Unterwasser-Canyons
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14.5.2018 <strong>Unterwasser</strong>-<strong>Canyons</strong><br />
Der Canyon vor der<br />
Mündung des Congo setzt<br />
das Bett des Flusses fort<br />
© NASA, Mikenorton/ccby-sa<br />
3.0<br />
War die Eiszeit schuld?<br />
Zumindest einige von ihnen scheinen tatsächlich dem Lauf<br />
großer Flüsse bis ins Meer hinein fortzusetzen. So gibt es<br />
vor der Mündung von Amazonas, Kongo, Ganges oder<br />
Hudson jeweils eine <strong>Unterwasser</strong>schlucht, die sich bis<br />
weit ins Meer hinaus erstreckt. Unter anderem wegen<br />
dieser Beobachtung sahen Geoforscher in den 1930er<br />
Jahren hier einen ursächlichen Zusammenhang. Damals<br />
wusste man bereits, dass die Meeresspiegel während der<br />
letzten Eiszeit vor rund 15.000 Jahren mehr als 100 Meter<br />
niedriger lagen als heute. Als Folge lagen weite Bereiche<br />
der heute überfluteten Kontinentalschelfe trocken. Um das<br />
Meer zu erreichen, mussten daher auch die Flüsse einen<br />
weiteren Weg zurücklegen, naheliegend also, dass ihr<br />
damals verlängertes Bett Spuren im Schelfuntergrund hinterlassen hatte.<br />
Allerdings hatte diese Theorie einen Haken: Zum einen kannte man auch damals<br />
schon einige <strong>Unterwasser</strong>-<strong>Canyons</strong>, die nicht in der Nähe einer Flussmündung lagen.<br />
An einigen Stellen bildeten die Schluchten gleich mehrere parallele, senkrecht zum<br />
Kontinenthang verlaufende Schnitte im Untergrund. Zum anderen aber reichten die<br />
<strong>Canyons</strong> teilweise bis in mehrere tausend Meter Tiefe - und damit in einen Bereich,<br />
der auch bei der stärksten Eiszeit noch überschwemmt gewesen muss. Wie also<br />
waren die Schluchten dahin gekommen?<br />
Erst hoch dann runter<br />
Die Geoforscher der 1930er Jahre suchten verzweifelt<br />
nach einer Erklärung. Einige von ihnen fanden auch eine -<br />
wenngleich reichlich weit hergeholt, wie auch der Geologe<br />
Reginald Daily 1936 in einer Veröffentlichung<br />
kommentierte: "Die vorherrschende Lehrmeinung<br />
erfordert es, dass die Schelfgebiete in allen drei großen<br />
Meeren gegen Ende ihrer Entstehung um fast 3.000 Meter<br />
angehoben wurden, dann für eine kurze Zeit stabil<br />
bleiben, um dann erneut fast 3.000 Meter auf den<br />
heutigen Stand abzusinken. Wie unwahrscheinlich eine<br />
solche alle fünf Kontinente und ihre umgebenden<br />
Meeresböden umfassende Oszillation ist, wird auf den<br />
ersten Blick deutlich."<br />
Um die <strong>Canyons</strong> durch<br />
Schwankungen des<br />
Meeresspiegels zu<br />
erklären, m üssten sich die<br />
Schelfgebiete m ehrere<br />
tausend Meter gehoben<br />
haben.<br />
© ORNL<br />
Denn eine so gewaltige Hebung hätte, so argumentiert der Geologe, auch in anderen<br />
Stellen der Erdkruste deutliche Spuren hinterlassen müssen. Was aber schuf dann<br />
die Schluchten, wenn weder Flüsse noch Hebung die Ursache waren?<br />
Schlamm als Schlüssel<br />
Die Rolle des Sediments bei der Canyonbildung<br />
Auf der Suche nach einer Erklärung für die <strong>Unterwasser</strong>-<strong>Canyons</strong> ist Reginald Daily<br />
seinen Zeitgenossen weit voraus: Während diese noch tausende Meter umfassende<br />
Hebungen der Kontinente als Entstehungsursache postulieren, sucht Daily nach<br />
naheliegenderen Mechanismen.<br />
Fündig wird er in der Dynamik des Wassers. Daily<br />
vermutet, dass vom Kontinentalhang herabströmendes<br />
Wasser die gewaltigen Kerben ins Gestein gegraben hat.<br />
Und dazu, wie solche Abwärtsströme entstehen, hat der<br />
Geologe auch bereits eine Theorie: Wenn turbulente<br />
Strömungen besonders viel Sediment aufwühlen, kann<br />
sich eine Art dichter, aber noch sehr flüssiger Schlamm<br />
bilden. "Solange das Sediment in der Schwebe bleibt, ist<br />
das solcherart getrübte Wasser dichter als das saubere<br />
Wasser im offenen Meer, aber auch unterhalb dieser<br />
Durchmischungszone", erklärt Daily. Daher müsse dieses<br />
schwerere Wasser eine Tendenz besitzen, nach unten zu<br />
sinken.<br />
Rutschungen und<br />
Sedim entström e gruben<br />
diese Furchen in den<br />
Kontinentrand vor der US-<br />
Ostküste<br />
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