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Josef und Katharina Biberger

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<strong>Josef</strong> <strong>und</strong> <strong>Katharina</strong> <strong>Biberger</strong><br />

Feldgemüseanbauer aus Altdorf bei Landshut<br />

mit Sohn Armin im Pastinakenfeld...<br />

Die Hauptstraße von Altdorf nach Landshut ist stark befahren. Der kleine Hof rechts vor<br />

der alten Altdorfer Kirche ist voller Maschinen <strong>und</strong> Kisten aller Größen. Eine Idylle ist das<br />

hier nicht. Sepp <strong>Biberger</strong> führt mich ins Büro. Am Computer ist gerade eine Konstruktionszeichnung<br />

seines Karottenroders geöffnet, an dem er noch einige Umbauten vornehmen<br />

will. Bin ich etwa doch in einem Ingenieursbüro?<br />

Nein, der Biobauer aus dem Bilderbuch, auf dem Kopf ein Strohhut, die Sense in der Hand,<br />

das ist der <strong>Biberger</strong> Sepp ganz <strong>und</strong> gar nicht. Aber auch nicht das andere Extrem: „wir<br />

sind keine Existenzgründer, die mit einem neuen Betriebskonzept im Kopf zur Bank gehen<br />

<strong>und</strong> dann mit viel Geld loslegen“, sagt er <strong>und</strong> wie die <strong>Biberger</strong>s den Werdegang des Hofes<br />

beschreiben, macht dann doch deutlich, dass sie durch <strong>und</strong> durch Bauern sind, die alles<br />

auf ihre Art wachsen sehen wollen.<br />

<strong>Katharina</strong> war die treibende Kraft Richtung Bioanbau, nachdem sie bei einem Vollwertkochkurs<br />

an der VHS den ersten Anstoß dazu bekam. Das war 1986, nach der Tschernobylkatastrophe.<br />

Damals entstanden auch die ersten K<strong>und</strong>enkontakte, weil die Leute<br />

unbelastete Milch direkt vom Hof wollten <strong>und</strong> dazu immer die aktuellen Becquerel-<br />

Messwerte.<br />

Tiere oder Gemüse?<br />

Seit 1806 bis zur letzten Generation war der Hof mit seinen 20ha Fläche noch Vollerwerbsbetrieb.<br />

Als Sepp den Hof übernahm, hatten die <strong>Biberger</strong>s 5 Kühe, einen Ochsen, zwei<br />

Kälber <strong>und</strong> 20 Schweineplätze am Hof. Zu klein, um drei Generationen zu ernähren. So ist<br />

Sepp der erste Hofnachfolger, der einen anderen Beruf gelernt hat. Als Fernmeldehandwerker<br />

bei der Telekom verdient er sein Haupteinkommen. Seine Frau <strong>Katharina</strong> ist auch<br />

so etwas wie eine Nebenerwerbslandwirtin. Die Hausarbeit, drei Kinder <strong>und</strong> seit acht<br />

Jahren die pflegebedürftige Oma begrenzen ihre Zeit als Bäuerin.<br />

Die beiden <strong>Biberger</strong>s beginnen 1989 mit der Umstellung auf Bioanbau. „Was ich gleich zu<br />

Anfang gelernt habe, war: 1. ein Betrieb unserer Größe braucht einen Hofladen, 2. unser<br />

Boden braucht eine Hackfrucht“, sagt Sepp. Und da kommt dann eines zum anderen. Der<br />

Hofladen lässt sich nicht mit Getreide, Eiern <strong>und</strong> Milch allein betreiben, überdies war die


Viehhaltung in dieser Größe unrentabel. 1998 müssen die Tiere weichen: „Solange die<br />

Oma noch können hat, waren Tiere am Hof – die waren ihr Leben, die hätten wir ihr nicht<br />

nehmen können.“ Aber dann war die Oma selbst zu pflegen <strong>und</strong> die Tiere nicht mehr zu<br />

halten. Der letzte Anstoß zum Gemüseanbau war gegeben.<br />

… <strong>und</strong> mit Tochter Amelie in den Zwiebeln<br />

Spezialgeräte selbstgebaut<br />

Stück für Stück wurde umstrukturiert – nebenbei. Hackfruchtanbau, das heißt Feldgemüse.<br />

Hier wächst Gemüse, das man säen kann, das keine Bewässerung braucht <strong>und</strong> lagerfähig<br />

ist. Letztes Jahr waren das 1,3ha Kartoffeln, 1,5ha Gelbe Rüben, Rote Bete <strong>und</strong><br />

Petersilienwurzeln, 0,7ha Zwiebeln. Auf dem Rest wächst Getreide oder die Flächen<br />

werden zeitweise stillgelegt. „Wir haben auch Flächen, die für Gemüse ungeeignet sind:<br />

Hanglagen, wegen der Bodenerosion, steinige Böden, wo das Gemüse krumm wächst,<br />

