15.12.2012 Aufrufe

Als noch getreidelt wurde - WSA Duisburg-Meiderich

Als noch getreidelt wurde - WSA Duisburg-Meiderich

Als noch getreidelt wurde - WSA Duisburg-Meiderich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Maritimes<br />

<strong>Als</strong> <strong>noch</strong> <strong>getreidelt</strong> <strong>wurde</strong><br />

Kohlenschifffahrt auf der Ruhr zwischen 1780 und 1890<br />

D ie<br />

­<br />

Ruhr, ein Flu ss in Nordrh<br />

ein-Westfalen , en tspringt<br />

am Ruhrko pf in del' Nahe von Winterberg<br />

im Sa uerland und mundet<br />

nach 235 Kilometern bei <strong>Duisburg</strong>­<br />

Ruhrort in den Rh ein. Zwisch en<br />

1780 und 18 90 trug sie zur Ents tehung<br />

del' nach ihr ben annten Regio<br />

n, dem "Ruhrgebiet" bei.<br />

Blick auf die Burg Blankenstein an der Ruhr<br />

Mitte des 18. Jahrhunderts<br />

herrschte <strong>noch</strong> Klein staaterei in<br />

Deutschland. Die Ruhr floss durch<br />

ver sch iedene Territorien. Am O berlauf<br />

lag die zu Preulicn gehorende<br />

Grafsc haft M ark m it den Stadte n<br />

Bochum und H attingen. Daran<br />

grenztc a m rechten Ruhrufer di e<br />

Reich sabtei Essen sowie das am linke<br />

n Ufer liegende Reichs stift Werden<br />

a n. Irn Anschluss daran folgten<br />

im Unterlauf d as Ge biet der zum und 1780 del' Flus s a usge ba ut und ka sse. Daneb en war die fiir den Fluss<br />

H erzogtum Berg ge ho rende n H err­ 16 Schl eu sen err ichtet werden konn­ zustandige Ruhrschifffahrtsverwalschaft<br />

Broi ch sowie das preu fsisch e ten. Nach Abschluss dieser Arbeiten tung srand ig damit besch aftigr, das<br />

Herzogturn Kleve mit Ruhrrnundung w ar die Ruhr auf einer Lange von 74 Flussbett mit seine n Wa sserbauten<br />

bei Ruhrort und die Stadt Du isburg, Kilometern schiffba r und zwa r vo n wie Buhnen, Leinpfaden, Schl eusen ,<br />

Preu fsen vers uchte schon seit Ian­ Frondenberg bis zur MUndung in den Schl achten und Schurzha fen in gutem<br />

gerem, die durchgan gige Befahrbar­ Rh ein. Die Schl eu sen w aren teilwei se Betriebszu st and zu halten. Bei der<br />

keit del' Ruhr zu erreichen, sche irerre a us H ol z errichtet und mu ssten spa rer jahrlichen Flussbefahrung nahmen<br />

abel' immer an den Widerstanden wegen Besch adi gung bei H ochwas­ d ie zustiindigen M itarbeite r Schade n<br />

einzelne r La ndes hcrren, Dabei ver­ ser und Eisgang a us Stein neu geb aut und Mangel auf und lielsen diese dann<br />

suchte jed er, seine eigene n Interessen werden. Finan ziert <strong>wurde</strong> der Ausb au beseitigen. An der Ruhr gab es nicht<br />

durchzu setzen und daraus Kapital zu vo n d er preu /Sischen Sta atskasse. Die­ nur Bergbau, so nde rn au ch Korn- und<br />

schlagen. Ab er das waren <strong>noch</strong> nichr se gewa hrte der KohlennieJeriage­ O lm iihlen, Hammerwerke, Blaufarbea<br />

ile Hindernisse fiir eine durchgan­ kasse in Ruhrort eine n Kredit, del' re ien, GieBereien. Eine Ge we hrfa brik<br />

