MTD_DDG_2018_10
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diabeteszeitung · 3. Jahrgang · Nr. <strong>10</strong> · 24. Oktober <strong>2018</strong><br />
News & Fakten<br />
3<br />
Experiment auf eigenes Risiko<br />
Künstliches Pankreas im Eigenbau – was Ärzte rechtlich beachten sollten<br />
BERLIN. In den letzten Jahren haben technikaffine Diabetespatienten<br />
Systeme entwickelt, die eine automatisierte<br />
Insulin-Dosierung ermöglichen. Wie sollten Ärzte reagieren,<br />
die auf solche experimentellen Systeme angesprochen werden?<br />
Die <strong>DDG</strong> hat dazu ein Rechtsgutachten erstellen lassen.<br />
Im Auftrag der <strong>DDG</strong> haben Juristen<br />
der Kanzlei D+B Rechtsanwälte<br />
überprüft, welche medizin-,<br />
straf- und zivilrechtlichen Vorgaben<br />
Ärzte beachten sollten, wenn sie sogenannte<br />
Looper behandeln. Das<br />
sind Patienten mit Typ-1-Diabetes,<br />
die sich mithilfe von Anleitungen<br />
aus dem Internet ein geschlossenes<br />
System aus Insulinpumpe und Sensoren<br />
(„closed loop“ bzw. „künstlicher<br />
Pankreas“) zusammenbauen,<br />
bei dem ein lernender Algorithmus<br />
automatisch die Insulindosis individuell<br />
anpasst und appliziert. Wer<br />
sich ein derartiges System für den<br />
Eigenbedarf bastelt, macht sich nicht<br />
strafbar, wohl aber derjenige, der es<br />
anderen Patienten zur Verfügung<br />
stellt.<br />
Auf Sorgfaltspflichten<br />
und das Strafrecht achten<br />
„Stellt ein Arzt für Patienten den<br />
Kontakt zu ,Loopern‘ her, ... kommt<br />
eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zu<br />
einem Inverkehrbringen eines Medizinprodukts<br />
ohne CE-Kennzeichnung<br />
in Betracht“, schreibt Rechtsanwalt<br />
Dr. Jan Moeck in seinem<br />
Gutachten für die <strong>DDG</strong>. Er rät Ärzten<br />
mit Nachdruck davon ab, dem<br />
Austausch zwischen Patienten und<br />
Loopern eine Plattform zu bieten.<br />
Eine Anzeigepflicht für einen Arzt,<br />
der von solchen Dingen weiß, besteht<br />
nicht.<br />
Bei Closed-Loop-<br />
Systemen greift ein<br />
lernender Algorithmus<br />
steuernd<br />
in die Therapie ein.<br />
Foto: fotolia/ymgerman<br />
Führt ein Mediziner gar Schulungen<br />
durch, die Patienten dabei helfen,<br />
Medizinprodukte entgegen deren<br />
Zweckbestimmung anzuwenden,<br />
könnte sich diese Sorgfaltspflichtverletzung<br />
eventuell bis zur Strafbarkeit<br />
auswachsen.<br />
Zivilrechtlich, also mit Blick auf<br />
Haftungsfragen, unterscheidet<br />
Dr. Moeck folgende Konstellationen:<br />
Ohne die Nachfrage eines Patienten<br />
ist der Arzt „nicht dazu verpflichtet,<br />
»Aufklärung ist in den Behandlungsunterlagen<br />
zu dokumentieren«<br />
»Keine allgemein<br />
anerkannte<br />
Therapie«<br />
über die Entwicklungen zu selbst<br />
gebauten, nicht CE-zertifizierten<br />
geschlossenen Systemen zu informieren<br />
bzw. diese gar als alternative<br />
Behandlungsmethode vorzustellen“,<br />
da diese noch „keine allgemein anerkannte<br />
Therapieform“ sind.<br />
Ärzte haben auf mögliche<br />
Selbstgefährdung hinzuweisen<br />
Fragt der Patient von sich aus nach<br />
einem selbst gebauten System oder<br />
benutzt er bereits ein solches, dann<br />
ist der Arzt verpflichtet, darüber<br />
aufzuklären, dass diese Anwendung<br />
einen bestimmungswidrigen<br />
Gebrauch von Medizinprodukten<br />
darstellt. Er hat auf gesundheit liche<br />
Gefahren (Selbstgefährdung) hinzuweisen.<br />
Dr. Moeck rät Ärzten, Patienten die<br />
Benutzung selbst gebauter, nicht<br />
CE-zertifizierter Geräte nicht zu<br />
empfehlen beziehungsweise sie<br />
angesichts der damit eventuell verbundenen<br />
Gefahren nicht darin zu<br />
bestärken, diese weiter zu verwenden.<br />
Die Aufklärung sei unbedingt<br />
in den Behandlungsunterlagen zu<br />
dokumentieren.<br />
Entscheidet sich der Patient ungeachtet<br />
der ärztlichen Empfehlung<br />
dafür, das selbst gebaute System<br />
(weiterhin) zu verwenden, ist der<br />
Arzt nicht verpflichtet, dem Patienten<br />
das zu verbieten (freies Selbstbestimmungsrecht).<br />
Ob der Arzt die von dem Gerät<br />
ermittelten Werte als Grundlage<br />
