gie_03_2016
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EDITORIAL<br />
Mission Zukunft<br />
Innovative Lösungen für Gießereien<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
In unserer Rubrik „Unternehmen<br />
& Märkte“ werfen wir<br />
einen Blick hinter die spannenden<br />
Kulissen der KSM Castings<br />
Group am Standort in Hildesheim<br />
(siehe ab Seite 68).<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
Im Nachhinein ist man immer schlauer, heißt es! Im<br />
Grunde eine Binsenweisheit, die sich auch ohne<br />
Weiteres auf einige Themen übertragen lässt, die<br />
im Rahmen des 1. Internationalen Deutschen Formstoff-Forums<br />
vorgestellt wurden. Letztlich ist das der<br />
Sinn und Zweck von Fachtagungen, Symposien und<br />
Workshops: die Wissensvermittlung steht im Vordergrund,<br />
man sollte also inhaltlich vorangekommen sein,<br />
besser durchblicken als vorher und neue Perspektiven,<br />
Chancen und Herausforderungen erkennen. Und<br />
so ganz nebenbei geht es auch um persönliche Netzwerke,<br />
die gepflegt und ausgebaut werden. Das „Networking“,<br />
auch eine Form der besonderen Wissensvermittlung,<br />
stand ohne Zweifel ebenfalls im Vordergrund<br />
des Formstoff-Events. So viel vorweg, das<br />
diesjährige Formstoff-Forum, das Mitte Februar am Duisburger Gießerei-Institut stattfand<br />
(siehe Rubrik Aktuelles, Seite 8), war ein Megaerfolg. Der Vortragssaal platzte förmlich<br />
aus allen Nähten. Sogar im Eingangsbereich musste kurzfristig improvisiert werden.<br />
Dort standen vorübergehend Tagungs-Nachzügler, die als „Last-minute-Kandidaten“ aufmerksam<br />
die Fachvorträge des ersten Tages verfolgten. Ein ausführlicher Tagungsbericht<br />
lag zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe der GIESSEREI leider noch nicht vor – folgt<br />
aber im Aprilheft.<br />
Besonders rege und intensiv wurde der Vortrag von Wolfgang Ernst „Nassguss 2020 – die<br />
Aufforderung, den Innovationsprozess zu verstärken“ diskutiert. Seine Überlegungen „wie<br />
sich der Nassguss insgesamt aufstellen muss, um weiterhin das wirtschaftlichste Gießverfahren<br />
zu bleiben“ (Original-Ton Ernst), hat er als bekannter und ausgewiesener Formstoff-<br />
Experte, mit einem Appell verknüpft. Im Nass<strong>gie</strong>ßverfahren gebe es noch viele Abläufe,<br />
„die intuitiv aus dem Bauch entschieden werden“. Wolfgang Ernst ist davon überzeugt – zu<br />
diesem Punkt seiner Ausführungen gab es in Duisburg während des Formstoff-Forums<br />
auch keinen Widerspruch –, dass ein angemessener Innovationsprozess beim Nass<strong>gie</strong>ßverfahren<br />
nur dann erfolgen kann, wenn parallel begleitende Forschung stattfindet. Absolut<br />
lesenswert ist in diesem Kontext sein Technik-Essay „Die Fähigkeitsgrenzen üblicher<br />
Sandlabormessgeräte aus der Sicht eines Six Sigma-geprägten Qualitätsmanagements“<br />
(siehe Seite 21 ff.). Darin finden unsere Leser profundes Wissen gekoppelt mit Entwicklungsperspektiven,<br />
die durchaus nachdenklich stimmen.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />
Michael Franken, Chefredakteur (E-Mail: michael.franken@bdguss.de)<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 3
INHALT<br />
FOTO:FEDERAL MOGUL<br />
FOTO: BÜHLER AG<br />
FOTO: ATLAS COPCO TOOLS<br />
20<br />
Sandlabormessgeräte<br />
ESSAY<br />
Wolfgang Ernst von der datec GmbH<br />
plädiert für Fortschritte bei der Messtechnik<br />
für Formsande: Die gemessenen<br />
Werte halten den Vorgaben für die Produktion<br />
meist nicht stand.<br />
36<br />
Strukturbauteile<br />
TECHNOLOGIE & TRENDS<br />
Mit Strukturteilen für die Fahrzeugkarosserie<br />
aus Druckguss können Autos<br />
leichter und damit umweltfreundlicher<br />
produziert werden. Die Bauteile setzen<br />
sich auf dem Markt zunehmend durch.<br />
62 <br />
Gussbearbeitung<br />
SPEKTRUM<br />
Der Windener<strong>gie</strong>anlagenhersteller Enercon<br />
bearbeitet in seinem Guss-Zentrum Ostfriesland<br />
(GZO) bis zu 16 t schwere Gussteile<br />
mit neuen Turbinenschleifern, die<br />
leicht, robust und sparsam sind.<br />
68 <br />
Magnesiumdruckguss<br />
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Um die Wertschöpfung seiner<br />
Magnesiumbauteile zu erhöhen,<br />
hat KSM Castings in Hildesheim<br />
in eine hochmoderne Bearbeitungslinie<br />
investiert.<br />
FOTO: KSM CASTINGS GROUP<br />
4 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
ESSAY<br />
20 Die Fähigkeitsgrenzen üblicher Sandlabormessgeräte aus der Sicht eines<br />
Six Sigma-geprägten Qualitätsmanagements<br />
Wolfgang Ernst<br />
TECHNOLOGIE & TRENDS<br />
28 Prozesssicheres Kleben von strukturellen Aluminiumdruckguss-Komponenten,<br />
Helge Pries, Jianmin Shi, Elisabeth Stammen, Klaus Dilger<br />
36 Strukturbauteile: ein interessanter und wachsender Markt<br />
Ueli Jordi<br />
Mehr Nachhaltigkeit<br />
mit<br />
ASK Chemicals<br />
JAHRESÜBERSICHT<br />
44 Stahlguss (42. Folge), Ingo Hahn<br />
SPEKTRUM<br />
56 Combicore-Kerne für das Druck<strong>gie</strong>ßen und andere Gießverfahren<br />
Susanne Rupp, Frank Heppes<br />
62 Leichte Turbinenschleifer für schwere Windrädergussteile, Heiko Wenke<br />
66 Die Michelangelo-Frage: Propshop druckt die Rothschild-Bronzen in 3-D<br />
James Enright<br />
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
68 Mit Druck<strong>gie</strong>ßtechnik Zukunft gestalten, Robert Piterek<br />
RUBRIKEN<br />
3 Editorial<br />
6 Aktuelles<br />
76 Patente<br />
84 News<br />
90 VDG intern<br />
91 Personalien<br />
92 Termine<br />
96 Medien & Bücher<br />
98 Firmenschriften<br />
99 Stellenmarkt/Kontakte/Sonstiges<br />
101 Inserentenverzeichnis<br />
102 Vorschau/Impressum<br />
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AKTUELLES<br />
FOTO: FRITZ WINTER<br />
6 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Foto des<br />
Monats:<br />
Saubere<br />
Schmelze!<br />
Qualität wird bei Fritz Winter in Stadtallendorf<br />
groß geschrieben. Die prozessbegleitende<br />
Prüfung der Schmelzequalität<br />
ist Teil der Qualitätssicherung der Eisen<strong>gie</strong>ßerei.<br />
Die derzeit installierte Schmelzleistung<br />
von über 600 000 Tonnen Flüssigeisen<br />
pro Jahr wird in zwei futterlosen<br />
Heißwindkupolöfen sowie in mehr als 10<br />
Induktionstiegelöfen erzeugt.<br />
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2<strong>03</strong>, 40549 Düsseldorf.<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 7
AKTUELLES<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
Komplett ausgebucht: das 1. Internationale Deutsche Formstoff-Forum, das im Gießerei-Institut der Universität Duisburg-Essen stattfand.<br />
Glanzvoller Auftakt in Duisburg<br />
> FORMSTOFF-FORUM: Das 1. Internationale<br />
Deutsche Formstoff-Forum fand<br />
am 16. und 17. Februar <strong>2016</strong> im Gießerei-<br />
Institut der Universität Duisburg-Essen<br />
statt. Bereits am ersten Veranstaltungstag<br />
war allen Beteiligten und Organisatoren<br />
von VDG und BDG klar, das Formstoff-<br />
Forum war eine Punktlandung wie man<br />
sie sich nur wünschen konnte. Die breite<br />
Themenpalette und die Referenten spiegelten<br />
bei der Premiere dieser Formstoff-<br />
Veranstaltung in den vertrauten Hallen<br />
des Duisburger Gießerei-Instituts genau<br />
das wider, was den mehr als 400 Teilnehmern<br />
aktuell unter den Nägeln brennt. Im<br />
Fokus standen nahezu alle Facetten rund<br />
um das Thema Formstoff. Quasi im<br />
Halbstundenrhythmus wurden u. a. die<br />
Themen bentonitgebunder Sand, Anorganik,<br />
Schlichte, Anlagentechnik, Gussfehlervermeidung,<br />
Simulation und umweltverträgliche<br />
Kernherstellung behandelt.<br />
Besonders aufschlussreich für Gießereipraktiker<br />
waren zum Beispiel die interessanten<br />
Ausführungen zu neuen Prüfmethoden<br />
für Grünsand, die überzeugende<br />
Darstellung aktueller Erkenntnisse zur<br />
Prozesssimulation in der Kernfertigung<br />
und der vielbeachtete Vortrag am zweiten<br />
Veranstaltungstag zur Frage, welche Aspekte<br />
bei der Entwicklung moderner Anti-Blattrippenadditive<br />
eine wesentliche<br />
Rolle spielen. Insgesamt 21 Experten präsentierten<br />
ihre neuesten Ergebnisse und<br />
gaben zugleich auch Ausblicke auf zukünftige<br />
Trends. In einer begleitenden Fachausstellung<br />
konnten sich die über 400<br />
Teilnehmer des 1. Internationalen Deutschen<br />
Formstoff-Forums bei rund 30 Unternehmen<br />
über deren aktuelle Entwicklungen<br />
in Sachen Formstoffe, Form anlagen,<br />
Trennmittel, Binder, Schlichten,<br />
Additive und Sandregenerierung informieren.<br />
Klar ist: Das Themenangebot des Formstoff-Forums<br />
hat die Teilnehmer überzeugt.<br />
Ein Indiz dafür, bereits wenige Wochen vor<br />
dem offiziellen Veranstaltungstermin war<br />
das Forum komplett ausgebucht. Und ganz<br />
am Rande sei vermerkt, das „Netzwerken“<br />
kam auf keinen Fall zu kurz. In den kommenden<br />
Ausgaben der GIESSEREI werden<br />
ausgewählte Fachvorträge der Referenten<br />
als redaktionelle Fachbeiträge in den<br />
Rubriken „Technolo<strong>gie</strong> & Trends“ bzw.<br />
„Spektrum“ veröffentlicht.<br />
www.formstoff-forum.de<br />
Schon mal vormerken!<br />
Nächster GIFA-Termin: 26. Juni bis 30. Juni 2018<br />
8 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Mit Topolo<strong>gie</strong>optimierung zum ausgezeichneten Gussteil<br />
> VOXELJET: Ein Gemeinschaftsprojekt<br />
der Gießerei Precision Casting Centre,<br />
Portsmouth, Großbritannien, und voxeljet,<br />
Friedberg, wurde nun mit dem begehrten<br />
Flagship Award „Component of the Year“<br />
der britischen Gießereivereinigung CMF<br />
(Cast Metals Federation) ausgezeichnet.<br />
Bei dem Gemeinschaftsprojekt handelt<br />
es sich um einen optimierten Aluminiumradträger,<br />
der bei gleichem Gewicht eine<br />
bis zu fünffache Steifigkeit aufweist. Vor<br />
dem 3-D-Druck durch voxeljet erfolgte<br />
eine Topolo<strong>gie</strong>optimierung, Lebensdaueranalyse<br />
und Gusssimulation mit Partnerunternehmen.<br />
Seinen Anfang nahm das Projekt mit<br />
der Anforderung, die Steifigkeit des Radträgers<br />
bei gleichem Gewicht und Materialeinsatz<br />
signifikant zu erhöhen. Mit<br />
Hilfe modernster Simulationstools und<br />
unter Ausnutzung aller konstruktiven Gestaltungsfreiheiten<br />
durch die 3-D-Drucktechnolo<strong>gie</strong><br />
entstand ein Radträger in<br />
neuem Design, der – im Vergleich zum<br />
Vorgänger – je nach Belastung bis zu fünf<br />
Mal steifer ist. Kevin Smith, Sales Director<br />
bei voxeljet UK, beschreibt die Vorteile<br />
wie folgt: „Die Erschließung der Gestaltungsfreiheit<br />
additiver Verfahren in<br />
Kombination mit Simulation führt zu einer<br />
neuen Generation von Designs, die<br />
bisherige konventionelle Konstruktionseinschränkungen<br />
in Frage stellen.“ Gussteilgeometrien<br />
dieser Komplexität<br />
konnte überhaupt erst mithilfe des 3-D-<br />
Druckprozesses von voxeljet umgesetzt<br />
werden. „Deswegen konnten es die Juroren<br />
der CMF zunächst kaum glauben,<br />
dass es sich bei dem komplexen Radträger<br />
um ein Aluminiumfeingussteil handelt“,<br />
so Smith weiter. Dieses Projekt<br />
zeigt eindrucksvoll, welches Potenzial in<br />
Bezug auf Leistungssteigerung und/oder<br />
Gewichtsreduzierung möglich ist.<br />
Ein weiterer Grund für die Verleihung<br />
des Awards war die besonders wirtschaftliche<br />
Produktion dieses Bauteils durch die<br />
Kombination des 3-D-Druckverfahrens von<br />
voxeljet mit dem traditionellen Fein<strong>gie</strong>ßverfahren.<br />
Die Jury sah es als erwiesen an,<br />
dass dieses Fertigungsverfahren die Herstellung<br />
anspruchsvoller Gussteile mit<br />
gänzlich neuem Design revolutionieren<br />
kann und viele Vorteile für Hersteller und<br />
Kunden gleichermaßen bietet.<br />
Der Radträger wurde in Zusammenarbeit<br />
von Altair, Troy, USA, Click2Cast, Barcelona,<br />
Spanien, HBM nCode, Rotherham,<br />
Großbritannien, und voxeljet, Friedberg,<br />
optimiert. Freiheiten der Bauteilgestaltung<br />
konnten dank des 3-D-Drucks und<br />
