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Der Erzählverlag Verlagsprogramm Frühling/Sommer 2019

Unser Verlagsprogramm mit allen lieferbaren Titeln und einer Vorschau ausgewählter Titel der kommenden Zeit. Viel Freude beim Schmökern!

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MEHR GRIMM ERZÄHLEN!<br />

VON PETER AMSLER<br />

Dass verschiedene Zeugen eines Unglücks das<br />

Geschehen gegenüber der Polizei jeweils anders<br />

darstellen, ohne freilich den Umstand selbst in Frage<br />

zu stellen, ist leicht verständlich. Zu unterschiedlich<br />

sind die Perspektiven auf ein und dasselbe<br />

Geschehen. Dass diese Binse auch für<br />

Märchenerzählungen gelten soll, ist jedoch immer<br />

mal wieder Gegenstand interessanter Diskussionen:<br />

Darf man die Märchen der Brüder Grimm frischer<br />

erzählen? Ein wenig anders, als es die Texte der<br />

Buchmärchen aus dem 19. Jahrhundert vorgeben?<br />

Oder verlieren sie dann an Sprachzauber und Sinn?<br />

Ich meine, man darf.<br />

Die Erzählforschung - ich beziehe mich hier auf<br />

Richard Wossidlo und Siegfried Neumann - hat nach<br />

breiter Sichtung persönlicher Volkserzählungen<br />

gezeigt, dass gleiche Erzählgegenstände seit jeher<br />

sehr unterschiedlich geformt sein können. "Was<br />

mündlich an historischen Erinnerungen überliefert<br />

wurde, war natürlich weit stärker der Variabilität<br />

unterworfen als das nachlesbare Gedruckte", schreibt<br />

Siegfried Neumann zur Einführung seiner<br />

Aufsatzsammlung "Erzählwelten" (Waxmann-Verlag<br />

2018). Die Persönlichkeit der erzählenden Person, die<br />

Erzählsituation, die Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft<br />

der Hörenden - Erzählen ist ein Kommuni-<br />

kationsakt, der Beziehungen aufbaut, die diese<br />

Gesichtspunkte berücksichtigen sollte. Die erzählten<br />

"seelischen Bilder" sollten die Erlaubnis erhalten, über<br />

diese Brücken zu gehen, um ihre Wirkung zu entfalten.<br />

In diesem Sinne erzählt Janine Schweiger die Kinderund<br />

Hausmärchen der Brüder Grimm auf eine Weise, die<br />

von den Buchmärchen mal deutlich, mal zaghaft<br />

abweicht. Sie erlaubt sich grobe Ergänzungen und<br />

zugleich Änderungen en dé tail, wo immer es ihr eigenes<br />

Verständnis und die Bedürfnisse des Publikums<br />

erfordern. Im zweiten Band unserer Reihe <strong>Der</strong><br />

Westentaschenerzähler hat sie fünf erste Märchen<br />

ausgewählt, die sie seit nunmehr zwölf Jahren<br />

professionell auf der Bühne vor Groß und Klein erzählt:<br />

Frau Holle, Hans im Glück, Schneeweißchen und<br />

Rosenrot, <strong>Der</strong> Froschkönig und Rumpelstilzchen.<br />

Vorangehen jeweils kurze, erläuternde Hinweise, die<br />

Auskunft über ihr Verständnis der Grimmschen<br />

Buchmärchen geben, mal launig, mal ernst. In dem<br />

vierten Band des Westentaschenerzählers hat sie fünf<br />

weitere Märchen aufbereitet: Sterntaler, Die Sieben<br />

Raben, Rapunzel, Fundevogel und Sechse kommen<br />

durch die Welt.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Erzählverlag</strong> hat diese beiden Bücher sehr gerne im<br />

Programm. "Wo stehst Du? Wie machst Du es?", sind die<br />

Leitfragen dieser Reihe. Erzählerinnen und Erzähler<br />

geben Auskunft über ihre Arbeit.<br />

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Foto: Jörg Farys, Berlin

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