PT-Magazi 04 2018
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Sozialpolitik in der<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 4/<strong>2018</strong><br />
Warum ist das einstmals scheinbar in Stein<br />
gemeißelte „Abstandsgebot“ zwischen<br />
Sozialleistung und Niedriglohn zur<br />
Unkenntlichkeit zerbröselt?<br />
Gesellschaft<br />
6<br />
Chinesische Großmachtsucht, USamerikanische<br />
Selbstbespiegelung,<br />
islamistischer Terror, Kriegs- und<br />
Wohlfahrtsflüchtlinge oder afrikanische<br />
Völkermorde und Hungersnöte halten<br />
die Welt in Atem. - Deutschland diskutierte<br />
über einen eingebildeten, von<br />
Gesundheitsminister Jens Spahn angeblich<br />
herzlos und arrogant provozierten<br />
Skandal: Hartz IV bedeute nicht Armut,<br />
Hartz IV sei vielmehr die Antwort der<br />
Solidargemeinschaft auf Armutsgefährdung.<br />
Die Diskussion zeigt bedenkliches<br />
Unwissen über selbstgemachte sozialpolitische<br />
und globale Ursachen der Probleme.<br />
Hartz IV demokratisch legitimiert<br />
Was hat der Minister wirklich gesagt? Er<br />
hat schlicht und einfach in einem Satz<br />
zusammengefasst, was der Bundestag<br />
beschlossen und das Verfassungsgericht<br />
als grundrechtlich angemessen beurteilt<br />
hat: Hartz IV sichert das ökonomische,<br />
soziale und kulturelle Existenzminimum.<br />
Wem das politisch nicht passt - so z. B.<br />
die Partei „Die Linke“, der „Paritätische<br />
Wohlfahrtsverband“, Repräsentanten<br />
der Kirchen, Journalisten, Kabarettisten<br />
und Komiker, aber auch die Generalsekretärin<br />
der „CDU“ - der sollte nicht den<br />
Minister beleidigen und die Kanzlerin<br />
© Visual Generation Inc.<br />
auffordern, den inkriminierten Minister<br />
zu entlassen (so BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN).<br />
Vornehmste demokratische Pflicht<br />
solcher Kritiker wäre, mittels eines konstruktiven<br />
Misstrauensvotums die Regierung<br />
zu stoppen und eine neue Mehrheit<br />
im Bundestag schmieden, die sodann<br />
den angeblichen Missstand beseitigen<br />
könnte. Umfragen zeigen ja: Eine Mehrheit<br />
aller Deutschen ist der Auffassung,<br />
ja, Hartz IV ist zu wenig. Außerdem: Die<br />
Steuerkassen quellen ja scheinbar über,<br />
nach EU-Recht dürfte man ja auch jährlich<br />
100 Milliarden Euro neue Schulden<br />
machen, und die Europäische Zentralbank<br />
tut doch alles, damit die Schulden<br />
nichts kosten und kauft munter Staatsanleihen<br />
auf, druckt also benötigtes<br />
Geld nach Belieben.<br />
Billiges Geld vorhanden…<br />
Es wäre also auf den ersten Blick leicht,<br />
Geld für mehr soziale Gerechtigkeit<br />
locker zu machen. Zumal ja sprichwörtlich<br />
links schlagende Herzen traditionell<br />
noch drei weitere Geldquellen unaufhörlich<br />
propagieren: Spitzensteuersatz<br />
erhöhen, Vermögensabgabe einführen<br />
oder Mindestlöhne erhöhen – am besten<br />
nicht „oder“, sondern „und“, also<br />
alle drei Umverteilungs-Karten gleichzeitig<br />
ziehen. Und, ganz wichtig, die<br />
Sozialquote um einen Prozentpunkt von<br />
Inlandsprodukt zu erhöhen, könne nun<br />
wahrlich nicht die Bundesrepublik in<br />
die Knie zwingen – so der Vorsitzende<br />
des Paritätischen Wohlfahrtsverband Dr.<br />
Ulrich Schneider.<br />
Die „Argumente“ für mehr soziale<br />
Gerechtigkeit sind also zahlreich und<br />
nur die Hartherzigkeit, Uneinsichtigkeit<br />
und Dummheit einer der „neoliberalen<br />
Ideologie“ verpflichteten Minderheit sei<br />
das Elend geschuldet. Wie könne man<br />
ökonomistisches Geschwätz auf der<br />
Waage der Gerechtigkeit auch nur denken.<br />
Dessen ungeachtet seien ein paar<br />
solcher Gedanken in Erinnerung gerufen.<br />
Einer dieser Gedanken lautet: Der Sozialstaat<br />
bläht sich selbst auf, er wirkt wie<br />
eine Spirale seiner selbst. Ein anderer<br />
Gedanke lautet: Deutsche Unternehmen<br />
sind und bleiben (hoffentlich) international<br />
wettbewerbsfähig; der deutsche<br />
Arbeiter (ein Teil) ist es nicht mehr.<br />
…aber Umverteilungsgrenzen erreicht<br />
Wer sich ernsthaft mit wohlfeilen Forderungen<br />
nach mehr sozialer Gerechtigkeit<br />
kritisch befassen möchte, sollte sich<br />
zuerst das jetzt erreichte Ausmaß an<br />
Umverteilung vergegenwärtigen. Eine<br />
deutsche Durchschnittsfamilie, wie sie<br />
von der amtlichen Statistik beschrieben<br />
wird, umfasst einen durchschnittlichen<br />
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