Adam Robertson (li.) vom Precision Casting Centre und Kevin Smith, Sales Director von<br />
voxeljet UK, mit dem „Component of the Year“-Award der Cast Metals Federation.<br />
Vergleich des ursprünglichen Radträgers mit dem optimierten Radträger (v. l. n. r.).<br />
des simu lationsgetriebenen Designs voll<br />
ausgeschöpft werden. Für die Simulationen<br />
wurde unterschiedliche Software eingesetzt.<br />
Zur Topolo<strong>gie</strong>optimierung wurde<br />
Inspire verwendet, das auf Altairs Optimierungssolver<br />
OptiStruct beruht. Die<br />
Bauteilermüdung konnte mit nCode<br />
Designlife simuliert werden und für die<br />
Gusssimulationen kam die Software<br />
Click2Cast zum Einsatz.<br />
Zeitgleich mit dem Erfolg bei den<br />
CMF Awards startet voxeljet sein<br />
neustrukturiertes On-Demand-Service<br />
Center für industrielle 3-D-Druckanwendungen<br />
in Großbritannien. Mit den erheblichen<br />
Kapazitäten von drei High-<br />
Speed-Großformatdrucksystemen, die<br />
jeweils ein Bauvolumen von 1000 X 600<br />
X 500 mm haben, können präzise Formen<br />
und Modelle für das Fein<strong>gie</strong>ßen innerhalb<br />
von wenigen Tagen gefertigt<br />
werden. James Reeves, Managing Director<br />
von voxeljet UK, sagt: „Unsere 3-D-<br />
Drucksysteme sind die größten, die für<br />
das Fein<strong>gie</strong>ßen derzeit zur Verfügung<br />
stehen. Dies gibt uns die Möglichkeit,<br />
schnell zu rea<strong>gie</strong>ren, kurze Durchlaufzeiten<br />
zu realisieren und dennoch kosteneffizient<br />
zu bleiben.“<br />
www.voxeljet.de<br />
FOTOS: VOXELJET<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 9
AKTUELLES<br />
Gießereichemikalienhersteller stärkt Marktpräsenz in Italien<br />
> HÜTTENES-ALBERTUS: Die Hüttenes-Albertus<br />
Chemische Werke GmbH<br />
(HA), Düsseldorf, hat die 100-prozentige<br />
Übernahme der italienischen Gesellschaft<br />
Satef HA S.p.A. mit Sitz in Vicenza bekanntgegeben.<br />
Als weltweit führender<br />
Anbieter von Chemieprodukten für die<br />
Gießerei-Industrie baut das Unternehmen<br />
damit seine Marktpräsenz in Europa weiter<br />
aus.<br />
Mit Wirkung vom 25. Januar <strong>2016</strong> haben<br />
die Anteilseigner der italienischen<br />
Satef-Gruppe ihre Anteile an die Hüttenes-Albertus<br />
GmbH veräußert. Nachdem<br />
das deutsche Unternehmen seit fast 40<br />
Jahren eine Minderheitsbeteiligung an<br />
Satef HA hielt, gehört die auf dem italienischen<br />
Markt etablierte Unternehmensgruppe<br />
nach dem Übergang zu 100 % zur<br />
HA-Gruppe. Die Satef Group hält die<br />
Mehrheitsbeteiligung an den Gesellschaften<br />
IMIC S.p.A. und Sidersabbie S.r.l.<br />
In seinen Werken in Vicenza, Arcore<br />
und Silvano Pietra produziert Satef hochwertige<br />
Chemie- und Feuerfestprodukte<br />
für die Gießerei-Industrie. Durch die Zusammenführung<br />
der Marktkenntnisse des<br />
italienischen Tochterunternehmens und<br />
der Technolo<strong>gie</strong>führerschaft von HA erhalten<br />
die Kunden künftig alles aus einer<br />
Hand: Fortschrittliche <strong>gie</strong>ßereichemische<br />
Produkte für den gesamten Produktionsprozess,<br />
ein ausgedehntes Serviceangebot<br />
und umfassende Beratung.<br />
„Mit der vollständigen Übernahme der<br />
Satef Group können wir nun auch unsere<br />
Kunden in Italien komplett aus einer Hand<br />
beliefern und unsere strategische Marktentwicklung<br />
in Europa weiter voranbringen“,<br />
freut sich Dr. Carsten Kuhlgatz, Geschäftsführer<br />
und CEO der Hüttenes-<br />
Albertus Chemische Werke GmbH in Düsseldorf.<br />
Auch das Management von Satef<br />
begrüßt die vollständige Integration und<br />
wird die Umsetzung der Strate<strong>gie</strong>n der<br />
HA-Gruppe in Italien aktiv mittragen.<br />
Mit seinen technologisch führenden<br />
Produkten, Lösungen und Services tritt<br />
Hüttenes-Albertus nun auch in Italien als<br />
Komplettanbieter von Chemieprodukten<br />
für die Gießereibranche auf. Das Unternehmen<br />
stärkt damit seine Marktposition<br />
in der Region.<br />
www.huettenes-albertus.com<br />
Alt-Gesellschafter übernehmen wieder<br />
> EISENWERK BÖHMER: Die insolvente<br />
Eisenwerk Böhmer und Co. KG, Witten,<br />
kann wieder neu durchstarten. Gut<br />
zwei Monate nach Antragstellung hat<br />
sich der Insolvenzverwalter mit einem<br />
Käufer auf die Übernahme des Traditionsunternehmens<br />
geeinigt. Neue Eigentümer<br />
sind die Alt-Gesellschafter, die<br />
Familie Böhmer. 150 Arbeitsplätze bleiben<br />
erhalten.<br />
Außergewöhnlich schnell ist ein Käufer<br />
für die insolvente Stahl<strong>gie</strong>ßerei mit mechanischer<br />
Bearbeitung, die ihren Sitz im<br />
nordrhein-westfälischen Witten hat, gefunden<br />
worden. Die Familie Böhmer übernimmt<br />
das Eisenwerk wieder. Damit bleibt<br />
das Traditionsunternehmen in Familienhand.<br />
Durch den Verkauf bleiben 150 Arbeitsplätze<br />
erhalten. Für 50 Mitarbeiter,<br />
die nicht weiterbeschäftigt werden können,<br />
hat der Insolvenzverwalter eine<br />
Transfergesellschaft eingerichtet.<br />
Anfang Dezember 2015 musste die<br />
Gießerei Insolvenz anmelden. Insolvenzverwalter<br />
Dr. Markus Wischemeyer hat<br />
das Unternehmen in den vergangenen<br />
zwei Monaten fortgeführt, den Geschäftsbetrieb<br />
stabilisiert und einen Investorenprozess<br />
durchgeführt.<br />
www.eisenwerkboehmer.de<br />
Modernes Lagerkonzept sorgt für verbesserte Abläufe<br />
FOTO: BUDERUS GUSS<br />
Buderus Guss hat eine neue Leichtbauhalle für die Lagerung von Rohgussteilen errichtet.<br />
> BUDERUS GUSS GMBH: Rohgussteile<br />
müssen einige Zeit lagern, um besser<br />
bearbeitet werden zu können. Für die Lagerung<br />
dieser Teile hat Buderus Guss in<br />
eine Leichtbauhalle investiert. Rund<br />
1 Mio. Euro wurde aufgewendet, um eine<br />
altersgerechte Lieferung zu gewährleisten,<br />
die zum größten Teil an zwei Hauptkunden<br />
geht. In der 40 x 70 m großen<br />
Halle ist Platz für 88 Lagerboxen mit jeweils<br />
30 Behältern. Dort werden die Teile<br />
<strong>gie</strong>ßtaggenau nach dem FIFO-Prinzip<br />
(First In – First Out) ein- und ausgeliefert.<br />
Das neue Lagerkonzept bringt den Vorteil,<br />
dass das zeitgenaue Lagerungsprinzip<br />
sauber eingehalten werden kann und die<br />
Abläufe übersichtlicher und einfacher<br />
sind. Dafür sorgt auch ein PC-Arbeitsplatz<br />
in der Halle. So kann ermittelt werden,<br />
welche Teile wo gelagert sind. Die Staplerfahrer<br />
sind über ihre iPads online und<br />
haben jederzeit eine präzise Übersicht.<br />
www.guss.buderus.de<br />
10 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
FOTOS: DIHAG HOLDING<br />
Joint-Venture bei Gießereiübernahme<br />
Die DIHAG Holding übernimmt gemeinsam<br />
mit Royal IHC die belgische Stahl<strong>gie</strong>ßerei<br />
Allard-Europe.<br />
> DIHAG HOLDING, ROYAL IHC: Zum<br />
2. Februar <strong>2016</strong> hat die DIHAG Holding<br />
gemeinsam mit dem niederländischen<br />
Unternehmen Royal IHC die belgische<br />
Stahl<strong>gie</strong>ßerei Allard-Europe NV übernommen.<br />
Für die Übernahme gehen die Essener<br />
Gießereigruppe und Royal IHC, das<br />
auf den Bau von Schiffen und Schiffszubehör<br />
für den Meerestiefbau spezialisiert<br />
ist, ein Joint-Venture ein. Die DIHAG hält<br />
60 % der Unternehmensanteile, Royal IHC<br />
40 %. Mit der strategischen Übernahme<br />
festigt die DIHAG ihre Position als führende<br />
Gießereigruppe in Europa.<br />
Die 1920 gegründete Gießerei Allard-<br />
Europe NV aus dem belgischen Turnhout<br />
ist auf verschleißfeste Werkstoffe spezialisiert<br />
und stellt hauptsächlich Produkte<br />
für die Offshore-, Bagger-, Schiffsbauund<br />
die Ener<strong>gie</strong>industrie her. „Mit der<br />
Übernahme von Allard-Europe stärken wir<br />
unsere Position in Europa und erweitern<br />
unser Portfolio an hochwertigen und anforderungsgerechten<br />
Werkstoffen“, erklären<br />
Stefan Mettler, Technischer Direktor,<br />
und Dr. Heiko Brauckhoff, CSO der<br />
DIHAG Holding. „Das Joint-Venture mit<br />
Royal IHC ermöglicht uns, neue Branchen<br />
und Zielmärkte im Bereich des Meerestiefbaus<br />
zu erschließen“. Mit dem Zusammenschluss<br />
bündeln die DIHAG Holding<br />
und Royal IHC ihre Stärken in einem herausfordernden<br />
Marktumfeld mit hohem<br />
Preisdruck. „Die DIHAG Holding bringt<br />
Allard-Europe ist<br />
auf Gussteile spezialisiert,<br />
die für den<br />
Einsatz unter anspruchsvollen<br />
Meeresbedingungen<br />
geeignet<br />
sind.<br />
technologisches Know-how aus den Prozessen<br />
in der Gießerei mit und ist für uns<br />
der richtige Partner, um die Werkstoffe<br />
für unseren anspruchsvollen Markt weiter<br />
zuentwickeln“, erläutert Sander Korving,<br />
Director Supply Chain Management<br />
von Royal IHC. Allard-Europe wird in Zukunft<br />
verstärkt direkt an Royal IHC liefern<br />
– kurze Wege zwischen den Niederlanden<br />
und Bel<strong>gie</strong>n machen hier den Wettbewerbsvorteil<br />
aus. Allard-Europe beschäftigt<br />
derzeit rund 100 Mitarbeiter – in Zukunft<br />
soll diese Zahl weiter steigen, um<br />
die geplante Vollauslastung des Werkes<br />
abzubilden.<br />
Allard-Europe stellt Spezialgussteile<br />
von bis zu 40 t her und hat in den vergangenen<br />
Jahren seine Werkstoffe stetig weiterentwickelt.<br />
Heute ist das Unternehmen<br />
weltweit einer der führenden Anbieter für<br />
Gussteile, die insbesondere für den Einsatz<br />
unter anspruchsvollen und abrasiven<br />
Meeresbedingungen geeignet sind. Das<br />
Unternehmen ist auf Einzelfertigungen<br />
und kurze Produktionsläufe spezialisiert<br />
und hat eine Jahreskapazität von rund<br />
4500 t Versandgewicht. Die Umsatzgröße<br />
von Allard-Europe pro Jahr liegt dann bei<br />
etwa 25 Mio. Euro.<br />
http://dihag.com/de<br />
www.ihcmerwede.com<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 11
AKTUELLES<br />
Preis der digitalen Wirtschaft NRW für GTP ToolBox<br />
> GTP SCHÄFER: Das NRW-Wirtschaftsministerium<br />
hat den Preis der Digitalen<br />
Wirtschaft (DWNRW Award) im vergangenen<br />
Jahr zum zweiten Mal an innovative<br />
Unternehmen und Startups verliehen. In<br />
den Kategorien Gründer, Mittelstand und<br />
Großkonzerne werden Unternehmen aus<br />
NRW gesucht, die sich durch besondere<br />
Ideen, besonderen Einsatz oder besonderen<br />
Erfolg in der digitalen Wirtschaft und<br />
digitalen Transformation auszeichnen. Die<br />
Preisverleihung fand am 14. Dezember<br />
2015 in der IHK Köln durch NRW-Wirtschaftsminister<br />
Garrelt Duin statt.<br />
In der Kategorie Mittelstand ging der<br />
Preis der Digitalen Wirtschaft NRW an die<br />
GTP Schäfer GmbH. Das mittelständische<br />
Familienunternehmen nahm den Preis für<br />
seine gelungene digitale Transformation<br />
in der Gießereibranche entgegen. Das Unternehmen<br />
aus Grevenbroich habe mit der<br />
GTP ToolBox eine in diesem Wirtschaftszweig<br />
einzigartige, kombinierte App und<br />
Desktop-Anwendung entwickelt, mit der<br />
Projektentwicklung und Kundenbetreuung<br />
optimiert werden können, hieß es.<br />
Garrelt Duin: „Dieser Preis prämiert<br />
Unternehmen, die sich vorbildlich dem digitalen<br />
Wandel stellen. Erstmals werden<br />
wir in der Kategorie Mittelstand sowohl<br />
ein Unternehmen aus dem Handel als auch<br />
aus dem Handwerk auszeichnen. Damit<br />
zeigen wir, welchen Stellenwert die Digitalisierung<br />
in allen Arbeitsbereichen hat.“<br />
„Das Unternehmen aus Grevenbroich<br />
ist ein international erfolgreicher mittelständischer<br />
Betrieb. GTP Schäfer ist auch<br />
ein Familienunternehmen, in dem mittlerweile<br />
die zweite Generation die Geschäfte<br />
führt. Und: GTP ist ein Motor für die digitale<br />
Transformation in einer sehr klassischen<br />
Branche, der Gießereiwirtschaft. Mit<br />
der GTP ToolBox zeigt das Unternehmen<br />
eindrucksvoll, wie digitale Technolo<strong>gie</strong>n<br />
und Apps eingesetzt werden können, um<br />
Projektentwicklung und Kundenbetreuung<br />
zu optimieren. Mit diesem Ansatz ist GTP<br />
Schäfer auf einem sehr guten Weg, eine<br />
