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Wiehre Magazin (Ausgabe Unterwiehre, November 2018)

Auf der Suche nach der Identität: Der Schauspieler Christian Berkel liest in Merzhausen aus seinem Buch „Der Apfelbaum“.

Auf der Suche nach der Identität: Der Schauspieler Christian Berkel liest in Merzhausen aus seinem Buch „Der Apfelbaum“.

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PORTRAIT<br />

<br />

Als im Spätsommer in Hamburg Zehntausende Menschen<br />

zusammenkamen, um gegen den Rechtsruck<br />

zu demonstrieren, hielt auch ein Mitglied der Hamburger<br />

Initiative „Omas gegen rechts“ eine Rede. Die Freiburger<br />

Verlegerin Traute Hensch hörte davon und erzählte<br />

begeistert ihrer Freundin Gerda Liebner davon. Eine halbe<br />

Stunde später waren die beiden Frauen entschlossen: „Das<br />

machen wir auch in Freiburg!“<br />

„Wir sind nicht stumm.<br />

Und wir wollen gesehen<br />

werden! Mit unserer<br />

Geschichte sind wir selbst<br />

das Programm.“<br />

traute Hensch<br />

Als sie zu einem<br />

ersten Treffen in<br />

„Omas Küche“ – wo<br />

sonst? – aufriefen,<br />

richteten sie vorsorglich<br />

15 Stühle<br />

im Nebenzimmer<br />

und hofften, dass<br />

nicht zu viele davon<br />

leer bleiben würden.<br />

Das Gegenteil war der Fall: Rund 60 interessierte ältere<br />

Frauen kamen und der Raum platzte aus allen Nähten. Viele<br />

dieser Frauen berichteten den beiden Gründerinnen, dass sie<br />

selbst schon lange überlegt hatten, wie sie aktiv werden könnten<br />

gegen Rechts. Die meisten wollen sich jedoch nicht<br />

in Parteien engagieren oder fühlen sich keiner anderen<br />

politischen Organisation zugehörig.<br />

Inzwischen fanden bereits zwei weitere Treffen<br />

der Freiburger „Omas gegen Rechts“ statt.<br />

„Es war eine tolle Atmosphäre“, schwärmt<br />

Traute Hensch, „alle waren sehr vergnügt,<br />

es gab keine Misstöne“. Und Gerda Liebner<br />

bestätigt: „Da war ganz viel Humor dabei“.<br />

Auch das passt wunderbar zur Haltung der<br />

Initiatorinnen: „Wir wollen uns die Lebensfreude<br />

durch den Rechtsruck nicht versauen lassen“.<br />

In verschiedenen Arbeitsgruppen formulierten die<br />

Frauen ihr Anliegen und ihre Zielsetzungen. Dabei machten die<br />

60- bis 70-Jährigen deutlich, was sie wollen: Haltung zeigen,<br />

Werte vertreten, sichtbar werden. Die „Omas gegen rechts“<br />

wollen für Grundwerte, Demokratie, Frauenrechte und Feminismus<br />

stehen und wenden sich gegen Fremdenfeindlichkeit<br />

und Sexismus. „Wir sind nicht stumm!“, fasst Traute Hensch<br />

den Entschluss der engagierten Rentnerinnen zusammen, „Und<br />

wir wollen gesehen werden!“. Die historischen Erfahrungen,<br />

die jede dieser Frauen geprägt hat, wollen sie einbringen in<br />

die Diskussion: „Wir mit unserer Geschichte sind selbst das<br />

Programm.“<br />

Gleichwohl Traute Hensch 1990 die Parteigruppierung<br />

„Unabhängige Frauen“ gründete, versteht sich die<br />

„Omas gegen rechts“ unisono als parteiunabhängige<br />

Initiative. „Das ist unser Pfund“, betont Gerda<br />

Liebner, „Unsere Altersgruppe mit diesen Erfahrungen<br />

ist bisher in der Öffentlichkeit so nicht<br />

vertreten“. Statt Rückzug der Alten setzen sie<br />

und Traute Hensch auf Engagement und statt<br />

Resignation soll hier Energie entstehen. Ganz<br />

deutlich ist auch der Wunsch der Aktivistinnen,<br />

mit rechtsgesinnten Menschen ins Gespräch<br />

zu kommen, besonders auch mit Jugendlichen.<br />

„Wir wollen das verstehen“, bekräftigt die 77-jährige<br />

10 | <strong>Wiehre</strong> <strong>Magazin</strong>

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