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FernUni Perspektive Nr. 64 / Sommer 2018

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<strong>FernUni</strong> <strong>Perspektive</strong> Seite 7<br />

BMBF-gefördertes Projekt<br />

Politikwissenschaftliche Forschung zur Bioökonomie<br />

Die Weltbevölkerung wächst,<br />

gleichzeitig werden Ressourcen<br />

knapper und das Klima wandelt<br />

sich. Die Herausforderungen können<br />

nur bewältigt werden, wenn<br />

vorhandene Ressourcen effizienter<br />

genutzt und gleichzeitig der Ausstoß<br />

klimaschädigender Emissionen<br />

von der Wirtschaftsleistung entkoppelt<br />

wird. „Die Bioökonomie kann<br />

einen entscheidenden Beitrag leisten,<br />

wenn es um die Weiterentwicklung<br />

der mineralölbasierten zu einer<br />

biobasierten Wirtschaft und Gesellschaft<br />

geht“, betont Prof. Dr. Annette<br />

Elisabeth Töller von der Fern-<br />

Universität in Hagen. Jedoch gibt<br />

es nach ihren Worten noch großen<br />

Forschungsbedarf, etwa zur<br />

Produktion ausreichender Biomassemengen,<br />

mit denen die stofflichen<br />

und energetischen Bedarfe<br />

gedeckt werden können. Auch die<br />

Implementierung ressourceneffizienter<br />

Prozessabläufe sowie die Bewertung<br />

sozio-ökologischer Auswirkungen<br />

einer biobasierten Wirtschaftsweise<br />

müssten weiter untersucht<br />

werden. Darüber hinaus<br />

fehle es bislang an empirisch fundierten<br />

theoriegeleiteten Studien<br />

über politische Prozesse zur Initiierung,<br />

Förderung oder Regulierung<br />

bioökonomischer Techniken, Verfahren<br />

und Produkte.<br />

Zusammen mit Prof. Dr. Michael<br />

Böcher will sie diese politikwissenschaftliche<br />

Forschungslücke ein<br />

Stück weit füllen: Ihr gemeinsames<br />

Projekt „Politische Prozesse der Bioökonomie<br />

zwischen Ökonomie und<br />

Ökologie – Bio-Ökopoli“ wird vom<br />

Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung (BMBF) drei Jahre lang<br />

