Wandern, ohne zu essen – das klingt nach ... - Hotel Achentalerhof
Wandern, ohne zu essen – das klingt nach ... - Hotel Achentalerhof
Wandern, ohne zu essen – das klingt nach ... - Hotel Achentalerhof
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Durchatmen: Fasten<br />
ist gut für Körper<br />
und Geist. Der Atem<br />
hat Platz, die Sinne<br />
sind geschärft<br />
Fastenwandern<br />
Die Touren beim Fastenwandern<br />
sind leicht bis mittel und auch<br />
<strong>ohne</strong> Marscherfahrung gut <strong>zu</strong><br />
bewältigen<br />
Gourmet-Fasten: Das Wanderhotel<br />
„<strong>Achentalerhof</strong>“ serviert<br />
täglich schmackhafte Gemüsesuppen<br />
mit frischen Kräutern
Die Region Achensee<br />
ist eingebettet<br />
zwischen dem Alpenpark<br />
Karwendel und<br />
dem Rofangebirge.<br />
Es bietet für jeden<br />
Natursportfreund<br />
den passenden<br />
Schwierigkeitsgrad<br />
Fotos: Veronika Edelmann (2), Achensee Tourismus (2)<br />
am Achensee<br />
<strong>Wandern</strong>, <strong>ohne</strong> <strong>zu</strong> <strong>essen</strong> <strong>–</strong> <strong>das</strong> <strong>klingt</strong> <strong>nach</strong> Quälerei. Irrtum: In der<br />
Gruppe geht’s ganz leicht. So wie in Tirol mit Gabriela Kühne …<br />
Erste Rast. Neben mir knistert es. Ich starre angestrengt<br />
geradeaus. Mein nicht-fastender Nachbar auf<br />
der Holzbank fragt höflich „Auch eins?“ und hält<br />
mir eine Packung Schokobonbons unter die Nase.<br />
Ich presse ein „Nein, danke“ zwischen meinen <strong>zu</strong>sammengebissenen<br />
Zähnen hervor. Fastenwandern <strong>–</strong> was für eine<br />
Schnapsidee, denke ich und scharre konzentriert mit der<br />
Fußspitze im Kies.<br />
Ein Löffelchen Holunderhonig<br />
Die Rettung trägt eine rote Fleecemütze: „Auch ein Löffelchen<br />
Honig?“, fragt Gabriela Kühne, die Leiterin unserer<br />
Fastenwanderwoche am Achensee in Tirol. Ich nicke dankbar<br />
und tauche meinen XL-Teelöffel in die pappige Masse.<br />
Als der riesige Batzen roter Holunderhonig sich auf meiner<br />
Zunge ausbreitet, ist wieder alles gut. Fasten und <strong>Wandern</strong><br />
geht doch. Jedenfalls mit Unterstüt<strong>zu</strong>ng.<br />
Meine Unterstüt<strong>zu</strong>ng ist eine neunköpfige, überwiegend<br />
weibliche Gruppe, die sich <strong>nach</strong> der kurzen Pause am Fuße<br />
der Wolfsklamm <strong>zu</strong>m Aufstieg rüstet. Schritt für Schritt<br />
arbeiten wir uns die Schlucht hinauf. Steile Holztreppen, die<br />
am Fels festgeschraubt scheinen, knartzen unter unseren<br />
Wanderstiefeln. Nach einem kleinen Steintunnel ist <strong>nach</strong><br />
einer guten Stunde der letzte Überweg vor dem Mittagsrastplatz<br />
in Sicht. „Brücke bitte nicht übermäßig belasten“ steht<br />
mit weißen Buchstaben auf einem grünen Schild vor der<br />
schmalen Holzkonstruktion. Nach 48 Stunden <strong>ohne</strong> einen<br />
festen Bissen muss ich über diesen Hinweis lächeln. Ich fühle<br />
mich wie eine Feder. Und genauso leichtfüßig bewege ich<br />
mich auch dem nahen Ziel entgegen. „Der Körper braucht<br />
etwa 30 Prozent seiner Energie <strong>zu</strong>m Verdauen“, erklärt<br />
Gabriela Kühne den Effekt, der vielen nicht nur <strong>nach</strong> einer<br />
fetten Mahlzeit schwere Beine beschert. Stellt der Körper auf<br />
