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EINE IDEE VON LANDSCHAFT

Ästhetik und Komposition spielen in den Fotografien von Jürgen Strasser ebenso eine Rolle wie das Nutzen von Formen und Strukturen der Natur, die durch Veränderung aus realen Welten abstrakte Kompositionen schaffen, die dem Blick des Betrachters selbst genügend Spielraum geben, die Bilder neu zu interpretieren. Besonders in seiner Landschafsfotografie verschwimmen die Strukturen, mittels Reduktion und Ausschnitt erreicht Jürgen Strasser die gewünschte Komposition, die Grenze zwischen Fotografie und Grafik wird dabei aufgehoben.

Ästhetik und Komposition spielen in den Fotografien von Jürgen Strasser ebenso eine Rolle wie das Nutzen von Formen und Strukturen der Natur, die durch Veränderung aus realen Welten abstrakte Kompositionen schaffen, die dem Blick des Betrachters selbst genügend Spielraum geben, die Bilder neu zu interpretieren. Besonders in seiner Landschafsfotografie verschwimmen die Strukturen, mittels Reduktion und Ausschnitt erreicht Jürgen Strasser die gewünschte Komposition, die Grenze zwischen Fotografie und Grafik wird dabei aufgehoben.

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Dass die Landschaft keine statische Einheit bildet, visualisieren<br />

eindrücklich die Bildgruppen bäume:remixed und moorwald:<br />

remixed. Strasser setzt hier eine Natur in Szene, deren Physiognomie<br />

durch Wind, Wetter und Licht in steter Veränderung<br />

begriffen ist. Aber nicht nur ihre sichtbare Oberfläche bildet in<br />

der Betonung von Übergängen ein fließendes Kontinuum aus,<br />

insbesondere ihre Struktur als unaufhörlicher Wechsel von Werden<br />

und Vergehen und damit Leben kennt nur den Prozess.<br />

Strassers Foto-Grafik rückt mit der Unschärfe das Bewegungsmoment<br />

vielschichtig in den Blick. Der permanente und durchaus<br />

prekäre Dialog zwischen Natur und Betrachter, der auch in<br />

Bildstörungen münden kann, ist hier modelliert. Nicht zuletzt ist<br />

damit der Modus bewusst gemacht, in dem der mobile Mensch<br />

vorzugsweise der Landschaft begegnet.<br />

Die »Idee von Landschaft« materialisiert sich bildlich, auch wenn<br />

der Blick nicht auf »reale« Landschaften fällt. Das zeigt Strasser<br />

in den Werkgruppen metamorphosis und statt:landschaft.<br />

Parallelen zu fundamentalen Elementen der Landschaft genügen,<br />

ja schon eine horizontale Linie selbst in einem porträtnahen<br />

Hochformat reicht aus, damit der Betrachter seine aus der Natur<br />

oder aus deren bildlicher Darstellung gewonnenen Erfahrungen<br />

zu einem Landschaftsbild synthetisiert. Auch abstrakte Kunst<br />

füllt diesen inneren Bildspeicher, insofern wir es gelernt haben,<br />

in Farbfeldern oder Linienbündeln Zeichen einer äußeren und<br />

inneren Natur und ihrer Wirkkräfte zu erkennen.<br />

Verweist Strasser mit statt:landschaft auf Oberflächen als Naturabstraktionen,<br />

rückt er mit moorland:farbcode in den Kern<br />

des Landschaftsbildes und seiner Medialität vor. In den Strichformationen<br />

scheint die DNA der Landschaft dargestellt zu sein.<br />

Damit ist zur Anschauung gebracht, dass sich unser Bewusstsein<br />

über die Konstruktivität des Naturbildes weiter aufgefächert<br />

hat. Wir blicken auf die äußere Natur mit einem fortschreitenden<br />

Wissen um ihre innere Beschaffenheit und unsere eigene Natur<br />

als verloren gegangene und gesuchte. Wir wissen um die heikle<br />

Komplizenschaft zwischen Kunst und Natur und haben uns<br />

bewusst gemacht, dass nichts, was beide betrifft, mehr selbstverständlich<br />

ist. Nicht zuletzt kennen wir die Skepsis gegenüber<br />

bildgebenden Medien, denen wir zugleich immer mehr unseren<br />

Blick auf die Welt anvertrauen. Da das rational-technische Kalkül<br />

unsere Kenntnis von der Lebenswelt weiter in Spezialwissen<br />

aufspaltet, bedürfen wir mehr denn je der ästhetischen Vergegenwärtigung<br />

der Landschaft. Das Landschaftsbild bewahrt uns<br />

die Gesamtschau und damit ein menschliches Augenmaß im<br />

Austausch mit der Natur.<br />

Dr. Rainer Beßling, Kunst- und Kulturkritker

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