Alpsommer-und-Viehscheid-2018
Alpsommer&Viehscheid ist das Magazin zu Allgäuer Lebensart, Tradition und Freizeit. 2018 unter anderem mit diesen Themen: DA GEHT’S BERGAB: Viehscheid-Termine im Allgäu und Umgebung HIMMLISCHE TRÖPFCHEN: Besuch auf der Kräuteralp Hörmoos ARBEIT MIT DEN HÄNDEN: Eine Bildreportage durch alte Berufe ALLGÄUS RINDVIECHER: Von Braunvieh bis Holsteiner – wer grast denn da?
Alpsommer&Viehscheid ist das Magazin zu Allgäuer Lebensart, Tradition und Freizeit. 2018 unter anderem mit diesen Themen:
DA GEHT’S BERGAB: Viehscheid-Termine im Allgäu und Umgebung
HIMMLISCHE TRÖPFCHEN: Besuch auf der Kräuteralp Hörmoos
ARBEIT MIT DEN HÄNDEN: Eine Bildreportage durch alte Berufe
ALLGÄUS RINDVIECHER: Von Braunvieh bis Holsteiner – wer grast denn da?
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ALPSOMMER<br />
& <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong><br />
Allgäuer Lebensart,<br />
Tradition <strong>und</strong> Freizeit<br />
Kuhle Geschichten<br />
Die schönsten Seiten<br />
des Bergsommers<br />
4,– EURO
Im Herzen des schönen Allgäus brauen wir seit<br />
150 Jahren die Schäffler Bierspezialitäten.<br />
Klein aber fein <strong>und</strong> traditionsbewusst –<br />
dafür steht der gute Name Schäffler Bräu.<br />
Unser Brauwasser aus eigener Quelle wird belebt nach Johann Grander<br />
Brauerei Schäffl er · Hanspeter Graßl KG · Hauptstr. 17 · 87547 Missen · Tel. 08320 920-0 · www.schaeffl er-braeu.de · facebook.com/schaeffl erbraeu
GRÜSS GOTT<br />
ODER SO ÄHNLICH<br />
SERVUS<br />
Wer kennt es nicht: Da wandelt man zufrieden auf abgeschiedenem<br />
Pfad durch die Bergwelt, als die gewollte Einsamkeit plötzlich durch<br />
einen entgegenkommenden Wanderer gestört wird. Schlimmstenfalls<br />
sucht der noch Blickkontakt. Ein Gruß ist angebracht. Nur welcher?<br />
Sprachfestigkeit im Dialekt vortäuschen oder besser etwas<br />
Unverständliches in den Bart murmeln? Vom Gruß am Berg.<br />
MOIN<br />
GRÜSS GOTT<br />
BERG HEIL<br />
DIE KLASSIKER<br />
»Hallo«<br />
Damit dürfte selbst der schüchternste Wandersmann (Spaziergänger, Gassigeher,<br />
Edgar-Wallace-Kenner) schon in Berührung gekommen sein. Auch wenn<br />
eingefleischte Bergsteiger behaupten, dass dieser Gruß ans Telefonende <strong>und</strong><br />
nicht auf den Gipfel gehört, so ist er doch im ganzen Alpenraum <strong>und</strong> darüber<br />
hinaus verständlich <strong>und</strong> allemal höflicher als ein starrer Blick auf die Füße.<br />
»Grias di, Grias eich«<br />
Eine der meistgehörten Begrüßungen für einen oder mehrere Entgegenkommende<br />
in Höhenlagen (ab 1000 Metern duzt man sich nämlich). Damit kann man eigentlich<br />
nicht viel falsch machen. Es sei denn, man verzählt sich: »Grias eich, äh, di.«<br />
DIE EXOTEN<br />
»Berg Heil«<br />
Nicht unbedingt ein Exot, da es sich um eine der ältesten Grußformeln im<br />
Alpinismus handelt. Sie wird in der Regel erst beim Erreichen des Gipfels <strong>und</strong><br />
einem dazugehörigen herzlichen Handschlag mit den bereits Anwesenden<br />
ausgerufen. Wichtig: Der Gruß sagt nichts über die politische Gesinnung aus,<br />
sondern ist ein Bergsteiger-Pendant zum »Petri Heil« der Fischer.<br />
»Grüß Gott«<br />
Ein höflicher <strong>und</strong> himmelsnaher Gruß, den insbesondere ältere Herrschaften<br />
gerne verwenden <strong>und</strong> hören. Das Glaubensbekenntnis spielt hierbei keine Rolle,<br />
überzeugte Atheisten können zur Not auf »Guten Tag« zurückgreifen.<br />
»Servus«<br />
Fast im gesamten Alpenraum ein gern genutzter Gruß. Er vermittelt Lässigkeit<br />
<strong>und</strong> Heimatgefühl <strong>und</strong> wird bevorzugt mit einem Lächeln serviert.<br />
Nicken, Lächeln, Winken<br />
Diese nonverbalen Grußformen sollten dann zum Einsatz kommen, wenn – zum<br />
Beispiel aufgr<strong>und</strong> des steilen Anstiegs – die Lungenkapazität keinen sprachlichen<br />
Austausch mehr erlaubt <strong>und</strong> man sein Gegenüber nicht mit einem unverständ -<br />
lichen Röcheln verstören möchte. Extrem-Bergsteigern, die gerade mit allen Vieren<br />
am Felsen hängen, wird an dieser Stelle ausdrücklich von der Wink-Variante<br />
abgeraten.<br />
»Moin«<br />
Es soll schon vorgekommen sein, dass sich ein Norddeutscher in die Berge verirrt<br />
hat. Beim Kontakt mit einem solchen Exemplar ist ein (tageszeitenunabhängiges)<br />
»Moin« durchaus vertretbar. Auch mit einem »Tach, Tachchen« verrät sich der vom<br />
Allgäuer liebevoll bezeichnete »Flachländer«.<br />
»Howdy«<br />
Funktioniert – die meisten Mitwanderer wissen, was gemeint ist. Wirkt aber<br />
authentischer, wenn man dabei lässig an die Krempe eines Cowboyhutes schnippt.<br />
Ein so gegrüßter Alphirt könnte befürchten, dass der Wanderer gleich dem<br />
Weidevieh mit einem Lasso an den Kragen will <strong>und</strong> dementsprechend<br />
voreingenommen reagieren.<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 3
INHALT<br />
86<br />
Fotos: Verena Dorn, Viola Elgaß, Martina Gast, Volker Wille, Gerhard Wolf (Alpsee-Grünten Tourismus)<br />
94<br />
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
14 Wer hat die Kuh auf den Berg gejagt?<br />
Zur Historie des <strong>Alpsommer</strong>s<br />
22 Das <strong>Alpsommer</strong>-Quiz<br />
Sind Sie fit für den Scheid?<br />
32 Vielfalt beim <strong>Viehscheid</strong><br />
in der Alpsee-Grünten-Region<br />
48 Da geht’s bergab<br />
<strong>Viehscheid</strong>-Termine<br />
ALPE SPEZIAL<br />
38 Virtuose der Spirituose<br />
Michel brennt für gute Brände<br />
56 Auf Schusters Rappen<br />
zu den Allgäuer Goldmachern<br />
24<br />
REPORTAGE<br />
44 Auf Sauriersuche<br />
in den Allgäuer Alpen<br />
78 Die neue Lust am alten Handwerk<br />
Bildreportage durch die Freilichtmuseen<br />
HANDWERK<br />
62 Glück hat, wer einen Korb bekommt<br />
Zu Gast bei Flechtwerkerin Annette Rehle<br />
86 Hier fliegen die Späne<br />
Die Kettensägen-Künstlerin Martina Gast<br />
102 Schöne Falten!<br />
Die Bregenzerwälder Juppe<br />
BRAUCHTUM<br />
36 Das »Grüne Haus« in Reutte<br />
Innen <strong>und</strong> außen ein Hingucker<br />
94 Hoibat<br />
Mähen wie vor 100 Jahren<br />
4<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
EDITORIAL<br />
WILLKOMMEN AUF DEN SCHÖNSTEN<br />
SEITEN DES ALPSOMMERS!<br />
NATUR<br />
24 Eine dufte Idee<br />
Hier gibt’s was auf die Nase<br />
68 Who is Who bei der Kuh<br />
Rinderrassen im Allgäu<br />
74 10 Fakten über Milch<br />
Ein weißer Alleskönner<br />
90 Der geheimnisvolle Alatsee<br />
Allgäuer Sagenwelt<br />
FREIZEIT<br />
6 Sommer im Allgäu<br />
Veranstaltungen <strong>und</strong> Angebote aus der Region<br />
28 Das Allgäu heiter betrachtet<br />
M<strong>und</strong>art-Begriffe humorvoll erläutert<br />
76 Sommer-Rezept<br />
Bohnensalat mit Käse <strong>und</strong> Fenchelbrot<br />
84 ... <strong>und</strong> wenn es regnet?<br />
Ziele bei Schlechtwetter<br />
98 Kinderkram<br />
Ausflugsziele <strong>und</strong> Spiele für Familien<br />
106 <strong>Alpsommer</strong>: Zeit zum Schmökern<br />
Büchertipps für Leseratten<br />
56<br />
32<br />
Der <strong>Viehscheid</strong> ist für viele Allgäuer der<br />
Höhepunkt des Jahres. Es ist aber auch<br />
eindrucksvoll zu sehen, wie dutzende –<br />
mancherorts h<strong>und</strong>erte – Rinder vom Berg<br />
ins Tal ziehen. Die läutenden Zugschellen<br />
sind weithin zu hören. Das schönste Rind<br />
trägt einen prächtigen Kranz <strong>und</strong> wird<br />
der Herde stolz vorangeführt. Aber nur, wenn der Bergsommer<br />
unfallfrei verlaufen ist. Allzu oft vergisst man, welcher Naturgewalt<br />
Hirt <strong>und</strong> Vieh dort droben ausgeliefert sind.<br />
Man kann sich heutzutage gar nicht ausmalen, wie das vor H<strong>und</strong>erten<br />
von Jahren gewesen sein muss, als es keine Zufahrtswege<br />
<strong>und</strong> schon gar keinen Strom auf der Berghütte gab. Da fragt man<br />
sich unausweichlich: Wer zum Kuckuck kam auf die Idee, das arme<br />
Vieh ins Gebirge zu schicken? Inklusive menschlichen Aufpassern,<br />
die aufgr<strong>und</strong> ihrer naturgegebenen Zweibeinigkeit wohl kaum so<br />
geländegängig waren wie die Gämsen, die damals noch in großer<br />
Zahl über die Hänge zogen. Wo die entfernten Ursprünge des<br />
Berg sommers liegen <strong>und</strong> warum mancher Hütebub sich die Füße<br />
im dampfenden Kuhfladen wärmen musste, das erforschen wir auf<br />
den Seiten 14 bis 20. Und weil wir Redakteure immer tiefer graben<br />
als geplant, gehen wir auf den Seiten 68 bis 73 sogar noch weiter<br />
zurück: Wie kam die Kuh überhaupt ins Allgäu? Und wie kommt<br />
es, dass das vom Allgäuer hoch gelobte Braunvieh immer öfter in<br />
andersfarbiger <strong>und</strong>/oder gescheckter Begleitung auf den Wiesen<br />
zu finden ist? Den häufigsten Rinderrassen in der Region spüren<br />
wir in dieser Geschichte nach.<br />
Natürlich dreht sich auf den folgenden Seiten nicht alles um Rindviecher<br />
(sonst wäre es ja ein Allgäuer Kuhmagazin), sondern auch<br />
um die Menschen, die hier leben <strong>und</strong> arbeiten. Zum Beispiel<br />
Michael <strong>und</strong> Gerda Schneider. Sie betreiben die höchstgelegene<br />
Brennerei im Allgäu. Die Zutaten für die Schnäpse ihrer Alpe Hörmoos<br />
stammen direkt aus dem dazugehörigen Kräutergarten. Der<br />
»Kräutermichel« führt auch gerne Gäste, wie unsere Redakteurin<br />
Claudia Schöwe, durch seine hochprozentigen Hallen. Den Bericht<br />
finden Sie auf den Seiten 38 bis 43. Na dann, zum Wohl!<br />
Auch Verena Dorn <strong>und</strong> ihre Kollegen arbeiten mit Kräutern – die<br />
kommen allerdings nicht ins Fläschchen, sondern ins Säckchen.<br />
Ihr Unternehmen »Echt Dufte« stellt wohlriechende Kissen <strong>und</strong><br />
Heusäckchen her, die entspannen oder erfrischen <strong>und</strong> mit denen<br />
jeder Besucher ein kleines Stückchen Allgäu mit nach Hause nehmen<br />
kann. Schnuppern Sie doch mal in den Artikel auf den Seiten<br />
24 bis 27 hinein.<br />
Nicht nur dran riechen, sondern auch probieren sollte man dagegen<br />
den herrlichen Bergkäse von den Allgäuer Sennalpen Oberberg<br />
<strong>und</strong> Derb. Sie wissen nicht, wie man hinkommt? Auf den<br />
Seiten 56 bis 60 beschreiben wir einen Weg, der gleich beide Alpen<br />
mit dem herrlichen Haldertobel verknüpft. Zum Schluss kann<br />
man sogar die »Fiaß« (so bezeichnet der Allgäuer das menschliche<br />
Fahrwerk von Zeh bis Schenkel) ins kühle Illerwasser tunken.<br />
Also, Rucksack nauf <strong>und</strong> ab gohts in den <strong>Alpsommer</strong> <strong>2018</strong>!<br />
Ihre Viola Elgaß<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 5
FREIZEIT<br />
SOMMER IM ALLGÄU<br />
HIER KANN MAN WAS ERLEBEN<br />
AUF ZUR FESTWOCHE IN KEMPTEN<br />
Fotos: Heimatb<strong>und</strong> Allgäu, Stadt Kempten<br />
Seit fast 70 Jahren präsentiert sich die Allgäuer<br />
Festwoche als Dreiklang aus Wirtschaftsmesse,<br />
Kulturtagen <strong>und</strong> Heimatfest. Somit sind die Tage<br />
vom 11. bis 19. August ein Erlebnis für Jung <strong>und</strong><br />
Alt. Die größte Verbrauchermesse der Region<br />
lockt wieder mit knapp 400 Ausstellern, die mit<br />
ihrer bunten Mischung alle Lebensbereiche abdecken.<br />
Auch kulturell hat die Festwoche einiges<br />
zu bieten, wie eine Kunstausstellung im Kemptener<br />
Marstall. Wer jedoch schon vor Ausstellungseröffnung<br />
in den Genuss von Kultur kommen<br />
möchte, der ist bei der »Kultur im Residenzhof«<br />
genau richtig. Diese geht schon eine Woche vor<br />
der Festwoche über die (Freilicht-)Bühne: im Hof<br />
der Kemptener Residenz. Das Programm: Gemeinschaftskonzert<br />
des Musikvereins Sankt Mang mit<br />
der Gastkapelle Öflingen, 3. August ab 19 Uhr;<br />
Residenzhofserenade mit »Novas Brass« am<br />
4. August ab 19 Uhr; »Bella Italia – die Italienische<br />
Nacht« mit Gertrud Hiemer-Haslach <strong>und</strong> vielen<br />
anderen am 5. August ab 20 Uhr; »Vivid<br />
Curls« & Sarah Straub, 6. August ab 20 Uhr;<br />
»Stepfather Fred & Friends« – Special unplugged<br />
Show am 7. August um 20 Uhr. Ein anderes Highlight,<br />
<strong>und</strong> zwar im wahrsten Sinne des Wortes,<br />
ist das Lichterfest am Abend des 12. Augusts.<br />
www.festwoche.com<br />
UNTERM BERG SPAZIEREN GEHEN<br />
Den Grünten erforschen <strong>und</strong> von innen sehen:<br />
Das ist in der »Erzgruben – Erlebniswelt am Grünten«<br />
in Burgberg möglich. Doch bevor es in den<br />
Wächter des Allgäus hineingeht, lernen die Besucher<br />
im Museumsdorf mehr über die Geologie des<br />
Berges, den Eisenerz-Bergbau, die Verhüttung <strong>und</strong><br />
die althergebrachte Schmiedekunst, die man in<br />
der Schauschmiede hautnah erleben kann. Dann<br />
ist es Zeit, dem Grünten auf den Gr<strong>und</strong> zu gehen.<br />
Bei einer zweistündigen R<strong>und</strong>wanderung gibt es<br />
Wissenswertes über den Andreas-Tagebau, die<br />
Theresien-Grube <strong>und</strong> die Anna-Grube. Für letztere<br />
sollten Besucher schwindelfrei sein, denn am Ende<br />
wartet nicht der Grubengr<strong>und</strong>, sondern ein Podest<br />
mit einem über zehn Meter tiefen Abgr<strong>und</strong>. Um<br />
den Rückweg, oder auch Hinweg, zu genießen,<br />
fährt das »Erzgrubenbähnle« vom Parkplatz Steinbruch<br />
über den Dorfplatz zum Museumsdorf <strong>und</strong><br />
weiter zur Erzgrubenerlebniswelt – natürlich auch<br />
wieder zurück.<br />
www.erzgruben.de<br />
Foto: Gabriele Fischer<br />
6<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
MIT PFEIL UND BOGEN<br />
AUF DER PIRSCH<br />
In Bolsterlang darf sich jeder einmal wie Robin<br />
Hood fühlen. Doch auch der Meister im Umgang<br />
mit Pfeil <strong>und</strong> Bogen hat klein angefangen – darum<br />
erlernen die baldigen Bogenschützen in einem<br />
einstündigen Gr<strong>und</strong>kurs zunächst alles, was<br />
wichtig ist. Danach können sie zusammen mit<br />
einem Trainer im Talparcours auf die Pirsch gehen.<br />
Hier verstecken sich zehn lebensgroße 3D-<br />
Figuren aus Schaumstoff, die es zu erlegen gilt.<br />
Wen die Begeisterung für das Bogenschießen<br />
gepackt hat, kann den 1. Allgäuer Alpenparcours<br />
an der Hörnerbahn begehen. Dabei wird eine<br />
Bergtour durch Wald <strong>und</strong> Wiesen mit dem Bogenschießen<br />
verb<strong>und</strong>en – Trittsicherheit <strong>und</strong> eine<br />
gute Kondition sind hier gefragt.<br />
www.bogendorf.info<br />
Foto: Tourismus Hörnerdörfer GmbH/Gästeinformation Bolsterlang<br />
Foto: Archiv Heimatdienst Sonthofen e. V./Deidl<br />
SCHWERE ZEITEN IM BLICK<br />
Im November dieses Jahres jährt sich das Ende des<br />
Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Anlässlich des<br />
Jubiläums zeigt das Heimathaus Sonthofen bis zum<br />
4. November eine Sonderausstellung, die anhand<br />
zahlreicher Exponate <strong>und</strong> Dokumente unterschiedliche<br />
Aspekte des Krieges beleuchtet: Welche Auswirkungen<br />
hatte der Krieg für Sonthofen? Wie kamen die<br />
Menschen hier mit Mangelwirtschaft <strong>und</strong> fehlenden<br />
Arbeitskräften zurecht? Zudem erzählen<br />
Feldpostkarten <strong>und</strong> -briefe, Fotoalben, Zeichnungen<br />
<strong>und</strong> persönliche Gegenstände vom Kriegsalltag <strong>und</strong><br />
Schicksal einzelner Soldaten.<br />
www.stadt-sonthofen.de<br />
Anzeige<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 7
FREIZEIT<br />
ZWISCHEN KUNST UND SCHERBENHAUFEN<br />
Im historischen Glasmacherdorf Schmidsfelden,<br />
ein beliebtes Ausflugsziel nahe Leutkirch, zeigt<br />
Glasmacher Stefan Michaelis seine filigrane<br />
Kunst. Das Handwerk mit dem zerbrechlichen<br />
Material prägte bis zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
das Leben der Menschen in der Adelegg.<br />
Die Glashütte <strong>und</strong> einige Nebengebäude sind in<br />
Schmidsfelden ebenso wie viele Arbeiterhäuschen<br />
erhalten geblieben. In der Glashütte selbst<br />
zeigt ein Museum die erfolgreiche Geschichte der<br />
einstigen Glasmacher <strong>und</strong> Stefan Michaelis sein<br />
Können. Im Glasladen gibt es die zarte Kunst wie<br />
Gläser, Gartenkugeln <strong>und</strong> Deko zu kaufen <strong>und</strong><br />
als Besonderheit findet auch in diesem Jahr wieder<br />
das Glashüttenfest statt. Am 7. Oktober zeigen<br />
verschiedene Glasmacher <strong>und</strong> Glasbläser<br />
ihre Arbeit <strong>und</strong> formen den fragilen Werkstoff in<br />
heißen Flammen.<br />
www.glas-schmidsfelden.de<br />
Foto: Roland Rasemann<br />
OUTDOORFESTIVAL RUND UM OBERSTDORF<br />
Foto: Alex Fuchs<br />
Gemeinsam mit Fre<strong>und</strong>en die Natur erleben – was<br />
gibt es Schöneres? Für alle, die das genauso sehen,<br />
ist das »Zämed duss« Outdoorfestival genau das<br />
Richtige. Vom 5. bis zum 7. Oktober bietet es ein<br />
buntes Programm zum Mitmachen <strong>und</strong><br />
Ausprobieren. So gibt es Gipfelwanderungen <strong>und</strong><br />
Kletterstiege, Sonnenaufgangstouren <strong>und</strong> Yoga auf<br />
dem Berg, aber auch Gleitschirm fliegen,<br />
Canadiertouren <strong>und</strong> Raften. Für Mountainbiker gibt<br />
es geführte Touren, Fahrtechnikkurse <strong>und</strong> einen<br />
Pumptrack. Samstags findet ab 9 Uhr der Feneberg<br />
Mountainbike-Marathon statt. Am Sonntag ist eines<br />
der Highlights die Eddie Bauer-12h-Wanderung, die<br />
zu den schönsten Plätzen r<strong>und</strong> um Oberstdorf führt.<br />
Neben den zahlreichen sportlichen Aktivitäten steht<br />
beim »Zämed duss« Outdoorfestival auch der<br />
respektvolle Umgang mit der Natur <strong>und</strong> den<br />
anderen Bergliebhabern im Vordergr<strong>und</strong> – egal, ob<br />
sie auf zwei oder vier Beinen, zwei Rädern oder im<br />
Wasser unterwegs sind.<br />
www.zämed-duss.de<br />
FAIRE HEUMILCH<br />
AUS DEM ALLGÄU<br />
Das Allgäu ist geprägt von traditioneller Landwirtschaft.<br />
Milchkühe säumen die üppigen Weiden.<br />
Weshalb gab es hier keine eigenständige<br />
Molkerei? Lange<br />
haben sich Johannes Nussbaumer<br />
<strong>und</strong> Matthias<br />
Haug das gefragt – <strong>und</strong><br />
schließlich vor zwei Jahren<br />
die Allgäuer Hof-Milch gegründet.<br />
Allgäuer Heumilch<br />
(das ist Milch von<br />
Kühen, die im natürlichen<br />
Jahresverlauf mit Weidegras<br />
oder Heu, aber ohne Silage gefüttert<br />
werden) wird hier zu frischen<br />
<strong>und</strong> richtig leckeren Milchprodukten verarbeitet,<br />
<strong>und</strong> das zu einem garantiert fairen Milchpreis<br />
für die Landwirte. Trinkmilch, Natur- <strong>und</strong> Fruchtjoghurt,<br />
Butter <strong>und</strong> Käse, auch als<br />
Biovariante, wandern seither in<br />
zahlreiche Allgäuer Einkaufskörbe.<br />
Erhältlich sind die<br />
Hofmilch-Produkte in den<br />
bayerischen Rewe-Filialen<br />
<strong>und</strong> an den Direktverkaufsstellen<br />
ab Werk in Missen-<br />
Wilhams, dem Konstanzer<br />
Hof bei Oberstaufen, dem<br />
Milchwerk Sonthofen <strong>und</strong> der<br />
Sennerei Wertach.<br />
www.hof-milch.de<br />
Fotos: Allgäuer Hof-Milch<br />
8<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
ÜBER 30 GEFÜHRTE WANDERUNGEN<br />
Moore erk<strong>und</strong>en, dem Lauf der Argen folgen,<br />
Schluchten durchwandern, den nördlichsten voralpinen<br />
Höhenzug, die Adelegg, erklimmen –<br />
beim Isnyer NaturSommer erk<strong>und</strong>en Naturliebhaber<br />
das Voralpenland r<strong>und</strong> um die malerische<br />
Stadt im württembergischen Allgäu. Dabei schärfen<br />
die Wanderführer bis Oktober den Blick für<br />
Molassegestein, Alpweiden, Bachforelle oder<br />
Torfmoose. Über 30 Wandertouren <strong>und</strong> Gourmetführungen<br />
hat der Isnyer NaturSommer im Programm.<br />
Die gleichnamige Broschüre enthält alle<br />
Termine, informiert über die Treffpunkte <strong>und</strong> ist<br />
im Büro für Tourismus der Isny Marketing GmbH<br />
<strong>und</strong> auf www.isny.de als Download erhältlich.<br />
www.isny.de<br />
Foto: Ernst Fesseler<br />
WO EINST DIE MÖNCHE WANDELTEN<br />
Das Kartausenmuseum Buxheim verzeichnet<br />
jährlich r<strong>und</strong> 17.000 Besucher. Um ihnen den<br />
Aufenthalt so informativ wie möglich zu gestalten<br />
werden bis zum 31. Oktober jeden Sonntag<br />
Führungen angeboten. Dabei hat man die Qual<br />
der Wahl zwischen vier Möglichkeiten. Man kann<br />
die ganze Kartause besichtigen <strong>und</strong> mehr über<br />
den Kartäuserorden <strong>und</strong> die komplette Anlage erfahren.<br />
Oder man wählt die Führung »Die Zellenstifter<br />
der Kartause Buxheim« <strong>und</strong> lernt etwas<br />
über das Leben der weißen – schweigenden –<br />
Mönche. Auch eine kleine Stilreise durch die Kartause<br />
von der Gotik bis zum Barock findet sich<br />
im Angebot. Man kann auch die »Wege der Stille«<br />
gehen, wie einst die weißen Mönche <strong>und</strong> sich<br />
so aus der hektischen Welt entführen lassen.<br />
www.kartause-buxheim.de<br />
Foto: Volker Wille
FREIZEIT<br />
ZWISCHEN KÄSE, KRÄUTERN UND KNEIPP<br />
Foto: Christel Pickl<br />
Das Hochtal von Gunzesried lockt auch dieses<br />
Jahr wieder mit einem abwechslungsreichen Programm<br />
r<strong>und</strong> um den Käse-Kräuter-Sommer. Vom<br />
1. Juni bis zum 30. September dreht sich alles um<br />
die Themen Käse, Kräuter <strong>und</strong> Natur – köstliche<br />
Gaumenfreuden inklusive. Das Veranstaltungsbündel<br />
hält für jeden etwas bereit. Gäste können<br />
an geführten Wanderungen durch die Natur <strong>und</strong><br />
Workshops mit Kräuterfrauen teilnehmen. Natürlich<br />
darf <strong>und</strong> muss auch der Käse probiert werden,<br />
wie etwa an den Käseabenden der Sennerei<br />
Gunzesried oder bei einer Besichtigung des Käsekellers<br />
der Sennalpe Oberberg. Auch die Entspannung<br />
kommt nicht zu kurz – Alpenwellness<br />
nach Kneipp <strong>und</strong> ein Kräutermenü r<strong>und</strong>en das<br />
vielfältige Angebot ab.<br />
www.blaichach.de<br />
VIEHSCHEID-PORTAL IM WEB<br />
Mit unserem Magazin sind Sie für den <strong>Viehscheid</strong><br />
bestens gerüstet. Auf Facebook kündigen<br />
wir kommende Termine pünktlich an. Für den<br />
schnellen Klick im Internet können wir jedoch<br />
zusätzlich das größte Allgäuer <strong>Viehscheid</strong>-Portal<br />
empfehlen: Unter www.allgaeu-viehscheid.de<br />
findet man zahlreiche Informationen zum Bergsommer<br />
<strong>und</strong> seinen Traditionen. Dazu gibt es<br />
aktuelle Termine der jeweiligen Gemeinden,<br />
viele Bilder <strong>und</strong> Impressionen über das Brauchtum<br />
im Allgäu, das <strong>Viehscheid</strong>-Wetter, Anfahrtskarten<br />
<strong>und</strong> Webcam-Ansichten.<br />
www.allgaeu-viehscheid.de<br />
Foto: Dominik Ultes<br />
FLÜSSIGES GOLD<br />
AUS DEN BERGEN<br />
Wer denkt, alles Gold aus dem Allgäu ist Käse,<br />
der irrt sich. Viel süßer, aber genauso schmackhaft<br />
ist der Honig, den die Alpenimkerei Jörg seit<br />
über 50 Jahren gewinnt. Die Imkerfamilie aus<br />
Kranzegg bewirtschaftet 20 Bienenvölker an zwei<br />
Standorten zwischen 800 <strong>und</strong> 1200 Höhenmetern.<br />
Jede Jahreszeit im Bienenjahr hat ihren ganz<br />
eigenen Geschmack. Das zeigen die drei Honigsorten:<br />
der helle Alpenhonig »Blüte« aus dem<br />
Frühjahr ist ganz anders als die kräftige Sorte<br />
»Wald« aus dem Spätsommer. Gleiches gilt für<br />
den Alpenhonig »Sommer«<br />
aus den Monaten<br />
Juni <strong>und</strong> Juli. Die Honiggläser<br />
(9,90 Euro je 260<br />
Gramm) kann man bei der<br />
Alpenimkerei online bestellen<br />
oder auf der Grüntenhütte<br />
<strong>und</strong> der »Käs Buind«<br />
in Kranzegg kaufen.<br />
www.alpenimkerei.de<br />
Foto: Alpenimkerei Jörg<br />
10<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Anzeigen<br />
FEINE TRACHTEN<br />
OHNE KITSCH<br />
Sie möchten sich<br />
in unseren Heften<br />
präsentieren?<br />
Der Trachtenmarkt 11. <strong>und</strong> 12. August <strong>2018</strong> in<br />
Pfronten gilt nicht nur aufgr<strong>und</strong> seiner Atmosphäre<br />
mitten im Ort als einer der schönsten<br />
Märkte in Bayern, sondern auch wegen der Qualität<br />
der über 50 Aussteller. Denn die sind Handwerker<br />
<strong>und</strong> keine Händler, fertigen also die Waren<br />
in der Regel selbst an. Im Mittelpunkt steht das<br />
heimische Gewand, von einfach bis festlich, ohne<br />
Kitsch <strong>und</strong> hochwertig. An beiden Tagen bietet<br />
der 12. Pfrontener Trachtenmarkt zwischen 11<br />
<strong>und</strong> 17 Uhr alles r<strong>und</strong> um die Allgäuer Tracht.<br />
Dazu ganztägige Volksmusik- <strong>und</strong> Volkstanzvorführungen<br />
<strong>und</strong> eine kostenlose Trachtenberatung.<br />
Der Eintritt ist frei.<br />
www.pfronten.de<br />
Ihre kompetenten Ansprechpartner für<br />
Ihre werbewirksame Platzierung:<br />
Sie erreichen uns telefonisch oder per Mail<br />
Carolin Mathes:<br />
carolin.mathes@heimat-allgaeu.info<br />
Christian Vu:<br />
christian.vu@heimat-allgaeu.info<br />
Tel. 08379/728616<br />
Foto: Pfronten Tourismus, M. Lukaszewski<br />
Lachener Weg 2<br />
87509 Immenstadt-Werdenstein<br />
Tel. 08379/728616<br />
Fax 08379/728018<br />
www.edition-allgaeu.de<br />
ALKOHOLFREIER<br />
WEIZENGENUSS<br />
Die Familienbrauerei Meckatzer ist bekannt für<br />
seine hervorragende Braukunst – <strong>und</strong> das schon<br />
seit 1738. Die jahrh<strong>und</strong>ertelange Erfahrung<br />
schmeckt man auch beim Meckatzer Weizen Alkoholfrei.<br />
Mit acht ausgewählten Malzen <strong>und</strong><br />
fünf erlesenen Aromahopfen gebraut, überzeugt<br />
es durch seinen leicht fruchtigen, malzaromatischen<br />
Charakter, abger<strong>und</strong>et durch eine sanfte<br />
Hopfennote. Doch nicht nur geschmacklich ist<br />
dieses Bier ein Schmaus, sondern auch optisch.<br />
Dafür sorgt die kräftig goldene Farbe. So macht<br />
es einfach Lust auf mehr.<br />
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Foto: Meckatzer Löwenbräu<br />
OBERSTDORFER<br />
NATURGENUSS<br />
herbst <strong>2018</strong><br />
Machen Sie mit beim „Oberstdorfer Naturgenuss“ – einem stimmigen<br />
Wochenprogramm für Naturentdecker,<br />
das auf den Themen Wissen & Entdecken <strong>und</strong> Kulinarik & Genuss basiert.<br />
Erleben Sie im Herbst mit der kulinarischen Tälerfahrt<br />
den Höhepunkt einer Naturgenuss-Woche.<br />
Dabei chauffiert Sie das Oberstdorfer Marktbähnle jeden Freitag komfortabel<br />
in zwei Restaurants in den Oberstdorfer Seitentälern.<br />
Lassen Sie sich mit den feinsten Spezialitäten verwöhnen <strong>und</strong> genießen Sie<br />
gleichzeitig die farbenfrohe Landschaft von Oberstdorf.<br />
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Tourismus Oberstdorf<br />
Prinzregenten-Platz 1 | 87561 Oberstdorf<br />
Tel. 08322 / 700 - 0 | info@oberstdorf.de<br />
22. September bis 27. Oktober<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 11
FREIZEIT<br />
ES WAR EINMAL …<br />
Foto: Schongauer Märchenwald<br />
Wer sich in den Schongauer Märchenwald verirrt,<br />
kann einige der bekanntesten Figuren der Gebrüder<br />
Grimm erleben. Neben Hänsel <strong>und</strong> Gretel<br />
warten die sieben Geißlein, Rotkäppchen <strong>und</strong> der<br />
gestiefelte Kater in ihren kleinen Häuschen darauf,<br />
ihre Geschichten auf Knopfdruck zu erzählen.<br />
Um den Park noch aus einer anderen Perspektive<br />
betrachten zu können, werden geführte Ponytouren<br />
für die kleinen Gäste angeboten. Im Tierpark<br />
warten Ziegen, Schafe, Esel, Damwild ebenso wie<br />
Kaninchen <strong>und</strong> Meerschweinchen auf Streicheleinheiten.<br />
Ebenfalls sind Papageien, Sittiche <strong>und</strong><br />
