01.02.2019 Aufrufe

Ausgabe 179 / 1. Salon Europa Forum Wachau

Umfassender Bericht zum 1. Salon Europa Forum Wachau mit dem Thema "Technologisierung: Fluch oder Segen für die Demokratie?" am 9. Oktober 2018 in Klosterneuburg

Umfassender Bericht zum 1. Salon Europa Forum Wachau mit dem Thema "Technologisierung: Fluch oder Segen für die Demokratie?" am 9. Oktober 2018 in Klosterneuburg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>179</strong> / 05. 1<strong>1.</strong> 2018<br />

Österreich, <strong>Europa</strong> und die Welt<br />

31<br />

hat – so frei und so offen für alle es ist, jeder<br />

kann mit jedem, es ist super demokratisch –<br />

aber sichtlich auch seine Schattenseiten. Die<br />

Frage ist: Wie beunruhigt sind Sie da, in welche<br />

Richtung das von der Entwicklung her<br />

geht? Stichwort Rußland, Hacker, US-Wahlen.<br />

Wenn man da manchmal Berichte liest, stokkt<br />

einem der Atem nicht, Herr Jergitsch?<br />

Jergitsch: Ich denke, das ist bei allen neuen<br />

Technologien so, daß sie in erster Linie vielleicht<br />

doch bedrohlich wirken können und<br />

da sind natürlich der Staat oder Staatenbünde<br />

wie die EU gefragt, einfach hier auch<br />

Gren zen aufzuzeigen, wenn es sein muß. Es<br />

gibt seit Mai zum Beispiel die Datenschutzverordnung,<br />

und das ist meiner Meinung<br />

nach ein ganz wichtiges Signal dafür, daß<br />

einmal eine politische Macht auf den Tisch<br />

haut und sagt: „He, das ist kein rechtsfreier<br />

Raum, Daten sind kein rechtsfreier Raum,<br />

auch hier gibt es Gesetze, die exekutiert werden.“<br />

Da muß sich jeder daran halten und ich<br />

glaube, so werden wir mit allen Bedrohungen<br />

umgehen müssen, die sich irgendwie<br />

durch diese neuen Technologien auftun.<br />

Prendergast: Also sukzessive gesetzlich<br />

nachjustieren?<br />

Lampoltshammer: Ja, gesetzlich ist eine Mög -<br />

lichkeit, es geht natürlich auch darum, daß<br />

unsere Streitkräfte digitalisiert werden, jede<br />

Armee – auch unser Bundesheer – hat schon<br />

längst eine Onlinestreitmacht wenn man so<br />

will. Nordkorea ist ja bekannt dafür, daß es<br />

eine sehr schlagkräftige Hackertruppe hat,<br />

Rußland hat das auch. Jede Ebene von politischer<br />

Macht wird sicher auch im digitalen<br />

Bereich eine Ausformung finden.<br />

Prendergast: Herr Lampoltshammer, läßt sich<br />

das Internet kontrollieren? Geht das überhaupt?<br />

Fotos: Büro LR Eichtinger / Josef Bollwein<br />

Fritz Jergitsch<br />

Krzysztof Pietrzak<br />

Thomas Lampoltshammer<br />

Lampoltshammer: Prinzipiell regulieren kann<br />

ich alles, die Frage ist, inwiefern es dann am<br />

Schluß umgesetzt wird. Ich glaube, was man<br />

nicht vergessen darf, ist, daß sich viele, auch<br />

wenn es die Möglichkeit gibt oder verboten<br />

ist, selbständig in diese Abhängigkeit hineinbegeben.<br />

Der Kollege hat das Beispiel mit<br />

China vorhin erwähnt. Es ist richtig, es gibt<br />

Repressalien, die Leute haben Angst. Auf<br />

der anderen Seite bietet das System auch<br />

Vorteile. Ich kann leichter reisen, das be -<br />

ginnt beim Fast Lane beim Einchecken am<br />

Flughafen bis hin zu „ich darf in die EU einreisen,<br />

was ich sonst nicht dürfte“. Wir re den<br />

eigentlich von einer gewissen Art der Selbstaufgabe<br />

und sozusagen einem Versinken in<br />

diesem System. Und das basiert auf mehr<br />

oder weniger freiwilliger Basis. Das darf<br />

man nicht vergessen und das würde auch<br />

Regulation nicht notwendigerweise aushebeln.<br />

Prendergast: Sie appellieren ein bißchen an<br />

die Verantwortung jedes Einzelnen. Wie alles<br />

wird auch natürlich mit dem Internet Schindluder<br />

getrieben.<br />

Lampoltshammer: Ja, selbstverständlich, den -<br />

ken hilft prinzipiell immer, und um gut denken<br />

zu können, ist unter anderem auch Bildung<br />

notwendig – aber nicht nur Bildung allgemein,<br />

sondern auch im Umgang mit diesen<br />

Medien, generell in diesem ganzen neu -<br />

en virtuellen Raum, der immer mehr mit un -<br />

serer tatsächlichen Realität verschmilzt.<br />

Prendergast: Denken darf man immer, wir<br />

wollen jetzt wissen, was sie über diese Frage<br />

denken: Inwiefern stellen die voranschreitenden<br />

Technologien und die Digitalisierung<br />

eine Gefahr für die demokratischen Grundprinzipien<br />

dar? (siehe Chart)<br />

Während der wenigen Minuten, in denen Sie<br />

abgestimmt haben, sind weltweit zig-Millionen<br />

Tweets versendet, Millionen Likes auf<br />

Facebook angeklickt worden. Es sind in je -<br />

der Sekunde weltweit ungefähr 6000 Tweets<br />

und 24.000 Facebook-Likes. Nun se hen wir<br />

an diesen Zahlen, daß diese sozialen Medien<br />

ein irrsinnig großes Thema sind, das auch<br />

Menschen im Alltag begleitet, vor al lem<br />

aber Jugendliche. Da stellt sich natürlich die<br />

Frage, wie sich unser Leben durch Twitter<br />

und Co. verändert. Ist es eine Bereicherung<br />

oder ist es auch eine Last?<br />

Jergitsch: Wahrscheinlich beides. Wir verbringen<br />

wirklich schon sehr viel Zeit auf<br />

mobilen Geräten und sehr viel in unserem<br />

Privatleben spielt sich im Internet ab. Wir<br />

verwenden WhatsApp mit unseren Partnern,<br />

mit unseren engsten Freunden, besprechen die<br />

intimsten Sachen, wir laden unsere Urlaubsfotos<br />

auf Facebook und Instagram hoch. Al -<br />

so sehr viel von unserem Leben spielt sich<br />

schon virtuell ab.<br />

Das kann man nun gut oder schlecht finden<br />

– aber es ist die Realität, es ist einfach Teil<br />

des Zeitgeists, daß sich sehr viel von unserem<br />

Leben heute in der virtuellen Welt<br />

abspielt.<br />

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!