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APPARAT VS. T.RAUMSCHMIERE - De:Bug

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CHEMICAL BROTHERS<br />

16 Die Rave-o-lution frisst ihre Kinder? Da können die<br />

Chemical Brothers nur lachen und feiern in bester<br />

Verfassung ihre Karrierehöhepunkte.<br />

25<br />

11<br />

.<br />

DE.BUG<br />

MONATSZEITUNG<br />

AGORIA | ZOOT WOMAN | MATTHEW BARNEY | IBIZA AKTUELL | GAMES CONVENTION | AESOP ROCK | 287 REVIEWS<br />

RICARDO VILLALOBOS<br />

SOFTWARE-PATENTE<br />

10 Knapp entkommmen. Brüssel stoppt vorerst die<br />

Patentierung von Software - und damit auch das<br />

absehbare Aus für die Open-Source-Schmieden.<br />

ROCKT WIE DRECKSAU!<br />

<strong>APPARAT</strong> <strong>VS</strong>.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong><br />

TEXT: JANKO RÖTTGERS | ROETTGERS@LOWPASS.DE<br />

WÄHLEN MIT ARNI UND ANDEREN MASCHINEN<br />

Ein Mann, zwei Welten. Niemand driftet so idealistisch<br />

zwischen Megaraves und Wohnzimmer-Afterhours<br />

hin und her wie Ricardo Villalobos. Und haut<br />

dabei noch ein Konsens-verschiebendes Album wie<br />

"Alcachofa" raus.<br />

03<br />

AGORIA<br />

FÜR<br />

ELEKTRONISCHE LEBENSASPEKTE<br />

OKTOBER 2003<br />

EUR 2,80 / Schweiz: SFR 5,50<br />

MEDIEN KULTUR MUSIK<br />

INTERNET: FREENET......................................................................... <br />

MUSIKTECHNIK: APPLE SOUNDTRACK / PROTOOLS 6.......... <br />

WEBLOGS: OPEN SOURCE WAHLKAMPF................................... <br />

ALTERNATIVE ZU MTV: CLIPS COMPILATIONS AUF DVD.......<br />

GAMES CONVENTION IN LEIPZIG............................................... <br />

75<br />

Frickel-Cowboy “Apparat” und Bullenreiter des Techno<br />

“T.Raumschmiere” haben den Saustall auf Spur gebracht.<br />

Was T.Raumschmiere mit “Radio Blackout” in den Heuhaufen<br />

bratzt, holt Apparats Album “Duplex” wieder auf die<br />

verträumte Veranda zurück. Da bleibt auch dem letzten<br />

Techno-Krauter die Forke im Mist stecken. Zwei Outlaws<br />

reiten in den Sonnenuntergang. Ab Seite #18.<br />

Am 7. Oktober findet im US-Bundesstaat ein seltsames Spektakel<br />

statt: Die Abwahl des demokratischen Gouverneurs Gray Davis.<br />

Ein ganzer Haufen von professioneller konservativer Unterschriftensammlern<br />

wurde engagiert, um vor Supermärkten und Shopping<br />

Malls ein düsteres Szenario der Schuldenkrise des Bundesstaates<br />

zu malen und damit die Abstimmung durch zu setzten.<br />

Nun wird in den USA normalerweise in zwei Wahlgängen abgestimmt,<br />

da aber niemand gerne monatelang von einem bereits abgewählten<br />

Politiker regiert wird, fällt Phase eins dieses Mal einfach<br />

weg. Die Folge: Jeder kann kandidieren. Einzige Voraussetzung:<br />

65 Unterstützerunterschriften und 3500 Dollar. Von der<br />

Oma über 90 über den Hustler-Verleger Larry Flynt bis zum Wassermelonen-zerschmetternden<br />

Comedy-Künstler ist folglich alles dabei. Ach ja,<br />

und natürlich Arnold Schwarzenegger. <strong>De</strong>r Terminator als Gouverneur?<br />

Crazy California. Doch was hat das alles eigentlich mit elektronischen Lebensaspekten<br />

zu tun? Die Wahl in Californien gab uns Anlass, mal ein Blick<br />

nach rechts und links über Arnolds Muskeln auf andere Kandidaten zu<br />

werfen. Auf eine Linux-Programmiererin zum Beipiel. Oder - anderes Thema<br />

- auf Wahlbetrug bei digitalen Zählmethoden. Oder die neue Rolle von<br />

Weblogs im Präsidentenwahlkampf. Lawrence Lessig fragt beispielsweise<br />

nach, ob Interaktivität des Weblogs eine Möglichkeit neuer politischer Beteiligung<br />

ermöglichen. Das und andere interssante Punkte ab Seite #25.<br />

Die Tracks von Lyons Techno-Senkrechtstarter Sebastien<br />

<strong>De</strong>vaud haben solch eine Begeisterungswelle<br />

losgeschlagen, dass selbst der <strong>De</strong>troiter Säulenheilige<br />

Kevin Saunderson nicht anders konnte, als ihn<br />

zum Baseball einzuladen.<br />

MIT SVEN VÄTH AUF IBIZA, TEIL 1 VOM ENDE....................... <br />

STREET ART: BORIS HOPPEK....................................................... <br />

GESAMTKUNSTWERK: CHICKS ON SPEED...............................<br />

BILDERKRITIKEN............................................................................ <br />

MODE: STECKT EIN WALTER IN DIR?.........................................<br />

©<br />

RHYTHM & SOUND<br />

20 Die Reggae-Inkarnation des deutschen Pendants zu<br />

UR, Basic Channel, hebt den Jamaika-NY-Berlin-<br />

Graben tiefer und tiefer aus. Jetzt neu auf 2 CDs.<br />

32<br />

MATTHEW BARNEY<br />

Eine schaurig-schöne Kunstwelt aus Film, Installation<br />

und Fotografie verdichtet Matthew Barney mit seinem<br />

"Cremaster"-Zyklus. Während der Filmfestspiele<br />

in Locarno hat er mit seinem perfiden Hochglanzhorror<br />

für Furore gesorgt.<br />

MARKUS POPP UND ERIKO TOYODA: SO................................<br />

EUROTEENIES AUFGEHORCHT: ELEKTROCHEMIE LK..........<br />

AESOP ROCK................................................................................... <br />

CALIBRE............................................................................................<br />

URSULA RUCKER............................................................................<br />

FOTO: SYBILLE FENDT


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

PLAN HABEN, SO<br />

IMPRESSUM<br />

DEBUG Verlags GmbH<br />

Brunnenstr. 196, 10119 Berlin<br />

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Herausgeber: Alexander Baumgardt, Mercedes Bunz,<br />

Jörg Clasen, Jan Rikus Hillmann, Sascha Kösch, Fee<br />

Magdanz, Riley Reinhold, Anton Waldt, Benjamin<br />

Weiss<br />

Redaktion: Mercedes Bunz (mrs. bunz@de-bug.de),<br />

Thaddeus Herrmann (thaddi@de-bug.de), Jan Joswig<br />

(janj@de-bug.de), Karen Khurana (karen@de-bug.<br />

de), Sascha Kösch (bleed@de-bug.de), Sven von Thülen<br />

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Reviewredaktion: Sascha Kösch (bleed@de-bug.de)<br />

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Redaktion New York: Nico Haupt (nicohaupt@gmx.li)<br />

Redaktion Wien: Anton Waldt<br />

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Redaktion Lüneburg: Heiko H. Gogolin (heiko@pingipung.de),<br />

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Texte: Thaddeus Herrmann, Sven von Thülen, Jan Kage,<br />

Clara Völker, Renko Heuer, Sasha Horsley, Karen<br />

Khurana, Mike Riemel, Stefan Heidenreich, Verena<br />

Dauerer, Heike Lüken, Sandra Sydow, Janko Roettgers,<br />

Anton Waldt, Aljoscha Weskott, Sami Khatib, Benjamin<br />

Weiss, Matthias Sohr, Nils Dittbrenner, Nicolaus<br />

Schäfer, Anton Waldt, Fee Magdanz, Dirk Leyers, René<br />

Margraff, Mikael Pawlo, Lawrence Lessig, Sebastian<br />

Lütgert, Alexis Waltz, Aram Lintzel, Jutta Voorhoeve,<br />

Jan Ole Jöhnk, Sascha Kösch<br />

Fotos: Sibylle Fendt, Kai von Rabenau, Steve Belkowitz,<br />

Johanna Pagels, Juergen Teller, Sandra Stein, M.Barney<br />

/ M.J. O'Brien, Boris Hoppek, Ole Brömme, Christoph<br />

Klenzendorf, Julia Windhoff, Gene Glover, Tasek.de,<br />

Joinarnold.com, John Pettitt / <strong>De</strong>anForAmerica.com<br />

Reviews: Alexis Waltz as aw, Andreas Brüning as asb,<br />

Nils Dittbrenner as bob, Clara Völker as caynd, Christian<br />

Meyer as meyer, Christoph Jacke as cj, Erik Benndorf<br />

as ed, Heiko H. Gogolin as bub, Jan Joswig as<br />

jeep, Jan Ole Jöhnk as joj, Jan Kage as jank, Karen<br />

Khurana as ki, Oliver Koehler as oliver, Mercedes Bunz<br />

as mercedes, Martin Peschke as marc, Paul Paulun as<br />

pp, René Josquin as m.path.iq, Renko Heuer as rnk, Sami<br />

Khatib as sk, Sascha Kösch as bleed, Stefan Heidenreich<br />

as sh, Sven von Thülen as sven, Thaddeus Herrmann<br />

as thaddi, Thomas Khurana as tok, Ludwig Coenen<br />

as ludwig, Matthias Mertens as mwm, Christopher<br />

Lange as pur, Andreas Otto as otto, Matthias Piket<br />

as matthias<br />

DEBUG Ultra Beauty Operator: Jan Rikus Hillmann<br />

(aeonflux@debugOS.de), Alex Seeberg-Elverfeldt<br />

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Stichtag Novemberausgabe: 10.10.2003<br />

de-bug online: http://www.de-bug.de<br />

Geschäftsführer: Sascha Kösch<br />

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Es gilt die Anzeigenpreisliste Januar 2003<br />