Pfaue in verschiedenen Volieren am Wegesrand<br />
zu bestaunen. Um sich richtig auszutoben, ist ein<br />
Besuch im Kleinkinderklettergarten, dem Spieleturm<br />
<strong>und</strong> der Seilbahn ein Muss. Im Erlebniswald<br />
warten eine Balancierstrecke, ein Barfußpfad <strong>und</strong><br />
einige Infos r<strong>und</strong> um den Wald <strong>und</strong> die Natur.<br />
Neu ist das Zwergenbergwerk im Eisenbahntunnel,<br />
das auf mutige Forscher wartet.<br />
www.schongauer-maerchenwald.de<br />
HOCH HINAUS<br />
Seine Grenzen ausloten, ohne sich dabei in Gefahr<br />
begeben – das kann man am Großen Alpsee in<br />
Immenstadt. Direkt neben dem Eingangsportal<br />
zum Naturpark Nagelfluhkette, dem AlpseeHaus,<br />
reizt ein Himmelpfad, der »Skytrail«, Groß <strong>und</strong><br />
Klein, die eigene Trittsicherheit <strong>und</strong> Schwindelfreiheit<br />
auszuprobieren. Auf drei Stockwerken bis hinauf<br />
in eine Höhe von elf Metern gibt es über 40<br />
verschiedene Möglichkeiten, sich auf Seilen, wakkeligen<br />
Trittstufen, Schwebebalken, Flachleitern<br />
<strong>und</strong> in Netzen fortzubewegen. Das erfordert Mut<br />
<strong>und</strong> Geschicklichkeit, bietet aber auch Nervenkitzel<br />
<strong>und</strong> jede Menge Spaß. In Verbindung mit dem großen<br />
Skytrail gibt es auch eine kleine Anlage speziell<br />
für Kinder bis etwa 1,2 Meter Größe. Hier können<br />
die Eltern neben ihren Sprösslingen her gehen <strong>und</strong><br />
ihnen Mut zusprechen oder deren Euphorie etwas<br />
bremsen. So kann sich die ganze Familie spielend<br />
auf kommende Bergtouren vorbereiten.<br />
www.alpseeskytrail.de<br />
Foto: Alpsee Immenstadt Tourismus GmbH<br />
VON HOLZ- BIS HAFERLSCHUH<br />
Wer die Berge liebt <strong>und</strong> erwandern will, wem Allgäuer<br />
Trachtenmode gefällt oder wer urwüchsige <strong>und</strong><br />
praktische Holzschuhe für Haus <strong>und</strong> Hof sucht, ist<br />
beim Schuh Keller in Kierwang bei Bolsterlang genau<br />
richtig. Die Familie Keller fertigt seit 1943 traditionelle<br />
Schuhmodelle von Hand. Alfred Keller begann vor<br />
Jahrzehnten eigentlich aus Gaudi, Holzschuhe mit<br />
Überzug aus Kuhfell herzustellen. Mittlerweile sind<br />
die pelzigen Treter jedoch zum Verkaufsschlager<br />
geworden.<br />
www.keller-schuh.de<br />
Foto: Ramona Klein<br />
12<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Anzeigen<br />
MIT DEM RANGER<br />
UNTERWEGS<br />
Wo die Alpen beginnen, der Bodensee nah ist <strong>und</strong> ein besonderes Gestein<br />
die Landschaft prägt, liegt der Naturpark Nagelfluhkette. An der Schnittstelle<br />
zwischen Allgäu <strong>und</strong> Bregenzerwald hat sich über viele Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg<br />
eine großartige Kulturlandschaft entwickelt. Mit den drei Naturpark-Rangern<br />
kann man diese Landschaft im Rahmen einer kostenlosen Themenwanderung<br />
erk<strong>und</strong>en. Zum Beispiel bei der Tour »Pack die Kräuter in den Käse«<br />
am 24. Juli, bei der man erfährt, wie Bergkäse gemacht wird. Oder bei<br />
»Nachtleben mal anders« am 13. August, wo man sich mit Nachtsichtgerät<br />
auf die Spur von heimischen Fledermäusen begibt. Natürlich sind das längst<br />
nicht alle Angebote – die gibt es online oder im Naturparkmagazin NAGEL-<br />
FLUH, das in den Gemeinden des Naturparks ausliegt.<br />
www.nagelfluhkette.info<br />
Das Freilichtmuseum<br />
für Schwaben <strong>und</strong> das Allgäu<br />
www.bauernhofmuseum.de<br />
Museumstraße 8 | 87758 Kronburg-Illerbeuren | Tel. (0 83 94) 14 55<br />
Foto: Thomas Gretler<br />
GEWINNSPIEL<br />
Wir von »<strong>Alpsommer</strong> & <strong>Viehscheid</strong>«<br />
verlosen mit Unterstützung des<br />
Outdoor-Fachhandels »Alptraum«<br />
in Oberstdorf zwei hochwertige<br />
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Wanderbegleiter im Gesamtwert<br />
von fast 70 Euro. Die Trinkgefäße<br />
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sind: Die emaillierten Blechtassen mit einem Fassungsvermögen von 380<br />
Millilitern sind handgearbeitet <strong>und</strong> spülmaschinenfest. An den Nachwuchs<br />
ist auch gedacht: Tourenbär Brownie ist ein treuer Wegbegleiter. Mit Kapuzensweatshirt<br />
<strong>und</strong> Jogginghose ist er für fast alles<br />
passend gekleidet.<br />
Sie möchten diese drei Outdoor-Accessoires Ihr Eigen<br />
nennen? Dann zücken Sie jetzt Stift <strong>und</strong> Postkarte<br />
<strong>und</strong> senden Ihre Gewinnadresse mit dem<br />
Stichwort »<strong>Alpsommer</strong>« an die Redaktion:<br />
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Immenstadt-Werdenstein. Einsendeschluss<br />
ist der 1. Oktober <strong>2018</strong>. Viel Glück!<br />
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Foto: alptraum.net<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 13
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
WER HAT DIE KUH<br />
AUF DEN BERG GEJAGT?<br />
Ein Allgäu ohne Alpwirtschaft, ohne Bergkäse, ohne Vieh, das auf den Hochweiden<br />
grast – das wäre für viele <strong>und</strong>enkbar. Zu sehr hat das Bergbauerntum<br />
die Landschaft geformt. Aber wann? Und wie entstand der <strong>Viehscheid</strong>? Eine<br />
Zeitreise in das beschwerliche Leben der frühen Älpler.<br />
14<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Stiche: Archiv; SW-Fotos von Lala Aufsberg: Archiv des Heimatb<strong>und</strong>es Allgäu e.V.<br />
Die Sense war <strong>und</strong> ist in steilem Gelände ein wichtiges<br />
Erntemittel. Ärmere Bauern besaßen oft nicht genug<br />
Wiesengr<strong>und</strong> <strong>und</strong> mussten im frühen Herbst zur<br />
gefährlichen Wildheuernte auf Steilhänge klettern<br />
Wann die ersten Menschen aus<br />
den Tälern hinauf auf die Berge<br />
stiegen, das wissen wohl nur<br />
noch die stummen Steinriesen. Feststeht,<br />
dass der Alpenraum schon vor Jahrtausenden<br />
besiedelt wurde. Damals machten die<br />
ersten Steinzeitmenschen Jagd auf Hirsche<br />
<strong>und</strong> Gamswild. Später zogen Nomaden den<br />
Herden von Wildschafen <strong>und</strong> Bergziegen<br />
hinterher, die im Verlauf der Jahreszeiten<br />
über die Wiesen oberhalb der Baumgrenze<br />
zogen. Aus dieser Zeit stammen zumindest<br />
die ersten F<strong>und</strong>e von uralten Steinwerkzeugen<br />
in der Region.<br />
Rein zufällig hatte der Künstler Detlef Willand<br />
im Jahr 1998 bei einer Wanderung im<br />
Bereich der Alpe Schneiderküren am Ifen<br />
ein Steingerät gef<strong>und</strong>en. Forscher datierten<br />
dessen Herkunft auf etwa 7000 vor Christus.<br />
Der prähistorische F<strong>und</strong> galt als Sensation<br />
<strong>und</strong> war Auslöser für umfassende Ausgrabungsarbeiten,<br />
die drei Jahre andauern sollten.<br />
Auf der 60 Quadratmeter großen Grabungsfläche<br />
wurde von 1999 bis 2002 ein<br />
steinzeitliches Hirten- <strong>und</strong> Jägerlager freigelegt.<br />
Die Archäologen fanden Kratzwerkzeuge<br />
für die Fellbearbeitung, Steinspitzen <strong>und</strong><br />
Klingen aus Feuerstein. Felsüberhänge, wie<br />
dort am Fuß der Gottesackerwände, wurden<br />
in der Frühzeit gerne von Menschen als Unterkunft<br />
genutzt, weil sie einen natürlichen<br />
Schutz vor Wind <strong>und</strong> Wetter boten.<br />
Das erforschte Lager von Schneiderküren<br />
wurde teilweise wieder aufgebaut <strong>und</strong> der<br />
heute am Felsendach vorbeiführende Wanderweg<br />
entspricht dem Urzeitpfad, der<br />
schon vor Tausenden von Jahren von den<br />
ers ten Menschen begangen wurde.<br />
DIE RÖMER LIEBEN ALLGÄUER KÄSE<br />
Tausende Jahre nachdem die Jäger ihr Lager<br />
am Ifen aufgeschlagen hatten, dehnte sich<br />
das römische Reich unaufhaltsam in die<br />
Lande des heutigen Allgäus aus. Jahrzehnte<br />
vor der Geburt Christi hatten sich die Kelten,<br />
die die Region inzwischen besiedelten, wohl<br />
schon so weitgehend mit der Alpwirtschaft<br />
befasst, dass sie mit Milchprodukten handeln<br />
konnten. Das bezeugt zumindest der<br />
altrömische Schriftsteller Strabo, der Käse als<br />
wichtigstes Tauschobjekt der damaligen<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 15
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
Bewohner aufführt. Natürlich hielt Strabo<br />
sich, wie die meisten Autoren dieser Zeit,<br />
nicht mit genauen Belegen oder Beschreibungen<br />
der damaligen Wirtschaftsform auf.<br />
Wieder dauert es etwa tausend Jahre, bis die<br />
ersten Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Briefe auftauchen, die<br />
das frühe Werk der Bergbauern endgültig<br />
schriftlich verankern. So schrieb der Flur -<br />
namenforscher Thaddäus Steiner in seinem<br />
Herkunftsverzeichnis der Allgäuer Alp -<br />
namen: »Erst für das Jahr 1173 ist im Allgäu<br />
in den Traditionen des Klosters Isny mit der<br />
‚pascula in alpibus dicta Gerichinwang‘, also<br />
der Weide in den Alpen namens G., heute<br />
Gelchenwang, eindeutig eine Alpe als solche<br />
benannt.« Mit Alpe ist in diesem Zusammenhang<br />
die Berghütte <strong>und</strong> ihr umliegendes<br />
Weideland gemeint <strong>und</strong> nicht das Gebirge.<br />
So wird es im alemannischen Sprachraum<br />
gehandhabt. In umliegenden Gebirgsregionen,<br />
wie Oberbayern <strong>und</strong> Teilen Österreichs,<br />
spricht man von der Alm.<br />
VIEHZUCHT AM HANG<br />
Aus der Siedlungsgeschichte weiß man heute,<br />
dass die Erschließung der Alpen der<br />
Besiedlung im Tal wohl vorausging. Daher<br />
ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass die Bewirtschafter<br />
der meisten Alpen oberhalb der<br />
Baumgrenze aus den nördlich liegenden<br />
Allgäuer Gemeinden wie Altstädten <strong>und</strong><br />
Sulzberg kamen. Später erst wurden Alpen<br />
unterhalb der Baumgrenze durch Rodung<br />
erschlossen. Das Landschaftsbild mit überwiegend<br />
bewaldeten Berghängen wurde in<br />
dieser Zeit maßgeblich umgestaltet. Neue<br />
Lebensräume entstanden durch die Weideflächen<br />
in großer Höhe. Damals ahnten die<br />
Menschen nicht, dass sie durch ihren Eingriff<br />
in die Natur die Gr<strong>und</strong>lage für den späteren<br />
Alpintourismus legten.<br />
Ihre einfachen Berghütten <strong>und</strong> Weiden wurden<br />
hauptsächlich zur Aufzucht von Geißen,<br />
Schafen, Rindern <strong>und</strong> Pferden genutzt. Das<br />
Vieh kam häufig aus umliegenden Regionen,<br />
sömmerte auf den Allgäuer Alpen <strong>und</strong> wurde<br />
anschließend gewinnbringend verkauft –<br />
der Wert eines Weideviehs, das den Sommer<br />
über nahrhafte Bergkräuter zu sich genommen<br />
hatte, war schon damals bekannt. Bis<br />
zur Eisenbahnzeit zählte beispielsweise<br />
Sonthofen zu den bedeutendsten Viehumschlagsplätzen<br />
im deutschen Alpenraum.<br />
Von hier aus verkauften Bauern ihre besten<br />
Rinder bis nach Italien – möglich, dass die<br />
alten Römer in ihrer Heimat vom schmackhaften<br />
Allgäuer Käse berichtet hatten.<br />
16<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Sonthofen war einer der<br />
wichtigsten Viehumschlagsplätze<br />
im ganzen<br />
Alpenraum. Früh war der<br />
Wert von »gesömmertem«<br />
Alpvieh bekannt.<br />
Das betraf nicht nur<br />
Rinder, sondern auch<br />
Ziegen <strong>und</strong> Schafe<br />
Die Käserei während dieser Zeit ist zwar<br />
nachweisbar, doch fand sie eher nebenbei<br />
statt. Käse wurde demnach an die Klöster<br />
des Unterlandes geliefert. Die Viehmärkte<br />
im Tal waren wohl die ersten Vorläufer der<br />
<strong>Viehscheid</strong>e, wie man sie heute kennt.<br />
IM SCHATTEN DER GIPFEL<br />
Sehr, sehr lange galt das Allgäu nun als eher<br />
unwirtliche Gegend, deren Bewohner ihren<br />
Lebensunterhalt den harten, natürlichen Bedingungen<br />
abtrotzten. Noch im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
beschrieb Sebastian Münster in seiner<br />
»Cosmographia«, der ersten deutschen<br />
Weltk<strong>und</strong>e, das Allgäu als »ein rauh, wintrigs<br />
Land« mit »viel Viechs, Küh <strong>und</strong> Roß«.<br />
Hätte jemand dem Autor erzählt, dass eines<br />
Tages Menschen aus aller Welt die Region<br />
wegen der schönen Landschaft bereisen, hätte<br />
er einen wohl lachend mit der Schreib -<br />
feder hinfort gewedelt. Zu seiner Zeit reiste<br />
niemand zum Vergnügen ins Allgäu. Wer es<br />
tun musste, betete erst einmal gründlich für<br />
sein Seelenheil. War es doch möglich, dass<br />
der Tod einen schneller vom Bergpfad runterholte<br />
als man klettern konnte.<br />
Ein Risiko, das viele Berghirten Tag für Tag<br />
in Kauf nehmen mussten. Besonders die<br />
jüngsten Allgäuer, die im Verlauf dieser Jahrh<strong>und</strong>erte<br />
das Licht der Welt erblickten, hatten<br />
nicht viel zu lachen. Sobald die Kinder<br />
der armen Bevölkerung ihr Umfeld auf eigenen<br />
Füßen erk<strong>und</strong>en konnten, mussten sie<br />
zum Lebensunterhalt beitragen. Keine beheizten<br />
Kindergärten, keine umfangreiche<br />
Schulbildung für lau hatte das Leben damals<br />
zu bieten. Daher verdingten sich ab dem<br />
fünften oder sechsten Lebensjahr viele Allgäuer<br />
Knaben als Hütebuben für die Bauern.<br />
Bei Wind <strong>und</strong> Wetter beaufsichtigten sie das<br />
Vieh auf den Weiden im Tal ebenso wie auf<br />
den Hängen der Berge. Ihr Lohn war bescheiden,<br />
in der Regel beschränkte er sich<br />
auf Kost <strong>und</strong> Unterkunft. Schuhe für das<br />
Klettern am Fels besaßen nur die wenigsten.<br />
Bei großer Kälte blieb manchem Hütekind<br />
keine andere Wahl, als sich die tauben Zehen<br />
in einem frischen Kuhfladen zu wärmen.<br />
Das mag zumindest das Band zwischen<br />
Mensch <strong>und</strong> Vieh gefestigt haben.<br />
DER NOTWENDER<br />
Man kann also sagen: Bis um 1800 war das<br />
Leben der Bergbauern <strong>und</strong> Alphirten im<br />
Allgäu ziemlich lausig. Die Landwirtschaft<br />
brachte nur geringe Erträge, Bohnen, Kraut,<br />
Getreide <strong>und</strong> Flachs wuchsen in bescheide-<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 17
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
Wo Käseproduktion lange »beiläufig« geschehen war,<br />
schossen im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert Sennalpen <strong>und</strong> Käsereien<br />
aus dem vormals kargen Boden<br />
nem Ausmaß <strong>und</strong> reichten mehr schlecht als<br />
recht für den Eigenbedarf. Die größte Einnahmequelle<br />
bestand nach wie vor in der<br />
Viehzucht. Große Sprünge machten damit<br />
jedoch nur die wenigsten Landwirte. Und als<br />
wäre das Leben nicht schon hart genug, wurde<br />
kurz darauf von der französischen Besatzung<br />
eine Viehkrankheit eingeschleppt, an<br />
der alleine in Oberstdorf 800 Stück Vieh verendeten<br />
– ein nicht unwesentlicher Teil des<br />
gesamten Viehbestands. Erst 15 Jahre später<br />
klang die Seuche ab. Die Verarmung vieler<br />
Familien war die Folge.<br />
Mancher schielte nun neidisch in die<br />
Schweiz – wie viel besser lebten die Landwirte<br />
dort! Milchbauern nannten sie sich, behielten<br />
ihr Vieh <strong>und</strong> melkten es regelmäßig,<br />
statt es möglichst jung zu verkaufen. Der<br />
Schweizer Käse hatte sich seit dem späten<br />
Mittelalter zum Exportschlager entwickelt.<br />
Und allmählich sorgten verbesserte Infrastrukturen<br />
dafür, dass der Milch-Wohlstand<br />
herüberschwappte. Eidgenössische Käser<br />
wie Johann Althaus (1798–1876) kamen ins<br />
Allgäu <strong>und</strong> stellten großen R<strong>und</strong>käse her.<br />
Der »Allgäuer Emmentaler« zeichnete sich<br />
schnell durch hohe Qualität aus.<br />
Dennoch dauert es 20 Jahre, bis ein Mann<br />
die große Wende in der Allgäuer Landwirtschaft<br />
erwirkte. Der hiesige Kaufmann Carl<br />
Hirnbein (1807–1871) begann, in großem<br />
Stil Weichkäse zu produzieren. Seine Rezepturen<br />
hatte er von seinen Reisen aus Belgien<br />
mitgebracht. Noch heute bezeugen Käse -<br />
sorten wie Allgäuer Romadur oder Limburger<br />
ihre Herkunft. Dabei hatte der einfallsreiche<br />
Geschäftsmann schweres Gerät zur<br />
Unterstützung im Ärmel: Die Eisenbahn erschloss,<br />
zunächst von Kempten aus, neue<br />
Handelswege. 1852 erbaute Hirnbein mit<br />
dem Grüntenhaus das erste Hotel in den Allgäuer<br />
Alpen <strong>und</strong> legte damit den Gr<strong>und</strong>stein<br />
für einen weiteren maßgeblichen Wirtschaftsfaktor:<br />
die touristische Erschließung.<br />
Obwohl Carl Hirnbein nicht als erster den<br />
Käse ins Allgäu brachte, so machte er ihn<br />
doch bekannt <strong>und</strong> gilt daher als Notwender<br />
jener Zeit.<br />
SCHWEBENDE MILCHKANNEN<br />
Die Milchwirtschaft brachte den Bauern innerhalb<br />
weniger Jahrzehnte ungewohnten<br />
Wohlstand. Nach <strong>und</strong> nach stellten viele Alpen<br />
von Galtvieh (Jungvieh, das noch keine<br />
18<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Es ist nicht sicher, welcher<br />
Ort im Allgäu den ersten<br />
<strong>Viehscheid</strong> gefeiert hat.<br />
Die herbstlichen Viehmärkte<br />
im Tal waren wohl<br />
die ersten Vorläufer<br />
Milch gibt) auf Milchkühe um <strong>und</strong> wurden<br />
so zu Sennalpen, die der Milcherzeugung<br />
dienten. Auch in den Tälern wurde der Anbau<br />
von Getreide <strong>und</strong> Kartoffeln eingestellt<br />
<strong>und</strong> dafür mehr Kühe angeschafft. Das Allgäu<br />
wurde zur Käseküche Deutschlands.<br />
Natürlich hatten die Alphirten nach wie vor<br />
mit einem Mangel an Logistik <strong>und</strong> den rauen<br />
Umweltbedingungen zu kämpfen. Während<br />
des <strong>Alpsommer</strong>s mussten regelmäßig<br />
Waren wie Butter <strong>und</strong> Käse vom Berg geschafft<br />
werden. Dies geschah mittels großer<br />
Hörnerschlitten. Nachdem um 1890 immer<br />
mehr Dorfsennereien im Tal gegründet wurden,<br />
musste vermehrt die Milch direkt ins<br />
Tal geschafft <strong>und</strong> dort gekäst werden. Den<br />
Transport übernahmen sogenannte Milchzieher.<br />
Als r<strong>und</strong> 30 Jahre später das endlose<br />
Drahtseil in Mode kam, griffen die Älpler<br />
die Idee sofort auf – die ersten Seilbahnen<br />
im Allgäu entstanden. Allerdings noch für<br />
Material: Werkzeug <strong>und</strong> Verpflegung für die<br />
Hirten schwebten hinauf, volle Milchkannen<br />
hinunter. Generell galten die hiesigen Landwirte<br />
<strong>und</strong> Älpler schon immer als äußerst<br />
findig, was Improvisationstalent <strong>und</strong> das<br />
Lösen von Problemen angeht. So hat sich bis<br />
heute der Begriff Allgäuer »Mächlar« (Macher)<br />
bewahrt. Not macht halt erfinderisch.<br />
TRADITION IM TAL<br />
Nach etwa h<strong>und</strong>ert Tagen ist der <strong>Alpsommer</strong><br />
vorbei. Die Hirten kehren mit dem<br />
wohlgenährten Vieh ins Tal zurück. Früher<br />
führte ihr Weg oft direkt zu den Viehmärkten.<br />
Da aber immer mehr Bauern ihre Tiere<br />
nicht verkauften, sondern hier wieder ent -<br />
gegennahmen, entwickelten sich mehr <strong>und</strong><br />
mehr <strong>Viehscheid</strong>e in der Region.<br />
Wenn die Herde den Scheidplatz erreicht<br />
hat, durchläuft sie einen Holzverschlag (dieser<br />
wird Siche genannt), an dessen Mitte die<br />
Tiere einzeln beim jeweiligen Hirten der<br />
Alpe durchkommen. Laut ruft dieser den<br />
Namen des Besitzers, der sein Vieh dann in<br />
Empfang nimmt. Die Tiere werden auseinander<br />
»geschieden«.<br />
Schon bald waren mit dem Brauch festverankerte<br />
Traditionen verb<strong>und</strong>en. Bereits am<br />
Tag vor dem Alpabtrieb herrschte seit jeher<br />
emsiges Treiben: Die Tiere werden herausgeputzt,<br />
die großen Schellen angelegt <strong>und</strong><br />
beim Galtvieh die drei Rinder, die am besten<br />
gewachsen sind, mit einem prächtigen Kranz<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 19
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
Junghirten gibt es (über die Sommerferien) bis heute am<br />
Berg. Auch für sie ist der <strong>Viehscheid</strong> ein Fest – besonders,<br />
wenn sie das prächtige Kranzrind führen dürfen<br />
geschmückt. Bei den Milchkühen bekommen<br />
die zwei mit der besten Milchleistung<br />
sowie die schönste Kuh einen Kranz. Den<br />
Kopfschmuck gibt es allerdings nur dann,<br />
wenn während des Sommers kein Tier tödlich<br />
verunglückt ist: zum Beispiel bei Gewitter,<br />
durch Steinschlag, Pflanzenvergiftung<br />
oder Absturz. Leider nicht ungewöhnlich,<br />
als die Alpen größtenteils noch nicht durch<br />
Straßen erschlossen waren <strong>und</strong> kein Tierarzt<br />
so schnell ins Gebirge kam. Das Leben am<br />
Berg ist bis heute noch an die Launen der<br />
Natur geb<strong>und</strong>en.<br />
Der Kuhkranz wird mit viel Liebe aus Zweigen,<br />
Blumen, Gräsern <strong>und</strong> Bändern in Form<br />
einer Krone oder Haube geflochten. Meist<br />
enthält er ein Kreuz, womit um den Schutz<br />
des Himmels gebeten wird. Auch ein Spiegel<br />
zur Abwehr böser Geister gehört in den<br />
Kranz hinein. Wenn ein Hirte tödlich verunglückt<br />
ist, wird ein Trauerflor durch die<br />
Zweige <strong>und</strong> Blätter gew<strong>und</strong>en.<br />
DER HIRTE MACHT DAS LICHT AUS<br />
Mit dem Fremdenverkehr im Allgäu wuchs<br />
auch das öffentliche Interesse an Brauchtumsveranstaltungen.<br />
Sehr viele <strong>Viehscheid</strong>e<br />
wurden mit Krämermärkten <strong>und</strong> Bierzelten<br />
ergänzt. Im Jahr 1912 gab es sogar einen<br />
»Allgäuer Alpabtrieb« beim Oktoberfestumzug<br />
in München. Das Vieh <strong>und</strong> die Hirten<br />
stammten aus dem Ostrachtal <strong>und</strong> wurden<br />
mit der Eisenbahn extra für das Fest nach<br />
München gefahren.<br />
Während die Feierlichkeiten für viele Allgäuer<br />
der Abschluss einer »fünften Jahreszeit«<br />
sind, halten sich die Alphirten bei den<br />
Feierlichkeiten meist eher im Hintergr<strong>und</strong>.<br />
Sie sind noch nicht fertig mit ihrer Arbeit am<br />
Berg. Das abschließende Werkeln an der<br />
Alpe nach dem <strong>Viehscheid</strong> <strong>und</strong> vor Beginn<br />
der Winterzeit umfasst für die Älpler unter<br />
anderem das Schwenden, das heißt, nachwachsende<br />
Bäume <strong>und</strong> Sträucher entfernen.<br />
Durch diese Tätigkeit werden die Weide -<br />
flächen frei gehalten.<br />
Nachdem die Alpe winterfest gemacht ist,<br />
wird vor allem auf einem Teil der Alpen im<br />
oberen Allgäu <strong>und</strong> angrenzenden Österreich<br />
der Brauch begangen, den letzten Abend vor<br />
dem endgültigen Abzug ins Tal mit einem<br />
Fest, der sogenannten Älplerletze, zu feiern.<br />
Erst nach dessen Abschluss sind auch die<br />
Hirten im Tal angekommen. • Viola Elgaß<br />
20<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Das<br />
im Allgäu<br />
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VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
ALPSOMMER-QUIZ<br />
SIND SIE FIT FÜR DEN SCHEID?<br />
Sie wissen, dass im Herbst vielerorts der <strong>Viehscheid</strong> stattfindet. Doch<br />
wie gut kennen Sie sich wirklich mit dem Allgäuer Brauchtum aus? Testen Sie<br />
hier Ihr Fachwissen r<strong>und</strong> um den <strong>Alpsommer</strong> <strong>und</strong> den <strong>Viehscheid</strong>.<br />
WELCHE RINDERRASSE<br />
1<br />
GRAST HAUPTSÄCHLICH AUF<br />
DEN ALLGÄUER WEIDEN?<br />
a) Braunvieh<br />
b) Fleckvieh<br />
c) Allgäuer Gscheckte<br />
2<br />
WO FINDET DER EINZIGE<br />
STÄDTISCHE VIEHSCHEID STATT?<br />
a) Füssen<br />
b) Immenstadt<br />
c) Lindau<br />
3<br />
WARUM HEISST ES ÜBERHAUPT<br />
»VIEHSCHEID«?<br />
a) Weil Rinder, die sich auf der Alpe angefre<strong>und</strong>et<br />
haben, sich im Tal »scheiden«<br />
lassen müssen.<br />
b) Weil der Hirte im Tal jedes Vieh aus der<br />
Herde »scheidet«, sprich trennt, um es<br />
dem Bauern zurückzugeben.<br />
c) Weil der erste Bauer, der sein Vieh auf<br />
eine Alpe trieb, Fidelius Scheid hieß.<br />
4<br />
WIE LAUTET DER ALLGÄUER<br />
BEGRIFF FÜR DAS WEIBLICHE<br />
JUNGVIEH, DAS IM SOMMER<br />
AUF DER ALPE WEIDET?<br />
a) Bumperl<br />
b) Jungrinderl<br />
c) Schumpen<br />
5<br />
WAS STELLT EIN SENN<br />
IN DEN BERGEN HER?<br />
a) Senf<br />
b) Käse<br />
c) Kräuterschnaps<br />
6<br />
WARUM TRÄGT DAS SOGENANNTE<br />
KRANZRIND BEIM VIEHSCHEID<br />
EINEN BLUMENSCHMUCK MIT<br />
KRÄUTERN AUF DEM KOPF?<br />
a) Dieser Kopfschmuck bedeutet, dass während<br />
des <strong>Alpsommer</strong>s kein Vieh aus der<br />
Herde abgestürzt ist.<br />
b) Die Kräuter des Kranzes riechen besonders<br />
aromatisch <strong>und</strong> bewirken, dass die<br />
anderen Rinder der Kranzkuh folgen.<br />
c) Der Alphirte darf nach geglücktem <strong>Alpsommer</strong><br />
ein Tier aussuchen, welches er<br />
behalten kann. Er kennzeichnet es mit<br />
dem schmückenden Kranz.<br />
WAS BEDEUTET<br />
7<br />
»SCHWENDEN«?<br />
a) Ein Allgäuer, der sein Geld zum Fenster<br />
rauswirft, »schwendet«.<br />
b) Der Hirte hält die Alpweiden frei von<br />
Sträuchern <strong>und</strong> Büschen.<br />
c) Wenn ein Gast auf der Hütte übernachtet<br />
(ohne entsprechende Lizenz des Älplers)<br />
<strong>und</strong> ihm dafür unter der Hand eine kleine<br />
Spende zukommen lässt, dann wird das<br />
»schwenden« genannt.<br />
8<br />
WIE WERDEN DIE HÜTTEN IN<br />
DEN ALLGÄUER BERGEN GENANNT?<br />
a) Alpen<br />
b) Almen<br />
c) Alpine Outdoor-Lounge<br />
9<br />
WAS BEZEICHNET DER<br />
ALLGÄUER ALS »HAAG«?<br />
a) Eine Tasse Markenkaffee<br />
b) Einen Raubvogel<br />
c) Einen Zaun<br />
22<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Richtige Lösung: 1a) 2b) 3b) 4c) 5b) 6a) 7b) 8a) 9c)<br />
AUFLÖSUNG:<br />
1 - 3 RICHTIGE<br />
ANTWORTEN<br />
4 - 6 RICHTIGE<br />
ANTWORTEN<br />
7 - 9 RICHTIGE<br />
ANTWORTEN<br />
Foto: Archiv EDITION ALLGÄU; Zeichnungen: Ramona Klein<br />
Es wird vermutlich keine<br />
zehn Minuten dauern, bis<br />
man Sie im Festzelt als<br />
»Zugereisten« enttarnt<br />
(»Woher kommsch<br />
nochher Du?«). Aber<br />
noch ist das Rind nicht<br />
vom Berg gefallen – zum<br />
Glück haben Sie unser<br />
<strong>Alpsommer</strong>-Magazin<br />
in der Hand. Lassen Sie es am besten nicht mehr los,<br />
bis Sie alle Geschichten durchgeblättert haben! Am<br />
besten beginnen Sie gleich mit der allerersten Seite:<br />
»Grüßen am Berg«. Dann sind Sie für den Erstkontakt<br />
mit den Einheimischen schon mal gerüstet.<br />
Glückwunsch! Ihr Allgemeinwissen r<strong>und</strong> um das<br />
Allgäu <strong>und</strong> seine Traditionen ist eine solide Basis für<br />
ein Fachgespräch im <strong>Viehscheid</strong>-Festzelt. Hier <strong>und</strong> da<br />
kann man selbstverständlich noch etwas<br />
nachbessern. Wissen Sie<br />
beispielsweise, wo der Brauch des<br />
<strong>Viehscheid</strong>s seinen Anfang hat?<br />
Nein? Dann blättern Sie doch<br />
mal auf Seite 14. Oder Sie<br />
informieren sich direkt an der<br />
Quelle: Besuchen Sie<br />
beispielsweise eine Sennalpe<br />
auf Schusters Rappen. Einen<br />
passenden Tourentipp finden<br />
Sie auf Seite 56.<br />
Entweder sind Sie<br />
gebürtiger Allgäuer, nicht zum<br />
ersten Mal hier oder Sie haben<br />
geschummelt. Jedenfalls kennen<br />
Sie sich r<strong>und</strong> ums Thema <strong>Alpsommer</strong><br />
bestens aus. Wir können<br />
Ihnen nichts mehr beibringen. Am<br />
besten geben Sie dieses Magazin an jemanden weiter,<br />
der es nötiger hat (sollten Sie sich gerade zufällig auf<br />
einer Bergwanderung befinden: Flip-Flops an den<br />
Füßen sind meist ein gutes Erkennungsmerkmal).<br />
Ihnen wünschen wir noch einen entspannten<br />