….<strong>und</strong> Sumpf.“ Er zeigt mir ein Foto vom letzten Jahr aus der Münchenerau. Beim<br />

Isarhochwasser ist hier das Gr<strong>und</strong>wasser hochgekommen <strong>und</strong> hat die Kartoffelernte zum<br />

Teil vernichtet.<br />

„Anfangs haben wir einfach ausprobiert <strong>und</strong> viel Lehrgeld bezahlt“ erinnert sich <strong>Katharina</strong>.<br />

Bei aller Beratung, ist doch jeder Boden anders, jeder Betrieb anders strukturiert. So<br />

waren die Abstände bei den Gelben Rüben einmal zu groß <strong>und</strong> es kamen nur unverkäufliche<br />

Riesenrüben heraus, ein andermal zu klein. Außerdem musste für das, was bei den<br />

ersten Feldversuchen noch in Handarbeit gesät, gehackt <strong>und</strong> geerntet wurde, die gesamte<br />

Struktur geschaffen werden. Das fängt an, bei den verschiedenen Maschinen für die<br />

Feldarbeit, zum Beispiel den Kartoffelvollernter, den Roder für die Karotten, über Geräte<br />

zur Sortierung <strong>und</strong> Reinigung des Gemüses bis hin zur Einwaage <strong>und</strong> Abpackung.<br />

Vom Voll- zum Nebenerwerb – <strong>und</strong> wieder zurück<br />

Hier kommt der Techniker in <strong>Josef</strong> <strong>Biberger</strong> zum Zuge. Er sucht sich seine Geräte überall<br />

zusammen <strong>und</strong> baut sie, wenn nötig, bedarfsgerecht um. „Damit ich preislich mithalten<br />

kann, muss ich weitgehend ohne Handarbeit auskommen. Darüber hinaus habe ich als<br />

Biobauer zeitlich wenig Spielraum, ich muss im exakt richtigen Moment Unkraut striegeln,<br />

so dass es dem Unkraut schadet, aber die Feldfrucht nicht verletzt wird. Standardgeräte<br />

helfen oft nichts, ich brauche zum Beispiel andere Reihenabstände, damit der Wind<br />

besser durchkommt <strong>und</strong> so Pilzbefall verhindert wird.“ Vom Karottenroder über die<br />

Zwiebelputzmaschine bis hin zur Kartoffeleinwaage für 5kg-Säcke, überall hat der Tech-


nikbegeisterte selbst dran konstruiert <strong>und</strong> seinen Betrieb damit optimiert.<br />

Und nicht zu vergessen muss sich so eine Menge Gemüse auch erstmal verkaufen lassen.<br />

Jetzt bekomme ich die vielen Kisten erklärt, die am Hof stehen. Die einen sind für die<br />

„Höhenberger Abokiste“, in jede passen 200kg Gelbe Rüben rein, die ist mit dem Frontlader<br />

schnell aufgeladen, wenn der Transporter auf der Tour vorbei kommt. Für TAGWERK<br />

so schaut ein Zwiebelfeld aus der Perspektive eines Käfers aus<br />

braucht er die grünen 10kg Kisten, mit denen man im Laden gut hantieren kann, die<br />

Gelben Rüben werden in luftdichte Plastiktüten eingeschlagen, damit in der Kühlung mit<br />

gemischtem Obst <strong>und</strong> Gemüse keine Ethylengase eindringen können, denn die würden<br />

die Rüben bitter werden lassen. Eine Menge Arbeit vom Säen über das Pflegen <strong>und</strong> Ernten,<br />

das Reinigen, Waschen, Abpacken, Einlagern bis hin zum Ausliefern. Die Familie <strong>Biberger</strong><br />

hat zu tun, neben <strong>Katharina</strong> <strong>und</strong> Sepp helfen auch die 3 JuniorgärtnerInnen Armin (19),<br />

Anna (17) <strong>und</strong> Amelie (15) mit.<br />

So viel Arbeit <strong>und</strong> das alles im Nebenerwerb? Der <strong>Biberger</strong> Sepp lächelt verschmitzt, „ja,<br />

da entwickelt sich gerade einiges. Die Telekom will zukünftig k<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>licher werden.<br />

Das bedeutet für mich neue Arbeitszeiten – länger in den Abend hinein – <strong>und</strong> damit<br />

unvereinbar mit der Landwirtschaft.“ Aber die <strong>Biberger</strong>s ziehen ihre eigenen Konsequenzen:<br />

„ich hör auf <strong>und</strong> werde wieder Vollerwerbslandwirt.“ So bekommt TAGWERK einen<br />

zuverlässigen Lieferanten von Feldgemüse <strong>und</strong> der <strong>Biberger</strong>hof eine Zukunft auch für<br />

kommende Generationen.<br />

Reinhard Gromotka<br />

TAGWERK-Zeitung Herbst 3/2006

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