umfassende personalisierte und individualisierte<br />
Kundenbetreuung im Netz zu realisieren.<br />
Die Jury ist beeindruckt, wie enga<strong>gie</strong>rt<br />
und konsequent GTP Schäfer als<br />
mittelständisches Unternehmen neue digitale<br />
Pfade beschreitet und nicht nur im<br />
eigenen Betrieb, sondern auch auf Kundenseite<br />
den digitalen Wandel vorantreibt.<br />
Dadurch ist das Unternehmen wegweisend<br />
und eine Inspiration für andere Familienunternehmen“,<br />
hieß es in der Laudatio.<br />
Die Gewinner wurden aus einer Jury<br />
von Branchenexperten rund um Prof. Dr.<br />
Preisverleihung mit NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin, Laudatorin Stefanie Kemp, GTP<br />
Schäfer-Geschäftsführer Jörg Schäfer und Prof. Dr. Tobias Kollmann, Beauftragter für die<br />
Digitale Wirtschaft NRW (v. l. n. r.).<br />
Tobias Kollmann, Beauftragter für die Digitale<br />
Wirtschaft NRW, ausgewählt.<br />
„Gießerei-Industrie 4.0“: Die größten<br />
Veränderungen wird es hierbei sicherlich<br />
für „Old Economy“-Unternehmen – also<br />
klassisch produzierende Unternehmen wie<br />
Gießereien – geben. In der Gießerei-Industrie<br />
werden Effizienzsteigerung und Beschleunigung<br />
der Prozesse bereits verstärkt<br />
durch die Gussabnehmer betrieben<br />
und gefordert. Dies beginnt bei der Bereitstellung<br />
und Bearbeitung von Konstruktions-<br />
und Fertigungsdaten auf gemeinsam<br />
genutzten virtuellen Laufwerken bis hin zu<br />
verbundenen Warenwirtschaftssystemen,<br />
die täglich den Bedarf des Kunden im System<br />
der Gießerei aktualisieren. Im Rahmen<br />
des Trends zur Digitalisierung und Prozessbeschleunigung<br />
gab es für Gießereien bisher<br />
erhebliche Auflagen seitens der Kunden.<br />
Sie sollen eigene Prozesse vereinfachen,<br />
nicht aber auch zwingend die der<br />
Gießereien. Auf die Gießereizulieferer<br />
kommt heute die Aufgabe zu, den Datenaustausch,<br />
die Kommunikation und Unterstützung<br />
des Kunden zu verbessern bzw.<br />
dem neuen Geschwindigkeitsniveau anzupassen.<br />
Die Anforderung hinsichtlich der<br />
Reaktionsgeschwindigkeit bei technischen<br />
Problemen oder Fragestellungen der Zulieferer<br />
ist gestiegen. Auch die Datenbereitstellung<br />
von z. B. Zeichnungen und 3-D-<br />
Datensätzen muss automatisiert und effizient<br />
gestaltet werden.<br />
Neben der effizienten Gestaltung von<br />
Datenaustausch kann die Digitalisierung<br />
besonders das Zusammenspiel zwischen<br />
Gießerei und Zulieferer effizienter gestalten<br />
und neue Mehrwerte schaffen. Gibt es<br />
ein technisches Problem, muss der Gießer<br />
„DWNRW“-Award 2015 für GTP Schäfer in<br />
der Kategorie Mittelstand.<br />
umgehend mit dem Zulieferer in Kontakt<br />
treten können und Bilder, Details und Informationen<br />
hierzu einfach sammeln und<br />
intern sowie extern verteilen können.<br />
Aufgrund der Entwicklungen und Anforderungen<br />
des Marktes hat GTP Schäfer<br />
eine App-Lösung konzipiert, die die Datenbereitstellung<br />
und den Informationsaustausch<br />
mit den Kunden effizienter und<br />
transparenter gestaltet. Es handelt sich<br />
um ein vernetztes Informationssystem, das<br />
über die Medien Smartphone, Tablet und<br />
Desktop-PC gezielt benötigte Informationen<br />
bereitstellt, das Sammeln und Verteilen<br />
von Daten „on the go“ unterstützt und<br />
kurzfristig interne und externe Personen<br />
in individuellen Arbeitsgruppen zu verschiedenen<br />
Themen einbindet. Für Gießer<br />
wird es künftig noch weitere „Tools“ zur<br />
Unterstützung ihrer Arbeit geben.<br />
Die „GTP ToolBox 1.0“ wurde erstmalig<br />
auf der GIFA 2015 der Fachwelt vorgestellt<br />
und seitdem in Zusammenarbeit mit ausgewählten<br />
Kunden bis zur Marktreife entwickelt.<br />
Die Entwicklungsarbeiten sind<br />
abgeschlossen und die GTP ToolBox 2.0<br />
wird bis zum Sommer <strong>2016</strong> eingeführt.<br />
www.gtp-toolbox.com<br />
FOTOS: OLAF-WULL NICKEL<br />
12 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Branche erwartet <strong>2016</strong><br />
moderaten Zuwachs<br />
> WERKZEUGMASCHINENINDUSTRIE: Für <strong>2016</strong> zeigt sich die deutsche<br />
Werkzeugmaschinenindustrie vorsichtig optimistisch. „Wir erwarten für <strong>2016</strong><br />
einen moderaten Zuwachs von 1 %“, sagt Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender<br />
des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), anlässlich der<br />
Jahrespressekonferenz in Frankfurt am Main.<br />
Grundlage für diese Einschätzung sind die Investitionen der wichtigen Abnehmerbranchen,<br />
der Weltwerkzeugmaschinenverbrauch und schließlich der Auftragseingang<br />
der deutschen Werkzeugmaschinenhersteller.<br />
Für die Investitionen erwartete Oxford Economics, Prognosepartner des<br />
VDW, im Herbst des vergangenen Jahres einen weltweiten Anstieg von 4 %.<br />
Zugpferde sind traditionell die Automobilindustrie, gefolgt von der Elektro-/<br />
Elektronikindustrie, der Herstellung von Metallerzeugnissen und dem Maschinenbau.<br />
Der Werkzeugmaschinenverbrauch soll um 4,2 % anziehen. An der<br />
Spitze steht Europa (plus 4,6 %) dicht gefolgt von Asien (plus 4,5 %) und Amerika<br />
(plus 2,5 %).<br />
Der Auftragseingang der deutschen Werkzeugmaschinenhersteller, Indikator<br />
für die mittelfristige Geschäftstätigkeit, ist 2015 moderat um 1 % auf<br />
14,9 Mrd. Euro gestiegen. Damit pendeln sich Produktion und Auftragseingang<br />
auf etwa gleichem Niveau ein.<br />
Während der ersten drei Quartale 2015 bestellten Asien und Europa<br />
4 bzw. 3 % mehr deutsche Werkzeugmaschinen als im Vorjahr. Die Orders aus<br />
China mit einem Anteil von rd. einem Viertel an den Gesamtbestellungen verloren<br />
abermals 8 %. Das zeigt, der Umstrukturierungsprozess im Land der<br />
Mitte wird noch lange ein Thema bleiben. Dennoch bleibt China allein wegen<br />
der Größe des Marktes wichtig. Das Land steht für ein Drittel des internationalen<br />
Werkzeugmaschinenverbrauchs.<br />
Die VDW-Prognose baut auf dem Rekordjahr 2015 auf. Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie<br />
produzierte im abgelaufenen Jahr Maschinen im Wert<br />
von 15,1 Mrd. Euro, was einer Steigerungsrate von 4 % entspricht. „Das ist<br />
nach zuletzt 2013 abermals ein Rekordergebnis“, erklärt Prokop.<br />
Mit einer Exportquote von rd. 70 % und einem Exportzuwachs von 4 % auf<br />
rd. 9,4 Mrd. Euro hat das Ausland etwas stärker zum Gesamtergebnis beigetragen<br />
als der Inlandsverbrauch. Besonders gut lief entgegen aller Erwartungen<br />
Europa mit plus 8 %.<br />
Asien hingegen, vor wenigen Jahren fast gleichauf mit Europa, enttäuschte<br />
mit einem Rückgang der Exporte von 5 %. Der größte Markt China mit einem<br />
Anteil von immer noch über einem Fünftel ließ kräftig Federn.<br />
2015 stieg die Beschäftigung im Jahresdurchschnitt um 1,5 % auf<br />
rd. 68 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Kapazitätsauslastung lag im<br />
Jahresschnitt mit knapp über 8 % etwa 2 Prozentpunkte unter Vorjahr. Der<br />
aktuelle Wert im Januar zeigt jedoch wieder nach oben. Der Auftragsbestand<br />
lag mit 6,8 Monaten im Schnitt einen halben Monat unter Vorjahr.<br />
„Insgesamt hat sich die Branche mit diesen Ergebnissen wieder sehr gut behauptet.<br />
Etliche Mitgliedsfirmen berichten vom besten Jahr ihrer Firmengeschichte“,<br />
kommentiert Prokop die Jahresbilanz 2015.<br />
<br />
www.vdw.de<br />
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für unsere Rubrik Aktuelles<br />
berücksichtigen?<br />
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an: redaktion@bdguss.de<br />
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AKTUELLES<br />
Geburtstagsfeier für Forschungsnetzwerk<br />
> AMAP: Das Ende der Eisenzeit will das<br />
Aachener Geburtstagskind zwar nicht einläuten,<br />
doch es erforscht seit drei Jahren<br />
Alternativen mit Nicht-Eisen-(NE)-Metallen<br />
wie Aluminium. Die Rede ist vom Open-<br />
Innovation-Forschungscluster AMAP, das<br />
in Aachen stilgerecht bei einem Partner<br />
der ersten Stunde seinen dritten Geburtstag<br />
feierte.<br />
Das Ambiente hätte nicht perfekter<br />
sein können: Rund 120 Fachleute aus der<br />
Industrie und der RWTH Aachen sowie Anwender<br />
trafen sich im Januar im „Ford Research<br />
and Innovation Center Aachen“, um<br />
den dritten Geburtstag mit einem ambitioniert<br />
angelegten Symposium zu begehen.<br />
Anhand von repräsentativen, projektbezogenen<br />
Beispielen wurden AMAP-spezifische<br />
Lösungen und Kompetenzen in Forschungsfragen<br />
dargestellt. Darüber hinaus<br />
berichteten Experten aus den Unternehmen<br />
und Professoren der RWTH über Zukunftsthemen<br />
und stellten Zukunftsprojekte<br />
des Forschungsclusters AMAP vor.<br />
Ford ist dabei nicht nur AMAP-Partner,<br />
sondern mit seinem Pick-up-Truck Ford<br />
F-150 – dem meistverkauften Fahrzeug in<br />
den USA – auch Vorreiter in der erstmaligen<br />
Großserienanwendung von Vollaluminium-Karosserien.<br />
Beim Ausbau des Aluminiumeinsatzes<br />
im Fahrzeugbau setzt<br />
Mike Whitens (Ford Research & Advanced<br />
Engineering) auf die verstärkte Zusammenarbeit<br />
innerhalb des AMAP-Netzwerks. Der<br />
„Director Vehicle and Enterprise Sciences“<br />
ist sich nämlich sicher, dass beim Aluminium<br />
die gleiche Entwicklung ansteht wie<br />
beim Stahl mit seinen neuen ultra-hochfesten<br />
Sorten. „Niemand findet hier allein<br />
die Antworten“, sagte Whitens. „Ich hoffe<br />
bei der Arbeit in AMAP-Projekten nun auch<br />
auf die Mitwirkung von anderen Automobilherstellern.“<br />
Prof. Dr. Rudolf Mathar (Prorektor für<br />
Forschung und Struktur der RWTH Aachen)<br />
lobte die Arbeit des Netzwerkes und die<br />
Dr. Rolf Weber, AMAP, M. Eng. Michael Whitens, Ford Motor Company, Prof. Dr. Pim van der<br />
Jagt und Dr. Jürgen Wesemann, beide Ford Research & Advanced Engineering, Dr. Klaus<br />
Vier egge, Hydro Aluminium Rolled Products, Prof. Dr. Dr. h.c. Bernd Friedrich, Institut für<br />
Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling IME der RWTH Aachen, und Dr. Peter<br />
von den Brincken, AMAP (v. l. n. r.).<br />
Die Professoren<br />
Wolfgang Schneider<br />
und Günter Gottstein<br />
erhielten in<br />
Aachen die AMAP-<br />
Awards für jahrelange,<br />
geduldige Pionierarbeit<br />
(v. l. n. r.).<br />
Tatsache, dass es die Campus-Idee vor<br />
vielen Jahren aufgegriffen und in die Tat<br />
umgesetzt hat. „Ich hoffe nun darauf, dass<br />
AMAP auch auf das Campus-Gelände der<br />
RWTH Aachen umzieht“, sagte der Prorektor.<br />
„AMAP ist für mich ein Modell mit Vorbildcharakter<br />
für unser Campus-Projekt.“<br />
Diese Botschaften sind ganz im Sinne<br />
des AMAP-Beiratsvorsitzenden Dr. Klaus<br />
Vieregge, der aber gleichzeitig betonte,<br />
dass es bei der Arbeit in dem Forschungscluster<br />
nicht nur um Aluminium geht, sondern<br />
dass es offen ist für alle Werkstoffe<br />
auf den Gebieten der Nicht-Eisen-Metallerzeugung,<br />
der Weiterverarbeitung und der<br />
Herstellung von Produkten aus NE-Metallen.<br />
Als treibenden Faktor bezeichnete der<br />
Forschungsleiter vom Hydro Aluminium in<br />
Bonn die besondere Form der offenen Innovation,<br />
„die zugleich Chance und Risiko“<br />
sei. Im Mittelpunkt stehe die vorwettbewerbliche<br />
Erforschung der NE-Metalle unter<br />
dem ganzheitlichen Aspekt „vom Einsatzmaterial<br />
zum Bauteil“, die einen langfristigen,<br />
geduldigen Atem benötige.<br />
Eine wichtige Rolle bei der AMAP-Gründung<br />
spielte Prof. Dr. Dr. h.c. Bernd Friedrich<br />
(Institut für Metallurgische Prozesstechnik<br />
und Metallrecycling IME, RWTH<br />
Aachen), der die Struktur des AMAP-Clusters<br />
definiert und mit umgesetzt hat. Heute<br />
ist Prof. Friedrich Cluster-Sprecher der<br />
AMAP-angeschlossenen RWTH-Institute.<br />
Die Idee zur gemeinsamen industrieund<br />
institutsübergreifenden Forschung an<br />
einem Ort hatte vor rund sieben Jahren<br />
Prof. Dr. Wolfgang Schneider, der ehemalige<br />
Leiter der Hydro Aluminium-Forschung<br />
in Bonn. Im mittlerweile emeritierten Professor<br />