den Abbau von Reserven um, koppelt sich auch <strong>das</strong> Gehirn<br />
vom Magen ab. Ist der Darm leer, schaltet <strong>das</strong> Hungergefühl<br />
ab. Wer fastet, entwickelt ungeahnte Kräfte. Jedenfalls wenn<br />
er sich eine Mischung aus Ruhe und Bewegung gönnt.<br />
Den Tag mit Meditation beginnen<br />
Bei Gabriela Kühne geht es damit schon vor dem Fastenfrühstück<br />
los: Gymnastik, Kreistanz und Meditation stehen<br />
auf dem täglichen Programm im neuen Wellnessbereich des<br />
„<strong>Achentalerhof</strong>s“. Auf meiner eleganten Liege vor einer urigen<br />
Zirpenholzwand warte ich auf die „geistige Wanderung“<br />
durch den Wald, bei der ich jedoch kurz <strong>nach</strong> „Aufbruch“<br />
Bitte umblättern<br />
Land & Berge | 25
26 | Land & Berge<br />
4<br />
3<br />
1 Wer fastet, öffnet sich: Die<br />
Gespräche unterwegs sind<br />
interessant und bewegend.<br />
2 Das Beste kommt <strong>zu</strong>m Schluss:<br />
Nach fünf reinen Fastentagen<br />
überreicht die Leiterin feierlich<br />
den ersten Apfel.<br />
3 Die Wolfsklamm bietet ein<br />
faszinierendes Naturschauspiel.<br />
4 Saft für Kraft am Nachmittag:<br />
Gabriela Kühne schenkt pürierte<br />
Früchte, aufgegossen mit<br />
Apfelsaft, aus.<br />
5 Rast <strong>zu</strong>m Wohlfühlen: Ruhe ist<br />
beim Fasten genauso wichtig wie<br />
leichte Bewegung<br />
5<br />
4<br />
3<br />
1<br />
2<br />
Fotos: Veronika Edelmann
gedanklich aussteige. „Ich bevor<strong>zu</strong>ge stille Meditation“,<br />
sagt die Fastenwanderleiterin und zeigt uns noch kurz eine<br />
Atemtechnik, die uns <strong>zu</strong>r Ruhe bringt.<br />
Nach zehn Minuten erholsamer Entspannung steht die<br />
Gruppe im Raum verteilt und schwingt Wasserflaschen <strong>zu</strong><br />
„Beatles“-Songs. Über Kopf, dann zwischen die Knie, erst<br />
links, dann rechts, dann in der Hocke. „She loves me, yeah,<br />
yeah, yeah …“ Da keiner so recht weiß, wie <strong>das</strong> richtig elegant<br />
aussehen könnte, ist <strong>das</strong> scheinbar auch keinem richtig<br />
peinlich <strong>–</strong> alle machen angestrengt mit. Nach dem Motto<br />
„Hauptsache Bewegung“ fassen wir uns am Ende auch noch<br />
an den Händen und tanzen einen irischen Kreistanz.<br />
Beim Fasten schmeckt selbst Hafertee<br />
Beschwingt stehe ich vor der täglichen Morgenrunde am<br />
Frühstücksbüffet: Hafertee oder Molke? „So etwas schmeckt<br />
auch nur beim Fasten“, meint die Kunstcafé-Besitzerin aus<br />
Bayern und grinst, während trüber Haferschleim in ihre<br />
große Glastasse blubbert. Und tatsächlich: Richtig sämig<br />
und ein bisschen <strong>nach</strong> Müsli schmeckt der heiße Schlabber.<br />
Einfach köstlich.<br />
Zu Beginn der Fastenzeit plagen neben Hungergefühlen<br />
auch Kopfschmerzen etwa ein Drittel der Teilnehmer. „Das<br />
ist häufig der Koffeinent<strong>zu</strong>g“, weiß Gabriela Kühne aus<br />
25 Jahren eigener Fastenerfahrung. Auch schwarzer und<br />
grüner Tee sind während den reinen Fastentagen tabu.<br />
Schüßler-Salze, homöopathische Globuli, Wärmewickel und<br />
Salzsocken sollen gegen Schmerzen, Verspannungen und<br />
allerlei sonstige Leiden helfen.<br />
„Wie geht es euch heute?“, will die blonde Frau mit fränkischem<br />
Dialekt jeden Morgen vor der Wanderung wissen.<br />
