals auch betriebswirtschaftlich<br />
sinnvoll ist. Sowohl von der Seite der Fahrzeughersteller<br />
als auch von der Seite der Händler sind aber erhebliche<br />
Investitionen zu erwarten, um zum Beispiel per<br />
E-Mobilität flexibel zu bleiben.<br />
Dieselverbot bedroht Existenz<br />
Dass diese unvermeidbar sind, wird vor allem im<br />
Hinblick auf das bereits erwähnte Dieselfahrverbot<br />
deutlich. Denn neben Privatnutzern und vielen Unternehmen<br />
wären insbesondere Markthändler von einem<br />
solchen Verbot betroffen. Für sie gehört die Mobilität<br />
in Städten zum Geschäftsmodell. Sie alle müssen täglich<br />
– meist ohne <strong>Alternativ</strong>e – in die Innenstädte pendeln.<br />
Es sollte deshalb nicht unterschätzt werden, welch gravierende<br />
Auswirkungen ein Fahrverbot für Dieselautos<br />
gerade für Markthändler, für die Veranstalter, für die<br />
Kommunen mit ihrer innerstädtischen Nahversorgung<br />
und letztlich für jeden einzelnen Einwohner und Verbraucher<br />
haben würde. Ein Dieselfahrverbot würde vielen<br />
die Existenzgrundlage entziehen.<br />
Im Gegensatz zu einer Privatperson, die – bei allem<br />
Ärger und einem mehr oder weniger großen Wertverlust<br />
des alten Diesels – relativ leicht »umsteigen«<br />
kann, dürfte das Markthändlern nicht leichtfallen. Gibt<br />
es überhaupt alternative Antriebe bei Verkaufsfahrzeugen,<br />
Sprintern, Lkws? Können vorhandene Fahrzeuge<br />
nachgerüstet werden? Wer bezahlt das, wenn nicht die<br />
millionenfache Lobby der SUV- und Oberklasse-Nutzer<br />
dahintersteht? Sind entsprechende Investitionen unter<br />
den gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen<br />
der Branche überhaupt finanzierbar?<br />
Wer zahlt die Zeche?<br />
Zumindest dem einen oder anderen Händler<br />
würde ein Fahrverbot tatsächlich den »Todesstoß« versetzen.<br />
Und jeder fehlende Markthändler kann auf den<br />
vielen ohnehin kränkelnden Wochenmärkten dazu<br />
führen, dass die Abwärtsspirale aus »weniger Händler<br />
= weniger Angebot = weniger Attraktivität = weniger<br />
Kundeninteresse = weniger Umsatz = weniger Händlerinteresse<br />
...« in Gang gesetzt oder beschleunigt wird.<br />
In der Diskussion um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge<br />
warnen viele Verbände (Handwerker, Speditionswesen,<br />
Taxigewerbe) – und auch der Bundesverband<br />
der Deutschen Schausteller und Marktkaufleute (BSM)<br />
inzwischen vehement vor den Folgen. Aber nicht nur<br />
ihnen drohen wirtschaftliche Einbußen, sondern auch<br />
den Verbrauchern stehen Mehrkosten ins Haus, denn<br />
sie müssen letztlich über höhere Verbrauchsgüterpreise<br />
für die Beseitigung der Schäden aufkommen, die der<br />
Automobilindustrie angelastet werden. Neben den gesundheitlichen<br />
Auswirkungen, die sie in der Vergangenheit<br />
zu tragen hatten, müssen sie in Zukunft womöglich<br />
auf Lebensqualität in dem Sinn verzichten,<br />
dass die beliebte Einkaufsalternative »Wochenmarkt«<br />
mit ihren zahlreichen Vorteilen verloren geht.<br />
In einer extremen Form wird sich ein solches Katastrophenszenario<br />
hoffentlich nicht einstellen. An ein<br />
totales und tatsächliches Innenstadtverbot für alle<br />
Dieselfahrzeuge glaubt (noch) keiner. Vorbeugend<br />
wird darüber nachgedacht, bestimmte Branchen von<br />
dem Verbot auszunehmen.<br />
Aber: Ob der Markthandel dazugehört?<br />
25
Mobilität<br />
Visionäre Zu(g)kunft<br />
Grüner Wasserstoff statt schwarzer Diesel<br />
Bahnfahren ist umweltfreundlich, zumindest dort, wo die Züge mit Strom<br />
betrieben werden können. Allerdings gibt es in Deutschland noch viele<br />
regionale Strecken, wo dies nicht möglich ist und weiterhin Dieseltriebwagen<br />
verkehren. Abhilfe könnten Züge mit Wasserstoffantrieben schaffen, wie<br />
es sich Landrätin Maria Rita Zinnecker für das Ostallgäu wünscht.<br />
In Niedersachsen fährt der Zug<br />
der Zukunft bereits im Probe -<br />
betrieb. In drei Jahren sollen insgesamt<br />
14 Züge mit Wasser -<br />
stoffantrieb in der nord deut -<br />
schen Provinz unterwegs sein<br />
26<br />
Ende Januar stellte Staatsminister Herrmann in<br />
einer Kabinettssitzung die »Bayerische Elektromobilitäts-Strategie<br />
Schiene zur Reduzierung<br />
des Dieselverkehrs im Bahnnetz in Bayern« vor. Eines<br />
der Pilotprojekte, das in den nächsten Jahren umgesetzt<br />
werden soll, ist ein Wasserstoffantrieb-Zug für die<br />
Strecke Augsburg-Füssen. Das nahm die Ostallgäuer<br />
Landrätin zum Anlass, einen Brief an den Innenminister<br />
zu schreiben, in dem sie seine Initiative für alternative<br />
Antriebsmöglichkeiten auf der »König-Ludwig-<br />
Bahn« begrüßt und darauf verweist, dass der Landkreis<br />
gerne ein solches Projekt unterstützen würde.<br />
Zillertal fährt in die Zukunft<br />
Nicht nur Maria Rita Zinnecker glaubt an das<br />
große Potenzial. Auch unser Nachbarland Österreich<br />
will diesen Schritt Richtung alternative Antriebstechnik<br />
wagen. Der Aufsichtsrat der Zillertalbahn beschloss<br />
kürzlich, dass die Schmalspurbahn bald mit<br />
Wasserstoff fahren soll – und zwar als erste Schmalspurbahn<br />
der Welt. Wenn alles nach Plan verläuft, soll<br />
der Regelbetrieb schon in vier Jahren aufgenommen<br />
werden. Bis dahin muss allerdings noch viel passieren,<br />
etwa der Test eines Prototyps und die Ausschreibung<br />
der Triebwagen. Und auch die Finanzierung ist noch<br />
nicht endgültig geklärt.<br />
Die Verantwortlichen aber wollen sich diesen<br />
Hürden stellen, denn ihnen ist bewusst, dass die momentane<br />
Situation nicht mehr tragbar ist. Derzeit verbraucht<br />
die Zillertalbahn 800.000 Liter Diese jährlich<br />
– das sind fast 30 Lkw-Tankzüge. Zusätzlich emittiert<br />
die Bahn jährlich über 2000 Tonnen Kohlenstoffdioxid.<br />
Was ebenfalls für Wasserstoffzüge im Zillertal<br />
spricht: Man kann eine regionale Ressource nutzen,<br />
denn knapp ein Drittel der in Tirol erzeugten Wasserkraft<br />
kommt aus dem Zillertal. Zudem besteht die<br />
Möglichkeit, den Wasserstoff vor Ort herzustellen.<br />
Fotos: Alstom/Michael Wittwe, Zillertaler Verkehrsbetriebe
Dazu muss allerdings erst eine Wasserstoff-Produktionsanlage<br />
gebaut werden. Es bleibt also abzuwarten,<br />
in wie naher Zukunft unsere Nachbarn mit Wasserstoff<br />
fahren. Wie es jedoch einmal sein könnte, zeigt<br />
ein Blick nach Niedersachsen.<br />
Im Norden was Neues<br />
Dort fährt seit Kurzem der erste Wasserstoffzug<br />
der Welt. Produziert wird der »Coradia iLint« vom<br />
Schienenfahrzeugbauer Alstom für die Landesnahverkehrsgesellschaft<br />
Niedersachsen (LNVG). Es ist geplant,<br />
dass insgesamt 14 Brennstoffzellen-Züge im Alstom-Werk<br />
in Salzgitter produziert werden, die ab Dezember<br />
2021 Reisende zwischen Cuxhaven, Bremerhaven,<br />
Bremervörde und Buxtehude befördern. Sie<br />
sollen die Dieseltriebwagen der Elbe-Weser-Verkehrsbetriebe<br />
ersetzen und den Schadstoff-Ausstoß im täglichen<br />
Betrieb auf null reduzieren.<br />
Die Wasserstoffversorgung der neuen Züge übernimmt<br />
der Technologiekonzern The Linde Group. Eigens<br />
dafür errichtet das Unternehmen in Bremervörde<br />
die weltweit erste Wasserstoff-Tankstelle für Züge und<br />
wird diese auch betreiben. Ist der Zug voll aufgetankt,<br />
kann er an die 1000 Kilometer zurücklegen, bei einer<br />
Höchstgeschwindigkeit von 140 Stundenkilometern.<br />
Nun ist abzuwarten, wie sich die mit Wasserstoff<br />
betriebenen Züge im Probebetrieb schlagen und ab<br />
wann bei uns die ersten emissionslosen Züge auf den<br />
Schienen unterwegs sein werden.<br />
(cs)<br />
Der »Coradia iLint« mutet<br />
auf den ersten Blick wie ein<br />
ganz normaler Regionalzug<br />
an, dabei ist sein Antrieb<br />
innovativ und zukunfts -<br />
weisend<br />
So könnte der weltweit<br />
erste Schmalspurbahn-<br />
Wasserstoffzug einmal<br />
aussehen<br />
27
Energie sparen<br />
Fotos: eza!, Karl Geller/Berufsschule Mindelheim<br />
Fast die Hälfte des<br />
Energieeinsatzes wird von<br />
Unternehmen verbraucht.<br />
Die Betriebe beim Thema<br />
Energiesparen zu unter -<br />
stützen, ist ein Ziel des<br />
Projektes Energiewende<br />
Unterallgäu Nordwest<br />
Unternehmen im Fokus<br />
Feldversuch »Unterallgäu«<br />
Ob Optimierung von Biogasanlagen, die Gründung von Energieteams in den<br />
Gemeinden, der Erfahrungsaustausch von Firmen in Energieeffizienz-Netzwerken,<br />
Kurzcheck-Kampagnen für Hausbesitzer oder der Bau von Nahwärmenetzen und<br />
Photovoltaikanlagen – im Nordwesten des Landkreises Unterallgäu tut sich viel.<br />
Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromund<br />
Wärmeverbrauch soll im nordwestlichen<br />
Teil des Landkreises Unterallgäu innerhalb<br />
von fünf Jahren auf über 60 Prozent klettern. Das ist<br />
Ziel des Projektes Energiewende Unterallgäu Nordwest<br />
des Landkreises Unterallgäu, des Energie- und<br />
Umweltzentrums <strong>Allgäu</strong> (eza!) und der Lechwerke<br />
AG. Gefördert wird der deutschlandweit einzigartige<br />
Feldversuch, der noch bis März 2019 läuft, aus dem<br />
Energie- und Klimafonds des Bundesministeriums für<br />
Ernährung und Landwirtschaft. Viele Maßnahmen<br />
wurden angestoßen oder bereits umgesetzt.<br />
Ein wichtiger Punkt war zunächst die flächendeckende<br />
Gründung von Energieteams in den Gemeinden<br />
des Projektgebietes. »Denn die Basis für eine<br />
erfolgreiche Projektarbeit ist eine enge Zusammenarbeit<br />
mit Kommunen, Kommunalpolitkern und engagierten<br />
Bürgern«, betont Sebastian Hartmann, bei eza!<br />
für das Projekt zuständig. Tatsächlich haben die Mitglieder<br />
der Energieteams bei ihren regelmäßigen Sitzungen<br />
bereits zahlreiche Maßnahmen und Projekte<br />
identifiziert und auf den Weg gebracht. Bestes Beispiel<br />
ist eine 30-kWp-Photovoltaikanlage in Winterrieden,<br />
die in diesem Jahr in Betrieb gehen soll und dann<br />
knapp 40 Prozent des Strombedarfs der Kläranlage<br />
decken wird. Auch in Lachen hat das dortige Energieteam<br />
den Bau einer Photovoltaikanlage angestoßen,<br />
und zwar auf dem Dach der Grundschule.<br />
Biogasanlagen sind nach Meinung vieler Experten<br />
von großer Bedeutung für das Gelingen der Energiewende.<br />
»Es handelt sich bei Biogas um eine steuerund<br />
speicherbare Energiequelle«, erklärt Hartmann.<br />
In Zusammenarbeit mit Renergie <strong>Allgäu</strong> e.V. werden<br />
für drei Betriebe unterschiedlicher Größenklassen<br />
Machbarkeitsstudien erstellt. Im Fokus stehen die Optimierung<br />
der Wärmenutzung und die Flexibilisierung<br />
der Anlagen sowie Maßnahmen zur Effizienzsteigerung.<br />
Interessierte Betreiber erhalten während der<br />
Projektlaufzeit begleitende Unterstützung. Ein schönes<br />
Beispiel dafür ist die Familie Harzenetter in Günz, die<br />
bereits im Sommer 2017 ihre Anlage so umgestellt hat,<br />
dass bedarfsgerecht Strom und Gas produziert wer-<br />
28
den. Im Rahmen des Modellprojektes wird die Betreiberfamilie<br />
dabei unterstützt, weitere Abnehmer für<br />
eine noch bessere Abwärmenutzung zu finden.<br />
Nachdem durch die Unternehmen in der Modellregion<br />
fast die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs<br />
verursacht wird, gilt es auch, hier anzusetzen.<br />
So wurde für interessierte Unternehmen ein Netzwerk<br />
gegründet. Vertreter der teilnehmenden Firmen treffen<br />
sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch und<br />
lernen beim Thema Energiesparen voneinander. Vorbildlich<br />
ist der Fabrikneubau der Alois-Müller-Gruppe<br />
in Ungerhausen. Eine PV-Anlage, ein Blockheizkraftwerk<br />
sowie ein Pufferspeicher in Kombination<br />
mit Wärmerückgewinnung und intelligent gesteuerten<br />
Maschinen machen die »Green Factory <strong>Allgäu</strong> 2.0« zu<br />
einem nahezu energieautarken Produktions- und Bürogebäude.<br />
Bereits ab April startet die Fertigung in den neuen<br />
Produktionsflächen, und bis spätestens Anfang<br />
2019 soll dann auch der Umzug der Verwaltung von<br />
Memmingen nach Ungerhausen erfolgen.<br />
Eine tragende Säule des Projektes ist die Energieberatung<br />
in privaten Haushalten. In der gesamten Modellregion<br />
werden Info-Kampagnen mit Vor-Ort-<br />
Kurz checks angeboten. Seit Projektbeginn haben die<br />
eza!-Experten bereits 323 Beratungen durchgeführt.<br />
Der eza!-Experte gibt zudem einen Überblick über die<br />
staatlichen Förderprogramme. Dadurch, so die Zielsetzung<br />
der Projektpartner, werden viele Hauseigentümer<br />
motiviert, wirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen<br />
durchzuführen und verstärkt erneuerbare<br />
Energien zu nutzen.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.energiewende-unterallgaeu.de/<br />
Landwirte werden bei der Optimierung der Wärme nutzung und der Flexibilisie rung<br />
ihrer Biogasanlagen beraten und unterstützt<br />
Pilotprojekt Berufsschule<br />
Wie optimiert man die Beleuchtung in einem Unternehmen?<br />
Auch das ist Inhalt des Energieeffizienzkurses an der Mindel -<br />
heimer Berufsschule<br />
Das Thema Energieeffizienz hat sich in den vergangenen<br />
Jah ren zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für<br />
Unternehmen entwickelt. Die Nachfrage nach qualifizierten<br />
Fachkräften in diesem Bereich sei hoch, sagte Hartmut<br />
Wur ster, stellvertretender Präsident der Industrie- und<br />
Han delskammer Schwaben (IHK) im Landratsamt in Mindelheim.<br />
Um bereits Auszubildende in dieser Hinsicht zu schu -<br />
len, ha be die IHK gemeinsam mit der staatlichen Berufs -<br />
schule Mindelheim ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, das<br />
vor Kurzem erfolgreich abgeschlossen worden sei – den<br />
sogenannten Energieeffizienzkurs. Der Kurs soll an der<br />
Berufsschule als Wahlfach fortgeführt werden und künftig<br />
auch allen allge meinbildenden Schulen und Unternehmen<br />
im Unterallgäu offenstehen.<br />
Auszubildende, die den Energieeffizienzkurs absolviert<br />
haben, bringen fundiertes Fachwissen mit. Der Kurs wurde<br />
mit dem Deutschen Klimapreis der Allianz Umwelt stiftung<br />
ausgezeichnet.<br />
Schulleiter Georg Renner ging ins Detail: Seit Beginn im<br />
Jahr 2014 nahmen rund 250 Auszubildende am Kurs teil.<br />
Er wir d als Wahlfach angeboten und umfasst 36<br />
Unterrichts stunden sowie eine vierstündige Exkursion in<br />
einen Betrieb. In elf Modulen setzen sich die Schüler mit<br />
verschiedenen Fragen auseinander: Wie nimmt man ein<br />
Unternehmen im Hinblick auf die Energieeffizienz pro -<br />
fessionell unter die Lupe? Wie erstellt man eine<br />
Energiebilanz? Wie kann man Energie einsparen, und wie<br />
lassen sich diesbezügliche Maßnahmen finanzieren? Und<br />
wie überzeuge ich meinen Chef? Am Ende des Kurses wird<br />
das Wissen in einem Test abgefragt.<br />
Der Kurs soll nun auch Schülern der allgemeinbildenden<br />
Schulen angeboten werden. »Wir wollen das Wahlfach<br />
öffnen für Schüler ab der neunten Klasse der Mittelschulen,<br />
Real schulen und Gymnasien«, sagt Georg Renner. Diese sollen<br />
das Wahlfach an der Berufsschule dann genauso<br />
belegen können wie die Berufsschüler. Außerdem sollen<br />
Schulungen für die Umweltbeauftragten der Schulen, also<br />
für Lehrer, angeboten werden. In einem zweiten Schritt soll<br />
der Kurs über die IHK, die Kreishandwerkerschaft und die<br />
Innungen auch Unternehmen angeboten werden. Der<br />
Landkreis Unterallgäu unterstützt das Angebot sowohl als<br />
Bildungs region als auch im Rahmen seines Klimaschutzkonzeptes<br />
logistisch und finanziell.<br />
29
Energie sparen<br />
Mehr Effizienz fürs Klima ...<br />
... und für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Fast die Hälfte des gesamten Energieeinsatzes im <strong>Allgäu</strong> wird von Unternehmen<br />
verbraucht. Im Wirtschaftssektor schlummern große Einsparpotenziale. In der Region<br />
ist nun das Projekt »Energiezukunft Unternehmen« angelaufen, unter anderem mit<br />
kostenlosen Beratungsangeboten. Die ersten Reaktionen sind vielversprechend.<br />
Die <strong>Allgäu</strong> GmbH hat zusammen mit den vier<br />
Landkreisen und den drei kreisfreien Städten,<br />
der IHK Schwaben und der Handwerkskammer<br />
für Schwaben die Initiative »Energiezukunft Unternehmen«<br />
gestartet. Ziel ist es, die Betriebe im <strong>Allgäu</strong><br />
bei der Steigerung der Energieeffizienz und beim Einsatz<br />
erneuerbarer Energien zu unterstützen. Eine wichtige<br />
Rolle spielen dabei kostenlose Energieberatungen<br />
durch das Energie- und Umweltzentrum <strong>Allgäu</strong> (eza!),<br />
die in zahlreichen Kommunen geplant sind.<br />
Den Anfang gemacht hat die Gemeinde Wiggensbach.<br />
Sowohl 1. Bürgermeister Thomas Eigstler wie<br />
auch Sebastian Uhlemair von eza! sprechen von einer<br />
großen Offenheit und guter Resonanz bei den örtlichen<br />
Betrieben. Insgesamt neun Beratungen hat der eza!-<br />
Fachmann in drei Wochen in Wiggensbach durchgeführt,<br />
insbesondere in Handwerksbetrieben, aber auch<br />
bei Dienstleistern und Unternehmen aus dem verarbeitenden<br />
Gewerbe. Entsprechend breit gefächert waren<br />
