Münsteraner Obdachlose vergeben Preis - Draußen
Münsteraner Obdachlose vergeben Preis - Draußen
Münsteraner Obdachlose vergeben Preis - Draußen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser,<br />
psssst, kommen Sie mal ein bisschen näher. Ich muss Ihnen<br />
heute nämlich das Editorial ins Ohr flüstern, damit uns niemand<br />
hört. Haben Sie noch die Ausgabe, auf der vorne die<br />
beiden draußen!-Verkäufern Günter und Detlef als Schauspieler<br />
in Polizeiuniform drauf sind? Ja? Dann stecken Sie<br />
sich das Heft jetzt unter den Pullover und gehen unauffällig<br />
zum Papiercontainer. Schmeißen Sie es weg! Besser noch,<br />
Sie verbrennen es Stück für Stück im Aschenbecher. Kein<br />
Witz: Die Bundespolizei interessiert sich nämlich für das<br />
Titelblatt. Neulich hat ein Mitarbeiter des deutschen FBI bei<br />
uns in der Redaktion angerufen und gefragt, ob wir mit<br />
dem Foto die Polizei lächerlich machen wollten. Sein Chef<br />
sei sehr verärgert. Ist Ihnen, liebe Leserinnen und Lesern,<br />
denn nichts aufgefallen an dem subversiven Titel? Schauen<br />
Sie noch mal genau hin. Richtig, der eine von den beiden<br />
trägt lange, blonde Haare unter der Polizeimütze. Mensch,<br />
Tschakos sind doch immer tadellos frisiert. Außer vielleicht<br />
Horst Schimanski. Aber der kommt aus Duisburg, da ist das<br />
Mode.<br />
Kurz nach der Bundespolizei hat noch Wladimir Putin angerufen<br />
und sich über die klischeehafte Aufmachung der russischen<br />
Staatsbürgerin auf dem Foto beschwert. Es war dabei<br />
sogar die Rede vom Abbruch der diplomatischen Beziehungen.<br />
Dann stand das Telefon nicht mehr still: Die<br />
Anzeige<br />
Anzeige<br />
Gewerkschaft der kritischen Polizisten beschwerte sich darüber,<br />
dass die Beamten schon längst keine Oberlippenbärte<br />
mehr tragen, sondern lecker gestylten Kevin-Kuranyi-<br />
Flaum. Der Verband der Hosenfachverkäufer mokierte sich,<br />
dass Günters Hose viel zu lang sei und sie ihm so was nie im<br />
Leben verkauft hätten. Der Knigge meldete sich schließlich<br />
auch noch zu Wort: Es sei extrem unhöflich, dass die junge<br />
Frau auf dem Foto ihre Taschen fast ganz alleine tragen<br />
muss und der Bär von einem Mann faul daneben steht.<br />
Bis dänne,<br />
Ihr Hauptmann von Köpenik<br />
Gerrit Hoekman<br />
Gerrit Hoekman
Impressum<br />
Impressum:<br />
Herausgeber<br />
~ e.V.<br />
Overbergstr. 2<br />
48145 Münster<br />
Redaktion<br />
Tel.: 0251 / 5389 - 128<br />
Streetwork<br />
Sabrina Kipp<br />
Tel.: 0251 / 5389 - 130<br />
drinnen@muenster.de<br />
Internet | E-Mail-Adresse<br />
www.muenster.org/draussen<br />
draussen-redaktion@t-online.de<br />
An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet<br />
Barbara Blasum, Katha Boßhammer, Heinz Dalmühle,<br />
Paul Demel, Michael Heß, Gerrit Hoekman (V.i.S.d.P.),<br />
Eduard Lüning, Sabine Preuß, St. Ursula-Gymnasium<br />
Fotos<br />
Katha Boßhammer, Heinz Dalmühle,<br />
Michael Heß, Gerrit Hoekman, Ruppe Koselleck,<br />
Eduard Lüning, Sigi Nasner, St. Ursula-Gymnasium<br />
Gestaltungskonzept<br />
Lisa Schwarz, Christian Büning<br />
www.elisabethschwarz.de<br />
www.christianbuening.de<br />
Layout, Titel<br />
Heinz Dalmühle<br />
Druck<br />
Borgsmüller Druck<br />
unterstützt durch<br />
Siverdes-Stiftung<br />
Bankverbindung<br />
Sparkasse Münsterland Ost<br />
Konto-Nr. 33 878<br />
BLZ 400 501 50<br />
Bitte berücksichtigen Sie unsere Werbepartner!<br />
~ ist Mitglied im Bundesverband sozialer<br />
Straßenzeitungen<br />
5<br />
6<br />
9<br />
11<br />
13<br />
14<br />
16<br />
17<br />
19<br />
20<br />
21<br />
22<br />
23<br />
24<br />
27<br />
Inhalt<br />
Das neue Masy<br />
draußen! zu Gast im Mädchen Sleep-In am Dahlweg<br />
Kurzer Weg ins Paradies<br />
Deutsche Drogentouristen nerven niederländische Gemeinden<br />
Betteln oder auf den Strich<br />
Pennäler aus dem Sauerland probieren Leben als Bettler<br />
Pfui Spinne<br />
Wenn Angst zur Phobie wird<br />
Quo Vadis<br />
Noch `n Gedicht<br />
Getrübte Optik<br />
Bettler aus Osteuropa knien in der Fußgängerzone<br />
Keine Angst vorm Arztbesuch<br />
„draußen!“ begleitet Teddy in die Klinik<br />
<strong>Münsteraner</strong> <strong>Obdachlose</strong> <strong>vergeben</strong> <strong>Preis</strong><br />
Unter welcher Skulptur kann man am besten pennen<br />
Leuchttürme der Wissenschaft<br />
Institut für Sozioloige geht es an den Kragen<br />
Irgendwie geil<br />
<strong>Münsteraner</strong> Kart-Vertein dreht bei Beule seine Runden<br />
Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung<br />
Horst Gärtner über Eltern aus Bayern empört<br />
La lotta continua<br />
Die Besetzer der Grevener Straße geben keine Ruh`<br />
Internationaler Hurentag<br />
Zitate: Berühmte Frauen über Prostitution<br />
Mieterpflichten beim Auszug<br />
Einfach abhauen gilt nicht<br />
Zum Geburtstag ein Muss<br />
Torten für die Redaktion!<br />
3
4<br />
„Stationen am Bahnhof“<br />
„~“- Filmstars am Set
Text: Gerrit Hoekman<br />
Sleep-In für Mädchen:<br />
Das neue Masy<br />
Früher konnten Mädchen und junge<br />
Frauen, die auf der Straße stehen,<br />
im Masy übernachten. Dann kam das<br />
Rödl-Gutachten und die schwarzgelbe<br />
Koalition im Stadtrat strich die<br />
finanzielle Zuwendung rigoros zusammen.<br />
Das Mädchenasyl musste<br />
schließen. Zum Glück sprang das Diakonische<br />
Werk ein und eröffnete<br />
am Dahlweg ein Sleep-In. Kleiner ist<br />
das neue Domizil und nur noch junge<br />
Frauen bis 21 Jahren finden dort<br />
Unterschlupf. Gerrit Hoekman hat<br />
sich mit der Leiterin der Einrichtung,<br />
Daniela Plaumann, über die neue<br />
Situation unterhalten.<br />
Der erste Eindruck ist freundlich:<br />
Eine kleine, aber feine Drei-Raum-<br />
Wohnung mit zwei hellen Zimmern, in<br />
denen jeweils zwei Mädchen Platz haben.<br />
Wenn es eng wird, gibt es noch<br />
ein Notbett. Dazu ein kleines Büro,<br />
eine große Küche und ein<br />
Badezimmer. Alles ist sauber und<br />
adrett, kein Vergleich zu den üblichen<br />
Unterkünften für <strong>Obdachlose</strong>.<br />
„Natürlich ist alles viel kleiner als im<br />
alten Masy“, sagt Daniela Plaumann,<br />
die schon im damaligen Mädchenasyl<br />
an der Hermannstraße gearbeitet hat<br />
und nun das neue Sleep-In leitet. Das<br />
Masy verfügte über 200 Quadratmeter,<br />
nun sind es nur noch an die 80. Im<br />
Moment sind die Zimmer leer, die<br />
Mädchen, die hier schlafen, sind<br />
unterwegs. „Tagsüber haben wir<br />
geschlossen“, sagt Daniela Plaumann.<br />
Das Sleep-In macht erst um 18 Uhr auf,<br />
dann können die Kids aber die ganze<br />
Nacht über bis morgens um zehn vorbeikommen.<br />
„Sie können hier schlafen,<br />
sich waschen und auch etwas<br />
essen“, erzählt die 33-jährige Pädagogin.<br />
Außerdem helfen Daniela<br />
Plaumann und ihre Kollegin Anne Kösters<br />
bei Behördengängen, bei der<br />
Wohnungssuche und machen Vorschläge,<br />
wie die jungen Frauen ihr Leben<br />
wieder auf die Reihe bekommen.<br />
Es hat sich einiges geändert, seitdem<br />
das alte Masy kurz vor Weihnachten<br />
schließen musste, weil es der Stadt<br />
zu teuer war. Während dort junge<br />
Frauen bis 27 Jahren unterkommen<br />
konnten, darf das Sleep-In nur noch<br />
welche aufnehmen, die maximal 21<br />
sind. Die Älteren müssen nun ins Gertrudenhaus,<br />
die Notunterkunft für<br />
wohnungslose Frauen. Auch wer nicht<br />
aus Münster kommt, muss draußen<br />
bleiben. Damit will die Stadt verhindern,<br />
dass Mädchen aus dem ganzen<br />
Münsterland angelockt werden. Die<br />
Gemeinden im Umkreis sollen selbst<br />
ähnliche Unterkünfte einrichten und<br />
vor allen Dingen auch bezahlen. „Viele<br />
Jugendliche kämen aber auch, wenn<br />
es in ihrer Heimatstadt solche gäbe“,<br />
glaubt Daniela Plaumann. Es locken<br />
Münsters Anonymität, die Partys, die<br />
Szene. „Wir weisen aber niemanden<br />
ab, der akut in Not ist“, stellt die Leiterin<br />
klar.<br />
Auch personell musste das neue<br />
Sleep-In gehörig abspecken, neben<br />
Daniela Plaumann kümmert sich nur<br />
noch Anne Kösters als Sozialpädagogin<br />
um die Schützlinge. Den großen Rest<br />
der Schichten übernehmen<br />
Studentinnen. Als Folge musste der<br />
Offene Treff abgeschafft werden, zu<br />
dem im Masy alle jungen Frauen kommen<br />
konnten, die auf der Straße<br />
leben. Auch wenn sie nicht dort übernachteten.<br />
„Jetzt kann mal eine<br />
Freundin zu Besuch mitkommen, mehr<br />
aber nicht.“ Die Streetwork hat den<br />
Verlust ein wenig aufgefangen, indem<br />
sie freitags einen Frauentreff eingerichtet<br />
hat. „Trotzdem glaube ich, dass<br />
da noch ein Bedarf in Münster ist an<br />
Tagesangeboten für Frauen und<br />
Mädchen“, sagt die engagierte<br />
Pädagogin.<br />
So schlimm wie Daniela Plaumann<br />
es am Anfang befürchtet hat, ist es<br />
dann doch nicht geworden. „Es<br />
stimmt schon: Das Masy war wirklich<br />
nicht immer voll belegt“, sagt sie. Die<br />
neue Trennung zwischen den jüngeren<br />
Frauen bis 21 und den älteren findet<br />
sie sogar gut: „Die Probleme der beiden<br />
Gruppen sind doch sehr unterschiedlich.<br />
Wer 27 ist, kann schon zehn<br />
Jahre in der Szene sein.“ Im Masy haben<br />
sich die Mädchen, die gerade erst<br />
von zu Hause weg sind, die Älteren oft<br />
als Vorbild genommen. „Die sind mit<br />
denen den Tag über unterwegs gewesen<br />
und fanden das cool“, sagt Daniela<br />
Plaumann. Manche der Jüngeren<br />
haben in dem Umfeld mit der Drogenkarriere<br />
erst begonnen. „Davor schützt<br />
die neue Altersgrenze im Sleep-In ein<br />
wenig.“<br />
Da bereitet ihr die Nähe zum Jungenasyl,<br />
das im selben Haus untergebracht<br />
ist, mehr Sorgen. „Da müssen<br />
wir ein bisschen aufpassen“, sagt Daniela<br />
Plaumann, die darauf achtet,<br />
dass den Mädchen ihr geschützter<br />
Raum nicht abhanden kommt und die<br />
Konflikte von der Straße nicht ins<br />
Sleep-In getragen werden. Zum Beispiel<br />
wenn zwei miteinander angebändelt<br />
haben, der Junge danach die<br />
mögliche Trennung nicht akzeptiert<br />
und vielleicht vor der Tür wartet. „Aber<br />
bis jetzt lief alles super. Ich glaube<br />
sogar, dass die räumliche Nähe für den<br />
Bekanntheitsgrad und die<br />
Erreichbarkeit der Einrichtung von<br />
Vorteil sein kann.“<br />
Vieles hat sich geändert seit Dezember,<br />
gleich geblieben sind jedoch<br />
die Gründe, warum Mädchen im<br />
Sleep-In landen. „Es gibt welche, die<br />
direkt aus ihren Familien kommen,<br />
weil sie es dort nicht mehr ausgehalten<br />
haben. Das sind aber die wenigstens.“<br />
Die meisten kommen erst mal<br />
bei einem Freund unter. Bis es dort<br />
auch kracht und sie plötzlich auf der<br />
Straße stehen. „Viele haben schlimme<br />
Biographien: Gewalt in der Familie,<br />
Gewalt in der Beziehung. Das zieht<br />
sich durch ihr Leben“, erzählt Daniela<br />
Plaumann. Die Mädchen stammen<br />
übrigens aus allen Schichten. Viel Zeit<br />
sich näher kennen zu lernen bleibt<br />
nicht, das Sleep-In ist nur eine Übergangslösung,<br />
eine Durchlaufstation auf<br />
den Weg in andere Einrichtungen.<br />
Oder im besten Fall wieder zurück in<br />
die Familie. Was aus den jungen<br />
Frauen wird, wenn sie das Sleep-In<br />
nach ein paar Tagen oder Wochen<br />
wieder verlassen, bekommen die beiden<br />
hauptamtlichen Mitarbeiterinnen<br />
nur gelegentlich mit. „Manchmal trifft<br />
man sich in der Stadt.“ #<br />
Sleep-In für<br />
Mädchen und junge Frauen<br />
Dahlweg 72<br />
Täglich von 18 - 10 Uhr<br />
Bürozeiten: Mo-Fr 9-11 Uhr<br />
Tel.: 0251-531145<br />
5
6<br />
Text: Gerrit Hoekman und Katha Boßhammer<br />
Holländische Koffieshops:<br />
Kurzer Weg ins Paradies<br />
Langhaarige Hippies hocken im Lotussitz<br />
auf weichen Kissen um eine<br />
Wasserpfeife und philosophieren<br />
über Unsinn. Riesige Qualmwolken<br />
wabern durch die Kaschemme, im<br />
Hintergrund jammt Kifferlegende<br />
Bob Marley. Ein süßlicher Geruch<br />
liegt in der Luft. Man trinkt Tee, redet<br />
langsam und verträgt vor allen<br />
Dingen keinen Stress. Dieses Bild von<br />
einem Koffieshop in den drogenliberalen<br />
Niederlanden haben wohl viele<br />
Deutsche im Kopf, die mit Cannabis<br />
so viel zu tun haben wie Königin Beatrix<br />
mit dem Amsterdamer Rotlichtviertel.<br />
Katha Boßhammer und Gerrit<br />
Hoekman wollten es genau wissen<br />
und sind nach Enschede gefahren.<br />
Großes draußen!-Ehrenwort: Sie haben<br />
wirklich nur Kaffee getrunken.<br />
Der Weg ins Kiffer-Paradies ist<br />
kurz, rund 60 Kilometer nur. Jede Woche<br />
nehmen etliche deutsche Drogentouristen<br />
diesen Weg. Wie viele genau,<br />
weiß niemand, auch das Hauptzollamt<br />
in Münster nicht. „Darüber gibt es keine<br />
Statistik“, hat uns der Pressesprecher<br />
gesagt. Gleich hinter Gronau überqueren<br />
wir die Grenze. Keine zweihundert<br />
Meter später lockt der erste Drogentempel.<br />
„The Grasshopper“ ist<br />
leicht zu erkennen an der großen, aufgemalten<br />
Cannabis-Pflanze an der<br />
Hauswand und der riesigen Heuschrekke<br />
mit Wasserpfeife und Zylinder. Wir<br />
lassen die Kifferhöhle links liegen und<br />
fahren weiter in die Innenstadt von<br />
Enschede. Hier gibt es auf engstem<br />
Raum acht Koffieshops. Wir besuchen<br />
einen, der mitten in der Fußgängerzone<br />
liegt, an einer belebten Ecke,<br />
genau gegenüber von einem großen<br />
Supermarkt.<br />
Von außen sieht der Laden aus<br />
wie ein gewöhnliches Kaffeehaus. Bei<br />
schönem Wetter können die Gäste<br />
draußen sitzen, das sagen uns die<br />
Korbmöbel, die adrett gestapelt neben<br />
dem Eingang unterm Baldachin stehen.<br />
Keine Wasserpfeifen, keine dauergrinsenden<br />
Rastafari und kein süßlicher<br />
Geruch. An der Theke hockt ein<br />
Kunde und liest Zeitung. Ein Älterer um<br />
die Sechzig mit schlohweißem Haar<br />
sitzt an einem Tisch und starrt Löcher<br />
in die Luft. Jungsche Typen im noblen<br />
Zwirn spielen Billard. Zwei blonde<br />
Meisjes unterhalten sich bei einer Tasse<br />
Kaffee über dies und das. An der apricotfarbenen<br />
Wand hängt ein James-<br />
Dean-Plakat. Boulevard of Broken<br />
Dreams. „Wir schreiben einen Artikel<br />
über Koffieshops“, stellen wir uns an<br />
der Theke artig vor. Der Mitarbeiter ist<br />
misstrauisch: „Wir reden nicht mehr<br />
mit der Presse“, sagt er. Die holländische<br />
Drogenpolitik ist unter Druck geraten,<br />
die Nachbarn, besonders Frankreich<br />
und Deutschland, machen der<br />
niederländischen Regierung die Hölle<br />
heiß, wollen, dass die ihre laxe Einstellung<br />
gegenüber Haschisch und Marihuana<br />
ändert. Das Grollen in der<br />
Europäischen Union zeigt Wirkung: Bei<br />
den Politikern in Den Haag schwindet<br />
die Lobby für eine liberale Drogenpolitik,<br />
die Gemeinden, besonders an<br />
der Grenze zu Deutschland und Belgien,<br />
