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Broschüre Kindergarten Final 180417_ANSICHT

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Gustav Klimt, 1902<br />

Gustav Klimt malt<br />

das gelbe Haus von Unterach<br />

Otmar Rychlik<br />

Gustav Klimt, Kirche in Unterach am Attersee, 1915/16<br />

Drei der rund fünfzig quadratischen<br />

Landschaftsbilder von Gustav Klimt, die<br />

zwischen 1899 und 1917 entstanden<br />

sind, zeigen den Ort Unterach am<br />

Attersee, einmal in Fernsicht, zweimal<br />

erscheinen einige wenige Häuser<br />

(einmal mit Kirche) ganz nahe an den<br />

Betrachter herangezogen. Bei aller<br />

Unterschiedlichkeit dieser beiden<br />

Auffassungen, das Ortsbild in seine<br />

Landschaft eingebettet wiederzugeben,<br />

handelt es sich in allen drei Fällen um<br />

späte Gemälde des Hauptmeisters der<br />

österreichischen Malerei seiner Zeit.<br />

„Häuserbild“ und „Kirchenbild“ wurden<br />

– nach Angabe des Werkverzeichnisses<br />

von Tobias Natter – 1915/1916<br />

gemalt, bei dem „Gesamtbild“ handelt<br />

es sich überhaupt um das letzte der<br />

charakteristischen Sommerbilder Klimts.<br />

Es wird auf 1917 datiert (Klimt starb<br />

bereits am 6. Feber 1918).<br />

Ihm folgt nur noch ein unvollendet<br />

gebliebenes, 1945 bei dem verheerenden<br />

Brand von Schloss Immendorf in<br />

Niederösterreich, dem „Bergungsort“<br />

vieler Klimtgemälde, zerstörtes Werk,<br />

eigentlich eine Stadtlandschaft von Bad<br />

Gastein in kleinerem Format (70 x 70<br />

cm), dessen „nervöse Unruhe“, wie<br />

Natter meint, für den Eindruck verantwortlich<br />

war, „völlig unklimtisch“ zu sein<br />

– wie der frühe Klimthistoriograph<br />

Emil Pirchan schreibt, der das Originalgemälde<br />

zweifellos gekannt hat.<br />

Dennoch hat es Ähnlichkeiten mit<br />

dem Unteracher Häuserbild, auch mit<br />

anderen unter „Landschaft“ gereihten<br />

Gemälden Klimts, die aber eigentlich<br />

Dorf- oder Städtebilder sind, weil<br />

sie das landschaftliche Element eher<br />

untergeordnet enthalten, während die<br />

Architektur den eigentlichen Bildinhalt<br />

stellt. Die frühesten „Architekturbilder“,<br />

bei denen das Verhältnis aus Landschaft<br />

und Gebäude aber noch durchaus<br />

gleichwertig ist, sind die vier Ansichten<br />

von Schloss Kammer am Attersee, in<br />

den Jahren 1908 bis 1910 gemalt, mit<br />

denselben Maßen von 110 x 110 cm, wie<br />

die drei hier besprochenen Unteracher<br />

Gemälde; alle in Privatbesitz. Nach den<br />

vier Schlossbildern entstehen 1913 zwei<br />

Ansichten von italienischen Ortschaften,<br />

Malcesine am Gardasee und Cassne,<br />

aber auch das Gemälde „Kirche in<br />

Unterach am Attersee“ gehört in diese<br />

Kategorie von Landschaftsbildern mit<br />

einem starken, die Landschaftlichkeit<br />

überwiegenden Akzent.<br />

Gerade im Architekturbild kann Klimt<br />

ein Gestaltungsprinzip vergegenständlichen,<br />

das zu den wesentlichen künstlerischen<br />

Kategorien seines Werkes<br />

und des internationalen Symbolismus<br />

(auch Jugendstil und Stilkunst genannt)<br />

gehört, nämlich die Bindung des Bildgegenstandes<br />

an die Fläche. Neben<br />

dem Charakteristikum betonter Konturen,<br />

das mit dem Prinzip der Flächenordnung<br />

und der Unterdrückung der<br />

Raumdarstellung korrespondiert, erfolgt<br />

der Bildaufbau nun als orthogonales<br />

„Flächengitter“, sehr im Gegensatz zur<br />

tiefenräumlichen Wahrnehmung, mit<br />

der das Auge die ausgebreitete Landschaft<br />

vom Vordergrund bis zum fernen<br />

Horizont wahrnimmt oder auch die<br />

reich verschränkten Raumbeziehungen<br />

gewachsener Ortsbilder.<br />

Aber genau darum scheint es Klimt<br />

gegangen zu sein, nämlich nachzuweisen,<br />

dass Landschaftsmalerei auch<br />

ohne tiefenräumlichen Illusionismus auskommen<br />

kann, der in den Jahrhunderten<br />

davor die Wiedergabe des Naturraumes<br />

bestimmt hat. Klimt wählt mit<br />

den Gestaltungsprinzipien des<br />

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