die Themen: Wie lässt sich der Wärmeverbrauch des<br />
Firmengebäudes senken? Was bringt die Umstellung<br />
der Beleuchtung auf LED? Welche Möglichkeiten gibt<br />
es für den Einsatz von erneuerbaren Energien? Wie<br />
sieht es mit staatlichen Förderprogrammen aus? So lauteten<br />
unter anderem die Fragen.<br />
Kleine Ursache – große Wirkung<br />
»Viele Unternehmen haben noch ungenutzte Potenziale,<br />
ihren Energieeinsatz zu optimieren«, stellt eza!-<br />
Experte Sebastian Uhlemair immer wieder fest. Der Diplom-Ingenieur<br />
hat schon zahllosen Betrieben Einsparmöglichkeiten<br />
aufgezeigt, egal, ob durch den Austausch<br />
von ineffizienten Pumpen, die Nutzung von Abwärme<br />
30
oder die Beseitigung von Leckagen im Druckluftsystem.<br />
»Damit kann die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und<br />
ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden«, so Uhlemair.<br />
»Erfolge können häufig schon mit kleinen Maßnahmen<br />
erzielt werden.«<br />
Wiggensbachs Bürgermeister Thomas Eigstler<br />
spricht von »einem sehr sinnvollen Angebot« – vor allem<br />
für kleinere und mittelständische Unternehmen.<br />
»Hier fehlt in der Regel die Manpower, um sich mit dem<br />
Thema Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer<br />
Energien intensiv beschäftigen zu können.« Außerdem<br />
sei es sehr hilfreich, wenn ein Fachmann von außen den<br />
Betrieb mit »neutralem Auge« unter die Lupe nimmt<br />
und nach Einsparmöglichkeiten sucht. Frank Linhart,<br />
Geschäftsführer der Cucumaz GmbH & Co. KG in<br />
Wiggensbach, hat das Angebot einer kostenlosen Energieberatung<br />
gerne angenommen. Das Unternehmen<br />
mit 14 Mitarbeitern hat sich auf die Planung und den<br />
Bau von Abenteuerspielplätzen aus Holz spezialisiert.<br />
Energieeffizienz und erneuerbare Energie – das passe<br />
sehr gut zur Firmenphilosophie, meint Linhart beim<br />
Rundgang durch seinen Betrieb, der rund zwei Stunden<br />
dauert. Im Falle der Firma Cucumaz stand die Frage<br />
nach dem passenden Heizsystem für die Büroräume im<br />
Mittelpunkt. Ursprünglich war ein kleiner Anbau geplant,<br />
in dem die neue Heizung untergebracht<br />
►<br />
Auf kreative Holz-Spielgeräte ist<br />
die Cucumaz GmbH spezialisiert.<br />
Mit eza!-Beratung wurden die<br />
Büroräume er Firma optimiert<br />
Fotos: eza!, Cucumaz<br />
Anzeige<br />
31
Sebastian Uhlemair ist<br />
ständig auf der Suche nach<br />
kleinen und großen<br />
Stellschrauben, an denen<br />
gedreht werden kann, um<br />
den Energieverbrauch in<br />
Unternehmen zu senken<br />
In diese Produktionsräume<br />
wurden die Büros integriert<br />
werden sollte. Sebastian Uhlemair hat eine andere Idee:<br />
ein Pelletskessel samt Sacksilo könnte problemlos im<br />
bestehenden Gebäude untergebracht werden. In den<br />
Augen von Frank Linhart und seinem Sohn Florian eine<br />
gute und praktikable Lösung. »Das wäre deutlich güns -<br />
tiger«, freut sich der Juniorenchef. Zudem finden er und<br />
sein Vater den Brennstoff Pellets sympathisch.<br />
Die meisten Firmen in Wiggensbach, die das Angebot<br />
einer kostenlosen Beratung in Anspruch nahmen,<br />
seien in Sachen Energieeffizienz ohnehin schon<br />
auf einem guten Weg gewesen, so der Eindruck von<br />
eza!-Fachmann Sebastian Uhlemair. Das treffe auch<br />
für die Firma Cucumaz zu. »Es tut den Unternehmen<br />
auch gut, wenn sie von unabhängiger Seite bestätigt<br />
bekommen, dass die bereits umgesetzten Maßnahmen<br />
sinnvoll waren«, glaubt Uhlemair. »Das stärkt den Rü -<br />
cken für die nächsten Schritte.«<br />
Bessere Werte durch Netzwerke<br />
Neben den kostenlosen Energieberatungen ist die<br />
Bildung von Energie-Effizienz-Netzwerken ein weiteres<br />
wichtiges Instrument im Rahmen des Projektes<br />
Energiezukunft Unternehmen. Drei dieser Netzwerke,<br />
die von eza! betreut werden, gibt es im <strong>Allgäu</strong> bereits<br />
– darunter ein Hotelnetzwerk. »Sie funktionieren alle<br />
sehr gut«, betont Felix Geyer, der bei eza! für die Netzwerke<br />
zuständig ist. Die Vertreter der beteiligten Firmen<br />
kommen alle drei Monate zum Erfahrungsaustausch<br />
in Sachen Energiesparen zusammen. »In einem<br />
Betrieb umgesetzte Maßnahmen lassen sich häufig auf<br />
andere Unternehmen übertragen«, stellt Geyer immer<br />
wieder fest. »Aber man kann auch von den Fehlern der<br />
anderen lernen.«<br />
Neben dem Erfahrungsaustausch und Betriebsführungen<br />
sind Fachvorträge ein weiterer wichtiger<br />
Bestandteil der Netzwerktreffen – beispielsweise zum<br />
Thema Ressourceneffizienz, Beleuchtung oder zur<br />
Frage, wie die eigenen Mitarbeiter bei der Suche nach<br />
Einsparpotenzialen eingebunden werden können.<br />
Geyer: »Die Referenten von außerhalb liefern immer<br />
wieder wichtige Impulse, die von den Teilnehmern in<br />
die Betriebe getragen werden.«<br />
Weitere Informationen unter www.standort.allgaeu.de/energiezukunft-unternehmen<br />
32
Energie sparen<br />
Zuschüsse holen – aber wie?<br />
Sicher durch den Förderdschungel<br />
Das Energie- und Umweltzentrum <strong>Allgäu</strong> (eza!) bietet für Kommunen und<br />
Unternehmen eine spezielle Förderberatung an. Die Zahl der Förderprogramme,<br />
mit denen die Energiewende in Deutschland forciert werden soll, ist groß.<br />
Nicht nur private Bauherren und Hausbesitzer verlieren da leicht den Überblick.<br />
Mit einer speziellen Förderberatung bietet eza! Betrieben und Kommunen Hilfe an.<br />
Foto: eza!<br />
Sebastian Obermaier ist bei eza! auf Förderprogramme<br />
spezialisiert und berät Kommunen und Unternehmen<br />
Die Förderberatung reicht von einer kostenlosen<br />
Erstinformation bis hin zur kompletten<br />
Antragsstellung und Betreuung bei eventuellen<br />
Nachforderungen der Förderstelle. »Auch <strong>2018</strong><br />
gibt es wieder viele Maßnahmen zur Energieeffizienz<br />
und CO2-Einsparung, die von der Bundesregierung<br />
und dem Freistaat Bayern gefördert werden«, erklärt<br />
eza!-Geschäftsführer Martin Sambale. Das betreffe<br />
beispielsweise zahlreiche investive Maßnahmen in<br />
Kindertagesstätten, Schulen und Sportstätten inklusive<br />
Freibädern und Schwimmhallen. Besonders interessant<br />
sei für Kommunen die Umstellung der<br />
Außen- und Innenbeleuchtung auf LED oder der Austausch<br />
alter Heizungspumpen durch Hocheffizienz-<br />
Modelle. »Dafür übernimmt der Staat bis zu 40<br />
Prozent der Kosten«, so Sambale. »Aber auch für die<br />
Sanierung von Nichtwohngebäuden bleibt die Förderung<br />
stabil.« So gewähre das Bundesumweltministerium<br />
unter anderem für den Austausch von<br />
Lüftungsanlagen einen nicht rückzahlbaren Zuschuss<br />
von 25 bis 30 Prozent der förderfähigen Aufwendungen.<br />
Fördervoraussetzungen prüfen, mehrseitige Formulare<br />
ausfüllen, Rückfragen beantworten – das wirkt<br />
häufig abschreckend, besonders wenn die personellen<br />
Kapazitäten in der Verwaltung knapp sind, stellen Martin<br />
Sambale und seine Mitarbeiter immer wieder fest.<br />
Das sei schade – auch weil mithilfe von Fördergeldern<br />
oftmals etwas teurere, aber deutlich energieeffizientere<br />
Lösungen realisiert werden könnten. »Mit Sebastian<br />
Obermaier haben wir daher einen Fachmann eingestellt,<br />
der sich bei uns ausschließlich mit dem Thema<br />
Förderung für Kommunen und Unternehmen befasst«,<br />
berichtet Martin Sambale. »Das Angebot kommt nicht<br />
nur in den Rathäusern, sondern auch bei den Firmen<br />
gut an«, fügt der eza!-Geschäftsführer hinzu.<br />
Gerade in Handwerksbetrieben, aber auch in<br />
mittelständischen Unternehmen gebe es in der Regel<br />
niemanden, der die Zeit habe, sich intensiver mit dem<br />
Thema Förderung zu befassen. »Dabei gibt es auch<br />
hier sehr attraktive Förderprogramme – zum Beispiel<br />
für den Einsatz hocheffizienter Querschnittstechnologien<br />
im Mittelstand«, betont Sebastian Obermaier.<br />
Gefördert werden Investitionen in Einzelmaßnahmen<br />
und die Optimierung von Teil- oder Gesamtsystemen<br />
mit bis zu 150.000 Euro. Zu den geförderten Maßnahmen<br />
gehören der Ersatz oder die Neuanschaffung von<br />
elektrischen Motoren und Antrieben, Pumpen für industrielle<br />
und gewerbliche Anwendungen, Ventilatoren<br />
in lufttechnischen Anlagen, Drucklufterzeuger,<br />
Abwärmenutzungsanlagen, aber auch die Dämmung<br />
von industriellen Anlagen.<br />
Wichtig ist laut Sebastian Obermaier dabei eine<br />
enge Abstimmung mit den Technik-Experten im eza!-<br />
Team. »Es geht nicht darum, etwas einzubauen, nur<br />
weil es eine Förderung dafür gibt«, so der Finanzexperte<br />
und ehemalige Bankangestellte. »Die Maßnahme<br />
muss Sinn machen und wirkliche Energieeinsparungen<br />
bringen.«<br />
Weitere Informationen unter www.eza-allgaeu.de<br />
33
Energie sparen<br />
Beratung für Privathaushalte<br />
Angebot von Verbraucherzentrale und eza!<br />
Die Verbraucherzentrale Bayern und das Energie- und Umweltzentrum <strong>Allgäu</strong><br />
(eza!) bieten seit 1. Januar gemeinsam Energieberatungen im <strong>Allgäu</strong> an. Beide<br />
Partner haben langjährige Erfahrung in der Energieberatung privater Verbraucher.<br />
Kompetente und neutrale<br />
Energieberatung – dafür stehen<br />
eza! und die Verbraucherzen -<br />
trale, die seit Anfang des Jahres<br />
auf diesem Gebiet kooperieren<br />
Fotos: eza!<br />
Die bisherigen 46 Beratungsstellen von eza!<br />
werden als gemeinsame Beratungsstützpunkte<br />
der Verbraucherzentrale Bayern und<br />
eza! weitergeführt. »Beratungsumfang, Qualität und<br />
Neutralität bleiben wie gewohnt erhalten«, betont<br />
eza!-Geschäftsführer Martin Sambale. Die Verbraucherzentrale<br />
führt bayernweit bereits an 55 Standorten<br />
Energieberatung durch. Im <strong>Allgäu</strong> findet das Angebot<br />
in Immenstadt und den Beratungsstellen in Memmingen<br />
und Kempten statt.<br />
»Wir erwarten uns von der Zusammenarbeit<br />
Synergieeffekte. Gemeinsam wollen wir noch mehr<br />
Bürger im <strong>Allgäu</strong> motivieren, sich zum Energiesparen<br />
und zu Energieeffizienzmaßnahmen individuell beraten<br />
zu lassen«, erklärt Marion Zinkeler, geschäftsführender<br />
Vorstand der Verbraucherzentrale Bayern.<br />
Auch der Kemptener Oberbürgermeister und Vorsitzende<br />
der Gesellschafterversammlung von eza!, Thomas<br />
Kiechle, sieht große Chancen in der Kooperation:<br />
»Dadurch kann das Energieberatungsangebot im <strong>Allgäu</strong><br />
gestärkt und weiter ausgebaut werden.«<br />
Energie-Check für die Wohnung<br />
Neben der klassischen Beratung in den Energieberatungsstellen<br />
bieten eza! und Verbraucherzentrale<br />
künftig Beratung bei den Bürgern zu Hause an, mit<br />
sogenannten Energie-Checks. Alle Beratungsangebote<br />
in der Kooperation werden vom Bundeswirtschaftsministerium<br />
bis auf einen Eigenanteil finanziert. Dieser<br />
Eigenanteil wird in den Beratungsstellen von den<br />
beteiligten Kommunen getragen, sodass das Angebot<br />
für die Verbraucher kostenlos ist.<br />
Nur bei der Beratung zu Hause zahlt der Verbraucher<br />
je nach Art des Checks einen Eigenanteil von<br />
10 bis 40 Euro. Zu den Vor-Ort-Beratungsangeboten<br />
zählt der Basis-Check. Hier steht der Strom- und Wärmeverbrauch<br />
im Mittelpunkt. Es werden einfache und<br />
34
kostengünstige Möglichkeiten aufgezeigt, mit denen<br />
sich die Energiekosten senken lassen.<br />
Energiecheck fürs Haus<br />
Beim Gebäude-Check, der sich gezielt an Hauseigentümer<br />
richtet, beurteilt der Energieberater den<br />
Strom- und Wärmeverbrauch, die Heizungsanlage sowie<br />
die Gebäudehülle des Wohnhauses. Das Heizsys -<br />
tem mit Niedertemperatur- oder Brennwertkessel,<br />
Wärmepumpe oder Fernwärme wird im Rahmen des<br />
Heiz-Checks detailliert geprüft. Und beim Solarwärme-Check<br />
untersucht der Energieberater, ob Speicher<br />
und Sonnenkollektoren zusammenpassen, die Solaranlage<br />
gut arbeitet und richtig mit dem Heizkessel<br />
kommuniziert. Einzelne, spezifische Energieprobleme<br />
– zum Beispiel rund um das Thema Sanierung, Dämmung<br />
oder Haustechnik – werden im Detail-Check<br />
geklärt. »Durch die Checks lassen sich gezielt<br />
Schwachstellen an Haus und Heizung aufdecken«, sagt<br />
Marion Zinkeler. Die Erfahrung zeige, dass erschrekkend<br />
viele Heizsysteme mehr Energie verbrauchen, als<br />
notwendig wäre.<br />
Drittes Element des gemeinsamen Angebotes<br />
von eza! und Verbraucherzentrale sind »Check-Dein-<br />
Haus«-Aktionen, die zusammen mit Kommunen<br />
durchgeführt werden. Bei bisherigen ähnlichen Kampagnen<br />
habe man sehr gute Ergebnisse erzielt, berichtet<br />
eza!-Geschäftsführer Martin Sambale. In einem begrenzten<br />
Zeitraum werden dabei Hauseigentümer eines<br />
Stadtteils oder einer Gemeinde intensiv angesprochen.<br />
Auf diese Weise können viele Menschen erreicht<br />
werden, die sich sonst nie für eine Energieberatung<br />
angemeldet hätten und sich nicht mit dem Thema beschäftigen<br />
würden, so die Erfahrung. »Viele Hausbesitzer<br />
lassen sich durch die Beratung dann auch zu Sanierungsmaßnahmen<br />
motivieren«, fügt Sambale hinzu.<br />
Finanziert werden die »Check-Dein-Haus«-Aktionen<br />
wie die anderen Angebote aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums.<br />
Der Eigenanteil und der<br />
Aufwand für die Öffentlichkeitsarbeit und die Organisation<br />
der Aktionen werden von den beteiligten<br />
Kommunen übernommen.<br />
Weitere Infos unter www.eza-allgaeu.de<br />
Die Kooperation soll Synergie -<br />
effekte in der Energieberatung<br />
bringen (von links): Thomas<br />
Kiech le (Oberbürgermeister der<br />
Stadt Kempten und Vorsitzender<br />
Gesell schafterversammlung von<br />
eza!), Heidemarie Krause-Böhm<br />
(Leite rin des Referats Energie,<br />
Umwelt und Nachhaltigkeit bei<br />
der Ver brau cher zentrale Bayern)<br />
und Mar tin Sambale<br />
(Geschäftsführer eza!)<br />
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Telefonisch erreichbar unter Tel. 08379/728616<br />
35
Ehrung<br />
Auszeichnung für Klimaschutz<br />
Unterallgäu gewinnt European Energy Award<br />
Im Bereich Bildung und Klimaschutz geht der Landkreis kreative Wege, wie das<br />
Projekt »Prima Klima Kids« und der Schulwettbewerb »Bewegter Wandertag« zeigen.<br />
Das sind nur zwei der zahlreichen Maßnahmen zum Klimaschutz, die das<br />
Unter allgäu in den vergangenen Jahren in die Wege geleitet hat – nun wurde dem<br />
Landkreis dafür der European Energy Award verliehen.<br />
Marlene Preißinger (Mitte),<br />
Stellvertreterin des Landrats,<br />
nahm zusammen mit dem<br />
Energieteam des Landkreises<br />
Unterallgäu die Auszeichnung<br />
stellvertretend für alle<br />
Klimaschutzinitiativen des<br />
Landkreises im Künstlerhaus<br />
in München entgegen<br />
Foto: O.Bodmer/stmuv<br />
Die Auszeichnung bestätigt: In Sachen Klimaschutz<br />
haben wir schon viel erreicht. Diesen<br />
Weg wollen wir weitergehen«, betont Landrat<br />
Hans-Joachim Weirather. Der European Energy<br />
Award ist ein Qualitätsmanagementsystem und Zertifizierungsverfahren<br />
für kommunale Energieeffizienz<br />
und Klimaschutz. »An der Zertifizierung haben wir<br />
teilgenommen, um lokale Potenziale zu erkennen und<br />
zu nutzen sowie weiteren Handlungsbedarf zu definieren«,<br />
sagt Klimaschutzmanagerin Andrea Ruprecht.<br />
So hat der Landkreis zunächst eine Ist-Analyse<br />
erstellt, dann ein Arbeitsprogramm verfasst und inzwischen<br />
zahlreiche Maßnahmen umgesetzt.<br />
Viel hilft viel<br />
So wurde vor dem Landratsamt eine Ladesäule<br />
für E-Fahrzeuge errichtet und damit die Ladeinfrastruktur<br />
verbessert. Außerdem stehen den Mitarbeitern<br />
des Landratsamts zwei Elektroautos als Dienstfahrzeuge<br />
zur Verfügung. Zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen<br />
in Sachen Mobilität sind ein gut ausgebautes<br />
Radwegenetz, Rufbusse und eine Mitfahrzentrale.<br />
Eine weitere Maßnahme waren energetische Sanierungen<br />
kreiseigener Gebäude. Darüber hinaus werden<br />
die kommunalen Baulichkeiten fast zu 30 Prozent<br />
mit regenerativen Energien beheizt, und auf vielen<br />
Dächern landkreiseigener Liegenschaften wurden<br />
Photovoltaikanlagen installiert.<br />
Weiterhin stellt der Landkreis jährlich ein Budget<br />
für Klimaschutzaktivitäten zur Verfügung, und die<br />
Fachstelle für Klimaschutz unterstützt Gemeinden,<br />
Unternehmen und Bürger in Sachen Klimaschutz.<br />
Zum Beispiel wird die Energieberatung im Landkreis<br />
ausgebaut, Bildungsprogramme für Schulen werden<br />
angeboten. Deutschlandweit einmalig ist das Projekt<br />
Modellregion Energiewende Unterallgäu-Nordwest.<br />
In einem Teil des Landkreises soll innerhalb von drei<br />
Jahren der Anteil an erneuerbaren Energien am<br />
Strom- und Wärmeverbrauch von derzeit 40 auf 60<br />
Prozent gesteigert werden.<br />
»Diese Auszeichnung ist die Anerkennung der<br />
Klimaschutzbemühungen im Landkreis, aber darüber<br />
hinaus der Startpunkt für weitere konsequente Klimaschutzarbeit«,<br />
fasst es Andrea Ruprecht, Klimaschutzmanagerin<br />
des Landkreises, zusammen. (cs)<br />
36
Ehrung<br />
Erfolgreiches Engagement<br />
