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Kino | Film<br />

Samstag, <strong>23</strong>. Februar <strong>2019</strong><br />

Porträt eines<br />

Serienmörders<br />

„Der Goldene Handschuh“: Mischung aus Spelunke,<br />

Siff und fragwürdigen Szenen<br />

Foto: Filmstarts/Warner Bros. GmbH<br />

„Der Goldene Handschuh“<br />

Drama/Thriller<br />

Fazit: <br />

Fatih Akin porträtiert den Hamburger<br />

Frauenmörder Fritz Honka. Seine<br />

Opfer trifft er in der Kiezkneipe<br />

„Der Goldene Handschuh“ auf<br />

St. Pauli.<br />

Denn in einer unfassbar<br />

ranzigen<br />

und abstoßenden<br />

Wohnung liegt<br />

eine Leiche auf<br />

dem Bett. Der Täter ächzt und<br />

stöhnt und trinkt sich noch etwas<br />

Mut an, dann sägt er dem<br />

Frauenkörper den Kopf ab. Dazu<br />

hat er sich eine Schallplatte<br />

aufgelegt: Adamos „Es geht<br />

eine Träne auf Reisen“. Es ist<br />

der Auftakt für Akins Serienmörder-Porträt,<br />

das auf Heinz<br />

Strunks erfolgreichem Tatsachenroman<br />

basiert – Fritz<br />

Honka brachte in der 70er Jahren<br />

in Hamburg vier Frauen<br />

um.<br />

Der erst <strong>23</strong>-jährige Jonas<br />

Dassler verleiht Honka eine<br />

beeindruckende Präsenz. Er<br />

humpelt und nuschelt, er<br />

läuft mit eingezogenen Schultern<br />

und schlägt dann völlig<br />

unerwartet brutal zu. Dieser<br />

Quasimodo ist ein einsamer,<br />

aggressiver und alkoholkranker<br />

Mann, der Schnaps trinkt<br />

wie andere Wasser. Seine Opfer<br />

trifft er in der Kiezkneipe<br />

„Der Goldene Handschuh“ auf<br />

„Der Goldene Handschuh“<br />

ist Fatih Akins<br />

erster Horrorfilm. Und<br />

der hat es in sich. Schon<br />

bei der ersten Szene<br />

muss man schlucken<br />

und tief durchatmen.<br />

St. Pauli. Honkas Wohnung ist<br />

so dreckig, so widerwärtig,<br />

dass man den Geruch verwesender<br />

Leichen, die er in<br />

einem Verschlag seiner Dachgeschosswohnung<br />

bunkert,<br />

fast im Kinosaal zu riechen<br />

glaubt. Da helfen auch die<br />

Duftbäume nichts, die er dutzendfach<br />

gegen den stechenden<br />

Gestank aufhängt und die<br />

irgendwann überall im Bild zu<br />

baumeln scheinen. Dabei ist<br />

es für das Publikum aber nicht<br />

nur eine heftige Herausforderung<br />

– dank der pointierten<br />

Dialoge, dank markiger Sprüche<br />

und grotesk überzeichneter<br />

Situationen wird manch<br />

ein Zuschauer bei dieser Milieustudie<br />

sicherlich immer<br />

wieder laut auflachen.<br />

Trotzdem hat „Der Goldene<br />

Handschuh“ auch Schwächen.<br />

Gerade in der zweiten<br />

Hälfte bewegt er sich erzählerisch<br />

wenig voran und stellt<br />

die Kaputtheit und das Hässliche<br />

zu sehr heraus. Außerdem<br />

verzichtet Akin – bis auf eine<br />

kleine Nebenfigur – fast ganz<br />

auf die Darstellung der wohlhabenden<br />

Familie, die in der<br />

Buchvorlage eine größere Rolle<br />

spielte und mit deren Hilfe<br />

ein komplexeres Abbild der<br />

Nachkriegsgesellschaft gezeichnet<br />

wurde. Dennoch lassen<br />

einen der Horror, der Ekel<br />

und die Körperlichkeit des<br />

Films nicht los. Immerhin<br />

wird „Der Goldene Handschuh“<br />

