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Festival-Programm "Bach333-Wir feiern Bach!"

Das offizielle Festival-Program zu Bach333.

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Einführung<br />

Kein Dogma<br />

In einer Denkschrift an den Leipziger<br />

Rat erklärte Johann Sebastian <strong>Bach</strong>,<br />

dass er für die Aufführung einer figuralen<br />

Kirchenmusik (einer Kantate, Messe<br />

oder einem Magnificat) 12 bis 16 Sänger<br />

(4 bis 8 Solisten und 8 Ripienisten) benötige<br />

− mithin drei bis vier pro Stimmlage.<br />

Inwieweit diese Besetzung tatsächlich<br />

erreicht wurde, ist aufgrund der<br />

Aktenlage nicht zu sagen. Das Vorhandensein<br />

von nur wenigen Vokalstimmen<br />

wurde von einigen Musikwissenschaftlern<br />

dahingehend gedeutet, <strong>Bach</strong> habe<br />

in Leipzig überwiegend mit einem Vokalchor<br />

von vier Sängern musiziert. Freilich<br />

sind dieser Hypothese verschiedene<br />

Argumente entgegenzuhalten: Zunächst<br />

ist davon auszugehen, dass nicht alle<br />

der einst geschriebenen Aufführungsstimmen<br />

überliefert sind. Andererseits<br />

hat <strong>Bach</strong> wohl nur dann Zweitstimmen<br />

angefertigt oder ausschreiben lassen,<br />

wenn er diese für zwingend notwendig<br />

hielt. Darüber hinaus waren für ihn<br />

solche zusätzlichen Arbeiten überaus<br />

zeitraubend. Zudem ergaben sich durch<br />

das Ausschreiben von Dubletten neue<br />

Fehler, die in mühevoller Revisionsarbeit<br />

hätten korrigiert werden müssen.<br />

Letztlich sind die Originalstimmen wohl<br />

bewusst so weiträumig und großformatig<br />

geschrieben, damit sie mühelos<br />

auch von zwei oder drei hinter einem<br />

Pult stehenden Sängern zu lesen sind.<br />

Das gemeinsame Singen hinter festinstallierten,<br />

etwa 2,30 Meter langen Pulten<br />

ist in verschiedenen Leipziger Dokumenten<br />

belegt. Tatsächlich bot diese<br />

Art der Aufstellung hinreichend Platz<br />

für mehrere neben- beziehungsweise<br />

hintereinander stehende jugendliche<br />

Sänger. Grundsätzlich stand die relativ<br />

kleine Sängerschar direkt am Geländer<br />

der Chorempore und war dadurch im<br />

Kirchenraum besser zu hören. An dieser<br />

Aufstellung ist im Prinzip bis zum Ende<br />

der Amtszeit des Thomaskantors Günther<br />

Ramin (1956) festgehalten worden.<br />

Geändert wurde sie erst durch seinen<br />

Nachfolger Kurt Thomas. Seitdem singen<br />

die Thomaner direkt vor der großen<br />

Sauerorgel, also hinter dem Orchester.<br />

Zur Zeit <strong>Bach</strong>s war die Aufstellung der<br />

Instrumentalisten eine gänzlich andere:<br />

Links und rechts über dem Sängerchor<br />

hatte der Leipziger Rat schon 1632 zwei<br />

„Emporkirchen“ (also zwei separate<br />

Emporen) errichten lassen, eine für die<br />

Stadtpfeifer, eine weitere für die Kunstgeiger.<br />

Jede bot 10 Stellplätze, sodass<br />

insgesamt 20 Musiker dort bequem<br />

Platz finden konnten. Im Frühsommer<br />

1739 kam es zu einer baulichen Erweiterung<br />

jener Emporen, sodass fortan<br />

mehr als 20 Stellplätze für die Musiker<br />

existierten. Mit diesem Umbau war die<br />

Voraussetzung geschaffen, dass der<br />

Thomaskantor bei Bedarf auch mit größeren<br />

Besetzungen musizieren konnte,<br />

beziehungsweise der bisherige Mangel<br />

an Stellplätzen für die Musiker behoben<br />

war.<br />

<strong>Bach</strong> hatte in Leipzig mit einem heterogenen<br />

Ensemble von Stadtpfeifern,<br />

Kunstgeigern, Chorschülern, Studenten<br />

und sonstigen Adjuvanten auszukommen.<br />

Eine stabile Aufführungsqualität<br />

wurde schon deshalb kaum erreicht,<br />

weil die musikalischen Fähigkeiten der<br />

Ausführenden (insbesondere die der<br />

28 Johannes-Passion

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