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Der Frankfurter Riedberg. Stadtentwicklung für das 21. Jahrhundert

ISBN 978-3-86859-537-6 https://www.jovis.de/de/buecher/product/der-frankfurter-riedberg.html

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<strong>Der</strong> <strong>Frankfurter</strong> <strong>Riedberg</strong><br />

<strong>Stadtentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhundert</strong><br />

Herausgegeben von<br />

Christian Kaufmann und Michael Peterek<br />

<strong>für</strong> den Deutschen Werkbund Hessen<br />

in Zusammenarbeit mit der<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Wirtschaft, Arbeit und Kultur e.V.<br />

Mit Fotografien von Gerd Kittel


7<br />

8<br />

Mike Josef<br />

Christian Kaufmann und<br />

Michael Peterek<br />

Grußwort<br />

Einführung<br />

10<br />

Fotografien <strong>Riedberg</strong> am Anfang<br />

Einordnung und Geschichte<br />

22<br />

30<br />

46<br />

52<br />

Michael Peterek und<br />

Thorsten Bürklin<br />

Dieter von Lüpke<br />

Christian Holl<br />

Alexander Ebert und<br />

Friedhelm Flug<br />

Städtebau am Stadtrand<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> im Kontext großräumiger Stadterweiterungsprojekte<br />

<strong>Der</strong> neue Stadtteil „Am <strong>Riedberg</strong>“<br />

Ein komplexes Großprojekt mit einer 27-jährigen Planungs- und Baugeschichte<br />

Die normative Kraft des Normalen<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> – Kritische Würdigung eines gewöhnlichen Stadtteils<br />

Integrierte <strong>Stadtentwicklung</strong> durch treuhänderisches Projektmanagement<br />

Umsetzung und Organisation der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme<br />

„Am <strong>Riedberg</strong>“<br />

60<br />

Fotografien Einfamilienhäuser auf dem <strong>Riedberg</strong><br />

Gebäude, Stadtbausteine, Stadträume<br />

92<br />

98<br />

106<br />

112<br />

118<br />

124<br />

Ursula Baus<br />

Atelier 5<br />

Rainer Schulze<br />

Caroline Günther<br />

Thorsten Bürklin und<br />

Michael Peterek<br />

Wohlstand liebt Konvention<br />

Eine Außensicht auf Wohntypologien im Stadtteil <strong>Riedberg</strong><br />

Bauen <strong>für</strong> den Markt<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> aus dem Blick der Architekten<br />

Architekturpark ohne Konzept<br />

Auf dem Universitätscampus wurde der Städtebau vernachlässigt<br />

Lernen und Leben am <strong>Riedberg</strong><br />

Eine Bestandsaufnahme der Bildungs- und Sakralbauten<br />

Räume der metropolitanen Stadt-Landschaft<br />

Zwischen Dorf und Stadt und Land<br />

C. Emmerich Schönmehl Treuhänderisches Projektmanagement im Projekt <strong>Riedberg</strong><br />

Instrumente städtebaulicher und hochbaulicher Qualitätssicherung


Inhaltsverzeichnis<br />

132<br />

Fotografien <strong>Der</strong> Campus, Bauten <strong>für</strong> Soziales und Kultur<br />

Leben im neuen Quartier<br />

156<br />

164<br />

Linda Diehl<br />

Christian Kaufmann<br />

Das Selbstimage des Stadtquartiers Frankfurt-<strong>Riedberg</strong><br />

Eine Analyse aus Bewohner- und Akteurssicht<br />

Wohnen am <strong>Riedberg</strong><br />

Eindrücke eines Neubürgers<br />

174<br />

Fotografien Mehrfamilienhäuser auf dem <strong>Riedberg</strong><br />

Aktive Flächenentwicklung durch städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen<br />

206<br />

220<br />

Stephanie Terfehr und<br />

Birgitta Thurow<br />

Arno Bunzel<br />

Voruntersuchungen bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen<br />

Vorbereitung, notwendige Inhalte, praxisgerechte Umsetzung<br />

Chancen, Grenzen, Alternativen<br />

Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen –<br />

die effektivste Form der Baulandentwicklung?<br />

Lernen vom <strong>Riedberg</strong><br />

230<br />

Christian Kaufmann und<br />

Michael Peterek<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> als Praxisbeispiel<br />

Erfahrungen und Erkenntnisse <strong>für</strong> zukünftige Projekte<br />

236<br />

238<br />

Autoren<br />

Herausgeber und Partner


Grußwort<br />

Vom <strong>Riedberg</strong> lernen –<br />

zukunftsfähiges Wachstum gestalten<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> ist die größte Stadterweiterung in<br />

Frankfurt am Main und eines der größten Wohnungsbauprojekte<br />

bundesweit. Insofern muss man zu<br />

Recht die Frage stellen: Was können wir vom <strong>Riedberg</strong><br />

lernen? Was wurde gut oder sogar vorbildlich gelöst?<br />

Und was würde man heute anders machen?<br />

Frankfurt wächst, <strong>für</strong> <strong>das</strong> Jahr 2030 müssen wir<br />

nach aktuellem Stand von einer Bevölkerungszahl von<br />

810.000 ausgehen. Um die Stadt zukunftsfähig zu<br />

gestalten, müssen wir dieses Wachstum quantitativ,<br />

aber auch qualitativ bewältigen. Das ist eine große<br />

Herausforderung <strong>für</strong> die gesamte Stadtgesellschaft.<br />

Frankfurt muss weitere Flächen aktivieren, um diesem<br />

steigenden Bedarf nach Wohnraum zu entsprechen.<br />

Was können wir bei der Neuentwicklung von Stadtquartieren<br />

vom <strong>Riedberg</strong> lernen? <strong>Stadtentwicklung</strong><br />

braucht einen langen Atem. Projekte dieser Größenordnung<br />

benötigen mindestens 15 bis 20 Jahre Entwicklungsdauer.<br />

Wir müssen also vorausschauend<br />

planen. Das Projekt war in den Anfangsjahren gerade<br />

im lokalen Umfeld sehr umstritten. Heute erfreut<br />

es sich hingegen großer Akzeptanz – auch in den<br />

umliegenden Stadtteilen. Hier braucht es viel Kommunikation<br />

und viel Geduld.<br />

Von dem Projekt können wir auch lernen, <strong>das</strong>s<br />

die soziale Infrastruktur parallel zur Wohnbebauung<br />

hergestellt werden kann. Die erste Kita wurde 2002,<br />

die erste Grundschule 2004 eröffnet, heute sind es<br />

drei Schulen und elf Kitas. Ein Einkaufszentrum wurde<br />

2008 eröffnet. Auch wenn es punktuell Engpässe gab,<br />

so war doch die Versorgung insgesamt sehr gut –<br />

bei gleichzeitiger, teilweise massiver Erhöhung der<br />

Versorgungsstandards.<br />

In Bezug auf die Nachhaltigkeit wurden am <strong>Riedberg</strong><br />

vorbildliche Lösungen gefunden und realisiert:<br />

Das reicht von der konsequenten Bewirtschaftung des<br />

Niederschlagswassers und einem vernetzten System<br />

von Grünflächen über <strong>das</strong> Energiekonzept bis hin zum<br />

Schutz von klimarelevanten Flächen.<br />

Die Planungen waren zu Beginn stark auf die Schaffung<br />

familienfreundlicher Wohnangebote und auf<br />

eine Erhöhung der Eigentumsquote ausgerichtet,<br />

um dem Wegzug „junger Familien“ aus der Stadt zu<br />

begegnen. Das Leitmotiv war „Wohnen in der Stadt<br />

und im Grünen“. Die Situation heute verlangt allerdings,<br />

ein deutlich stärkeres Gewicht auf bezahlbaren<br />

Wohnraum zu legen, hier müssen wir zukünftig sozial<br />

zielgenauer agieren.<br />

Wir müssen über städtebauliche Leitbilder und<br />

Qualität sprechen: Auf dem <strong>Riedberg</strong> wurden sehr<br />

große Anstrengungen mit weitreichenden Gestaltungsauflagen<br />

unternommen. Häufig wird jedoch die städtebauliche<br />

Figur insgesamt kritisiert und demgegenüber<br />

gründerzeitliche Viertel mit Blockrandbebauung<br />

favorisiert. Ob dies tatsächlich immer eine angemessene<br />

Antwort auf jede räumliche Situation ist, sei<br />

dahingestellt. Die Diskussion muss weiter geführt<br />

werden.<br />

Mit dem <strong>Riedberg</strong> wurde ein Stück funktionierende<br />

Stadt geschaffen – die Diskussion über die richtigen<br />

Leitlinien und Entwicklungsziele muss aber weiter<br />

geführt werden. Ich bin sicher, <strong>das</strong>s dieses Buch hierzu<br />

einen wichtigen Beitrag leisten kann.<br />

Mike Josef<br />

Dezernent <strong>für</strong> Planen und Wohnen<br />

der Stadt Frankfurt am Main


8<br />

Christian Kaufmann und Michael Peterek<br />

Einführung<br />

<strong>Der</strong> neue <strong>Frankfurter</strong> Stadtteil „Am <strong>Riedberg</strong>“ 1 galt<br />

lange Zeit als eines der größten Stadterweiterungsprojekte<br />

der Bundesrepublik nach der Wiedervereinigung.<br />

1997 beschlossen, beherbergt <strong>das</strong> Neubaugebiet<br />

im <strong>Frankfurter</strong> Norden in Zukunft ca. 16.000 Einwohner<br />

sowie die (zum größten Teil neu angesiedelten)<br />

naturwissenschaftlichen Institute und Forschungseinrichtungen<br />

der <strong>Frankfurter</strong> Goethe-Universität.<br />

2020 soll es endgültig fertig gestellt sein. Entstanden<br />

sein wird dann ein Wohnquartier mit einem zentralen<br />

Versorgungsbereich, hochwertigen Freiräumen und<br />

Grünflächen und einer ambitionierten und umfangreichen<br />

Infrastruktur öffentlicher Bildungseinrichtungen,<br />

darunter mehr als zehn Kitas, zwei Grundschulen,<br />

ein Gymnasium, eine Integrierte Gesamtschule sowie<br />

kirchlichen Räumen.<br />

Die unterschiedlichen Beiträge des vorliegenden<br />

Buches nehmen die hier entstandenen Architekturen,<br />

öffentlichen Gebäude und Einrichtungen, aber auch<br />

die Entwicklungsgeschichte, <strong>das</strong> städtebauliche Konzept<br />

und die entstandenen Freiräume in den Blick und<br />

unterziehen <strong>das</strong> „Projekt <strong>Riedberg</strong>“ einer kritischen<br />

Würdigung. Herausgearbeitet werden sollte dabei vor<br />

allem die Frage, ob der <strong>Riedberg</strong> und die dort entstandenen<br />

Strukturen und die angewendeten städtebaulichen<br />

Maßnahmen Vorbildfunktion <strong>für</strong> zukünftige<br />

Stadterweiterungsprojekte, auch in anderen Ballungsräumen<br />

der Republik, haben können.<br />

Die Frage eines „Lernens vom <strong>Riedberg</strong>“ entlässt<br />

den Stadtteil und seine Bauten aus einer rein lokalen<br />

Beurteilung und hebt seine Betrachtung auf die Ebene<br />

überregionaler Relevanz. Die am <strong>Riedberg</strong> entstandenen<br />

Bauten, zumal die Wohnbauten, sind in ihrer überwiegenden<br />

Mehrzahl weder herausragend ungewöhnlich,<br />

noch experimentell, sondern verkörpern derzeit<br />

gängige Architektur. Doch von Bedeutung scheint den<br />

Herausgebern weniger die Frage, ob gute, weniger<br />

gute oder belanglose Architekturen entstanden sind,<br />

als vielmehr die, welche Schlüsse daraus <strong>für</strong> künftige<br />

Projekte gezogen werden können. Denn die Frage,<br />

wie wir heute und in Zukunft gut in Städten und<br />

Ballungsräumen leben können, ist nicht nur eine der<br />

drängendsten gegenwärtig, sie wird eine der entscheidenden<br />

<strong>für</strong> unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt<br />

sein.<br />

Neben den wissenschaftlichen und interdisziplinären<br />

Beiträgen namhafter Autorinnen und Autoren,<br />

davon viele Werkbundkolleginnen und -kollegen,<br />

setzen die Bilder von Gerd Kittel, einem renommierten<br />

<strong>Frankfurter</strong> Kunst- und Architekturfotografen, einen<br />

besonderen Schwerpunkt. Sein künstlerischer Beitrag<br />

schafft einen eigenen, auf Anschauung basierenden<br />

Erkenntnisraum. Von 2010 bis 2018 dokumentierte<br />

Kittel die am <strong>Riedberg</strong> entstehenden Architekturen in<br />

einem Langzeitprojekt. Sein künstlerisches Interesse<br />

gilt nicht den preisgekrönten Ausnahmearchitekturen,<br />

die sich in prachtvollen Bildbänden oder in Architekturmuseen<br />

feiern lassen, sondern den Alltagsarchitekturen<br />

und dem Alltäglichen, <strong>das</strong> unser Leben prägt.<br />

Mit einheitlichen Parametern, die er an seine Motive<br />

anlegt, ermöglicht der Kunstfotograf ein vergleichendes<br />

Sehen. So sind seine Motive stets bei möglichst<br />

gleichmäßiger Beleuchtung, d.h. bei ungetrübter<br />

Sonneneinstrahlung und stets streng frontal oder aus<br />

einer einheitlich schrägen Perspektive heraus aufgenommen<br />

und am liebsten in „frischem“ Zustand, d.h.<br />

ohne die Architekturen kaschierendes Grün.<br />

Mit diesen Parametern schafft Kittel eine Typologie<br />

von (Wohn)-Architekturen des <strong>21.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s,<br />

den derzeit gängigen Einfamilien- und Reihenhäusern<br />

sowie des Geschosswohnungsbaus und unterzieht<br />

damit auch den in den Broschüren der Entwickler<br />

entworfenen Lifestyle-Entwürfen den Abgleich mit der<br />

Realität. Er besetzt damit ein Feld, <strong>das</strong> – im dokumentarischen<br />

Bereich - lange durch Stadtfotografen<br />

und – im künstlerischen Bereich – durch die Typolo-


gien von Bernd und Hilla Becher vorbereitet war. Das<br />

in Düsseldorf lehrende Paar begründete mit seiner<br />

typischen wie strengen Formensprache in den 1970er<br />

Jahren eine ganze Fotoschule und orientierte sich in<br />

seiner Ausdrucksweise an der Fotografie der Sachlichkeit<br />

der 1920er Jahre, wie sie etwa Karl Blossfeld oder<br />

August Sander repräsentierten.<br />

Gerd Kittel ist beides: Chronist wie auch künstlerischer<br />

Impulsgeber, wenn er uns etwa in seinen Bildern<br />

auf die bisweilen skurrile Aneignung von gebauter<br />

Umgebung durch Bewohner und Nutzer aufmerksam<br />

macht. Dieses Stilmittel des Bildwitzes übrigens unterscheidet<br />

die Arbeiten des Fotografen fundamental von<br />

denen der Bechers.<br />

Von besonderem Interesse ist <strong>für</strong> Kittel <strong>das</strong> Thema<br />

der Grenze, die Abgrenzung des privaten Raums<br />

zum öffentlichen Raum hin, der Übergang von (künstlich<br />

gestaltetem) Naturraum und Architektur, aber<br />

auch die unterschiedlichen Raumkanten innerhalb der<br />

jeweiligen Bereiche. Genau an diesen Schnittstellen<br />

nämlich treffen planerische Vorstellungswelt, die Ideen-<br />

welt von Investoren und die der jeweiligen Nutzerinnen<br />

und Nutzer aufeinander.<br />

Unser Dank gilt allen, die zum Entstehen der<br />

Publikation beigetragen haben: den Autorinnen und<br />

Autoren, dem Werkbundkollegen Gerd Kittel <strong>für</strong> den<br />

künstlerischen Blick auf <strong>das</strong> Neubaugebiet, unserem<br />

Mitherausgeber GEWAK sowie allen Förderern der<br />

Publikation, die diese finanziell unterstützt haben.<br />

Unserem Werkbundkollegen Elmar Lixenfeld gebührt<br />

Dank <strong>für</strong> die gelungene Gestaltung des Buches,<br />

Britta Jagusch <strong>für</strong> die umsichtige Redaktion.<br />

Anmerkung<br />

1 Unter dieser Bezeichnung, die sich vor allem unter den<br />

beteiligten Stadtplaner*innen eingebürgert hat, lief<br />

die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. Heute ist<br />

der Stadtteil unter „Kalbach-<strong>Riedberg</strong>“ im <strong>Frankfurter</strong><br />

Stadtplan zu finden.


