Reportage - bina.ch > Bischofszell Nahrungsmittel
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aktuell | neues aus der migros | Nr. 42, 15. OktOber 2012 | migros-magazin | | migros-magazin | Nr. 42, 15. OktOber 2012 | aktuell | neues aus der migros<br />
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Vom Blatt<br />
zum Würfel<br />
Nur gerade se<strong>ch</strong>s Stunden benötigt das Migros-<br />
Unternehmen Bina, um aus fris<strong>ch</strong> geerntetem<br />
Rohspinat tiefgefrorene Spinatwürfel zu ma<strong>ch</strong>en.<br />
Ein Einblick in den Produktionsprozess.<br />
Steinhart gefroren kullern die Blattspinatwürfel<br />
aus dem riesigen<br />
Gefriers<strong>ch</strong>rank auf das Förderband.<br />
Gemä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ruckeln sie dur<strong>ch</strong><br />
einen pläts<strong>ch</strong>ernden Wasservorhang.<br />
Sofort gefriert das Wasser auf der Oberflä<strong>ch</strong>e.<br />
«Die Würfel sind minus 18 Grad<br />
kalt. Mit der Wasserglasur s<strong>ch</strong>ützen wir<br />
sie vor Gefrierbrand», sagt Christof Stillhart.<br />
Der 36-Jährige ist Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong>sleiter<br />
Produktion Kartoffel- und Tiefkühlprodukte<br />
bei der Bis<strong>ch</strong>ofszell <strong>Nahrungsmittel</strong><br />
AG (Bina). Das Unternehmen<br />
gehört zur M-Industrie und stellt Getränke,<br />
Kartoffelprodukte, Konfitüren,<br />
Fertig geri<strong>ch</strong>te und Tiefkühl gemüse her.<br />
An diesem Tag steht Blattspinat auf<br />
dem Produktionsplan. Nur gerade se<strong>ch</strong>s<br />
Stunden zuvor waren die zu Würfeln geformten<br />
Spinatblätter, die auf dem Förderband<br />
an Stillhart vorbei in Ri<strong>ch</strong>tung<br />
Tiefkühlraum ziehen, no<strong>ch</strong> Teil eines<br />
sattgrünen Spinatfelds im Rheintal.<br />
Kurz na<strong>ch</strong> a<strong>ch</strong>t Uhr morgens, im<br />
sanktgallis<strong>ch</strong>en Bad Ragaz. Peter Zogg<br />
s<strong>ch</strong>reitet in Gummistiefeln dur<strong>ch</strong> das<br />
nasse Gras zum Spinatfeld. Am Tag zuvor<br />
hatte es no<strong>ch</strong> kräftig geregnet. Zogg ist<br />
Anbauleiter bei der Müller Azmoos AG,<br />
die im Auftrag der Bina den Spinatanbau<br />
sowie die Ernte in der Region mit den<br />
Bauern koordiniert. Dreimal pro Jahr wird<br />
geerntet: Frühlings-, Herbst- und Winterspinat.<br />
«Den grössten Ertrag bringt<br />
der Frühlingsspinat. Die Pflanzen mögen<br />
es ni<strong>ch</strong>t zu heiss, und au<strong>ch</strong> Sommergewitter<br />
vertragen sie eher s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t»,<br />
erklärt der 38-Jährige. «Aber mit der<br />
Herbsternte sind wir bisher zufrieden.»<br />
a<strong>ch</strong>t bis zehn tonnen<br />
rohspinat – pro stunde<br />
Die Spinataussaat und -ernte erfolgt gestaffelt,<br />
abhängig von der Kapazität der<br />
Verarbeitungsmas<strong>ch</strong>inen in Bis<strong>ch</strong>ofszell.<br />
Dabei wird bereits bei der Anbauplanung<br />
festgelegt, wie viel Blatt- oder<br />
Hackspinat benötigt wird. Do<strong>ch</strong> der definitive<br />
Ents<strong>ch</strong>eid, was auf einem Feld<br />
geerntet wird, fällt erst am Erntetag vor<br />
Triefend nass: Die Feu<strong>ch</strong>tigkeit hält den soeben gemähten<br />
Spinat fris<strong>ch</strong>. 17 Tonnen landen auf dem Lastwagen.<br />
Zwis<strong>ch</strong>en diesen zwei Bildern liegen nur se<strong>ch</strong>s Stunden: Anbauleiter Peter Zogg auf dem Spinatfeld im sanktgallis<strong>ch</strong>en Weite (links); tiefgefrorener Spinat in Bis<strong>ch</strong>ofszell (re<strong>ch</strong>ts).<br />
Qualitätskontrolle: Die Bina prüft den Stielanteil, die Farbe und<br />
ob die Blätter gesund und fris<strong>ch</strong> sind.<br />
Ohrenbetäubend: Die mannshohe Sortiertrommel entfernt Steine und Kleinteile.<br />
In der Was<strong>ch</strong>strasse wird Wasser aus der Produktion wiederverwertet.<br />