Dr. Günter Gottstein (Institut für<br />
Metallkunde und Metallphysik, RWTH Aachen)<br />
fand sich ein enga<strong>gie</strong>rter Mitstreiter.<br />
Für den evolutionären Gedanken und die<br />
Umsetzung durch jahrelange unermüdliche<br />
Motivation der Industrie und Forschung<br />
erhielten die beiden Wissenschaftler<br />
in einer feierlichen Zeremonie die<br />
neuen AMAP-Awards. Begründung von<br />
Laudator Professor Dr. Andreas Bührig-<br />
Polaczek (Gießerei-Institut, RWTH Aachen):<br />
„Dieser Award steht auch für ihr<br />
Vertrauen in eine innovative und zugleich<br />
traditionsbewusste Industrie, bei der anfangs<br />
nicht klar war, ob sie überhaupt die<br />
Courage zu dieser neuen Form der Kooperation<br />
besitzt.“ Die Branche hatte die Courage.<br />
Gerne erinnerte sich der AMAP-Mitstreiter<br />
an die ersten offenen Gespräche,<br />
die zu dieser neuen Form der Teamarbeit<br />
zwischen Firmen und Instituten geführt<br />
hat. <br />
www.amap.de<br />
BILD: AMAP/MARCEL DOHMEN<br />
14 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Drei Fragen an...<br />
Julian Gänz, Spezialist für Gießerei-Anwendungslösungen<br />
beim Softwarehersteller CD-adapco. Das Unternehmen<br />
ist im Bereich CAD- und CAE-Software mit Schwerpunkt<br />
numerische Strömungssimulation aktiv.<br />
FOTO: A. BEDNARECK<br />
Herr Gänz, CD-adapco hat kürzlich sein<br />
35. Firmenjubliäum gefeiert. Auf welche<br />
Meilensteine haben Sie zurückgeblickt?<br />
Während der STAR Global Conference<br />
2015 feierte CD-adapco sein 35-jähriges<br />
Bestehen in San Diego in den USA. Als<br />
größter unabhängiger Entwickler von Simulationslösungen<br />
für Engineering und<br />
Design entwickelte sich CD-adapco seit<br />
1980 von einem kleinen 3-Mann-Betrieb<br />
in einem Dachgeschoss zu einem internationalen,<br />
facettenreichen Konzern mit<br />
weltweit 34 Niederlassungen und einem<br />
Umsatz von fast 200 Mio. US-Dollar. Das<br />
Unternehmen blickt auf 35 erfolgreiche<br />
Jahre in der Entwicklung technischer Simulationssoftware<br />
zurück. Zunächst war<br />
es nur die Idee einiger Freunde, dann entwickelte<br />
es sich zu einem internationalen<br />
Unternehmen. Steven MacDonald, Mitbegründer,<br />
President und CEO von CDadapco<br />
sagte, dass die Lösung komplexer<br />
Probleme im Industrial Engineering Simulationstechniken<br />
erfordere, die verschiedene<br />
ingenieurwissenschaftliche<br />
Bereiche umfassen. Die Unternehmensphilosophie<br />
zielt darauf ab, die Grenzen<br />
unserer Simulationen im jeweiligen Anwendungsgebiet<br />
immer mehr zu erweitern,<br />
alle relevanten physikalischen Größen<br />
zu erfassen, Näherungen zu minimieren<br />
und alle Faktoren einzubeziehen, die<br />
womöglich Einfluss auf das Design oder<br />
die Leistung eines Produkts während seiner<br />
Lebensdauer haben.<br />
Im Jahr 1980 erkannten Steven Mac-<br />
Donald, Bill Wheeler und Marc Whittlesey<br />
einen Markt für Ingenieure, die schwierige<br />
Probleme hinsichtlich Turbulenzen,<br />
Wärmeübertragung und Verbrennungsprozesse<br />
schnell und präzise lösen mussten.<br />
Das Unternehmen entstand als Antwort<br />
auf diese Nachfrage: Eine talentierte<br />
Gruppe von Erfindern entwickelte die<br />
erforderlichen Verfahren, mit denen diese<br />
Technolo<strong>gie</strong>n vorangebracht wurden.<br />
Nach nunmehr 35 Jahren gehört CDadapco<br />
zu den Branchengrößen in der<br />
Entwicklung von Simulationssoftware.<br />
CD-adapco konzentriert sich weiterhin<br />
auf sein Vorzeigeprodukt STAR-CCM+<br />
und eine Reihe weiterer innovativer Produkte,<br />
die das Engagement des Unternehmens<br />
für die Bereitstellung verbesserter<br />
Engineering-Lösungen für Ingenieure<br />
unter Beweis stellen. CD-adapco<br />
ist weiterhin ein Unternehmen in Privatbesitz<br />
und zählt zu den wenigen Hightech-Unternehmen,<br />
die über viele Jahre<br />
hinweg ein stetiges Wachstum verzeichnen.<br />
Tragischerweise ist Mitgründer Steve<br />
MacDonald kurz nach dem Jubiläum<br />
verstorben<br />
Am 4. September gab CD-adapco mit<br />
großer Trauer das Ableben seines President,<br />
CEO und Mitbegründers Peter „Steve“<br />
MacDonald bekannt. MacDonald verstarb<br />
am Mittwochabend, dem 2. September<br />
2015.<br />
Während seiner 35 Jahre in der Firmenleitung<br />
verfolgte MacDonald stets<br />
mit Leidenschaft seine Vision einer<br />
„kompromisslosen“ Entwicklung technischer<br />
Simulationslösungen für anwendungsnahe<br />
und praxisorientierte Produkte<br />
und Prozesse. Bei der Verwirklichung<br />
dieser Vision standen für MacDonald die<br />
Umsetzung der Zielsetzung der Kunden<br />
und die funktionale Weiterentwicklung<br />
der Softwareprodukte von CD-adapco bis<br />
an die Grenzen des Möglichen stets an<br />
erster Stelle. Dank seines großen Talents,<br />
stets die besten und klügsten Ingenieure<br />
einzustellen, besitzt CD-adapco<br />
die erforderlichen Fachkräfte, um seine<br />
Position in der Branche und seine solide<br />
weltweite Support-Infrastruktur aufrechtzuerhalten.<br />
Obgleich das Unternehmen um Steve<br />
MacDonald trauert, ist sein Vermächtnis<br />
lebendig: in einem gesunden Unternehmen<br />
mit talentierten und motivierten<br />
Mitarbeitern, die seine Vision und sein<br />
kundenorientiertes Geschäftsmodell<br />
weiterführen werden.<br />
Seine Frau Sharron L. MacDonald tritt<br />
als Interim President und CEO von CDadapco<br />
weltweit die Nachfolge von Steve<br />
MacDonald an.<br />
Sie haben kürzlich eine neue Innovation<br />
vorgestellt, die Multizyklenberechnung.<br />
Um was handelt es sich dabei?<br />
Eine detaillierte Analyse der Formfüllung<br />
unter Berücksichtigung der Entlüftung<br />
der Form, einer realistischen Beschreibung<br />
der Formfüllung einschließlich der<br />
Kol benbewegung ist unerlässlich, wenn<br />
es um eine verlässliche Untersuchung<br />
des Druck <strong>gie</strong>ßprozesses geht. Wie für<br />
alle Simulationen gilt es auch beim<br />
Druck<strong>gie</strong>ßen, dass korrekte Rand- und<br />
Anfangsbedingungen elementar für eine<br />
erfolgreiche Simulation sind, hierzu gehört<br />
auch eine möglichst genaue Abschätzung<br />
der Formtemperatur. Die Temperierung<br />
der Form beeinflusst maßgeblich<br />
die Qualität des Gusses und die<br />
Anzahl der Abgüsse. STAR-Cast verfügt<br />
ab dem kommenden Release über eine<br />
automatisierte Mehrzyklenanalyse, welche<br />
es erlaubt die Formtemperatur nach<br />
einer beliebigen Anzahl von Zyklen zu<br />
bestimmen. Diese Ergebnisse können<br />
dann für eine detaillierte Formfüllanalyse<br />
herangezogen werden, um ein besseres<br />
Verständnis für den Gießprozess zu<br />
bekommen. Allerdings erlaubt eine solche<br />
Mehrzyklenanalyse auch Rückschlüsse<br />
auf die thermische Belastung<br />
der Form im Zusammenspiel Sprühen<br />
und Temperierkanäle. Dadurch ist STAR-<br />
Cast nicht nur für den Gießer, sondern<br />
auch den Formenbauer von großem Interesse.<br />
www.cd-adapco.com<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 15
FOTO: ???<br />
Schwerstützwalze für Severstal<br />
Die bei Gontermann-Peipers hergestellte Schwerstützwalze<br />
ist die weltweit erste ausgelieferte 225-t-<br />
Stützwalze in dieser neuen hochle<strong>gie</strong>rten Qualität.<br />
> GONTERMANN-PEIPERS: Im Frühsommer<br />
2015 hat eine besondere<br />
Schwer stützwalze das Siegener Werk der<br />
Gontermann-Peipers GmbH (GP) verlassen.<br />
Diese wurde in einer neuen, innovativen<br />
Qualität hergestellt, die dafür sorgen<br />
soll, das Kapitel „Schwerstwalzenherstellung“<br />
bei GP erfolgreich fortzusetzen. Es<br />
ist weltweit die erste 225-t-Stützwalze,<br />
die in dieser neuen, hochle<strong>gie</strong>rten Qualität<br />
ausgeliefert wurde. Durch intensive<br />
Entwicklungsmaßnahmen konnte die chemische<br />
Zusammensetzung des Mantelwerkstoffes<br />
in Verbindung mit einer neuen<br />
Wärmebehandlung so optimiert werden,<br />
dass die mechanischen, chemischen<br />
und tribologischen Eigenschaften des<br />
Materials deutlich gesteigert wurden. Der<br />
Einsatz der Walze bei einem Kunden im<br />
Großraum Sankt Petersburg soll nun die<br />
guten Ergebnisse der Untersuchungen in<br />
der Praxis bestätigen.<br />
Der Transportweg der Stützwalze ging<br />
von Siegen über Hamburg nach St. Petersburg<br />
ins Grobblechwalzwerk der PAO<br />
Severstal. Der Transport einer der größten<br />
Walzen der Welt stellt eine echte Herausforderung<br />
für alle Beteiligten dar. Exzellente<br />
Planung, bestmögliche Konservierung,<br />
hochwertige Verpackung und lückenlos<br />
für diese Gewichtsklasse<br />
geeignete Transport - und Hebevorrichtungen<br />
sind erforderlich, um diese Leistung<br />
erbringen zu können.<br />
Der Transport eines so großen Bauteils nach Russland stellt eine große Herausforderung dar.<br />
Die Aktiengesellschaft Severstal ist<br />
einer der größten Stahlproduzenten in<br />
Russland und mit einer jährlichen Produktion<br />
von ca. 12 Mio. t vergleichbar mit<br />
Thyssen Krupp. Dank der überzeugenden<br />
Leistungen der GP-Produkte in den Walzwerken<br />
von Severstal besteht seit zwei<br />
Jahren zwischen beiden Firmen ein Abkommen<br />
über eine strategische Partnerschaft.<br />
Bereits seit mehreren Jahren sind<br />
die Unternehmen durch umfangreiche<br />
Rahmenverträge über die Walzenlieferungen<br />
verbunden.<br />
In einer feierlichen Zeremonie zeichnete<br />
Severstal die hervorragenden Leistungen<br />
von GP mit einem Preis in der Nominierung<br />
Innovation und Flexibilität aus.<br />
Auf Basis dieser intensiven und erfolgreichen<br />
partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />
haben GP-Spezialisten im Frühjahr<br />
2015 ein ausführliches Audit der Kundenwalzwerke<br />
durchgeführt, um Einsparpotenziale<br />
zu ermitteln, alte Standardqualitäten<br />
auf den Prüfstand zu stellen und<br />
gegebenenfalls durch neu entwickelte,<br />
hoch leistungsfähigere GP -Qualitäten zu<br />
substituieren. Als weitere, ergänzende<br />
Qualifizierungsmaßnahme hat GP im<br />
Herbst 2015 in Siegen ein mehrtägiges<br />
technisch-wissenschaftliches Seminar für<br />
das PAO Severstal-Personal der Walzenanwender<br />
erfolgreich durchgeführt.<br />
Durch die vorgenannten Maßnahmen hat<br />
sich das Unternehmen eine gute und stabile<br />
Basis erarbeitet, um die Zusammenarbeit<br />
mit diesem Kunden auch zukünftig<br />
erfolgreich fortsetzen zu können.<br />
www.gontermann-peipers.de<br />
16 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Deutscher<br />
Gießereitag <strong>2016</strong><br />
Magdeburg, 14. und 15. April <strong>2016</strong><br />
Programmübersicht<br />
Fotos: mhfotodesign - Fotolia, marcus_hofmann - Fotolia<br />
Tagungsort:<br />
Maritim Hotel Magdeburg<br />
Otto-von-Guericke-Straße 87<br />
39104 Magdeburg<br />
Anmeldungen und Auskünfte:<br />
VDG Verein Deutscher Giessereifachleute e.V.<br />
Gabriela Bederke<br />
Hansaallee 2<strong>03</strong>, 40549 Düsseldorf<br />
Telefon: +49 (0)211 / 6871-332<br />
Telefax: +49 (0)211 / 6871-40-332<br />
Mail: gabriela.bederke@vdg.de<br />
Internet: www.vdg.de
SPEKTRUM<br />
Bis zu 20 t flüssiges Eisen gelangen in nur 120 s vom Gießtümpel über<br />
das Ausgusssystem in die Form, um zu Rotornaben, Maschinenträgern,<br />
Statorglocken oder Achszapfen zu werden.<br />
Leichte Turbinenschleifer<br />
für schwere Windrädergussteile<br />
Bei der Produktivität legt der Windener<strong>gie</strong>anlagenhersteller Enercon den Turbogang ein.<br />
Das Unternehmen bearbeitet bis zu 16 t schwere Gussteile in seinem Guss-Zentrum<br />
Ostfriesland (GZO) mit neuartigen Turbinenschleifern. Diese sind deutlich leichter und<br />
zugleich wesentlich robuster als die zuvor eingesetzten Schleifmaschinen und zeichnen<br />
sich gegenüber herkömmlichen Werkzeugen zudem durch einen wesentlich geringeren<br />
Ener<strong>gie</strong>bedarf aus.<br />
FOTO: ENERCON<br />
VON HEIKO WENKE, ESSEN<br />
Unsere Windkraftanlagen sparen<br />
bereits Ener<strong>gie</strong>, bevor sie ihre erste<br />
Kilowattstunde Strom erzeugt<br />