entziehen immer mehr Koffieshops<br />
die Konzession.<br />
In Enschede hat die Stadtverwaltung<br />
in den letzten Jahren rund die<br />
Hälfte der Koffieshops dicht gemacht,<br />
in Maastricht, Venlo, Groningen und<br />
Arnhem sieht es nicht anders aus.<br />
Schuld daran sind nach offizieller Lesart<br />
auch die deutschen Kiffer, die in<br />
Scharen in die Niederlande kommen,<br />
um sich dort mit Gras und Dope einzudecken<br />
- und in den Städten angeblich<br />
eine Menge Probleme verursachen.<br />
„Ständig fahren Autos vorbei, halten<br />
an, lassen das Radio laut laufen und<br />
sorgen dafür, dass die Anwohner keine<br />
Parkplätze mehr finden“, ist der Chef<br />
der christdemokratischen CDA im Stadtparlament<br />
von Enschede, Patrick Welman,<br />
genervt. „Es kommt außerdem<br />
vor, das die ‚Touristen' das Gekaufte<br />
sofort auf der Straße konsumieren. Sogar<br />
in Gegenwart von Kindern.“ Seine<br />
Kollegin Mariska van Heijster, die Fraktionsvorsitzende<br />
der Ökopartei Groen-<br />
Links, sieht das ähnlich: „Das führt zu<br />
einer Belästigung in den Wohnvierteln.<br />
Das Problem ist aber nach der Schliessung<br />
deutlich zurückgegangen.“ Wie<br />
viele Deutsche eigentlich genau nach<br />
Enschede der weichen Drogen wegen<br />
kommen, wissen beide nicht. „Aber es<br />
sind ganz sicher zu viele“, sagt Welman.<br />
Die Thekenkraft im Koffieshop ist<br />
inzwischen nach hinten gegangen und<br />
hat den Chef geholt. Der 30-jährige Johan<br />
ist weniger pressescheu als sein<br />
Mitarbeiter und lotst uns an einen Tisch<br />
in der Ecke. „Ich habe keine Ahnung,<br />
wie viele Deutsche bei uns kaufen“,<br />
sagt er. Ganz klar, das ist geflunkert,<br />
denn neben Niederländisch ist Deutsch<br />
hier sozusagen die zweite Amtssprache<br />
. Aber Johan will wohl kein weiteres Öl<br />
ins Feuer gießen. Die leidige Diskussion<br />
um die deutschen Drogentouristen<br />
könnte am Ende auch seine Existenz<br />
bedrohen. Sein Koffieshop gehört zu<br />
den ältesten in Enschede, ein Familienunternehmen,<br />
das er von seinem
Vater geerbt hat.<br />
Johan betreibt den Verkauf weicher<br />
Drogen als Geschäft, er ist Kaufmann<br />
und könnte ebenso gut Uhren,<br />
Käse oder Vlaamse Frites feil bieten.<br />
„Ich selbst kiffe gar nicht“, sagt er, „ich<br />
trinke lieber Bier.“ Dazu muss er aber<br />
sein Café verlassen, denn in Koffieshops<br />
ist der Ausschank von Alkohol verboten.<br />
Das ganze Gerede über die deutschen<br />
Drogentouristen hält er für übertrieben.<br />
Früher, als es drei Läden nebeneinander<br />
in einer Gasse gegeben<br />
habe, ja, da habe es hin und wieder<br />
Probleme gegeben: „Da haben welche<br />
schon mal gegen Hauswände gepinkelt“,<br />
erinnert er sich. Aber das sei lange<br />
her. Johan hat andere Sorgen. „Unser<br />
Status ist sehr unsicher.“ Das liegt<br />
am so genannten „Opiumwet“ von<br />
1928, auf dessen Basis in den Niederlanden<br />
der Verkauf und Besitz von weichen<br />
Drogen für den Eigenbedarf seit<br />
1976 geduldet wird. Gedoogd, wie die<br />
Holländer es nennen. Das führt zu<br />
manchen Merkwürdigkeiten, über die<br />
die Verfechter der harten Linie in<br />
Frankreich und Deutschland nur den<br />
Kopf schütteln. „Jedes mal, wenn ich<br />
meinen Vorrat aufstocken will, mache<br />
ich mich eigentlich strafbar“, erklärt<br />
Johan. Der Handel mit Haschisch und<br />
Marihuana ist nämlich paradoxerweise<br />
verboten, ebenso der Anbau. Die meisten<br />
soft-drugs, die er verkauft, kommen<br />
aus den Niederlanden selbst, gezogen<br />
in modernen Gewächshäusern.<br />
Es vergeht kaum ein Tag, an dem die<br />
Polizei nicht irgendwo zwischen Leeuwarden<br />
im hohen Norden und Eindhoven<br />
im tiefen Süden eine Hanfplantage<br />
auffliegen lässt. Den Betreibern<br />
drohen drastische Strafen.<br />
Johan trifft seinen Händler fast<br />
täglich, denn laut Opiumwet darf er nur<br />
500 Gramm auf Vorrat in seinem Koffieshop<br />
lagern. Das reicht mal gerade<br />
für hundert Kunden, wenn jeder die<br />
erlaubte Höchstmenge von fünf Gramm<br />
kauft. Er hält sich penibel an die strengen<br />
Gesetze, auch bei den Deutschen.<br />
„Sonst bekomme ich Ärger.“ Den Drogentouristen<br />
aus dem Nachbarland<br />
reicht die Menge oft nicht. Damit sich<br />
die für manche weite Anreise lohnt,<br />
hoppen sie von Koffieshop zu Koffieshop<br />
und kaufen überall fünf Gramm.<br />
„Ich sehe den Kunden nicht an, ob sie<br />
schon irgendwo anders waren“, sagt<br />
Johan. Auch um das Mindestalter von<br />
18 Jahren versuchen sich Jugendliche<br />
herumzumogeln. Sie tauschen die Ausweise<br />
oder schicken einen vor, der<br />
volljährig ist. „Deshalb habe ich das<br />
Alter freiwillig auf 19 Jahre hochgesetzt“,<br />
erzählt Johan. „Ich glaube, es<br />
gibt nicht so viele 19-Jährige, die<br />
Freunde unter 18 haben.“<br />
Unterdessen, es ist gegen halb<br />
eins, betritt ein Mittdreißiger den Laden.<br />
Blank gewienerte schwarze Schuhe,<br />
graues Jacket, Nickelbrille, Aktentasche.<br />
Ein wenig sieht er aus wie<br />
Johnny Depp in Sleepy Hollow. Er geht<br />
zu dem Tisch, auf dem in einer Plastikschüssel<br />
etwa zwanzig vorgebaute<br />
Joints liegen. Ein besonderer Service für<br />
Kunden, die es eilig haben. Neben der<br />
Schüssel warten kleine Plastiktütchen<br />
mit Gras und Haschisch auf Abnehmer.<br />
Johnny Depp ist Selbstbauer. Er setzt<br />
sich an unseren Nachbartisch, nimmt<br />
eine Zigarette aus dem Sakko, krümmelt<br />
den Tabak aufs Blättchen und<br />
streut ein wenig Marihuana drüber. Er<br />
reißt ein Stück Pappe von der Kippenschachtel,<br />
formt es zu einer kleinen<br />
Rolle, fertig ist der Filter. Vorsichtig<br />
dreht er das Ganze zusammen und<br />
zündet es genüsslich an. Nach zehn Minuten<br />
ist die Mittagspause vorbei und<br />
Johnny verlässt den Koffieshop mit<br />
winzig kleinen Augen. „Zu uns kommen<br />
alle Schichten der Gesellschaft: Banker,<br />
Ingenieure, Ärzte“, plaudert Johan aus<br />
dem Nähkästchen. Nicht jeder von ihnen<br />
mag bei seinem Hobby beobachtet<br />
werden, deshalb schützen Jalousien<br />
den Koffieshop vor neugierigen Blicken<br />
der Passanten. Privacy wird in den Niederlanden<br />
auch unter Kiffern groß geschrieben.<br />
Eine halbe Million Euro Abgaben<br />
zahlt Johan jedes Jahr an den Staat, das<br />
ist die Hälfte seiner Einnahmen. Obwohl<br />
es kein Steuergesetz dafür gibt.<br />
„Dann würde der Staat die Koffieshops<br />
legalisieren“, erklärt Johan. Eine Studie<br />
über die Wirtschaftskraft der Koffieshops<br />
habe für Amsterdam ergeben,<br />
dass die aus aller Welt wegen der weichen<br />
Drogen in die niederländische<br />
Hauptstadt Reisenden dort 600 Millionen<br />
Euro ausgeben - für Hotels, in<br />
Restaurants, in Museen. „Wenn sie die<br />
Koffieshops schließen würden, wäre<br />
das Ende von Amsterdam gekommen“,<br />
glaubt Johan. Manche Politiker sehen<br />
das anders. Patrick Welman, der Fraktionschef<br />
der Christdemokraten in Enschede<br />
zum Beispiel. „Meiner Erfahrung<br />
nach sind es oft jüngere Leute, die<br />
nicht über viel Geld verfügen. Sie kaufen<br />
Drogen, konsumieren sie und fahren<br />
wieder nach Deutschland.“<br />
Den Drogentouristen ist es<br />
7
8<br />
offenbar egal, wie viele Koffieshops in<br />
Enschede geöffnet haben. „Wir haben<br />
nicht festgestellt, dass weniger Deutsche<br />
nach Holland fahren“, sagt der<br />
Pressesprecher des Zollamts in Münster.<br />
16 Kollegen stark ist das mobile Einsatzkommando,<br />
das an der Grenze, die<br />
seit dem Schengener Abkommen keine<br />
mehr ist, Patrouille fährt. Noch mal<br />
dieselbe Zahl Beamter liegt bis weit ins<br />
Hinterland auf der Lauer. Wer dem<br />
deutschen Zoll ins Netz geht und nur<br />
fünf Gramm dabei hat, kommt meistens<br />
mit einer Verwarnung davon. „Wir<br />
nehmen die Personalien auf, dann<br />
können die Leute weiterfahren.“ Nur<br />
die Drogen müssen sie abgeben. Ob es<br />
zu einer Strafverfolgung kommt, hängt<br />
dann vom Staatsanwalt ab; in Nordrhein-Westfalen<br />
wird das Verfahren bei<br />
Mengen, die zum Eigengebrauch dienen,<br />
meistens eingestellt. Wer jedoch<br />
in mehreren Koffieshops gekauft hat,<br />
muss mit empfindlichen Strafen rech-<br />
nen.<br />
Johan bezweifelt, ob es gut ist,<br />
Koffieshops zu schließen. „In Venlo gibt<br />
es nur noch zwei Geschäfte, aber seitdem<br />
400 Straßendealer. Darunter leidet<br />
die Qualität der Ware und die <strong>Preis</strong>e<br />
steigen“, sagt er. Schlimmer noch: Die<br />
illegalen Verkäufer handeln anders als<br />
die Koffieshops auch mit Heroin und<br />
Kokain. Die Trennung zwischen harten<br />
und weichen Drogen, der Grund also,<br />
warum Koffieshops in den Niederlanden<br />
geduldet sind, ist damit hinfällig.<br />
Das gibt auch der Grünen Mariska van<br />
Heijster in Enschede zu Denken: „Es<br />
müssen genügend überbleiben für die<br />
Nachfrage, die offenbar besteht. Sonst<br />
kommt es zu mehr illegalem Handel mit<br />
allen seinen negativen Begleiterscheinungen.“<br />
Johan hat nur Qualitätsware im Angebot:<br />
White Widow, Superskunk und<br />
Nederwiet, das Gramm zwischen fünf<br />
und zehn Euro. Allerdings ist Vorsicht<br />
geboten, die Entwicklung ist auch in<br />
der Cannabis-Landwirtschaft nicht stehen<br />
geblieben. Die Wirkung der weichen<br />
Drogen hat enorm zugenommen;<br />
das Gras, das Alt-68er zu Studentenzeiten<br />
in der fidelen Landkommune<br />
geraucht haben, verhält sich zum Hightech-Kraut<br />
von heute wie die Flippers<br />
zu Motörhead.<br />
Keine Frage: Der Streit ums Opiumwet<br />
wird weitergehen. In den Niederlanden<br />
und bei den Nachbarn. Inzwischen<br />
droht Johans Geschäft zusätzlich Gefahr<br />
von ganz unerwarteter Seite. Der neue<br />
Gesundheitsminister Ab Kling will im<br />
Sinne der Europäischen Union das Rauchen<br />
in Kneipen und Cafés verbieten<br />
und dazu zählt er auch die Koffieshops.<br />
Ein Beweis dafür, dass nicht nur die<br />
liberale Drogenpolitik sondern auch der<br />
Nichtraucher-Schutz seltsame Blüten<br />
treibt. #
Text: St. Ursula-Gymnasium<br />
Straßenkids:<br />
Betteln oder auf den Strich<br />
Rund 860.000 <strong>Obdachlose</strong> gibt es in<br />
Deutschland. Viele leben von Sozialhilfe,<br />
einige verkaufen Straßenzeitungen<br />
wie die draußen! und<br />
dann gibt es noch jene, die in der<br />
Stadt sitzen und betteln. Wie es sich<br />
anfühlt, andere um einen Euro oder<br />
zwei anzuhauen, haben Pennäler aus<br />
dem Sauerland selbst ausprobiert.<br />
Herausgekommen ist eine lebendige<br />
Sozialstudie, von der sich dröge Wissenschaftler<br />
locker eine Scheibe abschneiden<br />
können. Die ~ stellt<br />
Ihnen die Ergebnisse in dieser und<br />
den nächsten Ausgaben in leicht gekürzter<br />
Form vor. Dem Alter der Gymnasiasten<br />
entsprechend, beschäftigt<br />
sich der erste Teil mit der Situation<br />
von Straßenkindern in der Bundesrepublik.<br />
„Bin 18 und arbeitslos“ steht auf<br />
dem Schild des jungen Mannes, der in<br />
der Fußgängerzone am Straßenrand<br />
kauert. „Habe Hunger“ signalisiert eine<br />
verhärmte junge Frau auf einem Zettel<br />
vor einem Kaufhauseingang. Dieses<br />
sonst eher aus Großstädten bekannte<br />
Bild bot sich den Bürgern in der nordrhein-westfälischen<br />
Provinz, in Attendorn<br />
und Gummersbach. Es war Teil des<br />
Experiments „Bettelarm“, das einige<br />
Oberstufenschüler des Attendorner<br />
St.Ursula-Gymnasiums im Fach Sozialwissenschaften<br />
durchführten. Ihre Fragestellung<br />
einerseits: Wie reagieren die<br />
Passanten? Wie ist es um ihre Spendenbereitschaft<br />
bestellt? Und andererseits:<br />
Was empfindet man selbst in der Position<br />
des Almosenempfängers? Eine<br />
Sondergruppe der <strong>Obdachlose</strong>n sind die<br />
Straßenkinder. Offiziell tauchen sie in<br />
keiner Statistik auf, da sie in der Regel<br />
formal der Wohnadresse ihrer Herkunftsfamilie<br />
zugerechnet werden.<br />
Zudem verbindet man mit dem Ausdruck<br />
Straßenkinder eher Minderjährige<br />
in Dritte-Welt-Ländern, in Afrika oder<br />
Südamerika, als solche in Deutschland.<br />
Gleichwohl sind sie natürlich auch bei<br />
uns anzutreffen. Wie für alles gibt es<br />
auch für den Begriff Straßenkinder eine<br />
juristische Definition. Es handelt sich<br />
dabei um Minderjährige, die sich ohne<br />
Erlaubnis oder Vormund für einen nicht<br />
absehbaren Zeitraum abseits ihres gemeldeten<br />
Wohnsitzes aufhalten, also<br />
praktisch obdachlos sind. Zu dieser<br />
Gruppe werden freilich nicht diejenigen<br />
Jugendlichen gezählt, die zwar zu Hause<br />
schlafen, aber sonst nicht zu Hause<br />
sind. Man argumentiert, dass bei dieser<br />
Gruppe wenigstens (noch) kein räumlicher<br />
Bruch zur Herkunftsfamilie eingetreten<br />
sei, was sonst bei Straßenkindern<br />
der Fall sei. Zu der definierten<br />
Gruppe gehören auch nicht die so genannten<br />
„Kurzausreißer“, die weniger<br />
als zwei Wochen von zu Hause verschwinden.<br />
Durchschnittlich leben in<br />
Deutschland 1.500 bis 2.500 Minderjährige<br />
als Straßenkinder in Obdachlosigkeit.<br />
Die jüngsten sind acht Jahre<br />
alt, die meisten jedoch über 13. Der<br />
Großteil stammt aus Deutschland<br />
selbst, über den Anteil der ausländischen<br />
Straßenkinder ist wenig bekannt.<br />
Sie kommen aus allen gesellschaftlichen<br />
Schichten. Die meisten stammen<br />
aus ländlichen Gebieten und suchen in<br />
den Großstädten die Anonymität und<br />
den Schutz vor Entdeckung. Hierbei<br />
fungiert Berlin als wichtigster Treffpunkt;<br />
fast jedes Straßenkind pilgert<br />
sozusagen einmal in seinem Dasein<br />
nach Berlin. Im Winter trampen viele<br />
Straßenkinder außerdem nach Spanien<br />
und Portugal.<br />
In diesem Zusammenhang stellt<br />
sich die Frage, wie in einer Wohlstandsnation<br />
wie Deutschland die relativ<br />
hohe Zahl an Straßenkindern überhaupt<br />
zu erklären ist. Bei Interviews<br />
mit Betroffenen fand man heraus, dass<br />
Vernachlässigung, Beziehungslosigkeit<br />
und Misshandlung die Hauptgründe für<br />
die Flucht auf die Straße sind. Mit Misshandlungen<br />
haben ein Viertel der Befragten<br />
Erfahrungen gemacht, ein Drittel<br />
fühlte sich in ihrer Familie nicht ge-<br />
borgen, dazu kommt, dass ein Großteil<br />
der Eltern von Straßenkindern Alkoholprobleme<br />
hat. Eine besondere Rolle<br />
spielen Scheidungskinder und Kinder<br />
von Alleinerziehenden. Im Vergleich mit<br />
intakten Familien leben doppelt so viele<br />
Kinder und Jugendliche aus dieser<br />
Gruppe in Deutschland auf der Straße.<br />
Anders als oft angenommen ist die Instanz<br />
Schule kein ausschlaggebender<br />
Grund für den Gang auf die Straße.<br />
Einige Kinder und Jugendliche besuchen<br />