Ginsterhöhe 2010


22<br />

Michael Peterek und Thorsten Bürklin<br />

Städtebau am Stadtrand<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> im Kontext großräumiger Stadterweiterungsprojekte<br />

Das Bevölkerungswachstum ist in einem noch vor<br />

wenigen Jahren nicht erwarteten Ausmaß zurückgekehrt,<br />

zumindest in die wirtschaftlich prosperierenden<br />

Städte. Diese sehen sich vor die Herausforderung<br />

gestellt, pro Jahr zusätzlichen Wohnraum <strong>für</strong> 10.000,<br />

15.000 oder noch mehr neue Einwohner zu schaffen.<br />

Über die Nachverdichtung bestehender Quartiere und<br />

eine verstärkte Innenentwicklung hinaus, z. B. auf<br />

Konversionsflächen, wird auch in Zukunft Stadterweiterung<br />

notwendig sein. Vielerorts steht deshalb die<br />

nächste Entwicklungsphase neuer Stadtteile schon<br />

vor der Tür – so auch in Frankfurt. Damit ist die Frage<br />

verbunden, welche Ansprüche an künftige städtebauliche<br />

Strukturen wir heute haben, welche Leit bilder<br />

wir verfolgen und welche Instrumente wir benötigen,<br />

um einen lebenswerten ‚Städtebau am Stadtrand‘<br />

gestalten zu können.<br />

Seit Beginn des Städtebaus der Moderne in den<br />

1920er Jahren lassen sich drei zeitlich abgrenzbare<br />

Phasen der Planung und Entwicklung neuer Quartiere<br />

auf der grünen Wiese unterscheiden, die jeweils<br />

unterschiedlichen Leitvorstellungen folgten. Dabei<br />

steht die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme am<br />

<strong>Riedberg</strong> im Kontext großräumiger Stadterweiterungen,<br />

welche in den 1990er Jahren, nach der politischen<br />

Wende in Deutschland und Europa, geplant und bis<br />

Mitte der zweiten Dekade des neuen <strong>Jahrhundert</strong>s<br />

realisiert wurden. <strong>Der</strong> folgende Beitrag möchte den<br />

<strong>Riedberg</strong> in diesen ideengeschichtlichen Kontext der<br />

<strong>Stadtentwicklung</strong> einordnen und gleichzeitig, vor<br />

dem Hintergrund einer inzwischen weitgehend abgeschlossenen<br />

Maßnahme, auf die Perspektiven blicken,<br />

die sich daraus <strong>für</strong> künftige Planungen ergeben.<br />

Stadterweiterung im<br />

20. <strong>Jahrhundert</strong><br />

Eine erste Phase großflächiger Stadterweiterung<br />

lässt sich in den Siedlungskonzepten der Moderne<br />

nach 1920 verorten. Losgelöst vom noch kontinuierlich<br />

gewachsenen, verdichteten und funktionsgemischten<br />

Stadtkörper der gründerzeitlichen Blockstrukturen<br />

realisiert sich in diesen Siedlungen auf der grünen<br />

Wiese räumlich und funktional ein ganz neues Stadtmodell.<br />

Bewusst als ‚Siedlungen‘ konzipiert (denn<br />

‚städtisch‘ war eher mit negativen Konnotationen<br />

besetzt) stand hier ein ‚gesundes‘ und ruhiges Wohnen<br />

im Vordergrund, mit Gärten und umgebenden<br />

Anlagen zur Naherholung, entfernt von den dreckigen<br />

Arbeitsplätzen und der sonstigen Unordnung der<br />

Stadt. Die Berliner Großsiedlungen unter dem Stadtbaurat<br />

Martin Wagner, <strong>das</strong> Modellprojekt der Siedlung<br />

Dammerstock von Walter Gropius und Otto<br />

Haesler in Karlsruhe sowie die Projekte des Neuen<br />

Frankfurts unter dem Stadtbaurat Ernst May entlang<br />

des Niddatals stehen exemplarisch <strong>für</strong> diese Zeit.<br />

Räumlich löst sich in diesen Siedlungen die<br />

steinerne Stadt mit ihren Baublöcken des 19. <strong>Jahrhundert</strong>s<br />

zunächst in lockere Reihen und später dann<br />

vorzugweise einen strengen Nord-Süd verlaufenden<br />

Zeilenbau auf, der es gewährleistet, alle Wohnungen<br />

gleichermaßen von Osten wie Westen zu belichten<br />

und zu besonnen.<br />

Mit dieser Serialität und städtebaulichen Homogenisierung<br />

eng verbunden ist der Begriff des ‚Standards‘<br />

als eines zur damaligen Zeit positiv intendierten<br />

Begriffs: Vor dem Hintergrund der sozialen<br />

und ökonomischen Klassenunterschiede des<br />

19. <strong>Jahrhundert</strong>s soll in den neuen Siedlungen jedem<br />

Bewohner und jeder Bewohnerin die gleiche „ration<br />

wohnung“ (Walter Gropius) in Form eines funktional,<br />

gestalterisch und ökonomisch optimierten<br />

Produkts zugestanden werden. Vielfalt und Differenzierung<br />

wurden nicht angestrebt. In Frankfurt steht<br />

<strong>das</strong> Projekt der Großsiedlung Goldstein (1929) <strong>für</strong><br />

8.500 Wohnungen prototypisch <strong>für</strong> diesen Ansatz, <strong>das</strong><br />

nach dem Fortgang Ernst Mays in die Sowjetunion<br />

allerdings in der geplanten Form nicht mehr realisiert<br />

werden konnte.


Einordnung und Geschichte<br />

Städtebau am Stadtrand<br />

Nach einer durch wirtschaftliche und politische<br />

Krisen sowie den Zweiten Weltkrieg bedingten Zeit<br />

der Stagnation setzt Ende der 1950er Jahre eine<br />

zweite Phase der großräumigen Stadterweiterung ein,<br />

die in den folgenden zehn bis fünfzehn Jahren ihren<br />

Höhepunkt erreicht. In Fortführung des Siedlungsbaus<br />

der frühen Moderne und gemäß der 1933 vom<br />

Vierten Internationalen Kongress <strong>für</strong> Modernes<br />

Bauen verabschiedeten Charta von Athen steht auch<br />

hier zunächst die strikte Trennung der städtischen<br />

Funktionen und die Optimierung des Wohnens im<br />

Vordergrund. Allerdings können die Vorstellungen der<br />

20er Jahre nunmehr in weitaus größeren Dimensionen<br />

(Großsiedlungen bis zu 30.000 und mehr Einwohner)<br />

umgesetzt werden.<br />

Im Leitbild einer ‚gegliederten und aufgelockerten<br />

Stadt‘ konkretisiert sich der Städtebau vor allem in<br />

einer systematischen Schichtung von Nachbarschaft,<br />

Stadtzellen, Stadtteilen und Gesamtstadt, wobei<br />

der Stadterweiterung <strong>das</strong> (neue) Wohnen und der<br />

Innenstadt (oder City) vor allem <strong>das</strong> Einkaufen, die<br />

Kultur und die Arbeitsplätze vorbehalten bleiben.<br />

Die Großsiedlung Neue Vahr in Bremen (ab 1957) <strong>für</strong><br />

insgesamt 30.000 Einwohner steht stellvertretend<br />

<strong>für</strong> die Leitvorstellungen dieser Zeit: Wohnen in einer<br />

durchgrünten Stadtlandschaft, in einer räumlichen<br />

Struktur von locker verteilten und allseits gut besonnten<br />

Reihen, Zeilen und punktförmigen Bauten.<br />

In Frankfurt entsteht ab 1961 die Nordweststadt<br />

<strong>für</strong> 25.000 Einwohner als größtes Stadterweiterungsprojekt.<br />

Auch wenn die hier zu Grunde liegenden<br />

Vorstellungen einer „Raumstadt“ von Walther Schwagenscheidt<br />

und Tassilo Sittmann die stereotypen<br />

Zeilen vieler funktionalistischer Großsiedlungen durch<br />

eine größere Vielfalt der Stadtbausteine und ihrer<br />

räumlichen Komposition ersetzen, bleibt die Nordweststadt<br />

durch die Beschränkung auf die Wohnfunktion<br />

eine ‚Schlafstadt‘ im Grünen. Die vollständige<br />

Separierung der durch die Freiräume geführten fußläufigen<br />

Erschließungswege von den Autostraßen<br />

zeugt ebenso wie <strong>das</strong> räumlich getrennte Nordwestzentrum<br />

als Quartiersmittelpunkt von der Absicht,<br />

die Siedlung – gemäß der vorherrschenden funktionalistischen<br />

Doktrin – säuberlich in Teilbereiche<br />

aufzuspalten und diese jeweils voneinander unabhängig<br />

zu optimieren.<br />

Dies ist die Phase der großen öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften<br />

als einheitlichen Trägern der<br />

Siedlungen (in der Nordweststadt im Wesentlichen<br />

drei), die nicht nur als Eigentümer der (vornehmlich<br />

Miet-)Wohnungen, sondern auch des Grund und<br />

Bodens agieren. Auf diese Weise entstehen einerseits<br />

großzügige und zusammenhängende Grün- und Freiflächen,<br />

die andererseits jedoch kaum Aneignungsmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> die Bewohner bieten und daher vielfach<br />

lediglich diffuse Abstandsflächen bleiben.<br />

Siedlung Dammerstock, Karlsruhe, 1928/29<br />

Quelle: Ausstellungskatalog Karlsruhe Dammerstock-Siedlung (1929), S. 16


30<br />

Dieter von Lüpke<br />

<strong>Der</strong> neue Stadtteil „Am <strong>Riedberg</strong>“<br />

Ein komplexes Großprojekt<br />

mit einer 27-jährigen Planungs- und Baugeschichte<br />

1<br />

Das Projekt im Überblick<br />

1<br />

Große Bauprojekte sind in Deutschland in den vergangenen<br />

Jahren in Verruf geraten. Nach den Erfahrungen<br />

beim Bau der Elbphilharmonie in Hamburg,<br />

des Berliner Flughafens oder des Eisenbahnknotens<br />

Stuttgart 21 stehen große Bauprojekte im Verdacht,<br />

anfängliche Einschätzungen der Kosten und der Realisierungszeiten<br />

um ein Vielfaches zu überschreiten.<br />

<strong>Der</strong> neue <strong>Frankfurter</strong> Stadtteil Am <strong>Riedberg</strong> kann<br />

der Kategorie komplexer Großprojekte zugeordnet<br />

werden. Bezogen auf den gesamten Zeitraum vom<br />

Beginn vorbereitender Untersuchungen Ende 1993 bis<br />

zu der <strong>für</strong> Ende 2020 geplanten Fertigstellung werden<br />

alleine auf die Stadt Frankfurt am Main Kosten in<br />

Höhe von ca. 580 Millionen Euro zugekommen sein.<br />

Nicht enthalten in dieser Summe sind die Kosten des<br />

Stadtbahnbaus 2 . Dazu kommen weiter die von anderen<br />

Bauherren zu tragenden Kosten <strong>für</strong> Wohn- und<br />

Universitätsgebäude sowie Gebäude mit gewerblichen<br />

und freiberuflichen Nutzungen, wobei der Wohnungsbau<br />

mit insgesamt ca. 6.300 Wohnungen dominiert.<br />

Die Komplexität der Aufgabe ergibt sich aus der umfangreichen<br />

Palette der Hoch-, Tief- und Landschaftsbauvorhaben<br />

in einem Entwicklungsbereich von 267<br />

Hektar Fläche – aber auch aus der Notwendigkeit,<br />

Bodenordnung und Grunderwerb (bei ursprünglich<br />

alleine 110 privaten Eigentümern) zu realisieren, den<br />

Standort mit einem positivem Image zu belegen,<br />

Grundstücke zusammenzuführen, zu parzellieren und<br />

zu vermarkten, Bauleitpläne aufzustellen, Finanzmittel<br />

bereitzustellen, die Öffentlichkeit zu informieren und<br />

die Bildung eines Gemeinwesens zu unterstützen.<br />

Das beim neuen Stadtteil angewandte Instrument<br />

der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme verlangt,<br />

alle Kosten und Einnahmen projektbezogen zu dokumentieren,<br />

um so die Ansprüche der Grundstückseigentümer<br />

auf Ausschüttung möglicher Überschüsse<br />

zu klären. Bei städtebaulichen Projekten auf anderer<br />

Rechtsgrundlage geschieht dies in Frankfurt am Main<br />

nicht – was zu der unrichtigen Annahme verleiten<br />

kann, nur beim Projekt des Stadtteils Am <strong>Riedberg</strong><br />

würden die Kosten die Einnahmen überschreiten.<br />

Tatsächlich aber gewinnt <strong>das</strong> Projekt in erheblichem<br />

Umfang, indem die entwicklungsbedingten Wertsteigerungen<br />

der Baugrundstücke zur Finanzierung der<br />

städtischen Infrastruktur herangezogen wurden.<br />

Die Bilanz des Projekts ist im Hinblick auf Kosten<br />

und Einnahmen positiv. Ein Vergleich der aktuellen<br />

Bilanz mit den Zielen der sogenannten Ur-Kalkulation<br />

aus dem Jahr 1997 macht dies deutlich. Die seitens<br />

der Stadt zu finanzierenden Kosten erhöhten sich<br />

um ca. 197 Millionen Euro oder 51 Prozent. Da die<br />

Einnahmen um ca. 124 Millionen Euro oder 32 Prozent<br />

ebenfalls stiegen, entstand bzw. entsteht anstelle<br />

des ursprünglich erhofften Überschusses von ca. vier<br />

Millionen Euro ein Zuschussbedarf aus allgemeinen<br />

Steuermitteln von nur ca. 68 Millionen Euro, was<br />

ca. elf Prozent der Gesamtkosten entspricht. Diesem<br />

Zuschussbedarf steht jedoch ein Zuwachs des städtischen<br />

Vermögens in Höhe von ca. 237 Millionen Euro<br />

allein durch neu gebaute Kindertagesstätten, Schulen<br />

und öffentliche Grünflächen gegenüber 3 .<br />

Anders fällt die Beurteilung hinsichtlich des zeitlichen<br />

Ablaufs der Entwicklungsmaßnahme aus.<br />

Während jetzt ein Zeitraum von ca. 27 Jahren <strong>für</strong><br />

alle Planungen und Baumaßnahmen als realistisch<br />

erscheint 4 , wurde ursprünglich ein Zeitraum von<br />

nur zehn Jahren – nach Satzungsbeschluss <strong>für</strong> einen<br />

städtebaulichen Entwicklungsbereich – proklamiert 5 ,<br />

woraus sich ein Zeitbedarf von insgesamt zwölf<br />

bis 13 Jahren ergeben hätte. Letztere Einschätzung<br />

entsprach etwa dem Zeitbedarf der <strong>Frankfurter</strong><br />

Nordweststadt, die als vorletztes großes Projekt<br />

der Stadterweiterung mit ca. 7.000 Wohneinheiten<br />

zwischen dem städtebaulichen Wettbewerb im Jahre


Einordnung und Geschichte<br />

<strong>Der</strong> neue Stadtteil „Am <strong>Riedberg</strong>“<br />

1959 und der Fertigstellung des Nordwestzentrums<br />

1968 zehn Jahre Zeit benötigte, aber vor dem Wettbewerb<br />

einen planerischen Vorlauf im Umfang von<br />

ca. vier Jahren hatte 6 .<br />

Ein Zeitraum von mehr als einem Vierteljahrhundert<br />

macht es lohnend, einzelne Entwicklungsphasen zu<br />

unterscheiden. Dabei ist ein gewisser Schematismus<br />

unvermeidlich. Zwischen den im Folgenden abgegrenzten<br />

Phasen gibt es fließende Übergänge. Aufgaben,<br />

die explizit einzelnen Phasen zugeordnet werden, sind<br />

auch ohne Erwähnung in anderen Phasen anzutreffen.<br />

– Von den 27 Jahren wurden die ersten sieben Jahre<br />

(bis Ende 2000) überwiegend benötigt, um Voruntersuchungen<br />

<strong>für</strong> eine mögliche Entwicklungsmaßnahme,<br />

<strong>das</strong> nachfolgende Satzungsverfahren,<br />

Änderungen von Regionalem Raumordnungsplan<br />

Südhessen und Flächennutzungsplan, Bebauungsplanungen<br />

inklusive der da<strong>für</strong> erforderlichen<br />

Sektoraluntersuchungen und -planungen sowie<br />

Normen kontrollverfahren durchzuführen, anzustoßen<br />

bzw. zu bestreiten. Darüber hinaus war in<br />

diesem Zeitraum eine Organisation <strong>für</strong> die Durchführung<br />

der Entwicklungsmaßnahme im Zusammenwirken<br />

von einem Treuhänder, einem externen<br />

Controller, dem Stadtplanungsamt und allen zu<br />

beteiligenden Fachämtern der Stadt zu konzipieren<br />

und zu realisieren.<br />

– Die folgenden fünf Jahre (bis Ende 2005) können<br />

als zweite Phase der Entwicklung abgegrenzt<br />

werden. Sie wurde geprägt durch die Aufgaben<br />

der Bodenordnung inklusive Enteignungsverfahren,<br />

Planung und Bau von Erschließungsanlagen sowie<br />

erster große Maßnahmen des Landschaftsbaus und<br />

der sozialen Infrastruktur.<br />

So konnte im Jahre 2002 der Betrieb in der<br />

ersten Kindertagesstätte aufgenommen werden.<br />

2003 wurde der Lärmschutzwall entlang der Autobahn<br />

A5 fertiggestellt. Im Jahre 2004 wurden unter<br />

anderem der Anschluss der Marie-Curie-Straße<br />

an die Autobahn A661, die Altenhöfer Allee, die<br />

Straße Kalbacher Höhe und die erste Grundschule<br />

realisiert. Bemerkenswert ist auch die Fertigstellung<br />

des ersten Bauabschnitts des FIZ – <strong>Frankfurter</strong><br />

1995 zeigt der Blick nach Norden intensiv bewirtschaftete Äcker –<br />

und an den Rändern <strong>das</strong> Mertonviertel, Universitätsinstitute sowie <strong>das</strong> ehemalige Dorf Kalbach.<br />

