Mühlbacher Marktblatt 01/2005
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Islam in Südtirol: Gefahr<br />
oder Herausforderung<br />
Ein Vortrag von Professor Paolo Renner<br />
(im Rahmen der Glaubenswoche in Mühlbach)<br />
Professor Paolo Renner verstand<br />
es, die Anwesenden durch seine<br />
zahlreichen Erfahrungen mit Muslimen,<br />
durch seine fundierten Hintergrundinformationen<br />
und seine<br />
Weitsicht zu begeistern. „Es geht<br />
zunächst um korrekte Information“,<br />
betonte der Referent. Dabei<br />
gelte es, sich die Quellen anzusehen<br />
und Medienberichte nicht 1:1<br />
zu übernehmen, sondern entsprechend<br />
kritisch zu beleuchten. Oft<br />
würde durch Vorurteile eine negative<br />
Grundhaltung gegenüber Muslimen<br />
erzeugt. „Man braucht die<br />
Muslime nicht von vornherein alle<br />
heilig zu sprechen, man darf sie<br />
aber auch nicht von vornherein verdammen!“ So stimme z.B.<br />
der Vorwurf nicht, dass in muslimischen Ländern grundsätzlich<br />
gegen Christen vorgegangen würde. Der Hinweis, dass<br />
dort sehr wohl christliche Kirchen erbaut würden, führte bei<br />
manchen der Anwesenden zu einer Korrektur der bisherigen<br />
Vorstellung über den Islam. Doch stellte man sich auch die<br />
Frage, ob denn als Konsequenz davon auch wir uns für die<br />
Errichtung einer Moschee in Südtirol aussprechen sollten.<br />
Der Referent befürwortete diese Position, fügte aber an, dass<br />
nicht für jede muslimische Richtung eine eigene Moschee<br />
errichtet werden sollte, sondern jene Moslems, die hier in<br />
Südtirol leben, zunächst um die Einheit untereinander sich<br />
Die Frau in der Kirche<br />
Vortrag von Irene Gross,<br />
Pastoralassistentin von Brixen<br />
Die große Hoffnung von Irene Gross ist eine intensivere Zusammenarbeit<br />
zwischen Laien und Priestern. Dabei dachte<br />
sie vor allem an die Frauen, denn: „Die Angst vor der Frau in<br />
der Kirche hat heute keinen Platz mehr.“<br />
Der Zugang, den die Pastoralassistentin von Brixen für ihre<br />
Ausführungen wählte, hat offensichtlich ins Schwarze getroffen:<br />
Nicht wissenschaftlich und theoretisch hat sie das Thema<br />
„Frau in der Kirche“ beleuchtet, sondern von ihrem Glauben,<br />
ihrer Erfahrung und ihrer Berufung her.<br />
Frau Gross begann ihre Ausführungen, indem sie zunächst<br />
ihren persönlichen Werdegang aufzeigte und Einblick gab<br />
in ihre Berufungsgeschichte. Sie berichtete, wie sie in einer<br />
Familie, wo der christliche Glaube und das religiöse Leben<br />
eine Selbstverständlichkeit waren, aufwuchs, in zahlreichen<br />
ehrenamtlichen Tätigkeiten als Jugendliche sich engagierte<br />
und schließlich Heimat fand in ihrer hauptamtlichen Tätig-<br />
G L AU B E N S W O C H E<br />
bemühen sollten, um dann ein gemeinsames Gebetshaus erbauen<br />
zu können – genauso, wie es die Christen in muslimischen<br />
Ländern tun.<br />
Aufschlussreich auch folgender Hinweis: Wie es bei uns die<br />
„Sonntagschristen“ oder die „Weihnachtschristen“ gibt, so<br />
gebe es auch bei den Muslimen die „Freitagsmuslime“. Als<br />
Beleg führte er an, dass von den in Bozen lebenden Muslimen<br />
lediglich 10 – 15% den Ramadan halten.<br />
Auch auf die häufig geäußerte Kritik, dass die Muslime Europa<br />
kolonialisieren, um es anschließend zu missionieren, ist<br />
der Referent eingegangen und legte klar, dass es sich dabei<br />
um Märchen handle, die aber einen bitteren Ausgang nehmen<br />
können, da man beim Empfinden, sich verteidigen zu<br />
müssen, nicht selten zu den Waffen greift. „Man kann“, so<br />
Prof. Renner, „den eigenen Glauben nicht verteidigen, man<br />
muss ihn bezeugen und leben!“ Vor diesem Hintergrund verwies<br />
der Referent darauf, dass der Islam zwar eine kämpferische,<br />
aber keine gewaltsame Religion ist.<br />
Er zeigte auch auf, dass viele Muslime bei uns nicht mehr<br />
Gäste sind, sondern Mitbürger, die auch bereit sind, Mitverantwortung<br />
zu übernehmen, weshalb eine intelligente<br />
Offenheit unsererseits gefragt sei. Wenn wir uns offen mit<br />
Muslimen auseinandersetzen, offen mit ihnen reden, dann<br />
sind sie keine Gefahr mehr. „Nicht über, sondern mit ihnen<br />
reden“ – einer jener Impulse, die der Referent den Anwesenden<br />
mitgegeben hat. Doch um diese Gespräche aufnehmen<br />
zu können, bedarf es zunächst der eigenen starken Identität.<br />
„Wenn wir selbst eine starke Identität haben, wenn wir wissen,<br />
warum wir Christen sind und was es bedeutet, Christ zu<br />
sein, dann brauchen wir keine Angst mehr vor dem Fremden<br />
zu haben.“<br />
Um also in Mühlbach mit Muslimen ein gutes Miteinander<br />
führen zu können, bedarf es zuerst der Vertiefung des eigenen<br />
Glaubens. Ob die Glaubenswoche diesbezüglich Früchte<br />
tragen wird? Die Zukunft wird es zeigen.<br />
keit als Pastoralassistentin, die<br />
sie mittlerweile seit 21 Jahren in<br />
Brixen ausübt.<br />
Aufschlussreich sicherlich ihr<br />
Aufzeigen der personellen Situation<br />
in Brixen: In einer Pfarrei<br />
mit rund 10.000 Einwohnern<br />
leben rund 70 Priester. Ist in einer<br />
solchen Situation eine Pastoralassistentin<br />
von Nöten? „Ich<br />
habe in diesen 21 Jahren noch nie<br />
das Empfinden gehabt“, so die<br />
Referentin, „einem Priester seine<br />
Arbeit wegzunehmen, und mir<br />
wurde in dieser Zeit noch von keinem<br />
Pfarrer gesagt, dass es meine<br />
Arbeit nicht bräuchte.“ Daraus<br />
schloss sie folgerichtig, dass die Aufgabe als Pastoralassistentin,<br />
generell die Rolle der Frau in der Kirche, eine ganz spezifische<br />
und als ergänzend zu den Aufgaben des Priesters zu<br />
sehen sei. „Ich bin kein kopierter Kooperator“, betonte Gross,<br />
sondern als Frau und als Pastoralassistentin<br />
Jänner • Februar • März <strong>2005</strong> 21