V.i.S.d.P.: die Redaktion<br />

BOOTIN’ UP<br />

A BETTER<br />

TOMORROW<br />

TEXT ANTON WALDT |WALDT@QUINTESSENZ.AT<br />

Thor sei Dank können wir im heimeligen Nieselregen<br />

wieder an einemBruttosozialprodukt arbeiten, das einer<br />

gemäßigten Klimazone würdig ist,und prompt sinkt die<br />

Laune und findet mit Florida-Rolf auch zielgerichtet einen<br />

undankbaren Abnehmer, der den falschen Leuten<br />

jede Menge Gelegenheit gibt, über "Anstand" zu schwadronieren.<br />

Dieser fehlt allerdings tatsächlich allenthalben,<br />

aber dummerweise ist die Einforderung unter den<br />

gegenwärtigen <strong>De</strong>finitionsverhältnissen schier unmöglich,<br />

wofür man sich wiederum herzlich bei allen bedanken<br />

darf, die "konservativ" mit Schmissen versehen,<br />

statt den Begriff endlich den Nachhängern der fetten<br />

Jahre der heimischen <strong>De</strong>mokratie zu überlassen. Eine<br />

saubere Perspektive bietet in diesemSchlamassel zum<br />

Glück die treue Wissenschaft, die uns letztens nochmal<br />

persönlich versicherte, dass das Universum direkt nach<br />

Urknall wirklich ganz und gar staubfrei war, was mal eine<br />

wirklich nette Vorstellung ist. Und heute klingt "die<br />

Sphärenmusik" eines Schwarzen Lochs wie die Note "b",<br />

bloß lockere "eine Million Mal tiefer als das Limit des<br />

UNSER MONAT<br />

TEXT ARAM LINTZEL | ARAM.LINTZEL@GMX.DE<br />

Ibiza, 18. August 2003, der Saisonhöhepunkt. Obwohl<br />

uns The Face und ID seit Jahren erzählen wollen, dass<br />

man auf Zypern längst besser feiert, quillt die Insel über.<br />

Neben den notorischen UK-Lads und deutschen Ravern<br />

sind vor allem Spanier und Italiener präsent. Wie eh und<br />

je kreisen die Propellerflugzeuge über den Stränden und<br />

preisen auf langen Transparenten "F***"- oder "Balearic<br />

People"-Parties im Amnesia oder Eden an. Das Privilege<br />

nennt sich immer noch megalomanisch "World's Biggest<br />

Club". Sven Väth und sein allmontäglicher "Cocoon-<br />

Club" im Amnesia haben sich diesmal für eine bescheidenere<br />

PR-Kampagne entschieden. Es ist angeblich der<br />

letzte Cocoon-Sommer auf Ibiza. Viele kleine Poster<br />

wurden inselweit auf Garagentore, Bäckereieingänge<br />

und Strandbüdchen geklebt. Sie zeigen Sven Väth als<br />

Wasserkopf in Boxerpose, darunter liest man das aktuelle<br />

Cocoon-Motto: "In your Face!" Und an diesem 18.<br />

August kann vor der einsetzenden Abschiedsmelancholie<br />

endlich die höchste Eskalationsstufe gezündet werden.<br />

Ein orgiastisches Schauspiel erwartet uns, als wir<br />

um halb zwei am Amnesia vorfahren und von einem bekifften<br />

Anweiser auf einen Parkplatz navigiert werden.<br />

Drinnen legt die glatzköpfige Miss Kittin eine Mischung<br />

aus Electro, Acid und Minimal auf, sie singt zwi-<br />

menschlichen Gehörs", weshalb wir zukünftig mindestens<br />

braune Zwerge als Basssystem verlangen, damit es<br />

im Magen noch besser vibriert, weil viel Zeit haben wir<br />

ja nicht mehr: Unsere Sonne brennt schon 4,6 Milliarden<br />

Jahre, versichern die braven Weißkittel des weiteren<br />

und daher hält sie nur noch 5,4 Milliarden schlappe Jahre<br />

durch, was auch bedeutet, dass die Mär vom sorgsamen<br />

Umgang "für unsere Kinder" geschenkt ist, weil die<br />

Erde eben kein Badezimmer ist, das man wiederum wirklich<br />

ordentlich hinterlassen sollte."Nachhaltigkeit" wird<br />

ja sogar an der Börse inzwischen nicht mehr als Mülltrennung<br />

buchstabiert, dafür gibt es empfehlenswerte<br />

Laster-Fonds, die in Papiere von Tabak-, Alkohol- und<br />

Waffenproduzenten oder Kasinos investieren, weil hier<br />

in den letzten Jahren 15 Prozent mehr zu holen war als im<br />

Durchschnitt. Noch mehr Rendite gibt es nur außerhalb<br />

der regulären Handelsplätze, obwohl die Verbreitung<br />

des Kokainkonsums in <strong>De</strong>utschland nach Einschätzung<br />

der "<strong>De</strong>utschen Hauptstelle für Suchtfragen" [DHS] in<br />

der öffentlichen Wahrnehmung überbewertet wird.<br />

J’ADORE VÄTH / Cocoon wird geknickt<br />

schendurch und tanzt. Set und Show sind fantastisch,<br />

die Menge schunkelt wohlwollend, wartet aber insgeheim<br />

natürlich nur auf ihren Sven. <strong>De</strong>r lauert aber noch<br />

auf der VIP-Tribüne, auf der ich mit meinen drei aufgekratzten<br />

Begleitern dank <strong>De</strong>bug-Entree ebenfalls Platz<br />

nehmen darf. An die feisten Sektkübel, an denen sich die<br />

muskulär auffällige Frankfurter Incrowd bedient, trauen<br />

wir uns aber nicht heran, also bestellen wir Getränke an<br />

der VIP-Bar: ein Bier, eine Cola, zwei Campari-Orange<br />

und einen Wodka Lemon. "Macht 74 Euro!" Na denn<br />

Prost! Schluck! Um uns herum findet sich ein Querschnitt<br />

des hessischen Nightlife-Universums ein, mit<br />

nahtlosen Übergängen zum Bouncer-Milieu. Bestimmt<br />

nennen die Herren ihre Begleiterinnen hier noch zwanglos<br />

"Bräute": Stöckelschuhe und Miniröcke, wohin man<br />

schaut. Tresor-Chef Dimitri Hegemann sitzt derweil<br />

missmutig im Sessel, obwohl Miss Kittin großartig auflegt.<br />

Schon bald ist es kurz vor drei Uhr und nun überschlagen<br />

sich die Ereignisse: Eine infernalische Nebelmaschine<br />

röhrt, für mehrere Minuten sieht man nichts<br />

und fühlt sich wie mitten im nuklearen Fall Out (beziehungsweise<br />

wie in der Dinosauriergrotte des Phantasialands).<br />

Um 3.05 Uhr vernebelt sich schon wieder alles,<br />

nun fällt überdimensioniertes Konfetti von der <strong>De</strong>cke.<br />

"Hauptstelle" tönt in der Tat mächtig nach schwarzen<br />

Uniformen und wurde auch prompt bereits 1947 mittels<br />

Pervitin-Restbeständen gegründet, also zwei Jahre bevor<br />

die BRD eineVerfassung auf Kaffee-Basis zustande<br />

brachte. In Bagdad läuft der Hase dieser Tage offensichtlich<br />

ähnlich, wenn auch in die andere Richtung: Downer<br />

wie Parkizol und Rohypnol sind mächtig angesagt,<br />

für schlappe 15 Cent zu haben und mit pittoresken Namen<br />

wie "Abu Tschub" oder "Abu Salib" verziert. Die salafistische<br />

Gruppe für Erwachsenenunterhaltung und<br />

Hemmungslosigkeit veranstaltet inzwischen sogar Bustouren,<br />

die von fast allen gutsortieren deutschen<br />

Hauptbahnhöfen einmal die Woche in das Land ohne<br />

Hauptstelle starten. Da sag einer, die <strong>De</strong>utschen würden<br />

sich drücken, alleine das Mohnbrötchen-Verbot in<br />

heimischen Knästen treibt jeden Tag hunderte Aufbauhelfer<br />

ins Zweistromland. Für ein besseres Morgen:<br />

Staubsaugen nicht unterschätzen, Nebenstellen aufsuchen,<br />

nachhaltig investieren und den Bass genießen.<br />

3.10 Uhr: Riesige Sven-Väth-Grimassen erscheinen als<br />

Projektionen auf einer Raupe ("Cocoon") oberhalb des<br />

Floors. Gleichzeitig beginnen drei Gogo-Tänzerinnen<br />

auf Höhe der VIP-Tribüne mit ihren professionellen Windungen.<br />

Die Personality-Gaukelei wird total, als dann<br />

um 3.15 Uhr aus dem Nebel eine mehrere Meter lange<br />

Sven-Väth-Maske auftaucht, die nun als diabolischer Fetisch<br />

über die Crowd gleitet. <strong>De</strong>r Tanz ums goldene Kalb!<br />

Angesichts des tribalistischen Rave-Ritus läuft es mir<br />

kalt den Rücken hinunter - gibt es so was eigentlich<br />

heutzutage noch jenseits solcher Zonen des touristischen<br />

Ausnahmezustands? Um halb vier übernimmt<br />

Väth die Turntables, nachdem er mehrmals Applaus für<br />

Miss Kittin provozierte. Sehr aufmerksam! Es folgt ein<br />

gut geschmiertes, aber im Gegensatz zu Miss Kittin leider<br />

sehr homogenes Set mit den üblichen zwei bis drei<br />

Aufpeitscheffekten. Nach einer guten Stunde haben wir<br />

genug von den routinierten Reizen und verlassen das<br />

Spektakel. Draußen lungern junge Party-People und<br />

wollen unsere gelben VIP-Bändchen abgreifen, verständlich<br />

bei 50,- ¤ Eintritt. Ich überlasse meines einem<br />

Spanier mit Ramones-T-Shirt und Stirntuch. Muchas<br />

Gracias und Gute Nacht!


TECHNO<br />

AGORIA<br />

DER TECHNO-FARMER<br />

TEXT SVEN VON THÜLEN | SVEN@DE-BUG.DE<br />

"Ich bin lediglich ein schüchterner Junge aus Lyon. Nein,<br />

ehrlich, ich kenne niemanden aus Paris. Die ganzen Karatund<br />

Katapult-Menschen. <strong>De</strong>n einzigen, den ich mal getroffen<br />

habe, ist Feadz." Sebastien <strong>De</strong>vaud, unter seinem<br />

Pseudonym Agoria der Techno-Senkrechtstarter dieses<br />

Sommers, schüttelt zufrieden grinsend den Kopf, wenn<br />

man ihn nach Verbindungen zur immer quirliger werdenden<br />

französischen House- und Technoszene fragt.<br />

BILD KAI VON RABENAU<br />

Doch. Es gibt auch Musik aus Frankreich, die nicht aus Pariser House-Netzwerken<br />

kommt. Agoria aus Lyon zum Beispiel. <strong>De</strong>r schwimmt diesen Sommer<br />

mit seinen Releases auf PIAS auf seiner persönlichen Erfolgswelle und ist dabei<br />

alles andere als ein Newcomer. Jetzt macht er sich erstmal daran, die wohlverdiente<br />

