ROKPA Times November 2018 – Mit ROKPA in die Unabhängigkeit

ROKPA INTERNATIONAL
Eine Begegnung die mein
Leben verändert hat
Foto: © Sarah Graham
Liebe Freunde
Namaste! Mein Name ist Bijay Shrestha. Offiziell bin ich der
Co-Manager von ROKPA Nepal. Inoffiziell bin ich der grosse
Bruder im ROKPA Kinderhaus. Während ich diese Zeilen
schreibe, sitze ich in unserem Aufenthaltsraum und betreue die
Kinder bei ihren Hausaufgaben. Sie überfordern mich manchmal
mit ihrem Gequassel und ihren Lausbubenstreichen. Aber ihnen
zu helfen, erfüllt mich mit Genugtuung und ich empfinde
Zuneigung für jedes einzelne der Kinder.
Mein Vater lief mit einer anderen Frau davon, noch bevor ich
geboren wurde. Meine Mutter starb, als ich 5 Jahre alt war.
In diesem zarten Alter lebte ich ein Jahr lang auf der Strasse,
bettelte, lernte und überlebte. Ich schlief auf den Bürgersteigen
der Stupa – manchmal mit vollem Magen und manchmal mit
leerem, bekam Liebe und Mitgefühl von Freunden und Fremden
und wurde gelegentlich verprügelt. Trotz der Schwierigkeiten hat
das Leben teilweise auch Spass gemacht.
Ein Tag, den ich nie vergessen werde, war der Tag, an dem eine
Frau meine Hand nahm und mein Leben für immer veränderte.
Ihr Name ist Lea Wyler, die wir liebevoll „Mummy“ nennen.
Sie kam in mein Leben, als ich am meisten Hilfe brauchte.
Sie brachte mir bei, wie man sich die Zähne putzt, die Schuhe
bindet, nahm mich zum ersten Mal mit zur Schule und führte
mich in unzählige andere Dinge ein. Am wichtigsten ist, dass sie
ihr Herz (und ihr Portemonnaie) für Fremde wie mich öffnete
und uns liebte und weiterhin liebt.
Ihr einzelner Akt der Nächstenliebe hat mein Leben und das
Leben anderer für immer verändert. Sie hat mich zusammen mit
6 anderen Kindern in die Schule geschickt und der Rest ist
Geschichte.
Bis 2005 lebte ich im ROKPA Kinderhaus. Dort fand ich ein
Zuhause, Brüder, Schwestern, Freunde und vor allem eine Mutter
– die uns bedingungslos liebt, uns den richtigen Weg zeigt und
uns lehrt, das zu schätzen, was wir haben, Mitgefühl für andere
zu haben und zu helfen, wo wir können. Nach meinem Universitätsabschluss
zog ich aus und begann ein unabhängiges Leben.
Ich kam in den Ferien immer wieder ins Kinderhaus und half
aus, wann immer ich konnte – es ist das einzige Zuhause, das
ich je gekannt habe.
Im Jahr 2010 bot mir Mummy Lea dann die Möglichkeit, im
Kinderhaus und bei anderen Projekten, die ROKPA in Nepal
durchführt, zu arbeiten. Ich bin seit 28 Jahren bei ROKPA und
es war bisher eine gute Reise.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um allen zu danken,
unserer Präsidentin, den Vorstandsmitgliedern, den Mitarbeitenden
von ROKPA in Zürich, Freiwilligen, Freunden, Familien
und Spendenden für ihre Unterstützung. Ohne Eure Hilfe und
Beiträge wäre ich zusammen mit hunderten anderen Kindern
wie mir nicht da, wo wir heute sind.
Jeder Beitrag ist wichtig und beeinflusst das Leben der
Menschen direkt. Ich bin ein Beweis dafür!
Mit den besten Grüssen
Bijay Shrestha
Co-Manager ROKPA Nepal
Bijay, ehemaliges ROKPA Kind und
heute Co-Manager von ROKPA Nepal,
ist mit jedem einzelnen seiner
Schützlinge eng verbunden.
3