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"eine grotesk überzogene Dämonisierung eines Mannes"

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Demokratiezentrum Wien<br />

Onlinequelle: www.demokratiezentrum.org<br />

Printquelle: in: Gehler, Michael / Sickinger, Hubert (Hg.): Politische Affären und Skandale in Österreich. Von Mayerling bis<br />

Waldheim. Kulturverlag, Thaur/Wien/München 1996, S. 614-666<br />

Zeitgeschichtsforschung, 152 nicht nur die öffentliche Meinung spaltete: "Die durch ihn<br />

entstandene Kluft geht quer durch die Gesellschaft, die Generationen, die Parteien. So schwer<br />

es ist, wir müssen auch sie zu schließen versuchen, aber nicht im Haß, nicht im Haß (...)." 153<br />

Das Bild vom Österreich, welches s<strong>eine</strong> NS-Vergangenheit verdrängt hatte und leugne, setzte<br />

sich bereits weltweit fest. Waldheim trotzte aber kontinuierlich diesen Anfechtungen und zeigte<br />

dabei kaum Verständnis für s<strong>eine</strong> Kritiker, unter denen Künstler wie der Kommunist Alfred<br />

Hrdlicka (der ein übergroßes Holzpferd angefertigt und vor der Hofburg aufgestellt hatte,<br />

welches an Waldheims verdrängte Vergangenheit in der SA-Reiterstandarte erinnern sollte -<br />

nachdem Sinowatz süffisant festgestellt hatte, er nehme zur Kenntnis, daß nur Waldheims Pferd<br />

bei der SA gewesen sei), Schriftsteller und Intellektuelle wie Erika Weinzierl 154 oder Gerhard<br />

Botz 155 öffentlich auftraten. Die mitunter massiv vorgetragenen Forderungen nach<br />

Konsequenzen bzw. Rücktritt blieben allerdings erfolglos.<br />

Gruber, persönlicher Freund und <strong>eine</strong>r der engagiertesten Verteidiger Waldheims, hatte sich<br />

angesichts der massiven Einmischungsversuche in innere österreichische Angelegenheiten in<br />

die Zeit der ersten Nachkriegsperiode zurückversetzt gefühlt, jener Phase der alliierten<br />

Besatzung, 156 für welche Österreich von Zeithistorikern als "bevormundete Nation" 157<br />

charakterisiert wurde. In <strong>eine</strong>m Interview mit dem italienischen Fernsehen hatte Gruber s<strong>eine</strong><br />

Meinung dezidiert zum Ausdruck gebracht. Im ORF-Inlandsreport wurde der Wortlaut s<strong>eine</strong>r<br />

Aussagen am 11. Februar gesendet:<br />

"Juristisch betrachtet schaut die Sache so aus: Er ist vom österreichischen Volk gewählt. Wenn<br />

nicht ein österreichisches Gericht ihn verurteilt, kann er noch einmal gewählt werden. Er wird<br />

zwar nicht wieder kandidieren, aber wenn er mit Gewalt abgesetzt würde, würde er sofort<br />

152 Vgl. hierzu auch Gerhard Botz, Krisen der österreichischen Zeitgeschichte, in: ders./Sprengnagel<br />

(Hrsg.), Kontroversen, S. 16-76, Erika Weinzierl, Zeitgeschichte in der Krise?, in: ebd., S. 132-149 und<br />

die kritische Bestandsaufnahme zur österreichischen Zeitgeschichtsforschung von Thomas Angerer, An<br />

Incomplete Discipline: Austrian Zeitgeschichte and Recent History, in: Contemporary Austrian Studies,<br />

hrsg. v. Günter Bischof und Anton Pelinka, Vol. 3, New Brunswick - London 1994, S. 207-251, hier S. 208<br />

f., 221-227, bes. 223 ff.<br />

153 Erika Weinzierl, Es geht um unsere Identität, in: Milo Dor (Hrsg.), Die Leiche im Keller. Dokumente des<br />

Widerstands gegen Dr. Kurt Waldheim, Wien 1988, S. 83 f.<br />

154 Ebd., S. 83 f.; dies., Schuld durch Gleichgültigkeit, in: Anton Pelinka/Erika Weinzierl (Hrsg.), Das<br />

große Tabu. Österreichs Umgang mit s<strong>eine</strong>r Vergangenheit, Wien 1987, S. 174-195.<br />

155 Vgl. Gerhard Botz, Die Synthese mit Österreichs NS-Vergangenheit, in: Milo Dor, Die Leiche, S. 22-26<br />

(Rede Botz' auf der Kundgebung auf dem Ballhausplatz 12. 3. 1988); ders., Österreich und die NS-<br />

Vergangenheit. Verdrängung, Pflichterfüllung, Geschichtsklitterung, in: Dan Diner (Hrsg.), Ist der<br />

Nationalsozialismus Geschichte? Zu Historisierung und Historikerstreit, Frankfurt/Main 1987, S. 141-152.<br />

156 Karl Gruber, Im Wien der Teppichwickler und des Dritten Manns, in: Die Weltwoche, 5. 2. 198; so<br />

ders. Auch in mehreren Gesprächen dem Verfasser gegenüber.<br />

157 Vgl. Sammelwerk von Günter Bischof/Josef Leidenfrost (Hrsg.), Die bevormundete Nation. Österreich<br />

und die Alliierten 1945-1949 (Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 4), Innsbruck 1988.<br />

Autorin/Autor Michael Gehler • Titel: "...<strong>eine</strong> <strong>grotesk</strong> <strong>überzogene</strong> <strong>Dämonisierung</strong> <strong>eine</strong>s Mannes..." 1 ? Die Waldheim-Affäre 1986-1992<br />

Printquelle: in: Gehler, Michael / Sickinger, Hubert (Hg.): Politische Affären und Skandale in Österreich. Von Mayerling bis<br />

Waldheim. Kulturverlag, Thaur/Wien/München 1996, S. 614-666 • Onlinequelle: www.demokratiezentrum.org<br />

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