KEM Konstruktion 06.2017
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PERSPEKTIVEN<br />
PERSPEKTIVEN<br />
TRENDS<br />
Bild: Altair<br />
Um die Toplogie eines Bauteils<br />
zu optimieren, muss festgelegt<br />
werden, welcher Bauraum zur<br />
Verfügung steht und welche<br />
Bereiche des ursprünglichen<br />
CAD-Modells unangetastet<br />
bleiben müssen, etwa die<br />
Verbindungselemente zu<br />
anderen Baugruppen<br />
Mit dem MPA-Verfahren<br />
von Hermle können auch<br />
Freiflächen von bereits<br />
bestehenden Bauteilen<br />
bedruckt und verschiedene<br />
Materialien kombiniert<br />
werden<br />
Bild: Hermle<br />
nen, ob sich Designvorschläge, die am Rechner erstellt wurden,<br />
auch in der Realität umsetzen lassen. Ist dies nicht der Fall, schlägt<br />
die Technik vor, wie das Produkt besser gestaltet werden kann.<br />
Die Algorithmen der Software nutzen das mathematische Konzept<br />
der Subdivisionsvolumen. Darauf aufbauend ermitteln die Forscher<br />
physikalisch basierte Simulationsmodelle. Konkret bedeutet das:<br />
Sie berechnen aus Krafteinflüssen wie Schwerkraft und Gewicht<br />
des Gegenstands dessen innere Spannung. Je nach Größe und Verteilung<br />
der Spannung lässt sich beurteilen, ob ein Gegenstand statisch<br />
hält oder nicht. Damit geht das Verfahren über die reinen CAD-<br />
Informationen hinaus: Diese beschreiben lediglich Oberflächen von<br />
dreidimensionalen Objekten, lassen aber keine Rückschlüsse auf<br />
deren Inneres zu. „Die volumetrischen Informationen werden bei<br />
unserem Ansatz mit den Oberflächeninformationen direkt mitgeführt,<br />
die für das Erstellen des Designs wichtig sind. Das heißt, bereits<br />
in der Designphase stehen die notwendigen Informationen für<br />
die Simulation zur Verfügung“, erklärt Altenhofen.<br />
Für die Hannover Messe 2017 haben die Forscher einen Prototyp ihrer<br />
Simulationslösung entwickelt, der die Idee für mögliche Anwendungen<br />
und zukünftige Entwicklungen transportiert: Sie fertigten individuelle<br />
Halter für Espressotassen aus Kunststoff. Über eine interaktive<br />
Benutzungsoberfläche konnte der Standbesucher seinen eigenen<br />
Halter entwerfen. Falls der Entwurf nicht stand hielt, gab die<br />
Software Anweisungen, welche Parameter man verändern müsse,<br />
um das zu verhindern. „Die additive Fertigung ist ein sehr anschauliches<br />
Beispiel, wie sich unsere Technologie anwenden lässt. Im Prinzip<br />
ist unser Ansatz jedoch für viele verschiedene Fertigungsverfahren<br />
und unterschiedliche Werkstoffe anwendbar“, sagt Altenhofen.<br />
Hybrider 5-Achs-Ansatz<br />
Die MPA-Technologie von Hermle zur generativen Herstellung großvolumiger<br />
Bauteile aus Metall könne seine Stärken laut Aussage<br />
des Maschinenherstellers besonders im Werkzeug- und Formenbau<br />
ausspielen. Es handelt sich dabei um ein thermisches Spritzverfahren,<br />
bei dem Metallpulver mit Hilfe eines Trägergases auf sehr hohe<br />
Geschwindigkeiten beschleunigt und durch eine Düse schichtweise<br />
auf das Substrat aufgebracht werden. Durch die Integration der Auftragseinheit<br />
in ein Bearbeitungszentrum werden Zerspanung und<br />
Materialauftrag zu einem hybriden Fertigungsschema kombiniert.<br />
Die 5-Achs-Maschine ermöglicht dabei auch den Materialauftrag auf<br />
Freiformflächen. So können auch vorgefertigte Rohlinge mit additiv<br />
gefertigten Komponenten ergänzt werden.<br />
Das Verfahren erlaubt zudem die Kombination mehrerer Materialien<br />
in einem Bauteil, etwa Warmarbeitsstähle (1.2344, 1.2367), Kaltarbeitsstähle<br />
(1.2333, 1.2379), Edelstähle (1.4404, 1.4313), Invar, Eisen,<br />
Kupfer oder Bronze. Damit sind neben konturnahen Kühlkanälen<br />
zum Beispiel auch integrierte Kupferkerne oder eingebettete<br />
Heizelemente realisierbar. Die Aufbauraten liegen bei 200 cm 3 /h bei<br />
Stählen und 900 cm 3 /h bei Kupfer. Bei der Realisierung von Kanälen<br />
und anderen Hohlräumen kommt als Platzhalter ein wasserlösliches<br />
Füllmaterial zum Einsatz, das am Ende ausgespült wird. Dazu ist<br />
aber erforderlich, dass die Hohlräume später einen Zugang haben,<br />
geschlossene Kammern sind so daher ebenfalls nicht realisierbar.<br />
Die Porosität des Gefüges liege laut Hermle weit unter einem Prozent,<br />
nach einer Wärmebehandlung sei es vollständig dicht. So sind<br />
auch Bauteile mit hochglanzpolierten Oberflächen möglich. Das<br />
MPA-Verfahren bietet die Maschinenfabrik bisher nur als Dienstleistung<br />
an, mittelfristig soll die Technik aber in Serie gehen.<br />
Der industrielle 3D-Druck wird nach Ansicht verschiedener Experten<br />
zweifelsohne einen Platz in der Produktion der Zukunft haben. Dass<br />
er bald sämtliche Prozesse ersetzen wird, ist aber eher unrealistisch,<br />
denn bis die Technik in der Massenfertigung etwa Drehteile<br />
wirtschaftlicher erzeugen kann, als aktuelle Zerspanmaschinen,<br />
dürfte noch einige Zeit vergehen. Die Prognose geht dahin, dass die<br />
additive Fertigung die herkömmlichen Verfahren gut ergänzen wird,<br />
speziell mit Blick auf Flexibilität und kleine Losgrößen könnte sie<br />
mehr als nur ein gehyptes Nischenprodukt werden.<br />
Video zur Topologieoptimierung in Ansys Space Claim:<br />
www.hier.pro/IpTX0<br />
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