Ernte aus Begeisterung einzufahren - bei seinen großen Vorbildern aus<br />

<strong>De</strong>troit.<br />

Dabei ist er schon eine ganze Weile dabei. Seit knapp<br />

zehn Jahren legt er Platten auf, meist mit Freunden in<br />

seiner südfranzösischen Heimatstadt Lyon, seit vier Jahren<br />

produziert er verschrobene Technotracks mit viel<br />

Rave-Appeal und Hang zu verträumten Melodien. Seine<br />

ersten Maxis trugen das Logo von französischen Kleinstlabels<br />

wie UMF, Tekmics, Kubik etc. und gingen dank<br />

Kleinstauflage und Vertriebsschwierigkeiten weitestge-<br />

hend unter. Wer dann doch eine von Sebastiens<br />

Frühwerken irgendwo fand oder zugeschickt bekam, der<br />

konnte, sofern er denn DJ war, gleich einen Dauerplatz<br />

im Plattenkoffer reservieren. <strong>De</strong>nn Agoria-Tracks, damals<br />

wie heute, sind perfekte Allzweckwaffen zur Euphoriemaximierung<br />

auf dem Dancefloor.<br />

"Ich bin wie ein Farmer. Und jetzt ernte ich zum ersten Mal.<br />

Ich nehme mir einfach meine Zeit", sagt Sebastien und<br />

strahlt schon wieder überschwenglich. Eigentlich tut er<br />

das die ganze Zeit. Die letzten sechs Monate waren einfach<br />

zu verrückt. Zu viele Träume sind in Erfüllung gegangen.<br />

Zu oft hat er sich gefragt, ob er gleich aufwachen<br />

wird und alles ist vorbei. Als "La onzieme marche",<br />

der Track, mit dem dieses Jahr eigentlich die allgemeine<br />

Agoria-Begeisterung erst so richtig losging, vor zwei<br />

Jahren zum ersten Mal auf Vinyl gepresst wurde, verpuffte<br />

seine Wirkung fast ungehört. Als PIAS Frankreich<br />

ihn dieses Jahr dann noch einmal re-releasten, gab es<br />

kein Halten mehr. Es gab kaum ein Open Air, auf dem "La<br />

onzieme marche" nicht gespielt wurde und auch die anderen<br />

beiden Maxis, die via PIAS folgten, hatten ein<br />

Dauerabonnement für die Peaktime.<br />

MIT KEVIN ZUM BASEBALL<br />

Seine Haupteinflüsse, die Sachen, die ihn wirklich geprägt<br />

haben, kamen aus <strong>De</strong>troit. <strong>De</strong>rrick May, Juan Atkins,<br />

Carl Craig. Produzenten, die er, wie wahrscheinlich<br />

so manch anderer, als seine musikalischen Jugendhelden<br />

bezeichnet. Und so konnte er es auch kaum glauben,<br />

als Kevin Saunderson sich bei ihm meldete. Auch er<br />

war von "La onzieme marche" begeistert. Eine Einladung<br />

zum <strong>De</strong>troit Electronic Music Festival und ein längerer<br />

Aufenthalt in Motorcity am Michigan See, bei dem er<br />

Inner Citys "Big Fun" remixen durfte und mit Ann Saunderson<br />

- Kevins Frau - gleich noch einen Track aufnahm,<br />

folgte. "Plötzlich stand ich da in <strong>De</strong>troit, und Kevin (Saunderson)<br />

stellte mich all meinen Idolen vor. Juan Atkins, Mad<br />

Mike Banks und all die anderen. Und dann durfte ich auch<br />

INFO<br />

Agoria, Blossom, ist auf PIAS erschienen.<br />

noch mit ihnen zusammen spielen. Ich kann es noch immer<br />

nicht glauben. Kevin war wie ein Vater zu mir. So mit zusammen<br />

zum Baseball gehen und so." <strong>De</strong>troiter Gastfreundschaft.<br />

Sebastiens Augen leuchten. Mal wieder.<br />

Und noch ein Held aus Sebastiens Jugend kreuzte plötzlich<br />

seinen Weg: Tricky. "Ich wusste, dass er in Paris war,<br />

um sich mit einigen PIAS-Leuten zu treffen. Die hab' ich<br />

Agoria-Tracks sind perfekte Allzweckwaffen zur<br />

Euphoriemaximierung auf dem Dancefloor.<br />

dann so lange genervt, bis sie mir versprachen, ihm meinen<br />

Track vorzuspielen. Und er hat mich angerufen. Gleich<br />

nachdem er ihn gehört hatte. Am nächsten Tag sind wir zusammen<br />

ins Studio gegangen. Er hatte die Nacht über den<br />

Text geschrieben und meinte dann, nachdem er den Track<br />

eingesungen hatte, dass das sein Geschenk an mich wäre.<br />

Ich hatte ein wenig Panik, weil es ja heißt, er sei so ein unberechenbarer<br />

Terrier, aber er war extrem entspannt."<br />

Die Tracks von Agoria funktionieren so simpel wie genial.<br />

Sebastiens Vorliebe für knarzig-noisige Melodien, die<br />

zu einem massiven Wall of Sound auf- und abschwellen,<br />

könnten glatt von einem konvertierten Indiekid mit<br />

großer My Bloody Valentine Plattensammlung im<br />

Schrank stammen. Für loopbasierte Tracks hat er, zumindest<br />

beim Produzieren, wenig übrig. Er sagt selbst,<br />

dass er eher versucht Songs zu schreiben und sie auch<br />

so zu arrangieren. Auf "Blossom", seinem <strong>De</strong>bütalbum,<br />

zeigt er dann auch, dass er nicht nur Meister darin ist,<br />

extrem dichte Ravetracks mit hohem Intensitätsgrad<br />

von seiner Festplatte zu kratzen, sondern auch HipHop-<br />

, Disco- und Housetracks eine lockere Fingerübung für<br />

ihn sind. Natürlich immer mit der Agoria typischen, dezent<br />

kitschigen, emotionalen Breite und schrägen, angezerrt<br />

knarzigen Untertönen. Und vielleicht trifft Sebastien<br />

ja auch irgendwann Mr.Oizo. Die beiden hätten<br />

sich bestimmt viel zu sagen.<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

STREET ART / KUNST<br />

BORIS HOPPEK / Freistil<br />

TEXT MATTHIAS SOHR | MATTHIAS@PRO-QM.DE BILD BORIS HOPPEK<br />

Wir mögen das: Steetartist Boris Hoppek - gerade nach Barcelona gezogen -<br />

baut seltsame Figuren und Bilder für alle zum überall Liebhaben. DEBUG-Autor<br />

Matthias Sohr beugte sich über seine Bimbosculptures, versuchte ein Gespräch<br />

und stolperte dabei mit Bravour über eigenartige Sätze.<br />

Mein jeweils aktueller <strong>De</strong>nkhorizont legt mich manchmal<br />

lahm. So auch mit Boris Hoppek im Gespräch, dessen<br />

beredte Pausen ich unsicher mit wortreicher Egozentrik<br />

sinnentleert habe. Nicht, dass das eigentlich ein<br />

Interview hätte werden sollen. Ein solches zu geben hatte<br />

Boris von vornherein abgelehnt, frei nach dem Motto:<br />

Mein die visuelle Textur, <strong>De</strong>in der visualisierende Text.<br />

Aber Boris schreibt Emails, darin steht zum Beispiel,<br />

dass er sich gerade in “Antiselbstdarstellung” übt. Wenn<br />

das mal kein Understatement im Schafspelz ist.<br />

Sommer in Berlin, Boris Ausstellung ”Urban Hardcore<br />

Freestyle” in der urban-art.info Galerie steht kurz vor<br />

der Eröffnung. Boris kündigt an: "hi, I think this is getting<br />

a very boring exhibition. coz its thursday and i have no idea<br />

of what i can make for saturday. let´s see. boris". <strong>De</strong>r Ausstellung<br />

selbst merkt man jedoch Boris Antriebslosigkeit<br />

nicht an, versammelt sie doch alles Hoppeksche für<br />

alle zum überall Liebhaben. Das hat sich herumgesprochen<br />

– und so nimmt zur Eröffnung auf dem verkeimten,<br />

fast intakten Sofa, prompt die überschminkte Schickeria<br />

CLIPS<br />

MUSIKCLIPS / Reviews<br />

TEXT VERENA DAUERER, KAREN KHURANA / VDAUERER@T-ONLINE.DE, KAREN@DE-BUG.DE<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: MONSTERTRUCKDRIVER (2003)<br />

