Mauro Bergonzoli - Göttinnen
Mauro Bergonzoli - Göttinnen
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Alltagskultur nivelliert hat 42 . Zwar greift die Bezeichnung<br />
„Neo-Pop-Art“ nicht allein, um <strong>Mauro</strong> <strong>Bergonzoli</strong>s Œuvre<br />
zu kategorisieren, zu facettenreich präsentiert es sich,<br />
doch ist die Nähe des Künstlers zu der visuellen Ausdrucksweise<br />
der Pop Art nicht zu verhehlen. Durchgängig<br />
finden sich in seinem Werk entsprechende Verortungen:<br />
Mit Roy Lichtenstein teilt <strong>Mauro</strong> <strong>Bergonzoli</strong> die Beschränkung<br />
auf wenige Grundfarben und schwarz sowie die betonte<br />
Umrißzeichnung 43 , mit James Rizzi die humoreske<br />
Typisierung moderner Urbanität 44 , mit Keith Haring die<br />
schematische Ikonosierung der Comic-Sprache 45 , mit Jeff<br />
Koons die Nobilitierung des künstlerischen Kitsches und<br />
mit Mel Ramos schließlich die Wahl des Sujets: Die Darstellung<br />
von Frauen 46 . Doch auch für die Gestaltung dieses<br />
bevorzugten Motivs in seinem Œuvre gilt, was Francesca<br />
Bianucci einst konstatierte: „<strong>Bergonzoli</strong> doesn‘t want to<br />
own reality, as Pop-Art does, he wants to create his own<br />
and personal reality within it.“ 47<br />
mit Versatzstücken der modernen Alltagskultur, eine neue<br />
Mythologie erschaffend, die Friedrich Schlegels Postulat<br />
trefflich erfüllt und tatsächlich das „künstlichste aller<br />
Kunstwerke“ 48 darstellt. In ihrer ironisierten Typisierung<br />
und überhöhten Idealisierung augenscheinlich als artifiziell<br />
charakterisiert 49 , sind die <strong>Göttinnen</strong> somit als das<br />
wertzuschätzen, was sie darstellen: „Kunstgöttinnen“ 50 ,<br />
die Künstlichkeit verkörpern und zugleich Kunst sind.<br />
Dr. Sonja Lechner M.A.<br />
Kunsthistorikerin<br />
Diese seine persönliche Realität kreiert <strong>Mauro</strong> <strong>Bergonzoli</strong><br />
in seinen <strong>Göttinnen</strong>bildern als Montage aus höchst<br />
durchdachten Neuinterpretationen mythologischer Topoi<br />
42 Vgl. hierzu etwa Livingstone, Marco (Hg.): Pop Art. München 1992,<br />
S. 263 sowie Funcke, Bettina: Pop oder Populus. Kunst zwischen High und<br />
Low. Köln 2007, S. 152ff.<br />
43 Vgl. etwa die Aufsätze des Autors zu Lichtenstein in Spies, Werner:<br />
Von Pop Art bis zur Gegenwart. Berlin 2008.<br />
44 Vgl. Rizzis Darstellungen urbanen Lebens in Rizzi, James und Bührer,<br />
Peter: My New York City. Stuttgart 2012.<br />
45 Vgl. Celant, Germano (Hg): Keith Haring. München 1997, S. 30f.<br />
sowie Gundel, Marc: Keith Haring. Short Messages. Posters. München<br />
2002, S. 7.<br />
46 „‘Und die Antwort lautete stets: nein‘, sagt Mel Ramos zu der sich<br />
selbst wohl täglich gestellten Frage, ob überhaupt irgendein anderes<br />
Sujet ihn so sehr faszinieren könnte wie die Frauen.“ (Letze, Otto: Mel<br />
Ramos. 50 Jahre Pop-Art. Ausstellungskatalog Tübingen 2010, S. 8).<br />
47 Caoscity‘s di <strong>Mauro</strong> <strong>Bergonzoli</strong>. Ausstellungskatalog Buenos Aires<br />
2007, S. 21.<br />
48 Friedrich Schlegel: Rede über die Mythologie, zit nach: Karentzos,<br />
Alexandra: Kunstgöttinnen. Mythische Weiblichkeit zwischen Historismus<br />
und Secession. Marburg 2005, S. 26.<br />
49 Fast scheint es, als folge <strong>Mauro</strong> <strong>Bergonzoli</strong> in seiner idealisierten<br />
Konstruktion weiblicher Körper der Legende des Zeuxis: Dieser hatte<br />
laut Plinius ein Bildnis der schönen Helena aus verschiedenen Modellen<br />
anmutiger Frauen zu einem Idealbild komponiert, da er Perfektion in der<br />
Realität nicht in einem einzelnen Mädchen finden konnte und deshalb aus<br />
der Summe gewählter körperlicher Einzelteile zu erschaffen versuchte.<br />
Damit abstrahierte Zeuxis die Schönheit gewissermaßen auf ihre Idee.<br />
50 Karentzos, Alexandra: Kunstgöttinnen. Mythische Weiblichkeit<br />
zwischen Historismus und Secession. Marburg 2005 , S. 157.