Quelle: HA <strong>Stadtentwicklung</strong>sgesellschaft mbH


46<br />

Christian Holl<br />

Die normative Kraft des Normalen<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> – Kritische Würdigung eines gewöhnlichen Stadtteils<br />

Eines der wahrscheinlich am meisten beachteten<br />

städtebaulichen Projekte Frankfurts der letzten<br />

zwei Jahrzehnte ist die so genannte Neue Altstadt.<br />

Sie nimmt eine Fläche von etwa 7000 Quadratmetern<br />

ein, und diese Fläche liegt mitten in Frankfurt,<br />

zwischen Dom und Rathaus: Zentraler geht es nicht.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> gehört sicher nicht zu den am meisten<br />

beachteten städtebaulichen Projekten Frankfurts.<br />

Seine Fläche umfasst etwa 267 Hektar. Die neue<br />

Altstadt fände darin also mehr als 380mal Platz.<br />

Natürlich ist dieser Vergleich polemisch. Aber eines<br />

macht er doch sichtbar: <strong>das</strong>s Bevölkerung und Politik,<br />

Verwaltung wie Fachöffentlichkeit damit überfordert<br />

wären, die Entwicklungen auf dem <strong>Riedberg</strong> mit<br />

der gleichen Intensität wie die der Neuen Altstadt zu<br />

begleiten. Man mag <strong>das</strong> bedauern, aber damit übersieht<br />

man etwas Wesentliches: Es ist Normalität,<br />

<strong>das</strong>s neu entstehende Stadtteile nicht permanent<br />

unter Beobachtung und intensiven Diskursen stehen<br />

und – ebenso wichtig: nicht stehen können. Das,<br />

was dort passiert, muss zu einem wesentlichen Teil<br />

darauf basieren, <strong>das</strong>s die Leitbilder, auf denen man<br />

aufbaut, <strong>das</strong>s Routinen, nach denen man vorgeht, anerkannt<br />

sind und zu praktikablen Ergebnissen führen.<br />

Am <strong>Riedberg</strong> lässt sich nachvollziehen, was <strong>das</strong><br />

konkret bedeutet – im Positiven wie im Negativen.<br />

Er macht deutlich, <strong>das</strong>s es <strong>für</strong> den Diskurs und<br />

die Weiterentwicklung der städtebaulichen Routinen<br />

wichtig ist, <strong>das</strong>s deren Grenzen in der Verwirklichung<br />

sichtbar werden. <strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> ist ein Abbild<br />

alltäglicher Planungsrealität, einschließlich seiner<br />

Widersprüche und einem Verständnis von Qualität,<br />

<strong>das</strong> darin besteht, kein Experiment zu wagen und<br />

so viel Normalität wie möglich zu produzieren. Normalität,<br />

die weder Aufsehen erregt noch <strong>das</strong> Risiko der<br />

Unkalkulierbarkeit enthält, <strong>das</strong> da<strong>für</strong> sorgen könnte,<br />

<strong>das</strong>s die Vermarktung stockt oder <strong>das</strong>s es zu sozialen<br />

Spannungen kommt. <strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> ist daher kein<br />

medientaugliches Projekt, auch nicht im negativen<br />

Sinne. Es lassen sich dort keine skandalösen Bilder<br />

einer verfehlten Planung machen, und wenn sich<br />

dennoch welche von dort als Negativbeispiele verbreiten<br />

ließen, dann sind es exemplarische Bilder, die sich<br />

auch anderenorts machen ließen.<br />

Alltägliche Stadt von heute<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> liegt nicht in der Stadtmitte, sondern<br />

am Rand Frankfurts. Mag man noch so viel an diesem<br />

Gebiet kritisieren – <strong>das</strong>, was hier auf den 267 Hektar<br />

Fläche passiert ist und passiert, hat weitaus mehr<br />

mit der Stadt von heute zu tun als <strong>das</strong> Sentimentalitätspflästerchen<br />

Neue Altstadt. Schon die Lage ist<br />

eine, die dies nahelegt. <strong>Der</strong> Großteil einer großen<br />

Stadt liegt nicht in deren Zentrum, sondern an den inneren<br />

und äußeren Peripherien. <strong>Der</strong> Großteil der Stadt<br />

besteht aus Quartieren, in denen die reine Wohnnutzung<br />

vorherrscht. Das Potenzial an idyllischen, kleinen,<br />

wirtschaftlich zu betreibenden Eckläden ist viel zu<br />

gering, als <strong>das</strong>s damit jedes Quartier ausgestattet<br />

werden könnte, auch der Bedarf <strong>für</strong> Nutzungen, die<br />

im Erdgeschoss als Garanten der Urbanität herhalten,<br />

ist zu überschaubar, als <strong>das</strong>s man die Stadt damit<br />

flächendeckend beglücken könnte. Die Stadt besteht<br />

zudem aus Gewerbegebieten, die aus sehr guten<br />

Gründen nicht von Wohnhäusern durchsetzt sind. In<br />

ihnen stehen große Hallen, große Fabriken, hier wird<br />

Müll entsorgt, werden Tiere geschlachtet. All <strong>das</strong><br />

sind Teile der Stadt, die dazu beitragen, <strong>das</strong>s die Stadt<br />

funktioniert und <strong>das</strong>s wir uns eine Flucht vor der<br />

Realität in Form einer Neuen Altstadt überhaupt leisten<br />

können. Zu all diesen normalen Teilen der Stadt<br />

gehört, <strong>das</strong>s über sie nicht ständig gesprochen wird.<br />

Das macht sie alltäglich und verdeutlicht, was<br />

eine wichtige Qualität des Alltäglichen ist: Es wird<br />

geprägt von Entlastungsroutinen, die als verinnerlichte<br />

Regelmäßigkeit nicht mehr darauf befragt werden,


Einordnung und Geschichte<br />

Die normative Kraft des Normalen<br />

ob sie richtig sind und was <strong>für</strong> unendlich viele Alternativen<br />

sich bieten könnten. <strong>Der</strong> Alltag ist eine Praxis,<br />

die entlastet, weil sie eine Antwort auf regelmäßig<br />

auftauchende Probleme gibt. Diese Praxis beruht auf<br />

einem Rezeptwissen, <strong>das</strong> anzuwenden sinnvoll ist,<br />

weil es auf Aufgaben angewendet wird, die wiederkehrend<br />

und in großer Zahl auftreten. In solchem<br />

Wissen sind Regeln gespeichert, die nicht hinterfragt<br />

werden müssen, weil sie sich bereits in der Bewältigung<br />

von Problemen ähnlicher Art bewährt haben.<br />

Im kleinen Maßstab des Alltäglichen spiegelt sich<br />

deswegen immer auch der große Maßstab, die Verhältnisse<br />

der Gesamtgesellschaft, die anerkannten<br />

Lebensentwürfe, die Ideale, aber auch die Förderpolitik,<br />

die Gesetzes lage, die Verordnungen, die<br />

wiederum eine sedimentierte Form dessen sind, was<br />

als richtig erachtet wird oder erachtet wurde.<br />

Alltäglichkeit ist eine komplexe, nicht restlos bestimmbare<br />

Kategorie, die sich nicht auf widerspruchsfreie<br />

Begriffe, auf widerspruchsfreie Praktiken reduzieren<br />

lässt. Tatsächlich erfüllt Alltagswissen auch<br />

den Zweck, einen Umgang mit den widersprüchlichen<br />

Anforderungen und Erwartungen zu finden, mit<br />

denen Individuen wie Kollektive konfrontiert sind.<br />

In der Architektur und im Städtebau sind <strong>das</strong> etwa<br />

die Widersprüche zwischen aktuellen Wünschen und<br />

langfristigen Überlegungen, zwischen individueller und<br />

kollektiver Perspektive, zwischen Budget und dem<br />

Wissen, <strong>das</strong>s man <strong>für</strong> lange Zeit Entscheidungen trifft.<br />

Zwischen dem Wunsch, schnell ein fertiges Resultat<br />

präsentieren zu können und dem Wissen, <strong>das</strong>s jedes<br />

Haus und jeder Stadtteil Zeit braucht, um sich zu entwickeln,<br />

um korrigiert und ergänzt werden zu können.<br />

Die Stabilität, die durch die Routinen des Alltäglichen<br />

erreicht wird, ist immer eine vorläufige: Das<br />

Alltägliche muss sich stets aufs Neue bewähren. Das<br />

Alltägliche ist umso mehr davon bedroht, nicht mehr<br />

geeignet <strong>für</strong> die Herausforderungen zu sein, mit denen<br />

es den Umgang erleichtert, je besser es sich etabliert<br />

hat. Weil seine Qualität darin besteht, zu entlasten,<br />

indem Situationen, die ähnlich sind, als gleiche behandelt<br />

werden, sind Routinen blind da<strong>für</strong>, zu erkennen,<br />

wann sie <strong>für</strong> <strong>das</strong>, worauf sie angewandt werden, nicht<br />

mehr geeignet sind.<br />

Realitäten<br />

Das was <strong>für</strong> die Alltagspraxis gilt, kann aber auch<br />

auf <strong>das</strong> Wahrnehmen und den Umgang mit dem, was<br />

ist, angewendet werden: Auch hier gilt die Aufmerksamkeit<br />

nicht in gleicher Weise allem, was wahrgenommen<br />

und was reflektiert werden könnte – auch<br />

<strong>das</strong> wäre eine Überforderung. Um den Alltag zu<br />

bewältigen, muss ausgeblendet werden. Das meiste,<br />

was unsere Umwelt prägt, kann nur in Ausnahmefällen<br />

zum Thema einer Diskussion werden, zum Thema<br />

einer Auseinandersetzung darüber, ob man es wirklich<br />

so haben möchte, wie es ist. Auch <strong>das</strong> ist eine Form<br />

der Kraftökonomie: Sie sichert, <strong>das</strong>s wir uns konzentrieren<br />

können, <strong>das</strong>s wir uns mit dem befassen,<br />

was uns im Moment tatsächlich herausfordert. Die<br />

alltäg liche Umgebung, <strong>das</strong> Umfeld, in dem wir uns<br />

bewegen, wird deswegen so gut wie nicht hinterfragt<br />

und wenn, dann nur dann, wenn etwas die alltäglichen<br />

Abläufe einschränkt oder aus anderen Gründen über<br />

eine Veränderung entschieden werden muss. Damit<br />

dann <strong>das</strong> Ergebnis so ausfällt, <strong>das</strong>s es im kraftökonomischen<br />

Sinne nicht die Aufmerksamkeit raubt, die<br />

<strong>für</strong> andere Dinge wichtig sind, wird meist so entschieden,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Ergebnis normal ist: <strong>das</strong>s es also nicht<br />

auffällt, <strong>das</strong> es nicht behindert, <strong>das</strong>s es nicht stört<br />

– nicht die Nachbarn, nicht die Freunde, nicht die<br />

Peergroup. Es kann eine Qualität sein, <strong>das</strong>s Dinge und<br />

Situationen wenig beachtet werden. Diese Unsichtbarkeit<br />

sichert, <strong>das</strong>s man die Freiheit hat, zu entscheiden,<br />

worauf man sich konzentrieren will. Sie sichert den<br />

Raum, in dem sich eine Privatsphäre entwickeln kann.<br />

Aber auch hier kann eintreten, <strong>das</strong>s die Gewöhnung<br />

und <strong>das</strong> Gewöhnliche ihren Bezug zu dem Rahmen, in<br />

dem sie stattfinden, verlieren. Dann werden Rituale<br />

hohl, wirken merkwürdig deplatziert oder dogmatisch.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> ging in großen Teilen aus Prozessen<br />

hervor, die sich als Routinen etabliert haben und<br />

die auf <strong>das</strong> Rücksicht nahmen, was als Leitbild anerkannt<br />

war. Er ist kein Experiment und kein Modellstadtteil,<br />

der neue Konstellationen, Formen, Beziehungen<br />

testet: keine aufregende Architektur, keine<br />

neuen Formen des Städtebaus, keine besonderen<br />

Verfahren, die die üblichen in Frage stellen. Es wurde<br />

kein besonderes Gewicht auf neue Wohnformen<br />

oder Mobilitätskonzepte gelegt. Gerade auch in dem<br />

Bemühen, <strong>das</strong>, was möglich ist, gut zu machen, ist<br />

er Ausdruck von alltäglicher Normalität. Es mussten<br />

Wünsche der potenziellen Hauskäufer berücksichtigt<br />

werden, es mussten die Möglichkeiten zur Ansiedlung<br />

von Einzelhandel akzeptiert werden, es musste<br />

den sich während der Bauzeit ändernden Wirtschaftslagen<br />

Rechnung getragen werden, die sich in der<br />

Nachfrage nach Haustypen niedergeschlagen hat –<br />

nicht immer war es realistisch, hier mit verdichtetem<br />

Wohnungsbau eine Chance auf wirtschaftlichen Erfolg


54<br />

Organigramm der Treuhänder.<br />

Aus Stadt Frankfurt am Main 2009: 25


Einordnung und Geschichte<br />

Integrierte <strong>Stadtentwicklung</strong> durch treuhänderisches Projektmanagement<br />

vollständig hergestellten Projektbereiche möglichst<br />

wenig Störungen durch den Anlieferungsverkehr der<br />

weiteren Bautätigkeiten ausgesetzt waren.<br />

Eine weitere Veränderung bestand in der Anpassung<br />

bzw. Fortschreibung des ersten Bebauungsplans.<br />

Dieser sah große Baublöcke vor, deren innere Erschließung<br />

durch private Investoren hergestellt werden<br />

sollte. Diese planungsrechtlichen Vorgaben erwiesen<br />

sich „am Markt“ als nicht umsetzbar und sollten deshalb<br />

in einer ersten Änderungsfassung des Bebauungsplans<br />

– kombiniert mit stärkeren städtebaulichen<br />

Vorgaben – angepasst werden. <strong>Der</strong> Entwurf (Bebauungsplan<br />

B803 Ä) erlangte allerdings keine Rechtskraft,<br />

da sich aufgrund der weiter voranschreitenden<br />

Projektentwicklung die Aufstellung flexibel handhabbarer<br />

kleinerer Teilbebauungspläne als sinnvoller<br />

erwies. So entschied man sich <strong>für</strong> Teilbebauungspläne<br />

in sechs Abschnitten mit zunehmend differenzierteren<br />

Vorgaben in Hinblick auf Vermarktung und Infrastruktur.<br />

Verantwortlichkeiten,<br />

Weisungsbefugnisse und<br />

Projektsteuerung<br />

Das Stadtplanungsamt war auf Seiten der Stadt<br />

Frankfurt am Main <strong>für</strong> die Steuerung und Koordina tion<br />

der Entwicklungsmaßnahme verantwortlich. Alle<br />

Prozesse sollten vom Stadtplanungsamt in die Stadtverwaltung<br />

hinein gesteuert werden. Im Zuge der<br />

fortschreitenden Maßnahme wurde diese Aufgabe<br />

aufgrund mangelnder Personalkapazitäten seitens der<br />

Stadt immer stärker auf den Entwicklungsträger verlagert.<br />

Einen Überblick der Zuständigkeiten und Abhängigkeiten<br />

gibt <strong>das</strong> »Organigramm der Treuhänder«.<br />

Planungen, die vom Entwicklungsträger treuhänderisch<br />

<strong>für</strong> die Fachämter erarbeitet wurden, mussten<br />

mit diesen abgestimmt und von diesen freigegeben<br />

werden. Spätestens am Ende der Entwicklungsmaßnahme<br />

gehen die geschaffenen Infrastruktureinrichtungen<br />

an die Gemeinde und in den Zuständigkeitsbereich<br />

der jeweiligen Fachämter über.<br />

Zur Abstimmung und zum kontinuierlichen Informationsaustausch<br />

zwischen Stadtplanungsamt und<br />

Entwicklungsträger wurden wöchentliche Routinen<br />

sowie monatliche Steuerungsrunden etabliert. Zusätzlich<br />

fanden ab 2002, mit zunehmender Intensität der<br />

Projektentwicklung, regelmäßige Projektmanagement-<br />

Workshops statt. In iterativen Prozessen wurden<br />

hier unter Beteiligung des Stadtplanungsamts, des<br />

Entwicklungsträgers und von Fachplanern projekt-<br />

spezifische Fragestellungen und Entwicklungsoptionen<br />

erörtert sowie notwendige Festlegungen getroffen.<br />

Beispielhaft seien hier die Entwicklung des Konzepts<br />

„Westflügel“ sowie „die weiße Stadt“ kurz<br />

erläutert: Zur Optimierung der Vermarktung wurde<br />

der Teil bereich „Niederurseler Hang“ in „Westflügel“<br />

um benannt und hinsichtlich seines Profils, seiner<br />

städtebaulichen Gestalt und Qualitäten grundlegend<br />

überarbeitet. Ziel der Überarbeitung der vorherigen<br />

orthogonal ausgerichteten städtebaulichen Planung<br />

in Richtung eines „Organic design“ war die Schaffung<br />

besonderer städtebaulicher und architektonischer<br />

Qualitäten <strong>für</strong> <strong>das</strong> Gesamtensemble. Beim Projekt<br />