Bergsommer!<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 23
NATUR<br />
EINE DUFTE IDEE<br />
HIER GIBT’S WAS AUF DIE NASE<br />
Sommer im Allgäu – die Bergwiesen blühen <strong>und</strong> die zahlreichen Kräuter<br />
verströmen ein unverwechselbares Aroma, das es so nur hier gibt.<br />
Na ja nicht ganz. Seit zwei Jahren kann man den Duft der Berge mit nach<br />
Hause nehmen. Möglich macht’s: Echt dufte!<br />
Die Sonne strahlt hell <strong>und</strong> warm<br />
vom Himmel. Ein leichter Wind<br />
weht über die Bergwiese, wiegt die<br />
Kräuter <strong>und</strong> trägt ihren Duft zu Verena<br />
Dorn. Sie ist einer der kreativen Köpfe von<br />
Echt Dufte. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten<br />
Falk Pätzold gründete sie im Juni<br />
2016 das Unternehmen, das Bergwiesenheu<br />
in kleine farbenfrohe Stoffsäckchen <strong>und</strong> Kissen<br />
verpackt. Auf diese Weise kann sich jeder<br />
der möchte ein Stückchen dieser herrlichen<br />
Natur in die eigenen vier Wände holen.<br />
Heute ist die 36-Jährige zu Besuch bei Bergbauer<br />
Gerhard Gehring in Unterjoch. Zusammen<br />
gehen sie über die Wiesen, die das<br />
Heu für die duftenden Kuschelprodukte liefern.<br />
Hier wachsen neben Arnika, Troll -<br />
blumen <strong>und</strong> Knabenkraut auch zahlreiche<br />
24<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Die Heusäckchen <strong>und</strong><br />
Kissen sind nicht nur<br />
für Kinder ein duftendes<br />
Erlebnis, sondern auch<br />
für Erwachsene<br />
Fotos: Verena Dorn, Claudia Schöwe<br />
Von der blühenden Wiese,<br />
über die Ernte <strong>und</strong> die<br />
Trocknung des Heus dauert<br />
es ein paar Monate<br />
bis zum fertigen Produkt,<br />
<strong>und</strong> Verena Dorn ist bei<br />
jedem Schritt involviert<br />
Orchideenarten, sowie Augentrost, Frauenmantel,<br />
Hahnenfuß, Fünffingerkraut <strong>und</strong><br />
Herbstzeitlose, um nur einige zu nennen.<br />
Die Artenvielfalt auf nur einem Quadratmeter<br />
ist erstaunlich. »Alles auf kleinstem Feld<br />
<strong>und</strong> das ist es, was den Duft ausmacht«, fasst<br />
es Gerhard Gehring zusammen.<br />
ALTE WERTE LEBENDIG HALTEN<br />
Doch der Bergbauer ist nicht nur der Heulieferant<br />
des Vertrauens von Echt dufte – er<br />
ist auch nicht ganz unschuldig an der Firmengründung.<br />
Denn er arbeitet nicht nur<br />
auf den Bergwiesen um Unterjoch, sondern<br />
auch im Landratsamt Oberallgäu in der Naturschutzbehörde.<br />
Im Zuge dieser Tätigkeit<br />
organisierte er vor einigen Jahren mit Verena<br />
Dorn, die ein Grafik- <strong>und</strong> Marketingbüro in<br />
Kempten betreibt, einen Messestand für die<br />
Allgäuer Festwoche. Den Kontakt hielten sie<br />
auch nach der Messe aufrecht <strong>und</strong> als die 36-<br />
Jährige zusammen mit ihrem Lebensgefährten<br />
auf die dufte Idee mit den Heusäckchen<br />
kam, war schnell klar, dass Gerhard Gehring<br />
das Heu liefern sollte. Von Beginn an war die<br />
Firmengründerin beeindruckt von der Arbeit<br />
des Bergbauern. Sie findet es schön, dass<br />
hier Tradition noch gelebt wird, es Leute<br />
gibt, die sich den alten Werten verschrieben<br />
haben <strong>und</strong> wo das Tier <strong>und</strong> die Pflanze noch<br />
etwas wert ist, wie sie selbst sagt.<br />
MIT LIEBE VON MAMAS GENÄHT<br />
Die Idee war also geboren, ein Heulieferant<br />
gef<strong>und</strong>en, doch eine wichtige Frage stand<br />
noch im Raum: Wer soll das Produkt herstellen?<br />
Die Antwort darauf war schnell gef<strong>und</strong>en.<br />
»Für uns war klar, dass die Ferti-<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 25
NATUR<br />
Verena <strong>und</strong> Falk (beide links) gründeten Echt Dufte <strong>und</strong><br />
zusammen mit den Mamas produzieren sie Heusäckchen,<br />
Kissen <strong>und</strong> auch Kräuterstemepl (oben)<br />
gung Frauen oder Mütter mit kleinen Kindern<br />
machen sollen, die nicht in ihre alten<br />
Beschäftigungsverhältnisse zurückkommen,<br />
weil sie nicht mehr so einsetzbar sind wie sie<br />
es vorher waren.«<br />
Echt dufte bietet Frauen eine Perspektive, in<br />
der sie Kind <strong>und</strong> Arbeit gut miteinander vereinbaren<br />
können. Die Mamas arbeiten von<br />
zuhause aus <strong>und</strong> teilen sich ihre Zeit frei ein.<br />
»Deswegen auch die Säckchen – es ist ein<br />
Produkt, das schnell <strong>und</strong> mit wenig Aufwand<br />
gefertigt werden kann. Auch von jemanden,<br />
der keine Näherfahrung hat«, so<br />
Verena Dorn.<br />
NEUES PRODUKT IN ALTEM GEWAND<br />
Echt dufte hat aber nicht nur den Mamas der<br />
Region eine Chance gegeben, sondern auch<br />
alten Stoffen, die auf etlichen Dachböden<br />
<strong>und</strong> in unzähligen Truhen ein tristes Dasein<br />
fristeten. Von Anfang an war es Verena Dorn<br />
<strong>und</strong> Falk Pätzold wichtig, ressourcenschonend<br />
zu arbeiten – deswegen verwendeten<br />
sie zu Beginn gebrauchte Stoffe <strong>und</strong> Stoff -<br />
reste für die Säckchen.<br />
»Da war es wichtig, dass die Stoffe nicht riechen<br />
oder muffeln <strong>und</strong> in einem guten Zustand<br />
sind«, sagt Verena Dorn, wenn sie auf<br />
die Zeit zurückblickt. Nachdem die heimischen<br />
Truhen <strong>und</strong> Dachböden geplündert<br />
waren, schrieben sie Suchgebote nach Stoffen<br />
aus <strong>und</strong> erhielten zahlreiche Spenden.<br />
Doch die alten Bettbezüge, Vorhänge, Tischdecken<br />
<strong>und</strong> Kittelschürzen werden nicht<br />
sofort verarbeitet. Zuerst kommen sie zu<br />
einem Rentnerehepaar, die die Textilien waschen<br />
<strong>und</strong> bügeln. Anschließend werden die<br />
unterschiedlichen Stoffe für die Säckchen<br />
zusammengestellt, meistens sind es zwei.<br />
Und erst dann können sich die Mamas ans<br />
Werk machen, die Nadel schwingen <strong>und</strong> die<br />
Säckchen mit Heu füllen.<br />
Seit einiger Zeit arbeiten die Firmengründer<br />
nun auch mit Stofflieferanten zusammen,<br />
bei denen sie verschiedene Mengen kaufen<br />
können. »Von fünf Meter bis vielleicht mal<br />
50 Meter«, so Verena Dorn. Im gleichen<br />
Atemzug erklärt sie auch, warum sie diesen<br />
neuen Weg gehen. Für den Online-Shop<br />
brauchen sie fixe Farben, denn die Leute<br />
wollen natürlich wissen, wie ihr bestelltes<br />
Produkt aussehen wird beziehungsweise sich<br />
die Farbe gar selber aussuchen.<br />
IM BETT MIT ECHT DUFTE<br />
Doch nicht nur die Art der Stoffbeschaffung<br />
hat sich seit der Gründung vor zwei Jahren<br />
geändert, sondern auch das Angebot. Mittlerweile<br />
gibt es die Heusäckchen nicht mehr<br />
nur in der Duftrichtung Bergwiese, sondern<br />
auch mit Lavendel, Mädesüß, Zeder, Zirbe<br />
<strong>und</strong> Zitronenverbene. So ist für jeden Geschmack,<br />
oder eher jede Nase, was dabei.<br />
Und für das gute Gewissen tut man auch etwas,<br />
denn das Team von Echt dufte achtet<br />
darauf, dass fast alle Säckcheninhalte aus der<br />
Region stammen. So sammelten Verena<br />
Dorn <strong>und</strong> Falk Pätzold letztes Jahr das Mädesüß<br />
von Hand <strong>und</strong> auch bei der Heuernte<br />
legten sie schon Hand mit an. Die Holzspäne<br />
für die Duftrichtungen Zirbe <strong>und</strong> Zeder beziehen<br />
sie wiederum von regionalen Drechslern<br />
<strong>und</strong> Schreinern.<br />
Neben den Säckchen gibt es seit etwa einem<br />
Jahr auch Kissen in unterschiedlichen Größen,<br />
die in den gleichen Duftrichtungen wie<br />
die Säckchen daherkommen. Der Gr<strong>und</strong> für<br />
diese Neuerung liegt für Verena Dorn auf<br />
der Hand.<br />
Die meisten Käufer sahen in den Säckchen<br />
ein Urlaubsmitbringsel, bei dem man nicht<br />
so recht weiß, wofür man es benutzen soll.<br />
Bei einem Kissen ist das anders, auch wenn<br />
man die Säckchen genauso gut mit ins Bett<br />
nehmen kann, so wie es Verena Dorn auch<br />
macht. »Ich habe selber ein Säckchen bei mir<br />
neben dem Kopfkissen liegen. Und ein Kissen<br />
mit einem bunten Sammelsurium von<br />
Zirbe bis Mädesüß zu Salbei <strong>und</strong> Beifuß <strong>und</strong><br />
vieles mehr.«<br />
26<br />
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hinter sich zu lassen.<br />
Wir freuen uns, Sie als Gast begrüßen zu dürfen,<br />
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IMMER DER NASE NACH<br />
Welche Duftrichtung man mit ins Bett nehmen<br />
möchte, muss man selber entscheiden.<br />
Denn jeder Kissen- <strong>und</strong> Säckcheninhalt<br />
wirkt anders.<br />
So kann das Bergwiesenheu bei Kopfschmerzen<br />
<strong>und</strong> Stress Linderung verschaffen,<br />
die Zirbe wiederum für einen ges<strong>und</strong>en<br />
Schlaf sorgen. Lavendel kann zur Beruhigung<br />
eingesetzt werden, vor allem bei Kindern,<br />
Zitronenverbene belebt <strong>und</strong> fördert die<br />
Konzentration. Die Duftrichtung Zeder<br />
kann die innere Kraft stärken, wohingegen<br />
Mädesüß den Kissen- <strong>und</strong> Säckchenbesitzer<br />
für die Liebe öffnet.<br />
Jedoch sollte man bei der Auswahl nicht<br />
streng danach gehen, was man benötigt, sondern<br />
auch immer der Nase folgen, wie Verena<br />
Dorn betont. »Es bringt nichts sich ein<br />
Lavendel kissen zur Beruhigung zu kaufen,<br />
wann man Lavendelduft nicht mag. Dann<br />
sollte man sich eher für eine andere Duftrichtung<br />
entscheiden.«<br />
Auswahl gibt es ja genug. Da sollte für jeden<br />
etwas dabei sein <strong>und</strong> wer weiß: Vielleicht<br />
gibt’s schon bald was Neues auf die Nase von<br />
Echt Dufte. Bis dahin kann man sich ein<br />
Heusäckchen oder Kissen nehmen <strong>und</strong> sich<br />
zuhause in den vergangenen Allgäu-Urlaub<br />
zurückschnuppern. • Claudia Schöwe<br />
Die saftigen <strong>und</strong> arten -<br />
reichen Wiesen vom Bergbauern<br />
Gerhard Gehring<br />
in Unterjoch liefern das<br />
duftende Heu<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 27
FREIZEIT<br />
DAS ALLGÄU<br />
HEITER BETRACHTET<br />
Schon Roberto Blanco wusste: »Ein bisschen Spaß muss sein!« So ist sich<br />
auch der Allgäuer schon lange bewusst, dass manche Eigenarten seiner<br />
Region dem Gast ein ungläubiges Schmunzeln entlocken. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> entstand der fröhliche Reiseführer »Allgäu heiter … bis sonnig«.<br />
13 beliebte »Fakten« über das Allgäu <strong>und</strong> seine Bewohner haben wir<br />
für Sie ausgewählt. Viel Spaß!<br />
Besucher der Hauptgr<strong>und</strong>, diese Region<br />
immer wieder aufzusuchen. Der<br />
Ureinwohner, der Allgäuer, dagegen<br />
hält es mehr mit der Ebene. Seine<br />
Berge interessierten ihn lange überhaupt<br />
nicht. Erst, als immer wieder<br />
Touristen nach den Namen der Gipfel<br />
fragten, begannen allmählich auch die<br />
Einheimischen, sich die Namen einzuprägen.<br />
Bis heute ist dieses natürliche Vermächtnis<br />
(Ausnahmen gibt es immer) so geblieben.<br />
Die Berge hat man jeden Tag vor der Nase.<br />
Sie laufen nicht weg – warum also hinaufsteigen?<br />
ALLGÄUER<br />
Eine der eigenwilligsten Definitionen des<br />
Begriffs »Allgäuer« findet man in einem<br />
preußischen Volksk<strong>und</strong>e-Lexikon: »Allgäuer:<br />
kleines, listiges Bergvolk, das die Invasionen<br />
der Kelten, der Römer <strong>und</strong> in neuerer Zeit<br />
der Schwaben überstanden hat. Es ernährt<br />
sich von durchziehenden Touristen.«<br />
ALPE<br />
Früher eine hochgelegene Viehweide, auf die<br />
nur im Sommer Jungvieh getrieben werden<br />
konnte. Auf der Alpe stand eine einfache<br />
Hütte. Darin konnte der Senn übernachten.<br />
Tagsüber verkaufte er Milchprodukte <strong>und</strong><br />
Brotzeiten. Heute versteht man unter einer<br />
Alpe einen Berggasthof der gehobenen Klasse,<br />
auf dem kein Senn mehr, dafür aber viele<br />
Gäste übernachten. Aus der Brotzeit wurden<br />
Menüs, aus den Milchprodukten geistige<br />
Getränke. Das Jungvieh bleibt im Stall, <strong>und</strong><br />
der Senn wurde Gastronom.<br />
BERGE<br />
Berge, soweit das Auge reicht, eine Kette reiht<br />
sich an die andere. Sie sind für viele Allgäu-<br />
BRAUNVIEH<br />
Im Allgäu wird Grünlandwirtschaft betrieben.<br />
Deshalb hält der Allgäuer Bauer Rindvieh.<br />
Im Laufe vieler Jahre hat sich herausgestellt,<br />
dass in der Berglandschaft nur das<br />
Braunvieh allen Widrigkeiten der Natur trotzen<br />
kann. Holsteiner <strong>und</strong> andere Rassen erwiesen<br />
sich als ungeeignet. Das Allgäuer<br />
Braunvieh gilt als intelligent, temperamentvoll<br />
<strong>und</strong> genügsam – Eigenschaften, die auch<br />
den Besitzern nachgesagt werden. Wegen<br />
dieser Merkmale wird das Braunvieh in alle<br />
Welt exportiert. Die Besitzer dagegen sind<br />
zum Export ungeeignet – sie laufen immer<br />
wieder in den heimischen Stall zurück.<br />
EMMENTALER<br />
Das Emmental – so lernt man es in der<br />
Schule – liegt in der Schweiz. Der bekanntes -<br />
te Emmentaler ist aber trotzdem ein Allgäuer:<br />
der herzhafte Allgäuer Emmentaler<br />
(Käse)!<br />
GÄMSE<br />
Eine Tierart, die in den Allgäuer Hochalpen<br />
wirklich heimisch ist. Aber nicht wenige<br />
28<br />
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Urlauber bezweifeln diese Tatsache, weil sie<br />
schon zum x-ten Mal kamen, Bergtouren unternahmen,<br />
doch nie eine Gämse entdeckten.<br />
Böse Zungen behaupten, dass die Allgäuer<br />
ihre Gämsen ganz bewusst verstecken, damit<br />
die Leute immer wieder kommen <strong>und</strong><br />
suchen.<br />
GLUMP<br />
Mit Glump wird all das bezeichnet, was man<br />
überhaupt nicht brauchen kann. Die hochdeutsche<br />
Übersetzung »Gelumpe« trifft also<br />
nicht ganz den Kern der Sache. Steht zum<br />
Beispiel eine nagelneue Luxuskarosse eines<br />
schwäbischen Autoherstellers auf einem Allgäuer<br />
Hof, so kann die Aufforderung, das<br />
Auto wegzufahren, ohne weiteres lauten:<br />
»Fahr dei Bluats-Glump do fut!«<br />
S’HEIBA<br />
Es geht ums »Heu machen«. Der Allgäuer<br />
versteht unter »heiba« alles – vom Mähen bis<br />
zum »Eifiera«, dem Heueinfahren. Hierbei<br />
handelt es sich immer um ernsthafte Arbeit,<br />
die meist von mehreren verrichtet wird. Im<br />
Gegensatz dazu steht der Begriff »ins Hei<br />
gau«, ein Vergnügen nur für zwei. Junge<br />
Leute, die sich näherkommen wollen <strong>und</strong><br />
keine geeignete Möglichkeit haben, gehen<br />
eben auf den Heuboden.<br />
KÖNIGSSCHLÖSSER<br />
Den Luxus eigener Könige konnten sich die<br />
Allgäuer nie leisten. Ganz auf die Segnungen<br />
eines Monarchen wollten sie aber auch nicht<br />
verzichten. Also stellten sie das Gelände zur<br />
Verfügung, auf dem König Ludwig II. die<br />
zwei Königsschlösser Neuschwanstein <strong>und</strong><br />
Hohenschwangau errichten ließ. Mit diesem<br />
Schachzug hatten sie eine der größten Fremdenverkehrsattraktionen<br />
aller Zeiten für alle<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 29
FREIZEIT<br />
RINDVIECHER<br />
Fragt man einen Allgäuer Bauern, wie viele<br />
Rindviecher er in seinem Programm »Urlaub<br />
auf dem Bauernhof« anzubieten habe,<br />
kann es schon passieren, dass der zurückfragt:<br />
»Vor d’Gäscht kommen oder wenn’s<br />
scho do sind?«<br />
D’SCHNÄTTRBÄS<br />
Eine laut schimpfende böse Gans? Weit gefehlt<br />
– d’Schnättrbäs ist ein schwatzhaftes<br />
Mädchen. Die Verwandtschaft wohnt in<br />
Oberbayern, <strong>und</strong> heißt dort Ratschkatl –<br />
oder in Norddeutschland <strong>und</strong> wird dort<br />
Plaudertasche gerufen.<br />
Zeit auf ihrem Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden. Den teuren<br />
König dann wieder loszuwerden, das<br />
überließen die Allgäuer den Oberbayern, bei<br />
denen der Märchenkönig dann auch später<br />
ertrunken ist.<br />
LEDERHOSE<br />
Viele »Kurgäscht« sind der Meinung, dass<br />
die Lederhose schon immer das Original-<br />
Beinkleid der Allgäuer Buebe sei. Stimmt<br />
aber nicht! Die Lederhose ist ein Import aus<br />
Oberbayern. Sie wurde um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende<br />
ins Allgäu gebracht – genauso wie der<br />
Gamsbart.<br />
LOOSE<br />
Einen Haupttreffer kann man nicht ziehen,<br />
wenn man im Allgäu »loose duet«. Aber<br />
wenn die Gewinner einer Lotterie bekanntgegeben<br />
werden, soll man loosen (zuhören).<br />
MÄCHLAR<br />
Besondere Kategorie von Allgäuern, die sich<br />
der Forschung verschrieben hat. Mächlar<br />
sind rastlos damit beschäftigt, neue Dinge zu<br />
erfinden. Sie sind in ihrem Bestreben vielfach<br />
sehr erfolgreich <strong>und</strong> deshalb in ihrer<br />
näheren Umgebung ziemlich bekannt. Allerdings<br />
nur da: Der sensationelle Durchbruch<br />
ist meist anderen vorbehalten. Manche weltbewegende<br />
Erfindung steht bereits seit vielen<br />
Jahren in den Werkstätten von Allgäuer<br />
Mächlarn herum – man hat vergessen, sie zu<br />
vermarkten! Für so profane Dinge hat der<br />
Mächlar aber keine Zeit. Er muss neue Erfindungen<br />
machen – mächlen.<br />
VIEHSCHEID<br />
Großereignis im Frühherbst. Das Braunvieh<br />
wird von den Älplern festlich geschmückt<br />
<strong>und</strong> im Rahmen eines Festes wieder in die<br />
einzelnen Bauernhöfe zurückgebracht. Jedes<br />
Tal hat seinen eigenen <strong>Viehscheid</strong>. Während<br />
sich die Zahl der Tiere in den letzten Jahren<br />
kaum erhöht hat, wurden die Zuschauer von<br />
Jahr zu Jahr mehr. Inzwischen steht das<br />
Rindvieh nur noch mit großen Augen staunend<br />
vor dem Rummel, der um seinen Abtrieb<br />
gemacht wird. •<br />
BUCHTIPP<br />
Das quasi-lexikalische Werk »Allgäu heiter … bis sonnig« erklärt zahlreiche<br />
Phänomene <strong>und</strong> landesübliche Vokabeln in der speziellen Sichtweise der Allgäuer.<br />
Für alle, die im Allgäu zu Hause sind <strong>und</strong> diejenigen, die dort Erholung suchen.<br />
Das Büchlein mit 96 Seiten mit 47 Zeichnungen von Jost Schulze ist für 9,80 Euro<br />
bei der EDITION ALLGÄU erhältlich (Best.-Nr. 020, info@heimat-allgaeu.info,<br />
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30<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Endlich wieder da:<br />
So zünftig wie ein bayerisches Helles, so besonders<br />
wie ein Meckatzer: Meckatzer Hell wird aus feinsten<br />
heimischen Rohstoffen eingebraut – für einen einzigartig<br />
süffig-r<strong>und</strong>en Geschmack <strong>und</strong> eine Frische, die<br />
Lust auf mehr macht.<br />
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VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
32<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
VIELFALT BEIM VIEHSCHEID<br />
IN DER ALPSEE-GRÜNTEN-REGION<br />
Wenn die Nächte langsam kühler werden, das Futter auf den Hochweiden<br />
knapp <strong>und</strong> die ersten Kälteeinbrüche drohen, heißt es für die Alphirten <strong>und</strong><br />
ihr Vieh, vom <strong>Alpsommer</strong> Abschied zu nehmen. Nach 100 Tagen auf der<br />
Alpe ist es Zeit, sich auf den Heimweg zu machen – runter ins Tal.<br />
Das Gunzesrieder Tal hat<br />
sich seine Idylle <strong>und</strong><br />
Ursprünglichkeit bewahrt.<br />
Der <strong>Viehscheid</strong> jedoch gilt<br />
als Höhepunkt der Saison<br />
Oft sind dabei viele Höhenmeter<br />
von der Alpe bis ins Tal zurückzulegen<br />
<strong>und</strong> der Weg ist für<br />
Mensch <strong>und</strong> Tier beschwerlich. Doch wenn<br />
die verschiedenen Herden – nach einem<br />
unfallfreien <strong>Alpsommer</strong> von einer stolzen<br />
Kranzkuh angeführt – am Scheidplatz eintreffen<br />
<strong>und</strong> dort von Tausenden Menschen<br />
begrüßt werden, ist die Anstrengung<br />
schnell vergessen. Nicht selten wird im Anschluss<br />
zünftig im Festzelt gefeiert.<br />
Der <strong>Viehscheid</strong> in der Region Alpsee-<br />
Grünten ist für Einheimische <strong>und</strong> Gäste<br />
seit Jahren ein gesetzter Feiertag. Jeder Ort<br />
feiert seinen »Scheid« auf eigene Art <strong>und</strong><br />
Weise. Dabei weist die Region Alpsee-<br />
Grünten mit den drei <strong>Viehscheid</strong>-Hauptorten<br />
Gunzesried, Immenstadt <strong>und</strong> Kranzegg<br />
eine erstaunliche Vielfalt auf.<br />
GUNZESRIED: DER GROSSE<br />
Beim Gunzesrieder <strong>Viehscheid</strong> handelt es<br />
sich um einen der größten Alpabtriebe im<br />
Allgäu. R<strong>und</strong> 1700 Tiere von 15 Alpen werden<br />
am Samstag, dem 15. September, aus<br />
dem Gunzesrieder Hochtal auf den Scheidplatz<br />
getrieben. Wer dabei sein möchte,<br />
muss früh aufstehen, denn die ersten Herden<br />
treffen um 9 Uhr am Scheidplatz ein –<br />
musikalisch begrüßt von der Musikkapelle<br />
Bihlerdorf-Ofterschwang.<br />
Bis 12.30 Uhr wird es vermutlich dauern,<br />
bis alle Tiere, Hirten <strong>und</strong> Älpler im Tal ankommen.<br />
Das Besondere: »Bei uns bleiben<br />
die Tiere alle auf dem Scheidplatz <strong>und</strong> werden<br />
nicht gleich auf die Anhänger verladen«,<br />
erzählt Franz Abrell, Vorsitzender des<br />
Heimatvereins Gunzesried. Obwohl der<br />
Scheid mittlerweile eine Großveranstaltung<br />
sei, spiele die Tradition nach wie vor eine<br />
große Rolle. »Bei uns kommt jede Alpe in<br />
Tracht – die Frauen <strong>und</strong> Mädchen in<br />
Dirndl, die Männer <strong>und</strong> Buben in Leder -<br />
hosen. Und diese Tradition kommt bei den<br />
Leuten gut an«, weiß Abrell. »Natürlich<br />
haben wir ein Festzelt, aber bei uns gibt es<br />
kein Schickimicki <strong>und</strong> keine Party-<br />
Faschingslieder zu hören, sondern traditionelle<br />
Blechmusik.«<br />
In Gunzesried ist der <strong>Viehscheid</strong> ein Feiertag.<br />
»Ich kenne niemanden, der da zum<br />
Schaffen geht. Auch die Kinder haben<br />
schulfrei«, erzählt Abrell. Schließlich gilt es,<br />
bis in den Abend hinein zu feiern – bei bester<br />
Musik <strong>und</strong> Verpflegung. Ein Krämermarkt<br />
mit allerlei nützlichen selbstgemachten<br />
<strong>und</strong> regionalen Produkten gehört ebenfalls<br />
zum Gunzesrieder <strong>Viehscheid</strong> dazu.<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 33
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
IMMENSTADT: DER STÄDTISCHE<br />
Immenstadt ist die einzige Stadt Deutschlands,<br />
die einen <strong>Viehscheid</strong> hat. Am Samstag,<br />
dem 15. September, werden ab 9 Uhr<br />
r<strong>und</strong> 900 Stück Vieh auf dem Viehmarktplatz<br />
erwartet. Darunter auch die r<strong>und</strong> 280<br />
Tiere von Bernhard Hage. Der 28-Jährige<br />
bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau<br />
die auf 1502 Metern unterhalb des Stuibengipfels<br />
gelegene Alpe G<strong>und</strong>. Den <strong>Alpsommer</strong><br />
kennt er, seit er klein ist. »Als Bua bisch<br />
beim Vater dabei <strong>und</strong> jetzt mach ich´s schon<br />
zehn Jahre selbst«, erzählt er.<br />
Zusammen mit zwei anderen Jungviehalpen,<br />
der Alpe Hinterkrumbach <strong>und</strong> der Alpe<br />
Seifenmoos, treibt Hage das Vieh mit seinen<br />
großen <strong>und</strong> lauten Zugschellen erst nach<br />
Immenstadt auf den Viehmarktplatz <strong>und</strong> anschließend<br />
heim nach Untermaiselstein.<br />
Dafür durchqueren die Tiere die Stadt – vorbei<br />
an der Königseggschule über die Zollbrücke<br />
nach Untermaiselstein. »Der <strong>Viehscheid</strong><br />
ist schon was Besonderes. Es ist viel<br />
Arbeit, viel Aufregung <strong>und</strong> für den Hirten<br />
natürlich auch eine große Verantwortung,<br />
das Vieh ges<strong>und</strong> heimzubringen. Wenn<br />
dann allerdings alles gut gelaufen ist, freut<br />
man sich natürlich, wenn man zusammen<br />
feiert«, erzählt Hage.<br />
Auf dem Scheidplatz in Immenstadt lässt es<br />
sich auch gut feiern. Ab 10 Uhr spielt die<br />
Stadtkapelle Immenstadt im Festzelt, gegen<br />
14 Uhr die Musikkapelle Stein. Um 15 Uhr<br />
findet das traditionelle Scheidschellenwürfeln<br />
mit den Hirten statt. Und ab 20 Uhr<br />
sorgt das »Riedberg Quintett« im Festzelt für<br />
Stimmung. Auch in Immenstadt besteht die<br />
Möglichkeit, beim Krämermarkt Geschenke<br />
<strong>und</strong> allerlei Interessantes zu erwerben.<br />
Fotos: Pio Mars, Alpsee-Grünten Tourismus<br />
In Immenstadt, von den Bewohnern liebevoll nur »Städtle« genannt,<br />
laufen die Rinderherden mitten durch die Stadt zum Scheidplatz<br />
Rinder sind nicht die einzigen Vierbeiner beim <strong>Viehscheid</strong>. In Kranzegg<br />
wird eine Schafherde festlich geschmückt, ehe sie ins Tal trabt<br />
KRANZEGG: DER URTÜMLICHE<br />
Bereits am Freitag, dem 14. September, feiert<br />
der Rettenberger Ortsteil Kranzegg seinen<br />
<strong>Viehscheid</strong> <strong>und</strong> erwartet ab etwa 9.30 Uhr<br />
die ersten Alpen auf dem <strong>Viehscheid</strong>platz.<br />
Das Einzigartige in Kranzegg: Es ist der einzige<br />
<strong>Viehscheid</strong> mit drei reinen Milchkuhherden,<br />
einer Jungviehherde <strong>und</strong> einer<br />
Schafherde. Die Schafe sind im Sommer auf<br />
der Alpe Stürzel zu Hause. Im Festzelt, das<br />
übrigens ab 9 Uhr geöffnet hat, wird die Musikkapelle<br />
Vorderburg für gute Stimmung<br />
sorgen. Auch in Kranzegg dürfen sich die<br />
Besucher auf den Krämermarkt freuen sowie<br />
am Nachmittag auf die Schellenübergabe an<br />
die Hirten sowie die Schellenverlosung für<br />
die Gäste. Am Abend wird das Quintett<br />
»Isch gli« spielen.<br />
Es lohnt sich also unbedingt, die Alpabtriebe<br />
in der Alpsee-Grünten-Region zu besuchen.<br />
Und gerade weil sich die Termine teilweise<br />
überschneiden, ist das ein guter Anlass, jedes<br />
Jahr aufs Neue einen anderen <strong>Viehscheid</strong> zu<br />
erleben.<br />
Zu guter Letzt ein Geheimtipp: In manchen<br />
Orten wird der <strong>Viehscheid</strong> noch so traditionell<br />
<strong>und</strong> familiär gefeiert, dass selbst Journalisten<br />
der Tagespresse das jeweilige Datum<br />
nicht kennen. Wer also einen solchen Scheid<br />
zufällig beim Wandern oder Spazieren entdeckt<br />
oder von Bauern »eingeweiht« wird,<br />
hat richtig Glück. • Benjamin Bichler<br />
INFO<br />
Die <strong>Viehscheid</strong>e mit Terminen, Infos <strong>und</strong><br />
Höhepunkten von Gunzesried, Immenstadt,<br />
Kranzegg <strong>und</strong> vielen mehr finden Sie in unserer<br />
Terminliste auf den Seiten 50 bis 55.<br />
Kranzegg liegt malerisch am Fuße des Grünten <strong>und</strong> ist<br />
ein Ortsteil des Brauereidorfs Rettenberg. Am <strong>Viehscheid</strong>tag<br />
kommen hier r<strong>und</strong> 270 Tiere von den Alpen<br />
34<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 35
BRAUCHTUM<br />
DAS »GRÜNE HAUS«<br />
INNEN UND AUSSEN EIN HINGUCKER<br />
Mitten im Zentrum von Reutte, einer kleinen Gemeinde im Tiroler<br />
Außerfern <strong>und</strong> in direkter Nachbarschaft zum Allgäu, steht eines der<br />
stattlichsten Häuser des Marktes. Nicht nur die Exponate im Inneren des<br />
heutigen Heimathauses sind einen Blick wert, sondern auch das Gebäude<br />
an sich – <strong>und</strong> zwar nicht nur wegen seiner auffälligen Farbe.<br />
Dem ehemaligen Bürgerhaus aus<br />
dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert sieht man<br />
sein Alter wahrlich nicht an.<br />
Vielmehr wandern die Augen des Betrachters<br />
über die zahlreichen Malereien an der<br />
grünen Außenfassade, die diesem Haus seinen<br />
Namen gab. Verantwortlich dafür war<br />
Johann Jakob Zeiller, ein Maler aus Reutte in<br />
Tirol. Er wurde 1779 mit der Gestaltung der<br />
Fassade beauftragt <strong>und</strong> entschied sich dabei<br />