gefördert. Die Leiterin des Lehrgebiets<br />

Politikwissenschaft III: Politikfeldanalyse<br />

& Umweltpolitik an der<br />

<strong>FernUni</strong>versität in Hagen ist Projektkoordinatorin,<br />

ihr Kooperationspartner<br />

hat den Lehrstuhl für Politikwissenschaft<br />

mit Schwerpunkt<br />

Nachhaltige Entwicklung der Otto-von-Guericke-Universität<br />

Magdeburg<br />

inne.<br />

Gefördert, entwickelt und etabliert<br />

werden sollen Techniken, Verfahren<br />

und Produkte, mit denen insbesondere<br />

– im Bereich der industriellen<br />

Produktion und der Energiegewinnung<br />

– fossile durch nachwachsende<br />

Rohstoffe ersetzt werden.<br />

Die Bioökonomie basiert auf neuesten<br />

wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

und schlägt eine Brücke zwischen<br />

Technologie, Ökologie und<br />

effizienter Wirtschaft. Dabei wird<br />

die gesamte Wertschöpfungskette<br />

vom Anbau der Rohstoffe über<br />

die Verarbeitung und Veredelung<br />

bis zur ressourceneffizienten Nutzung<br />

biogener Rest- und Abfallstoffe<br />

betrachtet.<br />

Positive und negative<br />

Umwelteffekte<br />

Der Einsatz vieler bioökonomischer<br />

Verfahren und Produkte lässt bei<br />

Energieerzeugung, industrieller Produktion,<br />

Anwendung und Entsorgung<br />

Umwelteffekte erwarten. Diese<br />

können positiv wie auch negativ<br />

sein. „Verschiedene Fachdisziplinen<br />

können durchaus mögliche<br />

ökonomische Nutzen einerseits und<br />

zu erwartende oder bereits identifizierbare<br />

Umweltauswirkungen eines<br />

Verfahrens andererseits ermitteln<br />

und bewerten“, erläutert Töller.<br />

„Ob dessen ökonomische und<br />

ökologische Folgen tatsächlich akzeptabel<br />

sind, kann aber nur in<br />

geeigneten gesellschaftlichen und<br />

politischen Prozessen entschieden<br />

werden.“<br />

Politische Maßnahmen (Policies) zur<br />

Einsetzung, Förderung oder Regulierung<br />

der bioökonomischen Verfahren<br />

oder Produkte werden in demokratischen<br />

politischen Prozessen<br />

verhandelt und beschlossen. Diese<br />

finden im politischen Mehrebenensystem<br />

zwangsläufig auf verschiedenen<br />

territorialen Ebenen – von der<br />

kommunalen bis zur internationalen<br />

Das Projektteam<br />

unter Leitung von<br />

Prof. Michael<br />

Böcher und Prof.<br />

Annette Elisabeth<br />

Töller (2. u. 3. v.li.)<br />

traf sich zu einem<br />

Workshop in<br />

Hagen.<br />

Foto: Ingrid Lacher<br />

– und in deren Zusammenspiel statt.<br />

Bei den bisherigen Studien bleiben<br />

diese politischen Entscheidungsprozesse<br />

weitgehend ausgeblendet.<br />

Forschungslücken in<br />

Sozialwissenschaften<br />

Bisher befassen sich vor allem Natur-<br />

und Ingenieurwissenschaften<br />

mit der Bioökonomie. Politikwissenschaftliche<br />

oder andere sozialwissenschaftliche<br />

Arbeiten zu entsprechenden<br />

Politiken oder deren<br />

Entstehungsprozessen gibt es daher<br />

bislang nicht. Somit wurden<br />

politische Aspekte wie Akteursinteressen<br />

oder Macht und Konflikte<br />

kaum bearbeitet. „Diese große<br />

Forschungslücke wollen wir schließen“,<br />

unterstreicht Prof. Annette<br />

Elisabeth Töller.<br />

Diese Defizite haben insofern große<br />

Bedeutung für die Weiterentwicklung<br />

der deutschen Bioökonomiestrategie,<br />

als es bei der Verfolgung<br />

bioökonomischer Ziele durchaus<br />

zu Konflikten kommen kann.<br />

Die Thematisierung dieser Konflikte<br />

sowie die Entwicklung von Lösungs-<br />

und Entschärfungsmöglichkeiten<br />

sind ein wichtiges Thema der<br />

sozio-ökonomischen Forschung.<br />

Entscheidungen in<br />

Deutschland<br />

Das Projekt zielt daher auf Fragen<br />

der politischen Gestaltung, zu<br />

denen die Politikfeldanalyse wichtige<br />

konzeptionelle und theoretische<br />

Instrumente anbieten kann.<br />

Im Fokus stehen zwar politische<br />

Entscheidungen in Deutschland.<br />

„Dazu muss man aber Entscheidungen<br />

auf verschiedenen territorialen<br />

Ebenen, insbesondere auch<br />

in der EU, betrachten“, so Töller.<br />

Zudem beschränkt sich das Projekt<br />

auf Verfahren und Produkte, die einen<br />

Effekt auf die Umwelt haben<br />

könnten, „weil wir mögliche Zielkonflikte<br />

zwischen Umweltschutz<br />

und anderen Zielen für besonders<br />

relevant halten und diese politikwissenschaftlich<br />

wenig erforscht wurden“,<br />

sagte Prof. Töller. Da<br />

i<br />

Das Projekt „Politische Prozesse<br />

der Bioökonomie zwischen<br />

Ökonomie und Ökologie – BIO-<br />

ÖKOPOLI“ wird vom BMBF in<br />

der Förderlinie „Bioökonomie<br />

als gesellschaftlicher Wandel“<br />

für drei Jahre gefördert und als<br />

Verbundprojekt der <strong>FernUni</strong>versität<br />

in Hagen gemeinsam mit<br />

der Otto-von-Guericke-Universität<br />

Magdeburg durchgeführt.<br />

http://www.bio-oekopoli.de<br />

Der Bioökonomie-Rat definiert Bioökonomie<br />

als „die Erzeugung und<br />

Nutzung biologischer Ressourcen,<br />

um Produkte, Verfahren und<br />

Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen<br />

Sektoren im Rahmen eines<br />

zukunftsfähigen Wirtschaftssystems<br />

bereitzustellen“.<br />

Zentrale Ziele dabei sind<br />

• die dauerhafte Sicherung der Versorgung<br />

von Wirtschaft und Gesellschaft<br />

mit Rohstoffen,<br />

• die Stärkung Deutschlands und<br />

der EU als technologischer Innovationsstandort,<br />

• die Sicherung der globalen Lebensmittelversorgung<br />

• sowie der Schutz von Klima und<br />

natürlichen Ressourcen.<br />

Die Zahl von<br />

Orkanen und<br />

anderen schwerwiegenden<br />

Naturereignissen<br />

als Folge des<br />

Klimawandels<br />

nimmt bereits zu.<br />

Foto: Wido Panitz

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