gige Ruhrschifffahrt. Der Fluss war spa rer zuruckgezahlt <strong>wurde</strong>. Dabei hatte sich eben fa lls bereits in Flu ssan<br />

vielen Stellen mit Steinwe hre n, so diente der Erlos der transportierten nahe a ngesiede lr und nutzte di e Ruhr<br />

genannten "Schlagd en", a ufgesta ut, und verkauften Kohlen als Siche rheit. zum Abtran sport ihrer gefert igte n<br />

di e den Betrieb vo n Wassermi.ihl en Da s Geld <strong>wurde</strong> nicht nur zum Bau Waren. Das Haupttransport gut aber<br />

errnog lich ren. Die se Schlag de waren der Sch leuse n verwandt, sonde rn a uch blieb di e Kohle a us den am Flussla uf<br />

fur Schiffe unpassierbar und so mus­ zum Umbau der Schl achte und Was­ liegenden Gru ben sowie anfangs da s<br />

ste die Ladung meh rfach vo n eine rn sermUhlen. Salz a us del' Koniglich en Saline Un­<br />

Schiff zum anderen urngeladen wer­ lntere ssant ist, da ss einige Schleu­ na-Konigsborn, Scho n 18 01 ga b es<br />

den . Das war nicht nul' zeira ufwa ndig, se nneu ba uten von Firmen, die Inte­ den erste n Umbruch. Wegen des zu<br />

so ndern au ch die Qualitat der Ladung resse an der Schifffa hrt hatten, privat ge ringen Frac hta ufkommens in der<br />

litt sehr darunter. Nach langwi erigen finanziert <strong>wurde</strong>n. Sie erhielren dafUr Salzfah rt ga b man d ie o be rsten drei<br />

Verh andlungen mit allen Anl iegern er­ spa rer regelrnafsige Entsch adigungs­ Schleusen bei H erdecke, Wetter und<br />

reichte Preuf en, dass zwi sch en 1776 za hlunge n au s del' Kohlenniederlage- Witten auf.<br />