als Hauptgr<strong>und</strong>ierung für den Putz für die<br />
Farbe Grün – <strong>und</strong> so kam das Haus erst zu<br />
seinem Namen.<br />
In der Folgezeit hatte das »Grüne Haus« viele<br />
Funktionen, bis es schließlich zum Verkauf<br />
stand. Da schlug die Gemeinde Reutte<br />
zu <strong>und</strong> erwarb das Gebäude im Jahr 1986<br />
mit dem Ziel, hier ein Heimatmuseum zu<br />
integrieren. Zuvor standen allerdings umfangreiche<br />
Umbau- <strong>und</strong> Restaurierungsarbeiten<br />
auf dem Programm. Im Laufe dieser<br />
wurden einzigartige Malereien im ersten<br />
<strong>und</strong> zweiten Stockwerk freigelegt. So wurden<br />
Vögel, Ranken <strong>und</strong> Wappen sichtbar, aber<br />
auch Scheinmalereien aus der Renaissance.<br />
Diese imitieren auf den Fluren Tür- <strong>und</strong><br />
Architekturmerkmale oder umrahmen Einbauschränke.<br />
Auch elf Stuckdecken wurden<br />
freigelegt <strong>und</strong> stellenweise ergänzt.<br />
MALER ZWISCHEN MALEREIEN<br />
Seit 1990 können sich Besucher selbst von<br />
der inneren Schönheit des Gebäudes überzeugen,<br />
denn in diesem Jahr wurde das Heimatmuseum<br />
eröffnet <strong>und</strong> wartet seitdem<br />
mit einem bunten Sammelsurium an Expo-<br />
naten auf. Auf r<strong>und</strong> 300 Quadratmetern vermittelt<br />
es einen kulturgeschichtlichen Überblick<br />
des Außerferns im Wandel der Zeit.<br />
Dazu gehören beispielsweise auch bekannte<br />
Maler der Region, wie der bereits erwähnte<br />
Johann Jakob Zeiller, der dem Haus nicht<br />
nur seinen Namen gab, sondern auch ein<br />
berühmter Freskenmaler seiner Zeit war.<br />
Geerbt hat er sein Talent wohl von seinem<br />
Vater Paul Zeiller, einem hervorragenden<br />
Maler religiöser Motive. Ihm ist ein eigener<br />
Ausstellungsraum gewidmet, in dem auch<br />
seine Malutensilien, Skizzen <strong>und</strong> das Barrett<br />
des Künstlers ausgestellt sind.<br />
Nicht minder stolz ist das Museum auf die<br />
ständige Ausstellung von Werken der Lechtaler<br />
Malerin Anna Stainer-Knittel (1841 –<br />
1915), die in der Region vor allem unter dem<br />
36<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Namen »Geierwally« bekannt ist. Sie war<br />
eine Frau mit Charakter, eine Unbeugsame,<br />
die selbst den Bergsteigern trotzte. Bekannt<br />
ist sie vor allem dafür, dass sie ein Raub -<br />
vogelnest an einer steilen Bergwand aushob:<br />
Eine riskante Unternehmung, die viele Männer<br />
ihrer Zeit nicht wagten.<br />
DIE MISCHUNG MACHTS<br />
Auch musikalischen Persönlichkeiten der<br />
Region wird im Museum gedacht, so etwa<br />
der Musikerfamilie Engel, die ab den 1950er-<br />
Jahren mit ihren sieben Kindern für 36 Jahre<br />
mit Heimatmelodien durch die Welt zog.<br />
Doch das Museum widmet sich nicht nur<br />
den schönen Künsten, sondern auch der<br />
Handwerkskunst. Besonders beeindruckend<br />
ist die Sammlung von Wanduhren in einem<br />
eigenen Kabinett, deren Schilder mit prächtigen<br />
bäuerlichen Motiven bemalt sind.<br />
Unter den Uhren sticht eine besonders hervor,<br />
deren gesamtes Werk aus Holz besteht.<br />
Darüber hinaus kann im Museum auch eine<br />
bemerkenswerte Wandtafel bestaunt werden.<br />
Diese berichtet vom Rodwesen, dem Transportwesen<br />
im Mittelalter, <strong>und</strong> vom Salzhandel,<br />
dessen nördlicher Strang von Hall durch<br />
das Lechtal über Reutte lief. Daneben befindet<br />
sich ein Relief, das einen Weintransport<br />
circa 230 n. Chr. per Ochsen gespann darstellt.<br />
Eine weitere Sammlung zeigt Reliquien,<br />
Breviere <strong>und</strong> Tödlein – Figuren in<br />
kleinen Särgen, die an die Sterblichkeit mahnen<br />
sollen. Sie zeugen von der tiefen Gläubigkeit<br />
der Vorfahren. Zudem weisen einige<br />
Exponate auf die nahegelegene Burg Ehrenberg,<br />
eines der bedeutendsten Festungsensembles<br />
Mitteileuropas, hin.<br />
Die Verschiedenheit der Ausstellungsstücke<br />
<strong>und</strong> das Gebäude an sich machen das Grüne<br />
Haus in Reutte zu einem Heimatmuseum<br />
der besonderen Art, das ein, zwei oder drei<br />
Blicke wert ist. •<br />
Thomas Niehörster/Claudia Schöwe<br />
INFO:<br />
Museum Grünes Haus,<br />
Untermarkt 25, A-6600 Reutte<br />
Öffnungszeiten: 1. Mai bis 31. Oktober jeweils<br />
Dienstag bis Samstag von 13-17 Uhr<br />
www.museum-reutte.at<br />
Fotos: Thomas Niehörster<br />
Zahlreiche Uhren ticken im Museum – bei dieser<br />
besonderen ist das gesamte Werk aus Holz<br />
Die »Geierwally« vor einem ihrer ausdrucksstärksten<br />
Bilder, das sie selbst in der der Lechtaler Tracht zeigt<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 37
ALPE SPEZIAL<br />
38<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
VIRTUOSE DER SPIRITUOSE<br />
MICHEL BRENNT FÜR GUTE BRÄNDE<br />
Auf 1300 Meter Höhe, mitten im Naturpark Nagelfluhkette, liegt die<br />
höchste Brennerei des Allgäus – die Kräuteralpe Hörmoos. Michael<br />
Schneider verwirklichte sich hier einen Traum <strong>und</strong> brennt nach alter<br />
Tradition die edelsten Tropfen der Region.<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 39
ALPE SPEZIAL<br />
Fotos: Dominik Berchtold, Claudia Schöwe<br />
Idyllisch im Grünen liegt die Kräuter alpe Hörmoos.<br />
Schautafeln entlang des privaten Gartens informieren<br />
Besucher über die angebauten Pflanzen<br />
Man kann schlechter wohnen«,<br />
fällt einem ein, wenn man den<br />
Weg hinauf zur höchsten Destille<br />
des Allgäus geschafft hat. Denn hier oben<br />
stellt Michael Schneider – ausgebildeter<br />
Brenner <strong>und</strong> Edelbrandsommelier – nicht<br />
nur seine himmlischen Tropfen her, sondern<br />
er lebt auch hier, <strong>und</strong> das schon seit Kindheitstagen.<br />
Neben der Kräuteralpe liegt der<br />
Alpengasthof Hörmoos, der seit Generationen<br />
im Familienbesitz ist. 20 Jahren führte<br />
er den Betrieb, bis er diesen an seinen Bruder<br />
Klaus übergab. Im Jahr 2002 zog Michael<br />
Schneider, von den meisten Michel genannt,<br />
mit seiner Frau Gerda in die heutige Kräuteralpe.<br />
Zusammen bauten sie das Austragshaus<br />
aus <strong>und</strong> legten Stück für Stück, oder<br />
besser gesagt Kraut für Kraut, ihren Garten<br />
an, der heute in voller Pracht erstrahlt <strong>und</strong><br />
die Zutaten für Michels leckere Schnäpse<br />
<strong>und</strong> Liköre liefert.<br />
Handarbeit pur – Michel <strong>und</strong> seine<br />
Frau Gerda sammeln jedes einzelne<br />
Kraut für die Brände selbst<br />
VON UND MIT DER NATUR<br />
Besucher können sich an dem Schaugarten<br />
erfreuen, der um den privat gehaltenen<br />
Kräutergarten angelegt ist. Hier hat Michel<br />
40<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
im Laufe der Jahre fast 200 Schilder aufgestellt,<br />
auf denen zahlreiche Informationen zu<br />
den einzelnen Pflanzen nachzulesen sind.<br />
Was von außen schon beeindruckend wirkt,<br />
erhält innen noch eine ganz andere Dimension.<br />
Betritt man den Kräutergarten, eröffnet<br />
sich ein wildes Paradies, in dem sich die<br />
Pflanzen sichtlich wohlfühlen.<br />
Ursprünglich hatten Michel <strong>und</strong> seine Frau<br />
einen Pflanzplan <strong>und</strong> jede Pflanze hatte ihren<br />
festen Platz. »Aber nix bleibt da wo es<br />
hin soll. Die wandern aus <strong>und</strong> suchen sich<br />
ihren Platz. Die, die in Gemeinschaft leben<br />
wollen, unterstützen sich auch gegenseitig.<br />
Man muss lernen das zu dulden«, resümiert<br />
Gerda Schneider, als sie zwischen all den<br />
Kräutern steht. Auf dem Weg unter ihr kam<br />
früher eine Schubkarre durch, heute kann es<br />
mit zwei Füßen nebeneinander schon eng<br />
werden, aber die Natur sucht sich ihren Weg<br />
<strong>und</strong> Gerda <strong>und</strong> Michel lassen sie. Leben sie<br />
doch von ihr.<br />
Die zahlreichen Zutaten für ihre edlen Tropfen<br />
erhalten sie nämlich nicht nur aus ihrem<br />
eigenen Anbau, wie Michel erklärt. »Wir<br />
sammeln viel, was wild auf unseren Weiden<br />
wächst, bevor der Winter kommt. Und was<br />
nicht wild oder in der Natur ist, haben wir<br />
in unserem Garten.« Durch diese Herangehensweise<br />
müssen nur wenige Sachen dazugekauft<br />
werden, wie etwa der Wacholder für<br />
ihren AllgäuGin, der aus 19 speziellen Kräutern<br />
<strong>und</strong> Gewürzen besteht.<br />
ALLES HAT SEINE ZEIT<br />
Bevor diese zu Gin oder anderen hochprozentigen<br />
Getränken verarbeitet werden,<br />
müssen sie erst einmal gesammelt werden.<br />
Und das erfolgt auf der Kräuteralpe nach<br />
Plan: Erst nach dem dritten Tag Sonne werden<br />
die Kräuter geerntet, denn dann haben<br />
sich in den Pflanzen wieder die wertvollen<br />
ätherischen Öle gebildet. Anfang des Sommers,<br />
wenn alles blüht, ist die Hochzeit des<br />
Sammelns, doch es kommt nicht nur auf den<br />
richtigen Zeitpunkt an.<br />
»Beim Kräutersammeln muss man gut drauf<br />
sein. Man macht ja auch was Gutes, was ein<br />
anderer trinken soll«, so Michel. Damit es so<br />
weit kommt, werden die Kräuter nach der<br />
Lese zusammen mit Bio-Neutralalkohol in<br />
Gläsern abgefüllt. Dann kommt alles für ex-<br />
AUF EINEN SCHNAPS<br />
BEIM MICHEL<br />
Wollen Sie auch einmal von den himmlischen<br />
Tropfen kosten? Kein Problem! Eine Besichtigung<br />
der Destille mit anschließender Verkostung der<br />
Edel brände ist im Sommer immer montags um<br />
13.30 Uhr möglich. Außerdem verkauft er von<br />
Samstag bis Montag seine Köstlichkeiten in dem<br />
kleinen Verkaufshäuschen vor dem Kräutergarten.<br />
Weitere Infos <strong>und</strong> Wegbeschreibungen zur<br />
Kräuteralpe, finden Sie unter:<br />
www.kraeuteralp.de<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 41
ALPE SPEZIAL<br />
HOCHGEBRANNT<br />
UND PREISGEKRÖNT<br />
Die Liköre <strong>und</strong> Schnäpse vom Michel schmecken –<br />
<strong>und</strong> zwar so gut, dass sie bei den letzten drei<br />
Bayrischen Obstbrand-Prämierungen mit Gold<br />
ausgezeichnet wurden. Das begehrte Edelmetall<br />
bekamen mittlerweile insgesamt sechs Destillate.<br />
Neben dem AllgäuGin <strong>und</strong> dem EnzianBrand,<br />
wurden auch der ÄlplerAbsinth, LatschenGeist,<br />
MeisterwurzGeist <strong>und</strong> VogelbeerBrand prämiert.<br />
akt 28 Tage – das entspricht einem Mondzyklus<br />
– in den Schrank.<br />
Nach dem Stand des leuchtenden Himmelskörpers<br />
wird auch der Tag festgelegt, an dem<br />
sich Michel auf den Weg macht, um die<br />
Wurzeln des Gelben Enzians auszugraben,<br />
die er für seinen bekannten EnzianBrand<br />
benötigt. Dafür hat er eine spezielle Grab -<br />
genehmigung, die es ihm erlaubt, 500 Kilogramm<br />
zu »ernten«.<br />
Im Herbst, wenn die Blätter dürr sind <strong>und</strong><br />
wieder Kraft in der Wurzel ist, geht´s los. Er<br />
<strong>und</strong> seine Helfer graben aber nur den oberen<br />
Teil, einen guten Spatenstich, aus. »Das ist<br />
der größte Wurzelanteil <strong>und</strong> der Rest bleibt<br />
in der Erde, kann sich wieder erholen, bildet<br />
neue Wurzeln <strong>und</strong> in zehn bis zwölf Jahren<br />
kann wieder geerntet werden«, weiß Michel.<br />
Sind die Wurzeln geerntet, geschnitten <strong>und</strong><br />
gewaschen, werden sie mit Äpfeln angesetzt.<br />
Danach wird alles gehäckselt <strong>und</strong> eingemaischt.<br />
Unter kontrollierter Vergärung mit<br />
Reinzuchthefe dauert es dann vier bis sieben<br />
Wochen bis alles vergoren ist. Nun muss er<br />
nur noch das Hauptzollamt in Stuttgart<br />
benachrichtigen <strong>und</strong> den Brennereibescheid<br />
abwarten (Zitat Michel: »Da kommt auch<br />
gleich schon der Steuerbescheid mit.«).<br />
Dann kann endlich gebrannt werden.<br />
ES GEHT ANS EINGEMA(IS)CHTE<br />
Zuerst befüllt er die Brennblase seiner<br />
modernen Wasserbadbrennerei mit etwa<br />
110 Litern Maische. Dann wird das Rührwerk<br />
eingeschaltet, sowie das Wasserbad,<br />
welches den Inhalt der Brennblase erhitzt.<br />
Aus dieser steigen nun die Alkoholdämpfe<br />
auf zu den Kolonnenböden, wobei sich minderwertige<br />
Dämpfe niederschlagen <strong>und</strong> über<br />
einen Ablaufstutzen zurück zur Brennblase<br />
geführt werden. Dieser Vorgang wiederholt<br />
sich bei den einzelnen Kolonnenböden.<br />
»Bei jedem Boden wird´s besser <strong>und</strong> stärker«,<br />
weiß Michel. Haben die Alkoholdämpfe<br />
die insgesamt drei Kolonnenböden passiert,<br />
gelangen sie zu dem Kondensator, von wo<br />
aus sie durch das sogenannte Geistrohr zu<br />
einem Edelstahlkühler geführt werden. Dort<br />
werden sie – der Name verrät es schon –<br />
abgekühlt <strong>und</strong> gelangen anschließend in ein<br />
42<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
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Sammelgefäß. Nun kommt der Alkohol<br />
langsam zum Laufen. Doch Obacht: Der<br />
Vorlauf ist giftig <strong>und</strong> darf nicht getrunken<br />
werden. Darum muss er zunächst separat<br />
abgetrennt werden, bevor der begehrte Mittellauf<br />
– das sind die edlen Tropfen –<br />
kommt. Auch den Nachlauf trennt Michel<br />
gewissenhaft ab: Der ist zwar nicht giftig,<br />
aber lecker leider auch nicht. »Das Brennen<br />
ist nicht die Kunst, sondern das Abtrennen.<br />
Aber am wichtigsten ist eine gute Maischevergärung«,<br />
sagt Michel <strong>und</strong> beweist bei jedem<br />
Destillat aufs Neue, dass er diese Kunst<br />
in Perfektion beherrscht.<br />
Der hochprozentige Enzian muss dann noch<br />
zwei volle Jahre in Dunkelheit verbringen,<br />
bis er schlussendlich mit hauseigenem<br />
Quellwasser auf 38 Volumenprozent eingestellt<br />
wird. Zusammen mit dem Enzian-<br />
Brand stellen Michel <strong>und</strong> seine Frau nur<br />
etwa 400 Liter pro Jahr her.<br />
»Wir wollen auch nicht mehr machen.<br />
Schließlich muss die Arbeit von uns zwei<br />
bewältigt werden«, sagt der gelernte Brenner<br />
bescheiden. • Claudia Schöwe<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 43
REPORTAGE<br />
AUF SAURIERSUCHE<br />
IN DEN ALLGÄUER ALPEN<br />
Schon in seiner Kindheit packte Tobias Klöck das Dino-Fieber. Auch wenn er<br />
nunmehr erwachsen ist – es hat ihn nicht losgelassen. Für ALPSOMMER &<br />
VIEHSCHEID berichtet er von seiner spannenden Suche nach Sauriern an<br />
Orten, wo man sie auf den ersten Blick nicht vermuten würde.<br />
44<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Mit »Jurassic Park« brachte Steven<br />
Spielberg in den 90er-Jahren eine<br />
Tricktechnik auf die Leinwand,<br />
die so noch nie zuvor eingesetzt worden war.<br />
Kombiniert mit einer Geschichte voller Nervenkitzel<br />
war es der perfekte Blockbuster<br />
<strong>und</strong> bis heute einer der meistgesehenen<br />
Filme aller Zeiten. Bei all der Aufregung um<br />
die Dinos auf der Leinwand ist es also keinesfalls<br />
verw<strong>und</strong>erlich, dass sich der Traumberuf<br />
von vielen Jungs 1993 plötzlich vom<br />
Feuerwehrmann zum Dinoforscher änderte.<br />
Auch ich verschlang damals wissbegierig<br />
viele Dokumentationen <strong>und</strong> sämtliche Fernsehsendungen<br />
über die Urzeitechsen. Meine<br />
Augen funkelten, als ich zum ersten Mal als<br />
kleiner Bub in einem Museum vor dem<br />
gigantischen Skelett eines solch riesigen, ausgestorbenen<br />
Tieres stand. Nach <strong>und</strong> nach<br />
legte sich der Rummel um den Film <strong>und</strong><br />
auch die Karrierewünsche normalisierten<br />
sich zurück zum Fußballstar, Polizisten oder<br />
Piloten.<br />
Irgendetwas hatte aber überlebt – zumindest<br />
meine Begeisterung für die Urzeit fand bisher<br />
keinen Abbruch. Bücher wurden studiert,<br />
Vorträge <strong>und</strong> Vorlesungen besucht<br />
<strong>und</strong> Exkursionen miterlebt. Das Wissen<br />
wuchs nach <strong>und</strong> nach an. Schnell wurde mir<br />
aber klar: Solch große Saurierf<strong>und</strong>stellen wie<br />
es sie vor allem in den USA, Afrika, Südamerika<br />
oder der Mongolei gibt, sucht man im<br />
Allgäu vergebens. War es das also? Aus der<br />
Traum vom Dinoforscher? Mitnichten!<br />
BEISSKRÄFTIGER BEWEIS<br />
Zusammen mit meinem Fre<strong>und</strong> Giuseppe<br />
Gulisano aus Immenstadt bin ich oft mit<br />
Hammer <strong>und</strong> Meißel in den Allgäuer Alpen<br />
unterwegs. Stets auf der Suche nach Fossilien<br />
<strong>und</strong> den versteinerten Überresten längst vergangener<br />
Zeiten. Ein kleines Loch im Berg<br />
Fotos: Matthias Hanke, Tobias Klöck<br />
Oberhalb von Oberjoch fand Tobias Klöck diesen Fangzahn eines Nothosauriers,<br />
der bis zu drei Metern lang werden konnte <strong>und</strong> im Wasser lebte<br />
Auch die gef<strong>und</strong>enen knopfförmigen Zähne der Placodontier<br />
sind ein Beleg dafür, dass es einst Saurier in den Alpen gab<br />
hier, ein funkelnder Stein am Wegesrand da.<br />
So manches Geheimnis wartet immer noch<br />
darauf, gelüftet zu werden.<br />
An einem trüben Sonntagnachmittag im<br />
Herbst besuchte ich eine vielversprechende<br />
F<strong>und</strong>stelle am Iseler oberhalb von Oberjoch.<br />
Dort liegen Gesteine an der Erdoberfläche,<br />
die in einem tropischen Meer vor über 200<br />
Millionen Jahren, in der sogenannten Trias-<br />
Zeit, abgelagert wurden. Und genau da, neben<br />
vielen einzelnen Zähnen von Korallenfischen,<br />
fand ich zum ersten Mal die Beißwerkzeuge<br />
unterschiedlicher Urzeitechsen.<br />
Lang <strong>und</strong> spitz waren beispielsweise die<br />
Fangzähne eines Nothosauriers. Dieses Meeresreptil<br />
konnte r<strong>und</strong> drei Meter lang werden<br />
<strong>und</strong> ernährte sich wohl ausschließlich<br />
von Fischen. Knopfförmig <strong>und</strong> schwarz<br />
glänzend sind hingegen die Zähne der<br />
Placodontier, zu Deutsch Pflasterzahnsaurier.<br />
Sie nutzten ihr Gebiss zum Zermahlen<br />
von Muscheln <strong>und</strong> Schneckenschalen.<br />
EINE ANDERE WELT<br />
Der bisherige Höhepunkt war aber der Besuch<br />
einer F<strong>und</strong>stelle inmitten des Allgäuer<br />
Hauptkammes, nahe der Hornbachkette.<br />
Betrachtet man die senkrecht am Weg stehenden<br />
Oberflächen der Felswände genauer,<br />
stellt man Strukturen fest, die man sicherlich<br />
schon einmal im letzten Urlaub am Sandstrand<br />
gesehen hat. Es handelt sich um Rippelmarken<br />
– die versteinerten Zeugnisse<br />
einstiger Wellenbewegungen im Flachwas-<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 45
REPORTAGE<br />
Die Rippelmarken kennt man eher vom letzten Strandurlaub – im Allgäu<br />
sind sie der Beweis, dass hier mal ein Meer <strong>und</strong> keine Berge waren<br />
serbereich. Hätte man heute mit einer Zeitmaschine<br />
die Möglichkeit in die Trias-Zeit<br />
zu reisen, würde sich uns folgendes Bild bieten:<br />
Wir bräuchten ein Segelschiff mit geringem<br />
Tiefgang. Es ist tropisch warm <strong>und</strong> das<br />
Meer leuchtet in einem intensiven Türkis.<br />
Vom späteren Allgäu, den Wiesen, Hügeln<br />
<strong>und</strong> Bergen, ist noch nichts zu sehen. Nur<br />
eine Vielzahl kleiner Inselgruppen lässt sich<br />
von Bord aus entdecken. Eine ähnliche<br />
Landschaft, wie wir sie noch heute auf den<br />
Malediven finden können. Vögel gibt es am<br />
Diesem Ticinosuchus (rechts), einer Gattung der Archosaurier, möchte auch Tobias Klöck<br />
nicht begegnen, über den erhaltenen Zahn des Sauriers (links) freut er sich aber umso mehr<br />
Himmel noch keine, nur das Rauschen der<br />
Wellen klingt in den Ohren <strong>und</strong> Unterwasser<br />
wachsen Korallen in großen Riffen.<br />
Dass es dort, wo 200 Millionen Jahre später<br />
die Allgäuer Alpen stolz ihre Gipfel emporrecken<br />
werden, Inseln gab <strong>und</strong> sich auch der<br />
ein oder andere Saurier hierher verirrte,<br />
beweisen zudem Zähne von landbewohnenden<br />
Tieren, die wir an verschiedenen Stellen<br />
gef<strong>und</strong>en haben. Sogar die sägeähnliche<br />
Schneide auf beiden Seiten des Zahns ist<br />
noch bemerkenswert gut erhalten. Das Tier<br />
von dem der Zahn stammt, ein sogenannter<br />
Archosaurier mit dem Namen Ticinosuchus,<br />
hatte wohl in etwa das Aussehen eines stelzenbeinigen<br />
Krokodils mit einer Länge von<br />
bis zu dreieinhalb Metern – gemessen vom<br />
Kopf bis zum Schwanz.<br />
Für die Allgäuer Alpen stellt dieser seltene<br />
F<strong>und</strong> ein weiteres kleines Mosaiksteinchen<br />
in der langen <strong>und</strong> spannenden Geschichte<br />
ihrer Entstehung dar. Und für mich waren<br />
diese F<strong>und</strong>e die Erfüllung eines Kindheitstraums.<br />
• Tobias Klöck<br />
EINMAL SELBER DINOFORSCHER SEIN<br />
Einen guten Überblick über die möglichen Fossilf<strong>und</strong>e<br />
im Allgäu kann man sich in verschiedenen Museen<br />
verschaffen. Sehenswert sind zum Beispiel die<br />
geologisch-paläontologischen Sammlungen im<br />
Kemptener Alpinmuseum, im Heimathaus Sonthofen,<br />
der Erzgruben Erlebniswelt am Grünten bei Burgberg<br />
oder der Allgäuer Steinerlebniswelt im Bahnhof von<br />
Oy-Mittelberg.<br />
46<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
FREIZEIT<br />
…UND WENN ES REGNET?<br />
SCHLECHTWETTER-ZIELE<br />
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung – so heißt es.<br />
Aber nicht jeder will bei Regen ins Freie. Hier gibt es Ausflugstipps für<br />
jede Wetterlage.<br />
LINDENBERG, WESTALLGÄU<br />
Deutsches Hutmuseum<br />
Was haben Pferdehändler mit Strohhüten zu tun? Diese Frage wird<br />
im Hutmuseum beantwortet – entweder auf eigene Faust oder in<br />
einer etwa 70-minütigen Führung. Im Museum werden 300 Jahre<br />
Hutmode erlebbar, darunter die Geschichte der Hutstadt Lindenberg<br />
<strong>und</strong> warum sie früher Klein-Paris genannt wurde.<br />
Deutsches Hutmuseum Lindenberg, Museumsplatz 1, 88161<br />
Lindenberg, www.deutsches-hutmuseum.de,<br />
Öffnungszeiten: Di-So 9.30-17 Uhr<br />
Fotos: Daniel Stauch<br />
Foto: Bayerische Schlösserverwaltung Foto: Pixabay<br />
OTTOBEUREN, UNTERALLGÄU<br />
Benediktinerabtei<br />
Die Geschichte des Klosters reicht bis ins Jahr 764 zurück. Auf dem<br />
Gelände befinden sich die Basilika, das Klostermuseum, ein eigener<br />
Klosterladen <strong>und</strong> ein Café. Das Besondere an dem Komplex ist, dass<br />
dort in ununterbrochener Tradition die Benediktinermönche<br />
hausen. Um den Ausflug außerhalb abzuschließen, ist ein Besuch im<br />
nur wenige Meter entfernten Windbeutelparadies möglich.<br />
Benediktinerabtei Ottobeuren, Sebastian-Kneipp-Str. 1, 87724<br />
Ottobeuren, Öffnungszeiten unter www.abtei-ottobeuren.de<br />
FÜSSEN, OSTALLGÄU<br />
Reptilienzoo<br />
Eine exotische Reise in eine faszinierende Welt: Im Reptilienzoo<br />
werden die Lebensräume der Wüsten- <strong>und</strong> Urwaldbewohner naturnah<br />
in Terrarien <strong>und</strong> Aquarien wiedergegeben. Die Hauptdarsteller<br />
fehlen dabei natürlich nicht: Schlangen, Spinnen, Echsen, Schildkröten,<br />
Frösche <strong>und</strong> viele weitere Tiere lassen sich beobachten. Wer<br />
findet die Meister der Tarnung?<br />
Reptilienzoo Allgäu, Mühlbachgasse 10, 87629 Füssen, www.reptilienzoo-allgaeu.de,<br />
Öffnungszeiten (Apr.-Okt.): Sa-Do 10-18 Uhr<br />
KEMPTEN, OBERALLGÄU<br />
Prunkräume der Residenz<br />
Die Mitte des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts erbaute Residenz der Fürstäbte im<br />
historischen Stadtzentrum Kemptens ist die erste barocke Klosteranlage<br />
in Deutschland. Ein R<strong>und</strong>gang durch ihre Räume <strong>und</strong> den<br />
prächtigen Thronsaal offenbart den Glanz des frühen bayerischen<br />
Rokokos. Gemeinsam mit der St.-Lorenz-Basilika bildet die Residenz<br />
ein beeindruckendes Zeugnis des Wohlstands der katholischen<br />
Stiftsstadt in dieser Epoche. Der dahinterliegende Hofgarten <strong>und</strong> die<br />
Orangerie r<strong>und</strong>en einen Besuch ab.<br />
Residenz, Residenzplatz 4-6, 87435 Kempten, www. kempten.de,<br />
Öffnungszeiten (Apr.-Sept.): Di-So 9-15.45 Uhr<br />
Foto: Christoffer Leitner<br />
48<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
34. Thaler <strong>Viehscheid</strong><br />
IN THALKIRCHDORF AM<br />
21. –22.<br />
September<br />
Anzeigen<br />
FREITAG, 21. SEPTEMBER<br />
09:15 UHR: EINTREFFEN DER ERSTEN ALPEN AUF DEM<br />
SCHEIDPLATZ MIT CA. 800 STÜCK VIEH<br />
10:00 UHR: UNTERHALTUNG IM FESTZELT MIT DER<br />
MUSIKKAPELLE THALKIRCHDORF<br />
»KRAINER EXPRESS« - »ALPENSOUND«<br />
SAMSTAG, 22. SEPTEMBER<br />
19:00 UHR: »BOCK-STARK« - »DIE FEXER«<br />
FÄASCHTBÄNKLER<br />
Urlaubsziel<br />
Bogenschießen in Bolsterlang<br />
• Bogenkurse für Anfänger <strong>und</strong> Fortgeschrittene<br />
• Bogenübungsplatz im Dorf mit Zielscheiben <strong>und</strong><br />
überdachtem Abschuss<br />
• 3-D-Parcours im Tal mit 10 Stationen<br />
• 3-D-Parcours am Berg mit 32 Stationen<br />
Gästeinformation Bolsterlang<br />
Rathausweg 4 I 87538 Bolsterlang I Tel. 08326 8314<br />
bolsterlang@hoernerdoerfer.de I www.bolsterlang.de<br />
alpsee-bergwelt.de<br />
Deutschlands längste Ganzjahres-Rodelbahn,<br />
Bayerns größter Hochseilgarten!<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 49
5<br />
26<br />
4<br />
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17 24<br />
3<br />
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1<br />
13<br />
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7<br />
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16<br />
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20<br />
30<br />
2<br />
29
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
23<br />
VIEHSCHEIDORTE<br />
UND TERMINE<br />
1 PFRONTEN 8. SEPTEMBER<br />
6<br />
2 SEEG 8. SEPTEMBER<br />
3 BAD HINDELANG 11. SEPTEMBER<br />
4 OBERSTDORF-SCHÖLLANG 12. SEPTEMBER<br />
9<br />
10<br />
25<br />
8<br />
5 OBERSTDORF 13. SEPTEMBER<br />
6 BALDERSCHWANG 14. SEPTEMBER<br />
7 RETTENBERG-KRANZEGG 14. SEPTEMBER<br />
8 OBERSTAUFEN 14. SEPTEMBER<br />
9 BLAICHACH-GUNZESRIED 15. SEPTEMBER<br />
27<br />
10 IMMENSTADT 15. SEPTEMBER<br />
11 JUNGHOLZ IN TIROL 15. SEPTEMBER<br />
12 MAIERHÖFEN 15. SEPTEMBER<br />
12<br />
13 PFRONTEN-RÖFLEUTEN 15. SEPTEMBER<br />
14 SCHWANGAU 15. SEPTEMBER<br />
15<br />
15 WEITNAU-WENGEN 15. SEPTEMBER<br />
16 EISENBERG-ZELL 15. SEPTEMBER<br />
17 GRÄN-HALDENSEE 15. SEPTEMBER<br />
18 NESSELWÄNGLE 16. SEPTEMBER<br />
19 NESSELWANG 17. SEPTEMBER<br />
20 HALBLECH-BUCHING 17. SEPTEMBER<br />
21 WERTACH 18. SEPTEMBER<br />
22 BOLSTERLANG 19. SEPTEMBER<br />
23 RIEZLERN IM KLEINWALSERTAL 19. SEPTEMBER<br />
24 TANNHEIM IM TANNHEIMER TAL 21. SEPTEMBER<br />
25 OBERSTAUFEN-THALKIRCHDORF 21. SEPTEMBER<br />
26 OBERMAISELSTEIN 22. SEPTEMBER<br />
27 MISSEN 22. SEPTEMBER<br />
28 HASLACH AM GRÜNTENSEE 22. SEPTEMBER<br />
29 HALDENWANG 29. SEPTEMBER<br />
30 MEMHÖLZ-HUPPRECHTS 3. OKTOBER<br />
Änderungen möglich, alle Angaben ohne Gewähr<br />
ALPSOMMER<br />
& <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
DA GEHT’S BERGAB<br />
VIEHSCHEIDTERMINE<br />
Mitten im Herbst beginnt im Allgäu die 5. Jahreszeit:<br />
die <strong>Viehscheid</strong>zeit. Gäste wie Einheimische freuen sich auf ein<br />
Fest mit langer Tradition, das an vielen Orten gefeiert wird.<br />
Eine Übersicht der <strong>Viehscheid</strong>e in der Region gibt es hier.<br />
52<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
SAMSTAG, 8. SEPTEMBER<br />
PFRONTEN-HEITLERN<br />
9 Uhr, beim Schulzentrum in Pfronten-<br />
Heitlern, ca. 400 Tiere<br />
- Festumzug am 8. September um 19 Uhr<br />
- Jungvieh von 7 Alpen<br />
- 15 Kranzkühe<br />
- Krämermarkt <strong>und</strong> Festzeltbetrieb<br />
- Traditionelle »Pfrontar <strong>Viehscheid</strong>-Däg«<br />
vom 1. bis 15. September mit Ausflügen zu<br />