haben“, sagt Thomas Bliesner, Leiter der<br />
Gussnachbearbeitung im Guss-Zentrum<br />
Ostfriesland der Enercon-Unternehmensgruppe<br />
(GZO). „Denn zur Oberflächenbearbeitung<br />
großer Werkstücke setzen wir<br />
Werkzeuge von Atlas Copco ein, die gegenüber<br />
klassischen Druckluftwerkzeugen<br />
einen deutlich geringeren spezifischen<br />
Luftverbrauch haben.“ Eigentlich<br />
könnte den Gussspezialisten der Ener<strong>gie</strong>bedarf<br />
ihres Werkes vor den Toren Aurichs<br />
egal sein, da sie den gesamten Strombedarf<br />
des GZO praktisch klimaneutral aus<br />
erneuerbaren Ener<strong>gie</strong>quellen decken.<br />
Aber Nachhaltigkeit bestimmt in dem<br />
Werk in Südbrookmerland schon aus Prinzip<br />
viele Betriebsabläufe und wird durch<br />
das seit 2014 zertifizierte Ener<strong>gie</strong>managementsystem<br />
nach DIN EN ISO 50001<br />
nachgewiesen.<br />
„Seit 2010 <strong>gie</strong>ßen wir alle großen und<br />
wichtigen Komponenten für die Enercon-<br />
Generatoren selber. So sind die Transportwege<br />
für die Fertigung kurz. Das<br />
bringt ökologische Vorteile mit sich, und<br />
62 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
unsere Kompetenz für diese entscheidenden<br />
Bauteile bleibt im Haus“, erläutert<br />
Bliesner die Firmenphilosophie und umschreibt<br />
das Produktionsportfolio: „Maschinenträger,<br />
Statorglocken, Rotornaben<br />
oder Achszapfen mit Stückgewichten von<br />
bis zu 16 t sind die typischen Erzeugnisse.“<br />
Das zu einem der größten und modernsten<br />
Gießereibetriebe Europas avancierte<br />
GZO stellt wöchentlich bis zu 70<br />
dieser großdimensionalen Schwergewichte<br />
in Serienfertigung her. „Mit steigenden<br />
Rotorblattdurchmessern und immer leistungsfähigeren<br />
Windkraftanlagen wachsen<br />
die ohnehin schon sehr großen Abmessungen<br />
noch weiter an“, ist sich Thomas<br />
Bliesner sicher und hält mittelfristig<br />
sogar eine Verdoppelung bei den Abmessungen<br />
und Gussgewichten für realistisch.<br />
Bearbeitung meterhoher Rohteile<br />
Dass die Bearbeitung der meterhohen<br />
Rohteile nach dem Auspacken aus der<br />
Sandform die eingesetzten Werkzeuge<br />
extrem belastet, ist dem Abteilungsleiter<br />
bewusst. „Insbesondere die Schleifmaschinen<br />
werden hier richtig hart rangenommen“,<br />
bekennt Bliesner: „Unser spezielles<br />
Gusseisen mit Kugelgrafit ist ein<br />
besonders zähes Material, das beim Abtrennen<br />
der Grate und Schruppen der<br />
Oberflächen den Werkzeugen alles abverlangt!“<br />
Im dreischichtigen Betrieb an fünf<br />
Tagen in der Woche kämen die Winkelschleifer<br />
auf Netto-Einsatzzeiten von 15<br />
bis 18 h täglich.<br />
Dass in der gesamten Branche der Umbruch<br />
von eher manufakturhaft geprägter<br />
Fertigung zu industriellen Prozessen stattfindet,<br />
unterstreicht auch der stellvertretende<br />
Leiter der Gussnachbearbeitung.<br />
Entgraten einer Rotornabe mit der GTG<br />
25. Die Wendigkeit des Turboschleifers<br />
wird durch eine MultiFlex-Schwenkkupplung<br />
erhöht. Dieses ergonomische Detail<br />
ist ein in zwei Ebenen um 360°<br />
schwenk barer Druckluftanschluss, der<br />
allen Bewegungen des Werkzeugs folgt<br />
und Bediener von Biegespannungen im<br />
Luftschlauch entlastet.<br />
Thomas Bliesner<br />
ist Leiter der Gussnachbearbeitung<br />
des Enercon-eigenen<br />
Guss-Zentrums<br />
Ostfriesland (GZO)<br />
und hat in seiner<br />
Abteilung zwanzig<br />
Winkelschleifer<br />
einem Härtetest<br />
unterzogen.<br />
FOTOS: ATLAS COPCO TOOLS<br />
Tido Moritz berichtet, dass in den fünf Jahren<br />
seit der Produktionsaufnahme des<br />
GZO die Auslastung des Werkes massiv<br />
zugenommen habe. „Wir haben zusätzliche<br />
Schichten eingeführt, um die Nachfrage<br />
zu befriedigen. Die 90 Kollegen in unserer<br />
Abteilung arbeiten im Akkord und gehen<br />
sehr ‚robust‘ mit den Werkzeugen um.“<br />
Den bereits seit längerer Zeit verwendeten<br />
Industriewinkelschleifern von Atlas Copco,<br />
Essen, für die großen 230-mm-Schleifmittel<br />
mache das nicht viel aus, aber Standardgeräte<br />
für die kleineren Schrupp- und<br />
Trennscheibenabmessungen hielten solchem<br />
Schwerlastbetrieb nicht lange stand.<br />
„Da mussten wir die Werkzeugausstattung<br />
den veränderten Rahmenbedingungen<br />
anpassen. Die vielen Defekte und<br />
Ausfälle an Elektro- und Druckluftschleifern<br />
gleichermaßen störten schon den<br />
Produktionsablauf“, schildert Moritz.<br />
Druckluftschleifmaschinen mit Lamellenmotor<br />
hätten ebenso wie elektrische<br />
Hochfrequenzschleifmaschinen zuletzt<br />
nur noch eine Standzeit von maximal acht<br />
bis zwölf Wochen gehabt. Spätestens<br />
nach dieser Zeitspanne sei aufgrund der<br />
extremen Beanspruchung günstigstenfalls<br />
eine aufwendige Reparatur fällig gewesen,<br />
häufiger noch die Ausmusterung.<br />
„Etliche Maschinen waren nach wenigen<br />
Wochen wirtschaftliche Totalschäden und<br />
hatten nur noch Schrottwert. Diesen Zustand<br />
wollten wir nicht länger hinnehmen,<br />
denn er machte bei insgesamt 250 eingesetzten<br />
Werkzeugen einen erheblichen<br />
Zeit- und Kostenfaktor aus.“ So habe man<br />
unterschiedliche Alternativen getestet.<br />
Gussputzerei als<br />
verlängerte Werkbank<br />
„Eine befriedigende Lösung fanden wir<br />
zunächst nicht“, sagen Bliesner und Moritz.<br />
„Aber vielversprechend erschien dann<br />
der Vorschlag von Atlas Copco Tools, uns<br />
den Prototyp einer neuen Turbinenschleifmaschine<br />
zum Testen zu geben – und diesen<br />
Test auch zu begleiten.“ Für die neueste<br />
Generation ihrer GTG („Geared Turbine<br />
Grinder“, Turbinenschleifmaschine<br />
mit Getriebeuntersetzung) suchten die<br />
Entwickler von Atlas Copco ein geeignetes<br />
Testfeld. Weil die außergewöhnlich hohen<br />
Anforderungen des Guss-Zentrums Ostfriesland<br />
ideal zu dem nur 2,1 kg leichten<br />
Gerät passten und Anwender und Anbieter<br />
gleichermaßen von dem Versuch profitieren<br />
konnten, kamen sie partnerschaftlich<br />
zusammen. Die handliche Maschine eignet<br />
sich für Schleifmittel mit 125 und<br />
180 mm Durchmesser und bringt eine Abgabeleistung<br />
von 2,5 kW auf die Scheibe.<br />
Ihre niedrige Bauhöhe von nur 59 mm über<br />
der Spindel qualifizierte das Gerät bei<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 63
SPEKTRUM<br />
Die neue Turboschleifer-Generation<br />
hat die Erwartungen<br />
des Enercon-Guss-Zentrums<br />
Ostfriesland übertroffen.<br />
Die GTG 25<br />
bringt bei 2,1 kg<br />
Werkzeuggesamtgewicht<br />
2,5 kW Abgabeleistung<br />
und wird<br />
wegen ihres vibrationsarmen<br />
Laufs von<br />
den Werkern sehr<br />
geschätzt.<br />
GZO-Abteilungsleiter<br />
Thomas Bliesner<br />
und sein Stellvertreter<br />
Tido Moritz<br />
überzeugen die<br />
Ergeb nissen der<br />
Oberflächenbearbeitung.<br />
Mit dabei<br />
ist Atlas-Copco-Anwendungsberater<br />
Christian Hofmann<br />
(v. l. n. r.)<br />
Enercon auf Anhieb für Schleifarbeiten bei<br />
begrenztem Platzangebot, wie in schwer<br />
zugänglichen Bauteilecken und an Kanten.<br />
Werker bekommen keine<br />
lahmen Arme mehr<br />
Insgesamt zwanzig GTG-25-Turboschleifer<br />
gingen im GZO an den Start und wurden<br />
ausdrücklich nicht geschont. Schon nach<br />
kurzer Zeit konnten die Enercon-Anwender<br />
ein erstes positives Feedback an die<br />
Essener geben. Natürlich habe es eine<br />
Eingewöhnungsphase mit anfänglichen<br />
Kinderkrankheiten gegeben, die betrafen<br />
aber lediglich Kleinigkeiten und waren<br />
schnell aus dem Weg geräumt. „Im Großen<br />
und Ganzen liefen die kleinen Turbos<br />
vom Start weg bemerkenswert zuverlässig.<br />
Ihre Leistung stimmte, und unsere<br />
Probanden wollten die wendigen Winkelschleifer<br />
gar nicht mehr hergeben“, beschreibt<br />
Moritz den Verlauf. „Die Maschine<br />
macht richtig Spaß. Selbst bei Überkopfarbeiten<br />
kriege ich keine lahmen<br />
Arme mehr“, sagt ein Werker. Kein Wunder,<br />
wiegt eine GTG 25 doch nur die Hälfte<br />
dessen, was ein gewöhnlicher Schleifer<br />
dieser Leistungsklasse auf die Waage<br />
bringt.<br />
Das mit dem Spaß sei richtig ernst<br />
gemeint und für die GZO-Verantwortlichen<br />
von größter Wichtigkeit, unterstreicht<br />
Bliesner: „Die Bedeutung der Ergonomie<br />
liegt bei unseren Prozessen<br />
gleichauf mit der Produktivität!“ Dass die<br />
GTG 25 beides kann, sei auf die Kombination<br />
ihres äußerst starken Antriebs mit<br />
einem wirksamen Vibrationsdämpfungssystem<br />
zurückzuführen. Die niedrigen Vibrationswerte<br />
erzielt ein automatischer<br />
Unwuchtausgleicher (Autobalancer), der<br />
die Schwingungswerte auf einen sehr geringen<br />
Pegel von unter 3,8 m/s², gemessen<br />
in drei Achsen, drückt. Auch sei der<br />
Geräuschemissionswert von 76 dB (A)<br />
vergleichsweise niedrig. Zu den herausragenden<br />
Ergonomieeigenschaften komme<br />
noch der geringe spezifische Luftbedarf,<br />
der die Ener<strong>gie</strong>kosten erheblich senke:<br />
Unter Volllast gerade einmal 12,8 l/s<br />
je kW – ein für konventionelle Druckluftwerkzeuge<br />
praktisch nicht erreichbares<br />
Niveau.<br />
Sparsam, leistungsstark<br />
und bedienerfreundlich<br />
„Weil das Downsizing nicht ganz unproblematisch<br />
ist, waren wir ebenso gespannt<br />
wie der Hersteller, wie sich derart sparsame<br />
und kompakte Hochleistungswerkzeuge<br />
auf lange Sicht schlagen würden“,<br />
bekräftigen Bliesner und Moritz. Ihr Dauertest<br />
zeigte, dass sich mit der GTG 25<br />
rund 60 % mehr Material abtragen lässt<br />
als mit herkömmlichen Schleifwerkzeugen.<br />
Deshalb rechneten die zwei mit einem<br />
entsprechend hohen Werkzeugverschleiß,<br />
wie sie ihn schon von den bis<br />
64 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Enercon GmbH<br />
Mit der Unternehmensgründung 1984 begann der Diplomingenieur Aloys<br />
Wobben die ökonomisch-ökologische Erfolgsgeschichte von Enercon mit<br />
einem kleinen Team von Ingenieuren. Erste Windkraftanlagen mit 55 kW<br />
Nennleistung entstanden. Zunächst noch mit Getriebe ausgestattet, folgte<br />
ab 1992 der konsequente Umstieg auf die getriebelose Anlagentechnik.<br />
Durch weniger drehende Bauteile wurde ein nahezu reibungsloser Ener<strong>gie</strong>fluss<br />
mit deutlich geringerer mechanischer Belastung, weniger Wartungsaufwand,<br />
niedrigeren Betriebskosten und höherer Lebensdauer dieser<br />
Anlagen möglich.<br />
Die Weiterentwicklung aller Komponenten bietet den Kunden technologisch<br />
ausgereifte Produkte mit bis zu etwa 8 MW elektrischer Leistung.<br />
Beispielhaft ist etwa die 2004 eingeführte neue Rotorblattgeometrie, welche<br />
die Ertragswerte signifikant erhöht, die Schallemission verringert und<br />
die auf die Windener<strong>gie</strong>anlage einwirkenden Lasten reduziert. Zudem verfügen<br />
alle Enercon-Windener<strong>gie</strong>anlagen über ein Netzeinspeisesystem, das<br />
die neuesten Netzanschlussbedingungen erfüllt und in alle Versorgungsund<br />
Verteilerstrukturen integriert werden kann.<br />
Seit gut 30 Jahren zählt Enercon mit Hauptsitz im niedersächsischen<br />
Aurich zu den weltweit führenden Unternehmen im Bereich Windener<strong>gie</strong>.<br />
Enercon ist Marktführer in Deutschland und beschäftigt insgesamt mehr<br />
als 13 000 Menschen. Mit rund 27 000 installierten Windener<strong>gie</strong>anlagen<br />
in über 30 Ländern zählt Enercon auch international zu den führenden Herstellern<br />
und liegt weltweit auf Rang 3. Forschung und Entwicklung, Produktion<br />
und Vertrieb werden kontinuierlich ausgebaut.<br />
<br />
www.enercon.de<br />
Eine fürs Grobe: Im GZO haben sich<br />
für schwere Schrupp- und Entgratarbeiten<br />
die 4,5 kW starken GTG-40-Turbinenschleifer<br />
durchgesetzt. Sie werden<br />
mit 230- und 180-mm-Schleifmitteln<br />
eingesetzt.<br />
dahin verwendeten kleinen Schleifmaschinen<br />
leider gewohnt waren. „Zum<br />
Glück hat uns Atlas Copco in diesem<br />
Punkt ‚enttäuscht‘. Die Turbos sahen nach<br />
1000 Betriebsstunden zwar äußerlich erkennbar<br />
