Peptidsubstrat pNA - Kerckhoff-Klinik
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Induktion der monozytären Tissue Factor Expression durch Desmopressin<br />
Gebiet/Fachrichtung:<br />
Hämostaseologie/zelluläre Mechanismen<br />
Fertigstellung:<br />
31.12.2003<br />
Autoren:<br />
Dr. Katharina Madlener,<br />
Hämostaseologie und Transfusions-<br />
medizin,<br />
<strong>Kerckhoff</strong>-<strong>Klinik</strong><br />
1
Koautoren:<br />
Prof. Dr. Bernd Pötzsch, Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin, Rheinische<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn<br />
Dr. Jutta Maria Rox, Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin, Rheinische<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn<br />
Dipl. Ing. Jens Müller, Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin, Rheinische<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn<br />
Dr. Matthias Heil, Experimentelle Kardiologie, <strong>Kerckhoff</strong>-Institut, Bad Nauheim<br />
Mitarbeiter:<br />
Birgit Rabenau, Hämostaseologie und Transfusionsmedizin, <strong>Kerckhoff</strong>-<strong>Klinik</strong><br />
Drittmittel:<br />
Willy und Monika Pitzer Stiftung, Bad Nauheim,<br />
Förderhöhe: 17.895,22 � pro Jahr für 2 Jahre<br />
Keywords:<br />
monocytes, tissue factor, DDAVP, quantitative PCR<br />
2
Abstract<br />
Zielvorgaben<br />
Desmopressin (DDAVP) ist ein Vasopressinanalogon. Es wird in der Behandlung von<br />
angeborenen und erworbenen Hämostasestörungen eingesetzt. Desmopressin wirkt als<br />
selektiver Agonist des Vasopressinrezeptors vom Typ 2 (V2R). Es aktiviert über einen<br />
cAMP-abhängigen Signaltransduktionsweg V2R-positive Endothelzellen. Derart aktivierte<br />
Endothelzellen sezernieren von Willebrand Faktor (vWF), sodass es nach DDAVP-<br />
Applikation zu einem schnellen Anstieg der vWF-Plasmaspiegel kommt (siehe Abbildung<br />
3.1.). Im vorgestellten Projekt soll untersucht werden, ob neben dieser getriggerten vWF-<br />
Freisetzung noch andere zelluläre Mechanismen durch DDAVP induziert werden, die zu einer<br />
Aktivierung des Hämostasesystems führen. Für diese Annahme spricht die Beobachtung, dass<br />
auch Patienten mit normalen oder sogar erhöhten vWF-Plasmaspiegeln von einer DDAVP-<br />
Therapie profitieren.<br />
EC<br />
DDAVP<br />
Blutgefäß<br />
vWF<br />
vWF<br />
vWF<br />
vWF<br />
Abbildung 3.1.: Wirkungsweise von DDAVP. Schematische Darstellung eines Blutgefäßes,<br />
ausgekleidet mit Endothelzellen (EC). Durch Induktion mit DDAVP kommt es zu einer<br />
Freisetzung des von Willbrand-Faktors (vWF)<br />
Neben Endothelzellen könnten auch Thrombozyten oder Monozyten mögliche<br />
Zielzellen von DDAVP sein, da beide Zelltypen in direktem Kontakt mit dem strömenden<br />
Blut stehen und über induzierbare gerinnungsfördernde (prokoagulatorische Mechanismen)<br />
verfügen. Bei Monozyten ist ein solcher prokoagulatorischer Mechanismus die induzierbare<br />
Expression von Tissue Factor. Tissue Factor (TF) oder Gewebethromboplastin aktiviert das<br />
plasmatische Gerinnungssystem indem er einen Komplex mit im Plasma zirkulierenden FVIIa<br />
bildet.<br />
3
Ziel der vorgestellten Untersuchung war es zu überprüfen, ob es als Folge einer<br />
DDAVP-Applikation zu einer Aktivierung von Monozyten mit Induktion der TF-Expression<br />
kommt.<br />
Material und Methoden<br />
Zur Untersuchung einer möglichen DDAVP-induzierten Monozytenaktivierung wurde das<br />
Format einer klinischen Beobachtungsstudie gewählt. Zehn gesunde Probanden erhielten über<br />
einen intravenösen Zugang eine DDAVP-Kurzinfusion in einer Dosierung von 0,3 �g/kg KG.<br />
Über einen Gesamtbeobachtungszeitraum von 6 h erfolgten Blutabnahmen unmittelbar vor<br />
und nach der DDAVP-Applikation und anschließend in stündlichem Abstand. Bestimmt<br />
wurde ein Differenzialblutbild einschließlich einer durchflusszytometrischen Analyse des<br />
relativen Monozytenanteils, Basisgerinnungsparameter und die monozytäre TF-Expression.<br />
Dazu war in einer Vorphase eine quantitative TF-PCR auf der Basis der real-time<br />
TaqMan-Technologie (siehe auch Kapitel 3.2) sowie ein FXa-Generierungsassay zum<br />
funktionellen Nachweis von oberflächlich-exprimiertem TF aufgebaut worden. Der<br />