Alpen oder Brauerei, Jodel-Kursen, Kranzkronen<br />
selber binden, Besuch beim Schellenschmied<br />
<strong>und</strong> mehr<br />
SEEG<br />
13 Uhr, Festzeltplatz gegenüber der Feuerwehr,<br />
ca. 80 Tiere<br />
- Ab 11 Uhr Bewirtung durch den Schützenverein<br />
Seeg<br />
- 13 Uhr Eintreffen der Schumpen von der<br />
Alpe Beichelstein<br />
- Mit Kuhglocken-Verlosung, Tombola <strong>und</strong><br />
Kinderschminken<br />
- Cocktailparty mit Musik am 7. September<br />
ab 19 Uhr (Eintritt ab 16 Jahren)<br />
DIENSTAG, 11. SEPTEMBER<br />
BAD HINDELANG<br />
8.30 Uhr, Auf der Aach (Nähe der Hornbahn),<br />
ca. 800 Tiere<br />
- Der Tag des <strong>Viehscheid</strong>s gilt in Bad Hindelang<br />
als Feiertag, an dem sogar die<br />
Schulen geschlossen haben<br />
- Fünf Rinderherden von den Alpen Hasen -<br />
egg, Stierbach, Kühbach, Erzberg <strong>und</strong><br />
Platte<br />
- Großer Krämermarkt mit 122 Verkaufsständen,<br />
Fahrgeschäften <strong>und</strong> vielem mehr<br />
DONNERSTAG, 13. SEPTEMBER<br />
OBERSTDORF<br />
9 Uhr, im Ried (Renksteg), ca. 1000 Tiere<br />
- <strong>Viehscheid</strong> mit Vieh von den sechs Alpen<br />
Bierenwang, Traufberg, Haldenwang,<br />
Rappenalpe, Biberalpe <strong>und</strong> der Taufersbergalpe<br />
- Pendelbusse von Oberstdorf Bahnhof zum<br />
Renksteg ab 8 Uhr<br />
- Kutschenfahrten vom Megèver Platz zum<br />
Renksteg ab 9.30 Uhr<br />
- Bis zu 20.000 Besucher<br />
FREITAG, 14. SEPTEMBER<br />
BALDERSCHWANG<br />
10 Uhr, Ortsmitte am Feuerwehrhaus, ca.<br />
150 Tiere<br />
- Urtümlicher <strong>Viehscheid</strong> zur Rückkehr des<br />
Alpviehs<br />
- Vier Rinderherden von den Alpen Gelbhansekopf,<br />
Wilhelmine, Schwarzenberg,<br />
Oberbalderschwang<br />
- Schellenverlosung <strong>und</strong> Älplerabschied<br />
RETTENBERG-KRANZEGG<br />
9 Uhr, Kranzegg, Ortsausgang Richtung<br />
Vorderburg, ca. 300 Tiere<br />
- Einziger <strong>Viehscheid</strong> im Allgäu mit drei<br />
reinen Kuhherden, zwei Jungviehherden<br />
<strong>und</strong> einer Schafherde<br />
- Vieh von der Alpe Bommer Ebene, Alpe<br />
Schwarz, Alpe Beckeberg, Alpe Breitensteiner<br />
Berg, Alpe Stürzel, Alpe Hintere<br />
Kölle<br />
- Festzelt <strong>und</strong> Krämermarkt ab 9 Uhr<br />
MITTWOCH, 12. SEPTEMBER<br />
Fotos: Reinhard Scholl; Illustrationen: Ramona Klein<br />
OBERSTDORF-SCHÖLLANG<br />
9 Uhr, südlicher Ortseingang von Schöllang,<br />
ca. 700 Tiere<br />
- 700 Tiere von der Entschenalpe, Hinteren<br />
Seealpe, Gutenalpe <strong>und</strong> Käseralpe<br />
- Festzeltunterhaltung mit Musikkapelle<br />
Schöllang<br />
- Pendelbusse zwischen Fischen <strong>und</strong> Schöllang<br />
ab 8 Uhr<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 53
VIEHSCHEID SPEZIAL<br />
OBERSTAUFEN<br />
8.30 Uhr, Höfen (Abzweigung nach Steibis),<br />
ca. 900 Tiere<br />
- Mehr als 160 Alpen auf 3.823 Hektar bilden<br />
um Oberstaufen das größte zusammenhängende<br />
Alpgebiet Bayerns<br />
- Pendelbusse zwischen Bahnhof Oberstaufen<br />
<strong>und</strong> Scheidplatz<br />
- Nachmittags Schellenverlosung<br />
SAMSTAG, 15. SEPTEMBER<br />
BLAICHACH-GUNZESRIED<br />
9 Uhr, Ortseingang Gunzesried, ca. 1700<br />
Tiere<br />
- Größter <strong>Viehscheid</strong> im Allgäu<br />
- Vieh von 15 Alpen<br />
- Krämermarkt, Festzelt mit Blasmusik,<br />
Schellenverlosung<br />
- Pendelbusse ab Sonthofen Bahnhof,<br />
Bihlerdorf-Marienbrücke <strong>und</strong> Blaichach<br />
GRÄN-HALDENSEE IM TANNHEIMER TAL<br />
12 Uhr, Dorfmitte in Haldensee, ca. 190 Tiere<br />
- Ab 11 Uhr Weißwurst-Frühschoppen mit<br />
Livemusik der »Westallgaier Gaudimusikanten«<br />
- 18.30 Uhr: Ehrung der Älpler mit Schellenübergabe<br />
<strong>und</strong> Schellenversteigerung<br />
IMMENSTADT<br />
9 Uhr, Viehmarktplatz Immenstadt, ca. 900<br />
Tiere<br />
- Einziger städtischer <strong>Viehscheid</strong> im Allgäu<br />
- Festzelt mit Musik <strong>und</strong> Krämermarkt<br />
- Scheidschellenwürfeln am Nachmittag<br />
JUNGHOLZ IM TANNHEIMER TAL<br />
10 Uhr, Dorfplatz beim Feuerwehrhaus<br />
Jungholz, ca. 100 Tiere<br />
MAIERHÖFEN<br />
11.30 Uhr, Festgelände Maierhöfen, ca. 200<br />
Tiere<br />
- Mit 30 Kilometern von den Bergweiden<br />
nach Maierhöfen legt der Viehzug die<br />
weiteste Strecke im Allgäu zurück<br />
- Tiere von sechs Alpen der Weidegenossenschaft<br />
am Hochgrat<br />
- <strong>Viehscheid</strong>tage vom 14. bis 16. September<br />
mit buntem Rahmenprogramm<br />
PFRONTEN-RÖFLEUTEN<br />
10 Uhr, Forsthaus an der Peter-Heel-Straße,<br />
Pfronten-Röfleuten, ca. 160 Tiere<br />
- Findet immer eine Woche nach dem<br />
»großen« Pfrontner <strong>Viehscheid</strong> statt<br />
- Rinder von der Röfleuter Alpe<br />
SCHWANGAU<br />
12.30 Uhr, Kreuzung in Hohenschwangau,<br />
ca. 200 Tiere<br />
- Jungvieh von der Alpe Jägerhütte <strong>und</strong> der<br />
Altenberger Alm<br />
- Der <strong>Viehscheid</strong> wird traditionell gehalten:<br />
In Schwangau gibt es kein Festzelt <strong>und</strong><br />
auch keinen Jahrmarkt<br />
- Gemütlicher Ausklang im Schwanseepark,<br />
dieser ist als Schutzgebiet nur einmal im<br />
Jahr zum <strong>Viehscheid</strong> zugänglich<br />
- Das Vieh zieht zu Füßen der Königsschlösser<br />
in den Park ein<br />
WEITNAU- WENGEN<br />
12.30 Uhr, Dorfhalle in Wengen, ca. 130 Tiere<br />
- Bauernmarkt ab 10 Uhr<br />
- Vieh von der Alpe Wenger Egg<br />
EISENBERG-ZELL<br />
10 Uhr, Bärenparkplatz, ca. 80 Tiere<br />
- Almabtrieb von der Schlossbergalm nach<br />
Zell<br />
- Empfang des Almviehs mit Musik,<br />
Dorffest <strong>und</strong> Bewirtung<br />
- Unterhaltung mit Musikkapelle <strong>und</strong><br />
Alphornbläsern<br />
SONNTAG, 16. SEPTEMBER<br />
NESSELWÄNGLE IM TANNHEIMER TAL<br />
14 Uhr, Festzelt beim Feuerwehrhaus, ca.<br />
100 Tiere<br />
- Ab 11 Uhr Frühschoppen mit musikali<br />
scher Unterhaltung<br />
- Livemusik mit dem »Riedberg Quintett«<br />
- Hüpfburg für Kinder, bei Bedarf ist das<br />
Festzelt beheizt<br />
MONTAG, 17. SEPTEMBER<br />
HALBLECH-BUCHING<br />
9.30 Uhr, Festplatz in Buching, ca. 30 Tiere<br />
- Traditioneller Viehmarkt mit Handel <strong>und</strong><br />
Handschlag auf dem Festplatz (kein <strong>Viehscheid</strong>!)<br />
- Krämermarkt <strong>und</strong> Festzeltbetrieb<br />
mit Blasmusik<br />
- Einzug des geschmückten Viehs<br />
um 9.30 Uhr<br />
- Als Besonderheit sind in Buching<br />
alle Tiere geschmückt<br />
- Buchinger Herbstfest am<br />
15. <strong>und</strong> 16. September<br />
NESSELWANG<br />
10 Uhr, Parkplatz Alpspitzbahn, ca. 100 Tiere<br />
- Umrahmung durch das Nesselwanger<br />
Herbstfest mit Umzug, Bieranstich <strong>und</strong><br />
Brauchtumsabend am 15. <strong>und</strong> 16.<br />
September<br />
- Abends <strong>Viehscheid</strong>-Hoigarte mit den<br />
»Allgäuer Bergvagab<strong>und</strong>en« im Festzelt<br />
DIENSTAG, 18. SEPTEMBER<br />
WERTACH<br />
9 Uhr, zwischen Getränkemarkt <strong>und</strong> Wertstoffhof,<br />
ca. 700 Tiere<br />
- Gilt als einer der ältesten <strong>Viehscheid</strong>e im<br />
Allgäu<br />
- Rinder von den Alpen Sorg I <strong>und</strong> II, Untere<br />
Reuterwanne, Untere Bichleralp,<br />
Schnitzlertalalp, Vordere Köllealp<br />
- Umrahmung durch Wertacher Herbstfest<br />
mit Krämermarkt, Alphornblasen, Maibaumversteigerung<br />
- 17. bis 21. September: Ausstellung »Wertacher<br />
Alpen« in der Tourist-Info Wertach<br />
(am <strong>Viehscheid</strong>tag durchgehend geöffnet)<br />
54<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
MITTWOCH, 19. SEPTEMBER<br />
BOLSTERLANG<br />
10 Uhr, Parkplatz vorm Dorflift, ca. 650<br />
Tiere<br />
- Uriger <strong>Viehscheid</strong> nach alter Tradition<br />
- Das Vieh der Bolsterlanger Alpen - Gasse<br />
<strong>und</strong> Hintereck, Zunkleiten, Bolgen <strong>und</strong><br />
Ornach wird vom jeweiligen Standort am<br />
Berg hinunter in den Ort getrieben<br />
RIEZLERN IM KLEINWALSERTAL (A)<br />
8 Uhr, Breitachbrücke in Riezlern (Parkplatz<br />
P5), ca. 700 Tiere<br />
- Kleiner Bauernmarkt mit<br />
landwirtschaftlichen Artikeln<br />
- Rahmenprogramm mit Live-Musik<br />
- Ab 20 Uhr Scheidball mit Live-Musik <strong>und</strong><br />
Schellenverlosung<br />
OY MITTELBERG-HASLACH<br />
AM GRÜNTENSEE<br />
11 Uhr, am Feuerwehrhaus Haslach, ca. 100<br />
Tiere<br />
- Viehzug mitten durchs Festzelt<br />
Vier jung-dynamische Köche zaubern für sie mit<br />
Leidenschaft Spezialitäten aus der Allgäuer Region <strong>und</strong><br />
saisonale Köstlichkeiten – auch vegetarisch & vegan.<br />
Lassen Sie sich im alten Gewölbe verwöhnen oder<br />
genießen Sie in unserem Schlossgarten.<br />
*Der Schlosskeller bietet die perfekte Eventlocation<br />
für ihre Feier bis 80 Personen.*<br />
Marktstraße 9 | 87541 Bad Hindelang<br />
Tel. 0 8324 - 97 38 481<br />
www.schlosskeller-hindelang.de<br />
FREITAG, 21. SEPTEMBER<br />
TANNHEIM IM TANNHEIMER TAL<br />
12.30 Uhr, Parkplatz der Tannheimer Lifte,<br />
ca. 650 Tiere<br />
- Ab 11 Uhr Livemusik im Festzelt<br />
- 20 Uhr Ehrung der Älpler mit<br />
Schellenübergabe<br />
OBERSTAUFEN-THALKIRCHDORF<br />
9 Uhr, Talstation des Schwandliftes, ca. 700<br />
Tiere<br />
OBERSTDORF (RIED, OYBELE, FISCHEN)<br />
9 Uhr, r<strong>und</strong> um Oberstdorf<br />
- Geheimtipp: Am sogenannten »Matthäusdag«<br />
findet der Alpabtrieb der Oberstdorfer<br />
Sennalpen statt, die an unterschiedlichen<br />
Orten geschieden werden<br />
- Informationen bei der Tourismusinformation<br />
Oberstdorf (Tel. 08322 7000)<br />
SAMSTAG, 22. SEPTEMBER<br />
MISSEN<br />
9.30 Uhr, am Freibad, ca. 400 Tiere<br />
- Um 14 Uhr werden unter den Hirten die<br />
neuen Schellen ausgewürfelt <strong>und</strong> der<br />
Trachtenverein »d’ Bergstätter Börlas« tritt<br />
in unterschiedlichen Besetzungen auf<br />
- Ab 19 Uhr Stimmung <strong>und</strong> Unterhaltung<br />
im Feststadel<br />
OBERMAISELSTEIN<br />
9 Uhr, Festplatz, Dorfmitte, ca. 1200 Tiere<br />
- Einer der größten <strong>Viehscheid</strong>e im Allgäu<br />
- Alpvieh von 11 Alpen<br />
SAMSTAG, 29. SEPTEMBER<br />
HALDENWANG<br />
10 Uhr, Neubaugebiet Haldenwang, ca. 110<br />
Tiere von der Alpe Berg<br />
MITTWOCH, 3. OKTOBER<br />
MEMHÖLZ-HUPPRECHTS<br />
11 Uhr, Hupprechts am Niedersonthofener<br />
See, ca. 40 Tiere<br />
- Alljährlich am 3. Oktober <strong>und</strong> damit der<br />
letzte <strong>Viehscheid</strong> im Allgäu<br />
- Der kleine <strong>Viehscheid</strong> ist besonders bei<br />
Kindern sehr beliebt, da neben dem Jungvieh<br />
auch die Ziegen <strong>und</strong> das Pony mit ins<br />
Tal ziehen dürfen<br />
- Bei jedem Wetter bewirten die Musik -<br />
kapelle Memhölz <strong>und</strong> die Alphornbläser,<br />
die natürlich auch spielen<br />
Änderungen vorbehalten.<br />
Kulinarischer Hochgenuss<br />
im Bergdorf Bad Hindelang!<br />
Ostrachtaler<br />
Käsestube<br />
100% Alpgenuss<br />
•Schöne Auswahl von naturgereiftem<br />
Heumilch käse, Schinken- <strong>und</strong><br />
Wildspezialitaẗen (mit Gratisverkostung).<br />
•Partykäseplatten für alle Anlässe.<br />
•Handgefertigte Produkte des heimischen<br />
Modelabels „meinsdeinssein“ <strong>und</strong> der<br />
Holzwerksatt Hirsch.<br />
• Edle Tropfen vom Weinoutlet „vino et veritas“.<br />
•Im Sommer sonntags Kuchen- <strong>und</strong> Brotzeit -<br />
terrasse geöffnet. Waldhör-Torten & Kuchen<br />
zum Mitnehmen!<br />
Oberer Buigenweg 1 | 87541 Bad Hindelang<br />
Tel. 08324 - 62 49 894<br />
www.kaesehaus-allgaeu.de<br />
facebook.com/Kaese.Hindelang
ALPE SPEZIAL<br />
AUF SCHUSTERS RAPPEN<br />
ZU DEN ALLGÄUER GOLDMACHERN<br />
Höhenluft schnuppern, goldenen Bergkäse kosten <strong>und</strong> die nackten<br />
Füße im Flusswasser kühlen. Klingt gut? Dann haben wir hier einen<br />
ausgezeichneten Wandervorschlag für Sie. Höhepunkt sind zwei<br />
Sennalpen, an denen man unbedingt Rast machen sollte.<br />
Wir wandern an die<br />
»Quelle« des würzigen<br />
Allgäuer Bergkäses – als<br />
erstes vom Mittaggipfel<br />
zur Sennalpe Oberberg<br />
56<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Fotos: Viola Elgaß, Dominik Ultes<br />
Unsere Wanderung beginnt an der<br />
Bergstation des Mittags. Am<br />
schnellsten ist man mit der Sesselbahn<br />
von Immenstadt aus oben, Hartgesottene<br />
können den Anstieg auch selbst in<br />
Angriff nehmen, dann müssen jedoch zwei<br />
bis drei St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 700 Höhenmeter mehr<br />
eingeplant werden. Oben angelangt, führt<br />
unser Weg stets bergab. Wir statten den Sennalpen<br />
Oberberg <strong>und</strong> Derb, auf denen leckerer<br />
Bergkäse produziert wird, einen Besuch<br />
ab. Im Anschluss steigen wir über den Haldertobel<br />
hinab nach Blaichach <strong>und</strong> wandern<br />
an der Iller entlang zurück nach Immenstadt.<br />
ZUR ALPE OBERBERG<br />
Auf der großen Aussichtsplattform an der<br />
Bergstation herrscht oft reger Trubel. Viele<br />
Tourengeher nutzen die Mittagbahn, um<br />
ohne große Anstrengung den Berg zu »erschweben«<br />
<strong>und</strong> wandern von dort auf verschiedensten<br />
Wegen weiter. Sehr beliebt sind<br />
beispielsweise Touren über die Nagelfluh -<br />
kette, die über mehrere Gipfel bis nach Vorarlberg<br />
führt. Dieser Weg erfordert jedoch<br />
einiges an Kondition <strong>und</strong> vor allem Schwindelfreiheit.<br />
Heute Vormittag scheint die dichte Nebeldecke,<br />
die nur wenige Meter unterhalb der<br />
Bergstation bis ins Tal hängt, die meisten<br />
Wanderer abgeschreckt zu haben. So können<br />
wir ungestört von den großen Sitzbänken<br />
aus den Blick ins wolkenverhangene Tal genießen,<br />
ehe wir zur Alpe Oberberg, idyllisch<br />
auf 1305 Metern gelegen, aufbrechen. Knapp<br />
eine Viertelst<strong>und</strong>e läuft man auf dem Kiesweg,<br />
der direkt am Aussichtspunkt beginnt.<br />
Vor 20 Jahren wurde die Alpe, erbaut im Jahr<br />
1875, über diesen Zufahrtsweg erschlossen.<br />
Seither ist sie ein beliebter Einkehrpunkt für<br />
Sesselbahnfahrer <strong>und</strong> Bergsteiger. Gr<strong>und</strong><br />
dafür ist wohl auch der köstliche Bergkäse.<br />
R<strong>und</strong> 30 Milchkühe verbringen den <strong>Alpsommer</strong><br />
hier <strong>und</strong> werden regelmäßig gemolken.<br />
Per Kübel <strong>und</strong> Handwagen wird die<br />
Milch in den Käsekeller transportiert, wo<br />
der junge Senn Sebastian Beck sie zu köstlichem<br />
R<strong>und</strong>käse verarbeitet. Seine Familie<br />
bewirtschaftet die Alpe Oberberg in fünfter<br />
Generation. Die Käserei kann man auf Anfrage<br />
auch besichtigen: »Mir ist wichtig, dass<br />
die Leute verstehen, wie viel Arbeit hinter<br />
einem einzigen Laib Käse steckt«, erzählt<br />
Sebastian Beck. Besuchern beantwortet er<br />
daher gerne Fragen – meist bleibt ihm jedoch<br />
kaum Zeit, sich gemütlich auf einer der<br />
Bierbänke niederzulassen. Zuviel Arbeit<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 57
ALPE SPEZIAL<br />
Tourdaten:<br />
Strecke: 10 km<br />
Dauer: 3 Std.<br />
Schwierigkeit: mittel<br />
Höhendifferenz: 700 m<br />
Mittagbahn<br />
Talstation<br />
Inselsee<br />
Blaichach<br />
Sebastian Beck verarbeitet Milch zu feinem Käse. Wer<br />
von seiner Alpe weiter zur Alpe Derb gehen möchte,<br />
muss sich auf einen steilen Abstieg gefasst machen<br />
Bergstation Mittagbahn<br />
Sennalpe Derb<br />
Sennalpe Oberberg<br />
wartet auf den Käser. Wir lassen uns von seiner<br />
Mutter Gudrun Beck – der guten Seele<br />
der Gastwirtschaft – ein paar h<strong>und</strong>ert<br />
Gramm Käse abpacken, ehe wir über die<br />
grüne Weide unterhalb der Berghütte weiterziehen.<br />
Ein Wegweiser verspricht, dass<br />
wir in einer halben St<strong>und</strong>e die Sennalpe<br />
Derb erreichen.<br />
ZU GAST BEI FAMILIE MÖSLANG<br />
Gleich hinter dem Schweinestall der Becks<br />
geht es in den Bergwald hinein. Bei dem<br />
Anblick, der sich uns bietet, wird klar, dass<br />
wir eventuell ein paar Minuten länger brauchen<br />
werden. Der ausgetretene Pfad,<br />
zwischen Baumstämmen <strong>und</strong> Wurzelwerk<br />
steil hinabführend, erfordert konzentrierte<br />
Trittsicherheit. Eltern sollten ihre Sprösslinge<br />
gut im Auge behalten, denn auch mit<br />
guten Trekkingschuhen ist man an der einen<br />
oder anderen Stelle schnell weggerutscht.<br />
Wanderstöcke sind an dieser Stelle<br />
empfehlenswert.<br />
Auf dieser Steilpassage wandelt man jedoch<br />
nur ein paar h<strong>und</strong>ert Meter. Der knorrige<br />
Bergwald lichtet sich zu einem leuchtend<br />
grünen Jungwald, ehe wir ein Weidegatter<br />
erreichen. Dahinter wartet eine Weide mit<br />
Findlingen aus Nagelfluh. Wir gehen bergab<br />
zur Alpe Gschlief, auch Schleifalpe genannt.<br />
Sie wurde 1967 neu erbaut, wie ein kleines<br />
Holzschild unterhalb des Daches anzeigt,<br />
bietet jedoch keine Einkehrmöglichkeit. Auf<br />
1040 Metern befinden wir uns nun. Unser<br />
Pfad hat zu einem breiten Kiesweg geführt,<br />
dem wir nun weiter hinunter folgen.<br />
Ein langgezogenes Muhen verrät, dass wir<br />
der Alpe Derb auf 910 Metern ganz nah sind.<br />
Tatsächlich wird sie nach dem Überqueren<br />
eines kleinen Bächleins sichtbar. Ein Teil der<br />
blauen Sonnenschirme ist aufgespannt, auf<br />
dem kleinen Spielplatz vor der Hütte tollen<br />
Kinder herum. Als wir uns nähern, wird gerade<br />
ein Tisch frei – Glück gehabt, denn<br />
heute ist viel los. Besonders zünftig geht<br />
es an lauen Sommerabenden im Juli <strong>und</strong><br />
August zu, dann gibt es jeden Donnerstag<br />
ab 18 Uhr einen Dämmerschoppen mit<br />
Live-Musik. Im Augenblick machen nur die<br />
bimmelnden Kuhglocken Musik. Die Gäste<br />
erfreuen sich an kaltem Bier <strong>und</strong> einer deftigen<br />
Mahlzeit. Wir bestellen die Brotzeit<br />
»mit allem«. Auch auf diesem Brotzeitbrett<br />
stammen Käse <strong>und</strong> Butter direkt von den 15<br />
WAS IST EINE (SENN-)ALPE?<br />
Im Allgäu bezeichnet die »Alpe« eine Berghütte,<br />
in der ein Hirte während des Bergsommers lebt,<br />
während auf den Alpweiden ringsherum das (in der<br />
Regel noch keine Milch gebende) Jungvieh sömmert.<br />
Viele Alpen sind heute bewirtet <strong>und</strong> bieten Gästen<br />
Unterkunft, als Nebenerwerb zur Landwirtschaft.<br />
Auf Sennalpen werden die Kühe gemolken <strong>und</strong> die<br />
Milch vor Ort verarbeitet.<br />
Milchkühen, die ein paar Meter weiter grasen.<br />
Die anderen Zutaten stammen aus der Region,<br />
wie die Älplerfamilie betont. Vor etwa 20<br />
Jahren haben Herbert <strong>und</strong> Helga Möslang<br />
die Alpe Derb am Reuteweg zwischen Ettensberg<br />
<strong>und</strong> Gunzesried zur Sennalpe umgebaut.<br />
Die urgemütliche Berghütte gaben<br />
die beiden im Jahr 2013 in die Hände von<br />
Sohn Frank <strong>und</strong> dessen Frau Martina.<br />
KÄSEGRUSS PER POST<br />
Etwas Besonderes hat sich das Paar für die<br />
Gäste einfallen lassen, die ihren Liebsten<br />
58<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Die Alpe Derb liegt in<br />
traumhafter Lage mitten<br />
in der Allgäuer Bergwelt.<br />
Zur Brotzeit gibt es nur<br />
regionale Zutaten<br />
(oder sich selbst) einen duften Gruß nach<br />
Hause schicken möchten. Ihren Sennalp -<br />
käse, der seit Jahren bei der Käseprämierung<br />
des alpwirtschaftlichen Vereins ausgezeichnet<br />
wird, kann man sich auf Anfrage, auch<br />
telefonisch, bequem nach Hause schicken<br />
lassen. Man muss halt mit der Zeit gehen!<br />
Auch für uns wird es Zeit – gestärkt <strong>und</strong><br />
nicht ohne von dem selbstgebackenen Kuchen<br />
gekostet zu haben, brechen wir auf.<br />
Nach wenigen Metern erreichen wir eine<br />
Fahrstraße <strong>und</strong> parkende Autos – aus dieser<br />
Richtung ist die Sennalpe Derb nämlich für<br />
diejenigen, die sich mit dem Gehen schwertun,<br />
in wenigen Schritten erreichbar.<br />
Fre<strong>und</strong>lich grüßend kommt uns eine ältere<br />
Dame mit Rollator entgegen. Ob die Alpe<br />
schon geöffnet habe, möchte sie wissen. Ihr<br />
Sohn parkt gerade das Auto. Die beiden wollen<br />
nur schnell »an Bärlauchkäs für dahoim<br />
holen«.<br />
IMMER DEN ROHREN FOLGEN<br />
Unser Plan ab hier war eigentlich, über den<br />
Forstwirtschaftsweg Schloßberg nach Blaichach<br />
zu wandern, als uns ein einladendes<br />
Wasserrauschen <strong>und</strong> ein Schild, das zum<br />
Leder Bensmann<br />
„Die Lederhose“<br />
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Der Film von allgäu.tv<br />
direkt unter www.kb-leder.de<br />
Ostrachstraße 38<br />
87541 Bad Hindelang<br />
Önungszeiten:<br />
Di - Fr 10.00 - 17.00 Uhr<br />
Sa 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Tel. 0 83 24 - 95 39 702<br />
www.kb-leder.de<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 59
ALPE SPEZIAL<br />
INFOS & ÖFFNUNGSZEITEN:<br />
www.mittagbahn.de<br />
www.alpe-oberberg.de<br />
www.alpe-derb.de<br />
Zum Schluss der Tour gibt’s eine Abkühlung für die Füße.<br />
Noch nicht im Haldertobel, aber ab Blaichach, wenn man<br />
entlang der Iller nach Immenstadt zurückkehrt<br />
TIPP:<br />
Am Inselsee zwischen Blaichach <strong>und</strong> Immenstadt<br />
kann man nicht nur baden gehen. Drei Wakeboard<strong>und</strong><br />
Wasserskilifte garantieren rasante Fahrten<br />
über die Wasseroberfläche. Von Mitte Juni bis<br />
Ende August steht nachmittags ein Übungslift zur<br />
Verfügung. Wasserscheue finden derweil im Café<br />
Inselsee Zuflucht. www.inselsee-allgaeu.de<br />
»Stausee Blaichach« weist, innehalten lässt.<br />
Die Verlockung ist zu groß – wir steigen<br />
rechts in den Haldertobel hinunter. Schon<br />
nach ein paar Minuten leuchtet uns in hellem<br />
Türkis der Stausee, den die Firma Bosch zur<br />
Energiegewinnung nutzt, entgegen.<br />
Nachdem wir den Anblick eine Weile genossen<br />
haben, folgen wir dem Tobelweg nach<br />
links hinter den Staudamm. Unterhalb verlaufen<br />
moosgrüne Rohre am Flussbett entlang.<br />
Ein faszinierender Kontrast zwischen<br />
menschlicher Nutzung <strong>und</strong> Natur. Nach wenigen<br />
Minuten lassen wir das Gewässer schon<br />
wieder hinter uns <strong>und</strong> steigen aus dem Tobel<br />
heraus. Der Schloßbergweg (puh, wir sind<br />
noch richtig) führt an wenigen Wohnhäusern<br />
vorbei zur Robert Bosch GmbH – wir haben<br />
Blaichach erreicht. Wir halten uns links <strong>und</strong><br />
laufen auf dem Gehweg neben der befahrenen<br />
Sonthofener Straße entlang. Aber nur für<br />
etwa 100 Meter. Dann queren wir die Straße<br />
an der Fußgängerampel <strong>und</strong> schlendern zum<br />
Blaichacher Bahnhof.<br />
Hier ergibt sich die Gelegenheit, mit der<br />
Bahn zurück nach Immenstadt zu fahren.<br />
Die Züge fahren im St<strong>und</strong>entakt, die Fahrt<br />
dauert nur fünf Minuten <strong>und</strong> kostet pro Person<br />
weniger als zwei Euro. So entgeht einem<br />
jedoch die Möglichkeit, die warmgelaufenen<br />
Füße aus den Wanderstiefeln zu befreien<br />
<strong>und</strong> in herrlich kühles Flusswasser zu tauchen.<br />
Wen der Gedanke reizt <strong>und</strong> vier weitere<br />
Kilometer nicht schrecken, der geht den<br />
Bahnhofweg weiter <strong>und</strong> quert nach ein paar<br />
Metern die Gleise.<br />
DIE ILLER FÜHRT NACH IMMENSTADT<br />
Dem Weg links folgend, geht es zwischen den<br />
Gleisen linkerhand <strong>und</strong> dem Siegelsee zur<br />
Rechten entlang. So erreicht man bald den<br />
Iller-Radweg, eine beliebte Strecke für Wanderer,<br />
Jogger <strong>und</strong> natürlich Radler. Hier zweigen<br />
immer mal wieder kleine Pfade rechts ab<br />
<strong>und</strong> führen an die kiesigen Ufer der Iller. Wer<br />
Badesachen dabei hat, braucht sie hier noch<br />
nicht auszupacken – denn dazu lädt der Inselsee<br />
ein, der zwischen Blaichach <strong>und</strong> Immenstadt<br />
liegt. Ansonsten folgt man dem<br />
Uferweg bis zur Brücke zwischen Immenstadt<br />
<strong>und</strong> Rauhenzell. Man überquert sie<br />
nicht, sondern hält sich links <strong>und</strong> überquert<br />
die Straße am Fußübergang des Verkehrskreisels.<br />
Ab hier geht es zunächst in Richtung<br />
des Immenstädter Zentrums <strong>und</strong> dann zur<br />
Talstation der Mittagbahn beziehungsweise<br />
zum Parkplatz zurück. • Viola Elgaß<br />
60<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
VIEHSCHEID<br />
MAIERHÖFEN<br />
mit der längsten Alpabtriebsstrecke im Allgäu<br />
14.09. – 16.09.<strong>2018</strong><br />
Am Freitag, 14.09.18 ab 20.00 Uhr Auftakt zum <strong>Viehscheid</strong><br />
mit der bekannten Wasenband „Lederrebellen”<br />
Am Samstag, 15.09.18<br />
- um ca. 11.30 Uhr Eintreffen des Alpzuges<br />
(ca. 200 Tiere) auf dem Scheidplatz,<br />
musikalische Untermalung<br />
- ab 9.00 Uhr Regionalmarkt r<strong>und</strong> um das Festzelt<br />
- ab 10.00 Uhr Festzeltbetrieb<br />
mit der Musikkapelle Maierhöfen<br />
- um 20.00 Uhr Allgäuer Heimatabend<br />
mit dem Trachtenverein „D´Ibergler“,<br />
„Goißenschnalzern“ <strong>und</strong> den Alphornbläsern<br />
aus Maierhöfen, danach Tanz- <strong>und</strong> Stimmungsmusik<br />
mit den „Allgäu-Feagern“<br />
Am Sonntag, 16.09.18<br />
- ab 10.00 Uhr Zeltgottesdienst mit den<br />
„Thaler Jodlern“, anschließend Frühschoppen<br />
mit der Musikkapelle Maierhöfen<br />
- 12.30 Uhr: Kinderfest mit Wettspielen auf dem Festplatz<br />
- 12.00 - 15.00 Uhr Schellenwürfeln<br />
- 14.00 Uhr: Unterhaltung <strong>und</strong> Stimmung<br />
mit „Schwarzwurstblech“<br />
FERIENCLUB MAIERHÖFEN – VIEHSCHEIDTAGE <strong>2018</strong><br />
Erleben Sie das jährliche Highlight im Ferienclub Maierhöfen mit einem umfangreichen Rahmenprogramm<br />
gepaart mit gelebter Tradition <strong>und</strong> Brauchtum in Mitten einer w<strong>und</strong>ervollen Natur.<br />
Enthaltene Leistungen:<br />
2 x Übernachtung im Bungalow<br />
2 x reichhaltiges Frühstück vom Buffet<br />
1 x Allgäuer Abendbuffet mit regionalen Gerichten<br />
am Anreisetag mit einem Heuschnaps<br />
Tägliche Nutzung des Erlebnisbades <strong>und</strong> GEWSpielparadies<br />
Nebenkosten <strong>und</strong> Endreinigung inklusive<br />
Preis pro Person ab 109 Euro im Bungalow Löwenzahn<br />
Weitere Bungalows auch für Familien auf Anfrage!<br />
Stockach 1 | 88167 Maierhöfen | Tel. 08383/9 22 00 | Fax 08383/9 22 0307<br />
www.ferienclub-maierhoefen.de | info@ferienclub-maierhoefen.de
HANDWERK<br />
GLÜCK HAT,<br />
WER EINEN KORB BEKOMMT<br />
Mit Plastiktüte zum Einkaufen? Unvorstellbar für Annette Rehle. Sie ist<br />
eine Meisterin im Korbflechten. Ihre Erfahrung mit dem biegsamen<br />
Flechtwerk gibt sie gerne an andere Menschen weiter.<br />
62<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Tief gebeugt sitzt Annette Rehle über<br />
dem breit gefächerten Flechtwerk,<br />
das später ein mittelgroßer Korb<br />
werden soll. Flink tanzen ihre Finger um die<br />
biegsamen Äste. An der Wand hinter ihr lehnen<br />
zusammengeb<strong>und</strong>ene Weidenbüschel,<br />
nach Größe sortiert. »Früher«, wendet sie<br />
sich an die vier Kursteilnehmer, die im Kreis<br />
um sie herumstehen, »haben die Bauern<br />
Weiden angepflanzt, um im Winter Körbe<br />
zu flechten.« Diese seien damals unverzichtbar<br />
gewesen. Man bewahrte in ihnen Feuerholz<br />
auf oder befestigte sie an sogenannten<br />
Kraxen, Holzgestellen, die auf den Rücken<br />
geschnallt wurden, um Waren von den<br />
Höfen ins Tal zu bringen.<br />
Heutzutage haben günstige Plastikprodukte<br />
vielen Korbwaren den Rang abgelaufen.<br />
Aber Annette Rehle sieht nicht schwarz für<br />
ihr Schaffen. Immer mehr Menschen erinnern<br />