Mythos Eisengehalt<br />
Spinat ist in der S<strong>ch</strong>weiz ein ausgespro<strong>ch</strong>en<br />
beliebtes Gemüse. 7400 tonnen rohspinat<br />
verarbeitet die <strong>bina</strong> pro Jahr und ist damit<br />
S<strong>ch</strong>weizer Marktführerin. In der Gastronomie<br />
ist der blattspinat besonders gefragt, Privathaushalte<br />
bevorzugen rahmspinat. Mit<br />
1,8 Millionen verkauften Packungen pro Jahr<br />
ist er klarer Sieger im Spinatduell.<br />
Spinat ist mit seinem hohen Gehalt an Mineralien,<br />
Vitaminen und eiweiss sehr gesund. Der<br />
aussergewöhnli<strong>ch</strong> hohe eisengehalt aber, der<br />
ihm einst na<strong>ch</strong>gesagt wurde, entpuppte si<strong>ch</strong><br />
als Mythos. Angebli<strong>ch</strong> hatte ein Lebensmittelanalyst<br />
1890 ein komma fals<strong>ch</strong> gesetzt und so<br />
den eisengehalt um das Zehnfa<strong>ch</strong>e erhöht.<br />
Ort. «Die Optik ist ents<strong>ch</strong>eidend», erklärt<br />
Peter Zogg. «Sind die Blätter unbes<strong>ch</strong>ädigt<br />
und haben einen glei<strong>ch</strong>mäs-<br />
sig geringen Stielanteil, werden sie zu<br />
Blattspinat. Erfüllen sie diese Kriterien<br />
ni<strong>ch</strong>t, gibts Hackspinat.»<br />
In Bad Ragaz wird heute Blattspinat<br />
geerntet. Bereits rattert eine der beiden<br />
grossen Mähmas<strong>ch</strong>inen an Zogg vorbei.<br />
In glei<strong>ch</strong>mässigem Tempo s<strong>ch</strong>neiden sie<br />
die Spinatblätter ab und deponieren sie<br />
im Sammelbehälter. Begleitet vom Zis<strong>ch</strong>en<br />
der Hydraulik laden sie ihre grüne<br />
Fra<strong>ch</strong>t im bereit stehenden LKW-Anhänger<br />
ab. Bä<strong>ch</strong>eweise strömt das Wasser<br />
von den feu<strong>ch</strong>ten Spinatblättern<br />
dur<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>litze der Ladebrücke. «Das<br />
ist gut so. Der Spinat sollte wegen der<br />
Fris<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>ön feu<strong>ch</strong>t sein», sagt Zogg.<br />
Um die Mittagszeit trifft der Lastwagen<br />
mit dem fris<strong>ch</strong> gemähten Spinat aus<br />
Bad Ragaz in Bis<strong>ch</strong>ofszell ein. No<strong>ch</strong> immer<br />
tropft Wasser von der Ladeflä<strong>ch</strong>e.<br />
Ein würziger Spinatgeru<strong>ch</strong> breitet si<strong>ch</strong><br />
aus, als 17 Tonnen Spinat stiebend in den<br />
Fris<strong>ch</strong> gewürfelt: Der blan<strong>ch</strong>ierte Spinat ist auf dem Weg in<br />
den Freezer, einen Tiefkühler, so gross wie ein Einfamilienhaus.
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Abladebu<strong>ch</strong>ten vers<strong>ch</strong>winden. Vor der<br />
Weiterverarbeitung steht die Eingangskontrolle<br />
an. «Wir haben genaue Ri<strong>ch</strong>tlinien,<br />
diese spre<strong>ch</strong>en wir mit unseren<br />
Lieferanten ab», sagt Christof Stillhart.<br />
Ein Bina-Mitarbeiter verglei<strong>ch</strong>t die zerpflückten<br />
Spinatblätter mit laminierten<br />
Fotos, die auf dem Tis<strong>ch</strong> liegen. Stimmt<br />
die Farbe? Sind die Blätter fris<strong>ch</strong> und gesund?<br />
Wie ho<strong>ch</strong> ist der Stielanteil? Der<br />
Rheintaler Spinat besteht die Qualitätsprüfung<br />
ohne Probleme.<br />
An 80 Tagen im Jahr produziert die<br />
Bina Hack- und Blattspinat. Die dafür<br />
nötigen Mas<strong>ch</strong>inen besitzt das Unternehmen<br />
eigens zu diesem Zweck. «Wir<br />
s<strong>ch</strong>affen a<strong>ch</strong>t bis zehn Tonnen Rohspinat<br />
pro Stunde. Daraus entstehen rund se<strong>ch</strong>s<br />
Tonnen des Endprodukts», erzählt Stillhart,<br />
während er über Treppen und Metallstege<br />
tiefer in das Produktionsgebäude<br />
geht. Der Lärmpegel steigt kontinuierli<strong>ch</strong><br />
an. In einem riesigen Raum drehen<br />
si<strong>ch</strong> zwei knapp mannshohe,<br />
waagre<strong>ch</strong>te Metallzylinder. «Das sind<br />