sogar trotz ihrer besonderen Lebensumstände<br />
weiterhin eine Schule.<br />
Zusammenfassend kann man also festhalten,<br />
dass Beziehungslosigkeit, Vertrauensmangel,<br />
Vernachlässigung und<br />
Misshandlungen die Kinder auf die<br />
Straße getrieben haben.<br />
Auch wenn die Betroffenen ihre<br />
Situation gelegentlich romantisieren<br />
und von Freiheit und Unabhängigkeit<br />
schwärmen, stellt sich ihr Alltag, nüchtern<br />
betrachtet, meist wenig erfreulich<br />
dar. Deutlich gesagt: Straßenkinder leben<br />
meist von Betteln, Prostitution und<br />
Diebstählen. „Im Zentrum steht die Sicherung<br />
des Überlebens“, sagt der Verein<br />
„Offroadkids“. So haben sich zum<br />
Beispiel in den deutschen Groß- und<br />
Mittelstädten aus dem Straßenkindermilieu<br />
richtige Stricherszenen herausgebildet.<br />
Die Jungen, die dadurch ihr<br />
Geld verdienen, zeichnen sich vor allem<br />
durch ordentliche und teure Kleidung<br />
aus, wodurch sie sich von den anderen<br />
Straßenkindern unterscheiden. In der<br />
Stricherszene ist bekannt, dass angenehmes<br />
Auftreten und Aussehen Marktvorteile<br />
bringt; und so verdient ein<br />
Stricher je nach Aussehen und Alter 25<br />
bis 100 Euro täglich. Die Dienstleistungen<br />
der Jungen umfassen dabei das<br />
gesamte Spektrum der Möglichkeiten,<br />
vom Posieren für Foto- und Filmaufnahmen<br />
mit ihrem Freier bis zu verschiedenartigsten<br />
sexuellen Kontakten.<br />
Im Gegensatz zu den Mädchen treten<br />
die Jungen auch oft in der Öffentlichkeit<br />
mit ihrem Freier auf, als Vater und<br />
9
10<br />
Sohn. Mädchen aus dem Prostitutionsmilieu<br />
suchen sich meistens nach kurzer<br />
Zeit einen Freund, der sich dann<br />
häufig als Zuhälter entpuppt (oder dazu<br />
wird). Straßenkinder, die den anderen<br />
Weg wählen, nämlich sich mit Diebstählen<br />
durchzuschlagen, leben stärker<br />
als ihre sich prostituierenden Kumpel in<br />
der Gefahr, entdeckt zu werden.<br />
Anzeige<br />
Feldversuch: Gymnasiasten wollen selbst erfahren wie Betteln ist<br />
Besonders problematisch ist die<br />
Situation für drogenabhängige Strassenkinder.<br />
Um an Drogen zu kommen,<br />
verdingen sie sich häufig bei Hehlern<br />
als Boten und Kuriere. Die meisten<br />
Strassenkinder rauchen Haschisch,<br />
harte Drogen gefährden besonders<br />
Langzeitstraßenkinder. Strichjungen<br />
verdrängen beim<br />
Haschrauchen das Erlebte,<br />
andere wollen einfach<br />
nur den Alltag vergessen<br />
und glücklich<br />
sein. Die meisten Strassenkinder<br />
versuchen sich<br />
möglichst lange von harten<br />
Drogen fernzuhalten.<br />
Doch aufgrund der Gefahr,<br />
dass sie auf der<br />
Straße unentwegt auf<br />
Drogenabhängige treffen,<br />
geraten sie unausweichlich<br />
an harte<br />
Drogen. Manche Langzeitstraßenkinderverzweifeln<br />
immer mehr an<br />
ihrer Situation und betäuben<br />
ihren Kummer<br />
mit Speed, Heroin oder<br />
Kokain.<br />
Der Tagesablauf ist<br />
jedoch bei jedem Strassenkind<br />
gleich. Vom frühen<br />
Nachmittag an bis<br />
spät in die Nacht gehen<br />
sie ihren „Erwerbstätigkeiten“<br />
in der jeweiligen<br />
Szene nach. Bettelnde<br />
Straßenkinder verstecken<br />
sich im Winter schon nachmittags.<br />
Übernachtungsmöglichkeiten für<br />
Straßenkinder gibt es viele. Sie schlafen<br />
unter freiem Himmel, in Parks, unter<br />
Brücken, in Hauseingängen,<br />
Bauwagen, leer stehenden Häusern<br />
oder bei ihren Freiern. Wie man in<br />
Befragungen herausgefunden hat,<br />
streben Straßenkinder, obwohl sie sich<br />
meist anti-bürgerlich geben, erstaunlicherweise<br />
ein fast schon spießig<br />
zu nennendes Lebensidyll an. Sie wünschen<br />
sich geordnete Lebensverhältnisse,<br />
die sie zu Hause offenbar nie<br />
gekannt haben. Sie suchen Geborgenheit,<br />
die sie daheim nie erfahren haben.<br />
Umso stärker ist der Wunsch nach<br />
einer heilen Familie, mit Partner und<br />
Kind, dabei wünschen sich die Strassenkinder<br />
jedoch nie in ihre Herkunftsfamilien<br />
zurück. Der Wunsch nach<br />
Selbstständigkeit ist bei den über 16-<br />
Jährigen stark ausgeprägt. Bei den<br />
Jüngeren ist die Sehnsucht nach Geborgenheit<br />
wichtiger. Sie suchen Bezugspersonen<br />
und Zuneigung, permanente<br />
Ansprechpartner und Perspektiven.<br />
Die meisten hoffen auf eine Arbeit,<br />
eine Wohnung, einen Schulabschluss<br />
und eine Berufsausbildung.<br />
„Sie wollen 'drogenfrei' werden, keine<br />
'erniedrigenden' Arbeiten mehr verrichten<br />
müssen und unabhängig vom<br />
Sozialamt werden“, schrieb die<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung schon<br />
1996. #
Text: Katha Boßhammer<br />
Phobien:<br />
Pfui, Spinne!<br />
Angst zu haben vor etwas ist völlig<br />
normal. Jeder Mensch fürchtet sich<br />
vor irgendwelchen Situationen, Orten,<br />
Personen oder auch Tieren.<br />
Eigentlich ist das auch nicht<br />
schlimm, im Gegenteil: Angst ist ein<br />
sinnvoller Schutzmechanismus, denn<br />
es gibt uns in Gefahrensituationen<br />
vor, wie wir uns zu verhalten haben<br />
- steht zum Beispiel ein bissiger<br />
Schäferhund vor uns und fletscht die<br />
Zähne, gehen wir für gewöhnlich<br />
nicht auf ihn zu und versuchen, ihn<br />
zu streicheln. Wenn diese Angst aber<br />
plötzlich Überhand nimmt und auftaucht,<br />
wenn gar keine Gefahr besteht,<br />
dient das nicht mehr dem gesunden<br />
Selbstschutz und die Psychologen<br />
sprechen dann von einer<br />
Phobie. Katha Boßhammer über panische<br />
Angst vor völlig harmlosen<br />
Dingen.<br />
Neulich hatte ich ein furchtbares<br />
Erlebnis: Ausgeschlafen und gut gelaunt<br />
ging ich ins Bad, um erst mal zu duschen.<br />
Pfeifend schlenderte ich um die<br />
Ecke und sah plötzlich etwas Großes,<br />
Dunkles aus der Toilettentür rennen:<br />
Eine riesige Spinne. Wie erstarrt blieb<br />
ich stehen, ebenso das Monster, das<br />
mir mit seinen vielen Beinchen entgegen<br />
gewuselt war. Ich fing an zu<br />
schwitzen, mein Herz klopfte dreimal so<br />
schnell wie gewohnt, mir wurde erst<br />
eiskalt und dann brandheiß. Ich musste<br />
dieses Ungeheuer da entfernen. Aber<br />
ich konnte mich nicht bewegen, aus<br />
Angst, dass sich auch die Spinne dann<br />
bewegt und womöglich auf mich zu<br />
läuft und an mir hoch krabbelt. So<br />
standen wir uns eine geraume Zeit<br />
gegenüber, bis ich irgendwann beschloss,<br />
etwas zu holen, womit ich<br />
meinen Feind töten konnte. Der hatte<br />
mich aber anscheinend durchschaut<br />
und lief los. Panisch schreiend stürmte<br />
auch ich los, holte das nächstbeste<br />
Buch, das ich finden konnte, warf es<br />
Richtung Monster - daneben. Ich holte<br />
ein weiteres Buch, warf wieder - end-<br />
Mieze des Monats<br />
In großer Not sind die Mäusefänger<br />
Tigerkater, Mamakatze, Glücksmieze,<br />
Tobekater und 5 weitere Kumpanen<br />
durch Umzug ihrer Besitzer -<br />
suchen doch die meisten Menschen<br />
verschmuste Katzenwelpen und<br />
nicht reine Hofkatzen. Dabei sind<br />
diese neun ganz tolle Typen: Tigerkater,<br />
Mamakatze und die dreifarbige<br />
Glücksmieze mögen es, mal<br />
zwischendurch tüchtig gekrault zu<br />
werden, die 3 Tobekater dagegen<br />
sind mächtig auf zack und bieten<br />
einem ein tolles Unterhaltungsprogramm,<br />
wenn man sie beim Spielen<br />
beobachtet. Der Rest der Bande ist<br />
eher zurückhaltend und freut sich<br />
über ein gefülltes Näpfchen und<br />
einen Unterschlupf zum Schlafen -<br />
als gute Mäusefänger revanchieren<br />
sie sich bestimmt! Alle Miezen sind<br />
selbstverständlich kastriert und<br />
lich, getroffen. Mittlerweile dachte ich,<br />
ich werde jeden Moment ohnmächtig.<br />
Ich zitterte noch immer, mein Herz raste<br />
und mir war schwindelig. Ins Bad<br />
traute ich mich erst wieder, nachdem<br />
meine Mutter den großen, dunklen<br />
Fleck von den Fliesen entfernt hatte.<br />
Für manche mag das nach einer<br />
albernen Fernsehkomödie klingen. „Du<br />
putzmunter. Wer hat eine ländliche<br />
Stelle, auf der ein paar dieser Miezen<br />
ein sorgenfreies Katzenleben<br />
führen dürfen?<br />
Katzenhilfe Münster e.V.<br />
Tel. 8469 757 oder e-mail:<br />
info@katzenhilfe-muenster.de<br />
www.katzenhilfe-muenster.de<br />
11
12<br />
bist bekloppt“, sagte mir jemand, als<br />
ich ihm meine Horrorgeschichte erzählte.<br />
Viele aber können es nur zu gut verstehen.<br />
„Arachnophobie“ nennt man<br />
diese panische Angst vor Spinnen. Sie<br />
gehört zu den spezifischen Phobien,<br />
genauer gesagt zum Tier-Typus, und ist<br />
die häufigste dieser Art, zusammen mit<br />
der Schlangenphobie. Die Betroffenen<br />
bekommen oft schon Panik, wenn sie<br />
nur ein Bild von dem Tier sehen, und<br />
wenn sie auf eines treffen, ist es für sie<br />
eine so heftige Stresssituation, dass sie<br />
Anzeige<br />
Konzertkirche<br />
statt<br />
Musikhalle<br />
Unabhängige Wählergemeinschaft für Münster<br />
nicht selten denken, sie sterben vor<br />
Angst. Wie viele Menschen genau unter<br />
solchen Ängsten leiden, kann man<br />
nicht sagen, denn nur die wenigsten<br />
lassen sich psychiatrisch behandeln.<br />
„Man sollte einen Fachmann aufsuchen,<br />
wenn das Problem so groß ist,<br />
dass man zum Beispiel im Sommer<br />
nicht mehr zur Toilette gehen kann,<br />
weil in der Ecke eine Spinne sitzen<br />
könnte“, erklärt der <strong>Münsteraner</strong> Psychologe<br />
Reinhard Ehrlich.<br />
Die Liste der Phobien ist lang,<br />
etwa 600 verschiedene gibt es, man<br />
kann vor fast allem eine krankhafte<br />
Angst entwikkeln. Erklärungen dafür<br />
gibt es verschiedene. „Ich denke, der<br />
Grund für eine Phobie ist die klassische<br />
Konditionierung“, meint Reinhard Ehrlich.<br />
Ein Beispiel dafür: Ein Blitz schlägt<br />
ins Haus ein - ganz klar eine Situation,<br />
in der man Angst bekommt. Wenn man<br />
nun aber unmittelbar vor dem Blitzeinschlag<br />
eine Spinne gesehen hat, vor der<br />
man ursprünglich keine Angst hatte, ist<br />
es möglich, dass diese später als sogenannter<br />
konditionierter Reiz ebenfalls<br />
Angst auslöst, denn man verbindet sie<br />
mit dem darauffolgenden, schlimmen<br />
Erlebnis. Natürlich kann eine Phobie<br />
auch erlernt sein. Hat zum Beispiel die<br />
Mutter eines Kleinkinds Angst vor Spinnen,<br />
wird vermutlich auch das Kind<br />
diese Angst entwickeln, weil die Mutter<br />
sein Vorbild ist.<br />
Eine andere Erklärung: Da sowohl<br />
Spinne als auch Schlange stark<br />
vom menschlichen Erscheinungsbild<br />
abweichen, sind sie den Menschen<br />
suspekt und machen ihnen Angst. Die<br />
Spinne hat zu viele Beine, die Schlange<br />
gar keine. Das erklärt möglicherweise<br />
die etwas ungewöhnlichere Angst der<br />
20-jährigen Bianca: „Wovor ich richtig<br />
Angst habe, sind Maikäfer“, erzählt sie,<br />
„Grässliche Riesenkäfer mit braunem<br />
Flügelpanzer.“ Allerdings sind die<br />
Merkmale die gleichen, wie die der<br />
Spinnenphobie: „Maikäfer zwingen<br />
mich dazu, mich nach der Dämmerung<br />
in der Wohnung einzuschließen, weil<br />
sie wie besessen vor der Haustürlampe<br />
herumschwirren“, sagt Bianca, „und<br />
wenn sie mir doch zu nahe kommen,<br />
habe ich das Gefühl, mein Verstand<br />
setzt für einen Moment aus und nur<br />
noch der Fluchtinstinkt ist aktiv.“ Die<br />
betroffene Person versucht immer das<br />
zu vermeiden, was ihr Angst bereitet.<br />
Obwohl sie im Prinzip weiß, dass es<br />
ungefährlich ist.<br />
„Die subjektive Leidensqualität<br />
des Betroffenen ist entscheidend“,<br />
meint Reinhard Ehrlich. So lassen sich<br />
die meisten Phobiker erst dann behandeln,<br />
wenn die Angst den Alltag stark<br />
beeinflusst. Dann hilft eine „symptomorientierte<br />
Verhaltenstherapie“. Schritt<br />
für Schritt gewöhnt man sich an das<br />
Tier: Erst nur im Gedanken, später mit<br />
Hilfe von Fotos, dann in der Realität,<br />
am Anfang nur von weitem, dann aus<br />
der Nähe, ganz zum Schluss kann sogar<br />
eine Vogelspinne problemlos auf der<br />
Hand sitzen. „Die Erfolgsquote liegt bei<br />
mindestens 70%“, weiß Ehrlich.<br />
Wenn Sie also demnächst mal<br />
wieder gemütlich im Wohnzimmer sitzen<br />
und sich plötzlich einbilden, dass<br />
das, was sich da in der Ecke bewegt<br />
hat, ganz sicher eine Spinne ist und in<br />
Panik verfallen, denken Sie nicht, Sie<br />
sind verrückt - auch wenn es nur ein<br />
heruntergefallener Papierschnipsel<br />
war. Das geht wirklich nicht nur Ihnen<br />
so. Zwar heißt es, dass es mehr Frauen<br />
als Männer sind, aber wir alle wissen<br />
schließlich: Die meisten Männer würden<br />
wohl erst zugeben, dass sie Angst<br />
vor einem harmlosen Krabbeltier haben,<br />
wenn Weihnachten und Ostern<br />
auf einen Tag fallen. #
Gedicht und Kollage: Eduard Lüning<br />
Quo Vadis<br />
Tausend Wege frei vor sich,<br />
die da warten, so drängend, so klar,<br />
satt und fett,<br />
den Füßen ganz nah'.<br />
Und doch so fern, ach so weit weg,<br />
verheißt doch das scheinbare Glück,<br />
verteilt auf so weiter Flur,<br />
die Sehnsucht nur,<br />
nach Träumerei und Illusion.<br />
Lauter Luxus, Riesenreize, kunterbunte<br />
- quälend große Pein!<br />
Wie nur sich entscheiden,<br />
im verhexten Labyrinth,<br />
der süß-sauren Qual der Wahl?<br />
Himmel und Hölle!<br />
Wie fang ich, wo fang ich, was nur<br />
wann an,<br />
Tür und Tor so weit auf,<br />
sperrangelweit auf!<br />
Wohin nur mit mir?<br />
Schnurgeradeaus, lieber links, besser<br />
halbrechts,<br />
weiter außen, Südwesten, Nordosten<br />
- Sakramento!<br />
Tausend Irrungen, lauter<br />
Verwirrungen<br />
erlegen der Täuschung, so viel<br />
Enttäuschung,<br />
scheint nun der Würfel gefallen,<br />
zerfallen die Chance,<br />
zerronnen auf Ewig das Glück.<br />
Tausende Wege vor sich,<br />
verriegelt und vernagelt!<br />
Geblieben ist nur einer,<br />
ein winzig kleiner, ein einzig<br />
schmaler Pfad,<br />
für wahr ein köstlich feiner Grad.<br />
Mit Freuden gegangen, gemäßigten<br />
Schrittes,<br />
in Würde und Demut,<br />
nun dankbar für Alles.<br />
Von ~-Verkäufer<br />
Eduard Lüning<br />
Heute stellen die Tierfreunde Münster Ihre Hündin Mandy vor. Sie ist erst<br />
ca. 2 Jahre alt und etwa 50 cm hoch. Sie hat schon mehrfach Junge<br />
gehabt und ist wahrscheinlich als Geburtsmaschine missbraucht worden.<br />
Mandy konnte erst Ende März aus schlechter Haltung in Spanien befreit<br />
werden und hat bis jetzt noch keinem Menschen vertrauen können.<br />
Dennoch ist sie sehr ruhig<br />
und erstaunlich ausgeglichen<br />
- wenn nicht gerade<br />
ihr leidenschaftlicher<br />
Jagdtrieb mit ihr durchgeht.<br />
Wer hat Spaß Mandy zu zeigen,<br />
dass die Welt schön ist<br />
und Menschen auch gut sein<br />
können?<br />
Kontakt:<br />
Tierfreunde Münster e. V., Kötterstr. 198, 48157 Münster<br />
Telefon: 0251/ 32 50 58,<br />
Öffnungszeiten:<br />