Goldene Auszeichnung für Wasserburg<br />
Die Bodenseegemeinde Wasserburg ist seit Jahren auf Energiesparkurs und<br />
wurde nun für ihre Klimaschutzaktivitäten mit dem European Energy Award in<br />
Gold belohnt. Doch trotz der hohen Ehrung ruht sich die Kommune nicht auf<br />
dem Erfolg aus, sondern verfolgt stetig weitere Projekte in Sachen Klimaschutz.<br />
Bereits seit 2007 nimmt die Gemeinde Wasserburg<br />
am Bodensee mit Unterstützung des<br />
Energie- und Umweltzentrums <strong>Allgäu</strong> am<br />
European Energy Award (eea) teil, und nur zwei Jahre<br />
später war sie die erste bayerische Gemeinde, die als<br />
Teilnehmer am eea von einer externen Kommission auf<br />
ihre Energiesparaktivitäten hin untersucht wurde und<br />
die Auszeichnung sofort erhielt.<br />
Anfang November des letzten Jahres folgte die<br />
Krönung der jahrelangen Bemühungen: Bei einer Feierstunde<br />
in München verlieh das bayerische Staatsministerium<br />
für Umwelt und Verbraucherschutz Wasserburg<br />
den eea in Gold – die höchste Auszeichnung im<br />
Rahmen der eea-Teilnahme.<br />
Kleiner Ort, große Projekte<br />
»Mit nur 3600 Einwohnern ist die Gemeinde<br />
Wasserburg am Bodensee Vorreiter im Klimaschutz«,<br />
betonte Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf anlässlich<br />
der Preisverleihung. Maßgeblich dafür verantwortlich<br />
sei das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde.<br />
So hat das Wasserburger Energieteam mit<br />
Mitgliedern des Gemeinrates, Mitarbeitern der Verwaltung<br />
und vor allem mit engagierten Bürgern und<br />
Fachleuten viele Projekte initiiert und umgesetzt, bei<br />
denen häufig die Bevölkerung und die Unternehmen<br />
eingebunden werden.<br />
Ein gutes Beispiel, so Scharf, sei die Schwachstellen-Rallye<br />
zur Beseitigung von Verkehrsgefahren. Dabei<br />
wurde zusammen mit den Bürgern herausgefunden,<br />
wo es Fußgänger, Radler, Inline-Skater und vor<br />
allem Kinder schwer haben, gefahrlos und ohne Hindernisse<br />
von einem Ort zum anderen zu kommen.<br />
Nach der Bestandsaufnahme wurde ein Maßnahmenkatalog<br />
mit definierten Prioritäten erarbeitet, der Zug<br />
um Zug mit einem festen jährlichen Budget umgesetzt<br />
wird. Im Rahmen dessen wurden beispielsweise Gehwegsicherungen<br />
und -absenkungen vorgenommen.<br />
Auch schadhafte Wegebeläge wurden ausgebessert.<br />
Ein weiteres Highlight war die Einführung der<br />
Ökosonne-Klassifizierung für örtliche Gästeunterkünfte.<br />
Mit dieser werden Betriebe ausgezeichnet, die<br />
Foto: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz<br />
Strahlende Gesichter bei der Verleihung der European Energy Awards (vordere Reihe v.l.):<br />
Bernd Reihs, Jens Dell-Gebhart, Harald Breuer, Florian Strößenreuther, Roland Gamisch;<br />
(hintere Reihe v. l.): Martin Sambale (eza!-Geschäftsführer), Ilga Schwidder (Geschäftsführerin<br />
Bundesgeschäftsstelle eea), Günter Edeler (Energieteamleiter), Johannes Enders, Dr. Monika<br />
Kratzer (Ministerialdirigentin im bayerischen Staatsministerium für Umwelt und<br />
Verbraucherschutz), Theophil Pflaum, Thorsten Böhm (eea-Berater von eza!), Walter<br />
Steinmann (Vorstandsvorsitzender Europäischer Verein EEA)<br />
Wärme und Strom aus erneuerbaren Energien beziehen,<br />
auf regionale Produkte setzen oder auch die klimafreundliche<br />
Mobilität mit Fahrrad oder öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln unterstützen.<br />
Punkten konnte die Bodenseegemeinde auch mit<br />
einer Prämie von bis zu 100 Euro für die Anschaffung<br />
eines besonders energiesparenden Modells als Ersatz<br />
für einen alten Kühl- oder Gefrierschrank, Geschirrspüler,<br />
Elektrobackofen, Wäschetrockner oder Geschirrspüler<br />
– ein Angebot, das bei den Bürgern sehr<br />
gut ankommt. Zudem wurde ein Energiesparwettbewerb<br />
gestartet.<br />
Weitere Maßnahmen sind bereits in Planung. So<br />
soll beispielsweise die Straßenbeleuchtung komplett<br />
auf LED umgestellt werden.<br />
37
Strom<br />
Baustein der Energiewende<br />
Erste Großbatteriespeicher im <strong>Allgäu</strong><br />
Die <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke GmbH hat zusammen mit den Partnern <strong>Allgäu</strong>er<br />
Überlandwerk GmbH und enesto GmbH die Projektgesellschaft <strong>Allgäu</strong>Speicher<br />
GmbH & Co. KG gegründet. Die Gesellschaft installierte Mitte Januar die erste<br />
Großbatteriespeicheranlage zur Netzstabilisierung im Oberallgäu.<br />
Die Anlage ist ein StoraXe Kom -<br />
plettsystem der Firma ADS-TEC<br />
aus Nürtingen. Es wurde in -<br />
klusive Trafo, Wechsel richter,<br />
Steuerung und Klimatisierungs -<br />
technologie geliefert<br />
Bei winterlichen Verhältnissen<br />
wurde der Batteriespeicher<br />
mit einer Kapazität von 1,25<br />
Megawattstunden an seinen Bestimmungsort<br />
gebracht<br />
38<br />
Der Ausbau von Stromspeichern ist ein wesentlicher,<br />
aber bisher vernachlässigter Baustein<br />
der Energiewende, denn die Speichertechnologien<br />
werden für das erfolgreiche Vorankommen essentiell<br />
sein«, so Dr. Hubert Lechner, Geschäftsführer<br />
der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke GmbH. Daher haben die Gesellschafter<br />
der <strong>Allgäu</strong>Speicher GmbH & Co. KG die Investitionsentscheidung<br />
über 1,2 Millionen Euro für<br />
einen Lithium-Ionen-Batteriespeicher getroffen.<br />
Seit Mitte Januar steht nun im Ortsteil Bruck, Gemeinde<br />
Bad Hindelang, der erste Batteriespeicher mit<br />
mehr als einem Megawatt Lade- und Entladeleistung<br />
neben dem Wasserkraftwerk der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke.<br />
Der Stromspeicher, der seit Februar Aufgaben in der<br />
Netzstabilisierung übernimmt und in das europäische<br />
Verbundnetz eingebunden ist, hat eine Kapazität von<br />
1,25 Megawattstunden. Damit können rein theoretisch<br />
etwa 60 Haushalte einen ganzen Tag lang mit Strom<br />
versorgt werden.<br />
Gewährleistete Versorgung<br />
Doch weswegen sind Batteriespeicher so wichtig<br />
in der Energiewende? Dazu muss ein genauerer Blick<br />
auf das europäische Stromverbundnetz geworfen werden.<br />
Geraten dort Erzeugung und Verbrauch elektrischer<br />
Energie aus dem Gleichgewicht, wird Regelleistung<br />
in positiver und negativer Richtung benötigt, um<br />
die Frequenzstabilität zu gewährleisten. Der Batteriespeicher<br />
liefert fehlende Energie in das Netz oder
Fotos: <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke<br />
Ein Blick ins Innere<br />
des Batterie -<br />
speichers, der in<br />
Bruck neben dem<br />
Was ser kraftwerk<br />
der <strong>Allgäu</strong>er Kraft -<br />
werke steht<br />
nimmt überschüssige Energie aus dem Netz auf. Konventionelle<br />
Kraftwerke können diese Regelleistung erst<br />
nach mehreren Sekunden liefern, der Batteriespeicher<br />
liefert sie in Millisekunden.<br />
Der für den technischen Bereich zuständige Prokurist<br />
der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke, Karlheinz Loitz, erklärt:<br />
»Großspeicheranlagen arbeiten durch ihre<br />
schnellen Reaktionszeiten im Rahmen der Netzstabilisierung<br />
sehr effizient. Die Steuerung von großen<br />
Kraftwerken erfordert Zeit und Geld. Batteriespeicher<br />
bieten hier heute schon ein echte <strong>Alternativ</strong>e.«<br />
Jürgen Herrmann, Prokurist des <strong>Allgäu</strong>er Überlandwerks,<br />
ergänzt: »Die gemeinsame Kooperationsgesellschaft<br />
<strong>Allgäu</strong>Speicher macht Sinn, der Speicher<br />
in Bruck entlastet das Netz und trägt dazu bei, die Frequenz<br />
im Netz zu halten. Perspektivisch kann auch die<br />
Einspeicherung von regenerativem Strom eine sinnvolle<br />
Option für den Speicher sein.«<br />
Für enesto ist das Projekt <strong>Allgäu</strong>Speicher ein weiterer<br />
Meilenstein beim Aufbau eines bundesweiten Batterieportfolios.<br />
Der mittelständische Batteriespezialist<br />
für IT-basierte Energielösungen ist auch für die Inbetriebnahme<br />
und Wartung zuständig und übernahm die<br />
Leistungen von der Planung über Bau und Installation<br />
bis hin zur Beschaffung der einzelnen technischen<br />
Komponenten. Die technische und kaufmännische Betriebsführung<br />
für die Speichergesellschaft übernehmen<br />
die <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke.
Unternehmen<br />
Die Privat-Brauerei Zötler in<br />
Rettenberg und die Geiger<br />
Energietechnik gehen zu -<br />
sammen einen außer gewöhn -<br />
lichen Schritt in Sachen<br />
Umweltschutz<br />
Fotos: Privat-Brauerei Zötler, Geiger Energietechnik<br />
Leuchtturmprojekt im <strong>Allgäu</strong><br />
Zötler übernimmt Vorreiter-Rolle<br />
Die älteste Familien-Brauerei der Welt gibt Gas bei der Energieeinsparung und<br />
Kohlenstoffdioxid-Minimierung. Dank eines komplett neuen Energiekonzeptes, das<br />
die Geiger Energietechnik GmbH geplant hat , spart die Brauerei jährlich<br />
knapp die Hälfte des früheren Strombedarfs ein.<br />
Die Produktion von Bier ist, ähnlich wie bei vielen<br />
anderen Lebensmitteln, mit konstant<br />
hohen Verbräuchen von Strom, Wärme und<br />
Kälte verbunden. Aus der Motivation heraus, den steigenden<br />
Energiekosten entgegenzuwirken und Umweltschutz<br />
aktiv zu leben, beauftragte die Privat-Brauerei<br />
Zötler die Geiger Energietechnik GmbH damit, ein<br />
Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Eigenstromversorgung<br />
zu planen.<br />
Herausgekommen ist ein in Deutschland bisher<br />
einmaliges Projekt. Mit einem Investitionsvolumen<br />
von 400.000 Euro entstand ein Blockheizkraftwerk<br />
mit 50 Kilowatt Leistung sowie in eine Absorptionskältemaschine,<br />
mit der die BHKW-Abwärme zur Kälteversorgung<br />
im Minusbereich genutzt wird. Resultat<br />
der Investition: Pro Jahr werden 400.000 Kilowattstunden<br />
Strom weniger benötigt.<br />
Ein untypisches Vorhaben<br />
Um die bei BHKW-Projekten angestrebte hohe<br />
Laufzeit zu erreichen, setzt Geiger in der Planung einen<br />
wesentlichen Schwerpunkt auf die gründliche<br />
Analyse der vorliegenden Energieströme. Neben ausführlichen<br />
Lastgangauswertungen werden Messungen<br />
genutzt, um belastbare Entscheidungsgrundlagen zu<br />
erstellen. »Der Ansatz, ein BHKW einzusetzen, scheiterte<br />
zunächst daran, dass sich in der Brauerei bei der<br />
Detailbetrachtung keine geeignete Abnahme für die<br />
anfallende Wärme fand. Hieraus entstand die Idee, die<br />
Wärme mittels einer Absorptionskältemaschine in<br />
Kälte umzuwandeln«, erläutert Alexander Paul, Leiter<br />
operatives Geschäft bei Geiger Energietechnik.<br />
Kälte wird bei Zötler ganzjährig benötigt, und erste<br />
Anlagen dieser Art sind bereits seit Jahren in Kombination<br />
mit BHKWs im Einsatz. Allerdings stellte sich die<br />
Herausforderung, dass in der Privat-Brauerei zum einen<br />
Kälte im Minusbereich um die -3 Grad Celsius eingesetzt<br />
wird und zum anderen das BHKW aus verschiedenen<br />
Gründen nicht größer als 50 Kilowatt elektrisch<br />
dimensioniert werden sollte. Absorptionskältemaschinen<br />
werden jedoch bislang entweder zur Kühlung, mit<br />
einer Temperatur von etwa 7 Grad Celsius eingesetzt<br />
oder im Industrieanlagen-Format mit mehreren Hundert<br />
beziehungsweise Tausend Kilowatt Leistung.<br />
Standardanlage passte nicht<br />
»Die große Herausforderung war für uns, einen<br />
Hersteller zu finden, der eine für dieses Projekt maßgeschneiderte<br />
Kälteanlage anbieten konnte. Mit der Zimmermann<br />
GmbH in Seevetal konnten wir einen Spezialisten<br />
für Industriekälte als Partner gewinnen. Der<br />
erkannte das Marktpotenzial und war bereit, bisherige<br />
Anlagenkonzepte für die spezielle Projektanforderung<br />
weiterzuentwickeln. Es war außerdem schnell klar, dass<br />
40
das benötigte Kälteniveau nicht mit den üblichen Temperaturen<br />
eines Standard-BHKW zu erreichen ist. Daher<br />
wurde ganz gezielt nach einem Hochtemperatur-<br />
BHKW im kleinen Leistungsbereich bis 50 Kilowatt gesucht«,<br />
so Alexander Paul. Als einer der führenden Hersteller<br />
von BHKW zeigte das Unternehmen 2G genügend<br />
Flexibilität, um sein Serienmodell g-box 50 an diesen<br />
speziellen Anwendungsfall anzupassen.<br />
»Beide Partner haben erkannt, dass sie hier auch<br />
eine Art Business Development betreiben. Denn dieses<br />
Projekt hat absoluten Leuchtturmcharakter und<br />
viel Adaptionspotenzial für die gesamte Lebensmittelindustrie«,<br />
erklärt der Leiter operatives Geschäft bei<br />
Geiger Energietechnik.<br />
Hohe Laufzeit, hohe Effizienz<br />
Da die Kälte in der Brauerei kontinuierlich benötigt<br />
wird, kann mit einer Laufzeit von 8000 Betriebsstunden<br />
pro Jahr bei hundertprozentiger Wärmenutzung<br />
gerechnet werden. Die bisher zur Kälteversorgung<br />
genutzten Kältekompressoren werden nicht ersetzt,<br />
sondern lediglich in ihren Betriebsstunden reduziert<br />
und dienen zur Spitzenlast sowie als Redundanz.<br />
Der vom BHKW erzeugte Strom von rund<br />
400.000 Kilowattstunden wird vollständig von der<br />
Brauerei selbst verbraucht. Hinzu kommt die Reduktion<br />
beim Stromverbrauch der Kompressoren um weitere<br />
ca. 80.000 Kilowattstunden. So wird sich die Anlage<br />
in bereits acht Jahren amortisiert haben.<br />
Eine gute Zusammenarbeit<br />
Brauereichef Niklas Zötler und Produktionsleiter<br />
Markus Würz sind nicht nur vom Ergebnis, sondern<br />
auch vom Vorgehen der Geiger Energietechnik begeistert,<br />
denn beide haben sich zu jeder Zeit gut betreut<br />
und auch verstanden gefühlt: »Wir hatten stets eine<br />
sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit und immer den<br />
Eindruck, dass man uns nicht gegen unseren Willen<br />
überzeugen will. Im Gegenteil: Die Geiger Energietechnik<br />
hat sich ausführlich mit unseren Gegebenheiten<br />
auseinandergesetzt und Planungen und Entscheidungsvorlagen<br />
immer gründlich, aber ergebnisoffen<br />
erstellt. Wir sind uns sicher, dass wir gemeinsam mit<br />
Geiger Energietechnik ein Projekt entwickelt und umgesetzt<br />
haben, das in Deutschland viele Nachahmer<br />
finden wir d«, lobt der Brauereichef.<br />
Links oben: Freuen sich über die<br />
gelungene Umsetzung des<br />
neuen Energiekonzeptes bei<br />
Zötler (v.l.): Braumeister Markus<br />
Würz, Jan Seibert von<br />
Geiger Energietechnik und<br />
Niklas Zötler, Geschäftsführer<br />
der Brauerei Zötler<br />
Rechts oben: Die Absorptions -<br />
kältemaschine wandelt Wärme<br />
in Kälte um<br />
Eine Detailansicht des individualisierten<br />
Blockheizkraftwerks mit<br />
50 Kilowatt Leistung<br />
Herbert und Niklas Zötler stel -<br />
len nun umweltfreundliches Bier<br />
her, bei dessen Produktion auch<br />
noch Energie eingespart wird<br />
41
Meldungen<br />
Kurzinfo<br />
Veranstaltungsort:<br />
Messequartier Dornbirn<br />
Öffnungszeiten:<br />
9.-10. März 10-18 Uhr,<br />
11. März 10-17 Uhr<br />
Eintritt: Erwachsene 12 €,<br />
Ermäßigte Karten 9 €<br />
(Jugendliche 15-18 Jahre,<br />
Senioren, Raiffeisen-<br />
Mitglieder), Kinder bis 14<br />
Jahre sind frei.<br />
Kartenvorverkauf: 10 €<br />
online und in allen<br />
Raiffeisenbanken und<br />
Sparkassen in Vorarlberg<br />
Foto: Sarah Schmid<br />
Bedeutendste Bauplattform<br />
der Vier-Länder-Region<br />
Die Messe in Dornbirn ist eine<br />
Informationsdrehscheibe für<br />
Bau- & Sanierungsinteressierte<br />
Bereits zum fünften Mal findet vom<br />
9. bis zum 11. März die Baumesse<br />
com:bau statt. An den drei Tagen beantworten<br />
über 250 Aussteller sämtliche<br />
Fragen rund ums Bauen und<br />
Sanieren. Die Ausstellungsbereiche<br />
der Messe umfassen die Themen<br />
Planung, Finanzierung, Rohbau und<br />
Sanierung, Erneuerbare Energie,<br />
Haustechnik/Installation, Ausbau,<br />
Außenbereich und Immobilien. Der<br />
bewährte Mix aus ausstellenden Unternehmen,<br />
produktneutralen Informationen<br />
und attraktiven Highlights<br />
ist auch heuer wieder kennzeichnend<br />
für die com:bau. Im Raiffeisen<br />
bau:forum referieren namhafte Experten<br />
über aktuelles Bauwissen. Die<br />
Teilnahme am Forum in Halle 12 ist<br />
für alle Besucher kostenlos. Eine<br />
Sonderausstellung zum Thema<br />
Lehm sowie eine weitere zum Thema<br />
Holz in Kombination mit einem<br />
spannenden Kinderprogramm machen<br />
den Besuch der com:bau garantiert<br />
zu einem erfolgreichen Tag<br />
für die ganze Familie. (cs)<br />
15 Jahre Holzforum: Holzbau kompakt<br />
Auch im Jubiläumsjahr veranstaltet<br />
das Holzforum <strong>Allgäu</strong> die Vortragsreihe<br />
»Holzbau kompakt« im Grünen<br />
Zentrum in Immenstadt. Zum<br />
dritten Mal informiert die Veranstaltungsreihe<br />
Bauingenieure, Architekten,<br />
Holzbauer und Studenten<br />
über verschiedene Themen<br />
rund um den Holzbau. Ziel ist es,<br />
die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten<br />
und die hohe Leistungsfähigkeit<br />
des Baustoffes Holz in der Region<br />
bekannter zu machen. Hochkarätige<br />
Experten referieren zum aktuellen<br />
Stand von Baulösungen, Bauphysik<br />
und fachlichen Neuerungen<br />
nach dem Motto: »Aus der Praxis<br />
für die Praxis«.<br />