funktionelle Nachweis beruht auf dem Prinzip, dass TF die enzmyatische Aktivität von FVIIa<br />
um mehrere Zehnerpotenzen steigern kann (siehe Abbildung 3.2.)<br />
TF<br />
TF<br />
TF<br />
TF FVIIa<br />
FXa<br />
Abbildung 3.2.: Schematische Darstellung des Aktivitätstests zur Bestimmung<br />
der monozytären TF-Aktivität. Tissue factor (TF) ist der<br />
geschwindigkeitsbestimmende Kofaktor in der FVIIa-abhängigen Bildung von Faktor<br />
Xa (FXa). Eine Bestimmung der Konzentration von funktionell aktivem TF auf der<br />
Oberfläche von Monozyten kann daher über die FXa-Generierungsrate erfolgen.<br />
Nachgewiesen wird die Umsetzung des Substrates als Farbumschlag.<br />
Werden die Komponenten FVIIa und FX sowie Phospholipide im Überschuss<br />
FX<br />
<strong>Peptidsubstrat</strong> <strong>pNA</strong><br />
4
angeboten, spiegeln Unterschiede in der Menge an gebildetem FXa ausschließlich<br />
Änderungen in der Konzentration von TF wider. Mit diesem Testverfahren konnte ein unteres<br />
Sensitivitätslimit von 5 ng/ml TF bei einer Intraassayvariabilität von maximal 11,3 % erreicht<br />
werden. Diese Werte liegen für ein zellgebundenes Testverfahren im allgemein akzeptierten<br />
Bereich.<br />
Ergebnis und Ausblick<br />
Bis auf eine Flush-Symptomatik bei 8 von 10 Probanden wurden in Zusammenhang mit der<br />
DDAVP-Gabe keine Nebenwirkungen beobachtet. Die Wirksamkeit des DDAVP wurde<br />
durch einen Anstieg der vWF-Plasmakonzentration und der FVIII-Konzentration belegt. Bei<br />
allen 10 Probanden kam es nach der DDAVP-Gabe zu einem signifikanten Abfall der<br />
Monozytenwerte. Bei einer mittleren Monozytenzahl von 0,6 x 10 3 /µl wurden die niedrigsten<br />
Werte 1h nach DDAVP-Gabe im Mittel mit 0,2 x 10 3 /µl gemessen. Mit gleicher Zeitkinetik<br />
konnte ein Anstieg der TF mRNA nachgewiesen werden. Bezogen auf den Ausgangswert von<br />
im Mittel 7,1 TF Kopien/1000 Monozyten kam es nach einer Stunde zu einem 5,2fachen<br />
Anstieg (Mittelwert nach 1 h: 36,6 TF mRNA Kopien/1000 Monozyten). Dieser Anstieg war<br />
mit einem p-Wert < 0,001 hochsignifikant. Die Bestimmung der zellgebundenen TF-Aktivität<br />
zeigte bei 4 von 10 untersuchten Probanden einen Anstieg über 150%. Bezogen auf die<br />
Gesamtzahl der Probanden war dieser Anstieg statistisch jedoch nicht signifikant. Die<br />
Ergebnisse zeigen erstmals, dass neben Endothelzellen auch Monozyten eine DDAVP-<br />
Zielzelle sind und dass die DDAVP-induzierte TF-Induktion einen zusätzlichen<br />
Wirkmechanismus einer Behandlung mit DDAVP darstellt.<br />
Verschiedene Arbeitsgruppen konnten zeigen, dass im Blut zirkulierende Monozyten<br />
keine V2R exprimieren. Wir gehen deswegen davon aus, dass die DDAVP-induzierte TF-<br />
Expression einen indirekten DDAVP-Wirkmechanismus darstellt. Als Folge der vWF-<br />
Freisetzung wird P-Selektin, das Membranbestandteil der vWF-Speicherorganellen ist, in die<br />
Endothelzellmembran integriert. P-Selektin ist ein wichtiger Adhäsionsrezeptor für<br />
Monozyten. Daher kommt es als Folge der DDAVP-induzierten P-Selektinfreisetzung, für die<br />
es experimentelle Belege gibt, zu einer Adhäsion von Monozyten, die wiederum durch<br />
gleichzeitig freigesetzte inflammatorische Zytokine zur TF-Synthese stimuliert werden. Die<br />
nach DDAVP-Gabe beobachtete Abnahme der Monozytenzahlen ist durch Adhäsion von<br />
Monozyten an Endothelzellen zu erklären und damit ein zusätzliches Argument für die<br />
vorgestellte Hypothese.<br />
Die vorgestellten Untersuchungen zeigen, dass eine P-Selektin-abhängige<br />
5
Monozytenaktivierung auch unter in-vivo Bedingungen zu einer messbaren<br />
Gerinnungsaktivierung führt. Während diese Gerinnungsaktivierung im Fall von Patienten mit<br />
einer Blutungsneigung, die mit DDAVP behandelt werden, eine erwünschte Wirkung<br />
darstellt, ist die Endothelzell-getriggerte Monozytenaktivierung bei Patienten mit septischen<br />
oder thromboembolischen Erkrankungen eher unerwünscht. Basierend auf dem DDAVP-<br />
Modell können die beteiligten molekularen Mechanismen genauer untersucht und neue<br />
Ansätze zur Hemmung der Monozytenaktivierung entwickelt bzw. geprüft werden.<br />
6