für eine Therapieempfehlung bzw.<br />
Behandlung heranziehen darf,<br />
sei keine juristische, sondern eine<br />
medizinisch-fachliche Frage, meint<br />
Rechtsanwalt Dr. Moeck. „Entscheidend<br />
ist, ob das System aus medizinisch-fachlicher<br />
Sicht hinreichend<br />
zuverlässige Werte liefert, auf die<br />
sich eine Therapieentscheidung deshalb<br />
stützen darf.“<br />
Michael Reischmann<br />
Das ausführliche 23-seitige juristische<br />
Looper-Gutachten mit detaillierten<br />
Hinweisen für Ärzte und Patienten ist<br />
online bei der <strong>DDG</strong> verfügbar:<br />
http://bit.ly/2xeHCtM<br />
Neue Leistung im EBM<br />
Hyperbare Sauerstofftherapie bei diabetischem Fußsyndrom geregelt<br />
BERLIN. Die ambulante Behandlung<br />
von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom<br />
mit der hyperbaren Sauerstofftherapie<br />
ist seit Oktober als neue<br />
Leistung im EBM enthalten.<br />
Für die hyperbare Sauerstofftherapie<br />
bei diabetischem Fußsyndrom<br />
hat der Bewertungsausschuss den<br />
neuen Abschnitt 30.2.2 in den EBM<br />
aufgenommen. Die vertragsärztliche<br />
Arbeit wird in fünf Gebührenordnungspositionen<br />
abgebildet:<br />
• 302<strong>10</strong> (64 Punkte / 6,80 €): Teilnahme<br />
an multidisziplinärer Fallkonferenz<br />
zur Indikationsprüfung<br />
»Zwei Jahre lang<br />
extrabudgetäre<br />
Vergütung«<br />
• 30212 (343 Punkte / 36,50 €): Indikationsprüfung<br />
vor Überweisung<br />
ans Druckkammerzentrum<br />
• 30214 (140 Punkte / 14,90 €): Betreuung<br />
des Patienten zwischen<br />
den Druckkammerbehandlungen,<br />
• 30216 (323 Punkte / 34,40 €):<br />
Feststellen der Druckkammertauglichkeit<br />
vor der ersten Sitzung<br />
• 30218 (1173 Punkte / 124,90 €):<br />
Hyperbare Sauerstofftherapie<br />
Die Leistungen werden – mit Ausnahme<br />
der Nr. 30214 – für zwei Jahre<br />
extrabudgetär vergütet.<br />
Anwend- und abrechenbar ist die<br />
Sauerstofftherapie erst, wenn die<br />
Standardbehandlungen (medikamentös,<br />
Wunddébridement, Verbände,<br />
Druckentlastung, chirurgische<br />
Maßnahmen) erfolglos geblieben<br />
sind. Nur Fachärzte für Innere Medizin<br />
und Endokrinologie und Diabetologie<br />
sowie Fachärzte für Innere<br />
oder Allgemeinmedizin jeweils mit<br />
der Anerkennung „Diabetologie“<br />
oder „Diabetologe <strong>DDG</strong>“ dürfen an<br />
ein Druckkammerzentrum überweisen.<br />
Eine multidisziplinäre Fallkonferenz<br />
muss stattgefunden haben<br />
und deren Ergebnis bei der Indikationsüberprüfung<br />
vor der Überweisung<br />
berücksichtigt werden.<br />
„Druckkammerarzt“-Diplom<br />
und KV-Genehmigung nötig<br />
Das Feststellen der Druckkammertauglichkeit<br />
und die hyperbare Sauerstofftherapie<br />
selbst können nur<br />
Fachärzte der Inneren Medizin, für<br />
Allgemeinmedizin, HNO-Heilkunde,<br />
Anästhesiologie, Orthopädie und Unfallchirurgie<br />
sowie im Gebiet Chirurgie<br />
mit einem „Druckkammerarzt“-<br />
Diplom der Gesellschaft für<br />
Tauch- und Überdruckmedizin oder<br />
mit gleichwertiger Qualifikation berechnen.<br />
Für beide Leistungen ist eine<br />
Genehmigung der Kassenärztlichen<br />
Vereinigung erforderlich. REI<br />
KBV Praxisnachrichten<br />
Hilfe für Autofahrer<br />
mit Augenleiden<br />
Bei grauem oder grünem<br />
Star können Fahrerassistenzsysteme<br />
unterstützen, sie<br />
sind aber noch nicht optimal.<br />
Nachtsichtkameras und<br />
und elektronische Fahrbahnmarkierungen<br />
könnten<br />
nützlich sein, so Experten.<br />
Quelle: DOG-Pressemitteilung<br />
422<br />
Millionen Menschen mit<br />
Typ-2-Diabetes gibt es<br />
mittlerweile weltweit.<br />
Seit 1980 hat sich<br />
die Zahl mehr als<br />
vervierfacht.<br />
Quelle: Foodwatch-PM<br />
Die DGEM hat einen neuen Präsidenten<br />
Privatdozent Dr. Frank Jochum, Evangelisches Waldkrankenhaus<br />
Spandau und Martin-Luther-Krankenhaus Berlin-Wilmersdorf,<br />
ist neuer Präsident der Deutschen Gesellschaft für<br />
Ernährungsmedizin. Eines seiner Ziele: Die Weiterentwicklung<br />
und praktische Anwendung ernährungsmedizinischer<br />
Erkenntnisse in Klinik und Praxis.