REGIE: MARKUS BAUER UND VOLKER HEISTERBERG<br />

<strong>De</strong>r Grad der Komplexität plus Abstraktheit bei der<br />

Post- bzw. Produktion eines Digitalclips, sprich die Effekte<br />

auf der Drag & Drop-Bedienoberfläche einer Animationssoftware<br />

bzw. das Zusammenpanschen mit dem<br />

Schnittprogramm, könnte auch das Ergebnis in die umgedrehte<br />

Richtung führen. Und bitte mal nicht in die eines<br />

PC-Games mit ungelenker, dreidimensionaler Büchsenoptik.<br />

Sondern wie bei "Monstertruckdriver" die dezent<br />

krakelige Filzstift- und Kugelschreiberzeichnungen,<br />

die klarstellen: Je mehr Rechenarbeit, desto hingerotzter<br />

soll die Ästhetik aussehen. Vereinfachung als<br />

Gegenbewegung und warum nicht. Filzstiftige Objekte<br />

werden im 3D-Programm zu Schachteln zusammengebaut<br />

und durch den Gitterraum gefahren. Strichmännchen<br />

wackeln auf Polygonebenen wie Duftbäumchen<br />

am Rückspiegel. Es geht um den T.Raumschmiere, der<br />

als Party Patrol in seinem LKW mit Totenkopfsteuer-<br />

Platz – und weicht nimmer. Ein vollkommen enthäutetes<br />

Sofa nebenan ist dagegen seiner Fassade schon beraubt.<br />

Darauf, an seinem Geburtsort lässig ausgestreckt,<br />

die wohl größte Bimbosculpture – braun, mit<br />

buschiger Schambehaarung. Hinten von der Wand lechzen<br />

schon die kleinen KuKluxKlanBrüder und ProstituiertenSchwestern<br />

nach Aufmerksamkeit – nur der Bastard,<br />

die Puppe aus dem Umsonstladen ganz in der<br />

Nähe der Galerie, zeigt sein wahres Gesicht nicht. Auf<br />

dem schwarzen Hinterkopf prangen die bimbotypischen<br />

weißumrandeten HohlraumAugen und der rotumrandete<br />

HohlraumMund – starren ins bespielte Off.<br />

Auf übermalten Plattencovern – wie überall im Raum –<br />

machen sich Bimbogesichter selbstständig, lösen sich<br />

von den Körpern und blicken im Chor aus dem Dunkel.<br />

Vielleicht singt Lucio Pavarotti wirklich das ”Ave Maria”,<br />

doch die weit aufgerissenen Bimbomünder schweigen<br />

ein erstauntes ”Dies Irae”.<br />

Wer aber sehen will, was Boris derzeit wirklich bewegt<br />

und antreibt, der muss auf die Straße, heraus aus dem<br />

Konservatorium Galerie, hinein in den öffentlichen<br />

knüppel einem Musikevent den Bassnachschub anfährt.<br />

Auf dem Weg wird alles platt gemacht, inklusive Verfolgungsjagden<br />

durch die Cops und Massenkarambolagen.<br />

Voll die Show im Takt zum Shuffle-Kawumm von<br />

T.Raumschmiere. Toll und macht Spaß, wie der Clip verschiedene,<br />

beliebte Motivlein zerdarbt, wie Steven<br />

Spielbergs "Duell", klassische Übergänge reaktiviert und<br />

Cartoon-verweist. Ähnliche Truckerfahrten gab's gerade<br />

in dem edel durchdesignten Clip von den Queens Of<br />

The Stone Age. [VERENA]<br />

RADIOHEAD: GO TO SLEEP (2003), REGIE: ALEX<br />

RUTTERFORD / PRODUKTIONSFIRMA: THE MILL<br />

"Go To Sleep" zeigt Radiohead-Kopf Thom Yorke virtuell<br />

generiert in einer traditionell englischen Park Avenue.<br />

Auf der Parkbank sitzend singt er über seinen toten Körper,<br />

wirkt aber zusammen mit der roten Blume, der die<br />

Hauptrolle in Eingangs- und Schlusssequenz zukommt,<br />

INFO<br />

LETZTE VERÖFFENTLICHUNGEN: Übersee 1, Rojo Revista,<br />

Freistil. Best of German Commercial Illustration,<br />

Happy books. Mascotte<br />

NÄCHSTE AUSTELLUNGEN: Kulturbunker Köln - Ende<br />

Oktober: " i wont fuck with you tonight, hihihi! "<br />

Raum. Nur ein paar Häuser weiter, neben der schweren<br />

Eingangstür eines Berliner Mietshauses, bäumt sich ein<br />

anderes Wesen. Aggressiv, mit erhobenen Armen, gefletschten<br />

Zähnen und einem sein Recht einfordernden<br />

Schwanz schreit der autonom gewordene Bimbo: "I<br />

want Sex!"<br />

”Sex” ist die Synthese aus ”Love” und ”Fight”. Für das<br />

Buch ”Freistil. Best of German Commercial Illustration”<br />

präsentiert der durchaus geschäftstüchtige Boris noch<br />

die Liebe als These, den Kampf als Antithese – verbunden<br />

erst durch die Anordnung der kleinen Bildchen in<br />

ein großes Herz, die Doppelseitigkeit des Buches voll<br />

hi, I think this is getting a<br />

very boring exhibition. coz<br />

its thursday and i have no<br />

idea of what i can make for<br />

saturday. let´s see. boris<br />

ausnutzend. Ein kleinteiliges Universum von Mini-<br />

Schicksalen, ein Best Of seiner Bierdeckel- und Bauklotzarbeiten,<br />

selbstredend mit unverblümter Thematisierung<br />

gesellschaftlicher Tatsachen wie Vergewalti-<br />

am lebendigsten in dieser graugrün monochromen<br />

Landschaft. Und doch hatten die Animateure mit allem<br />

anderen auch gut zu tun: <strong>De</strong>nn eigentlich ist hier so gut<br />

wie alles in Bewegung. Business People laufen mit jeweils<br />

festem Ziel im Blick durcheinander durchs bewegte<br />

Kamerabild, diagonal und polygonal, passend zu ihrer<br />

und Yorkes polygonen Gesichtsarchitektur - halb photorealistisch,<br />

halb typisiert. Dabei sehen die künstlich intelligenten<br />

Agenten gar nicht, wie die regency-artigen<br />

Gebäude um sie herum einstürzen, um sich anschließend<br />

wieder als Platten/Bauhaus-Bauten aufzubauen.<br />

Oder genauer: Die programmierten Menschen<br />

scheint das nicht weiter zu irritieren, liegt ein Trümmerstück<br />

auf dem Boden, weichen sie einfach aus, ohne in<br />

unnötige kausale Warum-Schleifen zu geraten. Ihre zielgerechte<br />

Symptomreaktion (und ihr Dasein) verdanken<br />

sie einem 24-köpfigem Produktionsteam aus 3D- und<br />

2D-Spezialisten, gescannten Modellmenschen (Thom<br />

Yorkes Gesicht wurde allein mit 70 Fühlern nach Bewe-<br />

Ab 01.11. : Boris Hoppek & Anne Kittelmann als Künstler<br />

des Monats im Arto Kunstsupermarkt (arto superbazaro)<br />

www.arto-kunstsupermarkt.de<br />

www.borishoppek.de / www.kyotons.tk<br />

www.urban-art.info<br />

gung, Gewalt und Prostitution – die aber wegen ihrer<br />

Darstellungsweise das Label ‚sozialkritisch’ getrost links<br />

liegen lässt. Boris schert sich nicht um Kategorien: references<br />

– fight, love / publications – fight / techniques –<br />

love.<br />

Wenn Boris in Berlin sein muss, dann sitzt er verhältnismäßig<br />

gerne in der Automatenbar in Berlin Mitte, wo<br />

die Maschinen elektrisch sprechen – und schaut auf die<br />

Straße. Ein wenig wie im Büro des Magazins “Rojo”, wo<br />

die Menschen katalonisch sprechen und Boris Tisch und<br />

Stuhl kostenfrei besetzen darf, mit Blick über die Placa<br />

del Sol. Nur ein Schritt und mittendrin. hallosiegen.de:<br />

"Was fehlt dir in Siegen?" – Boris: "Wenn ich ehrlich bin,<br />

ein kleines Cafe an der Hafenmole am Mittelmeer".<br />

gungsmustern abgetastet) und Regisseur Alexander<br />

Rutterford, der den Clip mit seinen Anmutungen von<br />

Geschichte zum Glück auch noch über virtuoses Software<br />

Betatesting (Crowd Intelligenz via "Massive") und<br />

Promo-Funktion hinausgelangen lässt. Während Yorke<br />

singt, dekonstruiert sich also die Park-Umgebung. Und<br />

nochmal: Die künstlich intelligenten Agenten machen<br />

weiter. Die Blume macht weiter. Das Licht macht weiter.<br />

Die Animateure machen weiter. Ob da nun jemand (der<br />

schon selbst aus neu zusammengesetzten Splittern besteht)<br />

auf der Parkbank sitzt und orakelnd prophezeit:<br />

"Come to you as you sleep/I’m not gonna [go] to sleep<br />

and let this wash over me" oder nicht. Am Ende sind wir<br />

scheinbar alle wieder da angekommen, wo wir begonnen<br />

haben, die Blume dreht sich ins Bild, faltet sich zusammen<br />

und eine Park Avenue ist eine Park Avenue ist<br />

eine - oder etwa nicht? [KAREN]


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

POP<br />

MOONWALK MIT ADAM<br />

ZOOT WOMAN<br />

TEXT SASHA HORSLEY | HORSLEY@WEB.DE BILD SANDRA STEIN<br />

In Reading gibt es nicht nur das legendäre Reading-Festival, sondern auch genug<br />

Kids, die vor lauter Langeweile eine Band gründen, um mit ihr die Welt zu<br />

erobern. Adam und Jonny Blake sowie Stuart "Les Rhytmes Digitales" Price, besser<br />

bekannt als Zoot Woman, gehören dazu. Nach Ride und Slowdive jetzt also<br />

Zoot Woman. Ein intimes Unter-vier-Augen-Gespräch mit Adam.<br />

Die Ansage lautet, eine Stunde mit der ganzen Band.<br />

Stuart Price soll so eine Art Alleinunterhalter sein – man<br />

gibt ihm ein Stichwort und von da an sollte man sich in<br />

regelmälßigen Abständen versichern, dass die Aufnahmekassette<br />

noch nicht voll ist. Sie sitzen ihre Wartezeit<br />

bis zum Konzert in einem der mit Abstand hässlichsten<br />

Hotels Berlins ab. Und das auch noch in Neukölln. <strong>De</strong>m<br />

mit Abstand hässlichsten Kiez. Empfangshallen-Situation:<br />

Eine sehr liebe Bandbetreuerin des Labels, ein ernstzunehmender<br />

Sonst-knallts-Tagesspiegel Redakteur und<br />

ein scheuer kleiner Zoot-Woman-Frontmann sitzen auf<br />

hässlichen Sofas. Um sie herum kitschiger Goldnippes<br />

und vor ihnen ein zappeliger Adam Blake. Kurze Wartezeit,<br />

dann stürmt ein weiteres Labels-Teammitglied samt<br />

Stuart in die hässliche Empfangshalle des hässlichen Hotels.<br />

Wir werden alle aufgeteilt. <strong>De</strong>r schüchterne Jonny<br />

hat frei und darf aufs Zimmer. Er scheint erleichtert. Die<br />

PANARTISTIK<br />

TEXT SANDRA SYDOW | HOME-COMING-QUEEN@GMX.NET<br />

Die Chicks on Speed wollen sich nicht im Format Riot-Fly-Girl festnageln lassen.<br />

Punkschnoddrig mit Chic ist die Haltung von gestern. Jetzt wird auf dem neuen<br />