so zu einem Kinoerlebnis,<br />

das man so schnell nicht<br />

wieder vergisst. (dpa)<br />

So hat man Melissa McCarthy wohl noch nicht erlebt: Mit stumpfbrauner<br />

Topffrisur und in altmodischen Tweedsakkos legt sie das<br />

Ulknudel-Image ab. Foto: Filmstarts/Twentieth Century Fox<br />

Skurriles<br />

Drama<br />

McCarthy mal ernst in „Can<br />

you ever forgive me?“<br />

Melissa McCarthy ist<br />

für ihre schrillen<br />

Auftritte in derben<br />

Komödien bekannt. Mit<br />

stumpf-brauner Topffrisur, in<br />

altmodischen Tweedsakkos<br />

und unförmigen Strickjacken<br />

legt sie das Ulknudel-Image in<br />

„Can you ever forgive me?“<br />

gänzlich ab.<br />

Die Komikerin verwandelt<br />

sich in eine ruppige, gestrandete<br />

Außenseiterin, die sich in<br />

ihrer schmuddeligen New<br />

Yorker Wohnung lieber mit<br />

Katzen, Büchern und Schreibmaschinen<br />

als mit Menschen<br />

umgibt. McCarthy porträtiert<br />

die US-amerikanische Autorin<br />

Lee Israel (1939 - 2014), die nach<br />

einer kurzen Bestseller-Karriere<br />

von Biografien in eine<br />

schwere Krise gerät. Die Aufträge<br />

bleiben aus, sie ist pleite,<br />

schwermütig, trinkt zu viel<br />

und eckt bei ihren Agenten<br />

und Kollegen mit rüpelhaftem<br />

Benehmen an.<br />

In ihrer Geldnot entdeckt sie<br />

ein besonderes Talent. Mit<br />

Fälschungen von Briefen berühmter<br />

Autoren und Schauspieler,<br />

darunter Ernest Hemingway,<br />

Dorothy Parker und<br />

Noël Coward, hält sich die Autorin<br />

in den 1990er Jahren<br />

über Wasser.<br />

Mit ihrer Gratwanderung in<br />

dieser einfühlsamen Tragikomödie<br />

schafft es McCarthy,<br />

die Zuschauer auf ihre Seite zu<br />

ziehen. Dieser gescheiterten<br />

Einzelgängerin mit ihren vielen<br />

Macken nimmt man zugleich<br />

die brillante, beherzte<br />

Schreiberin ab, die sich von<br />

Rückschlägen nicht unterkriegen<br />

lässt. (dpa)<br />

„Can you ever forgive me?“<br />

Drama, Biografie<br />

Fazit: <br />

Komikerin Melissa McCarthy<br />

schlüpft in die Rolle einer US-Autorin,<br />

die als Betrügerin auffliegt.<br />

Denn mit Fälschungen von Briefen<br />

berühmter Autoren und Schauspieler<br />

hält sie sich im New York der<br />

90er Jahre über Wasser.<br />

Bale in<br />

bissiger<br />

Politsatire<br />

Scharfzüngige, unterhaltsame<br />

Abrechnung mit US-Politiker<br />

Christian Bale hat sich<br />

abermals unkenntlich<br />

gemacht. Der 45-jährige<br />

Brite verwandelt sich mit vielen<br />

Extra-Pfunden, schütterem<br />

Haar und genialer Maske<br />

in den ehemaligen US-Vizepräsidenten<br />

Dick Cheney –<br />

und ist in „Vice – Der zweite<br />

Mann“ nicht wiederzuerkennen.<br />

Für seine Hauptrolle in der<br />

bissigen Politsatire von Regisseur<br />

Adam McKay unterzog<br />

sich Bale bei den Dreharbeiten<br />

täglich einer mehrstündigen<br />

Prozedur von Make-up und Silikon-Prothesen,<br />

er legte 40<br />

Kilo zu und perfektionierte die<br />

grimmig-ernste Mimik des<br />

erzkonservativen Politikers.<br />

In dem Biopic schaut McKay<br />

auf 50 Jahre aus Cheneys Leben,<br />

angefangen von den frühen<br />

