Nachbarn 09/2018
Das Nachbarschaftsmagazin für die Flughafenregion.
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14 UNTERWEGS IN DER NACHBARSCHAFT<br />
Diepensee: Ein Dorf<br />
hält zusammen<br />
Michael Gleißner und sein Diepensee<br />
Mitte Juli: Intensiv strahlt die Sonne<br />
durch die platanengesäumte Allee auf<br />
den märkischen Boden. Wir sind<br />
verabredet mit Michael Gleißner, dem Ortsvorsteher<br />
von Diepensee. Der Ort wurde vor rund<br />
15 Jahren für die Bauarbeiten des zukünftigen<br />
Hauptstadtflughafens BBI umgesiedelt. Wir wollen<br />
wissen, wie es damals war, als die Entscheidung<br />
zur Umsiedlung fiel. Michael Gleißner –<br />
agiler Mittfünfziger, Familienvater einer Tochter,<br />
zweier Söhne und von fröhlicher Natur – nimmt<br />
einen großen Schluck aus der Wasserflasche und<br />
gibt einen Einblick in das Seelenleben der<br />
Dorfgemeinschaft zur damaligen Zeit. „Schwierig<br />
war es damals für alle Beteiligten, als sie erfuhren,<br />
dass sie ihr Dorf wahrscheinlich aufgeben<br />
müssen. Nach kurzer intensiver Verhandlung<br />
hatten wir uns dazu entschlossen, umzuziehen<br />
– zu unseren Bedingungen. Wir wollten mitsprechen<br />
und mitgestalten, wie unser Dorf am<br />
neuen Standort aussehen soll. Ein Verbleib und<br />
das Wohnen zwischen zwei Start- und Landebahnen<br />
des zukünftigen Flughafens war für uns alle<br />
ein unzumutbarer Gedanke.“ Gleißner, damals<br />
selbst Mitglied im Arbeitskreis Umsiedlung neben<br />
dem einstigen Ortsbürgermeister Michael Pilz<br />
und dessen Vertreter Helmut Meyer, hebt im<br />
Gespräch hervor, dass die Sozialverträglichkeit<br />
weit über die bis dato gängige Umsiedlungspraxis<br />
der Bundesrepublik hinausging. „In Diskussionsrunden,<br />
Bürgerversammlungen, Planungswerkstätten<br />
oder bei Ortsterminen wie dem in<br />
Kausche, dem Lausitzer Ort, der dem Braunkohleabbau<br />
weichen musste und als Vorbild für die<br />
Umsiedlung dienen sollte sowie zahlreich<br />
klärenden Gesprächen, haben wir ein soziales<br />
Anforderungsprofil erarbeitet und somit sichergestellt,<br />
dass die Interessen der Bürgerinnen und<br />
Bürger von Diepensee im Mittelpunkt der<br />
Umsiedlung standen.“<br />
Emotionaler Abschied<br />
von der alten Heimat<br />
Als Rahmenwerk für die Umsiedlung gilt der<br />
Diepensee-Vertrag, der auch liebevoll die<br />
„Umsiedlungsbibel“ genannt wird. Darin wurden<br />
Umsiedlungsregelungen detailliert festgeschrieben.<br />
„Bei all den Errungenschaften für uns<br />
Diepenseer darf man dennoch nicht den<br />
emotionalen Aspekt der Umsiedlung vergessen“,<br />
mahnt der Ortsvorsteher. „Bei einigen Bewohnerinnen<br />
und Bewohnern hat es jahrelange<br />
Überzeugungsarbeit gekostet, bis sie die neue<br />
Heimat als solche auch anerkannt haben.“<br />
„Gerade die Vertriebenen aus den Ostgebieten,<br />
die ihre Häuser in Diepensee mit eigener Hand<br />
erbaut hatten, nachdem sie im Zuge der<br />
Bodenreform neue Parzellen für die Landwirtschaft<br />
zugesprochen bekamen, mussten ihre<br />
Heimat nun zum zweiten Mal verlassen. Das hat<br />
tiefe Wunden bei einigen im Ort hinterlassen“,<br />
weiß Wolfgang Paege, Urdiepenseer und<br />
stellvertretender Ortsvorsteher, zu berichten.<br />
„Was uns allen in diesem langen Prozess<br />
geholfen hat, war und ist unser enger Zusammenhalt<br />
im Ort. Durch die sozialverträgliche<br />
<strong>Nachbarn</strong> 9/<strong>2018</strong>