(cs/ve)<br />
Die Termine<br />
12. April, 18 Uhr, Daniel Kehl: »Anspruchsvolle Bauteile und<br />
Anschlüsse im Holzbau – Bauphysik und<br />
Praxis«<br />
19. April, 18 Uhr, Pirmin Jung »Das Bauen mit Holz wird zur<br />
Selbstverständlichkeit«<br />
26. April, 18 Uhr, Michael Ziller: »Form Follows Position –<br />
Wohnen mit der Atmosphäre des Ortes«<br />
3. Mai, 18 Uhr, Gordian Kley: »Holztragwerke zwischen<br />
Ästhetik und Wirtschaftlichkeit«<br />
Anmeldeformular und weitere Informationen<br />
zur Veranstaltung und den Referenten gibt es<br />
auf www.holzforum-allgaeu.de<br />
42
Foto: Holzforum <strong>Allgäu</strong> e.V.<br />
Was kann alles aus Holz her gestellt werden? Wie viel Holz wächst in meiner<br />
Umgebung? Antworten auf diese Fragen er hielten die Siebtklässler der Mit tel -<br />
schule Sonthofen bei einem Vortrag der Holzbot schafterin Maike Breitfeld<br />
Schüler für Holz begeistern<br />
Im Rahmen des Projektes<br />
Inno4wood – für das sich das Holzforum<br />
<strong>Allgäu</strong>, die Cluster-Initiative<br />
Forst und Holz in Bayern, der Verein<br />
proHolz Tirol und die Universität<br />
Innsbruck zusammengeschlossen<br />
haben, um grenzübergreifend Innovationen<br />
in der Forst- und Holzbranche<br />
zu fördern – hielt die Holzbotschafterin<br />
Maike Breitfeld Mitte<br />
Dezember einen Vortrag in den<br />
siebten Klassen der Mittelschule<br />
Sonthofen. Unter dem Titel »Mit<br />
Holz in die Zukunft« erklärte sie den<br />
Schülern, was alles außer einem<br />
Weihnachtsbaum aus einer regionalen<br />
Fichte hergestellt werden kann.<br />
Darüber hinaus bekamen die Siebtklässler<br />
einen Eindruck davon, wie<br />
viel Wald in ihrer direkten Umgebung<br />
nachwächst, wie viel Hightech<br />
bereits in den holzverarbeitenden<br />
Berufen eingesetzt wird, und sie<br />
durften sich im Brückenbau ausprobieren.<br />
Gleichzeitig wurde den Kindern<br />
die Möglichkeit geboten, Holz<br />
zu erfahren: von der Baumscheibe<br />
bis zur Pflanzenkohle konnte Holz<br />
berührt, gerochen und geschmeckt<br />
werden.<br />
Zukunftsweisende Häuser<br />
locken Besucher<br />
Mehrere Hundert Besucher nutzten<br />
Mitte November den 14. <strong>Allgäu</strong>er<br />
Hausbesichtigungstag, um sich über<br />
die Vorteile des energieeffizienten<br />
Bauens und Sanierens sowie die<br />
Möglichkeiten beim Einsatz erneuerbarer<br />
Energien zu informieren. Im<br />
gesamten <strong>Allgäu</strong> hatten die Besitzer<br />
zukunftsweisender Häuser ihre Türen<br />
geöffnet. Unter den 17 Gebäu-<br />
den, die besichtigt werden konnten,<br />
waren Passivhausneubauten, aber<br />
auch topsanierte Altbauten, die<br />
dank des Einbaues von Passivhauskomponenten<br />
extrem wenig Heizenergie<br />
benötigen. Angehende Bauherren<br />
und Besitzer von Altbauten<br />
konnten sich zudem ein Bild von<br />
den neuesten Trends im Bereich<br />
Haustechnik machen. Lüftungsanlagen,<br />
Wärmepumpen oder Pelletskessel<br />
und Stromspeicher waren zu<br />
sehen und wurden in ihrer Funktionsweise<br />
erklärt.<br />
(cs)<br />
Foto: eza!<br />
Johannes Wille (rechts) aus Wiggens -<br />
bach öffnete für den <strong>Allgäu</strong>er Haus be -<br />
sichtigungs tag seine Tür und berichtete<br />
über seine Erfahrungen bei der Nut zung<br />
des selbstproduzierten Solarstroms
Meldungen<br />
Foto: Autohaus Rabus<br />
Mobilität von morgen in Memmingen<br />
Das Memminger Autohaus<br />
setzt neben Fahrzeugen mit<br />
konventionellen Antrieben<br />
auch auf E-Mobilität<br />
Das Autohaus Rabus kann nicht<br />
nur auf viel Erfahrung zurückbli -<br />
cken, sondern richtet seinen Blick<br />
vor allem intensiv in Richtung Zukunft.<br />
Fest verankert in der <strong>Allgäu</strong>er<br />
Heimat, liegt es der Firma Rabus<br />
sehr am Herzen, diese beiden Themen<br />
in den Fokus zu stellen. Und<br />
so setzt das Memminger Autohaus<br />
auf die Mobilität von morgen und<br />
hat neben konventionellen Fahrzeugen<br />
auch Elektroautos im Sorti-<br />
ment, die technologisch auf dem<br />
neuesten Stand sind, wie etwa der<br />
neue NISSAN LEAF. Er verfügt<br />
über eine Ladekapazität von 40 Kilowattstunden<br />
sowie das einzigartige<br />
e-Pedal und kommt auf eine<br />
Reichweite von 400 Kilometer. Zudem<br />
überzeugt er ab der Acenta-<br />
Ausstattung mit High-Tech, Sicherheit<br />
und Comfort. Auch im Nutzfahrzeugbereich<br />
setzt das Autohaus<br />
auf Elektromobilität und bietet neben<br />
dem Basismodell e-NV200 mit<br />
40 Kilowattstunden auch die Busvariante<br />
EVALIA an. Von beiden<br />
Fahrzeugen sind auch viele Sonderfahrzeuge<br />
– vom behindertengerechten<br />
Reise-Van bis zum Kipper<br />
– erhältlich. Ansprechpartner für<br />
alle Elektrofahrzeuge und den damit<br />
verbundenen Fragen ist Wolfgang<br />
Meyer-Müller, für alle NIS-<br />
SAN-Nutzfahrzeuge ist Patrick<br />
Schmidtkord verantwortlich. (cs)<br />
BINE-Themeninfo:<br />
Wirtschaftlichkeit energieoptimierter Gebäude<br />
Neubauten und sanierte Gebäude<br />
mit einem minimalen<br />
Energiebedarf zu realisieren,<br />
ist technisch problemlos<br />
möglich. Wann, für wen und<br />
in welchem Ausmaß der gewählte<br />
Baustandard aber<br />
wirtschaftlich ist, wird innerhalb<br />
der Fachwelt und<br />
der Politik kontrovers diskutiert.<br />
Wenn die Wirtschaftlichkeit<br />
eines energieoptimierten<br />
Gebäudes beurteilt<br />
wird, spielen die eingenommene<br />
Perspektive und Annahmen<br />
zu Energiepreisen, Kapitalmarktentwicklung<br />
und Nutzungsdauer<br />
eine große Rolle. Für Bauherren,<br />
Investoren, Planer und Mieter fällt<br />
die wirtschaftliche Bilanz für umgesetzte<br />
Maßnahmen jeweils sehr<br />
unterschiedlich aus. Die BINE-<br />
Themeninfo »Wirtschaftlichkeit<br />
energieoptimierter Gebäude«<br />
(III/2017) stellt verschiedene Betrachtungsweisen<br />
zur Wirtschaftlichkeit<br />
sowie Methoden zur Erfassung<br />
der wesentlichen Zahlungsflüsse<br />
und Kosten vor. Besonders in<br />
der frühen Planungsphase sind<br />
Kostenkennwerte für Wärmeschutz<br />
und Anlagentechnik hilfreich, um<br />
sich zwischen verschiedenen Varianten<br />
zu entscheiden. Autoren<br />
der BINE-Themeninfo sind Professor<br />
Thomas Lützkendorf, Fachgebiet<br />
Immobilienwirtschaft am<br />
Karlsruher Institut für Technologie<br />
(KIT), und Dr. Andreas Enseling,<br />
Institut Wohnen und Umwelt in<br />
Darmstadt.<br />
Die BINE-Themeninfo ist kostenfrei<br />
unter www.bine.info oder Tel.<br />
0228/923790 erhältlich.<br />
44
Anzeigen<br />
Foto: A. Geissler/AKW<br />
Christian Wilhelm (1. Bürgermeister von Sonthofen), Dr. Hubert Lechner<br />
(Geschäftsführer <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke), Harald Voigt (2. Bürgermeister von<br />
Sonthofen), Ingrid Fischer (3. Bürgermeisterin von Sonthofen), Michael Lucke<br />
(AÜW-Geschäftsführer) und Thomas Kiechle (Oberbürgermeister von Kempten)<br />
bei der Inbetriebnahme der neuen Ladesäule (v.l.)<br />
Neue Tankstelle für<br />
E-Fahrzeuge in Sonthofen<br />
An der neuen, modernen Ladesäule<br />
der <strong>Allgäu</strong>er Kraftwerke neben<br />
dem Verwaltungsgebäude können<br />
nun bis zu zwei Stromfahrzeuge<br />
gleichzeitig aufgetankt werden. »E-<br />
Mobilität ist wichtiger Bestandteil<br />
einer modernen Infrastruktur und<br />
für uns als Alpenstadt ein zentrales<br />
Thema«, erklärte Bürgermeister<br />
Christian Wilhelm bei der Inbetriebnahme.<br />
Mit einer Ladeleistung<br />
von 22 Kilowattstunden je<br />
Ladepunkt kann ein Elektroauto<br />
an der neuen »E-Tankstelle« bei<br />
entsprechender Batterietechnik<br />
sechsmal schneller geladen werden<br />
als an der Haushaltssteckdose.<br />
»Die neue Ladesäule ist Teil einer<br />
Ausbauoffensive, die wir in den<br />
nächsten Monaten umsetzen wollen«,<br />
ergänzt AKW-Geschäftsführer<br />
Dr. Hubert Lechner. Dabei werden<br />
die Standorte Hirnbeinstraße<br />
(Tiefgarage) und Bogenstraße mit<br />
neuen Ladesäulen modernisiert.<br />
Weitere Sonthofer Standorte sollen<br />
<strong>2018</strong> folgen. (cs)<br />
Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />
Redaktions- und Anzeigenschluss<br />
für die nächste Ausgabe<br />
ist der 28.05.<strong>2018</strong><br />
Anzeigen-Kontakt:<br />
Carolin Mathes und Christian Vu<br />
Tel. +49 (0)8379 728616<br />
E-Mail: info@heimat-allgaeu.info<br />
45
Meldungen<br />
Das Ostallgäu blüht auf<br />
In Pforzen haben Kinder der<br />
Grundschule Blausternchen,<br />
Winterlinge und Krokusse auf<br />
dem Hügel am Burgstall<br />
gepflanzt<br />
Die teilnehmenden<br />
Gemeinden<br />
Oberostendorf, Rieden, Pforzen,<br />
Irsee, Friesenried, Obergünzburg,<br />
Günzach, Biessenhofen, Markt ober -<br />
dorf, Lengenwang, Lechbruck a. See,<br />
Halblech, Schwangau, Füssen,<br />
Roßhaupten, Rieden a. F.<br />
Foto: Landkreis Ostallgäu<br />
Das Projekt »Wiese mal 16« ist erfolgreich<br />
angelaufen. 16 Gemeinden<br />
im Landkreis Ostallgäu hatten sich<br />
vergangenes Jahr zusammengefunden,<br />
um aktiv etwas gegen den Artenverlust<br />
zu unternehmen. Innerörtliche<br />
Flächen werden in artenreiche<br />
Wiesen mit heimischen Pflanzen<br />
umgewandelt. Die Bevölkerung<br />
soll für das Thema Artenschwund<br />
sensibilisiert, Gemeinden, Schulen<br />
und Naturschutzverbände sollen<br />
durch das Projekt vernetzt werden.<br />
Seit Projektbeginn im Sommer<br />
2017 wurden – zum Teil in Kooperation<br />
mit Schulen – zahlreiche<br />
Streuobstwiesen, Fettwiesen, Säume<br />
für Wildbienen und Schmetterlinge<br />
gesät. Tausende von Stauden und<br />
Blumenzwiebeln, zum Beispiel auf<br />
einer Verkehrsinsel unterhalb der<br />
Königsschlösser bei Hohenschwangau,<br />
wurden gesetzt. Auf dem Weg<br />
zu St. Coloman in Schwangau wurde<br />
eine artenreiche Fettwiese angesät.<br />
In Füssen fand Ende letzten Jahres<br />
auf dem Heuberger Kreisel der<br />
erste Umsetzungsworkshop für eine<br />
naturnahe Staudenmischpflanzung<br />
statt. Nun, nach dem Winter, werden<br />
weitere Gemeinden ihre Ideen<br />
umsetzen.<br />
(ve)<br />
Lehrer lernen Fakten rund um die E-Mobilität<br />
Nach wie vielen Kilometern muss<br />
ich ein E-Auto laden? Für welche<br />
Bedürfnisse eignet es sich? Wie<br />
umweltfreundlich ist es? Wie ist das<br />
Fahrgefühl? Das erfuhren im<br />
Herbst des letzten Jahres die Umweltbeauftragten<br />
von Schulen. Die<br />
Staatlichen Schulämter im Landkreis<br />
Unterallgäu und der Stadt<br />
Memmingen sowie die Fachstelle<br />
für Klimaschutz am Landratsamt<br />
Unterallgäu organisierten eine Einführung<br />
in die Elektromobilität, an<br />
der 23 Umweltbeauftragte von<br />
Grund- und Mittelschulen, Realschulen<br />
und Gymnasien teilnahmen.<br />
Referent Thomas Scharpf von<br />
der Interessensgemeinschaft zur<br />
Förderung der E-Mobilität im Unterallgäu<br />
(IFEU) erklärte, was die<br />
E-Mobilität ausmacht und welche<br />
Vorteile sie bietet. Es ging um die<br />
Reichweite, die Wirt schaftlichkeit,<br />
das Preis-Leistungs-Verhältnis, und<br />
ökologische Aspekte von E-Autos.<br />
Schließlich durften die Teilnehmer<br />
bei einer Probefahrt mit Thomas<br />
Scharpf und Klimaschutzmanagerin<br />
Andrea Ruprecht selbst testen,<br />
wie sich ein Elektroauto fährt. Die<br />
IFEU bietet für Schulen kostenfreie<br />
Vorträge rund um Elektromobilität<br />
an.<br />
(cs)<br />
An der Einführung in die<br />
Elektromobilität nahmen<br />
Umweltbeauftragte von Grundund<br />
Mittelschulen, Realschulen<br />
und Gymnasien teil<br />
Foto: Landratsamt Unterallgäu<br />
46
Meldungen<br />
Alexander Geiger (Lattemann &<br />
Geiger), Michael Lucke (<strong>Allgäu</strong>er<br />
Überlandwerk), Ulrich Geiger<br />
(Lattemann & Geiger), Landrat<br />
Anton Klotz und Bürgermeister<br />
Werner Endres (v.l.)<br />
Foto: Dietmannsried<br />
Erste Schnellladestationen in Kempten und Dietmannsried<br />
Die Elektromobilität nimmt weiter<br />
an Fahrt auf. Damit E-Mobilisten<br />
ihre Fahrzeuge schnellstmöglich<br />
wieder aufladen können, nahm das<br />
<strong>Allgäu</strong>er Überlandwerk gemeinsam<br />
mit den regionalen Partnern Lattemann<br />
& Geiger in Dietmannsried<br />
sowie McDonald‘s Kempten die ers -<br />
ten DC-Ladestationen im südlichen<br />
<strong>Allgäu</strong> in Betrieb. »Besonders E-<br />
Mobilisten, die auf der Durchreise<br />
sind oder vor der Haustür keine ei-<br />
gene Lademöglichkeit haben, sind<br />
auf die sogenannten Schnellladestationen<br />
angewiesen«, erläutert Michael<br />
Lucke, Geschäftsführer AÜW.<br />
»Bei den Standorten haben wir großen<br />
Wert darauf gelegt, dass die Zeit<br />
des Ladevorganges für eine Erholungsphase<br />
genutzt werden kann«,<br />
so Lucke weiter. »Mit dem COFFEE<br />
friends direkt an der Ausfahrt Dietmannsried<br />
an der A7 und dem<br />
McDonald´s Restaurant in Kempten<br />
am Kreuz B12/A7 realisieren<br />
wir die ersten Schnellladestationen<br />
in unserem Versorgungsgebiet und<br />
belegen somit zwei wichtige und<br />
gleichzeitig interessante Standorte«,<br />
so Michael Lucke. Landrat Anton<br />
Klotz sowie Oberbürgermeister<br />
Thomas Kiechle betonten gleichermaßen<br />
das Engagement und die<br />
Weitsicht der beteiligten Unternehmen<br />
und wünschen sich weitere<br />
dieser Allianzen im <strong>Allgäu</strong>. (cs)<br />
Anzeige<br />
47
Meldungen<br />
An dem Bundeswettbewerb<br />
können private, öffentliche<br />
oder gewerbliche Bauherren<br />
teilnehmen, die in den letzten<br />
fünf Jahren innovative Gebäude<br />
fertiggestellt haben<br />
Foto: pixabay<br />
Holzbauprojekte mit Beispielcharakter gesucht<br />
Anlässlich der Internationalen Grünen<br />
Woche, die vom 19. bis 28. Januar<br />
in Berlin stattfand, hat das<br />
Bundesministerium für Ernährung<br />
und Landwirtschaft (BMEL) den<br />
Startschuss zum vierten Bundeswettbewerb<br />
»HolzbauPlus – Bauen<br />
mit nachwachsenden Rohstoffen«<br />
gegeben. Mit ihm sollen erneut vorbildliche<br />
Projekte ausgezeichnet<br />
werden, die nachhaltiges Bauen mit<br />
Holz und nachwachsenden Rohstoffen<br />
dokumentieren und Beispielcharakter<br />
haben, erklärt Bundesminis -<br />
ter Christian Schmidt zum Start des<br />
Wettbewerbs, für den Preisgelder in<br />
Höhe von 50.000 Euro bereitstehen.<br />
Für Bewerberprojekte gelten folgende<br />
Anforderungen: Beim Neubau<br />
sollten maßgebliche Gebäudeteile<br />
wie die Baukonstruktion oder vorgefertigte<br />
Bauelemente aus Holz bestehen.<br />
In der Sanierung sind auch<br />
Massivbauten zulässig. Daneben<br />
müssen bei allen Gebäuden zwingend<br />
weitere nachwachsende Baustoffe<br />
in größerem Umfang vorkommen,<br />
etwa Dämmstoffe aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen und biobasierte<br />
beziehungsweise natürliche<br />
Baustoffe beim Innenausbau. Zudem<br />
bewertet die Jury auch das<br />
energetische Gebäudekonzept einschließlich<br />
des Einsatzes erneuerbarer<br />
Energien. Prämiert werden herausragende<br />
Neubauten und Sanierungsmaßnahmen<br />
in folgenden Kategorien:<br />
Wohnungsbau, öffentliches<br />
Bauen und gewerbliches Bauen.<br />
Teilnehmen können private, gewerbliche<br />
oder öffentliche Bauherren,<br />
die im Zeitraum vom 1. August<br />
2013 bis 31. August <strong>2018</strong> innovative<br />
Gebäude fertiggestellt oder Bestandsbauten<br />
saniert haben. Die Bewerbungsfrist<br />
läuft bis zum 1. September<br />
<strong>2018</strong>.<br />
Weitere Informationen und die<br />
vollständigen Teilnahmebedingungen<br />
unter www.holzbauplus-wettbewerb.info<br />
(cs)<br />
Terra Preta<br />
Die schwarze Revolution aus dem Regenwald<br />
Terra Preta do Indio lautet der portugiesische<br />
Name für einen Stoff,<br />
dem man wundersame Eigenschaften<br />
zuschreibt. Die Presse überschlägt<br />
sich mit Berichten über das<br />
»Schwarze Gold«, die Wissenschaft<br />
glaubt mit der Schwarzerde aus<br />
dem Regenwald zwei der größten<br />
Menschheitsprobleme lösen zu<br />
können – den Klimawandel und die<br />
Hungerkrise. Das Gute daran: Jeder<br />
kann mithelfen, denn seit 2005 ist<br />
das Geheimnis um die Herstellung<br />
der Wundererde gelüftet. Die Rezeptur<br />
mutet dabei erstaunlich einfach<br />
an, denn mehr als Küchenoder<br />
Gartenabfälle, Holzkohle und<br />
Regenwürmer sind nicht nötig. Die<br />
Autoren haben das Wissen um die<br />
fruchtbarste Erde der Welt in einem<br />
kundigen Führer zusammengetragen.<br />
Neben einer fundierten Gebrauchsanweisung<br />
zur Herstellung<br />
von Terra Preta und Biokohle (biochar),<br />
informiert das Handbuch<br />
über die Grundprinzipien von Klimafarming<br />
und Kreislaufwirtschaft.<br />
Es ist ein flammendes Plädoyer<br />
gegen Kunstdünger und<br />
Gentechnik und ein unerlässlicher<br />
Ratgeber für alle, denen gesunde<br />
Lebensmittel am Herzen liegen.<br />
»Terra Preta. Die schwarze Revolution<br />
aus dem Regenwald«, Autoren:<br />
Ute Scheub, Haiko Pieplow, Hans-<br />
Peter Schmidt, 224 Seiten, oekom<br />
verlag München, erweiterte Neuauflage,<br />
224 Seiten, Preis 22 Euro,<br />
ISBN 978-3-96238-026-7<br />
48
Kloster Irsee erhält<br />
Förderung für Ladesäule<br />
Anzeigen<br />