Album der Popmainstream mit wehenden Selfmade-Overalls geentert. Aber<br />

Musik ist eh nur eines ihrer Arbeitsfelder ...<br />

Ein flotter Dreier. Dachte man, die 15 Minuten Ruhm hätten<br />

die Chicks on Speed schon lange ausgereizt, siehe da,<br />

erscheint auf Labels das neue und inzwischen dritte Album:<br />

99cent. Vielleicht Sellout, aber Sonderangebot. Mit<br />

Blick auf die Aktivitäten von Melissa Logan, Kiki Moorse<br />

und Alex Murray-Leslie in den letzten Jahren könnte man<br />

meinen, sie spiegeln ein bisschen wieder, was Berlin und<br />

die Welt an musikalischen und modischen In & Outs so<br />

heimsuchte: 80s-Revivals, Electroclash, Postpunk und<br />

was uns Medien und Musik noch so alles auftischten,<br />

wurde direkt an den Blusenkragen der Chicks geheftet.<br />

<strong>De</strong>mnach dürfte der Hauptstadt bald ein Poprevival erster<br />

Güte bevorstehen, vertraut man 99cent. Doch anscheinend<br />

gibt es keine Nische, in die man die Drei<br />

stecken kann, ohne sich beim deplazierten Spagat zwischen<br />

Girlies und Riot-Grrrls den plakativen Rock zu zerreißen.<br />

Die neue Platte jedenfalls ist ein sprunghafter<br />

Gemischtwarenladen an Popalbum - so sollte es sein, das<br />

war der Plan, sagen die Damen und verwischen somit jede<br />

verwirrende Spur in Richtung "Majorvorwurf": "Underground,<br />

Sellout, Mainstream - alles Quatsch! 99cent ist<br />

beiden anderen angestrengt. <strong>De</strong>r Tagesspiegel kriegt<br />

den Stuart und die <strong>De</strong>bug den Adam. Jeweils an einem<br />

hässlichen Tisch mit steifen Stühlen.<br />

DEBUG: Hey! Ich hab euch was mitgebracht. Eigentlich<br />

dachte ich, ihr würdet hier zu dritt sitzen, jetzt musst du<br />

sie alle alleine trinken.<br />

(Ich ziehe drei kleine Fläschchen Moonwalk (von Sensatonics)<br />

aus der Tasche (ein so genannter Spacedrink, ein<br />

Likör aus speziell ausgewählten Pflanzen, der wohl gelassen<br />

und weich macht). Adam schaut ganz erschrocken,<br />

hört aber wenigstens auf zu zappeln.)<br />

ADAM: Danke (auf <strong>De</strong>utsch!) Du willst mich vergiften,<br />

oder?<br />

DEBUG: Es geht hier eher um einen Selbsttest. Ich frage<br />

mich, ob euer Konzert besser flutscht wenn ihr das vorher<br />

getrunken habt. Machst du mit?<br />

DIE GNADE HARTER ARBEIT / Chicks on Speed<br />

ein Konzeptalbum, eine klassische Popscheibe. Wir versuchen<br />

immer, uns in alle Richtungen auszustrecken, die wir<br />

erreichen können, um einen breiten Raum für unsere Kunst<br />

zu schaffen. Diesmal gings uns darum, möglichst viele Leute<br />

zu erreichen, und das kann man über ein größeres Label<br />

einfach besser. Die ganze Promotion ist zwar ziemlich stressig,<br />

gehört aber dazu. Gleichzeitig nehmen wir damit das<br />

ganze Popbusiness ein bisschen auf die Schippe. Mit der Fertigstellung<br />

des Albums ist die Sache für uns auch schon wieder<br />

abgehakt. Das, was als nächstes kommt, ist jetzt interessant<br />

für uns."<br />

WAS WAR, IST EGAL<br />

Frauen, die also genau wissen, was sie tun. Was aber<br />

kann noch kommen? Durch ständige musikalische Präsenz<br />

läuft man als Allroundkünstler schnell Gefahr, seine<br />

Message à la Beuys (remember: Jeder Mensch ist ein<br />

Künstler!) unter Turntables und Gitarren zu begraben.<br />

"Wir haben selbst gemerkt, dass durch das Touren zwar einerseits<br />

viele Menschen auf uns aufmerksam geworden<br />

sind, aber andererseits kommt da die eigentliche Kunst-<br />

(Kein Engländer lässt sich vergeblich herausfordern. Er<br />

schaut zwar skeptisch, doch schafft immerhin die halbe<br />

Flasche. )<br />

ADAM:Oha. Das schmeckt ja wie ein fruchtiges Lager!<br />

(Die ollen Pub-Nasen! Was bitte hat eine Biersorte mit einem<br />

Likör gemein?)<br />

DEBUG: Wie ist das, mit seinem Bruder in einer Band zu<br />

spielen?<br />

ADAM: Och. Pffh. Wir sind eben sehr unterschiedlich. Er ist<br />

eher der Eigenbrötler und ich der Extrovertierte. Im Bandleben,<br />

wenn es ums Musikmachen geht, funktionieren wir super,<br />

ansonsten bin ich einfach hippeliger. Er ist sehr ruhig.<br />

Ein typischer Krebs halt.<br />

DEBUG: Mein Bruder auch! Was bist du für ein Sternzeichen?<br />

ADAM: Wassermann!<br />

DEBUG: ICH AUCH! Wann hast du Geburtstag?<br />

(Wir stellen fest, er ist 27 Jahre. Nur fünf Tage älter als ich.<br />

Man nickt sich anerkennend zu. Er denkt viel nach, in seinem<br />

Kopf rattert es den ganzen Tag. Er braucht seine<br />

Freunde um sich, bespricht alles was passiert mit ihnen.)<br />

DEBUG: Seit wann kennt ihr Stuart und wieviel Zeit verbringt<br />

ihr miteinander?<br />

ADAM: Wir kennen uns schon seit der Schule! Jetzt wohnt<br />

er in London und wir noch immer in Reading. Wir sehen uns<br />

zum Musikmachen. Das ist dann sehr intensiv, aber wir hängen<br />

eben nicht jeden Tag zusammen rum wie früher.<br />

(Jetzt dreht er den Spieß rum und fragt mich wie ich die<br />

Platte finde.)<br />

DEBUG: Generell mag ich euch, weil ich es nicht so<br />

wahnsinnig abgedroschen 80s finde, sondern eben nur<br />

ein Krümelchen Retro, aber ansonsten 2003 und später.<br />

Plus schöne Texte eben. Bestes Stück? "Half Full Of Hap-<br />

piness" find ich großartig! (Sasha singt) "Half full Of happiness<br />

/ Record playing Lover’s Game / Just room for loneliness<br />

/ As empty days overflow"<br />

ADAM (strahlt): Hab ich geschrieben! Finde ich auch super.<br />

<strong>De</strong>r Text ist das Resultat von zu viel Nächten ausgehen, trinken<br />

und sonst nicht viel anderes machen. Am Ende hat man<br />

tätigkeit schon zu kurz. Wir sind ja keine Popgroup. Die <strong>De</strong>finition<br />

über unsere Musik allein ist ein Produkt der Musikpresse,<br />

die uns in eine Kategorie stecken muss.“ Das Unwort<br />

Elektroclash wird von den Chicks nur noch müde<br />

belächelt. Kein Chicken-run, sondern Eigeninitiative:<br />

"Wir haben zwar schon wieder ein Album in Planung, auf<br />

dem wir auch selbst mal Instrumente spielen (lachen), aber<br />

es wird zum Beispiel im November ein Buch von und über<br />

uns erscheinen." Das Buch soll unterhalten, informieren<br />

und ein paar Rechnungen begleichen. "Chicks on Speed,<br />

it’s a project!” wird ein Dokument sein, in dem alles<br />

schwarz auf weiß nachzulesen ist. <strong>De</strong>r Titel verrät es: Das<br />

Kunstprojekt COS wird durchleuchtet. Fassen wir mal zusammen:<br />

Musikerinnen, Schriftstellerinnen ... Was tun<br />

Mädchen noch, wenn man sie lässt? Genau: ihre eigenen<br />

Klamotten nähen. "Overalls for all!”, die neue Kollektion<br />

der Chicks, trifft sich zwischen “neu” und “altbekannt“.<br />

Overalls bedruckt mit Texten. Das Prinzip kennt man<br />

schon von ihren T-Shirts und Papierkreationen, doch<br />

geht man hier noch einen Schritt weiter. Mutet ein wenig<br />

an wie selbstgebastelte Collagenflyer für kanadische Alternativ-Bands,<br />

riecht aber nach heißem Scheiß für die<br />

nächste Saison. Dress for success! Eine Vernissage-Tour<br />

soll es geben. Eine Art Three-in-one-Sache: Catwalk, ausstellen,<br />

auf der Bühne performen. <strong>De</strong>r Plan sollte aufgehen.<br />

Vergangene Reaktionen beweisen es. "Die Leute reagieren<br />

ganz wunderbar. Wir haben sehr kritische Fans, die<br />

uns fragen: Was soll das denn jetzt? Was macht ihr da ei-<br />

INFO<br />

Zoot Woman, s/t, ist auf Wall of Sound/Labels erschienen.<br />

www.wallofsound.net<br />

sich lediglich aufs nächste Mal ausgehen gefreut. Während<br />

dessen gehts einem super, aber man vergisst eben, sich einen<br />

Kopf zu machen, was danach kommt.<br />

DEBUG: Ich find es immer wieder erstaunlich, wenn ich<br />

auf die Texte höre und dagegen das Gefühl der Melodie<br />

nehme. Bei diesem Album lasst ihr Traurigkeit und Pessimismus<br />

sprachlich raus, aber – tut mir leid – ich krieg von<br />

der Platte immer gute Laune. Und jetzt gerade kommst<br />

du mir auch nicht vor wie ein frustrierter TwinTown<br />

Engländer, der nur den Regen kennt.<br />

ADAM: Es reicht ja, solche Texte zu schreiben. Da hat man<br />

alles Traurige bereits rausgelassen. Stimmt schon, ich bin<br />

keinesfalls ein eher schlecht gelaunter Typ.<br />

(Er fragt mich nach meinen anderen Gute-Laune-Hits<br />

und in welcher Situation ich die höre, wo ich lebe usw. (Ja<br />

hier ungefähr fing es an, dass ER mich letzten Endes interviewte.<br />

Er kennt jetzt das Kind, den Hund, den Vater<br />

des Kindes und den Freund plus aller <strong>De</strong>tails.) Mittlerweile<br />

brauch ich ein bißchen Moonwalk.)<br />

DEBUG: Wer waren denn die Lieblingsbands von little<br />

Adam?<br />

ADAM: Jetzt gerade erinnere ich mich an: Nirvana, Traffic,<br />

Yes, Steely Dan vielleicht noch The Cure. Die Erinnerung<br />

schwankt.<br />

DEBUG: Was magst Du lieber? McDonalds oder Burger<br />

King?<br />

ADAM (Sichtlich angespornt vom Drink): Aaah, McDonalds<br />

natürlich. <strong>De</strong>r König unter den Burgern. Burger King macht<br />

zwar auf Big Grill, aber im Endeffekt ist es doch der gleiche<br />

Kram, nur dass die Saucen bei Mc Donalds besser sind.<br />

DEBUG: Well done. Herzlichen Dank.<br />

ADAM: Nein. Lass noch bisschen weiterquatschen. Sieh<br />

mal, Stuart telefoniert schon seit 'ner halben Stunde, der ist<br />

bestimmt gleich fertig und dann muss er sich um den Herrn<br />

kümmern, der da auf sein Interview wartet. Wenn ich jetzt<br />

Es reicht ja, solche Texte zu schreiben. Da hat man alles<br />

Traurige bereits rausgelassen.<br />

aber schon vor ihm fertig bin ...<br />

Verstehe. Sehr gerne diskutieren wir noch ein bisschen,<br />

was Frauen und Männer jeweils besser machen könnten,<br />

um für das andere Geschlecht verständlicher zu werden.<br />

Und was man in dem Hotel alles verbrennen müsste, damit<br />

man sich wohl fühlen könnte.<br />

INFO<br />

Chicks On Speed, 99cent, ist auf Labels / EMI<br />

erschienen<br />

www.chicksonspeed.com<br />

gentlich? Und dann nehmen wir dazu Stellung. Auch wenn<br />

zwischendurch immer Dinge anders laufen, als wir das gerne<br />

gehabt hätten, gehört das zum Prozess dazu. Das ist kein<br />

Scheitern im Sinne von zurückfallen. Man steht auf der Bühne<br />

und vor einem sind unheimlich viele großartige Menschen,<br />

die einem zu verstehen geben: Das, was ihr macht, ist<br />

super! Da denkt man nur noch daran, dass man sich selbst<br />

nie ganz gesellschaftsfähig gefühlt hat. <strong>De</strong>n Menschen da<br />

geht’s genauso und jetzt sehen die an uns: Es geht alles. Man<br />

muss sich nicht unterordnen, um was zu schaffen. Das motiviert<br />

die Leute selbst anzufangen, und das ist das Ziel.“<br />

Chicks on Speed als Motivatoren zum Do-it-yourself. Bei<br />

soviel Plänen, was kann man sich da noch für die Zukunft<br />

wünschen? Ist da noch ein großer Traum, den es zu verwirklichen<br />

gilt? "Oh ja. Ein Traum wäre noch ein Haus. Eine<br />

Basis. Räumlichkeiten, um anderen Leuten auch die Möglichkeit<br />

zu geben, unabhängig kreativ zu arbeiten.“ <strong>De</strong>r Anfang<br />

ist gemacht. Chicks-on-Speed-Records arbeitet seit<br />

langem in genau diese Richtung. Fast forward. Was bekommen<br />

wir mit auf den Weg? -"It’s the biggest mistake,<br />

that hard work is a burden“, frei nach C. Hepburn. Also:<br />

Don’t cry - work! Und hart arbeiten sie offensichtlich<br />

wirklich, die Chicks on Speed. So hart, dass der Fototermin<br />

mit <strong>De</strong>bug leider abgesagt werden musste. Vielleicht<br />

aber auch ein weiterer Schritt im Konzept: "Wir treten<br />

dem Musikbusiness in den Arsch!“ - Keine Erwartungshaltung<br />

bedienen, nicht definiert werden, sondern definieren.


