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Impro-Theater<br />
terformen abhebt. Ich kann eine<br />
Rolle so ausgestalten wie ich will.<br />
Der <strong>Nacht</strong>eil ist, dass sich manchmal<br />
der innere Zensor etwas zu<br />
spät einschaltet und man dann<br />
Dinge spielt, die auch unterirdisch<br />
schlecht sein können. Das verzeiht<br />
einem das Publikum jedoch meistens,<br />
weil es weiß, dass es nicht<br />
geplant war. Es ist halt nicht alles<br />
philosophisch-geistig anregend,<br />
was man spielt. Dass man keinen<br />
Text lernen muss, ist eine Entlastung.<br />
Wobei es sicherlich auch<br />
Leute gibt, die aus demselben<br />
Grund kein Impro-Theater spielen.<br />
Man kann sich natürlich auf einem<br />
auswendig gelernten Theatertext<br />
auch ausruhen, weil man weiß,<br />
wann welcher Gag kommt und<br />
dass man die Szene schon 50-mal<br />
gespielt hat. Von daher ist die Faulheit,<br />
keinen Text zu lernen auch…<br />
Stiepani: ...Mut!<br />
Spürt ihr trotzdem noch ein<br />
gewisses Lampenfieber, wenn ihr<br />
auf die Bühne geht oder nehmt<br />
ihr euch zum Beispiel vor, besonders<br />
humorvoll zu sein oder das<br />
Publikum emotional zu berühren?<br />
Rink: Am Anfang hatte ich mir<br />
vor einem Auftritt ab und zu mal<br />
was vorgenommen. Ich wollte zum<br />
Beispiel unbedingt einen Schornsteinfeger<br />
spielen. Meistens habe<br />
ich diesen Vorsatz fünf Sekunden<br />
nachdem ich auf die Bühne gegangen<br />
war schon wieder vergessen<br />
gehabt. Das funktioniert einfach<br />
nicht, wenn man sich etwas vornimmt.<br />
Stiepani: Sobald du improvisierst,<br />
ist es weg. Selbst, wenn du einen<br />
tollen Spruch bringen willst, den<br />
du kurz zuvor gehört hast, klappt<br />
es nicht. Nur bei der Moderation<br />
geht das, weil man sich vorher ein<br />
bisschen eine Textrolle überlegt.<br />
Beim Spielen bin ich nicht aufgeregt,<br />
bei der Moderation allerdings<br />
schon, weil man sich vorher<br />
Gedanken macht, welche Impro-<br />
Spiele passen und wie man das<br />
Publikum aufwärmt.<br />
Rink: Wenn wir für externe Veranstaltungen<br />
gebucht sind, beispielsweise<br />
Firmenfeiern oder<br />
Kongresse, ist natürlich auch eine<br />
höhere Anspannung vorhanden.<br />
Der Auftraggeber hat eine gewisse<br />
Erwartungshaltung. Außerdem<br />
gibt es oft viele Zuschauer, die<br />
nicht wissen, was Impro-Theater<br />
ist und was sie erwartet. Da spielen<br />
der Ort und die Atmosphäre<br />
auch immer eine besondere Rolle.<br />
Der Jazzkeller ist unser liebster<br />
Auftrittsort. Dort hat man einfach<br />
den besten Kontakt zum Publikum.<br />
Seit mittlerweile über 20<br />
Jahren spielen wir da. Dafür sind<br />
wir Marianne Benz vom Jazzkeller<br />
wirklich dankbar. Es ist einfach<br />
ein Auftrittsort, an dem man sich<br />
irgendwie mehr fallenlassen kann.<br />
Ist es beim Improtheater-<br />
Spielen nicht ein Problem, dass<br />
man in keine bestimmte Rolle<br />
schlüpft und die Zuschauer dadurch<br />
zwischen der Bühnenperson<br />
und der Privatperson eventuell<br />
nicht mehr unterscheiden<br />
können? Oder seid ihr privat<br />
ganz anders?<br />
Stiepani: Privat sind wir ganz anders.<br />
(lacht)<br />
Rink: Das war mal ein Slogan von<br />
uns gewesen. Ich glaube schon,<br />
dass man auf der Bühne jemand<br />
anderes ist. Natürlich ist das ein Teil<br />
von einem selber. Deswegen kann<br />
man das Impro-Spielen auch als<br />
Selbstfindung oder Therapie sehen.<br />
Dass man sich dort Sachen traut,<br />
die man sonst vielleicht nicht machen<br />
würde, weil man dann eben<br />
nicht schief angeschaut wird. Viele<br />
Leute, die mich kennen und auf der<br />
Bühne sehen, wundern sich eher. Je<br />
nachdem, in welcher Reihenfolge<br />
sie mich kennen lernen. Es gab mal<br />
eine Badewannen-Szene, bei der<br />
ich in der Wanne saß, während die<br />
Badewanne von einem Mitspieler<br />
dargestellt wurde. Es war eine recht<br />
erotische Szene, würde ich mal<br />
sagen. Meine Frau saß mit einer<br />
Arbeitskollegin im Publikum, die<br />
ganz verblüfft war und sinngemäß<br />
fragte, ob es bei uns zu Hause auch<br />
so scharf zuginge. Nicht, dass das<br />
nicht der Fall wäre (lacht). Aber es<br />
gibt einfach so Momente, in denen<br />
man beim Spielen dann einfach<br />
ganz anders ist.<br />
Zum Abschluss: Wer euch<br />
bislang noch nicht gesehen hat:<br />
Warum sollte man unbedingt bei<br />
euch vorbeischauen?<br />
Rink: Wer mal zwei Stunden entspannt<br />
abschalten und einfach nur<br />
Spaß haben möchte, um Sachen<br />
zu erleben, die er so noch nicht erlebt<br />
hat, der sollte vorbeischauen.<br />
Stiepani: Wir hören oft: ‚Ich habe<br />
lange nicht mehr so gelacht, vielen<br />
Dank!‘<br />
Frank Gundermann<br />
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