sich an alte Handwerke <strong>und</strong> möchten<br />
sie erlernen. Die Freude, mit den eigenen<br />
Händen etwas hervorbringen zu können,<br />
gibt die 56-Jährige deshalb in Kursen weiter.<br />
Bis zu sechs Interessierte unterrichtet sie in<br />
zweitägigen Schulungen: »Mehr gehen leider<br />
nicht, da ich mich jedem Einzelnen widmen<br />
<strong>und</strong> ihn bei seiner ersten Flechtarbeit<br />
begleiten möchte.« Neben den Kursen stellt<br />
sie in ihrem Atelier »Natur in Form« in<br />
Ettensberg bei Blaichach Korbwaren in allen<br />
Größen <strong>und</strong> den verschiedensten Techniken<br />
her, um sie im angrenzenden Laden zu verkaufen.<br />
WEIDE IN HAUS UND GARTEN<br />
Zwei der heutigen Kursteilnehmer in der<br />
kleinen Werkstatt sind Benedikt Moser <strong>und</strong><br />
seine Fre<strong>und</strong>in. Das Paar kommt aus dem<br />
Kleinwalsertal. Auf die Korbflechterin aufmerksam<br />
geworden sind die beiden auf<br />
einem Christkindlmarkt im vergangenen<br />
Jahr, daraufhin haben sie sich den Kurs<br />
gegenseitig zu Weihnachten geschenkt. Als<br />
junger Architekt interessiert sich Benedikt<br />
besonders für die Einsatzmöglichkeiten von<br />
Weide an Gebäuden <strong>und</strong> in Gärten: »Es ist<br />
spannend zu sehen, wie Frau Rehle Weidenruten<br />
im Garten als Sichtschutz <strong>und</strong> im Bau<br />
als schmückendes Element einsetzt.«<br />
Bei der Kreation ihrer großen Flechtwerke<br />
nutzt die Meisterin des alten Berufs fre<strong>und</strong>schaftliche<br />
Kontakte zu Gärtnern, Töpfern<br />
<strong>und</strong> Holzhandwerkern <strong>und</strong> erstellt mit ihnen<br />
Pläne, wie sich Weide mit modernen<br />
Bauwerken in Einklang bringen lässt. Ihre<br />
Flechtstücke kommen etwa im Wasserschutz<br />
bei der Befestigung von Ufern <strong>und</strong> als<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 63
HANDWERK<br />
Weidezäune <strong>und</strong> geflochtene Tore für den Garten sind<br />
häufige Auftragsarbeiten der Flechtwerkgestalterin<br />
Windschutz entlang von Spielplätzen zum<br />
Einsatz. Sie arbeitet auch mit Schreinern<br />
zusammen, die auf die unterschiedlichste<br />
Weise Korbwaren in Möbel einarbeiten.<br />
INSPIRATION AUS DEM MITTELALTER<br />
»Im Garten <strong>und</strong> Gartenbau kann ich meine<br />
Fantasie – wenn man mich lässt – so richtig<br />
ausspielen«, begeistert sich Annette Rehle<br />
als Planerin. »Ich orientiere mich gerne am<br />
Mittelalter, als sich die Menschen an Laubengängen,<br />
Portalen <strong>und</strong> gar kleinen Häu-<br />
sern aus Flechtwerk erfreuten.« Da Weide<br />
sich überall als preiswertes Produkt gewinnen<br />
lässt, wurde in früheren Zeiten viel<br />
Mobiliar aus Weidengeflecht hergestellt.<br />
»Die weißgeschälten Ruten verwende ich<br />
nicht, da der Aufwand, die Rinde abzuschälen<br />
zu groß ist. Weiße Körbe wurden hingegen<br />
früher oft für die Wäsche der edlen<br />
Herrschaften verwendet«, weiß die gebürtige<br />
Immenstädterin. Viel Werkzeug braucht<br />
die Flechtwerkgestalterin nicht. Einige Zangen<br />
liegen auf der Werkbank, in einer Was-<br />
serwanne werden die Ruten vor dem Flechten<br />
eingeweicht. Ihr wichtigstes Arbeitsmittel<br />
sind die Hände – Kraft in den Fingern ist<br />
wichtig beim Flechten.<br />
EIN NATÜRLICHER WERKSTOFF<br />
Die Arbeit an einem Korb oder an einem<br />
anderen Werkstück ist für die Künstlerin<br />
auch immer eine meditative Erfahrung: »Ich<br />
liebe diesen Werkstoff aus der Natur. Er ist<br />
nicht nur ein Material, mit dem ich meinen<br />
Lebensunterhalt verdiene – er vermittelt mir<br />
REDENSART: »EINEN KORB GEBEN«<br />
Wer eine Bitte abschlägt oder dem/der Liebsten eine Abfuhr erteilt,<br />
der »gibt dem anderen einen Korb«. Die Herkunft dieser Redensart<br />
wird in mehreren alten Texten so erklärt: Bei mittelalterlichen<br />
Burgfräulein war es Sitte, den heimlichen Liebhaber nachts in<br />
einem Korb zum Fenster heraufzuziehen. Auch wird erzählt, dass<br />
ebendiese Damen einem unerwünschten oder in Ungnade<br />
gefallenen Verehrer gerne mal einen Korb mit gelockertem Boden<br />
hinabschickten – der Freier kam dann recht schnell auf den Boden der<br />
Tatsachen zurück. Dieser Brauch schien bald so salonfähig geworden sein,<br />
dass es ausreichte, dem lästigen Bew<strong>und</strong>erer einen kleinen Korb ohne Boden<br />
zukommen zulassen – sodass er die Botschaft auch ohne gebrochenes Steißbein verstand.<br />
64<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Im Atelier in Blaichach-Ettensberg<br />
verkauft Annette Rehle ihre Werke<br />
ein sehr ursprüngliches Schaffen mit den<br />
Händen.« Weide ist ein Naturprodukt, das<br />
hohe ökologische Werte hat. »Im Frühjahr<br />
sind die Blütenstände dieser Gewächse erste<br />
Nahrung für Bienen <strong>und</strong> andere Insekten.<br />
Das Material stammt aus der Region, es ist<br />
sehr lange haltbar, bedarf keiner langen Lieferwege<br />
<strong>und</strong> letztendlich baut es sich ohne<br />
Rückstände ab.«<br />
Weidenbäume findet die Flechtkünstlerin in<br />
ihrem Garten hinter dem Atelier, an Bachläufen<br />
<strong>und</strong> Seen im gesamten Oberallgäu.<br />
Die Landwirte, die sie einst gepflanzt haben,<br />
flechten keine Körbe mehr. Sie geben gerne<br />
die Genehmigung, die Schösslinge abzuschneiden,<br />
weil so die Bäume gepflegt werden<br />
<strong>und</strong> im Lauf der Jahre das typische Bild<br />
der Kopfweide erhalten bleibt.<br />
Beim Flechten auf die Finger schauen lässt<br />
sich Annette Rehle am 23. <strong>und</strong> 24. Juni <strong>2018</strong><br />
von 10 bis 18 Uhr. Da bietet sie auf einer Gartenausstellung<br />
r<strong>und</strong> um ihr Atelier zusammen<br />
mit anderen Handwerkern ihre Körbe<br />
feil. • Thomas Niehörster/Viola Elgaß<br />
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Um ihr Handwerk künftig am Leben zu erhalten, gibt Annette<br />
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Fotos: Thomas Niehörster, Annette Rehle<br />
Überall auf der Welt haben Menschen seit jeher Körbe <strong>und</strong><br />
andere Gefäße aus Pflanzen hergestellt<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 65
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Besser kann Urlaub nicht schmecken!<br />
»Von den Alpen bis zum Bodensee«<br />
lautet das Motto, das die Käsestraße<br />
prägt. Auf einer Strecke von über 220<br />
Kilometern zieht sie sich durch die<br />
Landschaft zwischen Oberstaufen,<br />
Scheidegg, Lindau, Wangen <strong>und</strong> Isny.<br />
Die Allgäuer Käsestraße verbindet<br />
dabei handwerklich arbeitende Sennereien,<br />
bäuerliche Direktvermarkter <strong>und</strong><br />
Hofläden, aber auch die Westallgäuer<br />
Ferienorte mit ihren gemütlichen Gaststätten<br />
<strong>und</strong> Unterkünften.<br />
Entlang des Weges warten die Heumilch-Sennereien<br />
mit zahlreichen Käsespezialitäten<br />
auf. Was aber ist das<br />
Besondere an dieser Allgäuer »Heumilch«?<br />
Die Antwort liegt in der Ernährung<br />
der Milchkühe.<br />
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7.30 – 11.30 Uhr<br />
16.00 – 19.00 Uhr<br />
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7.30 – 11.30 Uhr<br />
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Tel. 07562/912700 | Fax 07562/912701<br />
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NATUR<br />
WHO IS WHO<br />
BEI DER KUH<br />
Im Allgäu sind alle Rinder braun – oder doch nicht? Tatsächlich<br />
haben sich mittlerweile viele »Ausländer« unter die Herden gemischt.<br />
Schwarz, scheckig oder mit Locken: Kuck mal, wer da muht.<br />
68<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Sie können jeden Allgäuer fragen: Das Braunvieh ist die<br />
Königin der Alpen. Doch sie bekommt bunte Konkurrenz<br />
Vom Wildtier zum Nutztier: Rinder<br />
besitzen seit jeher Eigenschaften, die<br />
von großem Wert für Menschen<br />
sind. Natürlich dauerte es nicht lange, bis das<br />
unseren Vorfahren aufgefallen ist. Daher begannen<br />
sie schon vor tausenden von Jahren<br />
damit, wilde Herden einzufangen, zu zähmen<br />
<strong>und</strong> in ihre Obhut zu nehmen. Diese<br />
frühen Hausrinder gehen auf das Ur-Rind,<br />
den Auerochsen zurück. Das vermutlich<br />
letzte Exemplar dieser ehemals weit verbreiteten<br />
Wildform starb im Jahre 1627.<br />
Im Verlauf der »Domestikation« vermehrten<br />
sich eingefangene Wildtiere <strong>und</strong> veränderten<br />
von Generation zu Generation ihre Lebensgewohnheiten.<br />
Doch auch der Mensch passte<br />
sich an. Wer Rinder (oder auch Schweine,<br />
Pferde oder Schafe) besaß, kam zu Fleisch<br />
<strong>und</strong> Leder, ohne auf die Jagd zu gehen.<br />
Unsere Ahnen mussten nicht mehr den Herden<br />
hinterher ziehen. Jäger <strong>und</strong> Sammler<br />
wurden sesshaft. Das Zeitalter der Viehzucht<br />
<strong>und</strong> des Ackerbaus begann.<br />
DER URSPRUNG ALLER RASSEN<br />
Erst im Jahr 2012 haben Mainzer Anthropologen<br />
gemeinsam mit französischen <strong>und</strong><br />
englischen Kollegen herausgef<strong>und</strong>en, wie<br />
erstaunlich klein die »Quelle« ist, der alle<br />
uns heute bekannten Rinderrassen einst<br />
entsprungen sind. Ihrer genetischen Studie<br />
zufolge stammen unsere Hausrinder von<br />
lediglich 80 wilden Auerochsen ab, die vor<br />
ungefähr 10.500 Jahren im Nahen Osten<br />
domestiziert wurden.<br />
»Die Auerochsen sind nicht mit den zahmen<br />
<strong>und</strong> umgänglichen Hausrindern von heute<br />
vergleichbar. Diese Tiere in Gefangenschaft<br />
zu halten, war schon ein schwieriges Unterfangen.<br />
Sie dann langfristig erfolgreich zu<br />
zähmen <strong>und</strong> zu züchten, muss eine echte<br />
Herausforderung gewesen sein«, merkt Prof.<br />
Dr. Joachim Burger von der Johannes<br />
Gutenberg-Universität in Mainz an. Untersuchungen<br />
an prähistorischen Tierknochen<br />
zeigten, dass nicht nur Rinder, sondern auch<br />
Ziegen, Schafe <strong>und</strong> Schweine erstmalig im<br />
Nahen Osten domestiziert worden seien.<br />
LANDSCHLÄGE ENTWICKELN SICH<br />
Im Laufe der Jahrtausende, seit die ersten<br />
Menschen mit der Viehzucht begonnen hatten,<br />
entwickelten sich aus den wilden Ochsen<br />
verschiedenste Rassen heraus. Da die<br />
Tiere den Umweltverhältnissen damals stärker<br />
ausgesetzt waren – reine Stallhaltung war<br />
noch <strong>und</strong>enkbar – entwickelten sich verschiedene<br />
»Landschläge«. Die Evolution<br />
sorgte allerorten für die richtigen Klauen je<br />
nach Gelände, die zweckmäßigste Felllänge<br />
Fotos: Ramona Klein, Pixabay, Archiv<br />
Hat große Ähnlichkeit mit dem Braunvieh <strong>und</strong><br />
grast in hoher Zahl im Allgäu: das Grauvieh<br />
Die Hinterwälder sind eine urwüchsige Rinderrasse<br />
aus dem Südschwarzwald. Dort haben sie<br />
über Jahrh<strong>und</strong>erte das Landschaftsbild geprägt<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 69
NATUR<br />
Manches Braunvieh beneidet sie um ihre prächtigen Hörner.<br />
Schottische Hochlandrinder dürfen auch zum <strong>Viehscheid</strong><br />
Das Limpurger Rind, auch Leintäler genannt,<br />
ist die älteste Rinderrasse Württembergs<br />
Längst traben nicht nur braune Vierbeiner<br />
zum Scheidplatz. Auf dem Vormarsch ist<br />
insbesondere das Schweizer Fleckvieh<br />
<strong>und</strong> Ohrengröße passend zum Klima, die<br />
geeignete Verdauung je nach Futter <strong>und</strong> die<br />
beste Zeit, um Kälber auf die Welt zu bringen.<br />
Ein gutes Beispiel ist das zottelige Fell<br />
der schottischen Hochlandrinder – ein idealer<br />
Pelzmantel für die raue Wetterlage.<br />
Erst viel später begannen Viehzüchter, die<br />
Tiere nach ihrem Willen <strong>und</strong> Bedarf durch<br />
gezielte Kreuzungen anzupassen. So werden<br />
heute Rinder nicht nur nach ihren äußerlichen<br />
Merkmalen, sondern nach ihrer Nutzung<br />
unterschieden. In modernen Industrienationen<br />
sind das vor allem spezialisierte<br />
Kühe für die Milch- <strong>und</strong> Fleischproduktion.<br />
ALLROUNDER: DAS BRAUNVIEH<br />
Ein typischer Vertreter der sogenannten<br />
Zweinutzungsrassen, die sowohl als Milchals<br />
auch Fleischgeber dienen, ist das Allgäuer<br />
Braunvieh. Das mittelgroße, robus te <strong>und</strong><br />
»geländegängige« Rind ist gut angepasst an<br />
die Bedingungen des Hochgebirges, an die<br />
steilen Hänge <strong>und</strong> die empfindliche Vegetation.<br />
Die Milch des Braunviehs ist zum Käsen<br />
gut geeignet, weswegen es sich langfristig<br />
auf den Allgäuer Senn alpen durchgesetzt<br />
hat. Gleichzeitig ist es auch ein recht ergiebiger<br />
Fleischlieferant. Ein Vierbeiner wiegt<br />
r<strong>und</strong> 600 Kilogramm <strong>und</strong> hat ein Stockmaß<br />
von etwa 1,40 Metern. Bis zu 7000 Liter<br />
Milch kann eine Braunviehkuh liefern.<br />
Ursprüngliche Dreinutzungsrassen, wie sie<br />
früher zuhauf zu finden waren, haben übrigens<br />
nur in armen Ländern ihre Bedeutung<br />
behalten. Sie werden, neben ihrem Wert als<br />
Fleisch- <strong>und</strong> Milchbringer, auch als Arbeitstiere<br />
zum Ziehen von Pflügen oder zum Tragen<br />
schwerer Lasten eingesetzt.<br />
DIE »GSCHECKTE«<br />
Sie machen die Allgäuer Wiesen bunter: Das<br />
Fleckvieh ist auf dem Vormarsch. Auch diese<br />
Rinder zählen zu den Zweinutzungsrassen.<br />
Es sind großwüchsige <strong>und</strong> kräftige Tiere. Ihr<br />
Ursprung liegt in der Schweiz. Dort werden<br />
sie Simmentaler genannt. Sie sind etwa<br />
gleich groß wie das Allgäuer Braunvieh,<br />
bringen aber an die h<strong>und</strong>ert Kilo mehr auf<br />
die Waage – Stiere wiegen sogar über eine<br />
Tonne. In Süddeutschland ist Fleckvieh mittlerweile<br />
die häufigste Kuhrasse – deutschlandweit<br />
gesehen die zweitwichtigste Rasse<br />
nach den schwarz-weißen Holsteinern. Trotz<br />
ihrer Größe sind Fleckviehrinder anpassungsfähig<br />
<strong>und</strong> friedfertig.<br />
Sowohl als guter Milchlieferant als auch<br />
wegen ihrer Fleischqualität sind sie längst zu<br />
einem Exportschlager geworden. Weltweit<br />
gibt es Schätzungen des Zuchtspezialisten<br />
Bayern Genetik zufolge über 40 Millionen<br />
Tiere. Besonders in Afrika <strong>und</strong> Südamerika<br />
ist die Rinderrasse gefragt. Hier ergaben sich<br />
allerdings Probleme: Typischerweise haben<br />
Fleckviehrinder ein weißes Gesicht. Durch<br />
die massive Sonneneinstrahlung auf den<br />
neuen Weiden fern der Heimat hatten die<br />
Rinder oft mit Augentumoren zu kämpfen.<br />
Die Züchter wussten sich zu helfen, indem<br />
sie vermehrt Tiere mit einem »Farbfehler«<br />
einkreuzten. Bei einem kleinen Teil der<br />
70<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 71
NATUR<br />
Die schwarz-weißen Kühe sind die fleißigsten Milchproduzentinnen weltweit –<br />
auch in unserer Region gibt es mittlerweile viele Holsteiner<br />
bayerischen Fleckvieh-Rinder treten dunkle<br />
Fellfärbungen um die Augen <strong>und</strong> am Augenlid<br />
auf – diese dunklen Kringel wirken wie<br />
eine Sonnenbrille.<br />
DIE »MILCHIGE«<br />
Während man um 1900 herum schon zufrieden<br />
war, wenn eine ges<strong>und</strong>e Kuh 1500 Liter<br />
Milch gab, finden sich heute in den Ställen<br />
der industriellen Betriebe wahre »Hochleis -<br />
tungskühe«. Im Blickpunkt der Milchindus -<br />
trie steht heute praktisch nur noch eine einzige<br />
Rasse: das Holstein-Friesian-Rind, kurz<br />
»HF-Rind« oder Holsteiner genannt. R<strong>und</strong><br />
um den Globus ist vor allem dieses Rind für<br />
die Milchproduktion zuständig. Wegen ihrer<br />
schwarz-weißen Fellzeichnung hießen die<br />
Tiere, die ihre Wurzeln im norddeutschen<br />
Raum haben, ursprünglich Schwarzbunte.<br />
Die alte Rasse ist mittlerweile jedoch durch<br />
die neue HF-Zuchtform aus Amerika weitgehend<br />
ersetzt worden. Eine durchschnittliche<br />
Holsteinerkuh bringt es auf 10.000 Liter<br />
Milch pro Jahr. In der Massenabfertigung<br />
Stramme Schenkel hat<br />
dieses Exemplar. Auch<br />
Fleischrassen dürfen auf<br />
die Bergwiesen<br />
gehen bis zu 16.000 Liter – bei solchen Mengen<br />
fließt jedoch mit der Milch schnell auch<br />
die Lebenskraft aus der Kuh. Solche Tiere<br />
werden nicht alt.<br />
Im Allgäu, wo schon aufgr<strong>und</strong> der äußeren<br />
Umstände seit jeher noch etwas naturnäher<br />
gewirtschaftet wird, gibt man sich in der<br />
Regel mit 8000 Litern Milch pro Jahr zufrieden<br />
– wobei dies, verglichen mit früher,<br />
schon eine gewaltige Differenz ist. Insbesondere<br />
Zuchtkritiker <strong>und</strong> Tierschützer führen<br />
an, dass Züchter die Leistung von Kühen in<br />
den vergangenen 100 Jahren stärker vorangetrieben<br />
haben als Ingenieure die Motorisierung<br />
von Automobilen. Holsteiner gibt es<br />
auch in einer rotbunten Färbung. Für Laien<br />
sind sie vom Fleckvieh dann schwer zu unterscheiden.<br />
PFUNDSKERLE<br />
In der Region r<strong>und</strong> ums Allgäu sind es überwiegend<br />
Milch- <strong>und</strong> Zweinutzungsrassen,<br />
die auf den Alp- <strong>und</strong> Talweiden grasen. Dennoch<br />
leben hier viele Rinder, die gezüchtet<br />
werden, um auf dem Teller zu landen.<br />
Prominente Vertreter dieser Rassen sind die<br />
weißblauen Belgier – stämmige Tiere, die<br />
sich durch Muskeln an allen fleischtragenden<br />
Körperpartien auszeichnen. Es gibt sie<br />
in drei Fellvarianten: weiß, schwarzweiß <strong>und</strong><br />
natürlich blauweiß – diese eigentlich grau-<br />
72<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Die Plüschrinder aus Schottland – »White Galloways« werden<br />
hornlos geboren <strong>und</strong> gelten als besonders robust<br />
schwarze Färbung wirkt im Licht tatsächlich<br />
bläulich. Hochgezüchtet sehen die Fleischkolosse<br />
aus, als kämen sie direkt aus dem<br />
Fitnessstudio. In dieser Form findet man sie<br />
hauptsächlich in großen Mastbetrieben.<br />
Aufgr<strong>und</strong> ihrer genetischen Beschaffenheit<br />
setzen die Rinder viele Muskeln, aber eben<br />
kaum Fett an.<br />
Ebenfalls eine typische Fleischrasse sind die<br />
Angusrinder: Unverkennbar ist ihre einheitlich<br />
schwarze oder rote Fellfärbung <strong>und</strong> die<br />
genetische Hornlosigkeit, gepaart mit einem<br />
kleinen Kopf. Angusrinder sind mütterlich,<br />
anspruchslos <strong>und</strong> gute Futterverwerter. Etwa<br />
3500 von ihnen grasen laut dem bayerischen<br />
Statistikamt auf den Weiden Schwabens.<br />
VIERBEINER VON FERNEN INSELN<br />
Andere Vertreter der Fleischproduzenten<br />
überraschen regelmäßig Wanderer in der<br />
Allgäuer Bergwelt. Die urtümlichen Hochlandrinder<br />
<strong>und</strong> die »plüschigen«, lockigen<br />
Galloways stammen aus Schottland, finden<br />
sich in der Alpenregion aber ebenfalls gut<br />
zurecht. Das mag an ihren Vorfahren liegen:<br />
Noch vor wenigen Jahrh<strong>und</strong>erten galten<br />
sowohl das Allgäu als auch Schottland als<br />
unwirtliche Gebiete, in denen Menschen <strong>und</strong><br />
Tiere zäh sein mussten, um zu überleben.<br />
Nicht zuletzt wachsen sogar japanische Perlen<br />
an Allgäuer Hängen – manch einer hat<br />
vielleicht vom »besten Fleisch der Welt«<br />
gehört. Es stammt vom Wagyu-Rind <strong>und</strong> ist<br />
berühmt für seine feine Marmorierung –<br />
Wagyu ist japanisch <strong>und</strong> bedeutet »japanisches<br />
Fleisch«. In ihrer asiatischen Heimat<br />
nennt man sie auch Tajima-Rinder (übersetzt:<br />
Schwarzvieh). Manch aufmerksamer<br />
»Beef«-Leser denkt sich jetzt »Moment – ich<br />
habe gehört, das beste Fleisch kommt vom<br />
Koberind«. Kobe ist allerdings nichts anderes<br />
als Wagyu mit geschützter Herkunfts -<br />
bezeichnung – aus dem japanischen Verwaltungsbezirk<br />
Kobe.<br />
ZURÜCK ZU DEN WURZELN<br />
Wer das »beste Fleisch der Welt« probieren<br />
möchte, kann das im westlichen Allgäu tun –<br />
auf dem Hofgut Ratzenberg, das sehr idyllisch<br />
nahe Lindenberg liegt. Auf den Weiden r<strong>und</strong><br />
um den Bio-Hof fühlen sich die exklusiven<br />
Japaner wohl. Bei ihrer Aufzucht lassen sich<br />
Hofgutbesitzer Alexander Eisenmann-Mittenzwei<br />
<strong>und</strong> seine Mitarbeiter viel Zeit. Denn<br />
Wagyu-Rinder benötigen fast doppelt so lange<br />
wie andere Rassen, bis sie ihre Schlachtreife<br />
erreichen. Neben den Feinschmecker-Tieren<br />
(im doppelten Sinne) leben hier auch Tiroler<br />
Grauvieh, Allgäuer Braunvieh <strong>und</strong> sogar eine<br />
halbwilde Herde, die Ihnen nun ein Begriff<br />
sein dürfte: eine Rückzüchtung des Allgäuer<br />
Auerochsen. • Viola Elgaß
NATUR<br />
10 FAKTEN<br />
ÜBER MILCH<br />
Ob morgens im Kaffee oder als Zutat im Kuchen – auf Milch können die<br />
meisten Menschen nicht verzichten. Dabei kann man den weißen<br />
Alleskönner nicht nur trinken, sondern sogar anziehen.<br />
1. MILCH IST KEIN GETRÄNK<br />
Obwohl Milch flüssig ist <strong>und</strong> wir sie hauptsächlich<br />
trinken, zählt sie zu den Nahrungsmitteln.<br />
Das liegt an ihrem hohen<br />
Nährstoffgehalt.<br />
2. 90 KILOGRAMM<br />
… an Frischmilchprodukten wie Joghurt<br />
<strong>und</strong> Sahne nehmen die Deutschen im<br />
Jahresdurchschnitt zu sich. Die Konsummilch<br />
aus dem Supermarkt macht dabei<br />
den größten Anteil aus.<br />
3. MILCH KANN MAN ANZIEHEN<br />
Der modebewusste Milchfan kann Kleidung<br />
aus Milch kaufen. Das Hamburger<br />
Unternehmen QMilch hat eine Methode<br />
entwickelt, wie man aus dem Milcheiweiß<br />
Fasern <strong>und</strong> damit Stoffe machen kann.<br />
4. FAST 700 TONNEN MILCH<br />
… werden pro Jahr weltweit produziert –<br />
ein Großteil davon stammt aus dem Euter<br />
der Milchkuh, der Rest überwiegend von<br />
Schafen <strong>und</strong> Ziegen.<br />
5. EIN GLAS MILCH<br />
… empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für<br />
Ernährung täglich zu trinken, um sich ausgewogen<br />
<strong>und</strong> ges<strong>und</strong> zu ernähren.<br />
6. 31. JULI 1930<br />
An diesem Tag trat das erste deutsche<br />
Milchgesetz in Kraft, um Verunreinigungen<br />
in der Milch auszuschließen. Zuvor streckte<br />
mancher Landwirt sie mit Wasser, um mehr<br />
Liter verkaufen zu können.<br />
7. KEINE MILCH MIT ANTIBIOTIKA<br />
Wer Antibiotika verschrieben bekam, hat<br />
das bestimmt vom Arzt gehört. Manche<br />
Antibiotika verbinden sich mit dem Calcium<br />
der Milch <strong>und</strong> passen dann nicht mehr<br />
durch die Darmwand. So gelangt der Wirkstoff<br />
nicht in die Blutbahn, sondern wird<br />
wieder ausgeschieden.<br />
8. 100 LITER WASSER ...<br />
… säuft die Durchschnittskuh am Tag.<br />
Einen Teil davon nimmt sie – sofern sie auf<br />
der Weide grasen darf – über Pflanzen auf.<br />
9. ... UND 20 LITER MILCH<br />
… gibt die Kuh, wenn sie ihre Wasserration<br />
getrunken hat. Nicht all ihre Milch geht in<br />
den Verkauf, es wird ein großer Teil weiterverarbeitet.<br />
Für ein Kilo Käse braucht man<br />
zwischen 4 (Weichkäse) <strong>und</strong> 12 Liter (Hartkäse)<br />
Milch.<br />
10. MILCH KANN MAN TANKEN<br />
Im Allgäu gibt es »Milchtankstellen«, an<br />
denen K<strong>und</strong>en r<strong>und</strong> um die Uhr Milch<br />
(manchmal auch Wurst <strong>und</strong> Käse) kaufen<br />
können. Zum Beispiel bei Bauernhof Kögel<br />
bei Immenstadt oder beim Biolandbetrieb<br />
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• 100 ml Bier<br />
• 80 g Sauerrahm<br />
• 1/4 Hefewürfel<br />
• 1/2 TL Salz<br />
• 1 EL Fenchelsamen<br />
• 1 EL Olivenöl<br />
• 400 g junge dicke Bohnenkerne (TK)<br />
• Salz<br />
• 1 Kopf Endiviensalat<br />
• 1/4 B<strong>und</strong> Bohnenkraut<br />
• 1 B<strong>und</strong> Petersilie<br />
• 2-3 EL Weißweinessig<br />
• 1 TL Senf<br />
• 120 ml Sonnenblumenöl<br />
• Pfeffer<br />
• 200 g Allgäuer Bergkäse<br />
ZEITANGABEN<br />
Zubereitung:<br />
25 Minuten<br />
Ruhezeit für den Teig: 4 St<strong>und</strong>en<br />
Foto <strong>und</strong> Quelle: Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft<br />
ZUBEREITUNG:<br />
1. Mehl mit Bier, Sauerrahm, Hefe, Salz <strong>und</strong><br />
der Hälfte der Fenchelsamen verkneten,<br />
bis der Teig nicht mehr klebt. Diesen zu<br />
einer Kugel formen, mit Mehl bestäuben<br />
<strong>und</strong> mit einem Tuch abgedeckt mindestens<br />
4 St<strong>und</strong>en gehen lassen.<br />
2. Ofen auf 240 Grad Celsius (220 Grad bei<br />
Umluft) vorheizen. Den Teig auf ein mit<br />
Backpapier belegtes Blech legen <strong>und</strong> mit<br />
den Händen darauf verteilen. Den Fladen<br />
mit Olivenöl bepinseln, mit den<br />
restlichen Fenchelsamen bestreuen <strong>und</strong><br />
15 bis 20 Minuten goldbraun backen.<br />
3. Die Bohnenkerne in gesalzenem Wasser<br />
5 Minuten kochen, abgießen <strong>und</strong> kalt<br />
abschrecken. Salat <strong>und</strong> Kräuter waschen,<br />
die Kräuterblättchen abzupfen. Die Hälfte<br />
der Kräuter für die Garnitur beiseite<br />
stellen. 2 EL Bohnenkerne mit 2 EL<br />
Wasser, Essig, Senf <strong>und</strong> den Kräuterblättchen<br />
pürieren. Dabei langsam das<br />
Öl dazu gießen, bis daraus eine cremige<br />
Sauce entsteht. Diese kräftig mit Salz<br />
<strong>und</strong> Pfeffer würzen.<br />
4. Den Bergkäse in Würfel schneiden oder<br />
in Stückchen brechen. Bohnen <strong>und</strong> Salat<br />
mit der Sauce mischen, auf Tellern verteilen<br />
<strong>und</strong> mit Käse <strong>und</strong> den restlichen<br />
Kräutern bestreut servieren. Das Brot in<br />
Streifen schneiden <strong>und</strong> dazu reichen.<br />
76<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 77
REPORTAGE<br />
DIE NEUE LUST<br />
AM ALTEN HANDWERK<br />
Von wegen ausgestorben: In Zeiten der Massenproduktion gewinnt das<br />
authentische, von Hand Hergestellte wieder an Wert. Damit selten gewordene<br />
Berufe nicht in Vergessenheit geraten, kann man sie in den Allgäuer<br />
Freilichtmuseen noch regelmäßig beobachten <strong>und</strong> ausprobieren.<br />
78<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 79
REPORTAGE<br />
Lebendig: Als das Alphorn von der Schweiz ins Allgäu kam, war<br />
es gar keine Frage, dass sich sehr schnell findige Holzhandwerker<br />
fanden, die die Herstellung des Instrumentes in die eigenen<br />
Hände nahmen.<br />
Lebendig: Die billige Massenware konnte handwerkliche Qualität<br />
nicht verdrängen. In der Museumstöpferei in Illerbeuren kann man<br />
sehen, dass die heimischen Töpfer <strong>und</strong> Keramiker zum Teil sehr<br />
individuelle <strong>und</strong> kreative Gefäße entwickelt haben.<br />
80<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Gefährdet: Der Küfer, auch Böttcher oder Fassbinder, stellt<br />
Behälter aus Holz her. Früher hing sein Handwerk eng mit den<br />
Winzern <strong>und</strong> Bierbrauern zusammen, die Fässer für ihre flüssige<br />
Fracht brauchten. Heute bestehen diese meist aus Plastik.<br />
Gefährdet: Dauerhafter Schutz für Hausfassaden ist zwar heute<br />
noch sehr gefragt. Die Schindelmacher, die in mehreren<br />
Arbeitsgängen Schindeln aus verschiedenen Hölzern fertigen,<br />
sind jedoch selten geworden.<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 81
REPORTAGE<br />
ALTES HANDWERK<br />
»LIVE« ERLEBEN<br />
Lebendig: Feines Backwerk findet man überall.<br />
Traditionelle Bäcker, die ohne Tiefkühlteig aus der<br />
Industrie arbeiten, haben jedoch einen hohen<br />
Preis- <strong>und</strong> Konkurrenzdruck.<br />
Schwäbisches Bauernhofmuseum Illerbeuren<br />
Mehr als 30 Gebäude aus vier Jahrh<strong>und</strong>erten lassen<br />