14 Leinen los! 1-08


D cr Schiffstyp, der diese Waren<br />

beforderre, war die Ruhraak, ein<br />

au s Eichenholz gebautes, sehr flachgehendes<br />

Fahrzeug m it einer Lange<br />

von 34 ,5m bis 38m, einer Breite bis<br />

5,12m bei einer Bordwandhohe von<br />

nur 1m. Die Tragfahigkeit betrug zw ischen<br />

90 und 165 Tonnen. Charakteristisch<br />

fur diesen Aakryp sind di e<br />

hochgezogenen Bug- und Heckenden,<br />

sow ie der im Bogen geschwungene<br />

Helmstock iiber dem Ruder. Sie harte<br />

eine n M ast fur das Focksegel sow ie<br />

ein gaffelgetakeltes Crolssegel, di e<br />

Seitenschwerter waren in Hohe de s<br />

Mastes a n der Bordwand angebrachr.<br />

Zur Besatzung gehorten in der Regel<br />

der Sch iffer, zwei Schiffsknechte und<br />

ein Sch iffsjunge. Ih re Unterkunft war<br />

eine kleine Kajiite vorne im Bug. Um<br />

den Tiefgang so gering wie moglich zu<br />

halren, er lag bei erwa 0,23m, hatte<br />

di e Ruhraak offene Laderaume, da di e<br />

Kohlenladung nicht gegen Feuchtigkeit<br />

geschiirzt werden brauchte. Ob er<br />

das obere Ende des Masres fiihrre das<br />

lange Treidelseil , mit dem di e Aak von<br />

zwei Pferden zu Berg gezogen <strong>wurde</strong>.<br />

D ie Sege l kamen nur im o beren Teil<br />

der Ruhr als Unterstiitzung der Pferde<br />

zum Eins atz. Auf dem Weg zum Zielhafen<br />

mussten die Aaken di verse<br />

Schleu sen und a uch einige Briick en<br />

passieren. Bedingt durch die Flusskehren<br />

wechselte der Leinpfad von eine r<br />

a uf di e andere Flu ssseite, dann <strong>wurde</strong><br />

ein " Obersc hlag" gemacht. Da s heilsr,<br />

zu erst musste das bis zu 400m lange<br />

Zugseil eingeho lt und der Treiber mit<br />

se ine n Pferden an Bord genommen<br />

werd en , anschlielsend fuhr man zum<br />

gegeniiberl iegenden Ufer. Dort ginge n<br />

Treiber und Pferde mit dem Zugseil<br />

wieder an Land und die Rei se konnte<br />

fortset zt werden.<br />

Bei der Begegnungzweier Fahrzeu ge<br />

kam es auf gutes Timing an, denn da s<br />

vom Mast der zu Berg fahrenden Aak<br />

hangende lange Treidelseil musst e<br />

dafur abge senkt werden. Der Treiber<br />

hielt di e Pferde so rechzeitig an, dass<br />

di e Aa k mit der Restgeschwindigkeit<br />

auslief. Dabei senk te sich da s Treidelse<br />

il so weit ins Wasser ab, dass der Tal ­<br />

Fahrer dariiber hinweggleiten konnte.<br />

Am Z ielort ang ekomrnen, begann die<br />

Maritimes<br />

Beladung. Die Kohlen waren auf hochw<br />

asser sicheren Plarzen (Kohlennied erlagen<br />

) zw ischengelagert . Di e meisten<br />

Z echen besalsen solche Niederlagen,<br />

in der Bli.itezeit gab es 85 dav on . Bedingt<br />

durch Hoch- und Niedrigwasser<br />

oder Eisgang war es nicht moglich, di e<br />

Ruhr ganzjahrig zu befahren. So ruhr e<br />

z.B. im Jahre 1856 die Schifffahrt an<br />

140 Tag en, in anderen jahren war es<br />

weniger. D och hauhg konnten wegen<br />

mangelnder Wa ssertiefe nur Teilladungen<br />

befordert werden.<br />

Bei der Talfahrt trieb di e bela ­<br />

den e Aak mit der Srrornung, Um den<br />

Windwiderstand zu verringern, <strong>wurde</strong><br />

der Mast n iedergelegt. Sie musste<br />

in tiefem Wa sser gehalren werden ,<br />

um sich nicht festzufahren. Bei ein er<br />

Fluss breite von bis ZlI 52m war da s<br />

in der kurvenreich en Streck e nicht<br />

einfac h. Bei einigen besonder s engen<br />

Stromkehren sta nd die ganze Besarzung<br />

am Ruder, um da s Fahrzeu g auf<br />

Kurs zu halten. Dabei halfen nichr<br />

nur di e abgesenkten Seiten schwerter,<br />

so ndern auch de r als Bugruder iib er<br />

den Bug ausgebrachte Vorderriemen.<br />