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

INTERNET / COPYRIGHT / 9-11<br />

DAS FREENET VERLÄSST DIE STAATEN / Ian Clarke<br />

TEXT MIKAEL PAWLO | MPAWLO@ALGONET.SE<br />

Mit Ian Clarke verlässt diesen Monat einer der wichtigsten FreeSpeech-Aktivisten<br />

und Gründer von Freenet die Vereinigten Staaten. Nach den Attentaten<br />

des 11. September war ihm das politische Klima schon seit einiger Zeit zu hart<br />

geworden. Ausschlaggebend wurde letztendlich dann die hierzulande kaum beachtete<br />

Verhaftung des arabischen Amerikaners und Programmierers Mike Hawash<br />

wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten. Was hinter Freenet und<br />

dem Fall Mike Hawash steckt, erklärt er im Interview.<br />

In einem Kommentar auf Slashdot erwähnte Ian Clarke<br />

vor kurzem seine Entscheidung, die USA zu verlassen -<br />

und sorgte damit in der Programmierer-Community für<br />

Aufregung. <strong>De</strong>nn Ian Clarke ist nicht irgendjemand, sondern<br />

gehört mit Freenet zu einem der bekanntesten radikalen<br />

FreeSpeech-Aktivisten. Freenet wendet sich gegen<br />

jede Art von Zensur, indem es eine technische Infrastruktur<br />

zur Verfügung stellt, die unkontrollierbar ist,<br />

denn anders als das Internet distribuiert Freenet dezentralisiert<br />

Information. Mikael Pawlo, selbst in Schweden<br />

im Bereich der FreeSpeech aktiv, interviewte Ian Clarke<br />

per Email zu den aktuellen Topics.<br />

DEBUG: Zunächst nochmal zur Person: Wer ist Ian Clark?<br />

IAN CLARKE: Ich bin Gründer und Koordinator des Freenet-Projekts,<br />

Chef der Cematics LLC, Gründer von Locutus<br />

und Erfinder der WhittleBit Such-Engine. Ich war technischer<br />

Leiter von Uprizer Inc. und habe in England in der<br />

Raumfahrtindustrie als Berater für Logica PLC gearbeitet.<br />

Studiert habe ich aber an der Universität von Edinburgh.<br />

Dort habe ich meinen Abschluß in Computer Science und<br />

Artifical Intelligence gemacht.<br />

DEBUG: Was ist Freenet?<br />

IAN CLARKE: Freenet ist eine freie Software, mit der Information<br />

ohne Angst vor Zensur veröffentlicht und gelesen,<br />

also konsumiert werden kann. Freenet ermöglicht eine komplett<br />

dezentrale und robuste Art und Weise, mit der Menschen<br />

anonym Nachrichten lesen und publizieren können.<br />

Es entwickelte sich aus einem Konzept, das ich noch als Student<br />

an der Universität Edinburgh geschrieben hatte. Ich<br />

habe mich damals sehr für etwas interessiert, das man<br />

"emergente Systeme" nennt. Das sind etwa Ameisenpopulationen,<br />

Bienenvölker oder Vogelschwärme. Emergente Systeme<br />

bestehen aus einer großen Anzahl gleicher oder ähnlicher<br />

Bestandteile, jedes für sich eher einfach in ihrem Verhalten.<br />

Kommen jedoch viele von ihnen zusammen und handeln<br />

interaktiv, können sie so etwas wie intelligentes Verhalten<br />

an den Tag legen. Ich wollte einen Weg finden, mit der<br />

Anwendung emergenter Architektur ein realistisches Problem<br />

zu lösen - und die Freiheit der Kommunikation zu sichern,<br />

passte sehr gut dazu. Ich habe etwa ein Jahr damit<br />

verbracht, die Theorie hinter der Funktionsweise von Freenet<br />

zu entwickeln, bevor ich es in Simulationen getestet habe.<br />

Die Ergebnisse dieser Simulationen waren viel versprechend<br />

und schließlich führte das zu dem gemeinsamen Ent-<br />

wicklungsvorhaben, aus dem dann schließlich Freenet wurde.<br />

DEBUG: Hat Freenet eigentlich irgendjemanden geholfen?<br />

IAN CLARKE: Hat es in der Tat, in Ländern wie China wird<br />

Freenet aktiv genutzt, um trotz Zensur seitens der Regierung<br />

die freie Verteilung von Informationen zu ermöglichen.<br />

Ein paar Leute haben nur für diesen Zweck Freenet ins<br />

Chinesische übertragen. Auch in anderen Ländern, etwa<br />

auch der USA, wird es dazu benutzt, zensierte Informationen<br />

zu verbreiten, wie etwa die Scientology "Operating Thetan"-Dokumente.<br />

Insgesamt wurde es über 2 Millionen mal<br />

heruntergeladen.<br />

DEBUG: Als ich mit Phil Zimmermann sprach, erzählte<br />

er, dass der Anschlag vom 11. September ihn nachdenklich<br />

gemacht hatte. Er dachte über die Entscheidung, das<br />

Verschlüsselungsprogramm PGP als Freeware zu veröffentlichen,<br />

nochmal neu nach. Schließlich kam er zu dem<br />

Schluss, dass es trotz allem richtig war, PGP zu veröffentlichen,<br />

denn die Gesellschaft sei besser dran mit einer<br />

sicheren Verschlüsselungstechnik. Hattest du ähnliche<br />

Gedanken bezüglich Freenet?<br />

IAN CLARKE: Nein, nicht für eine Sekunde. Ich bin tief davon<br />

überzeugt, dass die Freiheit der Kommunikation absolut<br />

essentiell für den menschlichen Fortschritt ist. Ich bin in Irland<br />

aufgewachsen, und während dieser Zeit lernte ich, dass<br />

Terrorismus nicht das Produkt von Freiheit, sondern von ihrer<br />

Abwesenheit, der Abwesenheit von Freiheit und Verständnis<br />

ist. Zensur ist immer ein Gegner von Freiheit und<br />

Verständnis - und also der Freund des Terrorismus.<br />

DEBUG: Soweit ich es verstanden habe, ist Freenet eine<br />

Anwendung zum Austausch von Information wie das Internet,<br />

nur mit zusätzlicher Anonymität. Wann wird Freenet<br />

das Web als erste Wahl ersetzen?<br />

IAN CLARKE: Das Freenet ist zur Zeit viel langsamer als das<br />

Internet und wird nie fähig sein, viele Dinge zu tun, wie sie<br />

das Internet kann, z.B. Interaktivität mit den Nutzern. Wie<br />

gesagt, Freenet ist eine sehr effektive und skalierbare Art<br />

und Weise große Dateien zu verteilen. Es ist immun gegen<br />

"denial-of-service"-Angriffe. Es ist also hauptsächlich nützlich<br />

für das übergeordnete Ziel: anonyme Informationsverteilung.<br />

DEBUG: Einige Leute, die versuchen die Verteilung von<br />

anstößigem Material oder kriminellen Aktivitäten im Internet<br />

zu stoppen, sehen unangenehme Implikationen in<br />

einem Projekt wie Freenet. Kannst du erklären, warum<br />

trotzdem die Vorteile überwiegen?<br />

IAN CLARKE: Meinungsfreiheit existiert nicht, wenn den<br />

Leuten nur erlaubt ist zu sagen, was du als anständig oder<br />

wahr erachtest. Wenige würden die obligatorische Installation<br />

von Überwachungskameras in Privat-Wohnungen tolerieren,<br />

auch wenn das alle Formen des Kindesmissbrauchs<br />

und häuslicher Gewalt verhindert könnte. Sind die, die sich<br />

gegen so etwas wehren würden, deswegen gleich Verfechter<br />

des Missbrauchs an Kindern? Wer sich für diese <strong>De</strong>batte interessiert:<br />

detailliertere Diskussionen über die Gründe hinter<br />

Freenet findet man übrigens auf unserer Philosophie-<br />

Seite.<br />

DEBUG: Kommen wir zu einer Entscheidung, die du erst<br />

kürzlich getroffen hast: Wieso willst du die USA verlassen?<br />

IAN CLARKE: Es gibt dafür eigentlich mehrere Gründe. Erstens,<br />

da mein momentaner Job nicht meine Anwesenheit<br />

an einem bestimmten Ort erfordert, ich könnte wahrscheinlich<br />

vom Nordpol aus arbeiten, wenn ich dort eine<br />

schnelle Internetleitung hätte. Zweitens, will ich nicht in einem<br />

Land leben, in dem ich als Ausländer als jemand gelte,<br />

der weniger Gerechtigkeit verdient als ein US-Bürger. Drittens,<br />

weil ich das Gefühl habe, dass die Richtung, in die sich<br />

die Sache mit dem geistigen Eigentum etwa mit der DMCA<br />

oder den Software Patenten in diesem Land entwickelt, Innovationen<br />

viel schwieriger und riskanter macht, besonders<br />

im P2P Bereich. Es gibt viele Sachen, die ich an den USA<br />

mag, aber dort zu sein, macht für mich einfach keinen Sinn<br />

mehr.<br />

DEBUG: Was ist falsch am Fall von Mike Hawash, einem<br />

arabischen Amerikaner und Intel-Programmierer, dem<br />

auf Grund einer Reise nach China unterstellt wurde, von<br />

dort nach Afghanistan reisen zu wollen und gegen Soldaten<br />

der USA zu kämpfen? Man klagt ihn als Terroristen<br />

an.<br />

IAN CLARKE: Ich bin kein Experte für diese spezielle Situation,<br />

trotzdem. Es berührt einen schon, wenn manche Leute<br />

nicht wahrnehmen, dass ein Geständnis unter Zwang genauso<br />

wenig gültig ist, wie die erzwungenen Schuldgeständnisse<br />

von amerikanischen Kriegsgefangenen im Vietnam-Krieg.<br />

DEBUG: Hast du die USA schon verlassen oder änderst<br />

du nochmal deine Meinung?<br />

INFO<br />

The Free Net Project: freenetproject.org<br />

Mike Hawash: www.freemikehawash.org<br />

Mikael Pawlo: www.pawlo.com<br />

.<br />

IAN CLARKE: Ich werde jetzt, also Anfang Oktober abreisen,<br />

und habe nicht vor, meine Meinung nochmal zu ändern.<br />

DEBUG: Spielt es eigentlich überhaupt eine Rolle, wo<br />

man in dieser globalisierten Welt wohnt, so lange man<br />

sich in einer westlichen <strong>De</strong>mokratie aufhält?<br />

IAN CLARKE: Wenn sich die USA wie eine westliche <strong>De</strong>mokratie<br />