hier Vergangenes lebendig werden. Im weitläufigen<br />
Museumsgelände gibt es viel Interessantes zur<br />
ländlichen Kulturgeschichte zwischen Allgäu <strong>und</strong><br />
Ries zu entdecken. Bei den beliebten<br />
Handwerkertagen am 8. <strong>und</strong> 9. September <strong>2018</strong><br />
dürfen die Besucher auch selbst Hand anlegen.<br />
Schwäbisches Bauernhofmuseum Illerbeuren<br />
Museumstraße 8, 87758 Kronburg-Illerbeuren<br />
www.bauernhofmuseum.de<br />
Bauernhaus-Museum Wolfegg<br />
Das Bauernhaus-Museum liegt im Landkreis<br />
Ravensburg, ganz in der Nähe des Bodensees.<br />
Anhand von historischen Bauernhäusern zeigt es<br />
ländliche Kulturgeschichte Oberschwabens <strong>und</strong> des<br />
westlichen Allgäus. Heuer wird dort das 40.<br />
Jubiläumsjahr gefeiert. Beim großen Jubiläumsfest<br />
vom 31. August bis 2. September <strong>2018</strong> führen unter<br />
anderem zahlreiche Handwerker ihre Gewerke <strong>und</strong><br />
die Vielfalt ihres Geschicks vor.<br />
Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben Wolfegg<br />
Vogter Straße 4, 88364 Wolfegg<br />
www.bauernhausmuseum-wolfegg.de<br />
Fotos: Peter Elgaß<br />
Allgäuer Bergbauernmuseum Diepolz<br />
Das auf über 1000 Metern gelegene<br />
Freilichtmuseum entführt den Besucher in die Welt<br />
der Allgäuer Bergbauern vor 200 Jahren. In<br />
historischen Gebäuden wird anschaulich das<br />
entbehrungsreiche <strong>und</strong> harte Leben der Älpler<br />
dokumentiert. Am 26. August führen<br />
Handarbeiterinnen <strong>und</strong> Mächler vom Verein<br />
Landhand Allgäu den Besuchern traditionelle<br />
Handwerkstechniken vor.<br />
Allgäuer Bergbauernmuseum e. V.<br />
Diepolz 44, 87509 Immenstadt<br />
www.bergbauernmuseum.de<br />
Lebendig: Steinmetze üben einen der ältesten<br />
handwerklichen Berufe aus. Fassaden <strong>und</strong><br />
Grabsteine wird man wohl immer brauchen.<br />
82<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Gefährdet: Der Blaudruck ist eine Färbetechnik, die weiße<br />
Topflappen, Tischdecken oder Taschentücher mit Ziermustern<br />
versieht. Das arbeitsintensive Verfahren wird nur noch von<br />
wenigen Künstlerinnen beherrscht.<br />
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... natürlich genießen über dem Hopfensee<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 83
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AM STAMMTISCH<br />
84<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Unser Holzstich zeigt den historischen »Newsroom«: Damals war man auf<br />
Neuigkeiten von anderen angewiesen. Debatten wurden nicht anonym an der<br />
Tastatur, sondern persönlich geführt. Freilich endete manches<br />
»Fachgespräch« in einer Rauferei.<br />
Gasthäuser waren insbesondere im<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>ert ein beliebter <strong>und</strong><br />
wichtiger Treffpunkt für Stadt<strong>und</strong><br />
Dorfbewohner. Nachrichten, Erlebnisse<br />
<strong>und</strong> Geschichten wurden ausgetauscht.<br />
Radio <strong>und</strong> Fernsehen gab es ja noch nicht.<br />
Ehe die flächendeckende Stromversorgung<br />
auch bäuerliche Regionen wie das Allgäu erreichte,<br />
prägte Dunkelheit die Abende. Kerzenlicht<br />
war teuer <strong>und</strong> ein guter Gr<strong>und</strong> für<br />
viele Bewohner, eine Schenke zu besuchen.<br />
Vor allem im Winter kamen die Menschen<br />
gerne zusammen, um sich in Gesellschaft<br />
am flackernden Kaminfeuer in der Gaststube<br />
aufzuwärmen.<br />
Speziell im ländlichen Raum war der Sitz am<br />
Stammtisch, an dem regionale <strong>und</strong> politische<br />
Neuigkeiten ausgetauscht, debattiert<br />
<strong>und</strong> vor allem gutes Bier getrunken wurde,<br />
der Oberschicht vorbehalten. So setzte sich<br />
ein Dorfstammtisch bis weit in die zweite<br />
Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts vor allem aus feinen<br />
Herrschaften wie dem Bürgermeister,<br />
Arzt, Apotheker, Lehrer, Förster oder wohlhabenden<br />
Bauern zusammen. Die Einladung<br />
an einen Ortsfremden, am Stammtisch<br />
Platz zu nehmen, war eine besondere Ehre –<br />
<strong>und</strong> eine Ablehnung eine große Beleidigung.<br />
Der Fremde tat dann besser daran, schnell<br />
weiterzuziehen.•<br />
Viola Elgaß<br />
Holzstich: Archiv<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 85
HANDWERK<br />
HIER FLIEGEN DIE SPÄNE<br />
DIE KETTENSÄGEN-KÜNSTLERIN<br />
Schweres Gerät <strong>und</strong> filigrane Kunst – wie das zusammenpasst, zeigt Martina<br />
Gast. Die Allgäuerin sieht in einem Baumstamm mehr als Brennholz, sie<br />
sieht eine Skulptur. Und diese schnitzt sie mit Fingerspitzengefühl <strong>und</strong><br />
PS-starker Unterstützung aus dem Holz.<br />
86<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Bevor die junge Allgäuerin zum schweren Gerät greift, zückt sie erst den Stift<br />
<strong>und</strong> fertigt eine Skizze wie hier für ihre Hexenskulptur<br />
Ihr erstes großes, man möchte fast sagen riesiges Werk:<br />
Auf die Holzhexe ist die Schnitzerin zurecht stolz<br />
Während andere in ihrer Freizeit<br />
gerne zu einem Buch oder der<br />
Fernbedienung greifen, nimmt<br />
die 36-Jährige eine Kettensäge in die Hände.<br />
Ihre Leidenschaft ist das Chainsaw-Carving:<br />
Was sich zunächst gefährlich anhört <strong>und</strong><br />
manchen an einen bekannten Horrorfilm<br />
erinnert, ist eine unterschätzte Kunstform.<br />
Mithilfe verschiedener Motorsägen <strong>und</strong> anderen<br />
Werkzeugen, gelingt es Martina Gast<br />
aus einem Baumstamm eine Eule, einen<br />
Specht oder Schäferh<strong>und</strong>, ja gar eine riesige<br />
Hexe zu schnitzen.<br />
NICHT ALLER ANFANG IST SCHWER<br />
Seinen Anfang nahm alles im Sommer vor<br />
fünf Jahren: Auf einer Veranstaltung sah sie<br />
zum ersten Mal einen Kettensägen-Schnitzer<br />
<strong>und</strong> war fasziniert davon, wie innerhalb kurzer<br />
Zeit so filigrane Sachen mit so schwerem<br />
Gerät geschaffen werden konnten. »Das hat<br />
mich dann nicht mehr losgelassen <strong>und</strong> ich<br />
habe überlegt, ob ich das nicht auch kann«,<br />
sagt die Allgäuerin rückblickend.<br />
Und da Martina Gast eine Frau ist, die gerne<br />
anpackt, dauerte es nicht lange bis sie an ihrem<br />
ersten Kurs bei einem Profi teilgenommen<br />
hat. Dort merkte sie schnell, dass es ihr<br />
nicht nur unheimlichen Spaß macht, sondern<br />
dass sie auch ein Händchen für das<br />
Schnitzen mit der Kettensäge hat. Ihr allererstes<br />
Werk war ein Pilz, der sich aufgr<strong>und</strong><br />
seiner Form sehr gut eignet, um das Chainsaw-Carving<br />
zu erlernen, wie sie erklärt.<br />
Doch das reichte ihr nicht <strong>und</strong> so schuf sie<br />
innerhalb kurzer Zeit mehr Wald- <strong>und</strong> Wiesenbewohner<br />
aus Holz. Nach Eulen, Hasen<br />
<strong>und</strong> Bäumchen wagte sie sich an etwas Größeres.<br />
Eine lebensgroße Hexe sollte es sein.<br />
Und auch hier galt bei der jungen Frau wieder:<br />
Gesagt, getan! Nachdem sie eine Skizze<br />
gefertigt <strong>und</strong> den richtigen Baumstamm<br />
gef<strong>und</strong>en hatte, legte sie los. Nach st<strong>und</strong>enlanger,<br />
schweißtreibender Arbeit konnte sie<br />
ihr Werk bew<strong>und</strong>ern.<br />
Wenn aus einem Handwerk ein Kunstwerk wird.<br />
Bei dem Anblick fällt es schwer zu<br />
glauben, dass dies mal ein Baum war<br />
DIE AUSRÜSTUNG IST DAS A UND O<br />
Bei der Schaffung halfen ihr aber nicht nur<br />
ihr Geschick <strong>und</strong> ihre Vorstellungskraft.<br />
Beim Schnitzen mit der Motorsäge kommt<br />
es auch auf die richtige Ausrüstung an, wie<br />
die 36-Jährige betont. Man kann nicht einfach<br />
eine beliebige Kettensäge in die Hand<br />
nehmen <strong>und</strong> drauf los schnitzen. Für das<br />
Carving gibt es spezielle Carving-Schienen,<br />
die vorne spitz zulaufen. Dies ermöglicht die<br />
filigranen Arbeiten am Holz <strong>und</strong> gewährleistet<br />
eine bessere Kontrolle über die Säge.<br />
»Allerdings: Ein gewisses Risiko bleibt immer.<br />
Man muss schon mit Bedacht mit ihr<br />
umgehen«, ergänzt Martina Gast im gleichen<br />
Atemzug. Und das tut die junge Frau<br />
aus Missen mit ihren mittlerweile zehn Kettensägen.<br />
Ebenfalls unerlässlich ist die richtige<br />
Schutzausrüstung. Dazu gehören eine<br />
Schnitzschutzhose, festes Schuhwerk, Ohrenschützer<br />
<strong>und</strong> eine Schutzbrille, die verhindert,<br />
dass umherfliegende Holzspäne ins<br />
Auge geraten.<br />
Gerade bei Eichenholz kann das schnell<br />
schmerzhaft werden, da der Baum zu den<br />
Harthölzern gehört <strong>und</strong> schon ein kleiner<br />
Span im Auge zu Verletzungen führen kann.<br />
Doch das ist auch schon der einzige negative<br />
Punkt des heimischen Holzes. Denn laut<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 87
HANDWERK<br />
Mehr ist mehr <strong>und</strong> viel hilft viel. Die Ausrüstung der jungen Frau ist in den letzten Jahren stetig<br />
gewachsen <strong>und</strong> zeigt, was es alles braucht, um eine Figur aus Holz zu schnitzen<br />
Fotos: Martina Gast<br />
Ob Eule oder Bär – Martina Gast entlockt mir ihren<br />
Kettensägen jedem Baumstamm sein inneres Tier<br />
RAN AN DIE SÄGE<br />
Wer noch mehr über die<br />
sympathische Schnitzerin <strong>und</strong><br />
ihr Hobby erfahren möchte, der<br />
sollte einen Blick auf ihre Homepage werfen. Dort<br />
finden sich auch zusätzliche Informationen zu ihren<br />
Kursen <strong>und</strong> viele weitere tolle Bilder ihrer Arbeiten.<br />
www.allgaeu-carving.de<br />
Martina Gast eignet es sich ansonsten sehr<br />
gut für die Arbeit mit der Kettensäge, da es<br />
sehr witterungsbeständig ist <strong>und</strong> die Skulpturen<br />
für den Außenbereich geschaffen werden.<br />
Auch Nadelhölzer können verwendet<br />
werden, wie etwa Lärche, das eine schöne<br />
Färbung aufweist. Allerdings findet man in<br />
der Region nur wenige Lärchenbäume, die<br />
den Durchmesser haben, den man braucht.<br />
Denn: Je größer eine Skulptur werden soll,<br />
umso größer muss der Durchmesser sein. So<br />
brauchte die Kettensägen-Künstlerin für ihre<br />
lebensgroße Hexe einen Stamm mit einem<br />
Durchmesser von gut einem halben Meter.<br />
Doch der Allgäuerin kommt es nicht nur auf<br />
die Größe an. »Ich bin auch darauf bedacht,<br />
dass ich Holz aus der Region verwende.«<br />
SO VIEL ZU TUN, SO WENIG ZEIT<br />
Auf Regionalität legt sie auch Wert, wenn es<br />
darum geht, wo die Skulpturen später stehen<br />
sollen. Es ist nun nicht so, dass sie ihre Werke<br />
ausschließlich an Allgäuer verkauft, doch<br />
oft ist es wenig sinnvoll <strong>und</strong> sehr mühsam,<br />
eine zentnerschwere Skulptur durch die<br />
ganze Republik an ihren späteren Bestimmungsort<br />
zu fahren. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hilft<br />
sie Interessenten auch dabei, einen Kettensägen-Schnitzer<br />
in dessen Umgebung zu suchen<br />
<strong>und</strong> hat dafür auf ihrer Homepage eine<br />
Karte mit Künstlern im deutschsprachigen<br />
Raum erstellt.<br />
Ein weiterer Gr<strong>und</strong> für die Vermittlungstätigkeit<br />
der jungen Frau ist die steigende<br />
Nachfrage nach Holzskulpturen in den letzten<br />
Jahren, die sie alleine nicht bedienen<br />
kann. Für sie ist das Chainsaw-Carving ein<br />
Hobby – wenn auch ein zeitintensives –, das<br />
sie neben ihrem Beruf als Erzieherin ausübt<br />
<strong>und</strong> das soll es auch bleiben, wie sie sagt. Zudem<br />
hätte sie, wenn sie alle Anfragen annehmen<br />
würde, keine Zeit mehr für ihre<br />
Schnitzkurse, die sie mehrmals im Jahr gibt.<br />
SCHNITZEN IST FÜR ALLE DA<br />
Der Schritt von der Schnitzerin zur Lehrerin<br />
<strong>und</strong> das Vermitteln ihres Wissens lag für sie<br />
als Erzieherin nahe, wie sie selbst sagt. Mittlerweile<br />
ist die Nachfrage nach einem Kurs<br />
bei der sympathischen Allgäuerin so groß,<br />
dass es enorme Wartelisten gibt. Bei einem<br />
Blick auf die Listen zeigt sich: eine Geschlechtertendenz<br />
gibt es nicht. Das bestätigt<br />
auch die Künstlerin. »Das Schöne an den<br />
88<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Kursen ist, dass es ganz bunt gemischt ist. Es<br />
sind junge Leute wie Studenten dabei, aber<br />
auch Omas mit 70 Jahren. Und durchweg<br />
Männer <strong>und</strong> Frauen.«<br />
Für Martina Gast spielt es sowieso keine Rolle,<br />
wer an ihren Kursen teilnimmt. Für sie ist<br />
wichtig, dass die Leute sich trauen <strong>und</strong> sich<br />
nicht selbst die Grenze setzen, dass sie es<br />
nicht können. Hat man sich dann überw<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> die Kettensäge in die Hand genommen,<br />
erklärt die 36-Jährige die Gr<strong>und</strong>lage<br />
des Schnitzens. Beispielsweise ist es wichtig,<br />
dass man auf die Proportionen achtet. So rät<br />
sie dazu, die Säge immer mal wieder abzusetzen<br />
<strong>und</strong> ein paar Schritte zurückzugehen,<br />
um die Figur aus der Ferne zu betrachten –<br />
wie man es später auch tun wird, wenn die<br />
Skulptur im heimischen Garten steht. Auch<br />
ist es ratsam, öfter mal um sie herumzugehen,<br />
um zu sehen, ob die Proportionen noch<br />
stimmen. »Das Wichtigste aber ist, dass man<br />
Freude am Sägen hat«, sagt sie. Man merkt<br />
der Missenerin an, dass dies bei ihr definitiv<br />
der Fall ist. • Claudia Schöwe<br />
Soll es für den Garten mal ein Sitzmöbel der anderen Art sein? Kein Problem für die<br />
Künstlerin, die aus einem dicken Stamm einen robusten Sessel sägt<br />
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ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 89
NATUR<br />
ALLGÄUER SAGENWELT<br />
DER GEHEIMNISVOLLE ALATSEE<br />
Spätestens seit »Seegr<strong>und</strong>«, dem dritten Teil der erfolgreichen Buchreihe um Kommissar<br />
Kluftinger, ist das Gewässer nahe Füssen bekannt. Der »blutende See«, wie<br />
er im Volksm<strong>und</strong> genannt wird, hat es nicht nur den Autoren Volker Klüpfel <strong>und</strong><br />
Michael Kobr angetan. Zahlreiche Mythen ranken sich um den Alatsee.<br />
90<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Unterirdische Gänge im Alatsee sollen<br />
nach Österreich führen. Manche<br />
Allgäuer glauben, dass alle Seen<br />
des Umlands über ein Gr<strong>und</strong>meer miteinander<br />
verb<strong>und</strong>en seien. Im Wasser des Sees<br />
sollen außerdem Monster leben, die unschuldige<br />
Wanderer <strong>und</strong> Fischer in die Tiefen reißen,<br />
sowie hübsche, verwunschene Frauen,<br />
die von attraktiven Männern gerettet werden<br />
wollen. Glaubt man den Sagen, haust vieles<br />
im Alatsee <strong>und</strong> vieles ist darin versteckt. Nur<br />
gef<strong>und</strong>en hat es bisher niemand.<br />
Die wohl älteste Geschichte über den verwunschenen<br />
Alatsee erzählt von einer sehr<br />
armen Frau, die ihr Fischrecht am See einst<br />
dem Kloster St. Mang in Füssen <strong>und</strong> dessen<br />
Vogt verpachtete. Der gierige Vogt allerdings<br />
behauptete später, dass das Recht seit jeher<br />
dem Kloster gehöre. Die Frau klagte vor Gericht,<br />
doch sie verlor den Prozess. So wandte<br />
sie sich Gott zu, wollte sich nicht mehr von<br />
ihrem Platz rühren, bis sich der Himmel<br />
selbst über das ungerechte Urteil äußerte.<br />
Dieser tat es mit einem Donnern <strong>und</strong> Krachen:<br />
Ein gewaltiger Bergrutsch riss eine Unzahl<br />
an Tannen in die Tiefe des Sees. Seitdem<br />
verfangen sich, so die Sage, Fischernetze in<br />
den Baumspitzen <strong>und</strong> Boote kommen mitsamt<br />
ihrer Besatzung zu Schaden.<br />
<strong>und</strong> verwünschten sich gegenseitig. Angesichts<br />
ihrer gotteslästerlichen Flüche ging ein<br />
furchtbares Donnern über ihnen nieder. Dieser<br />
löste einen Bergrutsch aus. Felshänge<br />
neigten sich über das Tal, in dem die Schwestern<br />
lebten. Ihr Haus fiel zusammen <strong>und</strong><br />
Dunkelheit bedeckte die Umgebung. Währenddessen<br />
gurgelte Wasser aus der Erde<br />
nach oben <strong>und</strong> sammelte sich zum heutigen<br />
Alatsee. Am Ende des unseligen Tages sollen<br />
die drei verwunschenen Frauen fürchterlich<br />
geklagt haben: »Druje hands g’hött, jeda<br />
hauts g’wöllt, Koina hauts kriat – schenk du<br />
mir die Liab!« Auf Hochdeutsch: »Drei haben<br />
es gehabt, jeder hat es gewollt. Keiner hat<br />
es bekommen – schenk mir deine Liebe!«<br />
Bis heute rufen sie nach Männern, die ihnen<br />
mit einer Liebeserklärung die Erlösung bringen<br />
sollen. Alle, die auf den Klageruf reagierten,<br />
scheiterten bei dem Versuch die drei<br />
Frauen zu befreien <strong>und</strong> ertranken im See.<br />
Hin <strong>und</strong> wieder, so heißt es, greifen die<br />
Schwestern zu drastischeren Maßnahmen:<br />
Mit Gewalt sollen sie einst versucht haben,<br />
drei junge Männer zu Pferde in den See zu<br />
holen. Die Tiere drehten durch <strong>und</strong> stürmten<br />
auf das verfluchte Gewässer zu. Ihre Reiter,<br />
drei Brüder aus dem Rheingau, die von einem<br />
Kreuzzug zurückgekehrt waren, konnten<br />
ihre Pferde erst kurz vor dem Ufer wieder<br />
unter Kontrolle bringen <strong>und</strong> leiteten sie zum<br />
Weg zurück.<br />
Weitere Geschichten erzählen vom Salobergeist,<br />
der entlang der Salober in Richtung<br />
Alatsee umgeht: Ein vergleichsweise harmloser<br />
Zeitgenosse soll das Wesen sein, das<br />
Wanderer auf ihrem Weg ein Stück begleitet<br />
<strong>und</strong> dann wieder verschwindet. Auch vom<br />
Salobergold ist die Rede, wonach unnütze<br />
Dinge entlang der Hänge über dem See einfach<br />
zu Gold werden. Die jüngste Sage um<br />
den See stammt allerdings aus dem zweiten<br />
Weltkrieg.<br />
NAZI-GOLD AUF DEM GRUND DES SEES<br />
Sie beginnt mit einem Versuchslabor der Nazis<br />
am Alatsee. Luftwaffentechniker haben<br />
am <strong>und</strong> im Alatsee während des Zweiten<br />
Weltkrieges mit Unterwassermodellen des<br />
Kampffliegers Focke-Wulf Ta 154 Versuche<br />
durchgeführt. Hier findet man teilweise heute<br />
noch Überbleibsel in Form von Eisengestellen.<br />
Unbewiesenen Gerüchten zufolge<br />
war das jedoch nicht alles: Einige Einheimische<br />
wollen gegen Kriegsende gesehen haben,<br />
wie deutsche Soldaten in einer Nacht-<br />
DAS HARTE LOS DER FISCHER<br />
Fakt ist, dass der See mit 32 Metern wirklich<br />
tief genug wäre, um einen kleinen Wald in<br />
sich zu verstecken. Bis heute sorgt der Sage<br />
nach das Unrecht des Vogtes dafür, dass im<br />
See kein Fisch mehr gefangen wird. Eine<br />
Variation dieser Erzählung ist die der weißen<br />
Frau, einer geisterhaften Erscheinung, die in<br />
vielen Geschichten vorkommt. Diese habe<br />
einst im Alatsee gefischt, bis das verantwortliche<br />
Kloster ihr das Fischen verbot. Weil sie<br />
so stark gegen dieses Unrecht klagte, löste sie<br />
einen Erdrutsch aus. Dadurch starben alle<br />
Fische im See. Die weiße Frau soll bis heute<br />
am Ufer umherirren. Die Legenden um die<br />
beiden unglücklichen Fischerinnen jedoch<br />
sind zweifelsfrei wiederlegt: Denn im (baumlosen)<br />
See leben Barsche, Hechte, Forellen,<br />
Karpfen <strong>und</strong> Schleien.<br />
DIE DREI HABGIERIGEN FRÄULEIN<br />
Wie der Alatsee überhaupt entstanden ist,<br />
berichtet hingegen die folgende Legende:<br />
Drei Schwestern sollen demnach vor langer<br />
Zeit auf dem Aggenstein, einem hohen Berg<br />
an der Grenze zu Österreich, gestanden haben.<br />
Sie stritten, denn jede von ihnen wollte<br />
das sichtbare Land für sich beanspruchen,<br />
Einer alten Legende nach wachsen Bäume am Gr<strong>und</strong> des Alatsees, in deren Wipfel sich<br />
immer wieder Fischernetze verfangen<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 91
NATUR<br />
Fotos: Touristinformation Füssen, Pixabay<br />
Wenn er nicht gerade für Gruselgeschichten herhalten muss, ist der Alatsee ein schöner Ort zum Baden<br />
<strong>und</strong> Nebelaktion mit mehreren vollbeladenen<br />
Lkws zum Alatsee gefahren sind <strong>und</strong> mit<br />
leeren Fahrzeugen wieder zurück. Dadurch<br />
kam das Gemunkel auf, dass sie Schätze im<br />
See versenkt oder sie zumindest in der Nähe<br />
vergraben haben, damit sie den Feinden<br />
nicht in die Hände fielen. Bei dem Gold soll<br />
es sich um den legendären Schatz der Deutschen<br />
Reichsbank handeln, der tatsächlich<br />
zuvor im Schloss Neuschwanstein gelagert<br />
worden war. Den größten Teil bargen die<br />
Amerikaner. Aber nicht alles. Ein paar wertvolle<br />
Stücke, so behaupten einige Allgäuer<br />
beharrlich, liegen im Alatsee – wenn nicht<br />
sogar noch die berühmten Rothschild-Juwelen<br />
dabei sind, die der berüchtigte Luftwaffenchef<br />
Hermann Göring an sich genommen<br />
hatte. Insbesondere diese Gerüchte sowie die<br />
militärischen Versuche haben das Autorenteam<br />
Kobr <strong>und</strong> Klüpfel zu ihrem Allgäu-<br />
Krimi inspiriert.<br />
SCHATZSUCHER IM BLUTSEE<br />
Aufgr<strong>und</strong> der jüngsten Gerüchte kam es,<br />
dass sich zahlreiche Menschen aufmachten,<br />
um den Schatz zu bergen. Weil die Tauchermassen<br />
irgendwann derart überhandgenommen<br />
hatten, wurde ein Tauchverbot an dem<br />
See ausgesprochen – insbesondere auf<br />
Wunsch der Fischer, die entgegen der frühen<br />
Legenden ordentliche Fänge erzielen. Taucher<br />
brauchen deswegen für den Alatsee nun<br />
eine Sondergenehmigung, die aber vornehmlich<br />
zu Forschungszwecken erteilt wird.<br />
Denn nicht zuletzt birgt der Alatsee ein einzigartiges<br />
Ökosystem. In 15 Metern Tiefe befindet<br />
sich eine Schicht aus Purpur-Schwefelbakterien.<br />
Diese violettfarbene Mauer ist<br />
für die Schwimmer weit oberhalb ungefährlich,<br />
trennt jedoch sauerstoffreiches <strong>und</strong> sauerstoffarmes<br />
Wasser. So ist unter der Schicht<br />
kein Licht <strong>und</strong> kaum Leben zu finden. Dafür<br />
beherbergt der Alatsee eine große Menge<br />
roter Burg<strong>und</strong>erblutalgen. Treiben diese an<br />
die Wasseroberfläche, färben sie das Wasser<br />
blutrot. Kein W<strong>und</strong>er, dass Einheimische<br />
mancherorts vom »blutenden Alatsee« sprechen.<br />
• Franziska Rothermel/Viola Elgaß<br />
KRIMIFÜHRUNGEN AM ALATSEE<br />
Fans von Kommissar Kluftinger können bei Füssen<br />
auf dessen Spuren wandeln. Einmal die Woche führt<br />
eine etwa zweistündige Führung zum Alatsee, dabei<br />
wird den Legenden, basierend auf dem Krimi<br />
»Seegr<strong>und</strong>«, nachgegangen.<br />
Wo: Wanderparkplatz am Ostufer Weißensee.<br />
Wann: Dienstags (bis 11. September) um 19.30 Uhr<br />
Anmeldung bei der Tourist Information Füssen:<br />
Tel. 08362 93850, www.fuessen.de<br />
Kosten: Erw. 9 Euro, Jugendliche (ab 15 J.) 3 Euro<br />
92<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
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SENNALPE OBERBERG<br />
Die Alpe Oberberg ist ein beliebtes Ausflugs<strong>und</strong><br />
Wanderziel für Groß <strong>und</strong> Klein.<br />
Beim Verzehr unserer herzhaften Brotzeiten aus eigener<br />
Herstellung <strong>und</strong> Tierhaltung können Sie Ihren Blick über<br />
den Hauptkamm der Allgäuer Alpen schweifen lassen<br />
Neben der herrlichen Aussicht gibt es bei uns...<br />
- Sennereibesichtigung<br />
- Käseprobe<br />
- Käseverkauf<br />
- Kässpatzenessen<br />
(ab mind. 8 Personen auf Vorbestellung)<br />
Wir freuen uns auf Ihren Besuch,<br />
Ihre Familie Beck<br />
- deftige Brotzeiten<br />
- hausgemachte Kuchen<br />
- Kinderspielplatz<br />
- Trio-Musik immer sonntags ab<br />
12:00 Uhr – bei jeder Witterung<br />
www.alpe-oberberg.de<br />
WIR MACHEN KÄSE.<br />
Und zwar guten!<br />
Ofterschwang<br />
Käsereiführung:<br />
Jeden Dienstag, 10.30 Uhr<br />
oder nach Vereinbarung.<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo–Do von 8 bis 11.30 Uhr<br />
<strong>und</strong> von 17.30 bis 19 Uhr<br />
Fr/Sa von 8 bis 11.30 Uhr<br />
<strong>und</strong> von 16 bis 19 Uhr<br />
So/Feiertag: 16 bis 19 Uhr<br />
SENNEREI SCHWEINEBERG<br />
Schweineberg 18<br />
D-87527 Ofterschwang<br />
Tel. (08321) 3363<br />
Fax 676165<br />
So erreichen Sie uns:<br />
An der B 19 von Sonthofen Richtung Oberstdorf biegen Sie am „Alten Berg“ rechts ab nach Tiefenberg<br />
<strong>und</strong> erreichen nach ca. 2 km Schweineberg.<br />
www.allgaeuer-bergkaese.de<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 93
BRAUCHTUM<br />
HOIBAT<br />
MÄHEN WIE VOR 100 JAHREN<br />
Was im Allgäu als »Hoibat« bezeichnet wird, umfasst das Mähen<br />
<strong>und</strong> Einbringen des Heus auf den Bergweiden. Für das schwierige<br />
Gelände sind Sense <strong>und</strong> Rechen am besten geeignet. Kein W<strong>und</strong>er,<br />
dass manche Bergbauern die Erntegeräte noch heute nutzen.<br />
94<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
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www.holzmann-druck.de<br />
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Gewerbestraße 2 Postfach 1361<br />
D-86825 Bad Wörishofen<br />
Telefon + 49 (0) 82 47 /993 -0<br />
Telefax + 49 (0) 82 47 /993 - 208<br />
Email contact@holzmann-druck.de<br />
Zum Mähen brauchte der<br />
Hoiber Rechen, eine<br />
scharfe Sense <strong>und</strong> sogenannte<br />
Huinzen, auf die<br />
das Gras zum Trocknen<br />
geschichtet wird<br />
ETIKETTEN UND BANDEROLEN<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />
FACH- UND PR-ZEITSCHRIFTEN<br />
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GESCHÄFTS- UND WERBEDRUCK<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />
BÜCHER UND BROSCHÜREN<br />
Fotos: Thomas Niehörster, Volker Wille<br />
Drei Dinge braucht der sogenannte<br />
Hoiber im Allgäu, um aus Gras<br />
Heu zu machen. Das erste ist der<br />
richtige Zeitpunkt: Trockenes Wetter soll angesagt<br />
sein. Allerdings schneidet sich das<br />
Gras am besten am frühen Morgen, wenn es<br />
noch vom Tau benetzt ist. Zweitens benötigt<br />
er als Werkzeuge eine frisch gedengelte<br />
Sense <strong>und</strong> einen Rechen – der früher vollständig<br />
aus Holz bestand – <strong>und</strong> drittens sogenannte<br />
Huinzen (auch: Heinzen) für das<br />
Trocknen des Grases. Diese Gestelle aus<br />
Holz, auf die das Heu geschichtet wird, prägten<br />
noch vor r<strong>und</strong> 50 Jahren in weiten Teilen<br />
des Allgäus im Sommer das Landschaftsbild.<br />
MÄHTECHNIK IM BOGEN<br />
Damit die Sense das Gras gut schneidet,<br />
muss sie zuvor »gedengelt« werden. Damit<br />
bezeichnet man ein Kaltschmiedeverfahren,<br />
bei dem mit Hammer <strong>und</strong> (Dengel-)Amboss<br />
bei einer Sense oder auch einer Sichel eine<br />
GIPFELTREFFEN.<br />
FÜR GUTE<br />
DRUCKQUALITÄT.<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 95
BRAUCHTUM<br />
Die Sense wird schwungvoll<br />
durchs Gras gezogen.<br />
Die Pfähle werden mithilfe<br />
des »Huinzetreatars«<br />
in den Boden<br />
gerammt <strong>und</strong> mit Gras<br />
behängt – wie bei der<br />
Vorführung dieser Heuernte<br />
in Bad Hindelang<br />
dünne, scharfe Schneide durch Hämmern<br />
ausgetrieben wird. Während des Mähens<br />
wird die Sense wiederholt mit einem Wetzstein<br />
nachgeschärft. Sie hat meist eine Länge<br />
zwischen 75 <strong>und</strong> 85 Zentimeter, für die Ränder<br />
der Grasfläche wird ein etwas kürzeres<br />
Exemplar benutzt.<br />
Da der Mäher die Sense im Bogen durch das<br />
Gras zieht, erreicht er eine Schnittbahn von<br />
gut zwei Metern. Früher wurde das Gras<br />
nach der Mahd zum Antrocknen mit dem<br />