Samstags von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr und Sonntags von 15.00 Uhr bis<br />
18.00 Uhr<br />
www.tierfreunde-ms.de<br />
13
Anzeige<br />
14<br />
Text: Gerrit Hoekman<br />
Bettler aus Osteuropa:<br />
Getrübte Optik<br />
Innerhalb der Europäischen Union<br />
herrscht Reisefreiheit. Das gilt<br />
selbstverständlich auch für Bettler.<br />
Wer sich also in Warschau, Bratislava<br />
oder Bukarest auf die Straße setzen<br />
möchte, um sich auf die Art und Weise<br />
Kost und Logis zu verdienen, darf<br />
das tun. Umgekehrt gilt das natürlich<br />
auch und deshalb sind seit der Osterweiterung<br />
der EU mehr Bettler aus<br />
der Slowakei, Rumänien und Bulgarien<br />
in deutschen Innenstädten unterwegs.<br />
CDU-Ratsherr Richard Halberstadt<br />
hat das Ordnungsamt aufgefordert,<br />
etwas gegen die ungewöhnlichen<br />
Gäste zu unternehmen.<br />
Polizei und Stadtverwaltung sehen<br />
allerdings keinen Handlungsbedarf.<br />
Ein Bericht von Gerrit Hoekman.<br />
Neulich in der Innenstadt wurde<br />
„~“-Layouter Heinz Dalmühle<br />
Zeuge einer merkwürdigen Szene:<br />
Zwei Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdienstes<br />
nahmen eine Frau mit,<br />
die ein kleines Kind auf dem Arm trug.<br />
Offenbar hatten die beiden in der<br />
Ludgeristraße gebettelt. An diesem<br />
Tag waren noch eine ganze Reihe ungewöhnlicher<br />
Bettler in der City. Wie<br />
Perlen an einer Schnur knieten sie auf<br />
dem Pflaster, hielten die Hände - wie<br />
auf dem berühmten Bild von Albrecht<br />
Dürer - bittend nach vorne. In Osteuropa<br />
ist es üblich so nach Almosen<br />
zu fragen, hierzulande ist es ein sehr<br />
befremdender Anblick. Bettler, die in<br />
Deutschland leben, arbeiten anders:<br />
Sie sitzen mit einem Pappschild auf<br />
dem Boden, haben einen Teller, eine<br />
Büchse oder einen Hut vor sich. Als<br />
Heinz Dalmühle an den Fremden vorbeischlenderte,<br />
bemerkte er, wie ein<br />
Junge von einem der Knienden zum<br />
anderen rannte und ihnen etwas ins<br />
Ohr flüsterte.<br />
Seit geraumer Zeit kommen die<br />
Fremden in regelmäßigen Abständen<br />
nach Münster. Sie bleiben ein paar<br />
Tage, dann verschwinden sie wieder.<br />
Ob es immer dieselben sind, die unsere<br />
Stadt besuchen, wissen wir nicht,<br />
auch die „~“! hat keinen Kontakt<br />
zu ihnen. Auch ob sie organisiert<br />
sind und wenn ja, als was, ist uns<br />
unbekannt. Gehören sie vielleicht alle<br />
zur selben Familie? Oder stecken, wie<br />
CDU-Ratsherr Richard Halberstadt vermutet,<br />
Bettel-Banden dahinter, die<br />
<strong>Münsteraner</strong> an Bushaltestellen an-<br />
sprechen oder in Restaurants von<br />
Tisch zu Tisch gehen? „Darum fordere<br />
ich die zuständigen Ämter auf, alles<br />
Mögliche zu tun, um zu prüfen, ob<br />
Aufenthaltsgenehmigungen vorliegen<br />
und ob es sich um organisiertes gewerbsmäßiges<br />
Betteln handelt“,<br />
schreibt Halberstadt. Der Politiker<br />
stützt seine Vermutung auf Berichte<br />
aus Köln („~“, 5/07), wo die<br />
Stadt Bettler aus Rumänien per Bus in<br />
die Heimat zurückschicken will.<br />
Auch in der Rheinmetropole hatte<br />
die Stadtverwaltung einen mafiaähnlichen<br />
Hintergrund vermutet und eine<br />
Razzia in zwei heruntergekommenen<br />
Pensionen gemacht. Es gab weder<br />
Strom noch Wasser, die Wände der<br />
Toilette waren mit Kot beschmiert,<br />
überall lag Müll herum. Weil das Hotel<br />
überfüllt war, schliefen einige Gäste<br />
draußen im Hof neben den Abfalleimern,<br />
zwischen Ratten und Kakerlaken.<br />
Indes: Sowohl in Köln als auch<br />
in Münster hat die Polizei bis heute<br />
keine Beweise für eine Bettel-Mafia.<br />
„Wir haben keine Erkenntnisse über<br />
solche Strukturen“, sagt Alfons Probst,<br />
Pressesprecher der Polizei in Münster.<br />
Andererseits ist der Vorwurf wohl<br />
nicht immer aus der Luft gegriffen: In<br />
Wien hat die Polizei im Februar eine<br />
Schlepperbande hochgehen lassen,<br />
die in Rumänien und Serbien Bettler<br />
angeworben hatte und sie in die<br />
österreichische Hauptstadt brachte,<br />
wo sie ihnen pro Standplatz 200 Euro<br />
im Monat abknöpfte. Insgesamt<br />
100.000 Euro soll die fünfköpfige<br />
Bande verdient haben. In Hamburg ist
vor zwei Jahren ebenfalls ein Hintermann<br />
wegen räuberischer Erpressung<br />
verurteilt worden, der von Bettlern<br />
Geld kassierte.<br />
Dass kriminelle Schlepper allerdings<br />
im großen Stil Menschen zum<br />
Betteln nach Deutschland bringen und<br />
einen Großteil der Einnahmen kassieren,<br />
bezweifelt Birgit Müller, Chefredakteurin<br />
der Hamburger <strong>Obdachlose</strong>nzeitung<br />
Hinz & Kunzt: „Man sollte<br />
mit so einem Vorwurf sehr vorsichtig<br />
sein. Wir haben den Eindruck, dass<br />
es sich oft um Familien handelt, nicht<br />
um Banden mit Mafiastrukturen“, sagt<br />
sie gegenüber „~“. Vor einem<br />
Jahr tauchten behinderte Bettler aus<br />
Bulgarien in der Hansestadt auf, die<br />
Polizei ermittelte, fand aber auch hier<br />
keine Beweise für eine kriminelle Organisation.<br />
Im Februar bettelten Slowaken<br />
in der Fußgängerzone, auch<br />
hier konnten die Behörden keine Mafia<br />
entdecken. Die Bedingungen, unter<br />
denen die Bettler in der Hansestadt<br />
leben, sind allerdings ähnlich<br />
erbärmlich wie in Köln. „Die hausen<br />
in den letzten Verschlägen“, erzählt<br />
Birgit Müller. „Trotzdem sagen sie:<br />
Uns ist es noch nie so gut gegangen<br />
wie hier.“ Kein Wunder: Die Armut in<br />
ihrer Heimat ist oft riesig, vor allem<br />
deshalb kommen sie nach<br />
Deutschland.<br />
So lange sich die Fremden nichts<br />
zu Schulden kommen lassen, besteht<br />
keine Handhabe gegen sie. Betteln ist<br />
seit Jahrhunderten ein Menschenrecht<br />
und das ist auch gut so. „Nur wenn es<br />
gewerbsmäßig geschieht oder aggressiv,<br />
können wir etwas unternehmen“,<br />
sagt Ordnungsamt-Chef Martin Schulze-Werner<br />
auf unsere Anfrage. Wenn<br />
das Amt eine gewerbsmäßige Struktur<br />
vermutet, handelt es sich um eine<br />
Sondernutzung, für die man eine besondere<br />
Genehmigung braucht. Vor<br />
einiger Zeit fiel dem Ordnungsdienst<br />
der Stadt bei der Kontrolle der Personalausweise<br />
auf, dass die Bettler alle<br />
in derselben Straße in einem slowakischen<br />
Dorf wohnten. Wie sich herausstellte,<br />
waren sie mit einem Bulli nach<br />
Münster gekommen und mussten<br />
einen Teil der Einnahmen an eine Art<br />
Chef abgeben. „Wir kontrollieren die<br />
Leute regelmäßig“, sagt Martin Schulze-Werner.<br />
Hier und da hat es Meinungsverschiedenheiten<br />
mit alteingesessenen<br />
Bettlern gegeben, die um<br />
ihre Plätze und ihre Einnahmen<br />
fürchten. Oft knien die Fremden aus<br />
dem Osten unmittelbar neben einem<br />
„~“-Verkäufer, wohl in der Annahme,<br />
dass auch für sie noch ein<br />
paar Cent abfallen, wenn ein Kunde<br />
stehen bleibt, um unser Straßenmagazin<br />
zu kaufen.<br />
Nicht nur das Ordnungsamt, sondern<br />
auch die Opposition im Stadtrat<br />
findet Richard Halberstadts Vorstoß<br />
unangemessen. „Hier werden aufgrund<br />
bloßer Vermutungen Schlagzeilen<br />
zu einem Thema gesetzt, dass<br />
nach Einschätzung nicht nur der Ordnungsbehörden<br />
in der Wirklichkeit gar<br />
nicht vorhanden ist. Diese billigen Parolen<br />
auf Kosten der Schwachen sind<br />
beschämend“, sagt der Fraktionschef<br />
der SPD im Stadtrat, Wolfgang Heuer.<br />
Der Brief ans Ordnungsamt passe genau<br />
in die Politik der Ausgrenzung der<br />
schwarz-gelben Koalition. „Damit<br />
einher geht jetzt der offenkundige<br />
Versuch, Teile der Innenstadt für die<br />
‚Champagner-Society' zu reservieren“,<br />
glaubt Heuer. Eine verantwortliche<br />
Großstadtpolitik setzte demgegenüber<br />
auf präventive Maßnahmen der Wohnungssicherung,<br />
um Obdachlosigkeit<br />
zu vermeiden, auf soziale Schuldnerberatung<br />
und auf aktive Arbeitsmarktpolitik.<br />
Auch der grüne Fraktionsvorsitzende<br />
Hery Klas sieht den Brief an die<br />
Stadtverwaltung im Zusammenhang<br />
mit der schwarz-gelben Politik in<br />
Münster: „Am Donnerstag beschließen<br />
CDU und FDP zwei weitere Kommerztempel<br />
und am Cityrand ein Bankenhochhaus<br />
zu Lasten der Nachbarschaft<br />
zu bauen. Am Freitag kümmert sich<br />
die CDU dann darum, dass arme Menschen<br />
die schöne Optik nicht trüben.<br />
Denn am Samstag feiert man nobel<br />
mit den Kaufleuten den Hansetag auf<br />
dem feinen Prinzipalmarkt.“ Vorsicht<br />
ist ohnehin geboten: Nicht unbedingt<br />
vor den fremden Bettlern, sondern vor<br />
ausländerfeindlichen Trittbrettfahrern.<br />
In Köln kam der erste Hinweis<br />
auf die Osteuropäer in der Innenstadt<br />
von der rechtsextremen Bürgerbewegung<br />
„Pro Köln“, die sich nun, nachdem<br />
die Stadt gegen die Bettler vorgeht,<br />
selbst auf die Schulter klopft. #<br />
15
16<br />
Text: Gerrit Hoekman und Katha Boßhammer<br />
Teddyklinik:<br />
Keine Angst vorm Arztbesuch<br />
Wenn Sie krank sind, müssen Sie ins<br />
Krankenhaus, das ist klar. Aber wohin<br />
gehen Sie, wenn Ihr Teddy ein<br />
Wehwehchen hat? Nein, wir meinen<br />
jetzt nicht Ihren Ehemann, den<br />
schicken Sie dann am Besten in die<br />
Kneipe um die Ecke. Wir reden von<br />
einem richtigen Teddy mit Kulleraugen<br />
und flauschigem Fell. Sehen<br />
Sie, das wissen Sie nicht - wir aber!<br />
Ins Teddykrankenhaus vor dem<br />
Schloss. Katha Boßhammer und Gerrit<br />
Hoekman haben ein Kuscheltier<br />
zur Untersuchung begleitet.<br />
Hannahs Teddy ist krank. Genauer<br />
gesagt ist er verletzt und kann nicht<br />
mehr laufen. „Ich habe nur kurz weggeguckt<br />
und schon ist er vom Hochbett<br />
gefallen“, sagt die 7-Jährige. Nun<br />
baumelt das rechte Bein ganz schlapp<br />
vom Bärenkörper. „Er hat Schmerzen.“<br />
In der Tat schaut der kleine Kerl mit<br />
den dunklen Knopfaugen ganz schön<br />
bedröppelt. Vermutlich steht er noch<br />
unter Schock. Aber tapfer ist er und<br />
gibt keinen Mucks von sich. Hannah<br />
trägt den kuscheligen Patienten in<br />
eines der Zelte, die vor dem Schloss<br />
aufgebaut sind. „Anmeldung“ steht<br />
auf einem großen Schild. Klammheimlich<br />
schleicht sie sich an dem Clown<br />
vorbei, der die anderen Kinder heimtückisch<br />
vor dem Zelt abfängt und zu<br />
dummen Späßen zwingt.<br />
„Na, was hat er denn?“, fragt die<br />
nette, junge Frau am Eingang. „Er ist<br />
vom Hochbett gefallen“, sagt Hannah.<br />
Die Frau packt den Teddy auf eine Küchenwaage.<br />
Stramme 230 Gramm<br />
wiegt der Kuschelbär und 32 Zentimeter<br />
ist er groß, das hat sie mit einem<br />
Maßband festgestellt. „Ganz schön<br />
groß“, sagt sie. Hannah ist stolz. „Wie<br />
alt ist der Bär denn?“ „Sieben Jahre,<br />
genauso alt wie ich“, antwortet die<br />
Grundschülerin. Eigentlich dürfte sie<br />
gar nicht hier sein, denn die Teddyklinik<br />
ist nur für Kinder bis sechs Jahre.<br />
Aber ihr Teddy ist schließlich ein<br />
Notfall. Die Frau schreibt Größe, Alter<br />
und Gewicht des Patienten auf das<br />
Krankenblatt, gibt es Hannah und<br />
schickt sie ins nächste Zelt, wo sich<br />
eine Ärztin um den Bären kümmert.<br />
Hier wird der Teddy erstmal geröntgt.<br />
Das Röntgengerät ist auf dem<br />
neusten Stand: Der Teddy muss sich<br />
unter einen mit Alufolie beklebten<br />
Pappkarton legen, auf dem ein Radioaktiv-Zeichen<br />
prangt. Der Bär lässt<br />
alles bereitwillig über sich ergehen<br />
und Hannah passt gut auf, dass ihm<br />
niemand eines seiner vielen Haare<br />
krümmt. Dann stellt die Ärztin die Diagnose:<br />
Beinbruch. Ganz deutlich zu<br />
erkennen auf dem Röntgenbild. Sie<br />
legt den Teddy auf den Behandlungstisch,<br />
verpasst ihm eine Schiene aus<br />
einem kleinen Holzstiel und wickelt<br />
einen Verband drum. Gleich nebenan<br />
operiert ein Chirurg gerade einen Tiger.<br />
Anscheinend ein komplizierter<br />
Fall. Zum Schluss erklärt die Ärztin<br />
Hannah, wie sie den Teddy in der<br />
nächsten Zeit behandeln muss und<br />
trägt es in das Krankenblatt ein. Er<br />
braucht viel Ruhe, Bewegung sollte er<br />
erstmal vermeiden. Kuscheln ist natürlich<br />
noch erlaubt. Außerdem bekommt<br />
Hannah noch einen Kühlbeutel<br />
für den Teddy, das Röntgenbild darf<br />
sie auch behalten.<br />
„Die Teddyklinik soll den Kindern<br />
die Angst vorm Krankenhaus neh-<br />
men“, erklärt die Assistentin, die vor<br />
dem Zelt steht. „Der Teddy ist sozusagen<br />
Stellvertreter.“ Seit zwei Jahren<br />
leiten etwa hundert Medizinstudenten<br />
aus Münster für zwei Tage die Teddyklinik,<br />
die zu den größten in der Bundesrepublik<br />
zählt und die jedes Mal<br />
über tausend Kuscheltiere verarztet.<br />
„Wir sind nicht alle angehende Kinderärzte“,<br />
erzählt die Studentin, „wir<br />
spezialisieren uns ja erst nach zwölf<br />
Semestern auf ein Gebiet.“ Die Idee,<br />
ein Krankenhaus für Teddys zu eröffnen,<br />
kommt ursprünglich aus Skandinavien,<br />
andere sagen aus den USA,<br />
seit einigen Jahren jedenfalls folgen<br />
auch mehrere deutsche Städte dem<br />
Beispiel. Denn viele Kinder haben<br />
Angst vor Ärzten und Krankenhäusern.<br />
Sie verstehen oft nicht, was man dort<br />
mit ihnen macht, häufig ist es mit<br />
Schmerzen verbunden, wenn sie behandelt<br />
werden. In der Teddyklinik<br />
erleben sie die Situation einmal anders:<br />
Als Teddymama oder Teddypapa<br />
können sie in Ruhe dabei zusehen,<br />
wie das Stofftier untersucht und behandelt<br />
wird, die Ärzte erklären ihnen<br />
genau, was dem Patienten fehlt und<br />
wie man ihn am besten heilt. So erkennen<br />
die Kinder, dass der Arztbesuch<br />
einfach sein muss, wenn man<br />
schnell wieder gesund werden will.<br />
Hannah ist jedenfalls zufrieden<br />
und der Teddy wirkt auch schon viel<br />
fröhlicher. Eigentlich ist der Verband<br />
an seinem Bein auch ganz hübsch und<br />
wenn sie ihn abnehmen darf, sieht<br />
sicher auch das Bein wieder besser<br />
aus. Zum Schluss schaut sich Hannah<br />
noch den Rettungswagen an, der neben<br />
dem Behandlungszelt steht, und<br />
lässt sich von zwei Studenten die Geräte<br />
erklären, die in dem orange-weißen<br />
Bulli zu finden sind. Den Teddy<br />
trägt sie selbstverständlich auf dem<br />
Arm, denn laufen kann er vorerst noch<br />
nicht wieder. Und in Zukunft wird sie<br />
ihn bestimmt nicht mehr aus den Augen<br />
lassen, wenn er in ihrem Bett<br />
liegt. #
Für die lebensnahste Skulptur der skulptur projekte Münster 07<br />
<strong>Münsteraner</strong> <strong>Obdachlose</strong> <strong>vergeben</strong> <strong>Preis</strong><br />
Dem Aufruf der diesjährigen Skulpturenausstellung,<br />
sich aktiv und kritisch<br />
mit Kunst im öffentlichen Raum auseinanderzusetzen<br />
werden die <strong>Münsteraner</strong><br />
<strong>Obdachlose</strong>n folgen. Die Kriterien,<br />
