Böker Outdoor und Collection | Frühjahr / Sommer 2019
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KLINGENFORMEN - ARTEN, URSPRÜNGE<br />
UND ANWENDUNGEN<br />
Sowohl die älteste als auch die jüngste Geschichte<br />
des Messerbaus hat ungezählte Klingenformen<br />
hervorgebracht, von denen wir Ihnen hier die<br />
gängigsten vorstellen <strong>und</strong> erläutern möchten.<br />
Die Klingenformen wurden durch die jeweiligen<br />
Erfordernisse ebenso geprägt wie durch<br />
die traditionellen ästhetischen Vorstellungen<br />
ihrer Herkunftsregionen. Die zeitgenössischen<br />
Custom-Messermacher bereichern diese vielfältige<br />
Familie fortlaufend; hier kann also nur ein Überblick<br />
über die häufigsten Bauarten gegeben werden.<br />
Nicht alle Formen sind prinzipiell universell<br />
einsetzbar, aber dann jedoch oft für spezialisierte<br />
Schneidaufgaben besonders geeignet. Es existiert<br />
inzwischen eine Vielzahl an Klingenformen,<br />
die sich einer eindeutigen Zuordnung nach<br />
klassischem Schema entziehen. Die nachstehende<br />
Auflistung der Klingenformen erhebt daher keinen<br />
Anspruch auf Vollständigkeit.<br />
RÜCKENSPITZE KLINGE<br />
Die rückenspitze Klinge wird manchmal auch als „Normalform“ bezeichnet,<br />
weshalb sie hier die Aufzählung anführt. Charakteristisch ist der<br />
gerade Rücken <strong>und</strong> ein weitgehend paralleler Schneidenverlauf zu diesem.<br />
Die Schneide läuft zur Spitze hin in einem meist weiten Radius auf den<br />
Klingenrücken zu. Die rückenspitze Klinge stammt aus der skandinavischen<br />
Tradition <strong>und</strong> findet sich häufig bei feststehenden Messern dieses Typs. In<br />
der rauen wettergeprägten Landschaft waren die Messer seit jeher Universalwerkzeuge<br />
zur Jagd, Fischerei, Holz- <strong>und</strong> Lederbearbeitung. Der parallele<br />
Teil der Schneide zieht sich beim Schnitzen gut in das Schnitzgut. Mit der<br />
feinen Spitze lassen sich gut enge Kurven in gegerbtem Leder schneiden.<br />
MITTELSPITZE KLINGE<br />
Die mittelspitze Klinge findet sich seit Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts vor allem<br />
bei unverriegelten Taschenmessern. Schneide <strong>und</strong> Rücken verlaufen weitgehend<br />
parallel <strong>und</strong> treffen sich an der Spitze manchmal genau, manchmal<br />
mehr oder weniger in der Mitte der Klingenbreite. Die mittelspitze Klinge<br />
lässt sich bei Alltagsaufgaben wie etwa dem Herausschneiden eines Apfelkerngehäuses<br />
leicht kontrollieren. Durch ihre Robustheit findet sie auch<br />
Anwendung bei feststehenden Fahrtenmessern älteren Typs.<br />
DROPPOINT-KLINGE<br />
Bei der Droppoint-Klinge bildet sich die Form aus zwei weiten Bögen der<br />
Schneide <strong>und</strong> des Rückens. Die Schneide ist hierbei stärker gekrümmt,<br />
sodass die Spitze oberhalb der Klingenbreite liegt. Der Rücken fällt gewissermaßen<br />
ab, woher sich auch die Bezeichnung „Drop Point“ ableitet. Die<br />
Droppoint-Klinge ist meist breit <strong>und</strong> robust <strong>und</strong> vor allem bei modernen<br />
Jagdmessern beliebt, da sich mit ihr gut Aufbrechen <strong>und</strong> aus der Decke<br />
schlagen lässt. Die weniger ausgeprägte Klingenspitze verringert das<br />
Risiko, Eingeweide oder die Decke hierbei zu beschädigen.<br />
SPEARPOINT-KLINGE<br />
Die Spearpoint-Klinge kann durchaus recht unterschiedliche Silhouetten<br />
aufweisen, also z.B. die Form einer mittelspitzen Klinge oder einer<br />
Droppoint-Klinge haben. Der Klingenrücken ist jedoch zur Spitze hin mit<br />
einem zusätzlichen, in der Länge variierenden Anschliff versehen, der oft<br />
als „falsche Schneide“ (False Edge) bezeichnet wird <strong>und</strong> im traditionellen<br />
Solinger Sprachgebrauch Schor genannt wird. Das Hauptkennzeichen für<br />
die Spearpoint-Klinge ist also weniger die Silhouette als vielmehr die Art<br />
des Anschliffes.<br />
HECHTKLINGE<br />
Die Hechtklinge ist ein verbreiteter europäischer Klassiker vermutlich<br />
angelsächsischen Ursprungs. Bei feststehenden Messern ist vor allem<br />
die Bezeichnung Bowie-Klinge gebräuchlich. Alteingesessene Solinger<br />
Hersteller sprechen gerade bei Taschenmessern auch vom Säbelskniep oder<br />
von der Hechtklinge. Die Klinge hat im Rücken im Bereich der Spitze einen<br />
nach innen gebogenen Verlauf, oft zusätzlich auch als falsche Schneide<br />
ausgeführt. Hechtklingen werden universal im <strong>Outdoor</strong>-Bereich eingesetzt<br />
<strong>und</strong> kennzeichnen auch viele Survivalmesser oder klassische Bajonette.<br />
Eine kurz abgesetzte Hecht- oder Bowie-Klinge wird als Clippoint-Klinge<br />
bezeichnet.<br />
WHARNCLIFFE-KLINGE<br />
Die klassische Wharncliffe-Klinge hat eine komplett gerade verlaufende<br />
Schneide bis hin zur Spitze. Der Rücken ist meist schräg <strong>und</strong> abrupt zur<br />
Spitze hin abgeschnitten. Die Wharncliffe-Klinge eignet sich ausgezeichnet<br />
für freihändiges Arbeiten (also ohne Schneidunterlage), <strong>und</strong> für Schnitte<br />
in Materialien mit r<strong>und</strong>em Querschnitt wie Taue, Zweige, Kabel oder<br />
Schafsklauen. Sie stammt folgerichtig aus ländlicher Tradition <strong>und</strong> ist heute<br />
vor allem bei Gärtner-, Floristen-, Okulier-, Elektriker -<strong>und</strong> Klauen- sowie<br />
Seglermessern anzutreffen.<br />
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