die Sortiertrommeln, sie entfernen Steine<br />
und Kleinteile», ruft Stillhart über<br />
den ohrenbetäubenden Lärm hinweg.<br />
In der nun folgenden Was<strong>ch</strong>strasse<br />
führen Düsen laufend fris<strong>ch</strong>es Wasser<br />
Zufriedener Chef: Christof<br />
Stillhart, Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong>sleiter<br />
Produktion bei der Bina.<br />
«Vitaminrei<strong>ch</strong>er<br />
geht es<br />
kaum.»<br />
S<strong>ch</strong>ockgefroren: Die Spinatwürfel haben<br />
soeben eine Dreiviertelstunde im minus 38 Grad<br />
kalten Freezer verbra<strong>ch</strong>t.<br />
PrEISBArOMETEr<br />
Informationen zu Preisänderungen<br />
zu, hellgrün s<strong>ch</strong>äumt es in die Überlaufkanäle.<br />
Das Wasser wurde vorher bereits<br />
einmal verwendet. Es ist Kühlwasser,<br />
das im späteren Verlauf der Produktion<br />
fürs Abs<strong>ch</strong>recken des fris<strong>ch</strong> blan<strong>ch</strong>ierten<br />
Spinats verwendet wurde. Stillhart<br />
ist stolz auf diese Lösung, denn die Idee<br />
dazu hatte ein Bina-Mitarbeiter: «Wir<br />
fördern gute Ideen von Mitarbeitern, um<br />
unsere Produktionsprozesse laufend zu<br />
verbessern.»<br />
ein tiefkühler, so gross wie ein<br />
einfamilienhaus<br />
Eine kräftige Pumpe saugt die Spinat-<br />
Wasser-Mis<strong>ch</strong>ung über drei Stockwerke<br />
ho<strong>ch</strong> in die Produktionsräume. «Jetzt<br />
besprühen wir den Spinat mit 95 Grad<br />
heissem Wasser, um ihn zu blan<strong>ch</strong>ieren»,<br />
erklärt Stillhart das, was gerade<br />
verborgen in der ges<strong>ch</strong>lossenen Anlage<br />
passiert. «Das dauert nur eine bis maximal<br />
anderthalb Minuten, so bleiben die<br />
Vitamine erhalten.»<br />
Mitarbeiterinnen kontrollieren, ob in<br />
der abgekühlten, dunkelgrünen Spinatmasse<br />
no<strong>ch</strong> letzte Fremdkörper wie<br />
Steine oder stark verfärbte Blätter zu<br />
finden sind. Stillhart deutet auf das<br />
weisse Förderband: «Der Kontrast hilft<br />
Vitamine im Beutel:<br />
Der tiefgefrorene Spinat ist<br />
bereit für die Auslieferung.<br />
Artikel Preis alt * Preis neu * in %<br />
Skai Q Mint Aqua, 31 g 1.90 1.95 2,6<br />
Skai Peppermint, 20 g 1.20 1.30 8,3<br />
* in Franken<br />
beim Aussortieren. Die Arbeit erfordert<br />
aber viel Konzentration.» Denno<strong>ch</strong><br />
bleibt Zeit für ein paar s<strong>ch</strong>erzhafte Sprü<strong>ch</strong>e<br />
mit dem Chef. Die Stimmung ist<br />
trotz anstrengender Arbeit entspannt.<br />
Eine spezielle Mas<strong>ch</strong>ine formt aus der<br />
Spinatmasse Würfel. No<strong>ch</strong> sind diese<br />
wei<strong>ch</strong> und empfindli<strong>ch</strong>. Ein Stockwerk<br />
höher werden sie steinhart gefroren sein.<br />
Stillhart öffnet die Tür zum Freezer, der<br />
so gross ist wie ein Einfamilienhaus.<br />
Kalter Nebel tritt aus. In der Mitte der<br />
eisigen Hülle s<strong>ch</strong>raubt si<strong>ch</strong> das 800 Meter<br />
lange Förderband spiralförmig auf<br />
engstem Raum in die Höhe: «Hier drin<br />
herrs<strong>ch</strong>en minus 38 Grad. Rund 45 Minuten<br />
dauert die Fahrt für die Spinatwürfel»,<br />
erklärt Stillhart.<br />
Na<strong>ch</strong> der abs<strong>ch</strong>liessenden Wasserglasur<br />
ist der Blattspinat bereit für die<br />
riesigen Tiefkühlhallen der Bina. Dort<br />
wird er bis zur Abfüllung in die Tiefkühlbeutel<br />
zwis<strong>ch</strong>engelagert. Gerade<br />
einmal se<strong>ch</strong>s Stunden sind seit der Ernte<br />
im Rheintal vergangen. Christof Stillhart<br />
greift si<strong>ch</strong> zwei der dunkelgrünen<br />
Würfel vom Band. «Fris<strong>ch</strong>er und vitaminrei<strong>ch</strong>er<br />
gehts kaum», meint er zufrieden.<br />
Text: Andreas Dürrenberger<br />
Bilder: Nik Hunger<br />
Frostiger Arbeitsplatz:<br />
Im riesigen Tiefkühllager<br />
herrs<strong>ch</strong>en minus 26 Grad.