die die Gruppe anwenden wird,<br />
spiegeln dabei die Lebenssituation der<br />
<strong>Obdachlose</strong>n wieder, treffen sich aber<br />
durchaus auch mit denen der Kunstszene:<br />
Originalität und die Verbindung<br />
mit dem Ausstellungsort spielen ebenso<br />
eine Rolle wie der Bezug zu Themen<br />
wie soziale Gerechtigkeit. Für Berber<br />
besonders wichtig ist natürlich die<br />
Frage der Zugänglichkeit der Kunstwerke<br />
und ob sie neben dem Kunstgenuss<br />
auch noch einen Sitzplatz oder<br />
möglicherweise sogar Schlafplatz bieten<br />
könnten.<br />
Gesponsert von dem <strong>Münsteraner</strong><br />
Straßenmagazin „~“ wird eine<br />
Gruppe von <strong>Obdachlose</strong>n die ausgestellten<br />
Kunstwerke unter die Lupe<br />
nehmen und einen <strong>Preis</strong> für die le-<br />
bensnahste Skulptur <strong>vergeben</strong>. Die<br />
Jury besteht aus 7 Mitgliedern, alles<br />
Menschen aus der Straßenszene, viele<br />
davon Verkäufer von „~“.<br />
<strong>Obdachlose</strong> kennen den öffentlichen<br />
Raum wie sonst niemand. Sie sind seine<br />
ständigen Bewohner, sie wissen<br />
aus diesem Grunde um seine kleinsten<br />
Details, kennen seine Geschichte und<br />
beobachten aufmerksam die Veränderungen,<br />
die allerorts stattfinden. Um<br />
dieses Wissen kann sie so mancher<br />
Künstler des öffentlichen Raums beneiden.<br />
Die Berberjury will mit ihrer Aktion<br />
einen Beitrag zur Frage leisten, in welcher<br />
Weise die ausgestellten Kunstwerke<br />
in der Lage sind, den öffentlichen<br />
Raum und seine Funktionen zu<br />
reflektieren. Letzteres hat sich die<br />
diesjährige Skulpturenausstellung vorgenommen.<br />
Gegenwärtig bereitet sich<br />
die Gruppe auf ihre Aufgabe vor, dabei<br />
Kontakt: Sabine Preuß, Straßenmagazin „~“, Koordination „Berberpreis“, Tel: 0251-2109280,<br />
Sabine_Preuss@yahoo.com<br />
„~“ kein<br />
Anschlagsziel!<br />
Neulich bot uns ein Satiremagazin von<br />
der Elfenbeinküste ein Interview an,<br />
das die Redakteure mit der Propaganda-Abteilung<br />
der al-Qaida geführt<br />
hatten. Sie stellten den Islamisten eine<br />
Reihe ungewöhnlicher Fragen, zum<br />
Beispiel wie sie Paris Hilton finden und<br />
ob sie manchmal auch ins Kino gehen.<br />
Da die Antworten erwartungsgemäß<br />
recht humorfrei waren, verzichten wir<br />
auf den Abdruck, haben aber sicherheitshalber<br />
noch mal nachgefragt,<br />
woher sie unsere Mail-Adresse hätten.<br />
Keine Ahnung, antwortete der Chefredakteur<br />
aus Cote d'Ivoire in exzellentem<br />
Deutsch. Er könne uns aber<br />
versichern, dass wir kein anschlagsrelevantes<br />
Ziel für Bin Laden seien. Wir<br />
vermuten, weil unser Büro im Souterrain<br />
liegt.<br />
Explosive Post<br />
Vor Kurzem fanden wir im Postkasten<br />
ein Flugblatt, das uns sehr beunruhigte:<br />
„TNT-Post sucht Verteiler“. Ist TNT<br />
nicht ein hoch explosiver Sprengstoff,<br />
schoss es uns durch den Kopf? Es ging<br />
also offenbar um Briefbomben. „Wir<br />
von TNT-Post suchen engagierte Menschen,<br />
die Broschüren, Handzettel,<br />
Prospekte und Kataloge in Ihrer Region<br />
verteilen“, lasen wir weiter. Nachtigal<br />
ick hör dir trapsen. „Dafür sollten Sie<br />
mindestens 13 Jahre alt sein und werden<br />
fair bezahlt.“ Klar, mit Jungfrauen,<br />
die im Himmel auf uns warten.<br />
„Sie sind in einem tollen Team und<br />
Teil eines weltweit tätigen Konzerns.<br />
Hört sich gut an, oder?“, hieß es dann<br />
noch und für uns stand spätestens da<br />
fest: Dieses Flugblatt stammt von der<br />
al-Qaida.<br />
wird die Geschichte der Skulpturenausstellungen<br />
in Münster ebenso studiert,<br />
wie die einzelnen Kunstwerke,<br />
die in diesem Jahr in die Stadt kommen.<br />
Schließlich will man gut informiert<br />
auf die Kunstwerke treffen.<br />
Der Berberpreis soll am Sonntag, den<br />
24. Juni 2007, um 19 Uhr in einer öffentlichen<br />
Veranstaltung unter anderem<br />
in Anwesenheit der Kuratorin<br />
Brigitte Franzen und dem Künstler<br />
Clemens von Wedemeyer verliehen<br />
werden. Ort: Metropolis Kino am<br />
Bahnhof. Der Prozess der Diskussion<br />
in der Gruppe und die Begehung der<br />
Kunstwerke werden schriftlich dokumentiert<br />
und in Fotos festgehalten.<br />
Die Dokumentation wird während der<br />
Dauer der Ausstellung im Metropolis zu<br />
sehen sein.<br />
Anzeige<br />
17
18<br />
Text und Foto: Gerrit Hoekman<br />
Soziologie in Münster:<br />
Stellenwert wie Altägyptisch<br />
Die Kritiker haben es von Anfang an<br />
befürchtet: Die ganze Diskussion um<br />
international leistungsfähige Eliteuniversitäten,<br />
um Studiengebühren und<br />
Drittmittelforschung geht zu Lasten der<br />
Gesellschaftswissenschaften. Medizin,<br />
Chemie und Jura werden gehätschelt,<br />
Philosophie, Ethnologie und Politikwissenschaften<br />
kommen in die Abstellkammer.<br />
Im Moment geht es in Münster<br />
dem traditionsreichen Institut für<br />
Soziologie an den Kragen. In naher<br />
Zukunft sollen nur noch anderthalb<br />
Professoren die Studenten unterrichten.<br />
Gerrit Hoekman, der selbst viele<br />
Semester Soziologie studiert hat, über<br />
neue Angriffe und alte Rechnungen.<br />
In den siebziger Jahren und den<br />
Achtzigern, auf dem Höhepunkt der<br />
Friedensbewegung gegen die Pershing-II-Raketen,<br />
gehörte das Institut<br />
für Soziologie zu den renommiertesten<br />
in der Bundesrepublik. Krysmanski<br />
lehrte Friedens- und Konfliktforschung,<br />
Wasmus scheuchte die Studenten<br />
durch „Das Kapital“, die drei<br />
Bände von Karl Marx, und Priester<br />
erklärte den Erstsemestern, dass<br />
Gramsci keine italienischen Meeresfrüchte<br />
sind, sondern er ist ein Kommunist<br />
und Philosoph. Kritische Geister<br />
standen in den Vorlesungen am<br />
Pult und kritische Geister saßen auf<br />
den Unibänken. Die Deutsche Kommunistische<br />
Partei hatte immer einen<br />
Fuß in der Tür und die „Sympis“, die<br />
Sympathisanten des marxistischen<br />
Studentenbund MSB Spartakus, diskutierten<br />
manches Seminar zu Grunde.<br />
Politische Demonstrationen in Münster<br />
hatten oft hier ihren Ursprung.<br />
Heute werden an der Scharnhorststraße<br />
keine Revolten mehr geschmiedet,<br />
die Kritik am System ist leiser<br />
geworden. Die Gefahr, dass sie<br />
demnächst ganz verstummt, ist groß,<br />
denn die Universität streicht dem Ins-<br />
titut eine Professur nach der anderen.<br />
Scheiden Professoren aus Altersgründen<br />
aus, werden ihre Stellen nicht<br />
mehr neu besetzt. „2000 hatten wir<br />
noch zehn Professuren, Anfang dieses<br />
Jahres waren es noch fünf und 2009<br />
sind es vielleicht noch anderthalb“,<br />
zeichnet Professor Hanns Wienold ein<br />
düsteres Bild. Damit wäre die Soziologie<br />
in Münster auf einem Niveau wie<br />
Alt-Ägyptologie und Papyruskunde.<br />
Hinzu kommt, dass die Zahl der wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter in den<br />
letzten Jahren auf die Hälfte gesunken<br />
ist. Die Studentenzahlen sind in derselben<br />
Zeit indes gestiegen. 2.700 Studenten,<br />
das sind mehr als fünf Prozent<br />
aller an der Westfälischen-Wilhelms-<br />
Universität Immatrikulierten, studieren<br />
Soziologie. Dazu kommen noch 3.000<br />
Lehramtsstudenten. „Die Seminare<br />
sind voll“, sagt Wienold. Die Prüfungsbelastung<br />
ist für die Professoren, die<br />
übrig geblieben sind, enorm. „Das<br />
konterkariert alle Argumente für eine<br />
‚Verbesserung der Lehre' durch die<br />
Einführung von Studiengebühren“,<br />
heißt es in einer Resolution, die das<br />
Institut verabschiedet hat. Uni-Rektorin<br />
Ursula Nelles ist aber der Meinung,<br />
dass der Wissenschaftsnachwuchs<br />
genauso gut und viel billiger<br />
von Honorarkräften und Lektoren unterrichtet<br />
werden kann. „Das Rektorat<br />
meint, die vornehmliche Aufgabe<br />
eines Professors sei es, Drittmittel anzuwerben“,<br />
hadert Wienold mit der<br />
neuen Stellenbeschreibung. Sein eigener<br />
Platz ist im Januar gestrichen worden.<br />
Exzellenzinitiative hat der Wissenschaftsrat<br />
von Bund und Ländern<br />
seinen ehrgeizigen Versuch genannt,<br />
die deutschen Universitäten auf Hochleistung<br />
zu trimmen. Die Hochschulen<br />
können für Forschungsprojekte Mittel<br />
aus einem Topf beantragen, in dem bis<br />
zum Jahr 2011 insgesamt 1,9 Milliarden<br />
Euro vorhanden sind. Die Beteiligung<br />
der Wirtschaft ist ausdrücklich erwünscht.<br />
Die Institute sollen so weit wie<br />
möglich finanziell alleine klar kommen<br />
- ein ungleicher Kampf, den geisteswissenschaftliche<br />
Fächer wie Soziologie<br />
verlieren müssen, zumal wenn<br />
sie sich kritisch mit der Gesellschaft<br />
der Bundesrepublik auseinander setzen.<br />
Die Wirtschaft investiert, wer<br />
könnte es ihr verübeln, lieber in Bereiche,<br />
die ihr mittel- und langfristig<br />
höhere Aktienkurse versprechen. Die<br />
Verflechtung zwischen Unternehmen<br />
und Uni ist an manchen Instituten so<br />
weit fortgeschritten, dass man von<br />
freier Forschung nicht mehr wirklich<br />
sprechen kann. Die Wirtschaft bestimmt,<br />
was geforscht wird, und die<br />
Soziologen forschen oft kritisch nach<br />
Dingen, die den Profiteure der mittlerweile<br />
vogelfreien Marktwirtschaft<br />
missfallen: Globalisierung, wachsende<br />
Kluft zwischen Arm und Reich, Wandel<br />
der Arbeitswelt.<br />
Der Aderlass wird sich auch auf<br />
andere Fächer auswirken, befürchtet<br />
Wienold. Denn Soziologen liefern Fakten,<br />
auf deren Basis Fächer wie Politikwissenschaften,<br />
Geografie oder Psychologie<br />
erst mit dem Forschen anfangen<br />
können. Deshalb wundert es<br />
nicht, dass viele Solidaritätsadressen<br />
von Hochschullehrern und Fachschaften<br />
aus ganz Deutschland das Institut<br />
erreicht haben. Sogar die Bundesfachtagung<br />
der Chemiker macht sich für<br />
die Kollegen stark: „Bundesweit zeichnet<br />
sich die Tendenz ab, dass ‚drittmittelschwache'<br />
Fächer, meist Sprachund<br />
Geisteswissenschaften zusammen<br />
gestrichen werden. Dabei ist die Breite<br />
an Studien- und Forschungsfächern<br />
für die Hochschule und für die Gesellschaft<br />
unbedingt notwendig.“ #
Interview: Gerrit Hoekman und Katha Boßhammer<br />
Hanns Wienold:<br />
„Leuchttürme der Wissenschaft“<br />
Professor Wienold, am Dienstag trafen<br />
sich die Soziologie-Studenten der Universität<br />
Münster zu einer Vollversammlung.<br />
Worum ging es?<br />
Die Studenten und Professoren haben<br />
überlegt, was wir gegen den erneuten<br />
Versuch des Rektorats unternehmen<br />
können, die Soziologie in Münster aufzulösen<br />
oder auf einen Restbestand zu<br />
reduzieren. Dabei spielt es für das<br />
Rektorat anscheinende keine Rolle,<br />
wie groß die Nachfrage bei den Studenten<br />
ist oder welche Bedeutung das<br />
Fach an einer so großen Universität<br />
wie Münster hat. Es gibt jetzt neue<br />
Kriterien: Dabei geht es im Wesentlichen<br />
um so genannte Wirtschaftlichkeit<br />
und um das Konkurrenzprinzip an<br />
der Hochschule. Es besteht die Gefahr,<br />
dass es Soziologie in Zukunft als<br />
eigenständiges Fach in Münster nicht<br />
mehr gibt.<br />
Ist die so genannte Exzellenzinitiative<br />
des Wissenschaftsrates von Bund und<br />
Ländern am Stellenabbau schuld, die<br />
deutsche Universitäten international<br />
wettbewerbsfähig machen soll?<br />
Münster beteiligt sich auch daran. Das<br />
Ziel ist Leuchttürme der Wissenschaft<br />
zu errichten, die in die Republik strahlen<br />
sollen. Dafür müssen als Vorleistung,<br />
um überhaupt in den Wettbewerb<br />
eintreten zu können, von der<br />
Universität neue Professuren geschaffen<br />
werden und die Uni ist nun auf der<br />
Suche, wo sie diese einsparen kann.<br />
Das Institut für Soziologie ist eines der<br />
ersten Opfer.<br />
Warum ausgerechnet Soziologie?<br />
Das ist eine gute Frage. Die Soziologie<br />
ist seit 1972 ein ungeliebtes Kind: Damals<br />
war die Soziologie von Münster<br />
nach Bielefeld verlegt worden, aber<br />
die Studenten haben dagegen massiv<br />
protestiert und die Einrichtung des<br />
heutigen Instituts erreicht. Es gibt immer<br />
noch Personen im Rektorat, die<br />
sich daran zurückerinnern. Angeblich<br />
bringt die Soziologie mit ihrem kriti-<br />
schen Potential nicht das, was die Uni<br />
von einer modernen, effizienten Wissenschaft<br />
erwartet: Drittmittel, internationale<br />
Kontakte, Orchideenstudiengänge,<br />
mit denen man sich<br />
schmücken kann. Ein Beitrag zu einer<br />
kritischen Sozialwissenschaft scheint<br />
nicht erwünscht.<br />
Konkret heißt das, auslaufende Stellen<br />
werden einfach nicht mehr neu besetzt…<br />
Ja, oder die Neubesetzung wird vertagt.<br />
Außerdem ist im Januar meine<br />
Stelle aus fadenscheinigen Gründen<br />
gestrichen worden. Das Rektorat will<br />
nun die Soziologie evaluieren, das<br />
heißt nach verschiedenen so genannte<br />
Leistungskriterien bewerten und dann<br />
eventuell neu ausrichten, beziehungsweise<br />
auflösen. Das wird mindestens<br />
ein Jahr dauern. Wie aus einer solchen<br />
Evaluation etwas für die zukünftige<br />
Aufstellung der Soziologie ablesbar ist,<br />
ist unklar. Das Rektorat hat kein Konzept<br />
und möchte sich nicht festlegen.<br />
Deshalb wird das Ganze vertagt. Dadurch<br />
hofft man bestimmt auch den<br />
Protest der Studenten ins Leere laufen<br />
zu lassen.<br />
Welche fadenscheinigen Gründe waren<br />
das?<br />
Das Institut hat angeblich vereinbarte<br />
Leistungskriterien nicht erfüllt. Nachdem<br />
2005 auch vom Rektorat festgestellt<br />
worden war, das wir unsere Aufgaben<br />
gemacht haben, hat es nun als<br />
einziges Kriterium die Drittmittelausgaben<br />
für Forschungsprojekte herbeigezogen,<br />
die im Jahre 2006 tatsächlich<br />
auf einem niedrigen Stand waren. Das<br />
Rektorat musste jedoch wissen, dass<br />
wir dieses Jahr schon wieder auf dem<br />
alten Stand sind. Das war also eine<br />
vorübergehende Schwäche und die<br />
wurde ausgenutzt, um die Stellenstreichung<br />
zu begründen. Aber dadurch<br />
vergrößert man die Probleme<br />
nur, die wir haben. Ich betrachte das<br />
als eine Art Bestrafungsaktion, die<br />
allerdings langfristige Konsequenzen<br />
hat.<br />
Steht die Universität der Zukunft nur<br />
noch der Wirtschaft zur Verfügung?<br />
Das kann man sagen. Diejenigen, die<br />
sich durchsetzen können im Kampf um<br />
die Drittmittel werden gehätschelt, die<br />
anderen verlieren. Das ist das Prinzip<br />
der Konkurrenzwirtschaft, die einen<br />
gewinnen, die anderen verlieren. Die<br />
Verantwortlichen der Universität setzen<br />
offenkundig auf die potentiellen<br />
Gewinner und es sieht so aus, als würden<br />
wir von vorneherein bereits zu<br />
den Verlierern gerechnet.<br />
Was werden die Auswirkungen sein für<br />