Foto: StMWi/S.Leiprecht<br />
Die Bayerische Wirtschaftsministerin<br />
Ilse Aigner persönlich hat dem<br />
Schwäbischen Tagungs- und Bildungszentrum<br />
Kloster Irsee und<br />
der Lechwerke AG (LEW) den positiven<br />
Förderbescheid übergeben:<br />
Rund 6100 Euro erhält die Bildungseinrichtung<br />
des Bezirks<br />
Schwaben für den Neubau einer<br />
Ladesäule für Elektrofahrzeuge aus<br />
dem bayerischen Förderprogramm<br />
für Ladeinfrastruktur. LEW hat das<br />
Kloster Irsee bei der Planung der<br />
Ladestation unterstützt und den<br />
Förderantrag eingereicht.<br />
Das bezirkseigene Bildungszentrum<br />
gehört damit zu den ersten<br />
acht Antragstellern in Bayern, die<br />
Geld aus dem Förderprogramm erhalten.<br />
Die Ladestation wird über<br />
zwei Ladepunkte verfügen, sodass<br />
immer zwei Elektroautos parallel<br />
laden können. Beide Ladepunkte<br />
werden öffentlich zugänglich und<br />
damit für jeden nutzbar sein. Sobald<br />
die neue Ladestation in Betrieb<br />
ist, wird sie in den digitalen<br />
»Ladeatlas Bayern« und in mobile<br />
Apps für Fahrer von Elektroautos<br />
eintragen. Damit wissen E-Mobilisten<br />
in der Region jederzeit, ob einer<br />
der beiden Ladepunkte aktuell<br />
verfügbar ist.<br />
(cs)<br />
Andreas Bayer, Leiter des Geschäfts -<br />
kundenvertriebs bei LEW (rechts), und<br />
Dr. Stefan Raueiser, Leiter des Schwä -<br />
bischen Bildungszentrums Irsee (links),<br />
haben den positiven Förderbescheid<br />
von Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse<br />
Aigner entgegengenommen<br />
jetzt auch<br />
online lesen!<br />
www.allgaeualternativ.de<br />
49
Umwelt<br />
Per Rad die Iller erleben<br />
E-Werke planen Themenradweg<br />
Die Bayerische Elektrizitätswerke GmbH (BEW) und ihre Partner werden in diesem<br />
Jahr mit der Umsetzung eines Themenradweges unter dem Motto »Natur und Technik<br />
im Illerwinkel« starten. Die Obere Iller zwischen Altusried und Lautrach soll besser<br />
erlebbar gemacht werden. Dabei kommen auch neue, multimediale Elemente zum<br />
Einsatz.<br />
Für den Aussichtsturm in Legau<br />
wollen die Projektpartner eine<br />
ganze Reihe von multimedialen,<br />
spielerischen Elementen<br />
entwickeln, die das Zusammen -<br />
spiel von Natur und Technik an<br />
der Iller visualisieren und<br />
erlebbar machen<br />
50<br />
An dem LEADER-geförderten Projekt sind die<br />
lokalen Aktionsgruppen Regionalentwicklung<br />
Oberallgäu und Kneippland® Unterallgäu<br />
sowie die Landkreise Unterallgäu und Oberallgäu<br />
und die angrenzenden Kommunen als Projektpartner<br />
beteiligt. Sie haben im Vorfeld viele Anregungen eingebracht.<br />
Die Elektrizitätswerke haben gemeinsam mit<br />
ihnen die einzelnen Projekte definiert und vorgeplant.<br />
Nach dem Erhalt des Förderbescheides können nun<br />
die Detailplanungen und Abstimmungen mit den beteiligten<br />
Kommunen erfolgen. Ab Sommer <strong>2018</strong> soll<br />
dann die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen beginnen.<br />
»Als Wasserkraftbetreiber möchten wir mit unseren<br />
Projekten den Lebensraum Fluss wieder für<br />
Menschen erlebbar machen. Dass wir dabei mit Mitteln<br />
aus dem LEADER-Programm unterstützt werden,<br />
bestätigt uns in diesem Ansatz«, sagt BEW-Geschäftsführer<br />
Prof. Dr. Frank Pöhler. »Gemeinsam mit den<br />
Landkreisen und Kommunen können wir nun viele<br />
Anregungen aus der Bürgerschaft oder von Verbänden<br />
aufgreifen. Der Themenradweg ‚Natur und Technik
Die Akteure und die Finanzierung<br />
Träger des Projektes ist die Bayerische Elektrizitätswerke<br />
GmbH. Unterstützt wird er dabei von den lokalen Aktions -<br />
gruppen Kneippland ® Unterallgäu und Regional entwick -<br />
lung Oberallgäu. Projektpartner sind außerdem die Land -<br />
kreise Unterallgäu und Oberallgäu sowie die Gemeinden<br />
Lautrach, Legau, Bad Grönenbach, Altusried, Dietmanns -<br />
ried und Kronburg. Die Kosten für das Projekt belaufen<br />
sich auf etwa 420.000 Euro. Die Mittel stammen zu 60<br />
Prozent aus dem Förderprogramm LEADER, ein<br />
Programm der Europäischen Union zur Stärkung des<br />
ländlichen Raums. Die Kofinanzierung erfolgt durch die<br />
Projektpartner, die an grenzenden Kommunen und die<br />
Landkreise. Die Eigenmittel werden aus dem Förderfonds<br />
des Ökostromproduktes LEW Strom Aqua Natur<br />
aufgebracht. Hier investiert LEW pro abgeschlossenem<br />
Vertrag monatlich einen Euro in die Förderung regionaler<br />
Naturschutzprojekte wie beispiels weise ökologische<br />
Maßnahmen an den Flüssen.<br />
Bald noch besser möglich:<br />
Vögel beobachten, die sich<br />
auf Treibholz in der Iller<br />
niedergelassen haben<br />
Fotos: LEW/Julian Leitenstorfer, Peter Elgaß<br />
im Illerwinkel‘ soll den Lebensraum Fluss noch stärker<br />
ins Bewusstsein der Menschen rücken.«<br />
Hauptziel des Projektes ist es, die Obere Iller besser<br />
für den Radverkehr zu erschließen und den Fluss<br />
auf diese Weise als Ort der Naherholung zu stärken.<br />
So sollen unter anderem an den Illerstaustufen Fluhmühle,<br />
Legau und Maria Steinbach neue, fahrradgerechte<br />
Rastplätze aufgebaut werden. Außerdem wird<br />
die Vogelbeobachtungsstation bei Lautrach in den<br />
Themenradweg eingebunden und der Weg dorthin<br />
besser beschildert. Im Bereich der Hängebrücke Fischers/Pfosen<br />
(Gemeinden Altusried/Dietmannsried)<br />
soll der Übergang für Fahrradfahrer optimiert werden.<br />
Im Rahmen des Projektes gehen die Partner um<br />
BEW auch innovative Wege in der Umweltbildung. So<br />
möchten sie die Möglichkeit schaffen, über QR-Codes<br />
die Iller aus der Vogelperspektive zu betrachten. Für<br />
den Aussichtsturm in Legau wollen die Projektpartner<br />
in diesem Jahr gemeinsam mit der Hochschule Kempten<br />
eine ganze Reihe von multimedialen, spielerischen<br />
Elementen entwickeln, die das Zusammenspiel<br />
►<br />
Auch die Vogelbeobachtungs -<br />
station bei Lautrach soll in den<br />
Themenradweg eingebunden<br />
und der Weg dorthin besser<br />
beschildert werden<br />
51
Umwelt<br />
Per Rad unterwegs sein und<br />
trotzdem Tier- und<br />
Pflanzenwelt entdecken – so<br />
wie hier die Fischtreppe mit<br />
Fischbeobachtungsstation in<br />
der Nähe der Hängebrücke<br />
Die Projektpartner des Themenradweges »Natur und Technik im Illerwinkel« haben Ende<br />
2017 den positiven LEADER-Förderbescheid erhalten<br />
Erste Pionierpflanzen haben die Iller-Aufweitung bereits<br />
als neues Refugium erobert<br />
von Natur und Technik an der Iller visualisieren und<br />
erlebbar machen. Die Maßnahmen zur Umweltbildung<br />
sollen in Zusammenarbeit mit der Umweltstation<br />
Unterallgäu im kommenden Jahr umgesetzt werden.<br />
»Wir werden neue Medien und interaktive Elemente<br />
einsetzen. So wollen wir neue Zielgruppen ansprechen<br />
und die Iller noch attraktiver für Familien<br />
machen«, so Landrat Hans-Joachim Weirather, Vorsitzender<br />
der federführenden LAG Kneippland® Unterallgäu.<br />
Ein weiterer Baustein des Projektes sind sogenannte<br />
Uferaufweitungen unter anderem bei Lautrach.<br />
Dabei macht BEW den Fluss an bestimmten Stellen<br />
zugänglicher und bringt Kies ein. So entstehen auch<br />
ökologisch wertvolle Flachwasserbereiche.<br />
Die geplanten Maßnahmen<br />
• Anbindung der Vogelbeobachtungsstation in Lautrach<br />
(Gemeinde Lautrach)<br />
• »Iller Interaktiv«, mediale Gestaltung der<br />
Aussichtsplattform am Kraftwerk Legau (Gemeinde<br />
Legau und Bad Grönebach)<br />
• Optimierung des Steges und Waldweges bei<br />
Fischers/Pfosen (Gemeinden Altusried, Dietmannsried)<br />
• Uferaufweitungen (Gemeinden Altusried, Kronburg)<br />
Ortsübergreifende Maßnahmen:<br />
• Konzeptentwicklung Radweg und Studie zur E-Bike-<br />
Infrastruktur<br />
• Infrastrukturmaßnahmen, z.B. radgerechte Rastplätze<br />
• Beschilderung, Besucherlenkung<br />
• Umweltbildung und »Iller Interaktiv«<br />
52
Wasserkraft<br />
Kraftwerksbau an der Ostrach<br />
Berufung gegen das Älpele-Urteil<br />
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat Mitte November letzten Jahres<br />
entschieden: Das Wasserkraftwerk Älpele an der Oberallgäuer Ostrach<br />
wird nicht genehmigt. Der Bund Naturschutz hatte erfolgreich gegen<br />
den Bau geklagt. Doch die Planungsgesellschaft will nicht klein beigeben.<br />
Sie hat Berufung eingelegt.<br />
Bis zu einer Entscheidung,<br />
ob die Ostrach zur<br />
Stromer zeu gung genutzt<br />
werden darf, wird noch<br />
einige Zeit vergehen<br />
Wir freuen uns, dass das einzigartige Naturjuwel<br />
Eisenbreche im Naturschutz -<br />
gebiet <strong>Allgäu</strong>er Hochalpen auch für<br />
kommende Generationen als unberührte, spektakuläre<br />
Wildflussklamm erhalten bleibt«, kommentierte<br />
der BN-Landesvorsitzende Prof. Dr. Hubert Weiger<br />
nach dem Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Augsburg.<br />
»Wir kämpfen mit Leidenschaft weiter!«, sagt<br />
Oliver Braun von der Planungsgesellschaft Kraftwerk<br />
Älpele mbH, die 2012 gegründet wurde und folgende<br />
Gesellschafter hat: Marktgemeinde Bad Hindelang,<br />
Elektrizitätswerke Hindelang eG, die Wald- und Weidegenossenschaft<br />
Bad Oberdorf und die Galtalpe Erzberg.<br />
Über die bisherige Entwicklung des Vorhabens<br />
berichteten wir in unseren allgäuALTERNATIV-Ausgaben<br />
1/2017 und 2/2015.<br />
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat in seiner<br />
Entscheidung den Genehmigungsbescheid des Landratsamtes<br />
Oberallgäu für das Wasserkraftwerk Älpele/Eisenbreche<br />
aufgehoben. Das Gericht sah im Bau<br />
des Wasserkraftwerks eine erhebliche Beeinträchtigung<br />
verschiedener Lebensräume und Arten. Das betrifft<br />
bedrohten Lebensraum alpine Wildflüsse, aber<br />
auch Fischarten wie Mühlkoppe oder Bachforelle. Das<br />
Vorhaben würde zu einer deutlichen Verschlechterung<br />
des gesamten Ökosystems im Bereich Eisenbreche<br />
führen, meinte das Gericht.<br />
Geplant waren eine fünf Meter hohe Staumauer<br />
mit Stauanlage, eine ca. 1,25 Kilometer lange, verrohrte<br />
Ausleitung und ein kleines Kraftwerkshaus.<br />
Die klagende Partei hatte argumentiert: »Betroffen<br />
wären von der Ausleitung sowohl die Wildflusslandschaften<br />
oberhalb der Eisenbreche als auch die spektakuläre<br />
Wildwasserklamm, die Eisenbreche an sich.<br />
Durch diese vom Wasser über Jahrtausende ausgewaschene<br />
und heute tief in die <strong>Allgäu</strong>er Berglandschaft<br />
eingeschnittene Klamm stürzt das Wasser der Ostrach<br />
in Richtung des Bad Hindelanger Ortsteiles Hinter-<br />
54
Fotos: Archiv EDITION ALLGÄU, Thomas Niehörster, Lala Aufsberg<br />
Das aktuelle Foto links zeigt die<br />
Ostrach in ihrem freien Lauf. Es<br />
gibt kaum einen Unterschied zu<br />
1946: Das Foto oben von Lala<br />
Aufsberg zeigt den Fluss und<br />
die Umgebung damals<br />
stein. Mit dem Wasserkraftwerk wären dem Naturdenkmal<br />
zeitweise 70 bis 80 Prozent ihres Wassers<br />
entzogen worden.« Tatsache ist: Das Vorhaben liegt<br />
im Naturschutzgebiet <strong>Allgäu</strong>er Hochalpen, in einem<br />
europäischen Fauna-Flora-Habitat (FFH), in einem<br />
europäischen Vogelschutzgebiet, im Landschaftsschutzgebiet<br />
und ist nach dem deutschen und bayerischen<br />
Naturschutzgesetz als Biotop geschützt. Die<br />
Eisenbreche ist darüber hinaus Naturdenkmal und<br />
Geotop.<br />
Die stark schwankenden Wasserstände der<br />
Ostrach hätten nur einen eingeschränkten Betrieb des<br />
Kraftwerkes zugelassen. Restwassermengen müssten<br />
im Fluss verbleiben. Bis zu 165 Tage im Jahr könnte das<br />
Kraftwerk nicht betrieben werden, sagen die Gegner.<br />
Dass es Tage und Wochen des Stillstandes vor allem<br />
im Winter geben könnte, wird auch von den Befürwortern<br />
nicht bestritten. Selbst angesichts dieser<br />
Einschränkung geht die Planungsgesellschaft davon<br />
aus, dass das Kraftwerk rund 2700 Haushalte im Tal<br />
mit sauberer Energie versorgen könnte. Die tiefgreifenden<br />
Untersuchungen, Planungen und Umweltverträglichkeits-Tests<br />
haben viel Geld gekostet. Auch deshalb<br />
wollen die Befürworter nicht aufgeben und versuchen,<br />
mit einer Berufung doch noch eine Genehmigung<br />
zu bekommen.<br />
Letztlich können sie sich auf einen einstimmigen<br />
Gemeinderatsbeschluss berufen, und auch Landrat<br />
Anton Klotz hatte dem Vorhaben grünes Licht gegeben.<br />
Oliver Braun als Vertreter der Befürworter macht<br />
deutlich, dass das geplante Kraftwerk kaum Eingriffe<br />
in die Landschaft und in die Schutzgebiete zur Folge<br />
habe. Seit Jahrhunderten haben die Alp-Bauern diese<br />
Landschaft gepflegt und so erhalten, wie sie heute ist.<br />
Die wenigen Eingriffe, die nötig seien, würden durch<br />
geeignete Maßnahmen mehr als ausgeglichen. Die dezentrale<br />
Stromversorgung werde in Zukunft noch viel<br />
bedeutsamer für die Gemeinde werden.<br />
Größere Unterschiede gibt es<br />
beim Vergleich der Fotos der<br />
Eisenbreche heute (Foto links)<br />
und 1946 (Aufsberg-Foto oben).<br />
Heute gibt es deutlich mehr<br />
Bewuchs<br />
Die Ostrach am frühen Morgen<br />
55
Tourismus<br />
Weniger Strom – mehr Licht<br />
Neue Beleuchtung in der Sturmannshöhle<br />
Die einzige Spalthöhle des <strong>Allgäu</strong>s führt tief in das Erdinnere und ist<br />
Millionen von Jahren alt. Ganz so viele Jahre hatte die Beleuchtung nicht<br />
auf dem Buckel, aber es war trotzdem an der Zeit, dass sie erneuert wird.<br />
Nun erstrahlt die Höhle in neuem Glanz – die eingebauten LED-Lampen<br />
setzen nicht nur besondere Akzente, sondern sparen auch bares Geld.<br />
Im Jahr 1906 war die Sturmannshöhle das erste<br />
Objekt in Obermaiselstein, das mit Strom versorgt<br />
wurde, und bis vor Kurzem tauchten simple Glühbirnen<br />
und große Strahler die Spalthöhle in ein orangefarbenes<br />
Licht. Jedoch war schon länger bekannt,<br />
dass die Höhlenbeleuchtung erneuert und auf den<br />
Stand der Technik gebracht werden muss.<br />
Die finanzielle Umsetzung dieses Vorhabens war<br />
möglich durch das Interreg-Projekt »Bewegende Natur«<br />
des Naturparks Nagelfluhkette, in dem sich die<br />
Höhle befindet. Mit dem Projekt soll der Naturerlebnistourismus<br />
in der Region unterstützt werden, so Rolf<br />
Eberhardt, Geschäftsführer des Naturparks. Für die<br />
praktische Umsetzung sorgte Oliver Heil von der Firma<br />
Cave Lighting aus Herborn in Hessen, die schon<br />
für Licht in 100 Höhlen – von den Cayman Islands<br />
über den Kaukasus bis nach Marokko und Australien<br />
– sorgte.<br />
Beeindruckende Zahlen<br />
Mit dieser tatkräftigen Unterstützung gelang die<br />
Rundumerneuerung innerhalb weniger Wochen. Zunächst<br />
wurden die alten Glühbirnen und Strahler so-<br />
Die installierten LED-Lampen<br />
wurden von der Firma Cave<br />
Lighting speziell für Höhlen<br />
entwickelt und gebaut<br />
Die neuen Beleuchtung<br />
sorgt für einen echten 3D-<br />
Effekt und zeigen die Höhle<br />
in ihrer ganzen Pracht<br />
Fotos: Ramona Klein, Claudia Schöwe<br />
56
Per Funksteuerung können einzelne Aspekte besonders in<br />
Szene gesetzt werden wie etwa Karl, der gute Geist, der die<br />
Geschichte der Höhle erzählen kann<br />
Die farbige Beleuchtung am Höhlensee ist ein Hingucker<br />
und vor allem für Kinder ein Highlight<br />
wie die Kabel entfernt, die deutlich sichtbar durch die<br />
ganze Höhle verliefen und das Gesamtbild störten.<br />
Nachdem dies geschafft war, ging es an die Installation<br />
der neuen Beleuchtung: Für sie wurden an<br />
die 5000 Meter Kabel verlegt – die allerdings kaum<br />
sichtbar sind – und etwa 250 LED-Lampen platziert,<br />
die eine Gesamtleistung von 800 Watt und eine Energieeinsparung<br />
von mindestens 90 Prozent im Vergleich<br />
zu vorher bringen. Zudem sind die Leuchten<br />
wasserdicht. Dies ist wichtig, da es besonders im unteren<br />
Teil der Höhle zu Überschwemmungen kommen<br />
kann. Dann steigt der Wasserpegel gut und gerne<br />
mehrere Meter an. Doch Oliver Heil versichert, dass<br />
die speziell für Höhlen entwickelten Lampen bis zu 50<br />
Meter Tiefe wasserdicht sind.<br />
Gut für Mensch und Tier<br />
Doch das sind nicht die einzigen positiven<br />
Aspekte der neuen Beleuchtung, wie Oliver Heil erklärt.<br />
Da man sich für kaltweiße Lampen entschieden<br />
hat, die ungefähr dem Tageslicht entsprechen, sehen<br />
Besucher die Höhle so, wie sie ist. Vorher – mit den<br />
alten Leuchten – verschwamm alles in einem orangefarbenen<br />
Licht, und man konnte viele Details wie etwa<br />
Spalten nicht wahrnehmen. Nun ist das Licht in der<br />
Höhle fokussierter, denn neben dem Weg werden auch<br />
einzelne Bereiche beleuchtet. Das stellt einen Mehrwert<br />
für Besucher dar, denn dies ermöglicht ihnen auf<br />
dem Rückweg einen ganz anderen Blick als auf dem<br />
Hinweg. Ebenfalls neu ist die akzentuierte farbige Beleuchtung<br />
an zwei markanten Punkten, dem Drachentor<br />
und dem Höhlensee. Zudem kann der Höhlenführer<br />
über Funksteuerung die Lichtanlage bedienen und<br />
so einzelne Aspekte beleuchten, passend zur Führung.<br />
Spricht er also gerade über den Schatz der Sturmannshöhle,<br />
