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KOMPASS_15_2017_WEB

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Um diesen Entwicklungen und dem Abdriften in eine Erbaristokratie<br />

entgegen zu steuern und Vermögensübertragungen, insbes.<br />

von Großvermögen, nach Aufhebung der Erbschafts- und<br />

Schenkungssteuer 2008, wieder heranzuziehen, bedarf es denn<br />

in der Tat ihrer schon seit langem geforderten erneuten Einführung.<br />

Mit großzügigen Freibeträgen (womit kleine Erbschaften<br />

steuerfrei bleiben) aber dafür anschließend stufenweise ansteigenden<br />

Steuersätzen auf diese leistungslosen Einkommen,<br />

Vermögensübertragungen und –Konzentrationen ausgestaltet,<br />

ließe sich einiges bewegen. Nicht zuletzt, wenn man hierfür<br />

die andernorts bestehenden Erbschaftssteuer-Höchstsätze vergleichbarer<br />

Länder in Rechnung stellt: in Deutschland bspw. bis<br />

30%, in Ländern wie Frankreich und Großbritannien bis 40%.<br />

Karikatur: Heinz Pinta<br />

Her mit einer wirklichen Vermögenssteuer<br />

Für eine explizite Korrektur der Vermögensverteilung wie der<br />

Umverteilung von oben nach unten, bedarf es allerdings vor<br />

allem einer dem Namen gerecht werdenden Vermögenssteuer.<br />

Einst von manchen augenzwinkernd als „Greißler-Kapitalismus“<br />

tituliert, herrscht in Österreich heute eine lediglich mit<br />

den USA vergleichbare enorme Reichtumsverteilung und – Akkumulation<br />

vor. Und während die Massen die Folgen der Finanz-<br />

und Weltwirtschaftskrise zu zechen haben, geht die Party<br />

für die Reichen und Superreichen bereits wieder munter weiter.<br />

Der Reichtum schießt ungebrochen weiter durch die Decke. Die<br />

Vermögenden sind nach kurzem Partyschreck schon wieder reicher<br />

als vor der Krise. Und das gilt insbesondere für die stetig<br />

anwachsenden heimischen Superreichen (Personen mit einem<br />

Netto-Vermögen von mindestens 30 Mio. Dollar). Nun ist es<br />

eine dem kapitalistischen System eingeschriebene Charakteristik,<br />

ungeheure Einkommens- und Vermögenskonzentrationen<br />

zu schaffen und tendenziell zu verschärfen. Die mittlerweile<br />

erreichten Konzentrationsgrade übertreffen aber die herkömmlichen<br />

Vorstellungen davon. Insbesondere was das oberste Segment<br />

des Superreichtums betrifft. So verfügt das oberste 1%<br />

der Bevölkerung im Land in etwa über gleich viel Vermögen<br />

wie die unteren 93% der Bevölkerung zusammen.<br />

Aber auch dieser Blickwinkel reicht noch nicht, um den Blick<br />

auf jene extreme Minderheit des Vermögens-Adels von lediglich<br />

(maximal) einigen Promillen frei zu legen, die nicht nur<br />

den weiteren Rest, sondern selbst noch die Otto-Normal-Millionäre<br />

und gemeine Vermögens-Aristokratie immer weiter abhängt.<br />

So besitzen die drei Dutzend heimischen Milliardäre –<br />

also reichsten 0,00001% des Landes – ein aufgeschatztes Vermögen<br />

weit jenseits exorbitanter 100 Mrd. Euro. Ein Vermögen,<br />

das über seinen schieren Konzentrationsgrad hinaus, auch zur<br />

Frage seines gesellschaftlichen Einflusses und der gesellschaftlichen<br />

Machtverteilung hinführt. Zusammen mit dem Besitz-,<br />

Aktien- und Beteiligungsvermögen der weiteren Hochfinanz<br />

sowie des Großkapitals verkörpert es die bestimmende Kapitalmachtkonzentration<br />

und entscheidende Steuerungszentrale<br />

des österreichischen Kapitals. Als Folge dieser früher unvorstellbaren<br />

Macht der Finanzoligarchie ist die Demokratie heute<br />

ausgehöhlt wie nie zuvor.<br />

Für diese Millionäre und Milliardäre bildet Österreich mit seinem<br />

läppischen vermögensbezogenen Steueranteil von 1,4%<br />

in der Tat ein Steuerparadies und rangiert als internationales<br />

Schlusslicht in Sachen Vermögensbesteuerung. Allein der dahingehende<br />

OECD-Schnitt liegt mit 5,5% fast genau viermal so<br />

hoch – der EU-<strong>15</strong>-Schnitt mit 6% liegt sogar nochmals deutlich<br />

höher. Im Unterschied zu den meisten anderen OECD-Staaten<br />

gibt es seit deren Abschaffung 1993 im Land auch keine klassische<br />

Vermögenssteuer mehr. Aber genau eine solche eigenständige<br />

Vermögenssteuer braucht es wieder. Das Manko der vielfältigen<br />

in Diskussion stehenden Vermögenssteuer-Konzeptionen<br />

liegt allerdings darin, den wirklichen Konzentrationsgrad an<br />

Reichtum und Macht bestenfalls peripher zu tangieren. Während<br />

einerseits ein bunter Strauß an Freibetrags-Vorschlägen<br />

mit daran anschließend moderaten Steuersätzen von „0,XY“<br />

vorliegt, schleifen sich diese, in kurzen Einschleifregelungen,<br />

allesamt ab einem Vermögen von zumeist 2 Mio. Euro bereits<br />

auf einen Höchststeuersatz von 1,45% oder auch 2% ein, anstatt<br />

entlang des wahren Superreichtums progressiv fort zu verlaufen.<br />

Die sehr moderaten (Höchst-)Sätze bedeuten darüber hinaus<br />

zugleich, dass lediglich eine gewisse Einbremsung der Vermögenszuwächse<br />

erwirkt wird. Derartige, leichthin aus den<br />

Erträgen zahlbare Vermögenssteuersätze, könnten das weitere<br />

Vermögenswachstum zwar etwas abbremsen, eine explizite<br />

Korrektur und gesellschaftliche Umverteilung bedürfte<br />

allerdings auch des Bekenntnisses einer Besteuerung von<br />

Vermögenssubstanz der privaten Haushalte. Dafür bedarf es<br />

denn auch einer entsprechend progressiv gestalteten, echten<br />

Vermögens- oder Millionärs- und Milliardärssteuer ab einem<br />

Nettovermögen von 1 Mio. Euro (ausgenommen gewöhnlicher<br />

„Hausrat“, allerdings inkl. Wertanlagen oder Wertgegenstände<br />

wie etwa Kunst- und Gemäldesammlungen, Luxusautos, Jachten,<br />

Flugzeuge zu ihrem versicherten Wert), bei einer Eigenheimfreigrenze<br />

von 500.000 Euro:<br />

anhebend ab 1 Mio. 1%<br />

ab 5 Mio. bis 30 Mio. 2%<br />

ab 30 Mio. bis 100 Mio. 3%<br />

ab 100 Mio. bis 250 Mio. 4%<br />

ab 250 Mio. bis 500 Mio. 5%<br />

ab 500 Mio. bis 1. Mrd. 10%<br />

ab 1 Mrd. bis ... <strong>15</strong>%<br />

Eine dahingehende, grundlegende Wende der Verhältnisse,<br />

liegt nun allerdings nicht nur gänzlich außerhalb des Horizonts<br />

sämtlicher sozialdemokratischer Führungsfiguren, sondern<br />

auch der Gewerkschafts- und AK-Spitzen.<br />

KOMpass 11

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