die Uni und für die Gesellschaft?<br />
Es wird alle Wissenschaften und ihre<br />
Studierenden betreffen, die Soziologie<br />
als Grundlagenfach benötigen. Aber es<br />
wird auch Auswirkungen auf Münster<br />
haben, denn wir sind an vielen Stellen<br />
präsent. Zum Beispiel beim Münsterbarometer<br />
der Westfälischen Nachrichten,<br />
an dem wir uns seit 15 Jahren beteiligen.<br />
Auch bei anderen Initiativen<br />
sind wir dabei und wir haben auch<br />
viel über die Region geforscht. Und<br />
nicht zuletzt ist es auch ein Verlust für<br />
die gesamte Soziologie in der Bundesrepublik,<br />
das zeigen alleine schon die<br />
Reaktionen von anderen Universitäten.<br />
Die Aktion des Rektorats wird<br />
durchaus als Angriff auf die Soziologie<br />
allgemein verstanden: Eine Wissenschaft,<br />
die soziale Ungleichheit und<br />
Ungerechtigkeit aufgreift, scheint<br />
heute unzeitgemäß zu sein. Wenn<br />
man die Aussagen von Minister Müntefering<br />
zum so genannten Präkariat<br />
betrachtet, dann sieht man deutlich,<br />
dass diese mit soziologischer Analyse<br />
nichts im Sinn haben. Nach dem Willen<br />
von Müntefering sollen wir nur<br />
noch eine Mittelstandsgesellschaft<br />
sein, in der es weder eine Unterschicht<br />
gibt noch soziale Probleme. Es wird<br />
der Eindruck erweckt, die Soziologie<br />
mache die Probleme und rede sie herbei.<br />
#<br />
19
20<br />
Text und Foto: Michael Heß<br />
Kartfahren:<br />
Irgendwie geil!<br />
Aufmerksame Besucher des Gewerbegebietes<br />
an der Siemensstraße<br />
kennen die große Halle, in der sich<br />
die Indoor-Kartbahn befindet. Sie<br />
wissen auch, dass täglich mehrere<br />
Leute die Halle aufsuchen, um nur<br />
mal so zum Spaß dort ihre Runden<br />
zu drehen. Dass es drinnen aber<br />
auch um ernsthaft betriebenen Hobbysport<br />
geht, dürfte weniger bekannt<br />
sein. Michael Heß hat sich am<br />
Ort des Geschehens mit Marcus Bongardt<br />
und Dirk Schulte vom Verein<br />
Kartsportfreunde Münster getroffen.<br />
Michael Schumacher hat mit Kartfahren<br />
angefangen, sein Bruder Ralf<br />
auch und Jörg Müller von der Deutschen<br />
Tourenwagen-Weltmeisterschaft<br />
ebenso. Natürlich ist es ein weiter Weg<br />
von der Kartbahn bis hinauf aufs Siegertreppchen<br />
der Formel 1, den nur die<br />
wenigsten schaffen. Angefangen aber<br />
hat ausnahmslos jeder auf den kleinen<br />
Flitzern. In Münster sind die Anhänger<br />
dieses Sports im 1996 gegründeten<br />
Verein „Kartsportfreunde Münster“ gut<br />
aufgehoben. Momentan hat der Verein<br />
45 Mitglieder. „Beruflich geht es quer<br />
durch den Gemüsegarten, von angestellt<br />
bis selbstständig“, erzählt der<br />
Vereinsvorsitzende Marcus Bongardt,<br />
der mit seinen 27 Lenzen Jura studiert<br />
und seit 1998 dabei ist. „Der Boom der<br />
letzten Jahre ist natürlich vorbei“,<br />
meint Marcus nüchtern, mit Blick auf<br />
Michael Schumachers Karriereende.<br />
„Vereinsziel ist es, die hobbymäßigen<br />
Kartfahrer in Münster in gemeinsamen<br />
Aktivitäten zu organisieren.“ Zu Hause<br />
ist der Verein auf Peter Beules Kartbahn<br />
an der Siemensstraße. Der engagierte<br />
Hausherr brachte es selbst als<br />
Kartfahrer in den 70er Jahren zweimal<br />
zum Vize-Juniorenweltmeister. Die<br />
Kart-Sportfreunde haben mit ihm tatsächlich<br />
den idealen Hausherrn gefunden.<br />
Pro Jahr gibt es im Verein bis zu<br />
20 Veranstaltungen: Ausflüge, Stammtische<br />
und natürlich Rennen, in Münster<br />
oder auswärts. Außerdem können<br />
Vereinsmitglieder zum ermäßigten<br />
<strong>Preis</strong> die Kartbahn nutzen. Die Mitglieder<br />
sind übrigens in sehr unterschiedlichem<br />
Alter. Marcus Bongardt erzählt:<br />
„Kart fahren kann praktisch jeder. Unser<br />
jüngster Fahrer ist zwölf, der Älteste<br />
immerhin 61. Hauptsache, die Körpergröße<br />
beträgt mindestens 1,40 Meter.“<br />
Das ist wichtig für die sichere<br />
Steuerung der Karts, denn die mit Superbenzin<br />
betriebenen kleinen Flitzer<br />
sind nicht zu unterschätzen. Mit ihren<br />
5,5 PS schaffen sie in der Halle bis zu<br />
50 Stundenkilometer, auf Bahnen im<br />
Freien sogar 65. Ständige Obacht ist<br />
beim Rennbetrieb unerlässlich, um<br />
Knochenbrüche oder Schlimmeres zu<br />
vermeiden. Die Geschwindigkeit hat<br />
ihren <strong>Preis</strong> - neu kostet ein Kart immerhin<br />
stolze 3.500 Euro. „Aber man<br />
kann auch ein gebrauchtes Kart fahren<br />
oder mehrere Personen teilen sich<br />
einen Flitzer“, sagt der 23-jährige Dirk<br />
Schulte, der als Kart-Wart des Vereins<br />
verantwortlich ist für die Pflege und<br />
Wartung der Fahrzeuge. „Ich habe<br />
einfach Spaß am Fahren und am<br />
Schrauben“, begründet er sein Engagement.<br />
Momentan, so meint er, fahren<br />
im Verein etwa 15 Privatkarts. Genau<br />
in dem Moment ruft ein Fremdnutzer<br />
beim Einrollen in die Startgasse<br />
begeistert: „Das ist doch irgendwie<br />
geil!“<br />
Aber auch Taktik ist im Kartsport<br />
gefragt. Und da muss man schon etwas<br />
Ahnung haben, vor allem sollte<br />
man den Unterschied zwischen Rennen<br />
in der Halle und im Freien kennen.<br />
Die Beläge der Bahnen sowie das<br />
Wetter bestimmen die Taktik nämlich<br />
maßgeblich mit. Enorme Unterschiede<br />
gibt es ferner bei der Renndauer:<br />
Sprints werden bis zu 15 Minuten gefahren,<br />
das aber gleich mehrfach pro<br />
Machen Basisangebot: Marcus<br />
Bongardt (l.) und Dirk Schulte<br />
Renntag. Das andere Extrem sind<br />
Langstreckenrennen, die 24 Stunden<br />
und länger dauern können. Highlight<br />
der <strong>Münsteraner</strong> Fahrer sind die „Tausend<br />
Kilometer von Münster“, die einmal<br />
im Jahr stattfinden. Das 26-stündige<br />
Rennen gab es in Münster bereits<br />
fünf Mal, immer mit bis zu 20 Teams.<br />
„Da kommt echte Rennatmosphäre<br />
auf“, freuen sich die Motorsportler<br />
sichtlich.<br />
Dennoch kann man beim Kartfahren<br />
sehr viel Geld lassen. Wie viel, das<br />
hängt von den eigenen Wünschen ab.<br />
„Eine professionelle Rennserie kostet<br />
schon mal 20.000 Euro pro Team“,<br />
sagt Dirk. Aber auf lokaler Ebene ist<br />
das Hobby viel preisgünstiger. „Bei<br />
uns ist man mit 50 Euro im Monat<br />
dabei“, ergänzt der Vorsitzende<br />
Marcus, „wir machen ein Basisangebot<br />
und jeder kann entscheiden, ob er<br />
sich später professionalisieren möchte“.<br />
Könnte es also sein, dass der<br />
Nachfolger von Michael Schumacher<br />
irgendwann aus Münster kommt? „Wir<br />
werden jedenfalls unser Bestes tun“,<br />
lachen Dirk und Marcus herzlich. #<br />
Kartsportfreunde Münster<br />
www.beule-indoor-kart.de
~-Leserbrief an<br />
die Süddeutsche Zeitung<br />
Im Februar hatte die Süddeutsche Zeitung<br />
über eine Familie berichtet, die<br />
vor das Oberlandesgericht zog, um<br />
einen Frauenarzt anzuzeigen. Zwei<br />
Jahre zuvor hatte die junge Mutter ein<br />
Mädchen zur Welt gebracht, dessen<br />
Arm fehlgebildet war. Der Arzt hatte<br />
das angeblich bei den Voruntersuchungen<br />
übersehen. Jetzt forderte das Elternpaar<br />
von ihm Unterhalt für die<br />
Tochter - hätten sie nämlich von der<br />
Fehlbildung gewusst, hätte die Mutter<br />
das Kind abtreiben lassen.<br />
Hierzu schrieb draußen!-Vorsitzender<br />
Horst Gärtner einen Leserbrief an die<br />
Kollegen der Süddeutschen Zeitung,<br />
den wir im folgenden gerne noch einmal<br />
abdrucken:<br />
„Tief betroffen habe ich Ihren Bericht<br />
über das beim Oberlandesgericht<br />
anstehende Verfahren gegen einen<br />
Arzt gelesen, in dem festgestellt werden<br />
soll, ob er die „Fehlbildung eines<br />
Ärmchens“ bei einem Kind vor der Geburt<br />
hätte feststellen müssen, weil<br />
„die Eltern bei einer solchen Feststellung<br />
das Kind wegen Behinderung abgetrieben<br />
hätten“!<br />
Ich bin Vater eines vor 14 Jahren<br />
im Alter von 29 Jahren verstorbenen,<br />
geistig behinderten Sohnes. Als er gestorben<br />
war, haben wir auf den Totenzettel<br />
geschrieben: „Wir danken Dir für<br />
alles, was Du uns geschenkt hast!“ So<br />
haben wir auch mit unserem Kind gelebt.<br />
Die ganze Familie hat den behin-<br />
derten Sohn sein ganzes Leben lang<br />
mitgetragen; seine bescheidenen<br />
Highlights in der Fortentwicklung (zum<br />
Beispiel wenn er mal versuchte, nach<br />
langer Übung ein Wort auszusprechen)<br />
waren Highlights für die ganze Familie.<br />
Wenn er sich etwas überlegen<br />
wollte, sagte er: „Denke ich nach“;<br />
das sage ich heute noch: 14 Jahre nach<br />
seinem Tod!<br />
Wir haben unseren Sohn durch<br />
die Institutionen begleitet, im Sonderkindergarten,<br />
als Sprecher in der Sonderschule,<br />
in der Werkstatt für Behinderte<br />
und überall da, wo er es nötig<br />
hatte. Wir haben uns nicht einmal für<br />
ihn geschämt, auch dann nicht, als<br />
wir ihn nur noch im Rollstuhl mit in<br />
die Stadt nehmen konnten, und wenn<br />
mich jemand, wie die Mutter des<br />
Mädchens schreibt, „blöd angeglotzt<br />
hat“, dann bin ich zu ihm gegangen<br />
und habe gefragt, ob er mich etwas<br />
fragen wolle. Unser geistig behinderter<br />
Sohn ist mit 29 Jahren viel zu früh<br />
gestorben. Ich hätte ihn gerne noch<br />
heute bei mir, und ich danke ihm immer<br />
noch für alles, was er mir, meiner<br />
Familie und allen, die ihn kannten,<br />
geschenkt hat.<br />
Ich frage mich, wie das „nur körperlich<br />
behinderte Mädchen“, dessen<br />
Behinderung Gegenstand des Münchner<br />
Gerichtsverfahrens ist, ein Vertrauensverhältnis<br />
zu seinen Eltern<br />
aufbauen will, wenn es weiß, dass sie<br />
es eigentlich gar nicht haben wollten!“<br />
#<br />
Wieder Trittbrettfahrer<br />
unterwegs<br />
In letzter Zeit haben wieder einige<br />
Leserinnen und Leser in der Redaktion<br />
angerufen, um uns darauf hinzuweisen,<br />
dass offenbar wieder Betrüger<br />
von Haustür zu Haustür gehen und<br />
sich als draußen!-Mitarbeiter ausgeben.<br />
Diesmal geben die Unbekannten<br />
vor, eine Umfrage zu machen und am<br />
Ende fragen sie nach einer Spende.<br />
Wir können es nur immer wieder<br />
betonen: Niemals wird ein draußen!-<br />
Verkäufer an der Tür belästigen. Wir<br />
sind keine Drückerkolonne sondern<br />
ein Straßenmagazin. Schon gar nicht<br />
sammeln wir bei Ihnen zu Hause<br />
Spenden ein - Sie können uns gerne<br />
etwas schenken, aber seriös über unser<br />
Girokonto oder direkt bei uns im<br />
Büro. Dafür bekommen Sie eine schöne<br />
Spendenquittung, die Sie von der<br />
Steuer absetzen können. Also: Wer<br />
immer Ihnen an der Haustür erzählt,<br />
er komme von der draußen, lügt. Auch<br />
wer in Kneipen und Restaurants mit<br />
Sammelbüchsen „für die<br />
<strong>Obdachlose</strong>n“ sammelt, tut das nicht<br />
für uns. Wir sehen davon keinen Cent.<br />
Nicht mehr Geld für<br />
Tilgungsraten<br />
Im Mai stand vor dem Bundessozialgericht<br />
in Kassel ein 57-jähriger Hartz-<br />
IV-Empfänger. Er hatte im Jahr 2002,<br />
bevor die Hartz-IV-Reform in Kraft<br />
getreten war, einen Kredit in Höhe von<br />
9.000 Euro aufgenommen. Mit 125<br />
Euro monatlich hatte er das Darlehen<br />
von seiner Arbeitslosenhilfe getilgt. Ab<br />
2005 erhielt er für seinen Lebensunterhalt<br />
und die Wohnkosten 625<br />
Euro und forderte nun von der Arbeitsgemeinschaft<br />
für Arbeit in Trier<br />
mehr Geld. Dafür wollte er einen Sonderfall<br />
geltend machen, denn zum<br />
Zeitpunkt der Kreditaufnahme konnte<br />
er nicht wissen, dass er kurz später so<br />
wenig Arbeitslosengeld erhalten würde,<br />
von dem er die monatlichen Tilgungsraten<br />
nicht mehr aufbringen<br />
konnte. Die Richter wiesen den Antrag<br />
zurück: Die Arbeitslosenhilfe sei nur<br />
für ein Jahr bewilligt worden, somit<br />
könne sich der Kläger nicht auf den<br />
Vertrauensschutz berufen. #<br />
21
22<br />
Text: Gerrit Hoekman<br />
Mitte Mai demonstrierten 150 <strong>Münsteraner</strong> aus dem Umfeld der Grevener-<br />
Straßen-Besetzer für „ein autonomes Zentrum und coole Butzen für alle“. Der<br />
Forderung werden alle zustimmen, die sich noch an die heißen Partys im alten<br />
„Themroc“ erinnern. Autonome Zentren sind eben ein Stück Lebensqualität<br />
und kühle Wohnungen werden in Zukunft sowieso immer wichtiger. Für alle<br />
Nicht-Italiener unter den Leserinnen und Lesern hier der draußen!-Übersetzungsservice:<br />
„La lotta continua“ heißt auf Münsterländisch „Der Kampf geht<br />
weiter.“ Watt mutt dat mutt. #<br />
Anzeige<br />
Radlos ?<br />
Neue und<br />
gebrauchte Fahrräder<br />
Montag bis Freitag<br />
10 –13 Uhr<br />
14 –18 Uhr<br />
Frauenfahrradladen<br />
Dortmunderstr. 11, Tel 66 57 61<br />
Zu wenig Erntehelfer<br />
Den deutschen Bauern gehen die Erntehelfer<br />
aus. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium<br />
ist die Zahl der<br />
ausländischen Helfer seit 2005 um<br />
40.000 gesunken. Vor allem bei der<br />
Spargelernte ist das ein großes Problem,<br />
manche Betriebe verlieren so bis<br />
zu 30 Prozent der Ernte, die zum Teil<br />
auf den Feldern verrottet. Grund dafür<br />
ist angeblich die „Eckpunkte-Regelung“,<br />
die Bundesarbeitsminister<br />
Franz Münterfering (SPD) geschaffen<br />
hatte und die weniger Osteuropäern<br />
die Möglichkeit bietet, bei der Ernte zu<br />
helfen. Viele polnische Arbeiter gehen<br />
außerdem lieber nach Holland oder<br />
Großbritannien, weil sie dort unbefristet<br />
und für mehr Geld arbeiten können.<br />
Deutsche Erntehelfer sind bei den<br />
Bauern nach wie vor nicht sehr beliebt,<br />
da sie oft nicht zur Arbeit erscheinen<br />
oder der körperlichen Anstrengung<br />
nicht gewachsen sind, meinen<br />
die Landwirte. Deshalb wollen die<br />
Arbeitsagenturen nun die Strafen für<br />
Arbeitslose, die die Erntehilfe verweigern<br />
oder abbrechen, verschärfen.<br />
Afrika Festival<br />
Vom 14. bis zum 17. Juni findet in<br />
Münster zum 7. mal das Afrika Festival<br />
statt. Organisiert wird es von der „Afrika-Kooperative“,<br />
die aus Mitgliedern<br />
jeglicher Nationalitäten besteht und<br />
sich um die Zusammenarbeit von<br />
Menschen mit verschiedensten Abstammungen<br />
bemüht. Bei dem Festival<br />
wollen afrikanische Mitbürger,<br />
Künstler und Musiker den Besuchern<br />
durch Workshops, Vorträge, Konzerte<br />
und Theaterstücke ihre kulturelle Vielfalt<br />
nahe bringen. Die Eröffnung findet<br />
am 14. Juni im Internationalen Zentrum<br />
„Die Brücke“ statt. Das diesjährige<br />
Highlight wird das Konzert von Dobet<br />
Gnahorè am Freitag Abend in der<br />
Aula am Aasee. Auch der Afrikanische<br />
Markt lockt die Besucher wie in jedem<br />
Jahr mit Konzerten, Kleinkunst und<br />
Köstlichkeiten, am Samstag und Sonntag<br />
von 10.00 bis 18.00 Uhr. Mehr Informationen<br />
zum Festival sowie das<br />
vollständige Programm gibt es auf der<br />
Internetseite www.afrika-kooperative.de.