„die weiße Stadt“ sollte anlässlich des 125. Geburtstages<br />

von Ernst May ein Ensemble aus gradlinigen,<br />

kubischen Bauten mit kompakten Bauformen, orientiert<br />

an der von Ernst May in den 20er Jahren entwickelten<br />

einfachen Formensprache, durch Festlegung<br />

von entsprechenden Gestaltungsvorgaben und einer<br />

Architektenbindung entstehen.<br />

Im Jahre 2007 fand die erste Sitzung der sogenannten<br />

Koordinierungsgruppe <strong>Riedberg</strong> statt. Ihr gehörten<br />

die an der Umsetzung der Entwicklungsmaßnahme<br />

beteiligten Dezernenten der Stadt Frankfurt am Main,<br />

der Entwicklungsträger, der externe Controller sowie<br />

von den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung<br />

benannte Mitlieder der Stadtverordnetenversammlung<br />

sowie die Ortsvorsteherin des Ortsbeirates 12 an.<br />

Mit der Koordinierungsgruppe sollte der Informationsfluss<br />

zwischen den beteiligten Dezernaten<br />

verbessert werden. Weiterhin erarbeitete die Koordinierungsgruppe<br />

Umsetzungsempfehlungen <strong>für</strong> den<br />

gesamtprojektverantwortlichen Planungsdezernenten.<br />

In der Durchführungsphase waren die Arbeitsbereiche<br />

des Entwicklungsträgers an den im Treuhändervertrag<br />

festgelegten Aufgaben ausgerichtet.<br />

Interne Abstimmungsrunden fanden themenbezogen<br />

in regelmäßigen Abständen mit unterschiedlich besetzten<br />

Teilnehmerkreisen statt.<br />

Die Anpassung der Ziele und Zwecke der Entwicklungsmaßnahme<br />

führte auch zu Veränderungen der<br />

internen Strukturen. So kam es unter anderem zu<br />

einer Intensivierung des Steuerungs- und Koordinierungsinstruments<br />

Bauträgerbetreuung, welches als<br />

Querschnittsaufgabe die Vernetzung und Abstimmung<br />

der betreffenden Fachämter sowie die Beratung und<br />

Betreuung der Bauherren umfasste. In diesem Kontext<br />

wurden im Rahmen der privatrechtlichen Kaufverträge<br />

Festsetzungen in Form von Plandarstellungen<br />

und Qualitätshandbüchern implementiert. Dies ist


60


Altkönigblick xxxxxxxxx 2017


Ginsterhöhe 2011 Altkönigblick 2013<br />

Altkönigblick 2013<br />

Bonifatiusbrunnen 2011 2011 | Bonifatiusbrunnen 2011


Westflügel 2018 | Westflügel 2018<br />

Ginsterhöhe 2018 | 2018


92<br />

Ursula Baus<br />

Wohlstand liebt Konvention<br />

Eine Außensicht auf Wohntypologien im Stadtteil <strong>Riedberg</strong><br />

Über zwanzig Jahre Planungs- und Bauzeit, unterschiedliche<br />

Konjunkturphasen, politische Wechsel,<br />

eine Epoche global beeinflusster, gesellschaftlicher<br />

Veränderungen: Mit welchen Kriterien kann man<br />

sich eingedenk solcher Weltläufte in <strong>Riedberg</strong> an die<br />

Analysen von Haus- und Wohnungstypen mit einer<br />

Außensicht wagen?<br />

Weil Wohnungen und Reihen- und Einfamilienhäuser<br />

durch schützenswerte Privatheit gekennzeichnet<br />

sind, lässt sich ‚Feldforschung‘ nicht ohne weiteres<br />

betreiben. Denn man kann – oder möchte – nicht<br />

einfach klingeln und mit einem „Hallo, ich interessiere<br />

mich <strong>für</strong> die Art und Weise, wie Sie ihre Wohnung<br />

nutzen“ Tabus des Zuhause-Seins brechen. Deswegen<br />

muss die (Außen-)Perspektive, aus der im Folgenden<br />

ein Blick auf die mehr oder weniger neuen Wohnungsbauten<br />

in <strong>Riedberg</strong> geworfen wird, in der analytischen<br />

Charakteristik genauer beschrieben werden. Erstens<br />

bin ich fußläufig unterwegs, was die Nutzung öffentlicher<br />

Verkehrsmittel einschließt, ansonsten aber<br />

eine Wahrnehmungsgeschwindigkeit impliziert, die<br />

nichts ausblendet. Jederzeit kann man stehenbleiben,<br />

genauer hinsehen, Spuren frischen oder routinierten<br />

Gebrauchs erkennen, Mutmaßungen über Bewohner<br />

und ihren Arbeitsalltag anstellen und kurz verifizieren.<br />

So ist mein Blick derjenige eines „Flaneurs“, wobei<br />

die Kenntnis der Grundrisse und natürlich auch der<br />

stadträumlichen Festlegungen (Straßen, ÖPNV, Boden-<br />

Eigentumsverhältnisse …) die Aufmerksamkeit auch<br />

der Außenwahrnehmung mitsteuert.<br />

Von möglichst vielen Wohnungsbauten – ob Mehrfamilien-<br />

oder Reihen- oder Einfamilienhäusern –<br />

konnte ich mir Grundrisse zukommen lassen. Es sind<br />

durchgängig private Investoren oder Eigentümer<br />

gewesen, an die ich mich da<strong>für</strong> wenden musste. Und<br />

damit offenbart sich bereits ein Charakteristikum<br />

des Ortsteils <strong>Riedberg</strong>, <strong>das</strong> an anderer Stelle dieser<br />

Publikation bereits angesprochen ist. Hier ist kein<br />

Stadtteil zu analy sieren, in dem Innovationen welcher<br />

Art auch immer intendiert waren. <strong>Riedberg</strong> ist konventionell<br />

geplant und gebaut – vermeintlich „bedarfsorientiert“,<br />

wie alle urbanen Entwickler und privaten<br />

Investoren stets behaupten, die bei Renditen kein<br />

Risiko eingehen. In jahrzehnte langer Entstehungszeit<br />

ändern sich zudem die Priori täten der so genannten<br />

Akteure.<br />

Sortimente des Mittelstands<br />

Die Konvention beginnt bereits in der Konzeption<br />

der öffentlichen Räume, die Wohntypologien erheblich<br />

beeinflussen. Auf der Hauptmagistrale fährt die<br />

U-Bahn, daneben und wie im ganzen Stadtteil <strong>Riedberg</strong><br />

dominiert allerdings der Autoverkehr. Parkende<br />

Autos, Garagentore, auch Tiefgarageneinfahrten –<br />

<strong>das</strong>s dieser Teil des öffentlichen Raums in <strong>Riedberg</strong><br />

keinen Platz <strong>für</strong> ein neues, der Individualisierung<br />

des <strong>21.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s Rechnung tragendes, nachbarschaft<br />

liches Wohnens bietet, springt ins Auge.<br />

Zudem bleibt festzuhalten, <strong>das</strong>s die Straßen –<br />

gemäß den sehr alten Vorgaben der autogerechten<br />

Stadt – den Stadtteil <strong>Riedberg</strong> segmentieren und<br />

sich die so entstandenen Segmente nahezu autark<br />

ent wickeln. So sind mehrgeschossige Blockbebauungen,<br />

Reihenhaus-Strukturen und Einfamilienhaus-<br />

Ansammlungen zu betrachten. An anderer Stelle<br />

dieser Publikation (s. S. 154) wird diagnostiziert, <strong>das</strong>s<br />

die Homogenität der <strong>Riedberg</strong>-Segmente von den<br />

Bewohnern des Stadtteils durchaus negativ gesehen<br />

wird. Es entstanden eben vergleichsweise homo -<br />

gene, gleichwohl unterschiedliche Quartiere, in denen<br />

sich die soziale Entwicklung des ganzen Stadtteils<br />

<strong>Riedberg</strong> gut zu erkennen gibt – und dabei muss die<br />

Frage gestellt werden, ob sie repräsentativ <strong>für</strong> unsere<br />

Gesamtgesellschaft ist. Dies kann im Folgenden<br />

nicht lückenlos, sondern nur anhand von Beispielen<br />

verdeutlicht werden.


Gebäude, Stadtbausteine, Stadträume<br />

Wohlstand liebt Konvention<br />

Im Schlepptau der Ansiedlung universitärer Institutionen<br />

kommt beispielsweise in den letzten Jahren<br />

eine Bewohnerschaft hierher, die strukturellen, globalen<br />

Veränderungen der Arbeitsverhältnisse zu danken<br />

oder zu schulden ist – wie man’s nimmt. Familien<br />

aus aller Welt, vergleichsweise viele aus Nah- und<br />

Fernost, ziehen nach <strong>Riedberg</strong>, die als „Expats“ der<br />

globalen Wissenselite zu den Besserverdienenden gehören<br />

– was sich in den Quartieren Science City und<br />

im Westflügel durchaus erkennen lässt. Im Gefolge<br />

der staatlich finanzierten Wissenschaftsinstitute siedeln<br />

sich – leider dominant in naturwissenschaftlichen<br />

Bereichen – selbstverständlich jene Unternehmen an,<br />

die von Wissenschaftserkenntnis – um es drastisch<br />

zu sagen: schmarotzerhaft profitieren. Es sind Familien<br />

mit gut verdienenden Hauptverdienern oder<br />

Hauptverdienerinnen, die eine optimal funktionierende<br />

Umgebung brauchen und in <strong>Riedberg</strong> auch geboten<br />

bekommen. Multikulti funktioniert in diesen arbeitsorientierten<br />

Expats-Kreisen übrigens hervorragend.<br />

Hauptsache weiß<br />

Starten wir bei den drei Quartieren des West-Villen-<br />

Gebiets, <strong>das</strong> zur Erschließungsstraße (Carl-Herrmann-<br />

Rudloff-Allee) konsequent hinter zwei Meter hohen<br />

Gabionenwänden verbarrikadiert ist. Grundstücksgrößen<br />

liegen in diesem Bereich, der von der HA <strong>Stadtentwicklung</strong>sgesellschaft<br />

mbH (HASEG) geplant wurde,<br />

zwischen 600 und 900 Quadratmetern, auf denen<br />

rund neunzig Ein- und Zweifamilienhäuser nach vergleichsweise<br />

strengen Gestaltungsvorgaben in drei<br />

Teilbereichen gebaut worden sind. Die Hauspreise<br />

liegen deutlich über einer Million Euro, Villen typen<br />

heißen Rumba, Samba, View.<br />

Vorgegeben ist beispielsweise ein Spiel aus drei<br />

Baukörperteilen: Doppelgarage, Hauptbaukörper und<br />

Baukörper mit besonderem Merkmal – die Sinnfälligkeit<br />

von Grundrissen aus diesem Gestaltungskonzept<br />

heraus zu mendeln, darf als Entwurfsaufgabe gewiss<br />

nicht unterschätzt werden, hier und da fällt allerdings<br />

erstaunlich viel Verkehrsfläche in den Grundrissen auf.<br />

Villengebiet West, „die weißen villen“<br />

Quelle: <strong>Riedberg</strong>Villen hoch3,<br />

HA <strong>Stadtentwicklung</strong>sgesellschaft mbH,<br />

Wiesbaden und Stadt Frankfurt a. M. (Hg.),<br />

2016


100<br />

Maisonettes


Gebäude, Stadtbausteine, Stadträume<br />

Bauen <strong>für</strong> den Markt<br />

Triplex<br />

<strong>Riedberg</strong>, Quartier 5, Wohnungsmix<br />

Geschosswohnungen


106<br />

Rainer Schulze<br />

Architekturpark ohne Konzept<br />

Auf dem Universitätscampus <strong>Riedberg</strong> wurde der Städtebau vernachlässigt<br />

Bauliche Chronologie<br />

Mehr als 6000 Studenten und hunderte Wissenschaftler<br />

arbeiten heute in der Bildungsfabrik auf<br />

dem <strong>Riedberg</strong>. Sie schätzen die kurzen Wege in der<br />

„Science City“ am nördlichen <strong>Frankfurter</strong> Stadtrand.<br />

Es hätte nicht viel gefehlt, und der naturwissenschaftliche<br />

Campus der Goethe-Universität wäre nicht<br />

dort, sondern auf der Ginnheimer Höhe entstanden.<br />

Ende der fünfziger Jahre waren die Studentenzahlen<br />

in Frankfurt sprunghaft gestiegen, die Universität<br />

platzte aus allen Nähten. In dem sogenannten Kerngebiet<br />

der Universität in Bockenheim war nicht mehr<br />

genügend Platz <strong>für</strong> alle Institutsgebäude. <strong>Der</strong> Wissenschaftsrat<br />

empfahl dringend eine bauliche Erweiterung.<br />

Für die Naturwissenschaften wurde ein Flächenbedarf<br />

von mehr als 30.000 Quadratmeter ermittelt.<br />

Auf dem Campus Bockenheim war <strong>das</strong> nicht darstellbar.<br />

Es wurde daher nach einem Erweiterungsgelände<br />

gesucht, in der Nähe zum „Kerngebiet“. Die Wahl<br />

fiel auf die Ginnheimer Höhe. Doch zu einer Verlagerung<br />

der Naturwissenschaften dorthin kam es dann<br />

doch nicht, unter anderem aus verkehrspolitischen<br />

Gründen. Daher bot die Stadt der Universität ein<br />

Ersatzgelände an: Es lag am Niederurseler Hang.<br />

Das Land stimmte zu, woraufhin die Umsiedlung der<br />

dortigen Landwirte begann. 1<br />

1969 präsentierte die Universität eine Studie<br />

zur Bebauung des Geländes im <strong>Frankfurter</strong> Norden.<br />

Ein Planungsausschuss legte 1970 ein Schnellbauprogramm<br />

auf, um die dringendsten Bedarfe zu stillen.<br />

Für den Niederurseler Hang wurden drei Projekte<br />

angemeldet: Das Institutsgebäude der Chemie, ein<br />

Mehrzweckgebäude <strong>für</strong> Rechenzentrum und Informatik<br />

und ein Biologicum. Mit dem ersten Spatenstich<br />

<strong>für</strong> den Ausbau in Niederursel wurde im November<br />

1970 begonnen. Das Schnellbauprogramm machte<br />

seinem Namen keine Ehre. 1973 wurde zwar <strong>das</strong><br />

Gebäude des Fachbereichs Chemie am Niederurseler<br />

Hang errichtet, aber es sollte viele Jahre allein auf<br />

dem naturwissenschaftlichen Campus bleiben. Erst<br />

1994 kam <strong>das</strong> Biozentrum mit der Mensa hinzu. Zuvor<br />

herrschte zwanzig Jahre lang Stillstand auf dem Campus.<br />

Wer in dieser Zeit Chemie studierte oder am<br />

Institut forschte, wurde auf eine Geduldsprobe gestellt.<br />

Das Institutsgebäude lag einsam auf der grünen<br />

Wiese und war nur durch eine Buslinie zu erreichen.<br />

Beschleunigt wurde der Ausbau des <strong>Riedberg</strong>-<br />

Campus dann durch den Beschluss, den Campus in<br />

Bockenheim zu räumen und die Universität komplett<br />

ins Westend beziehungsweise auf den <strong>Riedberg</strong><br />

zu verlagern. Das Land hatte den 1929 errichteten<br />

Poelzig-Bau im Westend 1996 von der Bundesregierung<br />

erworben, um an dieser Stelle die Universität<br />

neu auferstehen zu lassen. Eine universitäre Nutzung<br />

des historisch belasteten IG Farben-Hauses erschien<br />

als glückliche Fügung. Die zuvor ebenfalls diskutierte<br />

Nutzung durch die Europäische Zentralbank war<br />

den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nicht<br />

zu vermitteln. 2 2001 zogen die ersten geisteswissenschaftlichen<br />

Fächer in den sanierten Poelzig-Bau.<br />

Im Februar 2002 präsentierten <strong>das</strong> Land, die Stadt<br />

und die Universität ein Konzept zur Entwicklung der<br />

Universität. Das Ausbaukonzept sah zwei Standorte<br />

vor: den naturwissenschaftlichen Campus <strong>Riedberg</strong><br />

und den sozial-, kultur- und geisteswissenschaftlichen<br />

Campus Westend. 3 <strong>Der</strong> Campus Bockenheim sollte<br />

aufgegeben und nach dem Freizug neu vermarktet<br />

werden. Auf dem <strong>Riedberg</strong> und im Westend sollten<br />

neue Gebäude mit einer Nutzfläche von 150.000 Quadratmetern<br />

entstehen. Den städtebaulichen Wettbewerb<br />

<strong>für</strong> den Campus Westend gewann 2003<br />

Ferdinand Heide, dessen zurückhaltender Entwurf<br />

sich am denkmalgeschützten Poelzig-Bau orientierte.<br />

Für die einzelnen Institutsgebäude wurden unter Mitwirkung<br />

des Architekten Christoph Mäckler Gestaltungsregeln<br />

aufgestellt. Sämtliche Bauten sollten in


Gebäude, Stadtbausteine, Stadträume<br />

Architekturpark ohne Konzept<br />

Materialität und Farbe auf Poelzigs Meisterwerk Bezug<br />

nehmen. Sie haben Natursteinfassaden und einen<br />

geringen Glasanteil.<br />

Für den <strong>Riedberg</strong>-Campus wurden solche klaren<br />

Gestaltungsregeln nicht aufgestellt. Dass auf einen<br />

städtebaulichen Rahmenplan <strong>für</strong> den naturwissenschaftlichen<br />

