loredana

Video ein Highlight für Kulturpessimisten.
Man sieht die beiden mit all den klischierten
Insignien, mit denen Albaner sich gerne
schmücken: Knarren, Kohle und ’ner coolen
Karre. Es fehlte nur noch der geile Köter, aber
der Pitbull kam dann im nächsten Video. Der
Text war irgendwie «Du bist Bonnie, ich bin
Clyde, Million-Dollar-Smile, ich bin eine Diva,
kann auch anders sein, mach mir nicht auf
Dealer, wir fahr’n durch die City im Mercedes-
Benz, Sonnenbrille auf, weil mich jetzt jeder
kennt . . .» Und so weiter. Mozzik sang in seiner
Muttersprache. 37 Millionen Streams.
Letzten Herbst gab Loredana einem albanischen
Sender ein Interview. Sie sass da im Trainingsanzug,
rote Lippen, schwarzes Oberteil,
weisse Hose, Turnschuhe, die Beine so weit gespreizt
wie ein Albaner, der Probleme hat mit
seiner Männlichkeit, aber das lag vermutlich
daran, dass sie ihre Schwangerschaft verstecken
wollte. Sie lächelte ein wenig, schmollte
ein wenig und gab sich grosszügig bescheiden,
und ihre üppigen Lippen wurden erst etwas
verkniffen kleiner, als der Moderator Kommentare
von einer albanischen Community
einspielte, die waren wie Messerstiche. Sie sei,
meinten die Hardcore-Albaner, keine richtige
Frau, so im Trainingsanzug, sie sehe ja aus wie
ein Junge, und ihr Albanisch sei wirklich
schlecht. Loredana sah ganz kurz aus, als ob sie
jemanden erschiessen möchte, lächelte dann,
so kalt es ging, und antwortete, es sei ihr egal,
wenn sie wie ein Junge aussehen würde, weil
ihre Familie und ihr Mann, und das sei das
Wichtigste, wüssten ja, dass sie eine Frau sei.
Es gab natürlich auch Albaner, die ihr zu
Füssen lagen, sie vergötterten und in ihr die
Königin sahen, die ihr Land retten würde, dieses
Land des Doppeladlers, das stets schwingt
«Million dollar$mile»: mit Gatte Mozzik.
Weltwoche Nr. 06.19
Bilder: (2) Instagram
Kommentare wie Messerstiche: mit Tochter Hana.
zwischen unterdrückten Minderwertigkeitskomplexen
und gelebtem Grössenwahn und
für alle Kosovaren, die anderswo geboren wurden
oder das Land als Kinder verlassen mussten,
viel grösser zu sein scheint, als es tatsächlich
ist. Und weil Albaner im Ausland keinen
leichten Stand haben, weil man sie stets an
Sie sei, meinten die Hardcore-Albaner,
keine richtige Frau, so im Trainingsanzug,
sie sehe ja aus wie ein Junge.
jenen ewig Unterschichtigen misst, die zu
fünft in einem schwarzen Mercedes durch die
Gegend fahren, flache Hinterköpfe haben und
Sätze sagen, die so simpel sind wie eine Glatze.
Die denken, sie seien die Coolsten der Welt, die
Mädchen würden nur auf sie warten und dass
ein Messer mehr sagt als tausend Worte.
Es ist nicht ganz klar, wo Loredana und Mozzik
wohnen, in der Schweiz oder im Kosovo.
Ihre Tochter, die am 18. Dezember auf die Welt
kam, sei, so postete Loredena, oft bei Verwandten
im Kosovo, das sollen sieben Brüder und
zwei Schwestern sein, weil sie und ihr Mann
grad so viel um die Ohren hätten. Was stimmt.
Die beiden bringen gerade in jenem Tempo
Songs auf den Markt, in dem Hühner Eier
legen. Loredana rappte Ende Jahr «Milliondollar$mile»
auf dem Luzerner Weihnachtsmarkt:
«Ich hab’ ’n Million-Million-Dollar-
Smile. Das Geld, die Roli, alles meins. Die
Geschäfte laufen von allein . . .» Es bleibt unklar,
ob das ganze Rumgerappe und das Tamtam
um eine Rolex einfach nur jene Traurigkeit
eines Menschen ist, der merkt, dass eine Rolex
nicht glücklich macht und dass diese Botschaft
ein Weckruf für die Bescheuerten ihrer Lands-
leute sein soll, mal aufzuhören mit diesem
Auto-Kohle-Knarre-Köter-Kack-Ding.
Der vorläufige Höhepunkt im Höhenflug
von Loredana und Mozzik war der 1. Februar,
also vor ein paar Tagen, als sie mit dem Song
«Romeo & Juliet» einen Rekord brachen; fünf
Millionen Streams aus dem Nichts sozusagen:
«Ey, Juliet, Juliet, ich bin Romeo. Du bist
Gangster, doch süss, wie ein Oreo. Ey, Juliet,
Juliet, unë jam Romeo . . . Alles, was ich will, ist
nur mit dir sein. Was die andern machen,
interessiert kein’n. Alle abgefuckt, aber wir
schein’n. Kann das nicht erklär’n hier in vier
Zeil’n (haha). Immer unterwegs, folg’ dir bis
nach Hongkong. Lass mich nicht allein, bitte
Baby, komm schon. Fendi oder Louis kaufst du
mir in London . . .» Und so weiter.
«Ich bin Barbie, du bist Ken»
Das ist noch nicht das Ende der Geschichte von
Loredana und Mozzik, von Bonnie und Clyde
und Romeo und Julia. Wahrscheinlich kommen
noch Adam und Eva und Ken und Barbie.
Und Ken und Barbie dürften dann so klingen:
«Ich bin Barbie, du bist Ken. Wir haben keinen
Bock, uns zu schäm’. Die Welt ist unser
Puppen haus, wir leben geil in Saus und Braus.
Ich bin Ken, du bist Barbie. Zusammen sind
wir auf Safari in dieser Welt, die wir kaufen mit
unserem Geld.»
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