Text: Gerrit Hoekman und Katha Boßhammer<br />
Internationaler Hurentag<br />
Der 2. Juni ist der „Internationale Hurentag“.<br />
1975 hatten an diesem Tag<br />
mehr als hundert Huren eine Kirche in<br />
Frankreich besetzt und so auf ihre Situation<br />
und die damit verbundenen<br />
Probleme hinzuweisen. Seitdem wurden<br />
immer mehr Huren-Selbsthilfeorganisationen<br />
gegründet, die sich<br />
bis heute für die Gleichstellung ihrer<br />
Arbeit mit anderen Tätigkeiten einsetzen.<br />
In Deutschland haben sie immerhin<br />
das „Prostitutionsgesetz“ erreicht,<br />
das seit dem 1. Januar 2002 gilt<br />
und den Huren mehr Rechte einräumt.<br />
Im Anhang ein paar Zitate berühmter<br />
Frauen zum Thema Prostitution.<br />
Meine Herren, Sie können uns nicht<br />
in Ehre halten, solange Sie unsere<br />
Schwestern in den Schmutz ziehen.<br />
Solange Sie grausam und ungerecht zu<br />
ihnen sind, werden Sie grausam und<br />
ungerecht zu uns sein“.<br />
Josephine Butler (1828-1906)<br />
Britische Feministin, Gründerin der<br />
„Internationalen Abolitionistischen<br />
Föderation“<br />
„Frauenhandel existiert, weil<br />
Tausende und Abertausende von<br />
Männern wollen, dass er existiert, und<br />
bereit sind, für seinen Fortbestand zu<br />
bezahlen“.<br />
Christabel Pankhurst (1880 -1958)<br />
britische Suffragette<br />
„Gut fünfzig Prozent der verheirateten<br />
Männer sind Stammkunden in<br />
Bordellen. Diesem durchschlagenden<br />
Faktor ist es zu verdanken, dass die ver-<br />
heirateten Frauen - ja, selbst die Kinder<br />
- von Geschlechtskrankheiten befallen<br />
sind. Und doch hat die Gesellschaft kein<br />
Wort der Verurteilung für den Mann,<br />
während kein Gesetz zu ungeheuerlich<br />
ist, um es gegen das hilflose Opfer in<br />
Bewegung zu setzen“.<br />
Emma Goldman (1869-1940)<br />
russisch-amerikanische Anarchistin<br />
„Die Prostitution - das ist die<br />
Gleichung, welche der Mann für sich auf<br />
dem Geschlechtsgebiet erfand und in<br />
Szene setzte. Offenbar eine pathologische<br />
Gleichung, keine physiologische.<br />
Eine Gleichung, welche er mit dem<br />
Aufgebot aller Kräfte, sogar der geistigen,<br />
der wissenschaftlichen, gegenüber<br />
der Frau verteidigt und zu retten versucht,<br />
trotz aller Krankheit, trotz aller<br />
Erniedrigung, trotz aller Bestialität, trotz<br />
aller damit verknüpfter Entartung und<br />
Entwürdigung.“<br />
Johanna Eiberskirchen (1864-1943)<br />
deutsche Homöopathin und<br />
Lesbenaktivistin<br />
„Der Menschenhandel mit Frauen<br />
und Kindern bringt Männern sieben<br />
Milliarden Dollar jährlich“.<br />
Nawal El Saadawi<br />
ägyptische Ärztin und Schriftstellerin<br />
„Der Freier kauft nicht Sex, sondern<br />
Macht. Das Schlimmste für Prostituierte<br />
ist nicht der sexuelle Akt, sondern ist die<br />
seelische Erniedrigung“.<br />
Cornelia Filter<br />
deutsche Journalistin und Autorin<br />
Josephine Butler<br />
„Was Prostitution ist, das weiß im<br />
Grunde jede Frau. Fast jede hat es schon<br />
mal getan: aus 'Gefälligkeit', um nett zu<br />
sein, um des lieben Friedens willen, aus<br />
Angst“.<br />
„Männer kaufen bei Prostituierten<br />
nicht Sex, sondern Macht. Das prägt<br />
Blick und Begehren nicht nur der Freier,<br />
sondern aller Männer auf alle Frauen.<br />
Und darum ist Prostitution nicht nur ein<br />
Verstoß gegen die Menschenwürde der<br />
Prostituierten, sondern einer gegen die<br />
aller Frauen“.<br />
Alice Schwarzer<br />
Journalistin und Emma“-Gründerin<br />
„Männer bezahlen, um Frauen<br />
Dinge anzutun, die zweifelsfrei als<br />
Gewalt verstanden würden, wenn sie in<br />
einer nichtsexualisierten Situation vorkämen.<br />
Wenn Männer diese Dinge tun,<br />
ohne zu bezahlen, nennt man es<br />
Gewalt“.<br />
Sheila Jeffreys<br />
englische Politologin und Lesbe<br />
Als Verursacher der Prostitution<br />
dürfen wir nicht länger nur die Männer<br />
ins Visier nehmen, die Frauen verkaufen,<br />
sondern müssen auch die Männer,<br />
die Sex kaufen, angehen“.<br />
„Sich eine Welt ohne Prostitution<br />
vorzustellen heißt, die Abschaffung der<br />
sexuellen Ausbeutung aller Frauen für<br />
möglich zu halten“.<br />
Kathleen Barry<br />
amerikanische Soziologin und Autorin<br />
Quelle: Die Standard, Österreich<br />
23
24<br />
Text: Paul Demel<br />
Anwalttipp:<br />
Mieterpflichten beim Auszug<br />
„Dreimal umgezogen ist einmal abgebrannt“,<br />
sagt der Volksmund. Und<br />
so denkt sich mancher Mieter, „was<br />
man nicht in der Tasche hat, muss<br />
man halt in der Birne haben“ und<br />
entschließt sich zu einer vermeintlich<br />
cleveren Lösung seiner Finanzprobleme<br />
nach dem Motto „ich bin<br />
dann mal weg“. Rechtsanwalt Paul<br />
Demel erklärt, warum Mieter das<br />
Untertauchen doch besser den U-<br />
Booten überlassen sollten.<br />
Auch Heinz Schnack (alle Namen<br />
geändert) hielt sich für besonders clever.<br />
Der Mietvertrag verpflichtete ihn<br />
zwar zu einer gemeinsamen Übergabeverhandlung<br />
bei Mietende, um zu klären,<br />
was Heinz noch zu erledigen hat.<br />
Einen solchen Termin hatte der Vermieter<br />
auch schon mit Heinz vereinbart.<br />
Heinz hielt ihn aber bewusst nicht ein.<br />
Er kannte den Nachmieter und gab diesem<br />
einfach die Schlüssel. Seinem Vermieter<br />
schrieb er einen kurzen Brief,<br />
dass die Nachmieterin die Schlüssel von<br />
ihm bekommen habe und er leider<br />
noch keine neue Adresse habe. Im<br />
übrigen bedanke er sich für das im<br />
Großen und Ganzen doch harmonische<br />
Miteinander von Vermieter und Mieter.<br />
Die letzten zwei Monatsmieten, die<br />
Heinz nicht bezahlt hatte, könne er ja<br />
mit der Mietkaution verrechnen. Diese<br />
belaufe sich schließlich auch auf zwei<br />
Monatsmieten und das passe dann ja<br />
gerade richtig.<br />
Sein Vermieter sah nicht nur das<br />
mit dem harmonischen Verhältnis anders,<br />
sondern auch das mit der Mietkaution.<br />
Zudem schätzte er auch die<br />
Vereitelung des gemeinsamen Übergabetermins<br />
als das ein, was es tatsächlich<br />
ist: Ein rechtswidriger Vertragsbruch.<br />
Herr Holtz wandte sich also an<br />
einen Anwalt und informierte den erst<br />
einmal über die zahlreichen Mängel,<br />
die er bei seiner eigenen Besichtigung<br />
in der Wohnung festgestellt hatte:<br />
Heinz war so „helle“ gewesen, an zwei<br />
Fenstern die Holzrahmen mit Dispersionsfarbe<br />
zu streichen, er hatte die<br />
Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt,<br />
der Duschkopf fehlte, der noch<br />
ziemlich neue Teppichboden wies meh-<br />
rere Brandflecken auf und Heinz' „Katerchen“<br />
hatte im Wohnzimmer an<br />
mehreren Stellen die Tapeten aufge-<br />
§<br />
kratzt.<br />
Mit den Schönheitsreparaturen<br />
hatte Herr Holtz Pech. Laut Mietvertrag<br />
war Heinz dazu zwar verpflichtet, da<br />
die Vertragsklausel jedoch die Schönheitsreparaturen<br />
spätestens alle fünf<br />
Jahre verlangte, war diese Klausel laut<br />
neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs<br />
unwirksam. Solche Klauseln<br />
lässt der BGH jetzt nur noch zu,<br />
wenn sie dem Mieter ausdrücklich die<br />
Möglichkeit geben, eine Verlängerung<br />
der Fristen zu verlangen, zum Beispiel<br />
weil der Mieter längere Zeit im Ausland<br />
war oder die Wohnung aus sonstigen<br />
Gründen nur wenig abgenutzt hat.<br />
Wegen aller anderen Ansprüche<br />
schrieb der Anwalt Heinz an und forderte<br />
ihn zur Beseitigung der Mängel<br />
innerhalb von einer Woche auf. Da<br />
Heinz etwa zehn Tage vor Mietende<br />
ausgezogen war, gab es für diese Frist<br />
auch noch keine Probleme mit dem<br />
Nachmieter. Den Brief schickte der Anwalt<br />
zunächst einmal an Heinz' bisherige<br />
Adresse. Wie erwartet, hatte der aber<br />
keinen Nachsendeantrag gestellt. Herr<br />
Holtz vermutete aber richtig, bei welcher<br />
Firma Heinz tätig war, er hatte irgendwann<br />
mal einen Brief im Treppenhaus<br />
gesehen, der diesen Absender<br />
hatte. So konnte das Mahnschreiben<br />
dort Heinz persönlich zugestellt werden.<br />
Der nahm sich jetzt notgedrungen<br />
seinerseits einen Anwalt, der ihn eines<br />
besseren belehrte und so erhielt Herr<br />
Holtz tatsächlich noch ein weiteres<br />
freundliches Schreiben, in dem Heinz<br />
erklärte, er werde gegen Ende der Woche<br />
die Mängel beseitigen und darum<br />
bat, dass ihm Herr Holtz am kommenden<br />
Samstag Morgen die Schlüssel gebe,<br />
damit er die Reparaturen ausführen<br />
könne.<br />
Das war schlau von Heinz. Denn<br />
sonst hätte der Vermieter die Arbeiten<br />
an Fachfirmen <strong>vergeben</strong> und die Kosten<br />
von ihm einklagen können. Wenn<br />
Heinz dann doch noch endgültig abgetaucht<br />
wäre - nach dem Motto „keine<br />
Lust mehr auf kniepige Vermieter und<br />
stressige Chefs, also alles in den VW-<br />
Bulli und ab an die Algarve“ - hätte<br />
die Klage im Wege einer sogenannten<br />
„öffentlichen Zustellung“ geschickt<br />
werden müssen. Früher oder später<br />
hätte Herr Holtz dann ein sogenanntes<br />
Versäumnisurteil gegen Heinz erlangt.<br />
Zwar hätte er dann immer noch nicht<br />
die Adresse von Heinz gehabt, aber aus<br />
so einem Versäumnisurteil kann man<br />
30 Jahre lang vollstrecken. Und nur allzu<br />
oft kommen die „Abhauer“ auf<br />
Dauer wieder zurück ins lebenswerte<br />
Münster, weil der sonnige Süden es als<br />
- oft auch nicht ganz legale - neue<br />
Heimat auf Dauer auch nicht bringt. In<br />
anderen Fällen bekommen die Vermieter<br />
über Eltern, Bekannte, Einwohnermeldeamtsanfrage<br />
und so weiter die<br />
neue Anschrift immer noch raus. Oft<br />
taugt also das Abtauchen nicht. Wird<br />
man erst Jahre später aufgefunden,<br />
sind die Kosten außerdem wegen Zinsen,<br />
Verfahrenskosten und anderem oft<br />
deutlich höher als anfangs.<br />
Auch bezüglich der Verrechnung<br />
mit der Mietkaution befindet sich Heinz<br />
in einem Irrtum. Laut Bundesgerichtshof<br />
kann der Vermieter diese in der<br />
Regel noch sechs Monate nach Mietende<br />
behalten. Er soll nämlich ausreichend<br />
lange Zeit Gelegenheit haben zu<br />
prüfen, ob er noch irgendwelche Ansprüche<br />
gegen den Mieter hat, zum<br />
Beispiel wegen verursachter Wohnungsmängeln,<br />
die sich erst später<br />
herausstellen. Keinesfalls kann also der<br />
Mieter einfach die letzten Monatsmieten<br />
einbehalten und diese mit der<br />
Kaution verrechnen.<br />
Der endgültige Auszug, ohne sich<br />
noch um irgend etwas zu kümmern,<br />
erleichtert dem Vermieter sogar teilweise<br />
seine Rechtsverfolgung. Denn in<br />
aller Regel erklären die Gerichte dann,<br />
dass der Vermieter dem Mieter zur Erfüllung<br />
seiner Pflichten keine Frist mehr<br />
setzen muss, sondern sofort die Dinge<br />
selbst erledigen kann, gegebenenfalls<br />
auch mit Fachfirmen, und die Kosten<br />
dann vom Mieter zurück verlangen<br />
kann.<br />
Aber Heinz war ja noch rechtzeitig<br />
„wieder da“. Wenn er Pech hat, verlangt<br />
allerdings Herr Holtz von ihm Ersatz<br />
seiner Anwaltskosten, denn diesen<br />
Schaden hat Heinz mit seinem vertragswidrigen<br />
Verhalten schuldhaft verursacht.<br />
#
Termine<br />
HERZSCHLAGWEIT<br />
von Theater Sycorax<br />
„HERZSCHLAGWEIT“ heißt der letzte Teil<br />
der Trilogie über den Lebensdurst und<br />
seine Fallen (nach „Sehnsuchtsschwimmer“<br />
und „Am anderen Ende<br />
ist der Himmel“).12 Menschen beantragen<br />
ihre „Auswilderung“. Wunsch<br />
und Wille sind stark, sich vom<br />
Alltagstrott zu befreien und die bestehenden<br />
Rituale zu entriegeln. Vom<br />
Himmel gefallen und gestrandet, hinausgeworfen<br />
und nah an den Abgrund<br />
gestreut - der Atem der Sehnsucht und<br />
des Abenteuers raunt über die<br />
Klippen. Überraschungen verbergen<br />
sich unter jedem Stein und der<br />
Horizont färbt ab. Das schnelle Leben<br />
und die Gewohnheiten haben sie hinter<br />
sich gelassen und suchen nun nach<br />
Zukunft. Ein neues Leben, dass gleich<br />
jetzt beginnt. Es riecht nach Ungewissheit,<br />
nach Überlebenskampf,<br />
aber auch nach deutlich spürbarem<br />
Zauber. Die Herzen schlagen weit.<br />
„Glück? Ja! Das mit dem Glück ist so<br />
ein Ziel von mir.“<br />
Termine:<br />
Do 21., Fr 22., Sa 23. Juni,<br />
jeweils 20.00 Uhr<br />
Ort:<br />
Theater im Pumpenhaus,<br />
Tel.: 0251-233443<br />
<strong>Preis</strong>: 13,- Euro / erm. 7,50 Euro<br />
Mit Sycorax -Party im Anschluß an die<br />
letzte Aufführung am 23. Juni<br />
Es spielen:<br />
Andreas Bäumer, Johannes Bayer,<br />
Alexandra Brink, Steff Klausfering,<br />
Ulrike Laubrock, Marcell Lehnert, Jutta<br />
Nahamowitz, Annerose Schäfer,<br />
Konrad Schönberger, Guido Terbaum,<br />
Leif-Patrick Viola, Anja Zienterra<br />
Künstlerische Leitung:<br />
Paula Artkamp, Manfred Kerklau<br />
In Koproduktion mit dem Theater<br />
im Pumpenhaus, gefördert von:<br />
Kulturamt der Stadt Münster<br />
Termine<br />
FLOHMARKT<br />
Am 17. 6. 2007 von 14 bis 17 Uhr<br />
veranstaltet der Verein SeHT Münster<br />
e.V. (SelbständigkeitsHilfe bei<br />
Teilleistungsschwächen e.V.) auf dem<br />
Schulhof der Mauritzgrundschule<br />
(Dechaneistr. 14) in Münster einen<br />
Flohmarkt. Die Standgebühr beträgt 5<br />
Euro. Der Flohmarkt findet im Rahmen<br />
des alljährlichen Sommerfests der<br />
Vereine in der Alten Dechanei statt.<br />
Anmeldungen unter 0251-136920 oder<br />
unter mail: seht.ms@web.de.<br />
Neuer Vorstand<br />
bei LIVAS<br />
Der <strong>Münsteraner</strong> Lesben-Verein hat<br />
einen neuen Vorstand:<br />
Von links nach rechts<br />
Nika, Eksa, Christa, Ellen und vorne Ute<br />
Termine<br />
BAUMKLANGAFFÄREN<br />
Im Rahmen des Grünflächenunterhaltungsprogramms<br />
entlang der Promenade<br />
(am 2.,9. und 23.Juni) präsentiert<br />
das Ensemble „Improsaikum“ am<br />
9.6.07 um 15:30, 16:30 und 17:30 Uhr<br />
BAUMKLANGAFFÄREN. Es erwarten die<br />
Promenierenden neun anmutige Flötistinnen,<br />
zwei skurrile Sprecher, sowie<br />
an dem einzigartigen Baum hängende<br />
Percussionsinstrumente aus Küche,<br />
Camping und dem kleinsten Instrument<br />
des Orchesters.<br />
Eine wundersame, spontan entstehende<br />
Klangcollage lädt den Vorbeikommenden<br />
ein, eine kurze Rast einzulegen,<br />
um bei der Abschlussimprovisation<br />
„Ein Baum möcht' ich sein“<br />
aktiv mitzuwirken.<br />
Diese ungewöhnliche Aktion findet<br />
neben dem Trompetenbaum auf dem<br />