Rechen ausgebreitet. Eine leichtere Arbeit,<br />
die zumeist von geschickter Frauenhand erledigt<br />
wurde. Meist gab es danach eine Pause<br />
mit einer kräftigen Brotzeit.<br />
IN LAGEN GETROCKNET<br />
Anschließend werden die Huinzen aufgerichtet.<br />
Eine Huinze besteht aus einer etwa<br />
1,50 Meter hohen, angespitzten Fichtenstange<br />
mit drei überkreuz gestellten Querhölzern,<br />
den Schwingen, die durch entsprechende<br />
Öffnungen in der Stange geschoben<br />
werden. Vor dem Aufrichten der Stange wird<br />
mit dem Huinzeschlegel, einem vorne zugespitzten<br />
Pflock mit Handgriff, ein Loch in<br />
den Boden getrieben.<br />
Ist der Boden sehr zäh oder steinig, wird die<br />
Huinze mit einem Huinzetreter, einem Gerät<br />
aus Eisen, das an der Außenseite des Schuhs<br />
angeschnallt war, in den Boden getrieben.<br />
Zuletzt wird das Gras Lage für Lage so auf<br />
die Huinze gebracht, dass es vom Wind getrocknet<br />
werden kann. Dabei wirkt die oberste<br />
Lage wie eine Dachschindel, an der der<br />
Regen abfließt. • Thomas Niehörster<br />
HOIBAT: GEFÜHRTE WANDERUNG OBERHALB VON BAD HINDELANG<br />
Auf einer geführten Wanderung wird die Entwicklung<br />
der historischen zur heutigen Kulturlandschaft erlebbar:<br />
Wie wurden die Bergwiesen bis ins vergangene<br />
Jahr h<strong>und</strong>ert bewirtschaftet <strong>und</strong> was hat sich verändert?<br />
Auf der überwiegend sanft ansteigenden Wanderung<br />
über Wiesenpfade bis zum »Cafe Polite« oberhalb<br />
Bad Hindelang entdeckt man die Zeichen ehemaliger<br />
Berglandwirtschaft <strong>und</strong> begibt sich auf Kräutersuche<br />
entlang des Wegrandes. Auch das Cafe ist ein historisches<br />
Gebäude <strong>und</strong> heute ein modernisiertes Ausflugsziel.<br />
Die Führung bietet die Möglichkeit einer Einkehr <strong>und</strong><br />
des Rückwegs nach selbst gewählter Route.<br />
Wann: 2. August <strong>2018</strong> von 10 bis 13 Uhr<br />
Treffpunkt: Rathaus Bad Hindelang, Marktstr. 9<br />
Anmeldung (Vortag): Tourist-Info Bad Hindelang,<br />
Tel. 08324 8920, info@badhindelang.de<br />
Kosten: Erwachsene 7 Euro, Kinder 5 Euro<br />
96<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
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© Janner <strong>2018</strong><br />
Viel Raum<br />
für Leib<br />
<strong>und</strong> Seele<br />
Geöffnet 1.4. bis 31.10.<br />
DEMETER-Alpe seit 1989<br />
w w w . g u n z e s r i e d e r - b e r g k a e s e . d e<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag - Sonntag<br />
09.00 - 12.00 Uhr<br />
15.00 - 18.00 Uhr<br />
• Gunzesrieder Hart<strong>und</strong><br />
Schnittkäse<br />
• Brotzeit, Kaffee <strong>und</strong><br />
Kuchen in unserem<br />
Stüble<br />
• Sennkuche - Eis<br />
• Aus dem Naturpark<br />
Nagelfluhkette<br />
• Bester Käse aus bester<br />
Heumilch (Silagefrei)<br />
• Hergestellt mit<br />
Grander Wasser<br />
www.alpe-sonnhalde.de | Info-Tel: 0151 513 68 515 | Alpe: 08386 962 418<br />
Sennerei Gunzesried | Talstraße 32 | 87544 Blaichach/Gunzesried | Tel.: 08321/84109<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 97
FREIZEIT<br />
KINDERKRAM<br />
Wer sucht noch ein Ausflugsziel für sich <strong>und</strong> seine Eltern? Hier gibt es Tipps,<br />
Unterhaltsames <strong>und</strong> Wissenswertes für unsere jüngsten Leser.<br />
AUF DEN SPUREN DES ALPKÖNIGS<br />
Wie kam der Käse ins Allgäu? Wie funktioniert der Lebensraum<br />
Wald? Was hat es mit dem sogenannten Alpkönig Carl Hirnbein auf<br />
sich? Wie wurde aus dem einstmals blauen das heutige grüne Allgäu?<br />
Viel Wissenswertes über Geschichte, Kultur, Flora <strong>und</strong> Fauna des<br />
Allgäus vermittelt der r<strong>und</strong> sieben Kilometer lange Carl Hirnbeinweg<br />
zwischen Weitnau <strong>und</strong> Missen. Zahlreiche Infostationen, Geschichten<br />
über Land <strong>und</strong> Leute <strong>und</strong> Spielbereiche laden Kinder <strong>und</strong> Erwachsene<br />
zum Nachdenken <strong>und</strong> Ausprobieren ein.<br />
Los geht es in Weitnau vor dem Tourismusbüro, dann über die Ortsstraße<br />
<strong>und</strong> über den »Braut- <strong>und</strong> Bahrweg« weiter zur Kirche, wo<br />
Carl Hirnbein, der die Weichkäserei <strong>und</strong> damit wirtschaftlichen Aufschwung<br />
in das verarmte Allgäu brachte, seine letzte Ruhestätte fand.<br />
Von dort geht es weiter zum Widdumtobel, einem romantischen Tal<br />
mit Naturwassertretanlage. Nun führt der Weg über Sefeles-Ruh <strong>und</strong><br />
die Waldimkerei hinauf in den Kinderwald mit Spielmöglichkeiten.<br />
Danach geht es vorbei am Waldweiher, den Trettenbach entlang <strong>und</strong><br />
durch Wälder <strong>und</strong> Wiesen. Schon von weitem sieht man den Spielbereich<br />
am Trettenbach.<br />
Nächstes Ziel ist der Kräutergarten mit heimischen Heil- <strong>und</strong> Gewürzkräutern<br />
in Wilhams. Vorbei an der Wilhamser Kapelle geht es<br />
nun hinauf zum Schrofen <strong>und</strong> zur Hirnbeinbuche, von wo aus man<br />
einen herrlichen Blick über das Missener Tal <strong>und</strong> seine Alpwiesen<br />
hat. Auf dem Weg hinunter über den Klammtobel begeistert eine<br />
Wasserspielanlage die jungen Wanderer noch einmal, bevor die Wanderung<br />
in Missen an der Freizeitanlage endet.<br />
Von hier gibt es die Möglichkeit, mit dem Bus zurück zu fahren. Der<br />
Carl-Hirnbein-Weg ist nicht durchgehend für Kinderwagen geeignet.<br />
Die Ausweichstrecke mit Kinderwagen gibt es im aktuellen Flyer,<br />
der man unter www.weitnau.de herunterladen kann.<br />
Info: Tourismusbüros Weitnau (Tel. 08375 920241) <strong>und</strong> Missen-<br />
Wilhams (Tel. 08320 456)<br />
Fotos: Alpsee Bergwelt, Fr<strong>und</strong>sberg Festring Mindelheim e.V., Touristinfo Missen<br />
WO KINDER AUF ZEITREISE GEHEN<br />
Der Sommer steht vielerorts im Zeichen der Kinder- <strong>und</strong> Heimatfeste.<br />
In historischen Kostümen ziehen Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />
durch die Straßen <strong>und</strong> stellen die Geschichte ihrer Heimatstädte<br />
nach. Nur einmal alle drei Jahre findet das Fr<strong>und</strong>sbergfest in Mindelheim<br />
statt – heuer ist es wieder soweit. Umzüge, Ausstellungen<br />
<strong>und</strong> Jahrmärkte begleiten viele der Festlichkeiten. Wer sich auf eine<br />
spannende Zeitreise durch Stadt- <strong>und</strong> Heimatgeschichten im Allgäu<br />
begeben will, sollte sich folgende Termine nicht entgehen lassen:<br />
Fr<strong>und</strong>sbergfest Mindelheim, 29. Juni bis 8. Juli,<br />
www.fr<strong>und</strong>sbergfest.de<br />
Montfortfest Tettnang, 29. Juni bis 1. Juli, www.montfortfest.de<br />
Kinder- <strong>und</strong> Heimatfest Isny, 6. bis 9. Juli,<br />
www.isny-kinderfest.de<br />
Tänzelfest Kaufbeuren, 12. bis 23. Juli, www.taenzelfest.de<br />
Kinder- <strong>und</strong> Heimatfest Leutkirch, 14. bis 17. Juli,<br />
www.kinderfest-leutkirch.de<br />
Wangener Kinderfest, 19. bis 22. Juli, www.kinderfest-wangen.de<br />
Kinderfest <strong>und</strong> Fischertag in Memmingen, 19. <strong>und</strong> 21. Juli,<br />
www.memmingen.de<br />
Lindauer Kinderfest, 25. Juli, www.kinderfest-lindau.de<br />
98<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
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ABENTEUER ALPE<br />
Die Abenteuer Alpe direkt an der Bergstation der Alpsee Bergwelt<br />
zwischen Immenstadt <strong>und</strong> Oberstaufen bietet Deutschlands größtes<br />
Bergspiel-Abenteuer. In sechs verschiedenen Spielbereichen kann<br />
man toben, klettern, mit Wasser spielen, schaukeln <strong>und</strong> noch viel<br />
mehr. Auch lässt es sich in der Abenteuer Alpe gut einkehren. Im<br />
Sommer sind hier viele Tiere zu Hause: Alpakas, Schwarznasenschafe<br />
<strong>und</strong> kleine Zwergziegen dürfen teilweise sogar gestreichelt werden.<br />
Zur Abenteuer Alpe geht es bequem in wenigen Minuten mit der<br />
Sesselbahn oder in einer knappen St<strong>und</strong>e zu Fuß. Nach dem Besuch<br />
kann man im Kletterwald weitere Abenteuer erleben, der befindet<br />
sich nämlich direkt nebenan. Und zum Abschluss geht es dann mit<br />
dem Alpsee Coaster, Deutschlands längster Ganzjahresrodelbahn,<br />
richtig schnell zurück ins Tal.<br />
Info: www.alpsee-bergwelt.de/abenteuer-alpe<br />
KUHHANDEL<br />
Ein Bauer aus Oberstaufen brauchte einst ein neues Auto. Das alte<br />
hatte nach vielen Jahren den Geist endgültig aufgegeben. Doch als<br />
er einen brandneuen BMW im Autohaus bestellte, ärgerte er sich<br />
sehr über die vielen Aufpreise bei der »Sonderausstattung«. Doch es<br />
half alles nichts – er konnte ja schlecht mit dem Traktor zum Einkaufen<br />
fahren. Ein halbes Jahr später kam es, dass der Autohändler,<br />
bei dem er seinen Wagen bestellt hatte, eine Milchkuh für seinen<br />
Ferienhof beim Bauern erstand.<br />
Der Bauer willigte in das Geschäft ein <strong>und</strong> schrieb, leise in sich hineinlächelnd,<br />
folgende Rechnung:<br />
grafik.design.<br />
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logo-entwicklung<br />
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broschüren<br />
plakate<br />
briefpapier<br />
anzeigen<br />
flyer ...<br />
D D D D DD DD DD D<br />
KOSTENAUFSTELLUNG:<br />
1 Kuh<br />
Standardausführung<br />
Gr<strong>und</strong>preis<br />
4.800,- EUR<br />
1 Kuh<br />
zweifarbig (braun, weiße Front)<br />
300,- EUR<br />
Rindslederbezug<br />
200,- EUR<br />
Milchbehälter<br />
für Sommer- <strong>und</strong> Winterbetrieb<br />
100,- EUR<br />
4 Zapfhähne à 25 EUR 100,- EUR<br />
2 Stoßstangen, verhornt à 35 EUR 70,- EUR<br />
Düngevorrichtung (Bio)<br />
120,- EUR<br />
Allwetterhufe<br />
200,- EUR<br />
Zweikreisbremssystem<br />
(Vorder- u. Hinterläufe)<br />
800,- EUR<br />
Fliegenwedel, halbautomatisch<br />
60,- EUR<br />
mehrstimmige Signaleinrichtung<br />
270,- EUR<br />
verschließbare Halogenaugen<br />
300,- EUR<br />
interner Vielstoff-Futterverwerter<br />
2.500,- EUR<br />
Totalkuh in gewünschter Ausführung 9.820,- EUR *<br />
*zzgl. Mehrwertsteuer<br />
Dießener Straße 6 . 86956 Schongau<br />
Tel. 0 8861/7527 .<br />
www.schongauer-maerchenwald.de<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 99
FREIZEIT<br />
BUCHSTABENRÄTSEL<br />
Wer findet die Allgäuer Tiere?<br />
In der Buchstabensuppe haben sich kreuz <strong>und</strong> quer sechs besondere<br />
Tiere versteckt, die im Allgäu leben. Wer findet sie alle? Doch<br />
Achtung – es haben sich auch vier Tiere eingeschlichen, die ganz<br />
eindeutig nicht in der Region leben. Entdeckst Du auch sie?<br />
A A H D I D M S G B A E U N S M W D E A S<br />
F T W N R O T H I R S C H R L O A U W I T<br />
L G N I Z V M N R F A E T N Z T R D T S F<br />
Z E K A E L L T A B B E F R S O A E B E B<br />
T F L A R H F G F O L A U Z E S T L E M A<br />
D S B U S S K H F E G E F I E Z R A S I E<br />
G A L V E T M G E S L N N V S B G N S N W<br />
E V A L P E N S A L A M A N D E R S I E L<br />
S M U E L I A E A E N D U I T K L A E R F<br />
F Z W W D N E B D W K V F R R U A R D O V<br />
S O A N H A O I S T E F T M M O G K R I L<br />
A R L A F D H R K T A N A N G E A I E A G<br />
E R L A K L T K E I T A F A L T L D R E G<br />
L A G T D E F H R G L S N Z O C B T W H E<br />
N D A O U R A U B E G I T S A N S G I A M<br />
Z E R I K D G H D R O T F I H E T T D E G<br />
G T R A L C U N R R A L B F E D L I N V R<br />
T N E K G Z I T R O N E N F A L T E R K M<br />
Lösung: Tiere aus dem Allgäu: Alpensalamander, Murmeltier, Rothirsch, Steinadler, Birkhuhn, Zitronenfalter | Fremde Tiere: Giraffe, Blauwal, Zebra, Tiger<br />
100<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Anzeige<br />
Tipp: Eine Übersicht über alle<br />
Veranstaltungen <strong>und</strong> Angebote<br />
findet sich auf der Homepage<br />
des Bauernhaus-Museums unter<br />
www.bauernhaus-museum.de<br />
Das Bauernhaus-Museum feiert sein 40. Jubiläumsjahr<br />
Im besten Schwabenalter<br />
In diesem Jahr darf das Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben in Wolfegg sein 40-jähriges Bestehen<br />
feiern <strong>und</strong> zugleich stolz auf seine dynamische <strong>und</strong> erfolgreiche Entwicklung zurückblicken:<br />
Vom einst kleinen Regionalmuseum hat es sich kontinuierlich zu einem attraktiven Ausflugsziel entwickelt.<br />
Anlässlich des 40-jährigen Bestehens lädt das Museum zu<br />
einem großen Jubiläumsfest ein: Drei Tage lang versammeln<br />
sich Handwerker, Aussteller, Ehrenamtliche, Musiker, Tänzer<br />
<strong>und</strong> viele Förderer <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e des Museums, um gemäß dem<br />
Motto „das Beste aus 40 Jahren“ gemeinsam „ihr“ Museum zu<br />
feiern. Zum Veranstaltungsauftakt gibt es am 31. August ein<br />
Open-Air Brass-Festival, unter anderem mit Startubist A. M.<br />
Hofmeir. Ein weiterer Höhepunkt findet am 16. September mit<br />
dem 4. Kaltblütertreffen <strong>und</strong> einem großen Bauernmarkt statt.<br />
Museumssaison: 25.03.<strong>2018</strong> – 04.11.<strong>2018</strong><br />
Öffnungszeiten: Mai-September täglich 10-18 Uhr,<br />
im März, April, Oktober, November:<br />
täglich (außer montags) 10-17 Uhr<br />
Großes Ferienprogramm<br />
Während der Sommerferien öffnet das Bauernhaus-Museum<br />
in Wolfegg besonders gerne für die Kinder seine Pforten, denn<br />
die Wolfegger Museumspädagogen lassen sich in jedem Jahr<br />
ein vielseitiges Kinderprogramm zum Mitmachen einfallen, in<br />
diesem Jahr vom 31. Juli bis zum 6. September, jeweils dienstags,<br />
mittwochs <strong>und</strong> donnerstags von 11 bis 17 Uhr. An spannenden<br />
Thementagen wie dem „Gauklertag“, „Märchentag“<br />
oder dem beliebten „Erntetag“ dürfen die Kinder mit Kopf,<br />
Hand <strong>und</strong> Herz in verschiedene Welten eintauchen – stets mit<br />
guter Anleitung <strong>und</strong> viel Platz für die eigene Fantasie. Bei den<br />
speziellen Kinderführungen durch das Museum dürfen die<br />
Kinder selbst mit anpacken, etwa wenn der Hausmeister die<br />
Tiere füttert.<br />
Neue Sonderausstellung<br />
Neu zeigt Wolfegg die Ausstellung „Zwischen zwei Welten –<br />
Gastarbeiter auf dem Land“. Von den etwa 14 Millionen Menschen,<br />
die zwischen 1955 <strong>und</strong> 1973 aus den Mittelmeerländern<br />
nach Westdeutschland kamen, sind über zwei Millionen geblieben.<br />
Heute sind die früheren Gastarbeiter, ihre Kinder <strong>und</strong><br />
Enkel ein nicht wegzudenkender Teil unserer Gesellschaft. Die<br />
Ausstellung spürt anhand von vier Lebensgeschichten den Erfahrungen<br />
der Gastarbeiter auf dem Land nach. Zu sehen ist<br />
die Ausstellung bis zum 3. November 2019.
HANDWERK<br />
SCHÖNE FALTEN!<br />
DIE BREGENZERWÄLDER JUPPE<br />
Kein Brauchtum ohne Tracht. Vielerorts identifizieren sich Menschen<br />
über traditionelle Kleidung mit ihrer Heimat. Nur zehn Kilometer<br />
von Oberstaufen entfernt, im vorderen Bregenzerwald, glänzt ein wahres<br />
Kleinod der Trachtenkunst: die Juppenwerkstatt in Riefensberg.<br />
102<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Anzeigen<br />
Schon am Gebäude der Juppenwerkstatt<br />
zeigt sich, dass die Vorarlberger<br />
Tradition <strong>und</strong> Moderne schon<br />
immer geschickt zu verknüpfen wussten.<br />
Der Wirtschaftsteil des ehemaligen Gasthauses<br />
Krone in Riefensberg, das bereits im Jahr<br />
1648 urk<strong>und</strong>lich erwähnt wurde, wurde entkernt<br />
<strong>und</strong> umgestaltet. Um ausreichend<br />
Licht für die Schauwerkstatt zu gewinnen,<br />
wurde die gesamte Giebelseite mit Glasschindeln<br />
eingekleidet. Die frühere Tenne<br />
<strong>und</strong> der Pferdestall des Gasthofs sind das<br />
neue Zentrum der Bregenzerwälder Juppenherstellung.<br />
Nur dort wird der anmutsvoll<br />
glänzende, gefaltete Juppenstoff in aufwendigen<br />
Arbeitsschritten produziert.<br />
Sennerei Hisau<br />
Platz 190, A‐6952 Hisau<br />
Tel. +43 (0)5513 / 27 86<br />
www.sennerei‐hisau.at<br />
„Hittisauer Bergkäse“–<br />
Käse aus dem Bregenzerwald<br />
www.sennerei‐hisau.at<br />
Fotos: Friedrich Böhringer (Lizenz: creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5), Viola Elgaß, Juppenwerkstatt Riefensberg/Adolf Bereuter<br />
DAS ENDE EINER GLANZVOLLEN ÄRA?<br />
Die Mitarbeiterinnen der Juppenwerkstatt<br />
führen seit 2003 unter der Leitung von Martina<br />
Mätzler ein Handwerk fort, das schon<br />
so gut wie ausgestorben schien. Als Luise<br />
<strong>und</strong> Manfred Fitz aus Egg im Jahr 1993 aus<br />
Altersgründen das Ende ihrer Manufaktur<br />
ankündigen mussten, schienen die letzten<br />
Tage der schwarzen Glanzleinentracht angebrochen<br />
zu sein. Ein bekanntes Stück Bregenzerwälder<br />
Identität war akut bedroht.<br />
Um das zu verhindern, ließ die Gemeinde<br />
Riefensberg mit finanzieller Unterstützung<br />
des Landes Vorarlberg <strong>und</strong> der Regio Bregenzerwald<br />
den ehemaligen Gasthof zur<br />
Schauwerkstatt umgestalten. Mit Gespür für<br />
Altes <strong>und</strong> Neues adaptierte der Bregenzer<br />
Architekt Gerhard Gruber den Wirtschaftstrakt<br />
zur Trachtenmanufaktur.<br />
Während sich im Unter geschoss des jahrh<strong>und</strong>ertealten<br />
Gebäudes Räume für die<br />
Stoffveredelung befinden, sind im oberen,<br />
zur Straße hin sichtbaren Bereich, eine<br />
Schaufläche <strong>und</strong> ein Nähatelier untergebracht.<br />
Bei Führungen (auch auf Anfrage)<br />
können sich Interessierte die Geschichte <strong>und</strong><br />
Handwerkskunst der Juppenherstellung persönlich<br />
näherbringen lassen. Eigens aus<br />
Waldshut angereist ist heute das »Forum<br />
Um genug Licht für<br />
die Schauwerkstatt zu<br />
gewinnen, wurde die<br />
gesamte Giebelseite<br />
mit einer Front aus<br />
Glas eingekleidet<br />
Ladenöffnungszeiten:<br />
Montag ‐ Samstag:<br />
Donnerstag & Freitag:<br />
NEU: Samstag:<br />
08.00 ‐ 12.00 Uhr<br />
14.30 ‐ 18.00 Uhr<br />
14.00 ‐ 17.00 Uhr<br />
In unserem Verkaufsladen<br />
finden Sie ein vielfälges Sorment<br />
an regionalen Spezialitäten!<br />
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<strong>und</strong> Sakralmuseum<br />
Öffnungszeiten:<br />
1. April - 1. November:<br />
täglich 10 - 17 Uhr,<br />
Jeden Sonntag 14 Uhr<br />
Gästeführung<br />
2. November - 31. März<br />
geschlossen<br />
Führungen nach Vereinbarung<br />
immer möglich<br />
KARTAUSE BUXHEIM <strong>und</strong><br />
DEUTSCHES KARTAUSEN-<br />
MUSEUM<br />
87740 BUXHEIM BEI MEMMINGEN<br />
Kontakt:<br />
Heimatdienst Buxheim e.V.<br />
87740 Buxheim<br />
Tel: 08331/ 61804<br />
Fax: 08331/963429<br />
E-Mail: info@<br />
heimatdienst-buxheim.de<br />
www.kartausebuxheim.de<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 103
Knapp fünf Meter Leinen<br />
braucht eine Juppenträgerin<br />
mit der Konfektionsgröße<br />
38 für den Rock.<br />
Dieser wird in mehr als<br />
500 Falten gelegt<br />
Die ehemalige Tenne als<br />
Präsentationsraum: Die<br />
prachtvollen Trachten -<br />
gewänder kommen in<br />
Schauvitrinen zur Geltung<br />
68«: Die Mitglieder des 1968 gegründeten<br />
Vereins besuchen gemeinsam spannende<br />
Kulturstätten <strong>und</strong> Sehenswürdigkeiten.<br />
FALTEN ALS STATUSSYMBOL<br />
Im Untergeschoss werden die Baden-Württemberger<br />
von Maria Rose Steurer-Lang<br />
begrüßt. Die Kunsthistorikerin aus Krumbach<br />
leitet die Führung. »Die Bregenzerwälder<br />
Juppe«, so sagt sie, »ist eine der ältesten<br />
<strong>und</strong> wertvollsten Trachten im Alpenraum.«<br />
Als Juppe wird die gesamte Tracht der Bregenzerwälderin,<br />
aber auch der Juppenrock<br />
bezeichnet. Er besteht aus schwarzem, glänzendem<br />
Leinen. »Glanz war über viele Jahrh<strong>und</strong>erte<br />
hinweg ein Ausdruck von Wohlstand«.<br />
Doch auch die zweite Besonderheit<br />
des Rocks, nämlich die vielen Falten, habe<br />
früh als besonders edel gegolten: »Schon im<br />
alten Ägypten trug man in der Oberschicht<br />
‚Plissee‘ – gefaltete Stoffe. Plissee kommt in<br />
vielen Trachtenkulturen vor. Es bedeutet<br />
unter anderem, dass man sich mehr Stoff<br />
leisten konnte, als zum Bedecken der Blöße<br />
erforderlich gewesen wäre.«<br />
Um die charakteristische, stark glänzende<br />
Oberfläche <strong>und</strong> steife Elastizität zu erlangen,<br />
muss das gefärbte Gewebe zuerst appretiert<br />
(geleimt) werden. Maria Rose Steurer-Lang<br />
führt ihre Gäste in einen Raum mit zwei<br />
kupfernen Heizkesseln. Aus Abfallleder kochen<br />
die Handwerkerinnen hier einen Lederleim.<br />
Das ist ein aufwendiger Prozess,<br />
denn der Sud muss st<strong>und</strong>enlang köcheln<br />
<strong>und</strong> ständig gerührt werden. Am »Leimtag«<br />
wird die Appretur fertiggestellt <strong>und</strong> das Leinen<br />
eingetaucht. Wichtig ist, dass es sich um<br />
einen Schönwettertag handelt, denn zum<br />
Aussteifen braucht die Appretur Sonnenlicht.<br />
Die Stoffbahnen werden auf der Wiese<br />
vor dem Haus ausgebreitet <strong>und</strong> nach dem<br />
Trocknen vorsichtig zusammengelegt, um<br />
ein Brechen zu vermeiden. Dann bearbeitet<br />
man sie erneut. Ist das Leimen abgeschlossen,<br />
klingen die Stoffe wie Pergament.<br />
GLANZ DURCH DRUCK UND REIBUNG<br />
Es folgt das Glästen, durch welches die Juppe<br />
ihren charakteristischen Glanz bekommt. In<br />
der Juppenwerkstatt wird erneut der Raum<br />
gewechselt. Hier wartet eine große, guss -<br />
eiserne Maschine, die mehrere Besucher an<br />
eine Wäschemangel erinnert. Sie stammt aus<br />
dem Jahr 1909. Durch Reiben wird die<br />
Oberfläche des Materials immer glänzender<br />
gemacht. Ein aufwendiger Prozess, der Erfahrung<br />
<strong>und</strong> Geduld voraussetzt. Durch diesen<br />
Vorgang gewinnt der Stoff wieder etwas<br />
mehr an Geschmeidigkeit, bleibt aber weiterhin<br />
steif.<br />
Für sein letztes wichtiges Merkmal muss der<br />
Stoff nun gefältelt werden. Auch hierfür gibt<br />
es eine his torische Maschine. Falte für Falte<br />
wird in den Stoff gepresst. Ein Juppenstoff<br />
von 480 Zentimetern Umfang wird in etwa<br />
500 Falten gelegt. Nach einem halben Jahr<br />
Ruhezeit kommen schließlich die Stoffrollen<br />
zur Juppenmacherin, wo sie für ihre spätere<br />
Trägerin passgenau verarbeitet werden.<br />
»Eine Juppe kann man nicht einfach kaufen«,<br />
beschreibt sie den r<strong>und</strong> eineinhalb Jahre<br />
dauernden Weg bis zur maßangefertigten<br />
Juppe. Doch das gehöre eben dazu, findet die<br />
Bregenzerwälderin, deren eigene Juppe ein<br />
Familienerbstück ist.<br />
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104<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong>
Maria Rose Steurer-Lang<br />
(rechts) führt den Verein<br />
»Forum 68« durch die<br />
Juppenwerkstatt. Der<br />
Erhalt der heimischen<br />
Tracht liegt ihr am Herzen<br />
MASSANGEFERTIGT FÜR WÄLDERINNEN<br />
Die einzelnen Teile des historischen Gewandes<br />
müssen von der Trägerin individuell bei<br />
den einzelnen Kunsthandwerkerinnen in<br />
Auftrag gegeben werden. Dementsprechend<br />
liegen die Kosten für die eigene Juppe auch<br />
bei 3000 Euro mit sehr viel Luft nach oben.<br />
Die einzigartigen <strong>und</strong> schmückenden Stickereien<br />
<strong>und</strong> Knüpfarbeiten für das Mieder <strong>und</strong><br />
den »Bleatz« (das Einstecktuch) werden ausschließlich<br />
für diese eine Juppe angefertigt.<br />
Die Fellkappe, die Spitzkappe, der Strohhut<br />
oder Angelika Kauffmannhut gehören ebenso<br />
zur Tracht wie das »Schappale«, das<br />
kunstvolle Krönchen aus Goldplättchen <strong>und</strong><br />
Goldfäden für Mädchen. Ärmel, Unterrock<br />
<strong>und</strong> Gürtel vervollständigen die Tracht. »Bei<br />
der Suche nach der passenden Kunsthandwerkerin<br />
unterstützen wir die Wälderinnen<br />
beratend«, erzählt Maria Rose Steurer-Lang.<br />
Selbst erwerbslose Frauen finden in der Juppenwerkstatt<br />
einen Weg zu ihrer Tracht –<br />
»herrinnenlose« Juppen verstorbener Wälderinnen<br />
werden hier gesammelt <strong>und</strong> an<br />
neue Besitzerinnen weitergegeben. Natürlich<br />
macht der ehrenamtliche Verein damit keine<br />
Umsätze. »Der Erhalt unserer Trachtenlandschaft<br />
ist uns wichtiger, als möglichst viel<br />
Geld zu verdienen«, erklärt die Kunsthistorikerin.<br />
Jede Wälderin, die eine Juppe möchte,<br />
soll auch eine tragen können.<br />
»HEIMAT VERKAUFT MAN NICHT«<br />
»Es vergehen kaum zwei Wochen, ohne dass<br />
wir eine Anfrage bekommen, unsere Stoffe<br />
auch in andere Regionen zu liefern«, beschreibt<br />
Maria Rose Steurer-Lang die große<br />
Nachfrage nach dem Juppenstoff. »Wenn wir<br />
wollten, könnten wir das ganze Jahr über<br />
arbeiten.« Aufträge von außerhalb nehmen<br />
die Frauen jedoch nicht an, denn »Heimat<br />
verkauft man nicht«, sagt die Kunsthistorikerin<br />
bestimmt. Nicht selten muss sich der<br />
Verein deswegen Engstirnigkeit vorwerfen<br />
lassen. Wer bei der Führung jedoch genau<br />
zuhört, versteht: Damit hat das nichts zu tun.<br />
Sondern damit, dass die Juppe einfach zu<br />
den Bregenzerwälderinnen gehört, <strong>und</strong> nirgendwo<br />
anders hin. Punkt. Mit einem Schaudern<br />
lauscht man der Krumbacherin, wenn<br />
sie von »Cosplay-Dirndln« auf dem Oktoberfest<br />
erzählt. Sucht man solche später online,<br />
findet man »Halloween-Dirndl« aus Latex<br />
oder einen Hauch von Stoff für das »Sexy<br />
Beer and Dirndl-Girl«. So etwas sind Auswüchse<br />
einer Tracht, die zu einem weltweiten<br />
Allgemeingut geworden ist. Die Wälderinnen<br />
möchten ihre Tracht als Kulturgut ihrer<br />
Region in die Zukunft führen. Und<br />
schützen damit ein Stück kostbare Heimat in<br />
einer globalisierten Welt. • Viola Elgaß<br />
JUPPENWERKSTATT<br />
RIEFENSBERG<br />
Dorf 52, A-6943 Riefensberg<br />
Öffnungszeiten: 1. Mai bis 31. Oktober, Dienstag:<br />
10-12 Uhr, Freitag: 10-12 Uhr <strong>und</strong> 14-16 Uhr<br />
Erster <strong>und</strong> letzter Sonntag im Monat:<br />
öffentliche Führung, Beginn 10 Uhr<br />
Weitere Infos <strong>und</strong> Preise: www.juppenwerkstatt.at<br />
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Kranzegger <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong><br />
Freitag, 14. September<br />
Einzigartig im Oberallgäu<br />
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Kranzegg immer einen Besuch wert!<br />
MISSNER VIEHSCHEID<br />
Missen-Wilhams | Samstag, 22. September <strong>2018</strong><br />
9.30 Uhr – Eintreffen der Alpen, anschließend Stimmung <strong>und</strong> Unterhaltung<br />
mit der Musikkapelle Missen-Wilhams im Feststadel.<br />
Für das leibliche Wohl ist mit heimischen Produkten bestens gesorgt.<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 105
FREIZEIT<br />
ALPSOMMER<br />
ZEIT ZUM SCHMÖKERN<br />
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das sind unsere Medientipps für den Sommer.<br />
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Führer stellen sich die Alpen mit Tourentipps vor. Der Verein »Allgäuer Alpgenuss« engagiert sich seit Jahren<br />
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Fax 08379/728018<br />
info@heimat-allgaeu.info<br />
www.edition-allgaeu.de<br />
REDAKTION:<br />
Viola Elgaß (v.i.S.d.P.), Claudia<br />
Schöwe, Franziska Rothermel,<br />
Thomas Niehörster<br />
Tel. 08379/728616,<br />
viola.elgass@heimat-allgaeu.info<br />
Gekennzeichnete Beiträge stellen<br />
die Meinung des Ver fassers,<br />
nicht aber des Verlages dar.<br />
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Ramona Klein, Bianca Elgaß,<br />
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Reinhard Scholl<br />
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