gie_12-2018
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Alles hat hier seine Ordnung – und jede Form ihren festen Platz: Rolf Kayser und seine<br />
Mitarbeiter haben den Überblick.<br />
nicht höher als ein Kaffeebecher ist. Bis<br />
vor wenigen Jahren haben Kayser und<br />
seine Mitarbeiter die Modelle in benötigter<br />
Originalgröße noch in allen ihren<br />
Einzelteilen selbst hergestellt – die Fußballlegende<br />
Toni Turek oder den Komponisten<br />
Mendelssohn Bartholdy beispielsweise.<br />
Inzwischen übernimmt dies ein<br />
externes Unternehmen für 3-D-Druck.<br />
Sämtliche Negativformen lagern in einer<br />
eigenen Halle auf meterhohen Regalen.<br />
Rolf Kayser und seine Mitarbeiter wissen<br />
ganz genau, wo jedes einzelne Teil seinen<br />
Platz hat. „Da kann kein computerunterstütztes<br />
Lagerhaltungssystem mithalten“,<br />
scherzt er. Die Einzelteile werden<br />
in Sand geformt, gegossen, zusammengeschweißt,<br />
ziseliert und patiniert. Beim<br />
Gießen gehe selten etwas daneben – und<br />
bei allen weiteren Arbeitsschritten dürfe<br />
einfach nichts daneben gehen. Edelstahl<br />
seinen Hochglanz zu verleihen, das sei<br />
wohl einer der aufwendigsten Arbeitsschritte<br />
überhaupt und schlicht „eine<br />
Arbeit für Strafgefangene“, merkt Kayser<br />
an und stöhnt leise auf. Schleifen, Schleifen<br />
und nochmals Schleifen, zum Schluss<br />
sogar mit feinstem Sandpapier – nicht<br />
eine einzige Unebenheit darf noch zu erkennen<br />
sein. Diese Arbeit kann bei einer<br />
sechs Meter hohen Skulptur schon einmal<br />
leicht drei Monate dauern. Sieht<br />
dann aber auch perfekt aus. Seine Kunden<br />
danken es ihm. Sein größtes Kompliment<br />
habe er vor einigen Jahren auf<br />
einer Weihnachtsfeier von Tony Cragg<br />
erhalten. Der Künstler widmete in seiner<br />
Ansprache seiner Ehefrau und ihm mehrere<br />
Minuten, dankte ihm für die gute<br />
Zusammenarbeit. „Das hat mich schon<br />
mit Stolz erfüllt“, sagt Kayser bescheiden.<br />
Wenn der aktuelle Auftrag für den Bildhauer<br />
Thomas Schütte erst einmal sicher<br />
im Container Richtung USA verstaut ist,<br />
geht es für Rolf Kayser und seine Mitarbeiter<br />
in den wohlverdienten Betriebsurlaub.<br />
Kein Handy-Geklingel und keine<br />
Kurznachrichten werden Kaysers Erholung<br />
stören, denn ein Smartphone besitzt<br />
er bis heute nicht. „Brauche ich nicht.<br />
Diese Dinger sind völlig überbewertet.“<br />
Kayser ist seit Jahren überzeugter Portugal-Fan.<br />
Manchmal fl iegt er auch ganz<br />
spontan für ein Wochenende dorthin. So<br />
kann es passieren, dass man ihn am Freitagmittag<br />
in voller Arbeitsbekleidung und<br />
nur mit seinem Flugticket im Gepäck am<br />
Düsseldorfer Flughafen antrifft. Er habe<br />
sogar schon einmal mit der Idee geliebäugelt,<br />
eine Kunst<strong>gie</strong>ßerei in Portugal zu<br />
eröffnen, erzählt er. Lust auf Neues verspüre<br />
er auch nach mehr als 40 Berufsjahren<br />
noch. Sollte es in den nächsten<br />
Tagen mit der Fertigstellung der Skulpturen<br />
für Thomas Schütte zeitlich etwas eng<br />
werden, dann stehen erst einmal Überstunden<br />
an. Kein Problem: Auf seine Mitarbeiter<br />
kann Rolf Kayser auf jeden Fall<br />
zählen – auch deshalb, weil er selbst mit<br />
anpacken wird. Und dass er für seine Mitarbeiter<br />
zur nächsten Imbissbude fährt<br />
und sie mit halben Grillhähnchen versorgt,<br />
ist für ihn Ehrensache.<br />
GIESSEREI 105 <strong>12</strong>/<strong>2018</strong> 75