1960er Jahren im ländlichen<br />

US-Staat Wyoming, wo<br />

der zukünftige US-Vizepräsident<br />

Politikwissenschaften<br />

studierte. Aus seiner tiefen Abneigung<br />

für Cheney macht der<br />

Regisseur keinen Hehl. Es geht<br />

gleich mit Saufgelagen, dem<br />

Rausschmiss aus der Yale-<br />

Universität und einer Festnahme<br />

wegen Trunkenheit<br />

am Steuer los. Der junge Cheney<br />

muss seiner Freundin und<br />

späteren Ehefrau Lynne (Amy<br />

Adams) versprechen, dass er<br />

sich bessert, sonst haue sie ab.<br />

„Vice – Der zweite Mann“ ist<br />

kein biografisch ausgeglichenes<br />

Porträt, sondern eine<br />

scharfzüngige, unterhaltsame<br />

Abrechnung mit dem extrem<br />

umstrittenen Politiker,<br />

der wie kein anderer Vize die<br />

Macht im Weißen Haus ergriff.<br />

Wie McKay steht auch<br />

Bale mit Cheney auf Kriegsfuß.<br />

Als der Brite im Januar für<br />

seine geniale Darstellung des<br />

Politikers mit dem Golden Globe<br />

zum besten Komödien-Darsteller<br />

gekürt wurde, holte er<br />

prompt gegen Cheney aus.<br />

„Ich danke Satan für seine<br />

Eingebung, wie ich diese Rolle<br />

spielen kann“, sagte er in seiner<br />

Dankesrede. „Vice – Der<br />

zweite Mann“ ist eine amüsante,<br />

satirische Mischung<br />

aus Politgeschichte und Familiendrama,<br />

die konservativen<br />

Republikanern garantiert<br />

nicht gefallen dürfte. (dpa)<br />

Christian Bale hat für seine Rolle<br />

wieder einiges gegeben: Mit<br />

40 Kilo mehr spielt er US-Politiker<br />

Dick Cheney. Foto: Filmstarts/<br />

Universum Film<br />

„Vice – Der zweite Mann“<br />

Biografie/Drama<br />

Fazit: <br />

Regisseur Adam McKay schafft das<br />

Kunststück: Er dreht einen amüsanten<br />

Film über den Hardliner-<br />

Politiker Dick Cheney. Christian Bale<br />

verwandelt sich mit Extra-Pfunden<br />

in den früheren US-Vizepräsidenten.<br />

Und sonst<br />

noch?<br />

„Die Winzlinge –<br />

Abenteuer in der<br />

Karibik“<br />

ANIMATION/FAMILIE. Aus Versehen<br />

in eine Pappschachtel gelangt,<br />

geht es für den kleinen Marienkäfer<br />

auf Abenteuerfahrt: in<br />

die Karibik. Sein Vater reist ihm<br />

voller Sorge nach. Doch dort angekommen,<br />

steht schon eine neue<br />

Herausforderung bevor: Ein Bauprojekt,<br />

das den Lebensraum vieler<br />

Tierchen zu zerstören droht.<br />

FAZIT: <br />

„Der verlorene<br />

Sohn“<br />

DRAMA. Nachdem Jared (Lucas<br />

Hedges) als schwul geoutet wird,<br />

soll der Baptistensohn an einer<br />

Therapie teilnehmen, um ihn von<br />

der Homosexualität zu „heilen“.<br />

Zwölf Tage lang soll die entwürdigende,<br />

unmenschliche und absurde<br />

Umerziehung dauern.<br />

FAZIT: <br />

„Mein Bester & Ich“<br />

KOMÖDIE/DRAMA. Der New Yorker<br />

Großunternehmer Philip Lacasse<br />

(Bryan Cranston) sitzt nach<br />

einem Paragliding-Unfall im Rollstuhl<br />

und ist auf einen Pfleger angewiesen.<br />

Seine Wahl fällt auf<br />

den eher zufällig reingeschneiten<br />

Kleinkriminellen Dell Scott (Kevin<br />

Hart), der dem Alltag von Philip<br />

frischen Wind verpasst.<br />

FAZIT:

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