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DIE WIRTSCHAFT MS I MS-Land - 18.12.2018

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6 BRANCHEN &BETRIEBE<br />

Ente ohne Ende<br />

Thomas Franz restauriert inDülmen alte Citroëns. Ergilt als letzter deutscher Enten-Profi. Jetzt, mit<br />

65 Jahren, denkt er ans Aufhören. Aber er findet keinen Nachfolger –trotz voller Auftragsbücher.<br />

Enten-Enthusiast Thomas Franz: In Dülmen repariert und restauriert der gebürtige Duisburger die schaukeligen Oldtimer, die einst als eine Art französischer „Volkswagen“ entwickelt wurden.<br />

Foto: Gunnar A. Pier<br />

Dasideale<br />

Umfeld.<br />

Unternehmer im ecopark wissen:<br />

Wo Mitarbeiter sich wohlfühlen, da<br />

leistensie gute Arbeit. Investieren<br />

auch Sie in ein gutes Umfeld–für Ihre<br />

Mitarbeiter und fürIhr Unternehmen.<br />

Im ecopark an der HansalinieA1.<br />

ecopark –der Qualitätsstandort.<br />

Wenn die Ente bockt, muss man sie<br />

aufb<br />

ocken. Einen Diagnosestecker<br />

gibt es nicht, der Mechaniker muss<br />

den Wagen auf die Hebebühne fahren<br />

undmit dem Schraubenzieher in<br />

der Hand nach dem Fehler suchen.<br />

Thomas Franz liebt das, erbetreibt<br />

die vielleicht letzte deutsche Fachwerkstatt<br />

für die Ente. Doch der Enten-Enthusiasmus<br />

stirbt aus. Franz<br />

jedenfalls findet partout keinen<br />

Nachfolger für seinen Betrieb in Dülmen.Als<br />

die Ente vor 70 Jahren,<br />

am 7. Oktober 1948, auf<br />

dem Pariser Autosalon vorgestellt<br />

wurde, solltesie vor<br />

Allem a das sein: praktisch<br />

und günstig. Ein französischer Volkswagen.<br />

Heute ist sie Kult. „Sie wird unverschämt<br />

hoch gehandelt“, findet Thomas<br />

Franz.<br />

Als sich der gebürtige Duisburger 1980<br />

das ersteAutokaufte, mussteeseine Ente<br />

sein. „Das waralternativlos.“ Opel Kadett<br />

fuhren nur Prolls, Käfer nur Papas. „Die<br />

Ente war ein Anti-Auto. Die sah anders<br />

aus, fuhr anders, hörte sich anders an.“<br />

Die rosarote 350-Mark-Karre war sein<br />

Symbol für Freiheit und Unangepasstheit.<br />

Zweimal in der Woche blieb Franz<br />

damit liegen. Als sein Papa ihm 1000<br />

Mark für ein neues Auto gab, weil er keine<br />

Lust hatte, seinen Sohnemann ständig<br />

vonder B1zuschleppen, kaufte dersich<br />

wieder eine Ente. Nur etwas jünger halt.<br />

Die Liebe zu den schaukeligen Blechkarossen,<br />

in denen es immer zieht wie<br />

Hechtsuppe, hat er sich über Jahrzehnte<br />

bewahrt.<br />

Franz studierte Latein und Philosophie<br />

auf Lehramt, doch als sich andeutete,<br />

dass er sein Leben in einer Mammutschule<br />

verbringen sollte, machteerdie Flatter<br />

und landetewieder bei der Ente. „Ich habe<br />

alles verkloppt, was ich hatte, sogar<br />

die Stereoanlage.“ Mit dem Startkapital<br />

gründete er einen Ersatzteilhandel in<br />

Münster. Daraus wurde eine Schrauber-<br />

Bude, dann eine kleine Werkstatt. Er fing<br />

wieder an zu büffeln, machteden Karosseriebau-Meister.Jetzt<br />

hat er einenzertifizierten<br />

„Fachbetrieb für historische<br />

Fahrzeuge“. Doch etwas anderes als die<br />

Ente kommt ihm nicht auf die Hebebühne.<br />

Heutekommen Liebhaber aus ganz Europa<br />

zu ihm nach Dülmen.„Eine Enteist total<br />

speziell“, erklärt er,warum nicht jede<br />

Werkstatt helfen kann oder will. „Keiner<br />

versteht, wie die Federung funktioniert.“<br />

Dazu der luftgekühlte Boxer-Motor –sogar<br />

Citroën-Werkstätten schicken Kunden<br />

zu ihm.<br />

„Wir haben keine jungen Kunden“, sagt<br />

Franz. Aus dem Arme-Leute-Auto ist ein<br />

kultiges Sammler-Objekt geworden. Unpraktisch,<br />

aber mit Charme. Gut restauriert<br />

gibt es eine Ente heute ab17000<br />

Euro. Wer noch etwas draufl<br />

egt, bekommt<br />

quasi ein neues Auto.<br />

Das ist bemerkenswert, schließlich wurde<br />

die Produktion 1990 eingestellt. Doch<br />

es gibt Hersteller,die, teils garvon Citroën<br />

unterstützt, nagelneue Teile anbieten<br />

–bis hin zum Fahrgestell. So kann Franz<br />

heute ein komplett neues Auto bauen.<br />

29 PS stark mit undichten Fenstern und<br />

Faltdach statt Klimaanlage.<br />

Doch häufiger sind Restaurationen. Immer<br />

wieder tauchen alte Schätzchen auf:<br />

„Man wundert sich, wie viele Enten noch<br />

in Schuppen rumstehen.“ Franz macht<br />

sie wieder fl<br />

ott.<br />

Wieesweitergeht,ist dennoch ungewiss.<br />

„Der Oldtimer-Markt hat Zukunft“, ist er<br />

überzeugt. Doch jetzt, mit 65 Jahren,<br />

sucht er einen Nachfolger. Bislang vergeblich:<br />

„Wer heute die Meisterprüfung<br />

ablegt, wurde geboren, als die Ente eingestellt<br />

wurde“, erklärt er. „Die haben<br />

keine Affinität mehr dazu.“ Mit seinen<br />

bisherigen Auszubildenden war er, daraus<br />

macht er keinen Hehl, durchweg unzufrieden.<br />

„Da hat noch keiner gesagt:<br />

Chef, ich möchtemir auch so ein Auto fertig<br />

machen.“ Auch die Suche über die<br />

Handwerkskammer oder in der Schrauber-Szene<br />

machte keinen einzigen Interessenten<br />

neugierig: „Die wollen alle die<br />

Verantwortung nicht übernehmen.“ Dabei<br />

seien die Auftragsbücher voll.<br />

Für Franz gibt es also nur eins: „Ich mache<br />

weiter, solange ich laufen kann. Es<br />

macht ja Spaß!“ Gunnar A. Pier

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