Promenadenabschnitt zwischen der<br />
Annette von Droste-Hülshoff-Skulptur<br />
und dem Buddenturm statt.<br />
Die nächste ~ erscheint<br />
am 6. Juli 2007<br />
Anzeige<br />
25
26<br />
Anzeigen<br />
Tausend Fragen - eine Adresse<br />
Infos und Service im publikom - Stadtnetz für Münster<br />
www.muenster.de<br />
Portal für Münster und das Münsterland<br />
www.muenster.de/stadt<br />
Service und Infos der Stadtverwaltung<br />
Presse und Informationsamt<br />
www.muenster.de/stadtteile<br />
Stadtteil-Portale - von Amelsbüren bis Sprakel<br />
www.termine.muenster.org<br />
Münsters Veranstaltungskalender<br />
www.muenster.de/stadt/awm<br />
Abfall und Recycling, Entsorgungskalender<br />
www.muenster.de/stadt/skulpturen<br />
Skulpturen-Rundgang des Presseamtes<br />
www.muenster.de/stadt/formulare<br />
Vordrucke online - das spart Zeit und Wege<br />
www.muenster.de/stadt/sozialamt<br />
Alles zum Recht auf Hilfe in vielen Lebenslagen<br />
Termin<br />
Kongress:<br />
Zivilcourage gegen Nazis<br />
In der letzten Zeit hat sich die Zahl der neofaschistischen<br />
Aktivitäten stark erhöht: Aufmärsche, Konzerte,<br />
Angriffe auf <strong>Obdachlose</strong> und Ausländer. Dagegen wehrt<br />
sich seit 2006 das Bündnis „Münster gegen Nazis“. Es<br />
besteht aus verschiedenen <strong>Münsteraner</strong> Verbänden und<br />
wurde gegründet, als im Februar freie Kameradschaften<br />
einen Nazi-Aufmarsch in Münster angemeldet hatten.<br />
Jetzt organisiert „Münster gegen Nazis“ den Kongress<br />
„Zivilcourage gegen Nazis! - Wie macht man das?!“. Er<br />
findet am Samstag, den 9. Juni, von 9.00 bis 18.30 Uhr<br />
im Rathaus statt.<br />
„Gemeinsam möchten wir ins Gespräch kommen,<br />
diskutieren und Möglichkeiten für weitere<br />
Zusammenarbeiten ausloten“, kündigt das Bündnis auf<br />
seiner Internetseite an. Geplant ist unter anderem eine<br />
Ausstellung, ein Improtheater, ein Informationsstand<br />
der Polizei, Diskussionen, Arbeitsgemeinschaften und<br />
vieles mehr. Wer Interesse hat, kann sich im Internet<br />
unter www.muenster-gegen-nazis.de das Programm<br />
noch einmal genau ansehen und sich dort auch für den
Text: Katha Boßhammer<br />
Torten:<br />
Zum Geburtstag ein Muss<br />
Es gibt unzählige Arten von Torten.<br />
Aber egal, ob mit Sahne, Obst, Pudding,<br />
Schokolade, Buttercreme oder<br />
Nüssen - ein optisches Highlight ist<br />
die etwas aufwändigere Art des Kuchens<br />
allemal. Vorausgesetzt, man<br />
macht sie richtig. Aber auch für An-<br />
Schwarzwälder Kirschtorte<br />
Zutaten:<br />
Für den Biskuitboden:<br />
180g Zucker<br />
5 Eigelb<br />
5 Eiweiß<br />
5 EL lauwarmes Wasser<br />
1 Päckchen Vanillezucker<br />
1 Prise Salz<br />
140g Mehl<br />
80g Speisestärke<br />
50g Kakaopulver<br />
2 TL Backpulver<br />
60g zerlassene Butter<br />
Für die Füllung:<br />
500ml Kirschsaft<br />
1 Zimtstange<br />
2 Nelken<br />
1 EL Speisestärke, mit etwas Saft angerührt<br />
500g Sauerkirschen<br />
60g Zucker<br />
etwas Wasser<br />
etwas Kirschwasser zum Beträufeln<br />
zum Verzieren:<br />
600g Sahne<br />
60g Zucker<br />
Kirschen<br />
Schokoraspel<br />
Zubereitung:<br />
Eigelb, Wasser, Vanillezucker und<br />
120g Zucker verrühren. Eiweiß steif<br />
schlagen, Salz und restlichen Zucker<br />
untermischen. Kakao- und Backpulver,<br />
Mehl und Stärke mischen, mit<br />
dem Eischnee unter Eigelbmasse heben.<br />
Dann Butter unterheben. Boden<br />
einer Springform mit Backpapier auslegen,<br />
leicht einfetten. Den Teig einfüllen<br />
und bei 190° im vorgeheizten<br />
Ofen etwa 30 Minuten backen. Abkühlen<br />
lassen, auf ein Rost stürzen und<br />
eine Nacht mit Folie bedeckt stehen<br />
lassen.<br />
Saft, Zimt und Nelken aufkochen,<br />
Gewürze herausfischen, Stärke zuge-<br />
fänger gibt es tolle Rezepte. Vor allem<br />
bei Geburtstagen sollte eine<br />
hübsche und leckere Torte nicht fehlen.<br />
Geburtstage stehen übrigens im<br />
Juni und Juli auch in der draußen!-<br />
Redaktion an. Nur nebenbei: Chefredakteur<br />
Gerrit Hoekman würde<br />
ben, aufwallen lassen. Kirschen dazugeben,<br />
aufkochen und abkühlen lassen.<br />
Biskuit in drei Scheiben schneiden,<br />
Zucker mit Wasser aufkochen.<br />
Kirschwasser zugeben, den unteren<br />
Boden damit beträufeln. Sahne steif<br />
schlagen, Zucker dazugeben. Drei<br />
Kreise auf den unteren Boden spritzen,<br />
den Rest mit der Grütze füllen.<br />
Den zweiten Boden darauf legen, wieder<br />
mit etwas Kirschwasser beträufeln,<br />
Sahne und Grütze darauf verteilen.<br />
Den dritten Boden darauf legen, beträufeln,<br />
dann Oberfläche und Seiten<br />
großzügig mit Sahne bestreichen. Sahnehäubchen<br />
auf Oberfläche sprühen,<br />
Kirschen darauf legen. Alles mit Schokoraspeln<br />
bestreuen. Kühl lagern. #<br />
Erdbeertorte<br />
Zutaten:<br />
200g Löffelbiskuits<br />
100g Butter<br />
etwas Himbeergeist<br />
3 Blatt rote Gelatine<br />
700g Erdbeeren<br />
2 Eiweiß<br />
125g Puderzucker<br />
¼ l Schlagsahne<br />
Zubereitung:<br />
Biskuits zerstoßen, mit Butter,<br />
Margarine und Himbeergeist verkneten.<br />
Auf den Boden einer runden<br />
Springform drücken. Kalt stellen.<br />
Gelatine einweichen, 300g Erdbeeren<br />
pürieren. Gelatine bei milder<br />
Hitze auflösen, unter pürierte Erdbeeren<br />
rühren, kalt stellen. Eiweiß steif<br />
schlagen, Puderzucker unterheben.<br />
250g Erdbeeren halbieren, auf Tortenboden<br />
verteilen. Wenn das Erdbeerpüree<br />
geliert, erst Eischnee, dann steif<br />
geschlagene Sahne unterheben. Auf<br />
die Erdbeeren streichen.<br />
Die Torte etwa vier Stunden kalt<br />
stellen, dann mit restlichen Erdbeeren<br />
verzieren. #<br />
sich am meisten über eine Schwarzwälder<br />
Kirschtorte freuen, Layouter<br />
Heinz Dalmühle mag am liebsten<br />
Erdbeertorte und Praktikantin Katha<br />
Boßhammer wären Donauwellen<br />
sehr recht. Viel Spaß beim Backen!<br />
Donauwellen<br />
Zutaten:<br />
Für den Teig:<br />
250g weiche Butter oder Margarine<br />
200g Zucker<br />
1 P Vanillezucker<br />
1 Prise Salz<br />
5 Eier<br />
375g Mehl<br />
3 TL Backpulver<br />
20g Kakao<br />
1 EL Milch<br />
Für den Belag:<br />
720g entsteinte Kirschen (aus dem<br />
Glas)<br />
Für die Creme:<br />
1 P Vanillepudding-Pulver<br />
100g Zucker<br />
½ l Milch<br />
250g weiche Butter<br />
Für den Guss:<br />
200g Zartbitterschokolade<br />
etwas Kokosfett<br />
Zubereitung:<br />
Margarine, Zucker, Vanillezucker,<br />
Salz und Eier verrühren. Mehl und<br />
Backpulver unterrühren. Etwa 2/3 des<br />
Teiges auf ein gefettetes Backblech<br />
streichen. Kakao und Milch mit dem<br />
restlichen Teig vermischen, auf die<br />
erste Teiglage streichen.<br />
Die Kirschen gut abtropfen und<br />
auf dem Teig verteilen. Bei 170° 35-40<br />
Minuten backen.<br />
Nach Packungsanleitung den<br />
Vanillepudding kochen, kalt stellen<br />
und ab und zu umrühren. Butter<br />
geschmeidig rühren, Pudding nach<br />
und nach untermischen. Den abgekühlten<br />
Kuchen mit der Buttercreme<br />
bestreichen und kalt stellen.<br />
Schokolade zusammen mit<br />
Kokosfett im Wasserbad schmelzen<br />
lassen, dann auf die fest gewordene<br />
Buttercreme streichen. #<br />
27
28<br />
Texte: Heinz Dalmühle<br />
Von der grünen Wiese<br />
Wildkräutermenüs<br />
für jede Jahreszeit<br />
Kräuterrezepte von<br />
Regina van Eickels<br />
Schmökerecke<br />
Grün für die Großstadt<br />
Der Garten auf der Fensterbank<br />
Kräuter, Gemüse und Zierpflanzen<br />
auf kleinstem Raum angebaut<br />
von „~”-Layouter Heinz Dalmühle<br />
Wer nicht über einen eigenen Garten verfügt, aber einen Balkon, ein<br />
kleines Dach oder vielleicht nur eine Fensterbank bepflanzen kann,<br />
findet in diesem Buch einen wertvollen Ratgeber. Der Autor schreibt<br />
aus persönlicher Überzeugung und, was noch wichtiger ist, aus alltäglicher<br />
und praktischer Erfahrung. So gibt er machbare, interessante<br />
und ausführliche Hinweise über die Möglichkeiten, auf kleinstem<br />
Raum Gemüse, Zierpflanzen und Kräuter anzubauen.<br />
Einige antiquarische Exemplare abzugeben für 12 Euro<br />
Anfragen telefonisch: 0175-5207708<br />
oder in der „~”-Redaktion 0251-5389130,<br />
persönlich abzuholen bei „~”, Overbergstr. 2, 48145 Münster<br />
Von der grünen Wiese<br />
Wildkräutermenüs für jede Jahreszeit<br />
Kräuterrezepte von Regina van Eickels<br />
Die vorliegenden Rezepte in zwölf Menüs zu den zwölf Monaten geben<br />
für jede Jahreszeit Anregungen zum Kochen und Gästebewirten mit<br />
Wildkräutern. Sie wurden bei unseren „~”-Kräutertouren und in<br />
zahlreichen Kochkursen erprobt und gelobt.<br />
Regina van Eickels, Jahrgang 1951, lebt im Sauerland.<br />
Sie ist Sonderschullehrerin, Phytotherapeutin und Hobbyköchin, hat bei<br />
unseren „~”-Kräutertouren mit uns gekocht und veranstaltet für<br />
den Verein „Waldschule Münsterland“ und die „Biologische Station<br />
Rieselfelder“ regelmäßig Kräuterkochkurse.<br />
Kreutlein - rühr mich an<br />
Zwölf neue Kräutermenüs für jede Jahreszeit<br />
Neue Wildkräuterrezepte von Regina van Eickels<br />
Dies ist der zweite Band mit neuen Rezepten von Regina, der Anfang des<br />
Jahres 2007 erscheint. Die Menüs des ersten Kochbuchs waren so lecker,<br />
dass einige Wildkräuterfans schon alle Rezepte nachgekocht haben.<br />
Deshalb hat Regina van Eickels jetzt eine Sammlung neuer Rezepte<br />
zusammengestellt. Sie sind ab Februar, spätestens zu unseren neuen<br />
Kräuterkursen im Frühjahr zur Bärlauchzeit zu haben.<br />
Alle Bücher je 12 Euro,<br />
abzuholen in der „~”-Redaktion,<br />
Overbergstr. 2, 48145 Münster
Texte: Barbara Blasum<br />
Gabathuler, Alice:<br />
Blackout. Stuttgart:<br />
Thienemann, 2007. 224 S.,<br />
ISBN 978-3-522-17872-3.<br />
Euro 9,90<br />
Jugendkrimi ab 13 J.<br />
Wolf, Rosa: Party-Garten.<br />
Komm wir feiern! Einladen<br />
- Dekorieren - Feiern -<br />
Grillen - Genießen.<br />
München: BLV Buchverlag,<br />
2007. 120 S., 150 Farbfotos.<br />
ISBN 978-3-8354-0145-7,<br />
Euro 14.95<br />
Ratgeber<br />
Schmökerecke II<br />
Ist mal wieder das Elternhaus<br />
schuld, oder warum läuft bei Nick alles<br />
schief? Schulwechsel, Drogen, Gesetzeskonflikte<br />
- er hat die ganze Palette hinter<br />
sich. Doch das Allerschlimmste trifft<br />
ihn gerade, als er glaubt, am Horizont<br />
einen Lichtschweif für sich zu entdecken.<br />
In der Familie seiner Tante soll er eine<br />
letzte Chance bekommen, sein Leben zu<br />
korrigieren. Er fühlt sich dort wohl, aber<br />
plötzlich ist seine Kusine Karla verschwunden.<br />
Angeblich soll er dabei seine<br />
Finger im Spiel gehabt haben, doch er<br />
kann sich an nichts erinnern. Drei Tage<br />
fehlen in seinem Gedächtnis!<br />
Die Polizei findet bei ihm eine<br />
Fahrkarte nach Berlin und eine Eintrittskarte<br />
für eine dortige Disco. Er war<br />
nie dort, aber niemand glaubt seinen<br />
Beteuerungen. Ihm bleibt nichts anderes<br />
übrig, als selbst auf die Suche nach Carla<br />
zu gehen. Unterstützung findet er bei<br />
ihrer Mitschülerin Kristen, die wie Carla<br />
My home is my castle, und mein<br />
Garten ist (m)ein Paradies! Wer so eine<br />
grüne Lunge sein Eigen nennen kann,<br />
möchte u.U. auch andere daran teilhaben<br />
lassen. Falls Sie Ihren Garten neu<br />
anlegen, sind Sie mit den Tipps in diesem<br />
Buch sicher gut beraten. Dieser von der<br />
Gestaltung und vom Inhalt (Planen,<br />
feiern, grillen, dekorieren) äußerst<br />
attraktive Ratgeber verhilft Ihnen zu<br />
einer grünen Freilichtbühne, deren<br />
Spielplan Sie nach Lust und Laune vielfältig<br />
gestalten können. Genießen Sie<br />
den Flair der Freiluftsaison und nutzen<br />
Sie die Möglichkeit, Regisseur, Bühnenbildner<br />
und Gastgeber zu sein. Es<br />
muss auch nicht immer alles perfekt sein.<br />
Die Idee zählt und Improvisation kann<br />
ein Fest in schönster Erinnerung bleiben<br />
lassen.<br />
in der Firma seines Vaters ein Schülerbetriebspraktikum<br />
absolvierte. Dort hatte<br />
Carla eine folgenschwere Entdeckung gemacht.<br />
Nach und nach kristallisiert sich<br />
heraus, dass es jemanden geben muss,<br />
der Nick unbedingt schaden will. Sein<br />
eigenes Verhalten macht es ihm und seinen<br />
neuen Freunden nicht unbedingt<br />
leicht, die Schuldigen aufzuspüren und<br />
Carla zu finden.<br />
Mit diesem Labyrinthe-Krimi wird<br />
garantiert keine Langeweile aufkommen,<br />
dafür ist er einfach zu spannend geschrieben!<br />
#<br />
Barbara Blasum<br />
Als Ouvertüre im Wandel der Jahreszeiten<br />
bietet sich z.B. der Osterbrunch<br />
an, dicht gefolgt vom Apfelblüten- und<br />
Rosenfest. Ein Highlight könnte das große<br />
Gartenfest im Hochsommer werden, bevor<br />
es mit dem Familienspaß am Halloween<br />
und der Herbstparty ins Finale<br />
geht. Alles, was Sie dazu benötigen, verrät<br />
Ihnen die Autorin. Das Ensemble<br />
(alles, was grünt und blüht) wechselt<br />
ständig, ebenso die Requisiten (Dekoration<br />
und Verköstigung). Also warten Sie<br />
nicht, bis die Muse Sie küsst, sondern<br />
lassen Sie sich ganz einfach von diesem<br />
Party-Garten-Ratgeber inspirieren. Mit<br />
den vielen originellen und praktikablen<br />
Tipps gelingen Ihnen wunderschöne<br />
Inszenierungen, die Ihr Publikum (Ihre<br />
Gäste) begeistern. Eins ist sicher: Auf<br />
Zugaben müssen Sie sich einstellen! #<br />
Barbara Blasum<br />
29
Anzeigen<br />
Glas und Toleranz 2007<br />
Dem Westfälischen Frieden...ein Parkplatzportrait mit<br />
Altglascontainern, Himmel und Moschee zu Neubeckum.<br />
Ihre Gesellschaft für Mnemotechnik und Taktdesign &<br />
www.koselleck.de<br />
Rüdiger Sagel<br />
Landtagsabgeordneter<br />
Mehr dazu unter<br />
www.sagel.info<br />
§ § § § § § § § §<br />
Paul Demel<br />
Rechtsanwalt<br />
§ § § § § § § § §<br />
Fachanwalt für<br />
§ § § § § § § § §<br />
Miet- und Wohnungseigentumsrecht<br />
§ § §<br />
weitere<br />
§<br />
Schwerpunkte:<br />
§ § § § §<br />
Baurecht - Sozialhilfe - Familienrecht - Nachbarrecht<br />
§ § § § § § § § §<br />
Bahnhofstr. 5 48143 Münster e-mail: rechtsanwaelte.demel.topp@t-online.de<br />
Tel.: 02 51 - 414 05 05 Fax: 02 51 - 414 05 06<br />
G8-Gipfel in<br />
Heiligendamm:<br />
Eine andere Welt<br />
ist möglich!<br />
Für eine solidarische und gerechte Weltwirtschaft!<br />
Beteiligt Euch an der Demonstration am<br />
2. Juni in Rostock!<br />
Wir brauchen Wirtschaftsdemokratie statt<br />
der „unsichtbaren Hand des Marktes“.<br />
31