Campus verzichtet wurde, bezeichnet<br />

der langjährige Universitätspräsident Rudolf Steinberg<br />

rückblickend als Geburtsfehler: „Es gab nie einen<br />

Masterplan. Auf dem <strong>Riedberg</strong> fehlt der städtebauliche<br />

Zusammenhang. Einen solchen Geburtsfehler kann<br />

man nicht heilen. Man kann noch Kosmetik betreiben,<br />

aber nicht <strong>das</strong> städtebauliche Konzept nachträglich<br />

erfinden.“ 4<br />

Parallel zur baulichen Entwicklung der Naturwissenschaften<br />

auf dem <strong>Riedberg</strong> plante die Stadt in<br />

den neunziger Jahren in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

einen neuen Stadtteil. Das Land und die Universität<br />

stimmten ihr Bauprogramm mit der Kommune ab.<br />

Zunächst sollten Biologie, Geowissenschaften, Physik<br />

und dann die restlichen Fächer Neubauten erhalten.<br />

Die planungsrechtlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> den<br />

Campus <strong>Riedberg</strong> wurden in einem Bebauungsplan der<br />

Kommune <strong>für</strong> den neuen Stadtteil im Jahr 2000 getroffen.<br />

Details zum Gelände in Niederursel wurden<br />

zuvor 1999 im Kulturvertrag zwischen Land und Stadt<br />

geklärt. Unter anderem wurde geregelt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />

von der Kernphysik genutzte Grundstück auf dem<br />

Rebstock areal freigemacht und einer Wohnbebauung<br />

zugeführt wird. 5 Im Umkehrschluss beteiligte sich<br />

die Stadt an den Baukosten <strong>für</strong> die Physik auf dem<br />

<strong>Riedberg</strong>.<br />

Im Jahr 2005 erhielten die physikalischen Institute<br />

neue Räume auf dem <strong>Riedberg</strong>, darunter einen<br />

Ersatz <strong>für</strong> <strong>das</strong> Institut <strong>für</strong> Kernforschung und auch<br />

eine große Experimentierhalle, <strong>das</strong> „Stern-Gerlach-<br />

Zentrum“. <strong>Der</strong> Entwurf <strong>für</strong> die Physik-Institute<br />

stammte von der Arbeitsgemeinschaft der Architekturbüros<br />

Harter + Kanzler und Broghammer<br />

Jana Wohlleber. Das Physikgebäude hat eine rötliche<br />

Klinkerfassade und liegt terrassenförmig am Hang.<br />

Einige Monate zuvor hatte schon <strong>das</strong> Max-Planck-<br />

Frühe Bauten: Chemie (1973, links) und Biozentrum (1994) auf dem <strong>Riedberg</strong>


116<br />

hilfreich sind. Zudem bietet die Verschiebung der<br />

Riegel die Möglichkeit, die Erweiterung <strong>für</strong> die Räume<br />

der kommenden Jahrgänge später anzufügen. Die<br />

Flurbereiche sind ein wichtiger Entwurfsbestandteil,<br />

da sie zusätzliche Bewegungs- und Begegnungsflächen<br />

<strong>für</strong> Schülerinnen und Schüler bieten. Dies ist<br />

ein wesentlicher Aspekt im pädagogischen Konzept<br />

der Schule: „Lernen benötigt viele und unterschiedliche<br />

Perspektiven, Zugänge und Ereignisse […] Lesen,<br />

Schreiben, Rechnen, fachlich Arbeiten wechselt sich<br />

ab mit Laufen, Bewegen, Spielen und Theater spielen<br />

und in der Werkstatt arbeiten“ (ebd.).<br />

Die Fassade ist mit rohen Brettern aus Douglasie<br />

verkleidet und hat große Fensteröffnungen. Dadurch<br />

haben alle Klassen- und Fachräume einen Bezug<br />

zur Umgebung. Die Fensterelemente sorgen <strong>für</strong> eine<br />

natürliche Be- und Entlüftung. Die modularen Holzelemente<br />

sind freitragende Konstruktionen von bis zu<br />

sieben Metern Spannweite. Obwohl diese Schule ein<br />

provisorisches Gebäude ist, hat sie eine hohe bauliche<br />

und ästhetische Qualität und fügt sich auf eine<br />

ganz selbstverständliche Art in die Umgebung ein.<br />

Campus <strong>Riedberg</strong><br />

Die Goethe-Universität Frankfurt am Main hat<br />

die naturwissenschaftlichen Fachbereiche sowie<br />

andere Forschungsinstitutionen der Science City an<br />

den Campus <strong>Riedberg</strong> verlagert. Dazu gehören <strong>das</strong><br />

„Frankfurt Institute for Advanced Studies“ (FIAS),<br />

<strong>das</strong> <strong>Frankfurter</strong> Innovationszentrum Biotechnologie<br />

(FIZ), <strong>das</strong> Max-Planck-Institut <strong>für</strong> Biophysik sowie<br />

<strong>das</strong> Max-Planck-Institut <strong>für</strong> Hirnforschung. Dort wird<br />

nun an chemischen, biochemischen und physikalischen<br />

Anwendungen geforscht. Seit 2005 können<br />

bis zu 8.000 junge Menschen am Campus <strong>Riedberg</strong><br />

an den Fachbereichen Biochemie, Chemie und Pharmazie,<br />

Physik sowie Geowissenschaften studieren.<br />

Alle Fachbereiche sind in Neubauten untergebracht,<br />

mit Laboren, Büros, Hörsälen und Seminarräumen.<br />

Die am <strong>Riedberg</strong> lebenden Kinder haben somit die<br />

Möglichkeit, den gesamten Bildungsweg vor Ort<br />

zu absolvieren – vorausgesetzt sie entscheiden sich<br />

<strong>für</strong> ein naturwissenschaftliches Studium!<br />

Sakralbauten am <strong>Riedberg</strong><br />

Am <strong>Riedberg</strong> gibt es zwei Kirchengemeinden: eine<br />

evangelische und eine katholische. Das evangelische<br />

Kirchenhaus der Gemeinde <strong>Riedberg</strong> wurde von dem<br />

Hamburger Architekturbüro Martinoff Architekten<br />

im Auftrag des evangelischen Regionalverbandes 2011<br />

fertiggestellt. Entlang der West-Ost-Achse, an der<br />

<strong>Riedberg</strong>allee im Quartier Ginsterhöhe, ist dieser Sakralbau<br />

auf einer Bruttogrundfläche von 750 Quadratmetern<br />

entstanden. Gestalterische und funktionale<br />

Entwurfskriterien sind hier in einer sehr ansprechenden<br />

Architektursprache zusammenführt worden. Die<br />

raumhohen Fensterläden im Rauminneren lassen, je<br />

nach Positionierung, ein Lichtspiel entstehen, <strong>das</strong> dem<br />

sakralen Raum eine besondere Atmosphäre verleiht.<br />

2008 ist <strong>das</strong> Architekturbüro Atelier 5 aus der<br />

Schweiz als Gewinner eines Architektenwettbewerbs<br />

<strong>für</strong> <strong>das</strong> katholische Gemeindezentrum Edith-Stein am<br />

IGS Niederurseler Hang


Gebäude, Stadtbausteine, Stadträume<br />

Lernen und Leben am <strong>Riedberg</strong><br />

<strong>Riedberg</strong> hervorgegangen. Ausgelobt wurde dieser<br />

Wettbewerb von der St.-Laurentius-Gemeinde und<br />

der Firma Bien-Ries AG. Das Grundstück liegt direkt an<br />

der U-Bahnhaltestelle, gegenüber der evangelischen<br />

Gemeinde, am Nelly-Sachs-Platz. Das Gemeindezentrum<br />

wurde in 2016 fertiggestellt. Es besteht aus zwei<br />

Gebäudeelementen, die beide barrierefrei erschlossen<br />

sind. In einem Riegel befinden sich der Gemeindesaal<br />

und ein Sakralraum, und in dem anderen Riegel sind<br />

die Büroräume und Treffpunkte untergebracht. Durch<br />

die Platzierung der Gebäude auf dem Grundstück<br />

sind zwei sehr unterschiedliche Plätze entstanden:<br />

der Nelly-Sachs Platz, der den Eingang zum südlichen<br />

Quartier bildet und der nordöstlich gelegene, mit<br />

Bäumen bestückte Platz, der zum Verweilen und Aufhalten<br />

einlädt. Beide Kirchenhäuser, obwohl in der<br />

Gestaltung sehr unterschiedlich, haben eine klare,<br />

zurückhaltende Architektur, die sich sensibel in <strong>das</strong><br />

stadträumliche Gefüge einfügt.<br />

Fazit<br />

In den letzten Jahren hat sich der <strong>Riedberg</strong> zunehmend<br />

verändert und ist zu einem lebenswerten<br />

Stadtteil geworden. Dazu tragen die beiden Kirchengemeinden<br />

bei, die dem spirituellen Bedürfnis der<br />

Bewohnerinnen und Bewohner entgegenkommen<br />

möchten und eine Anlaufstelle im Stadtviertel anbieten.<br />

Ein weiteres, ganz entscheidendes Angebot sind<br />

die verschiedenen Bildungseinrichtungen, die nach<br />

und nach errichtet worden sind. Sie machen den <strong>Riedberg</strong><br />

zu einem attraktiven Lebensraum <strong>für</strong> Familien<br />

mit Kindern. Das Angebot an Bildungseinrichtungen<br />

ist vielfältig und deckt fast alle Bedürfnisse ab. Kurze<br />

Wege in einer sicheren und überschaubaren städtebaulichen<br />

Umgebung ermöglichen <strong>das</strong> Aufwachsen der<br />

Kinder. Eingebettet im Grünen sind die ausgedehnten<br />

Freizeitangebote, wie diverse Spielplätze, Möglichkeiten<br />

<strong>für</strong> alle Altersgruppen, sich sportlich zu betätigen,<br />

und Orte zum Treffen, ansprechend und insbesondere<br />

<strong>für</strong> Familien interessant. Die anfängliche Skepsis und<br />

Kritik von vielen <strong>Frankfurter</strong>n ist mittlerweile einer<br />

anerkennenden Haltung gewichen. Verantwortlich<br />

hier<strong>für</strong> sind vor allem die hohe Qualität der Bauten<br />

sowie die weitläufigen Grünanlagen am <strong>Riedberg</strong>.<br />

Quellen<br />

– Passivhaus-Institut Darmstadt: http://www.passiv.de/,<br />

Zugriff 20.2.2018<br />

– Dobroschke, W.; Gebhard, P.: „Regionalisierte Bevölkerungsvoraus<br />

berechnung <strong>für</strong> Frankfurt am Main bis 2040“,<br />

<strong>Frankfurter</strong> Statistische Berichte, 2015<br />

– Coelen, T; Heinrich, A; Million, A.: „Stadtbaustein Bildung“,<br />

Springer Verlag, 2015<br />

– Klausleberarchitekten: http://www.leber-architekten.de,<br />

Zugriff 20.2.2018<br />

– Ackermann + Raff Architekten: http://www.ackermannraff.de/77/gymnasium-frankfurt-riedberg-2009/,<br />

Zugriff 20.2.2018<br />

– Bueroschneidermeyer, Montag Stiftung Urbane Räume<br />

gAG (Hrsg.): „Schulumbau. Strategien zur Anpassung von<br />

Bestands gebäuden“, Köln, Bonn 2012, S. 14<br />

– IGS <strong>Riedberg</strong>: http://www.igs-kalbach-riedberg.de/unsereschule/schulprofil/,<br />

Zugriff 20.2.2018<br />

Grundriss EG IGS Niederurseler Hang<br />

Quelle: NKBAK<br />

Lageplan IGS Niederurseler Hang<br />

Quelle: NKBAK<br />

Alle Fotos: Günther


128<br />

Minimum reduziert. Auch einer Aneinanderreihung von<br />

PKW-Stellplätzen wurde durch Vorgaben von Grundstückszufahrtsbreiten<br />

frühzeitig entgegengewirkt.<br />

Bei der Planung der Hochbauten wurden neue und<br />

kreative Haustypen <strong>für</strong> Reihen- und Doppelhaushälften<br />

entwickelt, bei denen auch besonderer Stellenwert<br />

auf Material, Oberflächen und Farbe – unter einer projekt-<br />

bzw. quartiersübergreifenden Beteiligung eines<br />

Farbberaters – gelegt. In diesem Quartier entstehen<br />

nun vielfältige Gebäudeensembles von hoher Qualität<br />

und gestalterischer Eigenständigkeit.<br />

Auf Grundlage dieses neuen Leitmotivs und auf<br />

Basis des Masterplanes und des darauf folgenden<br />

Bebauungsplans wurden in diesem Quartier zahlreiche<br />

Gutachterverfahren durchgeführt. Die Grundstücke<br />

befanden sich im Besitz des Treuhänders bzw. waren<br />

durch Vereinbarungen bereits an einen neuen Eigentümer<br />

unter Berücksichtigung von Qualitätsvorgaben<br />

übertragen worden. Es zeigte sich die Notwendigkeit,<br />

den ausgewählten Architekten die besondere städtebauliche<br />

Maxime, welche mit der Aufgabenstellung<br />

ausführlich in der Auslobung beschrieben wurde, in<br />

einem verpflichtenden Ausgabekolloquium näher zu<br />

erläutern. Die Planer mussten zunächst <strong>für</strong> die freien<br />

Formen „sensibilisiert“ werden. Des Weiteren konnten<br />

die Auslobenden und beteiligten Bauherren die in der<br />

Aufgabenstellung näher bezeichneten und verbindlich<br />

einzuhaltenden Aspekte (z. B. Durchwegungen, Wohnungsgrößen,<br />

-mix, individuelle Aspekte hinsichtlich<br />

Bauweise oder Vermarktung etc.) auf diesem Kolloquium<br />

persönlich konkretisieren.<br />

Auf einem sich anschließenden Zwischenkolloquium<br />

wurden den Architekten die bisher erzielten<br />

Ergebnisse präsentiert und auf Rückfragen eingegangen.<br />

Die eingereichten Ergebnisse machten deutlich,<br />

wie sinnvoll beide Symposien waren, denn nun<br />

entsprachen die meisten der vorliegenden Arbeiten im<br />

Vergleich zur Zwischenpräsentation der detaillieren<br />

Aufgabenstellung der Auslobung.<br />

<strong>Der</strong> ausgewählte Siegerentwurf wurde als Bauverpflichtung<br />

Bestandteil des notariellen Kaufvertrags<br />

bzw. der bereits existierenden Abwendungsvereinbarung.<br />

Gelegentlich bedurfte die prämierte Planung<br />

zunächst noch einer Überarbeitung. Da die Darstellungen<br />

des Preisträgers z. B. auf Grund ihres Maßstabes<br />

nicht eindeutig alle Qualitätsmerkmale vertragssicher<br />

aufzeigen konnten, wurde in Ergänzung zu den Zeichnungen<br />

des Siegerentwurfs auch ein Qualitätshandbuch<br />

mit den individuellen entwurfsrelevanten Details<br />

vertraglich fixiert. Ziel des Handbuchs ist die nachhalpositiven<br />

Erfahrungen flossen anschließend – mit neu<br />

entwickelten Leitmotiven – in weitere Konzepte wie<br />

die weißen Villen oder <strong>Riedberg</strong> Villen hoch³ ein.<br />

Qualitätssicherung bei der<br />

Vermarktung von großflächigen<br />

Baublöcken<br />

Wesentliches Instrument bei der Veräußerung von<br />

Baulandflächen an Investoren, Bauträger und Wohnungsbaugesellschaften<br />

war <strong>das</strong> Gutachterverfahren<br />

in Kombination mit Qualitätshandbüchern. Bereits im<br />

frühen Entwicklungsstadium der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme<br />