mitgenommen aus. Doch als sie<br />
komplett zerlegt und alle Komponenten<br />
auf Herz und Nieren untersucht wurden,<br />
war in ihrem Innern von Abnutzung oder<br />
Verschleiß noch keine Spur.“ Bliesner und<br />
Moritz gestehen, ein viel schlechteres Resultat<br />
erwartet zu haben. Daher freuen<br />
sie sich umso mehr, Schrupp- und<br />
Schleifaufgaben mit den neuen GTG-<br />
25-Werkzeugen deutlich schneller, besser<br />
und kostengünstiger als bisher ausführen<br />
zu können. www.atlascopco.de<br />
Heiko Wenke, Atlas Copco Tools Central<br />
Europe GmbH, Essen<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 65
SPEKTRUM<br />
FOTOS: VOXELJET AG<br />
Die Gussfigur der<br />
Rothschild-Bronzen.<br />
Die Michelangelo-Frage:<br />
Propshop druckt die<br />
Rothschild-Bronzen in 3-D<br />
Propshop hilft einem Expertenteam, die möglicherweise<br />
letzten bekannten erhaltenen Bronzearbeiten von<br />
Michelangelo zu identifizieren.<br />
VON JAMES ENRIGHT, LONDON<br />
Jeder hat schon einmal von Michelangelos<br />
David gehört und weiß, dass der<br />
Bildhauer, Maler und Architekt einige<br />
seiner größten Skulpturen in Marmor geschaffen<br />
hat, doch weniger bekannt ist,<br />
dass er auch viel mit anderen Materialien<br />
wie Bronze gearbeitet hat. Viele der so<br />
entstandenen Werke sind dem Zahn der<br />
Zeit zum Opfer gefallen, während erhaltene<br />
Stücke dem berühmten Künstler der<br />
Renaissance mangels Beweisen oft nicht<br />
zweifelsfrei zugeordnet werden können.<br />
Letzteres war bis vor kurzem auch bei<br />
den Rothschild-Bronzen der Fall, einem<br />
wundervollen Paar in Privatbesitz befindlicher<br />
Skulpturen aus dem sechzehnten<br />
Jahrhundert, die zuletzt im Fitzwilliam-<br />
Museum der Cambridge University ausgestellt<br />
wurden. Die Skulpturen zweier<br />
nackter und betrunkener, auf Panthern<br />
reitender Figuren, die einmal der Familie<br />
Rothschild gehörten, wurden erstmals im<br />
Jahr 1878 als Werke Michelangelos ausgestellt.<br />
Diese Zuordnung war jedoch umstritten<br />
und seither wurden die Bronzen<br />
bei verschiedenen Gelegenheiten versuchsweise<br />
einer ganzen Reihe von Renaissance-Bildhauern<br />
zugeschrieben, darunter<br />
Aspetti, Sansovini, Cellini und zuletzt<br />
Fiammingo.<br />
Doch nachdem Paul Joannide, Professor<br />
emeritus der Kunstgeschichte an der<br />
Cambridge University, in einer Arbeit Details<br />
der Rothschild-Bronzen mit einer<br />
ähnlichen Zeichnung eines Schülers von<br />
Michelangelo in Verbindung brachte, soll<br />
die Frage nun von einem fachübergreifenden<br />
Team geklärt werden, zu dem<br />
Kunsthistoriker aus Cambridge, Ingenieure,<br />
Anatomisten und Bildtechniker der<br />
Warwick University, Konservatoren vom<br />
Rijksmuseum in Amsterdam, der Künstler<br />
und Fachmann für Renaissance-Bronzen<br />
Andrew Lacey sowie Propshop gehören.<br />
Sollten die Rothschild-Bronzen definitiv<br />
Michelangelo zugeschrieben werden, wären<br />
sie die einzigen erhaltenen Bronzearbeiten<br />
des Künstlers.<br />
Im Rahmen einer Untersuchung der<br />
Form<strong>gie</strong>ßverfahren, die es ermöglichen<br />
sollte, die Werke der Zeit Michelangelos<br />
zuzuordnen und nachzuweisen, dass ihre<br />
relativ grobe Oberfläche zu dem passt,<br />
was wir über den Bronzeguss des frühen<br />
sechzehnten Jahrhunderts wissen, wurde<br />
Propshop von Andrew Lacey beauftragt,<br />
anhand eingescannter Daten 3-D-Modelle<br />
sowohl in einem verkleinerten Maßstab<br />
als auch in Originalgröße zu drucken.<br />
„Es war eine große Ehre, um Hilfe gebeten<br />
zu werden“, sagt James Enright,<br />
Managing Director und Asset Producer<br />
von Propshop. „Andrew ist ein außergewöhnlicher<br />
Künstler und weltweit führend<br />
auf seinem Gebiet – ebenso wie der Rest<br />
des Teams. Nachdem wir die eingescannten<br />
Daten hatten, bereiteten wir die Dateien<br />
für den Druck auf. Wir druckten in<br />
einem verkleinerten Maßstab von<br />
200 mm und in der Originalgröße von<br />
750 mm und sendeten das nachbearbeitete<br />
Ergebnis an Andrew.“<br />
Die auf voxeljet-Printern gedruckten<br />
3-D-Modelle von Propshop wurden wegen<br />
ihrer anatomischen und oberflächentechnischen<br />
Genauigkeit von Lacey und seinem<br />
Mitarbeiter Robert von Langh, dem<br />
Leiter der Abteilung für Konservierung<br />
und Restauration des Rijksmuseum, benötigt,<br />
die ihre Arbeiten Anfang dieses<br />
Monats beim Michelangelo Discovery<br />
Symposium in Cambridge präsentierten.<br />
66 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Bild 1: Die Skulptur<br />
wurde mithilfe des<br />
3-D-Drucks rekonstruiert.<br />
„Die Propshop-Modelle waren für unsere<br />
Erkenntnisse unverzichtbar“, sagt<br />
Lacey. „Ohne die Präzision der Drucke<br />
hätten wir niemals zu unseren Schlussfolgerungen<br />
gelangen können. Allein dank<br />
der Details, die diese Modelle zeigten und<br />
mit denen wir arbeiten konnten, waren<br />
wir in der Lage, die Bronzen der Schaffensperiode<br />
Michelangelos zuzuordnen.<br />
Es war einfach großartig. Die Arbeit löste<br />
auf dem Symposium eine enorme Debatte<br />
aus.“<br />
Neben den Erkenntnissen von Lacey<br />
und von Langh präsentierte das von Cambridge<br />
aus geleitete Team acht weitere Arbeiten<br />
zu verschiedenen Themen: von der<br />
Frage, wer die Formen für die Bronzen bei<br />
Michelangelo in Auftrag gegeben haben<br />
könnte, über die Bedeutung der seltenen<br />
anatomischen Präzision der Figuren bis hin<br />
zu Vergleichen mit anderen verlorenen<br />
Bronzewerken des Bildhauers. „Es ist sehr<br />
Bild 2: Fein säuberlich<br />
wird die Skulptur<br />
von nicht verdrucktem<br />
Partikelmaterial<br />
befreit.<br />
spannend“, sagt Enright. „Noch ist nichts<br />
entschieden, aber es sprechen jetzt deutlich<br />
mehr Argumente dafür, dass die Bronzen<br />
tatsächlich von Michelangelo stammen.<br />
Ich freue mich, dass Propshop an<br />
solch einem renommierten Projekt mitarbeiten<br />
und helfen durfte, eine bedeutende<br />
digitale Aufzeichnung dieser unbezahlbaren<br />
Kunstwerke zu erstellen.“ Der Gedanke,<br />
dass die detaillierten digitalen Daten des<br />
Kunstwerks nun archiviert sind und die<br />
Rothschild-Bronzen in ihrer ganzen Pracht<br />
bis in alle Ewigkeit weiterleben werden, ist<br />
einfach faszinierend. www.voxeljet.com
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
FOTOS: ANDREAS BEDNARECK<br />
Die Zahl der gefertigten Formen konnte<br />
bei Grunewald durch das Pep-Set-Verfahren<br />
erheblich gesteigert werden.<br />
Mit Druck<strong>gie</strong>ßtechnik Zukunft<br />
gestalten<br />
Die KSM Castings Group mit Werken in Europa, den USA und China stärkt mit einer<br />
Großinvestition von 13 Millionen Euro in die Wertschöpfung von Magnesiumbauteilen<br />
am Standort in Hildesheim ihre Wettbewerbsposition als Automobilzulieferer. Mit einer<br />
innovativen Werkstoffentwicklung und flexiblen Methoden bei der Personalsuche hat<br />
sich die Gießereigruppe in den vergangenen Jahren neu aufgestellt – und dabei konsequent<br />
in modernen Leichtbau mit globaler Reichweite investiert.<br />
68 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Ein Industrieroboter<br />
legt ein fertig bearbeitetes<br />
Magnesiumgehäuse<br />
auf ein<br />
Fließband zur<br />
Waschstraße.<br />
Fertige Getriebegehäuse:<br />
mit einer<br />
umfangreichen<br />
Nachbearbeitung<br />
erreicht KSM Castings<br />
die maximale<br />
Wertschöpfung.<br />
„Wir können unseren Kunden globale Lösungen anbieten,<br />
in der Gießereibranche können das nicht viele!<br />
So sichern wir auch die Arbeitsplätze in Deutschland.“<br />
Bearbeitungslinie<br />
Nach dem Druck<strong>gie</strong>ßen werden die<br />
Magnesiumbauteile hier grob- und feinbearbeitet,<br />
hochdruckentgratet,<br />
gewaschen, dichtgeprüft und schließlich<br />
per Laser markiert.<br />
VON ROBERT PITEREK, DÜSSELDORF<br />
Hell und sauber erstreckt sich der<br />
neue Maschinenpark für die Bearbeitung<br />
von Magnesiumbauteilen<br />
über die 1400 m 2 große, von langen Rohrleitungen<br />
an den Wänden gesäumte<br />
Werkshalle. Ein vorbildliches Industrieszenario<br />
mit der typischen Geräuschkulisse<br />
einer mechanischen Bearbeitung: kreischende<br />
Fräslaute, surrende Robotergelenke,<br />
Motorenbrummen und gelegentliche<br />
Sirenentöne. Hinter Schutzzäunen verrichten<br />
emsige KUKA-Roboter ihre Arbeit: Die<br />
Blechkameraden legen Getriebegehäuse<br />
in doppelspindlige Bearbeitungsmaschinen,<br />
die zwei Gehäuse zugleich bearbeiten,<br />
und laden sie anschließend auf Fließbänder<br />
zur Hochdruckentgratungsanlage und<br />
zur Waschstraße.<br />
Großserie für Daimler<br />
Der Automobil<strong>gie</strong>ßer KSM Castings in Hildesheim<br />
hat seinen Maschinenpark um<br />
drei Prüfanlagen und sechs Bearbeitungszentren<br />
mit Robotern aufgestockt. Hinter<br />
der Investition in Halle und Anlagen steht<br />
der KSM-Kunde Daimler, der künftig pro<br />
Jahr mit 450 000 fertigbearbeiteten<br />
9-Gang-Automatikgetriebegehäusen aus<br />
Magnesium beliefert wird. Steckt hinter<br />
dem Großprojekt ein Trend hin zum verstärkten<br />
Einsatz des Leichtmetalls bei den<br />
Automobilherstellern? „Nein“, versichern<br />
Dr. Klaus Greven, Leiter Technologische<br />
Entwicklung KSM Castings Group, und Dr.<br />
Marc Mateika, Werksleiter des KSM-Standorts<br />
Hildesheim: „Ausschließlich Daimler<br />
lässt seine Getriebegehäuse aus Magnesium<br />
fertigen, unsere anderen großen Automotive-Kunden<br />
wie z. B. ZF setzen weiter<br />
auf Aluminium“, betont Dr. Mateika und<br />
Dr. Greven ergänzt: „Die Verwendung des<br />
Materials Magnesium ist extrem anspruchsvoll.<br />
Da ist zunächst die sehr hohe<br />
Kontaktkorrosion, wenn der Werkstoff mit<br />
anderen Metallen wie Eisen in Verbindung<br />
kommt. Hinzu kommen die im Vergleich<br />
zu Aluminium geringere Steifigkeit und der<br />
deutlich geringere Kriechwiderstand bei<br />
Temperaturbelastung. In der Gießerei<br />
herrscht darüber hinaus ein erhöhtes Sicherheitsrisiko<br />
bei Arbeitssicherheit und<br />
Brandschutz.“ Und er setzt hinzu: „Das<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 69
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Dr. Marc Mateika<br />
(r.) im Gespräch mit<br />
Sebastian Cymara,<br />
dem Meister in<br />
der mechanischen<br />
Bearbeitung.<br />
Portalroboter für<br />
den flexiblen Einsatz<br />
in mehreren<br />
Aluminiumbearbeitungszellen.<br />
spiegelt sich alles in den Kosten wider!“<br />
Magnesiumbauteile bleiben deshalb auch<br />
weiterhin ein Nischenprodukt, ist sich der<br />
promovierte Physiker sicher. Die Magnesiumgetriebegehäuse<br />
für Daimler bestehen<br />
aus der Le<strong>gie</strong>rung AS-31 mit einem<br />
Anteil von drei Prozent Aluminium und einem<br />
Prozent Silizium. „Damit gelingt es<br />
uns, die mangelnde Kriechfestigkeit des<br />
Magnesiums zu verbessern“, so der Entwicklungschef.<br />
Metallarbeiter<br />
Raphael Sanchez<br />
bearbeitet Lagerrahmen<br />
für die 1,6-<br />
und 2,0-Liter-Dieselmotoren<br />
von Volkswagen.<br />
Ungebrochener<br />
Trend zum Leichtbau<br />
Bei allen Nachteilen von Werkstoff und<br />
Verfahren: Angesichts eines Gewichtsvorteils<br />
von 33 Prozent gegenüber Aluminium<br />
und eines ungebrochenen Trends zum<br />
Leichtbau ist das Potenzial des Werkstoffs<br />
verlockend und KSM Castings verfügt über<br />
das entsprechende Prozess-und Werkstoff-<br />
Know-how: Erste Erfahrungen sammelten<br />
die Hildesheimer beim Niederdrucksand<strong>gie</strong>ßen<br />
von Magnesium. Vor etwa zehn Jahren<br />
startete die damalige ThyssenKrupp-<br />
Fahrzeugguss GmbH dann mit dem Magnesiumdruck<strong>gie</strong>ßen<br />
auf einer kleinen<br />
Maschine. „Das waren Lenkungsteile aus<br />
Magnesium für den Kunden ThyssenKrupp<br />
Presta, da konnten wir intern sehr viel<br />
Know-how aufbauen und qualifizierte Mitarbeiter<br />
gewinnen, die u. a. mit den Themen<br />
Magnesiumschmelzen und Schutzgas<br />
vertraut sind“, blickt Dr. Greven zurück. In<br />