ist es ihm möglich, auch nur den Schatz zu erhellen<br />
und alles andere im Dunkel zu lassen.<br />
Aber nicht nur den menschlichen Besuchern gefällt<br />
die neue Beleuchtung, sondern auch den tierischen.<br />
Denn zahlreiche Fledermäuse nutzen die Höhle zum<br />
Überwintern, und dieser Rückzugsort sollte für sie erhalten<br />
bleiben, was auch gelang. Außerdem ist die neue<br />
Beleuchtung insgesamten fledermausfreundlicher als<br />
die alte, denn die LED-Lampen können gedimmt werden,<br />
und je dunkler es ist, umso wohler fühlen sie sich.<br />
Uns Menschen behagt die Dunkelheit meistens<br />
nicht so, und für viele ist nichts schlimmer als ein<br />
Stromausfall, besonders, wenn man sich währenddessen<br />
in einer Höhle befindet. Doch Besucher können<br />
beruhigt sein: Für den Fall der Fälle gewährleistet eine<br />
Batterie das Wegelicht für etwa zwei Stunden – so<br />
kann jeder die Höhle sicher verlassen und sieht sie<br />
nochmal aus einem ganz anderen Blickwinkel. (cs)<br />
Wo früher alles in einem<br />
orangefarbenen Licht<br />
verschwamm, zeigen die<br />
kaltweißen LEDs heute viele<br />
Details wie etwa Spalten<br />
und Gesteinsstrukturen<br />
57
Klimaschutz<br />
Urlaub auf dem Bauernhof<br />
Gäste tanken und sparen Energie<br />
Auf dem Bio-Bauernhof der Familie Bayrhof in Roßhaupten wurden in den letzten<br />
Jahren viele große und kleine Investitionen vorgenommen, die den Energieverbrauch<br />
enorm senkten. So können Besucher hier nicht nur einen gästefreundlichen, sondern<br />
auch einen energiefreundlichen Urlaub verbringen.<br />
Wir sind uns unserer Verantwortung für<br />
unsere Umwelt bewusst. Unsere Gäste<br />
machen Urlaub auf dem Bauernhof, um<br />
neue Energie in der einzigartigen <strong>Allgäu</strong>er Landschaft<br />
zu tanken. Diese Landschaft zu erhalten, ist für uns als<br />
Bio-Bauernhof selbstverständlich. Dabei zählt für uns<br />
auch, dass wir bewusst mit dem Thema Energieverbrauch<br />
und Energieeinsparung umgehen.« Diese<br />
nachhaltige Lebenseinstellung der Familie Bayrhof<br />
spiegelt sich in vielen Bereichen auf dem Hof wider.<br />
Heizen mit Wärme aus der Erde<br />
Ein gutes Beispiel sind die zwei Ferienwohnungen,<br />
in denen tendenziell viel Energie beim Heizen<br />
verbraucht wird. Um hier Kosten und auch Kohlenstoffdioxid<br />
einzusparen, nutzt der Landwirt Markus<br />
Bayrhof seit zehn Jahren Wärme aus dem Erdreich als<br />
Wärmequelle. Dadurch wird über eine Wärmepumpe<br />
die Erdwärme als Heizenergie für das Austragshaus<br />
mit den Ferienwohnungen abgegeben. Für zusätzliche<br />
Wärme und Kosteneinsparungen an kalten Tagen<br />
sorgt der Ofen der Familie. Wird dieser angeheizt,<br />
wird über eine Wassertasche oberhalb des Kamins die<br />
Energie in den Heizkreislauf eingespeist.<br />
Sonnenstrom vom Stalldach<br />
Für noch mehr Energieeffizienz sorgt eine Photovoltaikanlage,<br />
die sich auf dem Stall befindet. Mit ei-<br />
58
LandSchafftEnergie – Energiewende im ländlichen Raum<br />
Die Umsetzung der Energiewende im ländlichen Raum stellt eine große<br />
gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Herausforderung dar. Sie wird nur<br />
dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, maßgeschneiderte Lösungen zu finden<br />
und dafür die Akzeptanz der Menschen zu erreichen. Mit diesem Ziel rief das<br />
Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) im<br />
Jahr 2012 das Expertenteam »LandSchafftEnergie – Energiewende im<br />
ländlichen Raum« ins Leben. Seit 2014 ist es nunmehr ein gemeinsames Projekt<br />
des StMELF und des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien,<br />
Energie und Technologie (StMWi) und bietet eine kostenfreie und produktneutrale<br />
Information und Beratung rund um die Energiewende im ländlichen<br />
Raum an. So sollen die effiziente Erzeugung und der verantwortungsvolle<br />
Verbrauch von Strom und Wärme gefördert werden. Ein weiteres Ziel ist es,<br />
die Umsetzung von Projekten zum Thema erneuerbare Energien<br />
voranzutreiben und klimaschonende Mobilitätskonzepte zu unterstützen.<br />
Fotos: Markus Baur<br />
Dank der Photovoltaikanlage kann der kürzlich<br />
angeschaffte elektrische Hoftraktor mit eigenproduziertem<br />
Strom geladen werden<br />
Über eine Wassertasche oberhalb des<br />
Kaminofens gelangt warmes Wasser in den<br />
Heizkreislauf – das spart zusätzlich Energie<br />
Die Photovolt aik anlage deckt fast 40 Prozent<br />
des Stromverbrauches am Hof. Gespeichert<br />
wird der Sonnenstrom in zwei Batterien<br />
ner Leistung von 29 Kilowatt peak erzeugt sie erneuerbaren<br />
Sonnenstrom und deckt damit 37 Prozent des<br />
Stromverbrauches auf dem Hof ab. Darüber hinaus hat<br />
sich die Familie aufgrund des ökologischen Bewusstseins<br />
im letzten Jahr zwei 7,5-Kilowattstunden-Batteriespeicher<br />
einbauen lassen – dadurch stieg der Eigenstromanteil<br />
auf 46 Prozent.<br />
Zusätzlich zu diesen eigenen Ideen wurde der<br />
Landwirt auf seinem Weg zu einem energieeffizienten<br />
Bauernhof vom Team der »LandSchafftEnergie-Berater«<br />
am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Fors -<br />
ten Kempten begleitet. Über die kostenfreie Energieberatung<br />
konnte sich die Familie außerdem darüber<br />
informieren, wo und welche Investitionen zur Energieeinsparung<br />
auf ihrem Hof sinnvoll sind.<br />
Ökologisches Bewusstsein<br />
Getreu dem Motto »Kleinvieh macht auch Mist«<br />
müssen diese auch nicht immer groß sein. Unterm<br />
Strich lässt sich auch über viele Kleinigkeiten im Alltag<br />
Energie sparen. So wurden etwa der Stall, das Wohnhaus<br />
und die Ferienwohnungen mit LED-Lampen<br />
ausgestattet. Außerdem wurden auf dem gesamten<br />
Hof Wassersparvorrichtungen installiert, und in den<br />
Ferienwohnungen kommen nur energieeffiziente Geräte<br />
zum Einsatz.<br />
All dies kann auch dazu beitragen, ein ökologisches<br />
Bewusstsein bei den Gästen zu schaffen. Natürlich<br />
sind sie in erster Linie auf dem Bauernhof, um<br />
sich zu erholen, betont der Landwirt. Aber sind die<br />
Gäste interessiert und neugierig, dann erklärt er ihnen<br />
gerne die erneuerbaren Energiequellen auf dem Hof.<br />
»Wärmerückgewinnung kennen die wenigsten. Viele<br />
wissen nicht, wie viel Energie in der Milch steckt und<br />
dass die Milchkühlung gleichzeitig warmes Wasser liefern<br />
kann«, so Markus Bayrhof.<br />
Auch im Bereich Mobilität denkt die Familie weiter:<br />
Damit die Gäste das Auto im Urlaub auch mal stehen<br />
lassen, dürfen sie sich auf dem Ferienhof Fahrräder<br />
ausleihen. Ebenfalls geplant ist die Anschaffung<br />
von E-Bikes – für alle die nicht so kräftig in die Pedale<br />
treten wollen. Elektrisch unterwegs ist seit Kurzem<br />
auch der Landwirt selber, dank eines strombetriebenen<br />
Hoftraktors. Dieser bringt nicht nur den Vorteil,<br />
dass so der gewonnene Solarstrom optimal genutzt<br />
werden kann, sondern er senkt zudem den Geräuschpegel<br />
auf dem Hof um ein Vielfaches.<br />
So können die Gäste ihren klimafreundlichen<br />
Urlaub noch mehr genießen. Eva Nowatschin/(cs)<br />
59
Wissenstransfer<br />
Ein Plus an Auslandserfahrung<br />
Studienmodell »Bachelor International«<br />
Seit knapp einem Jahr bietet die Hochschule Biberach in allen Bachelor-<br />
Studiengängen die Möglichkeit, zwei Semester im Ausland zu verbringen.<br />
Durch die Kombination je eines Studien- und Praxissemesters können die<br />
Studenten sowohl theoretische als auch praktische Erfahrungen in einem<br />
internationalen Umfeld sammeln.<br />
Die Hochschule Biberach (HBC) hat dieses internationale<br />
Studienmodell bereits im Studiengang<br />
Energie-Ingenieurwesen erfolgreich<br />
getestet. Hier konnten die Studierenden schon in der<br />
Vergangenheit entscheiden, ob sie ein Semester länger<br />
studieren möchten, um insgesamt ein Jahr im Ausland<br />
zu verbringen. Das Modell kam gut an: Rund 60 Studenten<br />
und Studentinnen – Tendenz steigend – haben<br />
bisher am »Bachelor International« teilgenommen<br />
und je ein Studien- sowie Praxissemester etwa in Kanada,<br />
Schweden und Jordanien verbracht.<br />
Nicht nur ihre Sprachkenntnisse und ihre interkulturelle<br />
Kompetenz haben die Studierenden dadurch<br />
verbessert, sagt Prof. Dr.-Ing. Norbert Büchter,<br />
Prorektor für Studium und internationale Angelegenheiten:<br />
»Die Teilnehmer profitieren stark von dem<br />
Programm, was ihre individuelle Persönlichkeitsentwicklung<br />
angeht.« Außerdem wirke sich der zweit -<br />
semestrige Auslandsaufenthalt positiv auf den Lebenslauf<br />
aus.<br />
Rundum-Betreuung<br />
Die Chance nutzte Friederike<br />
Soldner und verbrachte ein<br />
Studiensemester in Jordanien<br />
sowie ein Praxissemester in<br />
Norwegen<br />
Foto: Friederike Soldner<br />
Die Entscheidung für den »Bachelor International«<br />
treffen die Studierenden nicht vor, sondern während<br />
des Studiums, so Büchter. In der Regel dienen die<br />
ersten beiden Semester der Orientierung und dem<br />
Grundlagenstudium, danach können sie sich für das<br />
Studienmodell bewerben, und ab dem vierten Semes -<br />
ter beginnen die Vorbereitungen für den Auslandsaufenthalt<br />
– etwa Sprachkurse oder interkulturelle Trainings.<br />
Das Studienmodell »Bachelor International« ist<br />
ein strukturiertes Programm innerhalb des eigentlichen<br />
Studiums. Nachteile, so Büchter, würden daraus<br />
nicht entstehen. Teilnehmer absolvieren insgesamt 240<br />
Leistungspunkte, und zum Abschluss ihres Studiums<br />
erhalten sie ein zusätzliches Zertifikat.<br />
Für das Studiensemester stehen den Studierenden<br />
des »Bachelor International« die Kontakte der<br />
Hochschule Biberach zu Partnerhochschulen weltweit<br />
zur Verfügung. Betreut werden die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer des Programms durch das International<br />
Office an der HBC sowie durch den jeweiligen Studiengang.<br />
»Studieren ist längst nicht mehr nur Lernen von<br />
reinem Fachwissen – und das für die Dauer eines gesamten<br />
Studiums an einem Ort«, sagt Prorektor<br />
Büchter. Die Arbeitswelt erwartet mehr – wie etwa<br />
Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse. Mit dem<br />
»Bachelor International« biete die HBC neugierigen<br />
Studierenden dafür ein maßgeschneidertes Programm<br />
an.<br />
Weitere Informationen unter www.hochschulebiberach.de/web/bachelor-international<br />
60
Wissenstransfer<br />
Landesforschungszentrum<br />
Biberacher Dozent wird Vorsitzender<br />
Prof. Roland Koenigsdorff, Experte für Gebäudeklimatik, Energiesysteme<br />
und Geothermie an der Hochschule Biberach, ist zum Vorsitzenden des wissenschaftlichen<br />
Beirates am Landesforschungszentrum Geothermie gewählt<br />
worden. Damit ist er als erster Vertreter einer Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften mit diesem Amt betraut worden.<br />
Bereits seit vielen Jahren ist Professor<br />
Koenigsdorff Mitglied des Beirates und Forschungspartner<br />
im Landesforschungszentrum<br />
Geo thermie (LFZG). Nun folgt er, zunächst für<br />
zwei Jahre, auf seinen Kollegen Prof. Dr. Manfred Joswig<br />
von der Universität Stuttgart, der dieses Ehrenamt<br />
acht Jahre lang innehatte und jetzt aus Altersgründen<br />
niederlegte.<br />
Das LFZG ist mit einer Geschäftsstelle und den<br />
leitenden Professoren am Karlsruher Institut für Technologie<br />
(KIT) lokalisiert. Dort arbeiten die Wissenschaftler<br />
in enger Partnerschaft mit weiteren Kolleginnen<br />
und Kollegen des KIT, der Universitäten Stuttgart,<br />
Freiburg, Tübingen und Heidelberg zusammen sowie<br />
mit den Hochschulen Karlsruhe, Offenburg und Biberach.<br />
Dem Landesforschungszentrum gehören darüber<br />
hinaus die Forschungsinstitute EIFER und Solites<br />
an. Im Beirat vertreten sind auch das Ministerium für<br />
Wissenschaft und Kunst sowie das Umweltministerium<br />
Baden-Württemberg.<br />
Er ist ein Tausendsassa<br />
In den letzten sechs Jahren hat sich Koenigsdorff<br />
als Forschungspartner und Beiratsmitglied des LFZG<br />
engagiert und in fünf vom Land geförderten Verbundprojekten<br />
unter diesem Dach geforscht, davon zwei<br />
unter der Federführung der Hochschule Biberach.<br />
Über seine einstimmige Wahl zum Vorsitzenden des<br />
wissenschaftlichen Beirates und das damit verbundene<br />
Vertrauen freut er sich nach eigenen Angaben »persönlich<br />
ausgesprochen«.<br />
An der Hochschule Biberach ist Prof. Dr.-Ing.<br />
Roland Koenigsdorff neben der Lehre in den Studiengängen<br />
Energie-Ingenieurwesen sowie Energie- und<br />
Gebäudesysteme als geschäftsführender Leiter und<br />
Forscher im Institut für Gebäude- und Energiesysteme<br />
aktiv. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind<br />
die Konzeptentwicklung, Simulation sowie das Monitoring<br />
von Gebäudesystemen in Verbindung mit oberflächennaher<br />
Geothermie sowie integrierte Energiekonzepte<br />
mit energetisch und exergetisch optimierter<br />
Energienutzung. Daneben ist er als Berater für private<br />
und öffentliche Institutionen sowie in der Richtlinienarbeit<br />
des Verbandes Deutscher Ingenieure (VDI) tätig.<br />
Er ist Autor des Fachbuchs »Oberflächennahe<br />
Geothermie für Gebäude« und Teil eines Autorenkollektivs,<br />
das Leitfäden des Verbandes Beratender Ingenieure<br />
zur Geothermie verfasst. Das Rechenverfahren<br />
GEO-HANDligh zur Auslegung von Erdwärmesonden<br />
stammt von ihm und seinem Biberacher Team<br />
und wird derzeit in einem Forschungsprojekt für andere<br />
Systeme zur oberflächennahen geothermischen<br />
Energiegewinnung weiterentwickelt.<br />
Professor Dr.-Ing. Roland<br />
Koenigs dorff ist nun Vorsitzen -<br />
der des wissenschaftlichen<br />
Beirats der Landesforschungs -<br />
gruppe Geothermie in Baden-<br />
Württemberg<br />
Foto: privat<br />
61
Landwirtschaft<br />
Sonne ernten auf zwei Etagen<br />
Ein vielversprechender Lösungsansatz<br />
Bislang galt für Ackerflächen: entweder Photovoltaik oder Photosynthese, also<br />
Stromerzeugung oder Nahrungs mittelproduktion. Ein Pilotprojekt am Bodensee<br />
hat nun bewiesen, dass beides miteinander vereinbar ist. Die Agro photovoltaik kann<br />
durch ressourceneffiziente Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen die<br />
Flächenkonkurrenz abmildern und Landwirten neue Einkommensquellen liefern.<br />
Agrophotovoltaik bedeutet eine<br />
innovative, ressourceneffiziente<br />
Doppelnutzung von Acker -<br />
flächen, die die Produktion von<br />
landwirtschaftlichen Gütern<br />
unterhalb von Photovoltaik-<br />
Freiflächenanlagen erlaubt<br />
62<br />
Die Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach –<br />
hier wurde im September 2016 die Agrophotovoltaik-Pilotanlage<br />
installiert und in Betrieb<br />
genommen. Dafür wurde eine Testfläche von<br />
etwa zweieinhalb Hektar eingesetzt, von der die Anlage<br />
ein Drittel Hektar in Anspruch nimmt. Auf diesem<br />
wurden in fünf Metern Höhe Photovoltaik-Module<br />
montiert. Gleichzeitig wurden darunter vier verschiedene<br />
Kulturen – Kartoffel, Sellerie, Winterweizen und<br />
Kleegras – angebaut. Durch einen größeren Reihenabstand<br />
zwischen den bifazialen Glas-Glas-Solarmodulen<br />
und die Ausrichtung nach Südwesten wurde<br />
sichergestellt, dass die Nutzpflanzen gleichmäßig Sonnenstrahlung<br />
erhalten.<br />
Auf dem übrigen Testacker hat das Projektteam<br />
rund um die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare<br />
Energiesysteme (ISE) eine Referenzfläche in der<br />
gleichen Größe mit der gleichen Bepflanzung angelegt,<br />
aber ohne Photovoltaik-Module.<br />
Positive Bilanz trotz Ernteverlusten<br />
Ein Jahr nach Installierung der Agrophotovoltaik-Anlage<br />
konnten im Herbst des letzten Jahres die<br />
ersten Ernten eingefahren werden. Und die waren<br />
durchaus vielversprechend. »Bei Kleegras ist der Ertrag<br />
im Vergleich zur Referenzfläche nur leicht um 5,3<br />
Prozent reduziert«, berichtet Prof. Dr. Petra Högy,<br />
Agrarexpertin an der Universität Hohenheim. »Bei<br />
Kartoffel, Weizen und Sellerie sind die Ernteverluste<br />
durch die Beschattung mit 18 bis 19 Prozent etwas<br />
stärker ausgeprägt.«<br />
Auch Prof. Dr. Iris Lewandowski, Leiterin des<br />
Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen<br />
an der Universität Hohenheim, zieht eine<br />
positive Bilanz und betont: »Aus agrarwissenschaftlicher<br />
Sicht sieht Agrophotovoltaik nach einem vielversprechenden<br />
Lösungsansatz aus, um die Landnutzungseffizienz<br />
zu erhöhen und den Mix erneuerbarer
Die Projektpartner<br />
der Agrophotovoltaik-Anlage<br />
Energien zu erweitern, die künftig aus der Landwirtschaft<br />
bereitgestellt werden.« Allerdings seien noch<br />
mehr Praxisjahre und Untersuchungen mit anderen<br />
Kulturen sinnvoll, um eindeutige Aussagen treffen zu<br />
können, so die Expertinnen.<br />
Überdurchschnittliche Stromernte<br />
Der Ertrag der Photovoltaikanlage war im ers ten<br />
Projektjahr ebenfalls bemerkenswert. Der Grund dafür:<br />
Die insgesamt 720 bifazialen Solarmodule gewinnen<br />
Sonnenstrom nicht nur auf der Vorderseite,<br />