<strong>Riedberg</strong> zeigte sich, wie wichtig<br />

Gutachterverfahren auf Grundlage einer Auslobung<br />

zur Überprüfung von städtebaulichen Motiven waren.<br />

Durch die Vorlage der Entwurfsgedanken von bis zu<br />

acht oder mehr Teilnehmenden wurden vielfältige Lösungen<br />

erarbeitet und in Fachgremien diskutiert. Bei<br />

dem zuletzt entwickelten Quartier „Westflügel“ kamen<br />

diese Instrumente der Qualitätssicherung vermehrt<br />

zur Anwendung.<br />

Für dieses größte Quartier der städtebaulichen<br />

Entwicklungsmaßnahme <strong>Riedberg</strong> sah der rechtskräftige<br />

Bebauungsplan ursprünglich eine orthogonale<br />

Ausrichtung der Blockstruktur und der Straßenverläufe<br />

vor. Da die zu Beginn ausgewiesenen Flächen <strong>für</strong><br />

<strong>das</strong> Sondergebiet Universität entlang der Autobahn A5<br />

entfallen konnten, wurde der bis dahin vorgesehene<br />

Städtebau nochmals neu diskutiert, und man entschied<br />

sich <strong>für</strong> eine Neuausrichtung des Bebauungsplans<br />

mit modifizierten Vorgaben. <strong>Der</strong> rechtskräftige<br />

Bebauungsplan wurde somit zu Gunsten eines neuen<br />

städtebaulichen Entwurfs außer Kraft gesetzt, um<br />

die Umsetzung der Leitidee des Masterplans durch<br />

ein neues Bebauungsplanverfahren zu ermöglichen.<br />

Hierbei konnten erste hochbauliche Entwürfe bereits<br />

in der Bauleitplanung Berücksichtigung finden.<br />

Die grundlegende Idee des neuen Städtebaus war,<br />

natürliche und schwingende Formen in die Straßenräume<br />

und in die Bebauung einfließen zu lassen und<br />

damit neue Perspektiven zu schaffen. Bedeutend<br />

ist hierbei u. a. die deutliche Trennung privater und<br />

öffentlicher Räume durch eine abgestimmte und<br />

zum Hochbau korrespondierende Ausbildung von<br />

Einfriedungen mit Wandscheiben in Kombination mit<br />

Zaunanlagen und Hecken. Dies wurde z. B. in Hinblick<br />

auf die bauliche Adressbildung durch eine Stehle<br />

mit Aufnahme der Briefkasten- Gegensprechanlage<br />

forciert. Die Versiegelung der Vorgärten wurde auf ein


Masterplan Westflügel<br />

Gebäude, Stadtbausteine, Stadträume<br />

Treuhänderisches Projektmanagement im Projekt <strong>Riedberg</strong>


Physik, Universität 2013 | 2013<br />

2010 2010 | 2013


156<br />

Linda Diehl<br />

Das Selbstimage des Stadtquartiers<br />

Frankfurt-<strong>Riedberg</strong><br />

Eine Analyse aus Bewohner- und Akteurssicht<br />

Das Image einer Stadt spiegelt <strong>das</strong> Vorstellungsbild<br />

ihrer Betrachter wider. Es beurteilt den Meinungsgegenstand<br />

nicht rational – Eigenschaften und<br />

Inhalte werden vereinfacht und subjektiv gefärbt<br />

aufgegriffen. 1 Erlebnisse, Ereignisse sowie Emotionen<br />

sorgen <strong>für</strong> eine Veränderung des Blickwinkels; daher<br />

entwickelt sich <strong>das</strong> Image über eine lange Zeit<br />

und bleibt nicht konstant. Es steuert <strong>das</strong> Verhalten<br />

der Menschen und trägt zur Entscheidungsfindung<br />

bei. Somit entscheidet es über eine Positiv- oder<br />

Negativbelegung der Stadt. 2 Ein positives Image kann<br />

aufgrund des Bedeutungsgewinns der weichen Standortfaktoren<br />

attraktivitätssteigernd wirken. Im Zusammenhang<br />

mit der Imagebildung sind die Bewohner<br />

der Stadt die wichtigste Personengruppe, da sie<br />

ein sehr detailreiches Bild ihres Wohnortes haben. 3<br />

Selbstimageanalyse<br />

Frankfurt-<strong>Riedberg</strong><br />

Um eine erfolgreiche Selbstimageanalyse durchführen<br />

zu können, gilt es aktuelle Daten über die<br />

Zielgruppen empirisch zu erarbeiten. Die Daten zum<br />

Selbstimage des <strong>Riedberg</strong>s wurden im September<br />

und Oktober 2016 erhoben.<br />

Ergänzend zu einer Bewohnerbefragung wurde die<br />

Bewertung ausgewählter Akteure mit Hilfe von Leitfadengesprächen<br />

aufgenommen. Bei der Auswahl<br />

der neun Akteure wurde Wert darauf gelegt, verschiedene<br />

Perspektiven des <strong>Riedberg</strong>s zu beleuchten. So<br />

wurden u. a. Akteure der Verwaltung und des Treuhänders<br />

(4 Experten) sowie Personen aus der Politik<br />

und Vorsteher der Bewohner (5 Bewohnervertreter)<br />

herangezogen.<br />

Bewohnerbefragung<br />

An der Bewohnerbefragung nahmen 90 Bewohner<br />

teil. Es wurden 42 Frauen und 48 Männer befragt.<br />

21 Prozent der Befragten waren jünger als 30 Jahre,<br />

54 Prozent waren zwischen 30 und 50 Jahre alt und<br />

25 Prozent waren älter als 50 Jahre. Die vorliegende<br />

Selbstimageanalyse ist folglich stark von der Zielgruppe<br />

der 30 bis 50-Jährigen beeinflusst.<br />

Die Bewohner des <strong>Riedberg</strong>s haben bereits eine<br />

positive Einstellung gegenüber ihrem Wohnort.<br />

Mit 82 Prozent der Befragten ist der Großteil mit dem<br />

Stadtquartier zufrieden, mittelmäßig zufrieden sind<br />

17 Prozent und unzufrieden sind null Prozent. Die<br />

Mehrzahl der Bewohner würde sich erneut <strong>für</strong> ihren<br />

Wohnort entscheiden (88 %), während neun Prozent<br />

die Frage negativ beantworteten.<br />

Vorteile aus Bewohnersicht (Abb. 1)<br />

Insgesamt wurden 253 Vorteile (N) genannt.<br />

Die Mehrzahl nannte, wie gewünscht, drei Vorteile.<br />

Die Vorteile wurden elf übergeordneten Gruppen<br />

zugeteilt. Positiv wahrgenommen werden die funktionale<br />

Infrastruktur und die gute Anbindung. Ebenfalls<br />

vorteilhaft empfunden werden Naturnähe,<br />

Familienfreundlichkeit, gute Planung sowie Stadtnähe.<br />

Weiterhin wurden Vorteile genannt, die den Gruppen<br />

kontaktfreudige Bewohner, neu /modern und durchmischte<br />

Bewohnerstruktur zugeordnet werden<br />

konnten.<br />

Nachteile aus Bewohnersicht (Abb. 2)<br />

Insgesamt wurden 218 Nachteile (N) genannt.<br />

Wieder war eine Mehrfachnennung von drei Nachteilen<br />

gewünscht. Bei der Analyse der Nachteile<br />

aus Bewohnersicht wurde mit zehn Gruppen gearbeitet.<br />

Am häufigsten wurden Nachteile genannt, die<br />

sich der Gruppe defizitäre Infrastruktur (35 %) zuordnen<br />

ließen. Es folgen die Gruppen kein Flair, hohe<br />

Immobilienpreise und schlechte Verkehrslage. Einstellige<br />

Prozentpunkte weisen die Nachteile Fehlplanung,<br />

hohe Lärmbelastung, außerhalb und homogene Bewohnerstruktur<br />

auf.


Leben im neuen Quartier<br />

Das Selbstimage des Stadtquartiers Frankfurt-<strong>Riedberg</strong><br />

Einschätzungen zum Stadtquartier Frankfurt-<strong>Riedberg</strong> aus Bewohnersicht<br />

Abb. 1 Vorteile aus Bewohnersicht Entwurf: Linda Diehl, (TU Kaiserslautern 2017), Quelle: Bewohnerbefragung (2016)<br />

N = 253<br />

20 %<br />

18 %<br />

16 %<br />

14 %<br />

12 %<br />

10 %<br />

8 %<br />

6 %<br />

4 %<br />

2 %<br />

0 %<br />

funktionale Infrastruktur 19 %<br />

gute Anbindung 19 %<br />

Naturnähe 12 %<br />

familienfreundlich 11 %<br />

gute Planung 9 %<br />

Stadtnähe 9 %<br />

kontaktfreudige Bewohner 6 %<br />

neu / modern 5 %<br />

durchmischte Bewohnerstruktur 3 %<br />

keine Vorteile 1 %<br />

Sonstige 6 %<br />

Abb. 2 Nachteile aus Bewohnersicht Entwurf: Linda Diehl, (TU Kaiserslautern 2017), Quelle: Bewohnerbefragung (2016)<br />

N = 218<br />

40 %<br />

35 %<br />

30 %<br />

25 %<br />

20 %<br />

15 %<br />

10 %<br />

5 %<br />

0 %<br />

defizitäre Infrastruktur 35 %<br />

kein Flair 15 %<br />

hohe Immobilienpreise 10 %<br />

schlechte Verkehrslage 10 %<br />

Fehlplanung 8 %<br />

hohe Lärmbelastung 6 %<br />

außerhalb 6 %<br />

homogene Bewohnerstruktur 5 %<br />

keine Nachteile 2 %<br />

Sonstige 6 %


172<br />

Zu den wenigen Projekten, die sich am <strong>Riedberg</strong> innovativen und<br />

gemeinschaftlichen Wohnkonzepten verschrieben haben,<br />

gehört „Wohnen mit Kindern“, ein im Quartier Altkönigblick<br />

gelegener Wohnkomplex mit integrierter Kita. Das Projekt entstand<br />

als genossenschaftliches Modell der Wohngeno eG. Das vom<br />

Architekturbüro bb22 entworfene und zum Teil in Holzbauweise<br />

errichtete Gebäude bietet Gemeinschaftsflächen und Wohnungen<br />

unterschiedlicher Größen und Zuschnitten.<br />

www.wohngeno.de


Fotos und Pläne: bb22<br />

Leben im neuen Quartier<br />

Wohnen am <strong>Riedberg</strong>


| Altkönigblick 2010<br />

Universität 2013 2013 | 2017<br />

2013 | 2017


Kätcheslachpark 2013


Altkönigblick 2010 2010 2010 | Altkönigblick 2010<br />

Universität 2013 | Schöne Aussicht 2017 2017


220<br />

Arno Bunzel<br />

Chancen, Grenzen, Alternativen<br />

Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen –<br />

die effektivste Form der Baulandentwicklung?<br />

Einleitung<br />

Die Festlegung städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen<br />

begründet <strong>für</strong> die davon betroffenen Gebiete<br />

ein besonderes Rechtsregime, <strong>das</strong> von dem üblichen<br />

<strong>für</strong> die Baulandentwicklung geltenden Rechtsregime<br />

deutlich abweicht. Dieses Rechtsregime basiert<br />

auf dem Prinzip, <strong>das</strong>s sämtliche Grundstücke durch<br />

die Gemeinde erworben und nach Durchführung der<br />

erforderlichen Planung und Ordnungsmaßnahmen<br />

an breite Kreise der Bevölkerung wieder veräußert<br />

werden. Von diesem Modus kann abgewichen werden,<br />

soweit Eigentümer zur Umsetzung der Ziele der Entwicklungsmaßnahme<br />

auf ihren Grundstücken bereit<br />

und in der Lage sind und sich hierzu verpflichten.<br />

Die Finanzierung städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen<br />

basiert anders als sonst auf der Abschöpfung<br />

der entwicklungsbedingten Bodenwertsteigerung.<br />

Schließlich gilt im städtebaulichen Entwicklungsbereichen<br />

generell ein Genehmigungsvorbehalt.<br />

Veränderungen der rechtlichen oder tatsächlichen<br />

Verhältnisse, welche die Umsetzung der Ziele der<br />

städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen erschweren<br />

würden, können so unterbunden werden. Das damit<br />

in den Grundzügen knapp umrissene Rechtsregime<br />

innerhalb förmlich festgelegter städtebaulicher Entwicklungsbereiche<br />

weist gegenüber dem herkömmlichen<br />

Instrumentarium der Baulandentwicklung<br />

bezüglich der Durchsetzungskraft ganz erhebliche<br />

Vorteile auf. Es gibt aber auch Nachteile, die vor allem<br />

mit der langfristigen Bindung von Ressourcen und<br />

den damit einhergehenden Risiken zu tun haben. Die<br />

Eingriffsintensität bedingt nicht nur, <strong>das</strong>s die Anwendung<br />

dieses Instrumentes an <strong>das</strong> Vorliegen besonderer<br />

Voraussetzungen geknüpft ist, sondern auch,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Konfliktpotenzial deutlich erhöht ist.<br />

Genese<br />

Eingeführt wurde <strong>das</strong> Instrument der städtebauli<br />

chen Entwicklungsmaßnahme durch <strong>das</strong> Städtebauförderungsgesetz<br />

vom 27. Juli 1971. Nach der damaligen<br />

Regelung war die Anwendung vor allem auf<br />

große Außenentwicklungen und die Schaffungen<br />

neuer Ortsteile im Außenbereich gerichtet. So wurde<br />

etwa die Stadt Wulfen in Nordrhein-Westfalen auf<br />

der Basis einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme<br />

entwickelt. Insgesamt blieb die Anwendung mit<br />

etwa 40 Maßnahmen aber gering.<br />

Bei Überführung des Städtebauförderungsgesetzes<br />

in <strong>das</strong> Baugesetzbuch zum 1. Januar 1987 hielt man<br />

die Neuausweisung städtebaulicher Entwicklungsbereiche<br />

<strong>für</strong> entbehrlich. Als Folge der Schaffung der<br />

Deutschen Einheit wurde diese Einschätzung allerdings<br />

Anfang der 90er Jahre korrigiert und die städtebauliche<br />

Entwicklungsmaßnahme mit dem Wohnungsbauerleichterungsgesetz<br />

zum 1. Juni 1990 zunächst<br />

befristet und dann durch <strong>das</strong> Investitionserleichterungs-<br />

und Wohnbaulandgesetz zum 1. Mai 1993 als<br />

Dauerrecht wieder eingeführt.<br />

Anders als nach dem Städtebauförderungsgesetz<br />

ist die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme<br />

heute ein Instrument der Gemeinden, mit dem sie<br />

auf den sich landesplanerischer aber auch auf den<br />

sich aus örtlichen Erfordernissen ergebenden Entwicklungs-<br />

und Neuordnungsbedarf reagieren können.<br />

Die Festlegung des Entwicklungsbereichs erfolgt nun<br />

durch Satzungsbeschluss der Gemeinde und nicht,<br />

wie nach altem Recht, durch Rechtsverordnungen der<br />

Landesregierung. Außerdem ist neben der Entwicklung<br />

neuer Gebiete im Außenbereich auch die Neuordnung<br />

vormals baulich genutzter Flächen als mögliches<br />

Ziel einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme


Aktive Flächenentwicklung durch städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen<br />

Chancen, Grenzen, Alternativen<br />

Stadt Mühlhausen in Thüringen. 2 Auch Standorte<br />

<strong>für</strong> besondere Nutzungen wie etwa Messestandtorte,<br />

Universitäten, zentrale Verwaltungsstandorte oder<br />

Güterverteilzentren sind auf der Basis des städtebaulichen<br />

Entwicklungsrechtes entwickelt worden.<br />

Herausgehobenes Beispiel hier<strong>für</strong> ist die städtebauliche<br />

Entwicklungsmaßnahme „Hauptstadt“ in Berlin.<br />

Auch die Schaffung eines Landschaftsparks, also<br />

einer nicht baulichen Nutzung, kann zulässigerweise<br />

auf der Basis des städtebaulichen Entwicklungsrechts<br />

entwickelt werden, wie die städtebauliche<br />

Entwicklungsmaßnahme „Osterholzer Feldmark“ in<br />

Bremen zeigt 3 , ein Beispiel, <strong>das</strong> die Gerichtsbarkeit<br />

bis zum Bundesverfassungsgericht hinauf mehrfach<br />

beschäftigte, auch wenn die Stadt Bremen diese<br />

Entwicklung am Ende nicht weiter verfolgt hat.<br />

Mit der dortigen Entwicklungsmaßnahme war<br />

beabsichtigt, jeweils zur Hälfte ein Wohngebiet <strong>für</strong><br />

ca. 1800 Wohneinheiten und den angesprochenen<br />

Landschaftspark zu schaffen. <strong>Der</strong> Kanon der Anwendungsfelder<br />

erfasst sowohl Entwicklungen in den<br />

Außenbereichen hinein als auch die Neuordnung<br />

von Brach- oder minder genutzten Flächen. Beispiel<br />

<strong>für</strong> letzteres sind etwa die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme<br />