benehmen würden, dann vielleicht, aber unglücklicherweise<br />

tun sie das nicht.<br />

DEBUG: Cory Doctorow kommentierte deine Entscheidung,<br />

die USA zu verlassen, mit "Amerika verliert einen<br />

wichtigen <strong>De</strong>nker und Tüftler mit Ian - und es sind zweifelsohne<br />

schon andere Ians abgeschreckt worden, deren<br />

Weggang weniger laut gewesen sind. Es ist eine Schande,<br />

dass er Godwins Gesetz verletzte, als er seinen Abschiedsbrief<br />

schrieb. Tatsächlich hat Godwin recht, wenn<br />

er meint, dass jede Diskussion bei dem Erwähnen eines<br />

Vergleichs mit Hitler oder den Naziverbrechen beendet<br />

ist. Es gab denjenigen, die uns gerne vom eigentlichen<br />

Thema ablenken wollen, einen praktischen Grund, sich in<br />

den Streit mit sinnlosen Argumente über die Angebrachtheit<br />

eines Vergleiches mit dem Nazi-<strong>De</strong>utschland<br />

einzumischen". Was meinst du dazu?<br />

IAN CLARKE: Cory und ich hatten eine interessante Diskussion<br />

deswegen. Cory stimmte schließlich mit mir überein,<br />

dass mein Vergleich treffend war, aber bestand weiter<br />

darauf, dass Nazi-Vergleiche niemals benutzt werden sollten,<br />

da sie vom eigentlichen Thema ablenken. Ich glaube, es<br />

Ich bin tief davon überzeugt, dass die Freiheit der<br />

Kommunikation absolut essentiell für den menschlichen<br />

Fortschritt ist.<br />

ist wichtig, dass wir niemals vergessen, was im Nazi-<br />

<strong>De</strong>utschland passiert ist. Schon allein, damit es sich niemals<br />

wiederholt. Als Konsequenz ziehe ich es daher vor, wenn solche<br />

Vergleiche eher zu oft, als zu selten gezogen werden.<br />

DEBUG: Welche Veränderungen der US Politik müssten<br />

passieren, damit du bleibst, bzw. zurückkommen würdest?<br />

IAN CLARKE: In ein anderes Land zu gehen, ist eine teure<br />

und irgendwie auch traumatische Erfahrung. Also würde<br />

ich den Aufwand, in die USA zurückzugehen, nur für einen<br />

wirklich guten Grund auf mich nehmen. Ich werde in die<br />

schöne Stadt Edinburgh in Schottland ziehen und ich schätze<br />

mal, es wird schwierig sein, mich zu überreden, da wieder<br />

wegzugehen, wenn ich mich da einmal niedergelassen habe<br />

;-)<br />

DEBUG: Also war Freenet ein Schulprojekt und du hast<br />

'ne zwei dafür bekommen, wer kriegte die eins dieses<br />

Jahr?<br />

IAN CLARKE: Keine Ahnung ;-)


Today we<br />

WORK HARD<br />

to decorate the<br />

house<br />

www.diesel.com<br />

Number 160 in a series of Diesel “How to...” guides to successful living. For more information: call Diesel <strong>De</strong>utschland GmbH 211-4185600 www.diesel.com


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

COPYRIGHT<br />

SOFTWAREPATENTIERUNG / Europa entscheidet später<br />

TEXT ANTON WALDT | WALDT@QUINTESSENZ.AT<br />

Das Europäische Parlament in Brüssel hat die Entscheidung über Softwarepatentierung<br />

erneut verschoben. Die Industrielobby sah sich schon als Sieger, da<br />

klopfte die Kampagne von Euro-Linux nochmal an und weckte zumindest einige<br />

Köpfe auf. Anton Waldt erklärt, worum es geht, und fasst die wichtigsten Punkte<br />