Leinen los! 1-08 15


kannten weder Eisgang <strong>noch</strong> Hochoder<br />

Niedrigwasser. Sie fuhren imrner<br />

und dadurch <strong>wurde</strong>n die Kohlenniederlagen<br />

uberflussig,<br />

Im Bergbau war es seit 1838 moglich,<br />

Ford ersch achte senkrecht in die<br />

Erde zu gra ben (Abzuteufen ), um damit<br />

unter die Mergelschicht zu k ommen.<br />

Dadurch wandert e der Ruhrkohlebergbau<br />

langsam nach Norden<br />

Richtung Emscher und Lippe abo<br />

<strong>Als</strong> letzter Grund ist die Schifffahrt<br />

selbst zu nennen. In den 110 j ah ren<br />

hab en sich die Ruhraaken technisch<br />

kaum weirerenrwickelt. Die Pahrzeuge<br />

<strong>wurde</strong>n zwar an die Schleusenabmessun<br />

gen angepasst und die Bordwande<br />

bis auf 1,1Om erhoht. Damit<br />

vergrofserre sich zwar die Lad ernenge,<br />

ein Schlepp betrieb wie auf dem Rhein<br />

<strong>wurde</strong> allerdings nicht eingefiihrt. Die<br />

Ruhraak war in der Lage, Fahrten auf<br />

dern Rhein durchzufiihren. Allerd ings<br />

waren dafiir kleinere Umbauten notig.<br />

So nahrn man in Miilheirn oder<br />

Ruhrort einen zweiten Mast und ein<br />

zusarzliches Ankergeschirr an Bord.<br />

Die Bordwande <strong>wurde</strong>n durch das<br />

Aufsetzten von "Setzborden" <strong>noch</strong><br />

wciter erho ht und mit Moos abgedichter,<br />

Bei spateren Versuch en, auf<br />

dem Rhein eine Ruhraak von einern<br />

Dampfschlepp er ziehen zu lassen,<br />

srellre sich hera us, dass der Rumpf<br />

zwar auf Tragfahigkeit ausgelegt war,<br />

aber beim Schleppen vie! mehr Zugkraft<br />

als ein Eisenschiff benorigte.<br />

Wahrend auf dern Rhein die Ara der<br />

Schieppschifffahrt mit Dampfschiffen<br />

begonnen hatte, <strong>wurde</strong>n die Kohlenschiffe<br />

auf der Ruhr immer <strong>noch</strong>' von<br />

Pferden <strong>getreidelt</strong>.<br />

Heute ist die Ruhr auf einer Lange<br />

von 12 km eine Bundeswa sserstrals e<br />

und fur die GrolSschifffahrt von der<br />

Miindung bis unterhalb der Miilheimer<br />

Schleuse nut zbar. Der Mulheirner<br />

Hafen mit cinern Ciirerumschlag von<br />

775.000 Tannen in 2003, ist iiber die<br />

Ruhrschleusen <strong>Duisburg</strong> und Raffelberg<br />

zu erreichen. Oberhalb von<br />

Millheim ist der Fluss eine Land eswasserstra<br />

sse in N RW und bis Essen­<br />

Rellinghausen fur Person en- und Freizeitschifffahrt<br />

durchgan gig befahrbar.<br />

Diese gibees auch weit er oberha lb auf<br />

den kun stlich angelegten Seen wie z.B.<br />

dem Baldeney-, Kernnad er- oder dem<br />

Hengsteysee.<br />

Ein wichtiger Zeitab schnitt des<br />

Ruhrgebietes ging zu Ende, als 191 6<br />

die letzte Ruhraak abgewrackt <strong>wurde</strong>.<br />

Maritimes<br />

Irn Jahre 1999 begannen 24 jugend ­<br />

liche in einem Beschaftigun gs- und<br />

Qu alifizierungspr ojekt der Stadt M iilheim/Ruhr<br />

mit dem Nachbau einer<br />

Ruhraak auf einer Miilheimer Werft.<br />

Im Herbst 2001 war sie fertig gesrellt<br />

und ist nun Aussrellun gsstuck auf<br />

der Zeche "Nachtigall" im West tilischen<br />

lndustriemu seum in Witten ­<br />

Bommern. Dart wird an die Zeit des<br />

Ruhrbergbaus erinnert, als die Kohlenschiffe<br />

<strong>noch</strong> die Ruhr befuhren.<br />

Diese Ruhraak tragt den Narnen von<br />

Ludwi g Hen z. Er war Mitre des 19.<br />

Jahrhunderts Wasserbaumeister an<br />

der Ruhr. Durch ihn sind viele Details,<br />

wie z.B. Stati stik en, Streckenbeschreibungen<br />

und Befahrungsprotokolle au s<br />

dieser Zeit iiberliefert.<br />

Text 6- Fotos. Norbert Hids<br />

Leinen los! 1-08 17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!