„Hennef-Mitte“ in der Stadt Hennef<br />

a. d. Sieg, mit der eine innerstädtische Industriebrache<br />

wieder genutzt wird. 4 Auch die Berliner Entwicklungsmaßnahmen<br />

„Wasserstadt Oberhavel“,<br />

„Rummelsburger Bucht“ und „Schlachthof Eldaner<br />

Straße“ haben die Wiedernutzung ehemalig anderweitig<br />

genutzten Brachflächen zum Gegenstand. 5<br />

Ebenfalls der Neuordnung von Brachflächen dienen<br />

eine Reihe von städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen<br />

in einigen Städten, mit denen Kasernen der<br />

alliierten Streitkräfte oder der Bundeswehr nach<br />

Nutzungsaufgabe einer nicht militärischen Nachnutzung<br />

zugeführt wurden. Beispiele hier<strong>für</strong> finden sich<br />

etwa in den Städten Amberg, Augsburg und Tübingen. 6<br />

Gerade am Beispiel der militärischen Konversion<br />

hat sich gezeigt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Entwicklungsrecht auch<br />

dann Wirksamkeit entfalten kann, wenn es am Ende<br />

nicht auf eine förmliche Festlegung als städtebaulicher<br />

Entwicklungsbereich hinausläuft. <strong>Der</strong> Bund<br />

eröffnete in den 1990er Jahren im Wege eines<br />

Vermerks zum Haushaltsgesetz die Möglichkeit,<br />

militärische Konversionsflächen zum entwicklungsunbeeinflussten<br />

Wert abzugeben, soweit der Nachweis<br />

geführt wurde, <strong>das</strong>s die Voraussetzungen<br />

nach § 165 Abs. 1 und 2 BauGB vorlagen und die<br />

Maßnahme finanzierbar war. Mit diesem Verbillihinzugetreten.<br />

Damit werden insbesondere auch<br />

brachliegende Flächen wie zum Beispiel freiwerdende<br />

militärische Liegenschaften, aufgegebene Bahnflächen<br />

oder nicht mehr genutzte Industrieflächen zu einem<br />

möglichen Anwendungsfall städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen.<br />

Auch die Einbeziehung bebauter<br />

Gebiete in dem Entwicklungsbereich kann zulässig<br />

sein, sobald die angestrebte Neuordnung nicht allein<br />

mit den Instrumenten des Sanierungsrechts erreicht<br />

werden kann.<br />

Stand der Anwendung<br />

Die Anwendungshäufigkeit städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen<br />

in der kommunalen Praxis ist<br />

nach wie vor insgesamt als eher gering einzustufen.<br />

Aktuelle Zahlen bezogen auf <strong>das</strong> gesamte Gebiet<br />

der Bundesrepublik Deutschland fehlen. Die letzte<br />

flächendeckende Erhebung zum Stand der Anwendung<br />

stammt vom Bundesamt <strong>für</strong> Bauwesen und<br />

Raumordnung aus dem Jahre 1998. 1 Damals wurden<br />

248 Maßnahmen erfasst, von denen allerdings lediglich<br />

98 bereits als städtebauliche Entwicklungsbereiche<br />

förmlich festgelegt worden waren. Bei 16 weiteren<br />

Maßnahmen wurde davon ausgegangen, <strong>das</strong>s eine<br />

solche Festlegung alsbald erfolgen würde. Bei den<br />

verbleibenden 134 Maßnahmen stand noch nicht fest,<br />

ob es tatsächlich zu einer förmlichen Festlegung der<br />

Entwicklungsbereiche kommen würde. Für 71 dieser<br />

Maßnahmen wurde sogar prognostiziert, <strong>das</strong>s eine<br />

förmliche Festlegung eher unwahrscheinlicher sei.<br />

Das Interesse an städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen<br />

hat mit nachlassender Nachfrage nach Bauland<br />

zu Beginn der 2000er Jahre deutlich nachgelassen.<br />

Erst seit etwa 2013 ist angesichts der vielerorts<br />

anzutreffenden Herausforderungen bei der Schaffung<br />

von Wohnbauland der Blick wieder auf dieses Instrument<br />

des besonderen Städtebaurechts gefallen.<br />

Städte, die bereits auf eine erfolgreiche städtebauliche<br />

Entwicklungsmaßnahme zurücksehen können,<br />

wie etwa Frankfurt a.M., Freiburg, Trier, Bonn oder<br />

Potsdam haben erneut vorbereitende Untersuchungen<br />

zu städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen eingeleitet<br />

oder diese bereits förmlich festgelegt.<br />

Die Sichtung der Anwendungspraxis zeigt eine<br />

große Vielfalt an Fallkonstellationen. Anwendung<br />

findet und fand die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme<br />

nicht nur bei der Entwicklung großer Wohngebiete<br />

einschließlich der dazu gehörigen Versorgungsstrukturen,<br />

sondern auch bei der Schaffung<br />

von Gewerbe- und Industriegebieten wie etwa in der


230<br />

Christian Kaufmann und Michael Peterek<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> als Praxisbeispiel<br />

Erfahrungen und Erkenntnisse <strong>für</strong> zukünftige Projekte<br />

<strong>Der</strong> Stadtteil <strong>Riedberg</strong> ist – nach über 27-jähriger<br />

Planungs- und Bauzeit – weitgehend fertig gestellt.<br />

Weil in einem Ballungsraum wie Frankfurt-Rhein-<br />

Main jedoch neue (auch große) Projekte anstehen<br />

und diskutiert werden, um den Bedarf an Wohnraum<br />

in Frankfurt und der Region auch künftig erfüllen zu<br />

können, muss es am Ende eines solchen Bandes auch<br />

zwangsläufig um die Frage gehen: Was können wir<br />

vom <strong>Riedberg</strong> lernen, was bleibt an Erfahrungen und<br />

Erkenntnissen <strong>für</strong> die Planung künftiger Quartiere?<br />

Was hat sich bewährt und was sollte man in Zukunft<br />

anders machen?<br />

Die Antwort auf eine derartige Frage nach dem<br />

„Erfolg“ des <strong>Riedberg</strong>s wird nicht eindeutig ausfallen;<br />

sie kann <strong>für</strong> ein Projekt derartiger Größe und Komplexität<br />

insgesamt nicht mit ja oder nein, schwarz<br />

oder weiß beantwortet werden. Die Beurteilung<br />

muss kleinteiliger und differenzierter erfolgen – und<br />

wird, je nachdem aus welcher Position, aus welchem<br />

Kontext und mit welcher Zielsetzung sie erfolgt,<br />

unterschiedlich ausfallen. Dies belegen auch deutlich<br />

die ganz unterschiedlichen Betrachtungen und Einschätzungen<br />

der im vorliegenden Band versammelten<br />

Autorinnen und Autoren.<br />

Aus Sicht der Herausgeber und in der Gesamtschau<br />

der zusammengetragenen Positionen lassen sich<br />

dennoch eine Reihe von Aspekten und Überlegungen<br />

herausfiltern, die aus der Erfahrung des <strong>Frankfurter</strong><br />

<strong>Riedberg</strong>s heraus zumindest Anregungen <strong>für</strong> anstehende<br />

<strong>Stadtentwicklung</strong>sprojekte liefern können.<br />

Diese lassen sich im Wesentlichen in den nachfolgend<br />

dargestellten acht Betrachtungsfeldern abbilden.<br />

Instrumentelles Verfahren<br />

Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM)<br />

hat sich als Instrument der <strong>Stadtentwicklung</strong> am<br />

<strong>Riedberg</strong> bewährt und wird in ihren Leistungen und<br />

Ergebnissen durchwegs positiv eingeschätzt – von<br />

daher auch der besondere Umfang, der diesem Instrumentarium<br />

und seiner Darstellung in der vorliegenden<br />

Publikation gewidmet wird. Verglichen mit anderen<br />

Verfahrensweisen der Stadt- und Baulandentwicklung<br />

hat sie, als besonders wirkungsmächtiges<br />

Instrument, nicht nur eine koordinierte Gesamtentwicklung<br />

und Maßnahmensteuerung erlaubt, sondern<br />

durch die Abschöpfung der entwicklungsbedingten<br />

Bodenwertsteigerungen auch von Beginn an eine<br />

umfassende Realisierung der <strong>für</strong> den neuen Stadtteil<br />

notwendigen Ausstattung und Infrastruktur möglich<br />

gemacht.<br />

Sie konnte damit einem heute, vor allem in den<br />

urbanen Wachstumspolen, vielfach durch private<br />

Spekulation getriebenen Immobilienmarkt Ziele<br />

des öffentlichen Gemeinwohls, insbesondere auch<br />

einer angemessenen Versorgung mit Freiflächen<br />

und sozia l er Infrastruktur, entgegensetzen und diese<br />

zeitnah realisieren. Denn mehr denn je wissen wir<br />

heute, <strong>das</strong>s die öffentliche Verfügbarkeit über den<br />

Grund und Boden ein Dreh- und Angelpunkt einer<br />

nachhaltigen <strong>Stadtentwicklung</strong> ist.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> hat aber auch gezeigt, <strong>das</strong>s eine<br />

SEM nicht zwangsläufig auch ein schnelles Instrument<br />

ist. Deshalb braucht sie vor allem einen breiten und<br />

stabilen Rückhalt in Politik und Verwaltung, eine gute<br />

Vermittlung, eine frühzeitige Einbindung und möglichst<br />

breite Konsensbildung in der Öffentlichkeit.<br />

Dringend erforderlich scheint uns, von politischer<br />

Seite aus die gesetzlichen Vorgaben <strong>für</strong> städtische<br />

Planungsprozesse effizienter und zeitlich schlanker zu<br />

gestalten, um den Kommunen ein schnelleres Agieren<br />

zu ermöglichen.<br />

Städtebauliche Strukturen<br />

Städtebauliche Strukturen und Leitbilder sind<br />

immer auch zeitbedingt. Als Reaktion auf die<br />

rigide Funktionstrennung und die aufgelockerten,


Lernen vom <strong>Riedberg</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Riedberg</strong> als Praxisbeispiel<br />

fließen den Stadträume der Großsiedlungen der<br />

1970er Jahre, vollzieht sich am <strong>Riedberg</strong> eine Rückwendung<br />

auf gründerzeitliche Strukturmotive mit<br />

rasterartigen Erschließungsnetzen und einer klaren<br />

Gliederung von öffentlichen und privaten Stadträumen.<br />

Allerdings wäre es eine Illusion, an der<br />

Peripherie die Renaissance einer urbanen Innenstadt<br />

zu erwarten. Stadtgrundrisse mit Blockfiguren allein<br />

reichen nicht aus, einen urbanen und lebendigen<br />

Stadtteil zu kreieren. Da greift <strong>das</strong> räumliche Leitbild<br />

zu kurz und vernachlässigt zentrale andere<br />

Faktoren einer Quartiersbildung, wie etwa Dichte,<br />

funktionale und soziale Mischung, städtebauliche<br />

Vernetzung und andere mehr.<br />

Dennoch kann eine städtebaulich prägnante Struktur<br />

zur Wahrnehmung, Ablesbarkeit und spezifischen<br />

Identität eines Stadtteils beitragen und somit ein<br />

einprägsames Raumbild schaffen. Wichtig ist dabei<br />

ein kohärentes Regelwerk und Wechselspiel zwischen<br />

auf der einen Seite deutlich gesetzten städtebaulichen<br />

Bindungen und auf der anderen Seite Freiräumen<br />

zur individuellen Ausprägung, Aneignung und potenziellen<br />

Veränderung. Ein solches „Gerüst“ als städtebauliches<br />

Leitbild muss sich immer wieder der Frage<br />

stellen, welches städtische Umfeld, welche öffentlichen<br />

Räume und Freiflächen den anvisierten Vorstellungen<br />

einer städtischen Lebensweise der Zukunft<br />

angemessen sein können. Als einigermaßen problematisch<br />

erweist sich hier die Lage des Baugebietes<br />

in einer die Großstadt mit Frischluft versorgenden<br />

Schneise sowie die mangelnde Anschlussfähigkeit an<br />

angrenzende Stadtteile (die zum Teil der Rücksicht<br />

auf eben diese Schneise geschuldet ist). Entstanden<br />

ist so mehr oder weniger eine „Satellitenstadt“.<br />

Architektonische Qualität<br />

Baulich-gestalterische Qualität ist ein zentraler<br />

Beitrag zur Baukultur und damit auch ein wichtiger<br />

Anspruch jeglicher Stadt- und Quartiersplanung.<br />

Diesbezüglich wurde am <strong>Riedberg</strong>, zumindest in<br />

Teilbereichen des Einfamilienhausbaus (etwa in der<br />

sogenannten „weißen Stadt“ und im jüngsten Quartier,<br />

dem Westflügel), ein beträchtlicher Aufwand<br />

getrieben. Allerdings lässt <strong>das</strong> Ergebnis, wie manche<br />

Kritiken zeigen, durchaus die Frage offen, inwieweit<br />

detaillierte Qualitätshandbücher und Gestaltungsregeln<br />

zu einem Mehr an Gesamtqualität beitragen<br />

oder möglicherweise doch eher, durch allzu formalistische<br />

Zwänge, die Uniformität fördern. Für künftige<br />

Projekt wären hier, auf der Basis eines verbindenden<br />

städtebau lichen Leitfadens, sicher mehr Abwechslungsreichtum,<br />

gestalterische Freiheit und Raum <strong>für</strong><br />

kreative Vielfalt wünschenswert.<br />

Freiraumentwicklung, Umwelt<br />

und Ökologie<br />

Die umfangreichen (öffentlichen) Freiräume und<br />

Grünflächen machen eine besondere Qualität des<br />

Stadtteils <strong>Riedberg</strong> aus, denn sie sind keine Restflächen<br />

(wie in vielen anderen Projekten der letzten<br />

Dekaden), sondern von Beginn an ein integraler<br />

Bestandteil des stadträumlichen Konzepts gewesen.<br />

Insofern zeigt sich hier deutlich, <strong>das</strong>s <strong>Stadtentwicklung</strong><br />

in Zukunft immer auch Freiraumentwicklung<br />

sein muss. Die Qualitäten der Freiräume und der<br />

gebauten Strukturen bedingen sich gegenseitig und<br />

machen in dieser Symbiose in sich verdichtenden<br />

Stadtregionen einen wesentlichen Faktor von Lebensqualität<br />

aus, was auch von den Bewohnerinnen und<br />

Bewohnern des <strong>Riedberg</strong>s so gesehen wird.<br />

Neben dem Freizeit- und Erholungswert zeichnen<br />

sich die Freiräume durch ihre klimatische und ökologische<br />

Bedeutung aus. Angesichts der offensichtlich<br />

gewordenen Herausforderungen des Klimawandels<br />

und des Klimaschutzes werden diese Aufgaben bei<br />

künftigen Projekten noch stärker in den Mittelpunkt<br />

rücken müssen.<br />

Mit dem Begriff des „urbanen Metabolismus“<br />

bezeichnet man heute die Vernetzung von Ressourcen<br />

und Stoffströmen, die im Sinne eines effizienteren<br />

Ressourcenmanagements auch <strong>für</strong> Städte an<br />

Bedeutung gewinnt. Mit einem umfänglichen System<br />

der Regenwasserbewirtschaftung/-versickerung zur<br />

Gestaltung und Pflege der Grünflächen, aber auch<br />

der energetischen Effizienz durch <strong>das</strong> Fernwärmenetz,<br />

welches seine Energie aus der nahe gelegenen<br />

Müllverbrennung speist, den realisierten Passivund<br />

auch Plusenergiehäuser zeigt <strong>das</strong> Projekt <strong>Riedberg</strong><br />

wichtige Ansätze eines bewussten und vernetzten<br />

Umgangs mit den begrenzt zur Verfügung stehenden<br />

Ressourcen, die in der vorliegenden Publikation,<br />

bedingt durch ihren städtebaulichen Fokus, nur ansatzweise<br />

dargestellt werden konnten, in künftigen<br />

<strong>Stadtentwicklung</strong>sprojekten aber eine noch wichtigere<br />

Rolle einnehmen müssen, zum Beispiel in der Einbindung<br />

von urbanen Gärten und Landwirtschaft, im<br />

Abwasserrecycling und anderen Aspekten mehr.