den darauffolgenden Jahren wurde der Fertigungsprozess<br />
weiter optimiert. KSM Castings<br />
wechselte in dieser Zeit zunächst an<br />
die Private Equity-Firma Cognetas und<br />
2011 schließlich an den chinesischen Investor<br />
CITIC Dicastal Wheel Manufacturing<br />
Co., Ltd., Qinhuangdao, China. Mit acht<br />
Standorten in Deutschland, Tschechien,<br />
China und den USA sowie 3291 Mitarbeitern<br />
ist die KSM Castings-Gruppe heute<br />
global aufgestellt und erwirtschaftete<br />
2015 einen Umsatz von 520 Millionen Euro.<br />
Hildesheim ist mit 1<strong>03</strong>0 Mitarbeitern<br />
und einem Umsatz von 182 Millionen Euro<br />
das Schwergewicht der Gruppe. Hauptkunden<br />
sind VW, Daimler, Audi, ZF Friedrichshafen,<br />
Magna, Bosch und Benteler.<br />
Finanzstarker Investor<br />
Neuer Eigner der Gruppe ist der weltgrößte<br />
Aluminiumfelgenhersteller CITIC Dicastal.<br />
Gemeinsam mit KSM Castings gehört<br />
er zu den 100 größten Automobilzulieferern<br />
der Welt. 30 bis 40 Millionen Aluminiumfelgen<br />
gehen bei CITIC Dicastal jährlich<br />
vom Band – eine Nummer größer als<br />
bei anderen Serien<strong>gie</strong>ßern. Zum Vergleich:<br />
In Hildesheim gehört die Lagerrahmenlinie<br />
mit 1,3 Millionen Bauteilen pro Jahr zu den<br />
größten Serien. Der Einstieg des strategischen<br />
Investors brachte vielfältige Vorteile:<br />
„Die Partnerschaft bietet auf der Finanzseite<br />
große Stabilität, ohne dass die<br />
neuen Eigner zu stark ins Tagesgeschäft<br />
eingreifen“, erzählt Dr. Mateika. „CITIC ist<br />
nicht an den Basics des Gießverfahrens<br />
interessiert, die beherrschen sie selber,<br />
es geht um unser Produktionssystem und<br />
unsere Art, Bauteile zu fertigen, also um<br />
Qualität“, konkretisiert Dr. Greven und<br />
fährt fort: „In meinen Augen ist das eine<br />
Win-Win-Situation. CITIC interessiert sich<br />
für unser Know-how und wir haben den<br />
Vorteil, unseren Kunden globale Lösungen<br />
anbieten zu können. So ist es beispielsweise<br />
möglich, VW einen Radträger aus<br />
China anzubieten, der nach demselben<br />
Verfahren, mit denselben Le<strong>gie</strong>rungen und<br />
Eigenschaften gefertigt wurde wie in<br />
Deutschland. In der Gießereibranche können<br />
das nicht viele!“ Das größte Wachstumspotenzial<br />
sieht Dr. Greven, der seit<br />
2005 bei KSM arbeitet, ohnehin in China.<br />
Aber auch in Shelby im US-Bundesstaat<br />
North Carolina hat KSM Castings 2014 ein<br />
neues Werk gebaut, um von dem Leichtbaupotenzial<br />
auf dem US-Markt zu profitieren.<br />
„Mit dieser Strate<strong>gie</strong> sichern wir<br />
auch die Arbeitsplätze hier in Deutschland“,<br />
bekräftigt er.<br />
70 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
Aufwendiger Prozess<br />
Szenenwechsel zum Magnesiumschmelzbetrieb:<br />
Gekleidet in einen mattsilbernen<br />
Schutzanzug öffnet Magnesiumschmelzer<br />
André Höltermann eine Klappe des<br />
Schmelzofens. Ein Kegel aus gleißend-weißem<br />
Licht fällt auf ihn, dann startet der<br />
schon bei KSM Castings zum Gießereimechaniker<br />
ausgebildete Werker mit geübten<br />
Bewegungen, den 2,3-Tonnen-Ofen zu entschlacken.<br />
Um die Kontaminierung der<br />
Schmelze durch den Kontakt mit Luft zu<br />
verhindern, führt eine mit Argon-Schutzgas<br />
gefüllte Rinne vom Schmelz aggregat zum<br />
440-Kilogramm-Dosierofen an der<br />
2700-Tonnen-Kaltkammerdruck<strong>gie</strong>ßmaschine.<br />
Wegen der Brandgefahr beim Austritt<br />
des heißen Metalls werden lange Wege<br />
vermieden - Schmelzofen und Druck<strong>gie</strong>ßanlage<br />
liegen nahe beieinander.<br />
Deutlich weniger Aufwand ist beim Aluminiumdruck<strong>gie</strong>ßen<br />
erforderlich, mit dem<br />
KSM Castings in Hildesheim weiter den<br />
Löwenanteil des Umsatzes generiert: die<br />
Schmelze wird per Stapler vom Ofen zum<br />
Warmhalteofen an der Druck<strong>gie</strong>ßanlage<br />
transportiert, wo sie in die Form geschossen<br />
wird. Der Kontakt mit Luft und erweiterte<br />
Sicherheitsmaßnahmen spielen bei<br />
dem vergleichsweise unproblematischen<br />
Werkstoff keine große Rolle.<br />
„Die Gießverfahren bei Aluminium und<br />
Magnesium sind identisch – Druck<strong>gie</strong>ßen<br />
eben. Von der technischen Seite muss man<br />
aber wissen, dass die Erstarrungsmorpholo<strong>gie</strong><br />
bei Magnesium anders ist als bei Aluminium<br />
und das muss bei der Prozessentwicklung<br />
berücksichtigt werden“,<br />
beschreibt Dr. Greven weitere Prozessunterschiede.<br />
Über die Jahre hat KSM Castings<br />
ein Fertigungsverfahren für Magnesiumdruckguss<br />
ausgetüftelt, das mit<br />
Schutzgas, aber ohne Vakuum auskommt.<br />
„Natürlich steckt der Teufel im Detail. Gerade<br />
beim Druck<strong>gie</strong>ßen ohne Vakuum<br />
muss sehr viel Wert auf Entlüftungskanäle<br />
gelegt werden. Nur so kann gewährleistet<br />
werden, dass die in der Form befindliche<br />
Luft schnell genug entweichen kann“,<br />
verrät der Absolvent der RWTH Aachen.<br />
Ziel der Entlüftung: möglichst porenfreier<br />
Magnesiumdruckguss.<br />
Gestaltungsfreiheit ist Trumpf<br />
Der Anteil von Magnesiumbauteilen an der<br />
Gesamtkapazität des Werks (30 000 Tonnen;<br />
gesamte Gruppe: 70 000) ist vergleichsweise<br />
gering, wie schon die Anzahl<br />
der Magnesiumdruck<strong>gie</strong>ßmaschinen zeigt:<br />
Nur zwei der insgesamt 28 Maschinen der<br />
Hersteller Idra, Italpresse und Bühler sind<br />
für das Ver<strong>gie</strong>ßen von Magnesium ausgelegt.<br />
<strong>2016</strong> wird im Austausch für eine Aluminiumdruck<strong>gie</strong>ßmaschine<br />
noch eine weitere<br />
Anlage in Betrieb gehen: 6,5 Millionen<br />
Euro beträgt die Investitionssumme.<br />
Von den Wachstumsperspektiven des<br />
Leichtbaus, insbesondere des Werkstoffs<br />
Aluminium, ist Entwicklungschef Dr. Greven<br />
überzeugt. Zuversichtlich ist er auch,<br />
was das Fertigungsverfahren Gießen angeht:<br />
er erwartet Zuwächse sowohl bei<br />
Karosserie- als auch bei Fahrwerksteilen.<br />
Guss ist seiner Überzeugung nach auch<br />
deshalb ein Fertigungsverfahren mit Zukunft,<br />
weil zunehmend Konstruktionssoftware<br />
zur Topolo<strong>gie</strong>optimierung zum Einsatz<br />
kommt: „Das Programm nimmt überall<br />
Material weg, wo es nicht gebraucht<br />
wird, dabei kommen sogenannte bionische<br />
Strukturen heraus, die man oft nur Gießen<br />
kann“ – Wettbewerbsvorteile durch Gestaltungsfreiheit!<br />
Die Bauteile aus Aluminiumdruckguss<br />
bei KSM Castings können vier Produktfamilien<br />
zugeordnet werden:<br />
Schmelzer André Höltermann entschlackt<br />
das Magnesiumschmelzaggregat. Bei<br />
Magnesium sind Sauberkeit und Ordnung<br />
erste Devise.<br />
> Engine, also Bauteile der Motorperipherie<br />
wie Zylinderkopfhauben oder Nockenwellenlagerrahmen.<br />
> Powertrain, dazu zählen Getriebegehäuse<br />
und auch Bauteile aus dem Getriebeinneren.<br />
> Chassis, Fahrwerksteile, die sowohl in<br />
der Kokillen<strong>gie</strong>ßerei als auch im<br />
Druck<strong>gie</strong>ßverfahren gefertigt werden<br />
sowie<br />
> Steering, Teile für Lenkung und Pedalerie,<br />
bei denen es sich zum Beispiel<br />
um Fußhebellagerwerke handelt.<br />
Größter Kunde hier ist Audi. Die Ingolstädter<br />
sind nicht wie viele andere auf<br />
den Zug für Hybrid- oder Kunststoffteile<br />
aufgesprungen, sondern setzen<br />
weiter auf die bewährten Aluminiumbauteile.<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 71
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Der Warmhalteofen<br />
einer Aluminiumdruck<strong>gie</strong>ßzelle<br />
wird<br />
nachgefüllt: Wenn<br />
mehrere Gießzellen<br />
die gleiche Le<strong>gie</strong>rung<br />
benötigen,<br />
können mit einer<br />
Staplerfahrt mehrere<br />
Zellen nachgefüllt<br />
werden.<br />
Um die Wertschöpfung zu maximieren,<br />
werden auch Aluminiumdruckgussteile<br />
umfangreich nachbearbeitet, etwa auf der<br />
Lagerrahmenlinie, die 1,3 Millionen Aluminiumbauteile<br />
pro Jahr durchlaufen. Besonderheit<br />
dort ist ein Portalroboter, der<br />
– ähnlich wie die Schwebebahnen in Wuppertal<br />
oder am Düsseldorf Flughafen – auf<br />
beiden Seiten einer Hochschiene hin und<br />
her fährt und die Maschinen mit Bauteilen<br />
füllt – ein Schauspiel wie aus einem Science<br />
Fiction-Film!<br />
Der 20-jährige<br />
Werkzeugmechaniker-Lehrling<br />
Marcel<br />
Bodenburg beim<br />
Fräsen eines Bauteils<br />
in der Ausbildungswerkstatt.<br />
Vielfältige Gießereiprozesse –<br />
innovative Le<strong>gie</strong>rungen<br />
Attraktiv für Automobilkunden ist besonders<br />
die Vielfalt der Gießprozesse des Global<br />
Players, mit denen das Potenzial der<br />
Werkstoffe ausgereizt wird: Mit dem patentieren<br />
Druck<strong>gie</strong>ßvakuumverfahren CVC<br />
werden wärmebehandlungs- und schweißfähige<br />
Gussteile gefertigt. Der Gießprozess<br />
ist in den letzten Jahren im Rahmen der<br />
Entwicklung eines Fahrwerksrahmens für<br />
BMW so weiterentwickelt worden, dass er<br />
serientauglich ist und zugleich Gussteile<br />
mit einer sehr hohen Qualität liefert. Beim<br />
Vakuumdruck<strong>gie</strong>ßen wird die Luft nahezu<br />
restlos aus der Form gesaugt, die dadurch<br />
im erstarrenden Gussteil keine Poren mehr<br />
erzeugen kann.<br />
Für hochbelastete Bauteile wie Fahrwerksteile<br />
wird das CPC- oder Counter<br />
Pressure Casting-Verfahren eingesetzt.<br />
„Dieser Fertigungsprozess ähnelt dem Niederdruck<strong>gie</strong>ßen.<br />
Es ist wie bei einer Mineralwasserflasche.<br />
Steht sie unter Druck,<br />
entweicht die Kohlensäure nicht, öffnet<br />
man die Flasche, sprudelt sie hoch. Ähnlich<br />
verhält sich die Luft in der Form“, vergleicht<br />
Dr. Greven. Dieses Verfahren bietet<br />
mit Streckgrenzen von größer 260 Megapascal<br />
und einer Bruchdehnung von<br />
mehr als acht Prozent zwar bereits sehr<br />
gute mechanische Eigenschaften. Damit<br />
gaben sich die KSM-Entwickler rund um<br />
Dr. Klaus Greven aber nicht zufrieden: auf<br />
dem Spiel stand und steht der Wettbewerb<br />
mit Eisenguss und Aluminiumschmiedeteilen.<br />
„Wir wollten weg von dieser eierlegenden<br />
Wollmilchsau AlSi7Mg und eine<br />
Le<strong>gie</strong>rung speziell für dieses Verfahren<br />
entwickeln“, so Dr. Greven.<br />
Das ist ihnen mit der neuen Le<strong>gie</strong>rung<br />
Tensal gelungen. Mit drei Prozent enthält<br />
sie im Vergleich zu AlSi7Mg etwas weniger<br />
Silizium, etwas mehr Magnesium und zusätzlich<br />
noch Chrom zum Aushärten.<br />
Streckgrenzen von 300 – 320 Megapascal,<br />
Zugfestigkeiten von 360 – 370 Megapascal<br />
und eine Bruchdehnung von sechs Prozent<br />
sprechen für sich und blieben bei den<br />
großen OEMs nicht unbemerkt: „Wir konnten<br />
eine neue Marke etablieren und von<br />
Audi und einem weiteren OEM neue Serienaufträge<br />
akquirieren“, erzählt der Entwicklungschef<br />
nicht ohne Stolz.<br />
Dabei kann sich KSM Castings ohnehin<br />
nicht über mangelnde Auslastung beklagen:<br />
„Wir haben in den letzten 36 Monaten<br />
hier am Standort über 40 Neuanläufe gehabt“,<br />
verrät Dr. Mateika. Regelmäßig fließen<br />
hierfür die Investitionen: Vier Millionen<br />
Euro für das neue Tensal-Produkt für Audi<br />
und vier Millionen für eine neue Nachbehandlungslinie<br />
in der CPC-Gießerei stehen<br />
als nächstes auf dem Programm.<br />
Fachkräfte gesucht!<br />
Die zahlreichen Gießprozesse und unterschiedlichen<br />
Werkstoffe erfordern nicht<br />
nur viel Know-how, sondern auch qualifiziertes<br />
Fachpersonal. „Trotz erwarteter<br />
Produktivitätssteigerung können wir unsere<br />
Expansionspläne voraussichtlich nicht<br />
komplett umsetzen. Der limitierende Faktor<br />
sind fehlende Fachkräfte“ ließ Franz<br />
Friedrich Butz, CEO der KSM Castings<br />
Group, in einer Pressemitteilung Ende September<br />
2015 wissen. „Der Fachkräftemangel<br />
im Unternehmen betrifft besonders<br />
Metallurgen mit Gießerei-Know-how und<br />
erstreckt sich über alle Werke bis hin zu<br />