sondern nutzen auch die von der Umgebung reflektierte<br />
Strahlung auf der Rückseite. So kann sie bei<br />
günstigen Bedingungen, zum Beispiel bei einer<br />
Schneefläche, bis zu 25 Prozent Mehrertrag erzielen<br />
und den Energieertrag der Fläche merklich erhöhen.<br />
Zusätzlich sorgt die beidseitige Zellverglasung für<br />
eine homogene Lichtverteilung über den Pflan- ►<br />
Neben dem Fraunhofer ISE, das die<br />
Projekt leitung innehat und für den<br />
technischen Teil zuständig ist, und der<br />
Demeter-Hof gemein schaft Heggelbach,<br />
auf deren Acker flächen die Praxis -<br />
tauglichkeit erforscht werden soll,<br />
sind folgende Partner an dem Projekt<br />
beteiligt:<br />
• die Universität Hohenheim: zuständig<br />
für die agrar wissenschaftliche und<br />
ökologische Analyse;<br />
• das Institut für Technikfolgen -<br />
abschätzung und System analyse<br />
des Karlsruher Instituts für Techno -<br />
logie: konzipierte und realisierte den<br />
»Living Lab«-Ansatz, der die lokale<br />
Bevölkerung und Stakeholder in die<br />
Technologie entwicklung einbezieht;<br />
• der Energieversorger EWS-Schönau:<br />
nimmt über schüssigen Strom ab;<br />
• die BayWa r.e.: verantwortet die<br />
Agrophotovoltaik-Anlagenprojektierung<br />
und Betriebsführung.<br />
Der Regionalverband Bodensee-<br />
Ober schwaben mit Sitz in Ravensburg<br />
unterstützt das Projektvorhaben auf<br />
regionaler und kommunaler Ebene. Dem<br />
Projektbeirat gehören unter anderem<br />
der Bundesverband Solar wirtschaft, der<br />
Landes bauern verband Baden-Württem -<br />
berg und der Bund für Umwelt und<br />
Naturschutz Deutschland, Landesverband<br />
Baden-Württemberg, an. Gefördert wird<br />
das Projekt vom Bundes ministerium für<br />
Bildung und Forschung und der FONA-<br />
Forschung für nachhaltige Entwicklung.<br />
63
Landwirtschaft<br />
Getrennte Flächennutzung auf 2 Hektar Ackerland<br />
1 Hektar 1 Hektar<br />
100 % Weizen 100 % Solarstrom = 100 % Weizen<br />
100 % Solarstrom<br />
Gemischte Flächennutzung auf 2 Hektar Ackerland: Effizienz > 60 % gesteigert<br />
1 Hektar 1 Hektar<br />
80 % Weizen<br />
80 % Solarstrom<br />
80 % Weizen<br />
+ 80 % Solarstrom =<br />
Durch Agrophotovoltaik und die damit ein hergehende Doppelnutzung<br />
der Fläche wird die Landnutzungseffizienz um 60 Prozent gesteigert<br />
160 % Weizen<br />
160 % Solarstrom<br />
zen. Aus energetischer Sicht ist diese Doppelnutzung<br />
einer Ackerfläche deutlich effizienter als der reine<br />
Anbau von Energiepflanzen, der in Deutschland immerhin<br />
18 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen<br />
belegt.<br />
Mit der installierten Leistung von 194 Kilowatt<br />
können 62 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden.<br />
In den ersten zwölf Monaten hat die Photovoltaik-Anlage<br />
1266 Kilowattstunden Strom pro installiertem Kilowatt<br />
Leistung geerntet. Damit liegt sie ein Drittel<br />
über dem landesweiten Durchschnitt von 950 Kilowattstunden<br />
pro Kilowatt. Weiterer positiver Aspekt:<br />
Der tägliche Verlauf der Stromernte passt gut zu den<br />
Lastverläufen auf dem Hof. So wurden etwa 40 Prozent<br />
des erzeugten Solarstroms direkt für das Betanken<br />
des Elektrofahrzeugs sowie die Verarbeitung der<br />
Produkte genutzt. In den Sommermonaten wurde die<br />
Last tagsüber fast komplett durch die Photovoltaik-<br />
Anlage beliefert. Die Demeter-Bauern planen, durch<br />
eine Optimierung ihres Verbrauchsverhaltens und den<br />
Einsatz eines Stromspeichers den Grad der Eigennutzung<br />
gar auf 70 Prozent zu erhöhen. Den überschüssigen<br />
Strom nimmt der Projektpartner Elektrizitätswerke<br />
Schönau ab.<br />
Die bifazialen Solarmodule gewinnen<br />
Sonnenstrom auf der Vorder- und Rückseite<br />
und erzielen so einen Mehrertrag
Da die Solarmodule in fünf<br />
Metern Höhe montiert<br />
wurden, können landwirtschaftliche<br />
Fahrzeuge problemlos<br />
unter der Anlage durchfahren<br />
Ein geglücktes Projekt<br />
Auch die Experten des Fraunhofer ISE zeigen<br />
sich beeindruckt. »Die Ergebnisse des ersten Projektjahres<br />
sind ein voller Erfolg, da sich die Agrophotovoltaik-Anlage<br />
als praxistauglich erwiesen hat, die<br />
Kos ten schon heute mit kleinen Solar-Dachanlagen<br />
wettbewerbsfähig sind, die Ernteprodukte ausreichend<br />
hoch und wirtschaftlich rentabel vermarktet werden<br />
können«, so Stephan Schindele, Projektleiter Agrophotovoltaik<br />
am Fraunhofer ISE. Institutsleiter Dr.<br />
Andreas Bett ergänzt: »Die Agrophotovoltaik hat das<br />
Potenzial, neue Flächen für den dringend benötigten<br />
Photovoltaik-Ausbau in Deutschland zu erschließen<br />
und gleichzeitig den Flächenkonflikt zwischen Landwirtschaft<br />
und Freiflächenanlagen zu mildern. Bis zur<br />
Marktreife der Technologie müssen jedoch noch weitere<br />
Sparten und Anlagengrößen getestet und die technische<br />
Integration vorangetrieben werden, zum Beispiel<br />
bei der Speicherung.«<br />
Zunächst einmal wird allerdings weiter an der<br />
Pilotanlage in Heggelbach geforscht, die noch bis 2019<br />
betrieben wird und schon jetzt ein wegweisender<br />
Lösungsansatz für die Zukunft ist.<br />
(cs)<br />
Als Testkulturen wurden<br />
auf einem Drittel Hektar<br />
Winterweizen, Kartoffeln,<br />
Sellerie und Kleegras unter<br />
der Agrophotovoltaik-<br />
Anlage angebaut<br />
Fotos: Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach, Fraunhofer ISE<br />
65
Landwirtschaft<br />
Artenvielfalt – Artensterben<br />
Was geht das uns <strong>Allgäu</strong>er an?<br />
Wie schwer wiegt der globale Artenverlust? Wie wirkt er sich im <strong>Allgäu</strong> aus? Verändern<br />
sich Stoffkreisläufe in einem Ökosystem mit wenig Arten? Um dies zu klären, wurde 2002<br />
das Jena-Experiment etabliert, eines der größten Biodiversitätsexperimente weltweit. Zwei<br />
unerwartete Ergebnisse der Langzeitstudie: Biodiversität beeinflusst knapp die Hälfte der<br />
Prozesse im Ökosystem, und intensive Grünlandbewirtschaftung, wie sie in weiten Teilen<br />
des <strong>Allgäu</strong>s üblich ist, erzielt keinen höheren Ertrag als eine hohe Biodiversität.
Fotos: Archiv EDITION ALLGÄU<br />
Ein Ökosystem stellt für den Menschen Naturleistungen<br />
bereit wie zum Beispiel die Fruchtbarkeit<br />
des Bodens, die Grundwasserqualität,<br />
die Produktion von Nahrungsmitteln oder auch das<br />
Bestäuben durch Insekten, das essentiell für viele<br />
Früchte ist. Deshalb sind intakte Ökosysteme fürs<br />
Überleben aller Lebewesen wichtig. Welche Bedeutung<br />
hat somit das Sterben der Arten? Kann der weltweite<br />
Artenverlust dazu führen, dass Ökosysteme am<br />
Ende schlechter funktionieren?<br />
Die Ergebnisse des Langzeitprojektes Jena-Experiment,<br />
das von der Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />
koordiniert wird, hat Professor Weisser vom Lehrstuhl<br />
für Terrestrische Ökologie an der Technischen Universität<br />
München (TUM) zusammengefasst. Er war bis<br />
ins Jahr 2015 Sprecher des interdisziplinären Forschungskonsortiums.<br />
Langzeituntersuchung über 15 Jahre<br />
»Eine Besonderheit am Jena-Experiment ist die<br />
Tatsache, dass wir über 15 Jahre unsere Untersuchungen<br />
und Analysen durchgeführt haben«, erklärt Weisser.<br />
Werde ein Lebensraum durch menschliches Eingreifen<br />
zerstört oder verändert, sterbe eine Art meist<br />
nicht sofort aus, sondern einige Zeit später. Und dieses<br />
Aussterben hat nach dieser Erkenntnis dann einen<br />
zeitverzögerten Effekt auf die Stoffkreisläufe.<br />
Der Wandel der Biodiversität wurde im Jena-Experiment<br />
über die Zeit stärker: In artenreichen Gemeinschaften<br />
wurden die positiven Effekte wie etwa<br />
die Kohlenstoffspeicherung im Boden, die mikrobielle<br />
Atmung oder die Entwicklung der Bodenfauna erst<br />
mit der Zeit stärker. Andererseits wurden die negativen<br />
Effekte von Monokulturen später sichtbar. »Dies<br />
bedeutet, dass die negativen Effekte des derzeitigen<br />
Artenverlustes erst in einigen Jahren vollständig augenscheinlich<br />
werden«, warnt Weisser.<br />
Landwirt ist nicht besser als die Natur<br />
80.000 Messungen wurden durchgeführt. Auf<br />
mehr als 500 Versuchsparzellen wurden unterschiedlich<br />
viele Pflanzenarten angesät, von Monokulturen<br />
bis zu Mischungen mit 60 Arten. Neben Pflanzen wurden<br />
auch alle weiteren im Ökosystem vorkommenden<br />
Organismen untersucht – im Boden und auch oberhalb.<br />
Daneben haben Bodenkundler die Stoffkreisläufe<br />
von Kohlenstoff, Stickstoff und Nitrat und auch der<br />
Wasserkreislauf über den gesamten Zeitraum von 15<br />
Jahren untersucht.<br />
So konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
belegen, wie sich die Artenvielfalt auswirkt<br />
auf die Kapazität des Bodens, Wasser aufzunehmen, zu<br />
speichern oder abzugeben. »Kein anderes Experiment<br />
hat bisher die Nährstoffkreisläufe mit solcher Genau-<br />
Schmetterlinge, Bienen,<br />
Hummeln und Spinnen tummeln<br />
sich in artenreichen Wiesen<br />
67
Landwirtschaft<br />
igkeit untersucht«, sagt Professor Wolfgang W. Wilcke<br />
vom Lehrstuhl für Geoökologie am Karlsruher Institut<br />
für Technologie (KIT). Wie sehr etwa der Stickstoffkreislauf<br />
eines Bodens von vielen Faktoren wie etwa<br />
der Artenvielfalt von mikrobiologischen Organismen,<br />
dem Wasserkreislauf und der Pflanzeninteraktion abhängt,<br />
wurde im Jena-Experiment erstmals deutlich.<br />
Artenreiche Wiesen haben mehr Energie<br />
Artenreichere Wiesen hatten über die gesamte Zeit<br />
des Jena-Experiments eine höhere Produktivität als artenarme<br />
Wiesen. Eine gesteigerte Bewirtschaftungsintensität<br />
durch zusätzliche Düngung und eine häufigere<br />
Mahd erreichte denselben Effekt: Wenn ein Landwirt<br />
bestimmte Arten fördert und düngt, ist er im Durschnitt<br />
betrachtet also nicht erfolgreicher als die Natur.<br />
Die Energie der Biomasse (Bioenergiegehalt) von<br />
artenreichen Wiesen war deutlich höher als der von<br />
artenarmen Wiesen, zugleich aber ähnlich hoch wie<br />
viele der heute stark subventionierten Arten wie beispielsweise<br />
Chinaschilf.<br />
Bessere Ökosystemdienstleistungen<br />
Artenreiche Flächen hatten eine bessere Kohlenstoffspeicherung.<br />
Die Anzahl von Insekten und anderen<br />
Arten war deutlich höher. Wechselwirkungen zwischen<br />
Arten wie etwa Bestäubungen fanden häufiger<br />
statt. Artenreichere Wiesen transportierten Oberflächenwasser<br />
besser in den Boden.<br />
Artenreiche Ökosysteme waren stabiler gegenüber<br />
Störungen wie Dürren oder Überschwemmungen<br />
als artenarme Ökosysteme. Das Jena-Experiment<br />
beweist aufgrund seiner Breite erstmals, dass ein Verlust<br />
der Artenvielfalt negative Konsequenzen für viele<br />
einzelne Komponenten und Prozesse in Ökosystemen<br />
hat. Das weltweite Artensterben bedeutet also nicht<br />
nur, dass ein Teil des evolutionären Erbes der Erde unwiederbringlich<br />
verloren geht und der Mensch seiner<br />
Fürsorgepflicht gegenüber anderen Geschöpfen nicht<br />
gerecht wird, sondern es hat direkte unangenehme<br />
Folgen für den Menschen. Das Artensterben wirkt sich<br />
unter anderem auch auf die Stoffkreisläufe aus – und<br />
diese nehmen direkten Einfluss auf den Wasserhaushalt,<br />
den Quell allen Lebens.<br />
Die Forschung geht weiter<br />
Neuer Sprecher des Jena-Experimentes ist Professor<br />
Nico Eisenhauer vom deutschen Zentrum für<br />
integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-<br />
Leipzig. Der Experte von der Universität Leipzig wird<br />
das Experiment fortführen, um die Mechanismen, die<br />
den Biodiversitätseffekten zugrunde liegen, noch genauer<br />
aufzuklären. Zu den Gründungsmitgliedern des<br />
Jena-Experimentes zählen die Friedrich-Schiller-Universität<br />
Jena, wo auch die wissenschaftliche Koordination<br />
angesiedelt ist, und das Max-Planck-Institut für<br />
Biogeochemie in Jena. Maßgeblich finanziell unterstützt<br />
wird es von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG).<br />
Wespen sind auch auf Nektar,<br />
Pollen und Fruchtfleich angewiesen<br />
Die Raupe des Mittleren Wein -<br />
schwärmers liebt Weidenröschen<br />
Mädesüß-Perlmuttfalter<br />
suchen gerne Feuchtwiesen auf<br />
68
Landwirtschaft<br />
Jena aus <strong>Allgäu</strong>er Sicht<br />
Konsequenzen aus dem Experiment<br />
<strong>Allgäu</strong>ALTERNATIV hat Regionalpolitiker und Fachleute unterschiedlicher Couleur<br />
gebeten, ihre Schlüsse aus dem Jena-Experiment zu ziehen. Welche Konsequenzen für<br />
die Region <strong>Allgäu</strong> ziehen sie aus der Studie? Treffen die Ergebnisse auf unsere Vor -<br />
alpenregion überhaupt zu? Müssen wir unser Verhalten – unsere Landwirtschaft –<br />
verändern? Angefragt haben wir die Ämter für Landwirtschaft Kempten und Kaufbeuren,<br />
den Bauernverband, die Landtagsabgeordneten Leopold Herz (Freie Wähler)<br />
und Ulli Leiner (Bündnis90/Die Grünen), beide auch landwirtschaftlich tätig, Paul<br />
Wengert (SPD) und die Europaabgeordnete Ulrike Müller (Freie Wähler). Alle haben<br />
uns ihre Sicht auf das Jena-Experiment und die Konsequenzen für das <strong>Allgäu</strong> mitgeteilt.<br />
Die beiden Landwirtschaftsämter haben allerdings die Stellungnahme an die<br />
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft weitergegeben. Dr. Anette Freibauer und<br />
Dr. Gisbert Kuhn vom Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz,<br />
Arbeitsgruppe 'Vegetationskunde und Berglandwirtschaft', haben uns<br />
geantwortet. Hier die Statements.<br />
<strong>Allgäu</strong>er Wiesen müssen nicht<br />
wie angelegte Gartenbeete<br />
aussehen (Foto oben), aber<br />
eine möglichst hohe Artenviel -<br />
falt ist wünschenswert<br />
69
Landwirtschaft<br />
Hummeln lieben den Nektar der<br />
Vogel-Wicke<br />
Schachbrettfalter auf Wiesenklee<br />
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft<br />
Dr. Anette Freibauer, Institut für<br />
Ökologischen Landbau<br />
Der Bericht der Technischen Universität München fasst 15<br />
Jahre Biodiversitätsforschung im Jena-Experiment zusam -<br />
men. Im Jena-Experiment wurden künstliche Grün land -<br />
mischungen mit einer bis 16 (Einzelfall bis 60) Arten auf<br />
einem ehemaligen Acker angelegt und die Biomasse und<br />
Ökosystemfunktionen beobachtet. Standardmäßig wurde<br />
zweimal jährlich geschnitten, nicht gedüngt und uner -<br />
wünscht Aufgegangenes in den Versuchs par zellen ent fernt.<br />
Das Jena-Experiment erlaubte einzig artige wissen -<br />
schaftliche Grundlagenuntersuchungen, ist aber weit von<br />
Praxisbedingungen entfernt. Sicher gilt aber auch in der<br />
Praxis die zentrale Erkenntnis der For scher: Artenreiches<br />
Grünland erbringt mehr Öko system leistungen als arten -<br />
armes. Dass aber eine intensive Grün landbewirtschaftung<br />
keinen höheren Ertrag erziele als eine extensive Nutzung<br />
mit mehr Pflanzenarten, kann nicht auf die Praxisbedin gun -<br />
gen des bayerischen Wirt schaftsgrünlandes übertragen<br />
werden. Das Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkul -<br />
tur und Ressource nschutz der Bayerischen Landesanstalt<br />
für Landwirt schaft gibt daher Folgendes zu bedenken:<br />
Ertrag ist mehr als Energie<br />
Im Jena-Experiment wurden nur Ertragspotenziale, aber<br />
nicht die Futterqualität für Milchvieh gemessen. Bei<br />
praxisüblicher Düngung im Dauergrünland steigen die<br />
Erträge und Qualitäten mit steigender Nutzungsinten sität.<br />
Die Artenzusammensetzung passt sich an die Schnitt -<br />
frequenz an. Denn viele Pflanzenarten vertragen die hohe<br />
Schnittfrequenz und den frühen ersten Schnitt im Jahr<br />
nicht. Im bayerischen Ertrags- und Nährstoff monitoring<br />
wurden zwischen 2009 und 2012 150 Praxis flächen<br />
intensiv beprobt. Die Flächen hatten im Mittel 17 Arten –<br />
also mehr als die meisten im Jena-Experiment. Bei vier bis<br />
fünf Schnitten dominierten die ertrags starken<br />
Weidelgräser, die im Jena-Experiment nicht vorkamen. Im<br />
Vergleich zwischen Zwei- bis Fünfschnitt wiesen stiegen mit<br />
jedem zusätzlichen Schnitt die Er träge, Rohprotein-,<br />
Phosphor- und Kaliumgehalte signifikant an.<br />
Nicht übertragbar aufs <strong>Allgäu</strong><br />
Im <strong>Allgäu</strong> ist der Niederschlag fast doppelt so hoch wie in<br />
den Versuchsflächen in Thüringen. Die Bewirtschaftungs in -<br />
tensität ist ebenfalls deutlich höher und dementspre chend<br />
auch das Ertragsniveau. Das Geschehen spielt also in einer<br />
anderen Liga. Futter aus dem zwei- bis dreischürigen Jena-<br />
Experiment wäre für unser Milchvieh nicht leistungsgerecht.<br />
Im Jena-Experiment ging es vorwiegend um Artenzahlen<br />
zwischen 1 und 16. Hohe Erträge wurden v.a. bei den<br />
‚hohen‘ Artenzahlen von 16 erzielt. Aus dem Grünland -<br />
monitoring Bayern der LfL (https://www.lfl.bayern.de/<br />
mam/cms07/publikationen/daten/schriftenreihe/p_41<br />
955.pdf und https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/<br />
publikationen/daten/schriftenreihe/gruendlandmonitorinbayern-evaluierung_lfl-schriftenreihe.pdf)<br />