236<br />

Autorinnen und Autoren<br />

Atelier 5<br />

wurde im Mai 1955 von fünf jungen<br />

Architekten in Bern gegründet. Die<br />

Projekte des Büros, <strong>das</strong> heute von fünf<br />

Partnern in der vierten und fünften<br />

Generation geführt wird, waren und sind<br />

stets <strong>das</strong> Ergebnis einer differenzierten<br />

Auseinandersetzung mit der vorgefundenen<br />

Situation und den hauptsächlichen<br />

Funktionen einer Anlage. Dies führte zu<br />

einem von Modeströmungen unberührten,<br />

prototypischen Bauen, zu Bauten<br />

die ein Stück Architekturgeschichte<br />

geschrieben haben. Über die Jahrzehnte<br />

dehnte sich die ursprünglich dem Wohnungsbau<br />

verpflichtete Beschäftigung auf<br />

ein breites Spektrum von Aufgaben aus.<br />

Atelier 5 tritt kollektiv auf, die einzelnen<br />

Personen treten in den Hintergrund, um<br />

die Kontinuität der Arbeiten und des<br />

Büros zu ermöglichen.<br />

Ursula Baus<br />

studierte Kunstgeschichte, Klassische<br />

Archäologie und Philosophie in Saarbrücken,<br />

Architekturstudium und Promotion<br />

in Stuttgart und Paris. 1989 – 2004 Redakteurin,<br />

danach Mitgründung der Partnerschaftsgesellschaft<br />

frei04 publizistik.<br />

Lehraufträge <strong>für</strong> Architekturtheorie an<br />

der Universität und der Akademie der<br />

Bildenden Künste in Stuttgart. Zahlreiche<br />

Zeitschriften- und Buchveröffentlichungen<br />

sowie Vorträge. Freie Architekturwissenschaftlerin<br />

und -kritikerin sowie<br />

seit 2017 Herausgeberin des Architektur-<br />

Online-Magazins Marlowes mit Christian<br />

Holl. Zwischenzeitlich Beirätin der Bundesstiftung<br />

Baukultur, Stiftungsrätin der<br />

Schelling Architekturstiftung. Kuratorin<br />

der IBA Basel.<br />

Thorsten Bürklin,<br />

geb. 1964, Architekt und Philosoph,<br />

Studium an den Universitäten Karlsruhe<br />

und Florenz, Promotion über ethische<br />

und ästhetische Fragen der italienischen<br />

Renaissance, seit 2009 Professor <strong>für</strong><br />

Geschichte und Theorie der Architektur<br />

an der MSA | Münster School of Architecture<br />

(FH Münster), Autor verschiedener<br />

Schriften zur Wirkung und Wahrnehmung<br />

architektonischer Räume sowie<br />

zur globalen Stadtregion Rhein-Main,<br />

der Philosophie der Renaissance und der<br />

gegenwärtigen Architekturtheorie. Mitglied<br />

im Deutschen Werkbund Hessen.<br />

Arno Bunzel,<br />

Jurist und Stadtplaner. Er promovierte<br />

1991 und habilitierte 2005 am Institut<br />

<strong>für</strong> Stadt- und Regionalplanung der Technischen<br />

Universität Berlin, an der er<br />

2014 zum außerplanmäßigen Professor<br />

bestellt wurde. Seit 2007 stellvertretender<br />

wissenschaftlicher Institutsleiter<br />

beim Deutschen Institut <strong>für</strong> Urbanistik.<br />

Zahlreiche Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen<br />

u. a. im Bereich Städtebau<br />

und Städtebaurecht. Langjähriges<br />

Mitglied der Fachkommission Baurecht<br />

des Deutschen Städtetags; Mitglied<br />

der Landesgruppe Berlin Brandenburg<br />

Mecklenburg-Vorpommern der Akademie<br />

<strong>für</strong> Raumforschung und Landesplanung.<br />

Linda Diehl,<br />

geb. 1991, studierte zunächst B. Sc.<br />

Geographie an der Johannes Gutenberg-<br />

Universität Mainz. 2017 schloss sie den<br />

M. Sc. Stadt- und Regionalentwicklung<br />

an der TU Kaiserslautern mit dem Thema<br />

„Das Selbstimage des Stadtquartiers<br />

Frankfurt-<strong>Riedberg</strong> – Eine Analyse aus<br />

Bewohner und Akteurssicht“ ab. Seither<br />

ist sie im Bereich Stadtplanung im hessischen<br />

Pfungstadt tätig.<br />

Alexander Ebert,<br />

B. A. geogr., studierte Humangeographie<br />

mit den Nebenfächern Städtebau<br />

und Soziologie an der Johann-Wolfgang-<br />

Goethe Universität in Frankfurt am<br />

Main. Die Bachelorarbeit „Die Rolle des<br />

Treuhänders in einer städtebaulichen<br />

Entwicklungsmaßnahme“ befasste sich<br />

mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme<br />

„Am <strong>Riedberg</strong>“ und den<br />

Auswirkungen des Einsatzes auf die<br />

Durchführung und <strong>das</strong> Ergebnis der<br />

Maßnahme. Seit 2014 <strong>für</strong> die HA <strong>Stadtentwicklung</strong>sgesellschaft<br />

mbH in verschiedenen<br />

Projekten tätig zu den<br />

Themen städtebauliche Sanierungs- und<br />

Entwicklungsmaßnahmen, Integrierte<br />

städtebauliche Entwicklungskonzepte<br />

(ISEK), Konversion, städtebauliche Analysen<br />

und Konzeptentwicklungen.<br />

Friedhelm Flug,<br />

Dipl.-Ing. Stadt- und Regionalplanung<br />

und Bauassessor, bis 2017 Geschäftsführer<br />

der HA <strong>Stadtentwicklung</strong>sgesellschaft<br />

mbH (HA SEG). Er ist ausgewie sener<br />

Experte <strong>für</strong> Planungsrecht, Stadtplanung<br />

und -erneuerung, Stadt- und Regionalentwicklung,<br />

Projektmanagement sowie<br />

<strong>für</strong> Planungs- und Verwaltungsprozesse.<br />

Mit der Durchführung der Vorbereitenden<br />

Untersuchungen „Am <strong>Riedberg</strong>“ und<br />

am „Am Martinszehnten“ begleitet die<br />

HA SEG unter seiner Leitung seit ihren<br />

Anfängen 1993 die SEM „Am <strong>Riedberg</strong>“.<br />

Im Rahmen seiner Vortragstätigkeit und<br />

seiner Veröffentlichungen stellen die<br />

Maßnahmen des besonderen Städtebaurechts<br />

einen Schwerpunkt dar.


Caroline Günther,<br />

geb. 1965, Architektin, Studium an<br />

der Fachhochschule Frankfurt am Main,<br />

Promotion an der Technischen Universität<br />

Dresden über <strong>das</strong> Wohnen im Alter<br />

und die Bedeutung der Wohnbiografie<br />

und emotionale Räume, seit 2016 Vertretungsprofessur<br />

<strong>für</strong> Barrierefreies Planen<br />

und Bauen an der Frankfurt University<br />

of Applied Sciences, Studiengangsleiterin<br />

des Masterstudiengangs Barrierefreie<br />

Systeme – Barrierefreies Planen und<br />

Bauen, Autorin verschiedener Publikationen<br />

und Schriften zum Thema Barrierefreies<br />

Planen, Wohnen im Alter, Inklusive<br />

Städte und architektonische Räume. Mitglied<br />

im Deutschen Werkbund Hessen.<br />

Christian Holl,<br />

ist freier Autor und Publizist, Kurator<br />

sowie Geschäftsführer des BDA Hessen.<br />

Nach dem Studium der Architektur an<br />

der (RWTH Aachen, Florenz, Uni Stuttgart)<br />

arbeitete er als Redakteur bei der<br />

db deutsche bauzeitung. 2004 gründete<br />

er mit Ursula Baus und Claudia Siegele<br />

frei04 publizistik. Von 2005 bis 2010<br />

war er wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Städtebau-Institut der Uni Stuttgart,<br />

nahm außerdem diverse Lehraufträge<br />

wahr. Mit Ursula Baus und Claudia<br />

Siegele gibt er <strong>das</strong> Architektur-Online-<br />

Magazin Marlowes heraus.<br />

Christian Kaufmann,<br />

Studium der Kunstgeschichte, 1995<br />

Tätigkeit <strong>für</strong> den Rheinisch-Bergischen<br />

Kreis, 1996 – 2001 Museum <strong>für</strong> Moderne<br />

Kunst, Frankfurt am Main, 2002 – 2012<br />

stellvertretender Leiter der Evangelischen<br />

Stadtakademie, nach Fusion zur Evangelischen<br />

Akademie Frankfurt als Studienleiter.<br />

Seit 2017 Stellvertretender Direktor.<br />

Als Stellvertretender Vorsitzender im<br />

Deutschen Werkbund Hessen aktiv, 2015<br />

vom Bund Deutscher Architekten mit<br />

der „BDA Auszeichnung <strong>für</strong> Baukultur“<br />

geehrt. Zahlreiche Ausstellungsprojekte<br />

als freier Kurator. Mitglied im Deutschen<br />

Werkbund Hessen.<br />

Gerd Kittel,<br />

Studium der Medizin und Approbation.<br />

Anschließend autodidaktisches Studium<br />

der Fotografie, seither freier Fotograf<br />

mit den Schwerpunkten Architektur,<br />

Dokumentation, Reise. Autor von Bildbänden<br />

zur amerikanischen Alltags kultur,<br />

u. a. „The Final Cut – Route 66“, und zur<br />

deutschen Baukultur, u. a. „Das Werk<br />

Pfieffewiesen von James Stirling“.<br />

Initiator der Ausstellungs- und Buchreihe<br />

„Edition RheinMain“ und des „Fotowettbewerbs<br />

zum Literaturland Hessen“ in<br />

Zusammenarbeit mit der <strong>Frankfurter</strong> Allgemeinen<br />

Zeitung und dem Hessischen<br />

Rundfunk. Beratung von Unternehmen<br />

in Fragen fotografischer Engagements<br />

und Publikationen. Mitglied im Deutschen<br />

Werkbund Hessen.<br />

Dieter von Lüpke,<br />

geb. 1948 in Verden/Aller, Studium<br />

der Architektur und Stadt- und Regionalplanung<br />

in Zürich und Berlin, Referendarausbildung<br />

in Tübingen und Stuttgart,<br />

2. Staatsprüfung mit Abschluss als Regierungsbaumeister,<br />

berufliche Tätigkeiten<br />

im Bau- und <strong>Stadtentwicklung</strong>sreferat<br />

der Stadt München, als wissenschaftlicher<br />

Assistent an der TU Berlin sowie<br />

als Leiter des Baurechtsamtes der Stadt<br />

Ulm, von 1991 bis 2003 stellvertretender<br />

Leiter des Amtes <strong>für</strong> kommunale<br />

Gesamtentwicklung und Stadtplanung<br />

in Frankfurt am Main, von 2003 bis<br />

2014 Leiter des Stadtplanungsamtes in<br />

Frankfurt am Main, seit 2014 diverse<br />

freiberufliche Tätigkeiten.<br />

Michael Peterek,<br />

geb. 1956, Architekt und Stadtplaner,<br />

Studium an den Universitäten Berlin,<br />

Aachen und Bristol, Promotion am Karls -<br />

ruher Institut <strong>für</strong> Technologie zu Paradigmen<br />

der Wohnquartiersplanung von<br />

1910 bis 1950, seit 2000 Professor <strong>für</strong><br />

Städtebau und Entwerfen an der Frankfurt<br />

University of Applied Sciences,<br />

Studiengangsleiter des internationalen<br />

Masterstudiengangs Urban Agglomerations,<br />

Autor zahlreicher Publikationen<br />

zu Stadt- und Siedlungsentwicklung,<br />

Theorien und Leitbildern des Städtebaus,<br />

weltweiter Urbanisierung, 2003 bis<br />

2012 stellvertretender Vorsitzender und<br />

seit 2014 geschäftsführender Vorsitzender<br />

des Deutschen Werkbunds Hessen.<br />

C. Emmerich Schönmehl,<br />

Dipl.-Ing. (FH) Architekt, ist als Projektentwickler<br />

und Projektmanager in der<br />

städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme<br />

„Am <strong>Riedberg</strong>“ zuständig <strong>für</strong> Qualitätssicherung<br />

(Städtebau und Hochbau),<br />

Vermarktung und Akquisition. Er koordiniert<br />

Wettbewerbs-, Gutachter- und<br />

Investorenauswahlverfahren und erstellt<br />

Qualitätshandbücher. Er ist Mitglied in<br />

Preisgerichten und Gestaltungsgremien<br />

und begleitet Bauherren bei der Realisierung<br />

ihrer Bauvorhaben.<br />

Rainer Schulze,<br />

geboren 1978, berichtet seit 2008<br />

als Redakteur der Rhein-Main-Zeitung<br />

der F.A.Z. über Stadtplanung und Architektur<br />

in Frankfurt. Auf <strong>das</strong> Studium<br />

der Philosophie und Germanistik in Bonn,<br />

Mainz und Dumfries/Schottland folgte<br />

von 2006 bis 2008 ein Volontariat bei<br />

der <strong>Frankfurter</strong> Allgemeinen Zeitung. Ein<br />

Stipendium führte ihn 2009 zur „Gazeta<br />

Wyborcza“ nach Warschau. Journalistenpreise:<br />

BDA-Auszeichnung <strong>für</strong> Baukultur<br />

in Hessen 2014/15, Deutsch-Polnischer<br />

Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreis<br />

2017. Veröffentlichungen: „Architekturstadt<br />

Frankfurt“ (mit Dieter Bartetzko),<br />

„Jo. Franzke Architekten. 30 Bauten aus<br />

30 Jahren“, Aufsätze zu Städtebau und<br />

Architektur.<br />

Stephanie Terfehr,<br />

Rechtsanwältin und Fachanwältin <strong>für</strong><br />

Verwaltungsrecht. Studium der Rechtswissenschaften<br />

an der Univer sität<br />

Bayreuth. Promotion zum Dr. jur. an der<br />

Universität Lüneburg zum Thema „Die<br />

Bedeutung von Prüf- und Maßnahmewerten<br />

im Bodenschutzrecht“. Seit 1995<br />

Rechtsanwältin und seit 2013 Partnerin<br />

in der überörtlichen Sozietät KNH<br />

Rechtsanwälte mit Spezialisierung auf<br />

<strong>das</strong> Öffentliche Bau-, Planungs- und<br />

Umweltrecht. Verschiedene Veröffentlichungen<br />

und Vorträge zu baurechtlichen<br />

und umweltrechtlichen Themen.<br />

Birgitta Thurow,<br />

Rechtsanwältin und Fachanwältin<br />

<strong>für</strong> Verwaltungsrecht. Studium der<br />

Rechtswissenschaften an den Universitäten<br />

in Bochum und Berlin. Seit 1989<br />

Rechtsanwältin, Partnerin in der überörtlichen<br />

Sozietät KNH Rechtsanwälte<br />

mit Spezialisierung auf <strong>das</strong> öffentliche<br />

Bau- und Planungsrecht. Verschiedene<br />

Veröffentlichungen zum öffentlichen<br />

Baurecht / Entwicklungsrecht in Fachzeitschriften.


238<br />

Herausgeber<br />

Deutscher Werkbund Hessen<br />

<strong>Der</strong> Deutsche Werkbund wurde 1907<br />

mit der Absicht der „Veredelung der<br />

gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken<br />

von Kunst, Industrie und Handwerk“ gegründet.<br />

Als eine der großen kulturellen<br />

Bewegungen des 20. <strong>Jahrhundert</strong>s ist<br />

er heute föderal und interdisziplinär aufgestellt.<br />

Am Beginn des <strong>21.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s<br />

ist der Deutsche Werkbund mehr denn<br />

je der Vision einer aufgeklärten und<br />

humanen Gesellschaft und der Bewahrung<br />

der natürlichen Lebensgrundlagen<br />

verpflichtet. Diese bildet den Maßstab<br />

<strong>für</strong> die Qualität von Gestaltung und bestimmt<br />

<strong>das</strong> Handeln des Vereins.<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Wirtschaft,<br />

Arbeit und Kultur –<br />

Regio Rhein Main e.V.<br />

Die Gesellschaft <strong>für</strong> Wirtschaft, Arbeit<br />

und Kultur – Regio Rhein Main (GEWAK)<br />

ist ein gemeinnütziger Verein. Zielsetzungen<br />

der Gesellschaft sind praxisorientierte<br />

Forschung und Wissenstransfer.<br />

Themenschwerpunkte bilden mit regionalem<br />

Fokus Arbeitsmärkte, Kultur und<br />

Wirtschaft, Well-being und Lebensqualität<br />

sowie städtebauliche Entwicklungen.<br />

Die Gesellschaft wird von Personen aus<br />

dem Rhein-Gebiet getragen. Sie hat ihren<br />

Sitz in Frankfurt am Main.

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