Shelby in den USA“, betont Lothar Mutzen,<br />
Personalleiter am Standort Hildesheim und<br />
seit 14 Jahren bei KSM Castings. Dabei sei<br />
mit Blick auf die demografische Entwick-<br />
72 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
FOTO: KSM CASTINGS<br />
lung insbesondere die langfristige Planung<br />
wichtig. „Alte Hasen müssen rechtzeitig<br />
ersetzt werden“, betont er. Dafür arbeiten<br />
die Hildesheimer besonders eng mit den<br />
Hochschulen in Magdeburg, Hannover,<br />
Clausthal und Aachen zusammen. Neueinsteiger<br />
können das ganze Repertoire des<br />
Berufseinstiegs in Kooperation mit den<br />
Hochschulen nutzen: duale Studiengänge,<br />
Stipendien sowie Bachelor- und Masterarbeiten<br />
im Unternehmen. „Einen Mitarbeiter,<br />
der mit einem KSM-Stipendium in Magdeburg<br />
studiert hat, haben wir vor kurzem<br />
übernommen“, nennt Mutzen ein Beispiel.<br />
Auch auf die Führungskräftenachwuchsentwicklung<br />
legt das Unternehmen Wert:<br />
„Wir haben Mitarbeiter, die sich hier vom<br />
Azubi bis zum Geschäftsführer entwickelt<br />
haben“. Bei der Ausbildung von Fachkräften<br />
hat sich KSM Castings einiges einfallen<br />
lassen: So gibt es Angebote für die Weiterbildung<br />
zum Meister und zum Techniker<br />
sowie für berufsbegleitende Studien. Besonders<br />
attraktiv sind die gute betriebliche<br />
Altersvorsorge und die „Unterstützungskasse“,<br />
die Mitarbeitern und ihren Angehörigen<br />
Einkommensabhängig für einen<br />
geringen monatlichen Beitrag finanzielle<br />
Unterstützung für medizinische Leistungen<br />
wie Brillen- und Zahnersatz bietet. „Man<br />
muss das aber auch individuell sehen: für<br />
den einen ist Geld wichtiger, für den anderen<br />
flexible Arbeitszeiten“, berichtet der<br />
Diplom-Betriebswirt aus seiner Berufspraxis.<br />
Derzeit sind etwa 20 Auszubildende<br />
aus allen Bereichen gefragt: Gießerei- und<br />
Industriemechaniker, In dus trie elektriker,<br />
Mechatroniker, Werkzeugmechaniker sowie<br />
Industriekaufleute und IT-Fachinformatiker.<br />
Hinzu kommen Fachkräfte, die bereit<br />
sind zu einem Auslandsaufenthalt in den<br />
Werken in den USA und China. Für China<br />
hat sich Mutzen etwas einfallen lassen:<br />
sechs bis zehn Chinesen mit deutschem<br />
Hochschulabschluss werden nach ihrem<br />
Studium bei KSM ausgebildet und nach<br />
China geschickt – ganz im Sinne der<br />
deutsch-chinesischen Partnerschaft, die<br />
das Unternehmen heute prägt.<br />
Zukunftsfähige Produkte und Verfahren<br />
für eine globalisierte Welt<br />
In der werkseigenen Ausbildungswerkstatt<br />
haben Ausbildungsleiter Jörg Gustke und<br />
Bernhard Twickler das Kommando: die<br />
Technischen Modellbauerinnen Mariya<br />
Schmidt und Melissa Wolpers sind gerade<br />
dabei, ein Modell zu tischlern, nebenan<br />
zerspant der 20-jährige Werkzeugmechaniker-Lehrling<br />
Marcel Bodenburg ein Bauteil<br />
mit einer Universalfräsmaschine, während<br />
eine Gruppe Auszubildende ihren<br />
Dienst antritt. Der fast 70 Jahre alte Betrieb<br />
hat eine lange Ausbildungstradition,<br />
an die Roboterskulpturen aus zusammengeschweißten<br />
Gussteilen – den Abschlussarbeiten<br />
ehemaliger Auszubildender – auf<br />
dem Werkgelände erinnern.<br />
Die zwei hauptamtlichen Ausbilder haben<br />
zurzeit 50 Auszubildende unter ihren<br />
Fittichen, jedes Jahr kommen 12 – 14 neue<br />
Händebaum aus 952 Handabdrücken<br />
von KSM-Mitarbeitern. Daneben eine Roboterskulptur<br />
aus im Werk hergestellten<br />
Aluminiumgussteilen.<br />
hinzu, darunter vier Gießereimechaniker<br />
und zwei technische Modellbauer. Twickler<br />
bestätigt, dass die Bewerberzahlen in den<br />
vergangenen Jahren zurückgegangen sind.<br />
„Aber wir machen viel - mit Fachkräftewerbung<br />
auf der GIFA und auf der Ideen-<br />
Expo in Hannover, aber auch mit Einladungen<br />
von Schulklassen ins Werk und der<br />
Beteiligung an der Nacht der Bewerber.“<br />
Bernhard Twickler arbeitet schon 36 Jahre<br />
bei KSM Castings, davon zehn als Ausbilder.<br />
Die Auszubildenden sind mit ihrer Arbeit<br />
zufrieden und begründen das mit dem<br />
Spaß an der Arbeit, dem guten Ansehen<br />
der Firma in und um Hildesheim oder auch<br />
der Überzeugung, hier gebraucht zu werden.<br />
Ein Plakat an einer der Hallenwände<br />
im Werk zeigt eine Seilbahn, die von einem<br />
KSM-Strukturbauteil gestützt wird und<br />
gleichzeitig einem Mann Halt gibt, der über<br />
einem Abgrund hängt: eine Werbung für<br />
die hohe Qualität von KSM-Produkten. Die<br />
Auszubildenden des Unternehmens müssen<br />
sich nicht vor dem Abgrund fürchten:<br />
sie legen ihre Zukunft in die Hände eines<br />
Unternehmens, das auf zukunftsfähige<br />
Produkte und Verfahren für eine globalisierte<br />
Welt setzt – und den Wert von gutausgebildetem<br />
Fachpersonal zu schätzen<br />
weiß! www.ksmcastings.com<br />
GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong> 73
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Nachgefragt: „Wir müssen etwas<br />
bewegen, um weiter vorne mitspielen<br />
zu können!“<br />
Dr. Klaus Greven, Leiter Technologische Entwicklung der KSM Castings-Gruppe,<br />
und Dr. Marc Mateika, Werksleiter in Hildesheim, über Werkstoffentwicklung, Automatisierung<br />
und Elektromobilität.<br />
Betrifft die Expansion Ihrer Gießereigruppe<br />
alle Standorte?<br />
Mateika: Ich würde die Entwicklung hier<br />
am Standort nicht unbedingt als Expansion,<br />
sondern als Strukturwandel bezeichnen.<br />
Wir verändern unsere Produktund<br />
Prozesslandschaft, deshalb investieren<br />
wir. Andere Standorte wie KSM in<br />
Radevormwald investieren ähnlich, dieser<br />
Standort expandiert wirklich. Der<br />
Wandel findet aber an allen Standorten<br />
statt.<br />
Sie haben den neuen Werkstoff Tensal<br />
entwickelt und erfolgreich vermarktet.<br />
Wie geht es in Sachen Werkstoffentwicklung<br />
bei Ihnen weiter?<br />
Greven: Beim Aluminiumguss forschen<br />
wir. Wir wollen dem Kunden weiter mehr<br />
Leichtbaupotenzial eröffnen und mehr<br />
Gewichtsvorteile über eine höhere Festigkeit<br />
und Steifigkeit der Bauteile bieten.<br />
Ich bin auch der festen Überzeugung,<br />
dass wir daran weiterarbeiten<br />
müssen. Beim Aluminium ist in den letzten<br />
Jahren nicht mehr viel passiert. Anfang<br />
der 1990er-Jahre gab es durch Aluminium<br />
Rheinfelden eine Initialzündung<br />
und man begann auch Karosserie- und<br />
Fahrwerksteile mit den eisenarmen Le<strong>gie</strong>rungen<br />
Silafont-36 und Magsimal-59<br />
im Druck<strong>gie</strong>ßverfahren herzustellen. Die<br />
Eisen<strong>gie</strong>ßer, die Stahlschmieden mit den<br />
hochfesten warmumgeformten Stählen<br />
und die Aluminiumschmieden schlafen<br />
nicht! Da müssen wir schon etwas bewegen,<br />
um weiter vorne mitspielen zu<br />
können.<br />
Die neuen Bearbeitungszellen in der<br />
Magnesiumbearbeitung sind vollverkettet.<br />
Wie stehen Sie zur Automatisierung?<br />
Mateika: Die Fertigungskonzepte, die wir<br />
auswählen, sind fast ausschließlich hochautomatisiert.<br />
Sie bieten zunächst einmal<br />
den Vorteil geringer Personalkosten<br />
– das Verhältnis von Umsatz und Investitionen<br />
muss aber stimmen. Kleine Projekte<br />
mit geringen Stückzahlen, bei denen<br />
viel Flexibilität gefordert wird, eignen<br />
sich nicht für die Automatisierung. In<br />
diesem Fall geht es aber um ein Projekt<br />
mit 450 000 Getriebegehäusen im Jahr,<br />
das ist schon ein sehr hohes Volumen.<br />
Wenn wir solche Projektcharakteristika<br />
haben, dann lohnt sich die Automatisierung.<br />
Laufen die vollautomatisierten Bearbeitungszellen<br />
für Magnesiumdruckguss<br />
problemlos?<br />
Mateika: Es steckt viel Know-how in den<br />
Zellen. Es gibt darin Regale, über die Teile<br />
zwischengepuffert werden können. Angenommen,<br />
es gäbe eine Störung in irgendeinem<br />
Prozess, dann wird der Folgeprozess<br />
nicht unbedingt angehalten,<br />
sondern es kann in einem bestimmten<br />
Rahmen weiterproduziert werden. Wenn<br />
Sie bedenken, dass ein Roboter eine Verfügbarkeit<br />
von 99 Prozent hat und dann<br />
zehn Roboter miteinander verknüpft sind,<br />
sinkt ihre Verfügbarkeit um 0,99 hoch 10.<br />
Das macht dann schon etwas aus!<br />
Wie schätzen Sie das Thema Elektromobilität<br />
ein?<br />
Greven: Man muss das realistisch sehen.<br />
In den nächsten fünf, wahrscheinlich auch<br />
zehn Jahren wird nicht viel wegfallen. Was<br />
wir zunehmend sehen werden, sind Hybridfahrzeuge,<br />
die alle regulären Motorenbestandteile<br />
weiterhin in kleinerer Form<br />
benötigen. Langfristig wird die Elektromobilität<br />
für die Gießerei-Industrie aber<br />
Folgen haben. Wegen der Reichweite von<br />
E-Autos wird dann das Thema Leichtbau<br />
noch eine höhere Relevanz haben. Dann<br />
könnte es auch sein, dass Magnesium<br />
noch stärker im Fahrwerk und im Karosseriebereich<br />
eingesetzt wird.<br />
FOTO: KSM CASTINGS<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
Dr. Klaus Greven ist Leiter Technologische<br />
Entwicklung der KSM Castings Group. Er hat<br />
am Aachener Gießerei-Institut promoviert.<br />
KSM-Hildesheim Werksleiter Dr. Marc Mateika<br />
hat in Braunschweig Wirtschaftsingenieurwesen<br />
und Maschinenbau studiert und<br />
dort auch seinen Doktor gemacht.<br />
74 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>
MEDIEN & BÜCHER<br />
Quadriga und Berliner Bären<br />
Kunstguss aus dem Herzen von Berlin<br />
Haben auch Sie interessante Videos<br />
zum Thema Gießereitechnik im Internet<br />
gefunden? Senden Sie Ihre Videovorschläge<br />
an: redaktion@bdguss.de<br />
Mit der Restaurierung der Viktoria von Friedrich Drake auf der Siegessäule hat die Bild<strong>gie</strong>ßerei das Berliner Stadtbild mit geprägt und bewahrt.<br />
Der Betrieb der Hermann Noack-Bild<strong>gie</strong>ßerei<br />
liegt direkt an der Spree.<br />
Hermann Noack jr. leitet den Betrieb in der<br />
vierten Generation.<br />
Noack sen. ist noch jeden Tag im Betrieb und<br />
kann auf jahrzehntelange Erfahrung zurückblicken.<br />
SCREENSHOTS: ARTE<br />
In einer Kulturserie des Fernsehsenders<br />
Arte wird die Berliner Bronze<strong>gie</strong>ßerei<br />
Noack vorgestellt. Seit 1897 werden<br />
in der Gießerei die Arbeiten renommierter<br />
Künstler gegossen. Zahlreiche<br />
bekannte Kunstobjekte stammen aus<br />
dem Berliner Traditionsbetrieb, z. B.<br />
der Goldene Bär – das weltweit bekannte<br />
Preisobjekt der Berlinale.<br />
Kunst ist eine wichtige Säule in jeder Gesellschaft,<br />
spiegelt sie doch die Geschichte,<br />
die Gedanken und Schaffenskraft der<br />
Menschen wider, die in ihr leben. Dabei<br />
spielt die intellektuelle Ebene aber die primäre<br />
Rolle, nicht der eigentliche Herstellungsprozess<br />
des Kunstobjekts. Der kann<br />
aber sehr interessant sein, was eine Reportage<br />
vom Fernsehsender Arte eindrucksvoll<br />
zeigt.<br />
Die traditionsreiche Bild<strong>gie</strong>ßerei Hermann<br />
Noak wird mittlerweile in der vierten<br />
Generation von Hermann Noack jr.<br />
geleitet. In der Gießerei werden ausschließlich<br />
Kunstwerke hergestellt, die<br />
teilweise internationale Bekanntheit erlangt<br />
haben. Zahlreiche Kunstobjekte der<br />
Gießerei – die direkt am Ufer der Spree<br />
gelegen ist – zieren auch das Stadtbild<br />
von Berlin. Durch die Neuherstellung prominenter<br />
Denkmale, wie der Quadriga von<br />
Schadow, des Gusses der Berliner Bären<br />
nach dem Entwurf von Renée Sintenis<br />
oder der Restaurierung der Viktoria von<br />
Friedrich Drake auf der Siegessäule, hat<br />
die Bild<strong>gie</strong>ßerei das Berliner Stadtbild mit<br />
geprägt und bewahrt.<br />
Die multimediale Webreportage von<br />
Arte nimmt den Besucher mit auf eine<br />
Reise durch den Betrieb und die Stadt<br />
Berlin und zeigt, wie interessant die Herstellung<br />
von Kunstguss sein kann.<br />
Link zur Webreportage<br />
auf arte.tv:<br />
http://info.arte.tv/<br />
de/die-bronze<strong>gie</strong>sserei-noack<br />
96 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>