geht jedoch<br />
hervor, dass das bayerische Grünland im Durchschnitt<br />
knapp 20 Pflanzenarten pro 25 Quadratmeter auf weist. In<br />
intensiv genutzten Regionen wie im <strong>Allgäu</strong> sind es<br />
immerhin noch 14 bis 16 Arten. Somit wird der po sitive<br />
Effekt von hohen Artenzahlen im Dauergrünland sowieso<br />
schon genutzt. Eine hohe Biodiversität im Dauer grünland<br />
be ginnt aus bayerischer Sicht erst bei 25 Ar ten. Diese<br />
Artenzahl kann nur bei moderater Düngung und Zwei- bis<br />
Dreischnittnutzung erreicht werden – mit moderaten Er -<br />
trä gen und Qualitäten vergleichbar dem Jena-Experiment.<br />
Dr. Annette Freibauer (Leiterin des Institutes für Ökologi -<br />
schen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz der<br />
Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, LfL-IAB)<br />
und Dr. Gisbert Kuhn (ebenfalls LfL-IAB)<br />
PS: Beachtenswert ist auch die Feststellung des Leiters<br />
im Fachzentrum Alpwirtschaft, Dr. Michael Honisch, der<br />
explizit darauf hinweist, dass die höchsten Artenzahlen im<br />
Dauer grünland in Bayern regelmäßig bei alpwirtschaft licher<br />
Nut zung erreicht werden. Deshalb ist diese Nutzungsform,<br />
die im <strong>Allgäu</strong> häufiger als in anderen Regionen gepflegt wird,<br />
von hoher Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität.<br />
70
Landwirtschaft<br />
Bayerischer Bauernverband Schwaben<br />
Die <strong>Allgäu</strong>er Bauernfamilien haben sich über Jahrhunderte<br />
zu echten Spezialisten bei der Bewirtschaftung von<br />
Dauergrünland entwickelt. Dies zunächst nicht wirklich<br />
aus freien Stücken, sondern im wahrsten Wortsinn »aus<br />
der Not geboren«. Klima und Bodenbeschaffenheit sind<br />
für eine ackerbauliche Nutzung in weiten Teilen kaum<br />
geeignet. Missernten und niedrigere Erträge, verglichen<br />
mit Gunstregionen, wären beispielsweise beim Getrei -<br />
deanbau vorprogrammiert. Der Flachsanbau, der den<br />
heimischen Flächenbewirtschaftern über lange Jahre ein<br />
bescheidenes Auskommen ermöglichte, wurde durch die<br />
Baumwollkonkurrenz aus Übersee unwirtschaftlich. So<br />
stand der Einstieg des <strong>Allgäu</strong>s in die Milchwirtschaft und<br />
damit der optimierten Grünlandbewirtschaftung zu nächst<br />
unter extrem schwierigen Vorzeichen. Rück blickend kann<br />
gesagt werden, dass Vordenker wie Karl Hirnbein nicht<br />
nur dem <strong>Allgäu</strong>, sondern mindestens dem gesam ten Voralpengürtel<br />
einen großen Dienst erwiesen haben.<br />
Nachhaltige Nutzung dient allen<br />
Für den Ackerbau extrem schwierig, sind die hohen Nie -<br />
derschlagsmengen für ertragreiches Grünland lebens -<br />
notwendig. Durch angepasste Nutzung und Düngung<br />
wird aus dem Aufwuchs die wertvolle Futtergrundlage<br />
für die Rinder und Milchkühe der Bauernfamilien. Das<br />
<strong>Allgäu</strong> ist eine der führenden Regionen in der Produktion<br />
hochwertigster Milchprodukte. Die Qualität und Frische<br />
dieser Produkte ist weltweit bekannt, geschätzt und<br />
sichert zahllose Arbeitsplätze in der Ernährungswirt -<br />
schaft. Die Bewirtschaftung des Grünlandes wird bereits<br />
seit Jahrzehnten auch von der Wissenschaft intensiv be -<br />
gleitet. Die Versuchsergebnisse am Spitalhof in Kempten<br />
sind wertvolle Impulse für die landwirtschaftliche Praxis<br />
weit über das <strong>Allgäu</strong> hinaus. Immerhin bestehen ca. die<br />
Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche Schwabens<br />
und rund ein Drittel Bayerns aus Dauergrünland. Die<br />
nachhaltige Nutzung dieser Flächen ist somit für die<br />
gesamte Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Nur über<br />
den Magen von Wiederkäuern wie beispielsweise der<br />
Milchkuh können aus dem für Menschen ungenießbaren<br />
Wiesenaufwuchs hochwertige Lebensmittel gemacht<br />
werden. Die Einstellung der Nutzung würde gerade in den<br />
alpinen Regionen zu einer schnellen Verbuschung und<br />
damit auch zu einem Rückgang der Arten führen.<br />
Landnutzung hat Einfluss auf das Umfeld<br />
Untersuchungen wie das Jena-Experiment sind sicher geeignet,<br />
um die grundlegenden Zusammenhänge<br />
zwischen Pflanzengesellschaften, Pilzarten, Käferarten<br />
etc. ge nauer zu erforschen. Diese können dann in die<br />
Beurte ilung und Diskussion von Untersuchungen, die die<br />
tat sächlichen regionalen Bedingungen widerspiegeln, mit<br />
einfließen. Die Landnutzung hat immer einen Einfluss auf<br />
das natürliche Umfeld. Am deutlichsten wird das, wenn<br />
man die Auswirkungen der enormen Versiegelung von<br />
Flächen durch Straßen- und Siedlungsbau in den letzten<br />
Jahrzehnten betrachtet.<br />
Alfred Enderle,<br />
Bezirkspräsident Bayerischer Bauernverband Schwaben,<br />
Kreisobmann Oberallgäu<br />
Alfred Enderle, Bauernverband<br />
Schon heute eine seltene Art auf unseren Wiesen:<br />
ein Weibchen der Gemeinen Strauchheuschrecke<br />
Immer seltener im <strong>Allgäu</strong> zu finden:<br />
Der Schwalbenschwanz sucht mageres Grünland<br />
und Trockenrasenflächen auf
Landwirtschaft<br />
Feuchte Flächen und<br />
Moore sind die Heimat<br />
des Hochmoor-Gelblings<br />
Blütenreiche Mähwiesen sind die Heimat des Schornsteinfegers<br />
Dr. Paul Wengert, Landtagsabgeordneter (SPD)<br />
Paul Wengert,<br />
Landtagsabgeordneter der SPD<br />
Der zunehmende Artenverlust auch im <strong>Allgäu</strong> ist er -<br />
schreckend. Dem Rückgang der Insektenpopulation von<br />
über 80 Prozent in manchen Gebieten folgt ein er heb licher<br />
Rückgang vieler Bodenbrüter. Klar ist, dass die moderne<br />
Landwirtschaft hierfür ebenso verantwortlich ist wie die Gesellschaft<br />
insgesamt: der Flächenverbrauch, die<br />
Versiegelung und die Zersiedelung der Kulturland schaft<br />
tragen ebenso zu einem massiven Artenschwund bei! Die<br />
Verantwortlichen für diese Entwicklung handeln jedoch aus<br />
wirtschaftlichen Zwängen heraus. Ver braucher müssen<br />
sich über ihre Konsumgewohnheiten ebenso Gedanken<br />
machen wie die Verantwortlichen in den Kommunen bei der<br />
Erschließung von Infrastruktur projekten. Unser Weg als<br />
Bayern-SPD ist klar: Wir müs sen die Landwirtschaft<br />
nachhaltiger machen, und wir müs sen sparsamer mit<br />
unserer Kulturlandschaft umgehen!<br />
Alle müssen umdenken – und das schnell!<br />
Richtig ist, dass bei Grünlandstandorten mit fünf oder<br />
mehr Schnitten die Artenvielfalt gegenüber Flächen mit<br />
drei Schnitten geringer ist. Jedoch können viele Schnitte<br />
dazu beitragen, dass das Futter eiweißreicher ist und<br />
folglich weniger oder überhaupt kein Soja aus Übersee in<br />
der Milchviehfütterung mehr benötigt wird. Dieses Bei spiel<br />
zeigt, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Wir brauchen<br />
Gebiete, die mit extensiver Bewirtschaftung die<br />
Biodiversität fördern; weniger ertragreiche Standorte<br />
innerhalb eines Gebietes eignen sich hier hervorragend!<br />
Das jetzige System der EU-Agrarpolitik hat völlig versagt,<br />
aktuelle Ökologisierungskomponenten in der Gemein samen<br />
Agrarpolitik (GAP) der EU hatten keine nennens werten<br />
positiven Auswirkungen auf die Biodiversität! Wir wollen<br />
eine massive Reduktion der Zahlungen nach dem<br />
Gießkannenprinzip (EU-Direktzahlungen) zugunsten von<br />
verpflichtenden Vertragsnaturschutzprogrammen und<br />
effektiven Agrarumweltmaßnahmen! Dies lehnen die<br />
Unionsparteien aktuell leider noch immer ab!<br />
Weiterhin müssen Pestizide auf ihre Schädigungs wirkung<br />
auf Insekten und den Naturhaushalt hin überprüft werden.<br />
Der moderne Pflanzenschutz ist ein wichtiges Instrument<br />
in der Landwirtschaft, jedoch muss er auf ein notwendiges<br />
Maß reduziert werden. Der Pestizid minimierungsplan von<br />
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hat komplett<br />
versagt – im Gegenteil, mit seiner Stimme wurde das Totalherbizid<br />
Glyphosat wieder EU-weit zugelassen. Auch die<br />
hochtoxischen Neonicotinoide, die aktuell immer noch in bestimmten<br />
Kulturen zu gelas sen sind, müssen verboten<br />
werden!<br />
Die im Landtag mehrheitlich beschlossene Lockerung des<br />
Anbindegebotes wird ebenfalls enorme negative Aus -<br />
wirkungen auf die Artenvielfalt haben. Lebensräume<br />
werden zerschnitten, und flächensparsame Ent wicklun gen<br />
werden künftig die Ausnahme sein.<br />
Ulli Leiner, Landtagsabgeordneter (Bündnis90/Die Grünen)<br />
Ulli Leiner, Landtags abgeord -<br />
neter und Landwirt<br />
Das Jena-Experiment »Artenverlust zerstört Öko sys teme«<br />
bestätigt einmal mehr: Die biologische Vielfalt ist eine exis -<br />
tenz ielle Grundlage für das menschliche Leben, und sie ist<br />
mas siv bedroht. Es bezweifelt mittlerweile nie mand mehr,<br />
dass die Vielfalt an Arten und Lebens räumen abnimmt.<br />
Der Artenschwund betrifft besonders die Vögel. Drei von<br />
vier heimischen Vogelarten gelten als gefährdet. Bei den In -<br />
sekten ist die Lage ebenfalls dramatisch, allein von den rund<br />
560 in Deutschland vorkommenden Bienenarten sind 31<br />
vom Aussterben bedroht. Weil viele Tierarten auf In sekten<br />
als Nahrungsgrundlage angewiesen sind, bre chen damit<br />
komplette Nahrungsnetzwerke zusammen.<br />
Hauptursachen sind die verschwindenden Lebensräume, der<br />
ungebremste Landschaftsverbrauch und der Einsatz von<br />
Pestiziden.<br />
Eine Aufforderung zum Handeln<br />
Leider machen diese Entwicklungen auch vor dem <strong>Allgäu</strong><br />
nicht halt. Die <strong>Allgäu</strong>er Moorallianz und der Bund Natur -<br />
schutz leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von<br />
Natur und Biotopflächen. Viele Landwirte pflegen unsere<br />
vielfältige Kulturlandschaft mit Hecken, Bäumen und<br />
Oberflächengewässern, die den Tieren und Pflanzen<br />
Lebensräume bieten.<br />
Dennoch: Das Jena-Experiment muss als eine weitere<br />
Aufforderung zum Handeln gesehen werden. Wir brauchen<br />
dringend mehr artenreiche Naturschutz flächen und<br />
müssen die weitere Intensivierung der Landwirtschaft<br />
stoppen.<br />
72
Landwirtschaft<br />
Ulrike Müller, Europa-Abgeordnete (Freie Wähler)<br />
Die wissenschaftliche Begleitung der verschiedenen Land -<br />
nutzungsformen ist mir ein großes Anliegen. Dies ist ins -<br />
besondere beim Grünland notwendig, denn gerade in<br />
gewachsenen, also durch langjährige Bewirtschaftung<br />
entstandenen und nicht künstlich angelegten Grünland -<br />
beständen wirken sich Veränderungen in der Nutzung oft<br />
erst nach Jahren aus. Deshalb sind die bereits seit Jahr -<br />
zehnten laufenden Versuche der Landesanstalt für Land -<br />
wirt schaft in unserer Region von unschätzbarem Wert. Die<br />
Wirkzusammenhänge in der Natur sind extrem vielseitig<br />
und oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen. In der<br />
letzten Zeit finden immer wieder Erhebungen große öffentliche<br />
Aufmerksamkeit, die sich stark auf einzelne Teilaspekte<br />
beziehen. Leider werden dabei oft wissen schaftliche Stan -<br />
dards unzureichend berücksichtigt. Ohne Zweifel kann auch<br />
ein Exaktversuch mit nebeneinander liegenden Kleinpar -<br />
zellen zentral an einem einzigen Stand ort nicht die tat -<br />
sächlichen Gegebenheiten in den ver schiedensten Grün -<br />
landregionen Deutschlands oder gar Europas wiedergeben.<br />
Dazu sind die naturräumlichen Besonderheiten wie<br />
Höhenlage, Bodenbeschaffenheit und Niederschlags -<br />
verteilung zu verschieden. Deshalb braucht es dezentrale<br />
Forschungsstandorte, die die verschiedenen Aspekte<br />
entsprechend beleuchten können. Das Jena-Experiment<br />
kann aber wissenschaftlich fundiert Erkenntnisse über<br />
grundsätzliche Zusammenhänge liefern. Für poli tische und<br />
gesellschaftliche Zielsetzungen und Weichen stellungen ist<br />
immer ein Abwägungsprozess notwendig. Dazu zählt auch,<br />
ob es tatsächlich ethisch vertretbar wäre, Weide- und<br />
Grasland weitgehend aus der Nahrungsmittelproduktion zu<br />
nehmen. Dies würde bedeuten, allein in Deutschland ca. 4,7<br />
Mio Hektar (rund ein Viertel der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfläche) der Erzeugung von Lebens mitteln zu entziehen.<br />
Wir leben im <strong>Allgäu</strong> nicht in einer Wildnis, sondern in einer<br />
vom Menschen geschaf fenen Kulturlandschaft. Die<br />
unzähligen Besucher aus nah und fern bestätigen, dass<br />
unsere Vorfahren und unsere heutigen Bauernfamilien aus<br />
diesem Landstrich ein Juwel geformt haben, um den uns<br />
andere Regionen beneiden. Das Wirken des Menschen hat<br />
immer direkte Auswir kungen auf unsere Ökosysteme, sei<br />
es in der Landwirt schaft, in der Freizeitnutzung, im Straßenverkehr,<br />
beim Siedlungsbau oder bei der Schaffung von<br />
Arbeitsplätzen über Gewerbeansiedlungen. Dies gilt es<br />
ehrlich zu beleuchten und zu bewerten.<br />
Ulrike Müller,<br />
Europaabgeordnete<br />
und Landwirtin<br />
Leopold Herz, Landtagsabgeordneter (Freie Wähler)<br />
Über Jahrhunderte haben unsere Landwirte die <strong>Allgäu</strong>er<br />
Kulturlandschaft zu dem gemacht, was sie heute ist. Die<br />
Landwirtschaft trägt dabei massiv zum Erfolg von Wirt -<br />
schaft und Tourismus bei. Nirgendwo in Bayern ist die<br />
Teilnahme an Umweltprogrammen – wie das Kultur- und<br />
Landschaftsprogramm sowie das Vertragsnaturschutz -<br />
programm – höher. Auch dank unserer Initiativen konn ten<br />
die Blühflächenprogramme im Kultur- und Land -<br />
schaftsprogramm praktikabel gestaltet und deren Nutzen<br />
für Bienen und Insekten gesteigert wer den. Ein weiterer<br />
Ausbau der Blühflächen ist deshalb unverzichtbar.<br />
Wir <strong>Allgäu</strong>er packen an…<br />
…wenn es um die Artenvielfalt und unser Ökosystem geht.<br />
Und das »Jenaer Experiment« zeigt auch: Ohne Arten -<br />
vielfalt und ohne ein funktionierendes Ökosystem können<br />
wir nicht erfolgreich wirtschaften. Dies gilt für den<br />
gesamten Wirtschaftsbereich – nicht nur für die<br />
Landwirtschaft. Deshalb müssen wir gemeinsam mit Praktikern<br />
und Wissenschaft einen Weg finden, wie dieser<br />
Zusammenschluss noch besser gelingen kann.<br />
Grundvoraussetzung ist, dass es verlässliche wissenschaftliche<br />
Aussagen gibt, die regionenspezifisch den<br />
Handlungsbedarf aufzeigen. Daraus müssen weitere<br />
Maßnahmen entwickelt werden, um die Artenvielfalt zu<br />
erhalten. Denn eines ist klar: Die Akzeptanz von weiteren<br />
Handlungsschritten können wir nur erreichen, wenn<br />
unsere <strong>Allgäu</strong>er Landwirte dabei keine massiven<br />
Einkommensnachteile befürchten müssen.<br />
Leopold Herz,<br />
Landtagsabgeordneter und<br />
Landwirt<br />
Widderchen finden sich überwiegend auf violetten Blüten
Energie sparen<br />
Je kälter, desto besser?<br />
Unser Energiespar-Tipp zum Schluss<br />
Jeder Haushalt kann Energie und Ressourcen sparen – und muss<br />
dafür nicht einmal viel investieren. Oft genügen schon kleine<br />
Verhaltensänderungen, um den Verbrauch zu reduzieren. Heute<br />
geht’s um kalte Speisen und warme Wäsche.<br />
Tiefkühlkost richtig lagern<br />
Tiefkühlprodukte, die bei mehr als der Hälfte der<br />
Deutschen mindestens einmal die Woche auf den<br />
Tisch kommt, bewahrt man bei -18 Grad Celsius optimal<br />
auf. Es ist ein Irrtum, dass kälter besser ist: Jedes<br />
Grad weniger im Gefrierschrank bedeutet sechs Prozent<br />
mehr Energieverbrauch. Negativ auf den Stromverbrauch<br />
wirken sich auch vereiste Kühlfächer im<br />
Gefrierschrank aus. Bereits eine Eisschicht von nur<br />
zwei Millimetern erhöhte den Energiebedarf um 15<br />
Prozent. Regelmäßig abtauen rechnet sich also. Und<br />
wer Gefrierschrank oder Tiefkühltruhe in den kühlen<br />
Keller verfrachtet, kann nochmals mit bis zu 25 Prozent<br />
weniger Stromverbrauch rechnen. Gefriergut<br />
langsam im Kühlschrank aufzutauen statt im Auftauprogramm<br />
der Mikrowelle, kostet gar keinen Strom<br />
extra – und ist schonender für die Speisen.<br />
Tiefkühlkost kommt in vielen deutschen Haushalten auf den<br />
Tisch. Zu Hause liegt die ideale Aufbewahrungstemperatur<br />
bei -18 Grad Celsius<br />
Fotos: djd/E.ON/Getty Images<br />
Kälter waschen und weniger trocknen<br />
Geringere Temperaturen sind sinnvoll, wenn es um<br />
die Waschmaschine geht. Wer seine Wäsche öfter bei<br />
30 Grad Celsius statt 60 Grad Celsius wäscht, kann seine<br />
Stromrechnung bei drei Wäschen pro Woche mit<br />
vollgefüllter Trommel um bis zu 40 Euro im Jahr entlasten.<br />
Zudem schonen die niedrigen Temperaturen<br />
auch die Textilien. Und nach dem Waschen muss die<br />
Wäsche nicht jedes Mal in den Trockner: Wer es nicht<br />
eilig hat, lässt sie mit null Energieverbrauch an der<br />
Luft trocknen. Ökoprogramme der Waschmaschine<br />
sollte man ausprobieren und langfristig nutzen. Das<br />
spart Wasser, Strom und schont die Wäsche. Heutige<br />
Waschmittel machen Koch- und Vorwäsche meist<br />
überflüssig.<br />
(djd/red)<br />
Wer öfter mit 30 Grad Celsius statt mit 60 Grad Celsius<br />
wäscht, spart Energie und schont die Textilien<br />
74
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