Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Beißer hatte sich über Darmstadt hinaus einen Namen gemacht, als er im April<br />
2016 vor dem Spiel des damals erfolgreichen Fußballklubs Darmstadt 98 gegen Eintracht<br />
Frankfurt den Frankfurter Anhängern per Allgemeinverfügung das Betreten der<br />
Darmstädter Kernstadt verbot. Eine geradezu phantastische Idee, um übertriebene<br />
Fanaktivitäten aus der Nachbargemeinde zu unterbinden. Unglücklicherweise stellten<br />
mehrere Eintracht-Fans beim Verwaltungsgericht Eilanträge gegen die Verfügung. Die<br />
Richter, offenbar notorische Fans der Frankfurter Kicker, erklärten die Verfügung für<br />
rechtswidrig. Beißer, der Ordnungsdezernent, scherte sich nicht drum, missachtete den<br />
Gerichtsbeschluss und blieb dabei: Die Frankfurter müssen draußen bleiben! Die<br />
Antwort kam in Form von 300 weiteren Eilanträgen von Eintracht-Anhängern. Am<br />
Spieltag hob Beißer das Einreiseverbot auf, was ein wenig spät war. Seine Aktion<br />
kostete die Stadt 165 000 Euro an Gerichts- und Anwaltskosten. Das war die Gaudi<br />
natürlich wert, sagte sich die CDU, auch wenn SPD und die kleine Wählervereinigung<br />
Uwiga im Stadtparlament die Abwahl Beißers beantragten. Grüne, CDU und Uffbasse<br />
schmetterten den Antrag ab … Beißer blieb im Amt, und passenderweise lieferte Sozialdezernentin<br />
Okdeniz von den Grünen die Begründung dafür: Fehler könnten passieren,<br />
sagte sie. Als lebender Beweis für diese ewig gültige These hatte Beißer seinen<br />
Job in den folgenden Jahren sicher. ….<br />
In den guten, alten Zeiten kam Beißer meist etwas später ins Büro als Platsch, so<br />
gegen Mittag. Man trank eine Kleinigkeit. Platsch gern einen wohltemperierten Cappuccino,<br />
äthiopische Hochlandbohnen, fair trade. Beißer ein kühles Braustübl Pils<br />
oder eine Tasse Rotwein aus der Pfalz, und man überlegte, was man denn so machen<br />
könnte den ganzen Tag. Einen Radweg bauen? Nun ja, sagte Platsch, da wollen wir<br />
jetzt mal nichts überstürzen. So was will durchdacht sein. Ein paar Leihradstationen<br />
einrichten? Ach du lieber Gott, sagte Platsch, weißt du, was sowas kostet, da sind<br />
schnell mal 165 000 Euro weg. Dann vielleicht mal eine Straße sanieren? Um Himmels<br />
willen, sagte Beißer, was das für ein Chaos gibt, der ewige Baulärm und der<br />
ganze Schutt, den man wegräumen muss, das geht noch ein paar Jahre mit den Straßen.<br />
Außerdem haben sich alle daran gewöhnt, dass man die Hälfte des städtischen<br />
Straßennetzes nur noch mit Geländewagen und Vierradantrieb passieren kann. Aber<br />
vielleicht mal eine der maroden Grundschulen sanieren? Mein Gott, sagte Platsch,<br />
man kann ja alles über-treiben, in Afrika unterrichten sie in Bambushütten, da braucht<br />
sich hier mal überhaupt keiner zu beschweren. Das geht noch ein paar Jahre.<br />
So plätscherte die Zeit dahin.<br />
Alles lief ganz entspannt, vita contemplativa. Dann, 2015 muss es gewesen sein,<br />
fielen in Darmstadt die ersten Nilgänse auf. Erst zwei, dann drei, dann eine kleine<br />
Familie mit Küken, sie alle watschelten am Woog herum – wie süß, dachten alle. Das<br />
sollte sich ändern, das war der Anfang vom Ende.