Reihum sprechen manche über ihren Magen, manchen<br />
ist noch etwas schwindelig und manche lassen tiefe Blicke<br />
in ihre Seele <strong>zu</strong>. „Fasten öffnet“, sagt Gabriela Kühne und<br />
lächelt. Sie leitet seit fast 15 Jahren Fastengruppen und<br />
ist immer wieder erstaunt, was für eine Stimmung sich<br />
zwischen den Teilnehmern entwickelt. <strong>Wandern</strong> und Fasten<br />
verbindet. Nicht nur Menschen <strong>zu</strong> einer Gruppe, sondern<br />
auch den Körper mit dem Geist und die Sinne mit der<br />
Natur. Wer sonst <strong>zu</strong>r Mittagszeit schon <strong>nach</strong> der nächsten<br />
Gastwirtschaft schielt oder an sein Brot im Rucksack denkt,<br />
hat beim Fastenwandern Zeit für einen entspannten Blick in<br />
die Natur. Der Atem hat Platz. Der Kopf ist frei.<br />
Jedes Gewürz kommt auf der Zunge an<br />
Mindestens genauso wohltuend wie die Bewegung an der<br />
frischen Luft ist die freie Zeit am Nachmittag: Schwimmbad,<br />
Dampfbad, Sauna, Solarium und individuelle Massagen<br />
helfen über Appetitattacken hinweg, die vorwiegend dann<br />
auftauchen, wenn Essensduft aus dem Restaurant in den<br />
Seminarraum zieht. Etwa wenn der Koch die Abendsuppe<br />
bringt. Als der sympathische Mann in weißer Kluft den<br />
großen silbernen Topfdeckel lupft, erntet <strong>das</strong> einfache<br />
Gemüsesüppchen im Bauch des großen Bottichs ungeahnte<br />
Lobeshymnen: „Unglaublich lecker“, urteilt die kleine<br />
Gruppe am Ende des Tisches <strong>nach</strong> dem ersten Löffel. Nach<br />
wenigen Tagen Abstinenz kommt jedes Gewürz auf der<br />
Zunge an. „Die Geschmacksnerven werden höchst sensibel“,<br />
bestätigt Gabriela Kühne. Und plötzlich freue ich mich sehr<br />
auf ein ganz besonders Erlebnis. Nach den Aufbautagen<br />
werde ich meine Geschmacksnerven erschrecken. Mit einem<br />
kugelrunden Schokobonbon. Veronika Edelmann<br />
Fasten: Nichts <strong>essen</strong>,<br />
<strong>ohne</strong> <strong>zu</strong> hungern<br />
Wer fastet, isst nichts Festes. Erlaubt<br />
sind Gemüsebrühe, Säfte und Suppen. Fastende<br />
trinken etwa drei Liter am Tag, davon<br />
ist mindestens ein Liter Wasser. Genussmittel<br />
wie Kaffee, Schwarztee, Alkohol, Süßigkeiten<br />
und Zigaretten sind verboten. Zum Fastenwandern<br />
mit Gebriela Kühne gehören leichte<br />
Touren (etwa drei Stunden am Tag) und Ruhephasen.<br />
Das Fasten beginnt mit zwei Entlastungstagen,<br />
an denen Obst, Gemüse, Reis<br />
und Kartoffeln auf dem Speiseplan stehen. Es<br />
folgen die reinen Fastentage, die mit einer<br />
Darmentleerung per Pflaumen- oder Sauerkrautsaft<br />
oder per Einlauf begonnen werden.<br />
Der Körper stellt dann auf die Versorgung<br />
aus den eigenen Reserven um <strong>–</strong> <strong>das</strong> Hungergefühl<br />
verschwindet. Nach fünf Tagen folgen die<br />
Aufbautage, die mit einem Apfel beginnen<br />
und mit leicht verdaulicher Nahrung in leicht<br />
ansteigender Menge abschließen. Die nächsten<br />
Fastenkurse finden im März und April<br />
in der Fränkischen Schweiz, im Altmühltal, am<br />
Bodensee und im Allgäu statt. Infos auf www.<br />
fastenwandernundmehr.de. Oder direkt bei<br />
Gabriela Kühe, Almos 35, 91355 Hiltpoltstein,<br />
Tel.: 0 92 45/98 35 99.<br />
Land & Berge | 27