Ausgabe 179 / 1. Salon Europa Forum Wachau
Umfassender Bericht zum 1. Salon Europa Forum Wachau mit dem Thema "Technologisierung: Fluch oder Segen für die Demokratie?" am 9. Oktober 2018 in Klosterneuburg
Umfassender Bericht zum 1. Salon Europa Forum Wachau mit dem Thema "Technologisierung: Fluch oder Segen für die Demokratie?" am 9. Oktober 2018 in Klosterneuburg
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>179</strong> / 05. 1<strong>1.</strong> 2018<br />
Österreich, <strong>Europa</strong> und die Welt<br />
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hat – so frei und so offen für alle es ist, jeder<br />
kann mit jedem, es ist super demokratisch –<br />
aber sichtlich auch seine Schattenseiten. Die<br />
Frage ist: Wie beunruhigt sind Sie da, in welche<br />
Richtung das von der Entwicklung her<br />
geht? Stichwort Rußland, Hacker, US-Wahlen.<br />
Wenn man da manchmal Berichte liest, stokkt<br />
einem der Atem nicht, Herr Jergitsch?<br />
Jergitsch: Ich denke, das ist bei allen neuen<br />
Technologien so, daß sie in erster Linie vielleicht<br />
doch bedrohlich wirken können und<br />
da sind natürlich der Staat oder Staatenbünde<br />
wie die EU gefragt, einfach hier auch<br />
Gren zen aufzuzeigen, wenn es sein muß. Es<br />
gibt seit Mai zum Beispiel die Datenschutzverordnung,<br />
und das ist meiner Meinung<br />
nach ein ganz wichtiges Signal dafür, daß<br />
einmal eine politische Macht auf den Tisch<br />
haut und sagt: „He, das ist kein rechtsfreier<br />
Raum, Daten sind kein rechtsfreier Raum,<br />
auch hier gibt es Gesetze, die exekutiert werden.“<br />
Da muß sich jeder daran halten und ich<br />
glaube, so werden wir mit allen Bedrohungen<br />
umgehen müssen, die sich irgendwie<br />
durch diese neuen Technologien auftun.<br />
Prendergast: Also sukzessive gesetzlich<br />
nachjustieren?<br />
Lampoltshammer: Ja, gesetzlich ist eine Mög -<br />
lichkeit, es geht natürlich auch darum, daß<br />
unsere Streitkräfte digitalisiert werden, jede<br />
Armee – auch unser Bundesheer – hat schon<br />
längst eine Onlinestreitmacht wenn man so<br />
will. Nordkorea ist ja bekannt dafür, daß es<br />
eine sehr schlagkräftige Hackertruppe hat,<br />
Rußland hat das auch. Jede Ebene von politischer<br />
Macht wird sicher auch im digitalen<br />
Bereich eine Ausformung finden.<br />
Prendergast: Herr Lampoltshammer, läßt sich<br />
das Internet kontrollieren? Geht das überhaupt?<br />
Fotos: Büro LR Eichtinger / Josef Bollwein<br />
Fritz Jergitsch<br />
Krzysztof Pietrzak<br />
Thomas Lampoltshammer<br />
Lampoltshammer: Prinzipiell regulieren kann<br />
ich alles, die Frage ist, inwiefern es dann am<br />
Schluß umgesetzt wird. Ich glaube, was man<br />
nicht vergessen darf, ist, daß sich viele, auch<br />
wenn es die Möglichkeit gibt oder verboten<br />
ist, selbständig in diese Abhängigkeit hineinbegeben.<br />
Der Kollege hat das Beispiel mit<br />
China vorhin erwähnt. Es ist richtig, es gibt<br />
Repressalien, die Leute haben Angst. Auf<br />
der anderen Seite bietet das System auch<br />
Vorteile. Ich kann leichter reisen, das be -<br />
ginnt beim Fast Lane beim Einchecken am<br />
Flughafen bis hin zu „ich darf in die EU einreisen,<br />
was ich sonst nicht dürfte“. Wir re den<br />
eigentlich von einer gewissen Art der Selbstaufgabe<br />
und sozusagen einem Versinken in<br />
diesem System. Und das basiert auf mehr<br />
oder weniger freiwilliger Basis. Das darf<br />
man nicht vergessen und das würde auch<br />
Regulation nicht notwendigerweise aushebeln.<br />
Prendergast: Sie appellieren ein bißchen an<br />
die Verantwortung jedes Einzelnen. Wie alles<br />
wird auch natürlich mit dem Internet Schindluder<br />
getrieben.<br />
Lampoltshammer: Ja, selbstverständlich, den -<br />
ken hilft prinzipiell immer, und um gut denken<br />
zu können, ist unter anderem auch Bildung<br />
notwendig – aber nicht nur Bildung allgemein,<br />
sondern auch im Umgang mit diesen<br />
Medien, generell in diesem ganzen neu -<br />
en virtuellen Raum, der immer mehr mit un -<br />
serer tatsächlichen Realität verschmilzt.<br />
Prendergast: Denken darf man immer, wir<br />
wollen jetzt wissen, was sie über diese Frage<br />
denken: Inwiefern stellen die voranschreitenden<br />
Technologien und die Digitalisierung<br />
eine Gefahr für die demokratischen Grundprinzipien<br />
dar? (siehe Chart)<br />
Während der wenigen Minuten, in denen Sie<br />
abgestimmt haben, sind weltweit zig-Millionen<br />
Tweets versendet, Millionen Likes auf<br />
Facebook angeklickt worden. Es sind in je -<br />
der Sekunde weltweit ungefähr 6000 Tweets<br />
und 24.000 Facebook-Likes. Nun se hen wir<br />
an diesen Zahlen, daß diese sozialen Medien<br />
ein irrsinnig großes Thema sind, das auch<br />
Menschen im Alltag begleitet, vor al lem<br />
aber Jugendliche. Da stellt sich natürlich die<br />
Frage, wie sich unser Leben durch Twitter<br />
und Co. verändert. Ist es eine Bereicherung<br />
oder ist es auch eine Last?<br />
Jergitsch: Wahrscheinlich beides. Wir verbringen<br />
wirklich schon sehr viel Zeit auf<br />
mobilen Geräten und sehr viel in unserem<br />
Privatleben spielt sich im Internet ab. Wir<br />
verwenden WhatsApp mit unseren Partnern,<br />
mit unseren engsten Freunden, besprechen die<br />
intimsten Sachen, wir laden unsere Urlaubsfotos<br />
auf Facebook und Instagram hoch. Al -<br />
so sehr viel von unserem Leben spielt sich<br />
schon virtuell ab.<br />
Das kann man nun gut oder schlecht finden<br />
– aber es ist die Realität, es ist einfach Teil<br />
des Zeitgeists, daß sich sehr viel von unserem<br />
Leben heute in der virtuellen Welt<br />
abspielt.<br />
»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at