zusammen.<br />

Fangen wir vorne an: Nachdem Otto der Höhlenmensch<br />

im Gebüsch eine Keule gefunden hatte, bekamen allzu<br />

neugierige Zeitgenossen eine übergebraten und hielten<br />

fortan die Schnauze. Damit wurde eine Erfinderkultur<br />

geboren, die bis heute lebendig ist, nur die Ausdrucksformen<br />

haben sich deutlich gewandelt. Wenn ein Konzern<br />

im Internet einen Link findet, versucht seine<br />

Rechtsabteilung diese "Erfindung" zu patentieren und<br />

anschließend von allen, die einen Link setzen, Lizenzgebühren<br />

einzutreiben, also irgendwie die zeitgemäße<br />

Form des Überbratens. Was sich angesichts von geschätzten<br />

zwei Milliarden Internet-Sites mit durchschnittlich<br />

rund 50 Links absurd anhört, ist allerdings<br />

vor drei Jahren wirklich passiert: Damals machte die British<br />

Telecom geltend, ein US-Patent auf die Funktionsweise<br />

von Hyperlinks zu halten, und wollte Lizenzgebühren<br />

von Providern dafür kassieren. Das fragliche Patent<br />

wurde zwar vor Gericht nicht anerkannt, der Fall<br />

macht allerdings deutlich, wie Patente im Bereich von<br />

Bits und Bytes die unmöglichsten Schäden anrichten<br />

können.<br />

Zwischen der Keule und dem Link ist allerdings eine<br />

Menge passiert und eine Zeit lang war diese Entwicklung<br />

sogar anerkannter Maßen vernünftig. Die ersten<br />

Patente gehen auf mittelalterliche Bergwerkspriviliegien<br />

zurück und deshalb sprach man lange Zeit auch noch<br />

von "Monopolen", wenn es um die exklusive Nutzung ei-<br />

BILDER<br />

BILDERKRITIKEN<br />

TEXT STEFAN HEIDENREICH | STEFAN@DE-BUG.DE<br />

LORD HUTTON, FOTOGRAF UNBEKANNT<br />

WWW.THE-HUTTON-INQUIRY.ORG.UK/<br />

The-hutton-inquiry.org.uk avancierte im August zu Englands<br />

meistgelesener Polit-Site im Internet. Hutton hütet<br />

ein Reservat der Seriosität inmitten eines Dschungels<br />

von Lügen. Prominente Gäste sind zu seiner Talkshow<br />

geladen, allerdings unter Ausschluss der Fensehkameras.<br />

Information aus erster Hand gibt die Internet-<br />

Seite, die auf jeden Fall eines nicht sein will: Sexed up,<br />

wie die aufgebauschten Geheimdienstquellen der<br />

Kriegstreiber im Februar. Das Porträt des Lord Hutton<br />

zeigt den Leiter der Komission mit zusammengekniffenen<br />

Mund, sein Blick von einer Brille verstellt. Mit beiden<br />

Händen hält er sich an einem voluminösen Buch<br />

fest, um sich seiner Souveränität als Richter zu vergewissern.<br />

Das Porträt steht auf der in einer coolen Minimalästhetik<br />

schwarz-weiß-olivbraun gehaltenen Seite<br />

neben einer Kurzbeschreibung des Auftrags: "eine dringende<br />

Untersuchung der Umstände des Tods von Dr.<br />

Kelly" vorzunehmen. Die jüngste Avantgarde politischer<br />

ner Technik ging. Das moderne Patentrecht entstand<br />

dann Ende des 18. Jahrhunderts und wurde im Zuge der<br />

industriellen Revolution in ganz Europa und den USA<br />

endgültig etabliert. Solange es um greifbare Techniken<br />

geht, ist das Patentprinzip seitdem weitgehend anerkannt:<br />

Wer jahrelang an der Erfindung der Glühbirne<br />

oder einer Krabbenpulmaschine bosselt, darf seine Erfindung<br />

eine zeitlang exklusiv nutzen oder eben Lizenzen<br />

erteilen. Komisch wird es erst, wenn reine Ideen<br />

oder Codes patentrechtlich geschützt werden sollen<br />

und hier wird derzeit auf zwei Gebieten tüchtig gestritten.<br />

PATENTIERUNGEN HEUTE<br />

Zum einen geht es um den Schutz von Gen-Sequenzen,<br />

zum anderen um Software. Letztere ist aus guten Gründen<br />

in Europa noch nicht patentierbar, anders als in den<br />

USA, wo Amazon für den genialen Einfall des "Ein-Click-<br />

Webshoppings" Lizenzgebühren verlangen darf oder<br />

aber von seinen Konkurrenten, unnötige Klicks in den<br />

Kaufvorgang einzubauen. Kompliziert wird die Lage in<br />

der EU allerdings dadurch, dass das europäische Patentamt<br />

(EPA) seit Ende der 90er zehntausende Patente auf<br />

Programmieraufgaben, Geschäftsideen und organisatorische<br />

Verfahren erteilt hat. Diese sind zwar vor Gericht<br />

kaum zu halten - bisher sind alle angezweifelten Patente<br />

nivelliert worden - aber mindestens die Patentanwäl-<br />

01 02<br />

Berichterstattung stellt sich als Rückkehr zur Oberfläche<br />

eines Amtsblatts dar. Keine Paparazzi, keine<br />

Gerüchte aus zweiter Hand, keine aufdringlichen Talkmaster,<br />

keine Polit-Show, kein populistisches Geschwafel<br />

von Kandidaten und deren PR-Beratern. Statt dessen<br />

eine amtliche Offensive, um der politischen Klasse wenigstens<br />

ein Stück Seriosität zurückzugewinnen. Das<br />

Komissions-Unwesen grassiert als eine neue Form von<br />

Politmarketing. In <strong>De</strong>utschland im Dienst der heroischen<br />

Aufgabe des "Downgrading Germany", in England,<br />

das von Maggie Thatcher schon hinreichend downgegraded<br />

wurde, auf der Spur der so genannten<br />

Wahrheit. Für Fachleute aller Sparten und höchst ehrenwerte<br />

Lordrichter hat man Reservate eingerichtet,<br />

aus denen sie spärlich dosiert ihre halbamtliche Wahrheit<br />

übermitteln. Das spröde Image gehört zum Geschäft,<br />

als Gegenentwurf zur herrschenden Medio-Kratie<br />

und deren visueller Selbstdarstellung. Die PR-Agentur<br />

Lord Huttons hat ihr bestes gegeben, um ihn "down<br />

zu sexen". •••<br />

te und das EPA haben mit dieser Praxis schon Millionen<br />

umgesetzt. Daneben kann aber auch davon ausgegangen<br />

werden, dass die faktische Erteilung von Software-<br />

Patenten politisch gewünscht war, denn ohne dies Art<br />

Rückendeckung dürften die braven EPA-Ingenieure aus<br />

München nicht in diesem Umfang aktiv geworden sein.<br />

DER TEURERE RECHTSANWALT GEWINNT<br />

Die Patentierungspraxis gab nämlich der interessierten<br />

Industrie die Möglichkeit, 1998 effizient nach einer Neuregelung<br />

des EU-Patentrechts zu verlangen, natürlich<br />

mit dem Ziel, Software und Geschäftsideen auch Prozess-fest<br />

patentieren zu können. Seitdem gab es eine<br />

ziemlich schmutzige Lobbykampagne seitens der Softwarekonzerne<br />

in Brüssel, bei der offensichtlich alle<br />

Hemmungen fallen gelassen wurden. Gallionsfigur der<br />

Patentbefürworter wurde die britische Sozialdemokratin<br />

Arlene McCarthy, die dafür sorgte, dass beispielsweise<br />

in einem Sondierungspapier mit den Antworten<br />

einer Umfrage solange herumgerechnet wurde, dass<br />

aus vier Prozent Zustimmung eine "Mehrheit für Softwarepatente"<br />

wurde. Sowas geht, wenn man "die wirtschaftliche<br />

Potenz" der Antwortenden gewichtet, weil<br />

dann 50 Industriemeldungen 1.400 Open-Source-Aktivisten<br />

locker wegdrücken. Vor allem aus der Linux-Szene<br />

kam vehementer Widerstand gegen die geplanten Software-Patente.<br />

Für Open-Source-Entwickler, aber auch<br />

INFO<br />

Euro-Linux: eurolinux.org<br />

Die EU-Richtlinie im Volltext:<br />

europa.eu.int/comm/internal_market/en/<br />

indprop/comp/com02-92de.pdf<br />

für die Mehrzahl der Softwarefirmen würden die Patente<br />

nämlich die Arbeit ungemein erschweren, wenn nicht<br />

sogar zum Erliegen bringen. Die einzigen, die von den<br />

Patenten profitieren würden, wären die größten Konzerne,<br />

und dies vor allem deshalb, weil sie über große<br />

Rechtsabteilungen und genügend Kapital für langwierige<br />

Prozesse verfügen: Darüber ob ein Code geschützt<br />

ist, lässt sich in jedem Einzelfall immer trefflich und kostenintensiv<br />

streiten.<br />

VERTAGUNG<br />

Bis Ende August sah es allerdings so aus, als ob die Industrie<br />

ihr Lobbyspiel gewinnen würde, bis kurz vor der<br />

Darüber, ob ein Code geschützt ist, lässt sich in jedem<br />

Einzelfall immer trefflich und kostenintensiv streiten.<br />

FOTO: WING SHYA, AIR LIQUIDE<br />

IN: STYLE SEPTEMBER/2003<br />

In einem Vorort einer Millionenstadt kleidet der Fotograf<br />

seine Models mit Label-Klamotten ein. Dicke Luft<br />

über Peking oder Shanghai. Das Reich der Mitte, ein<br />

Reich der Produktion. Werden die fotografierten Kleider<br />

schon in Shenyang genäht, oder hat der Stylist sie nach<br />

China mitgenomen? Sind sie ein Bote des bösen chinesischen<br />

Exportüberschusses oder ein Bote der guten<br />

Milliarde künftiger Konsumenten? Oder etwas Doppeltes,<br />

etwas in der Mitte: Re-Import von Kleidern und Re-<br />

Import von Bildern. In China genähte Kleider. Nach<br />

Westeuropa verfrachtet. Mit dem Stylisten wieder<br />

zurück. An Chinesinnen fotografiert, um in unserem<br />

heimischen Reich des Konsums stilistische Distinktionen<br />

zu repräsentieren. Man stelle sich vor: in einem Vorort<br />

von Berlin sitzen in dusteren Fabriken unterbezahlte<br />

Tagelöhner, um chinesische Kostüme zu nähen. Ein Model,<br />

das sich Hoffnung auf einen Job im goldenen Reich<br />

der Mitte macht, darf für ein chinesisches Magazin in<br />

geplanten Abstimmung eine Kampagne von Euro-Linux<br />

sowohl im Netz als auch mit einer <strong>De</strong>monstration vor<br />

Ort das Bewusstsein der Parlamentarier für das Problem<br />

erstmals richtig weckte. Die Abstimmung wurde daraufhin<br />

für mindestens drei Wochen verschoben und inzwischen<br />

sieht es sogar so aus, als ob die geplante Regelung<br />

keine Mehrheit finden würde. Stattdessen dürfte eine<br />

wesentlich entschärfte Bestimmung beschlossen werden,<br />

in der nach dem derzeitigen Stand der Diskussion<br />

nur "tatsächliche, industrielle Produkte" patentwürdig<br />

sein werden. Mit der Keule aus dem Software-Gebüsch<br />

bekommt damit hoffentlich in Europa auch weiterhin<br />

niemand eine übergebraten.<br />

unbezahlbaren Fummeln als exotische Langnase posieren.<br />

Die Umkehrung der globalen Produktionsverhältnisse<br />

ist nicht undenkbar. <strong>De</strong>n heimischen Retail-Markt<br />

an kulturellen Daten hat China längst gekapert. Seit es<br />

gerippte DVDs überall zu Spottpreisen gibt, wurden die<br />

Produktionen der westlichen Kulturindustrie radikal<br />

entwertet. Eine Kulturrevolution der anderen Art. Umgekehrt<br />

hoffen desillusionierte heimische Ökonomen<br />

längst auf <strong>De</strong>utschlands Anteil an Chinas milliardenschweren<br />

Markt. <strong>De</strong>r softe deutsche Eisenbahn-Kolonialismus<br />

nach dem Modell der Bagdad-Bahn ist vor<br />

Shanghai schon Wirklichkeit geworden. Nun müssten<br />

nur noch die Lohnkosten in <strong>De</strong>utschland auf chinesisches<br />

Niveau sinken und der Yuan kräftig aufgewertet<br />

werden, um die ökonomische Perspektive auf das Bild<br />

radikal umzukehren. schon von Glück reden, wenn das<br />

Unsägliche sichtbar wird.<br />

••••


HOUSE<br />

Wir treffen Ricardo Villalobos in der spanischen Atlantikmetropole Vigo. Es ist<br />

mitten am Tag. Eine Clubnacht ist zu Ende gegangen. Was passiert? Wir wollen<br />

einen immer wiederkehrenden Moment rekonstruieren, eine Privatheit aufstöbern,<br />

einfach alles ganz genau wissen. Schließlich geht es doch um <strong>De</strong>tails, oder<br />

nicht? Z.B. darum, dass Ricardo Villalobos einmal einen Flug verschoben hat,<br />

weil er eine Folge der Krankenhausserie St. Angela nicht verpassen wollte.<br />

DEBUG: Also auf nach Vigo ...<br />

RICARDO: Das ist die krasseste Koks-Stadt Europas! Da<br />

kommt für den gesamten südeuropäischen Raum das Koks<br />

rein. Klar war ich schon mal da. Es war schön dort. Ich wüsste<br />

jetzt allerdings nicht, ob ich tatsächlich im Hotel schlafen<br />

sollte ...<br />

DEBUG: Nun. Gehen wir mal davon aus. Du überlegst,<br />

dich zurückzuziehen, vielleicht sogar schlafen zu gehen.<br />

Du sperrst also die Hoteltür zu und dafür geht die Kühlschranktür<br />

der Minibar auf. Welcher Drink lacht dich sofort<br />

an?<br />

RICARDO: Nach so einem Abend nehme ich mir eine Flasche<br />

guten, aber billigen spanischen Rotwein, die aber nicht<br />

im Kühlschrank steht.<br />

DEBUG: Damit beginnt die Entspannungsphase?<br />

RICARDO: Die beginnt damit, dass ich mir eine Tüte drehe.<br />

DEBUG: Und in einer Stadt wie Liverpool? Wäre der Ablauf<br />

dann anders?<br />

RICARDO: Nein. <strong>De</strong>r Rotwein ist wegen seiner Inhaltsstoffe<br />

gut zum Einschlafen. Überall.<br />

DEBUG: Richtest du dich ein bisschen ein in den Hotelzimmern?<br />

RICARDO: Ich komme rein, schmeiße meine Sachen in irgendeine<br />

Ecke, trinke den Rotwein, dreh die Tüte und schlafe<br />

meist bei laufendem Fernseher ein.<br />

DEBUG: Was läuft? CNN oder BBC?<br />

RICARDO: Auf keinen Fall. Ich schalte einen Musikkanal<br />

oder irgendeine englische Talkshow an.<br />

DEBUG: Entspannend.<br />

RICARDO: Das stört mich überhaupt nicht, weil ich dann<br />

sofort einschlafe. Es sei denn, wir sind in Vigo. Fernsehen<br />

aber ist überhaupt keine Ruhestörung, eher so ein vertrautes<br />

Rumgemurmel.<br />

DEBUG: Sind Hotels deine zentralen Begegnungsstätten?<br />

RICARDO: Auf jeden Fall. Es sind sehr funktionale Situationen,<br />

die man nicht mal mehr im Kurzzeitgedächnis einspeichert.<br />

Wenn ich alleine bin, versuche ich, meine Zeit mit<br />

schlafen zu gestalten. Aber allein mit mir selbst? Selten.<br />

DEBUG: Dann gibt es natürlich noch so Sachen wie Pay<br />

TV.<br />

RICARDO: Auf jeden Fall. Super cool.<br />

DEBUG: Wegen der Pornos?<br />

RICARDO: Zum Teil wegen der Pornos. Es ist interessant zu<br />

sehen, wie unterschiedlich die weltweit sind. In Holland<br />

sind die Pornos grenzenlos: Da sieht man alles, was geht. In<br />

Südamerika ist es eher so ein klassisches Ding. In England<br />

dagegen wird alles nur angedeutet.<br />

DEBUG: Wie angedeutet?<br />

RICARDO: Man sieht die Körper, wie sie sich bewegen, und<br />

alles dauert ganz furchtbar lange, Vorspiel und alles wird<br />

kaschiert. Keine Genitalien.<br />

DEBUG:<br />

Keine Cum-Shots?<br />

RICARDO: Auf keinen Fall.<br />

AMERIKA ALS SCHLAFTABLETTE<br />

DEBUG: Worüber unterhalten sich Musiker momentan<br />

auf ihren Reisen?<br />

RICARDO: Meistens über Platten und wo man das letzte<br />

Mal gerade gespielt hat. Dann wird erzählt, ich hab da und<br />

da schon mal gespielt usw. und dann kommt das Gespräch<br />

darauf, dass man eigentlich gar nicht mehr nach Amerika<br />

will, weil das nicht unterstützenswert ist. Ja, über Amerika<br />

redet man sehr oft. Amerika ist das außermusikalische Thema.<br />

DEBUG: Lass uns über Amerika reden.<br />

RICARDO: Dieser ganze Clan um Dick Cheney und den alten<br />

Bush. <strong>De</strong>n tollpatschigen Sohn aber als Arschloch zu<br />

bezeichnen, wäre ein bisschen gemein. Er ist ja nur der<br />

Handlanger seines Vaters, der sein Berater ist.<br />

DEBUG: Bereitet dir das Schlafstörungen?<br />

RICARDO: Nein, im Gegenteil, wenn ich darüber ausgiebig<br />

reden kann, kann ich sogar besser schlafen.<br />

DEBUG: Welcher DJ bereitet dir Schlafstörungen?<br />

RICARDO: Die, die völlig unmotiviert ein Bier nach dem<br />

anderen trinken und einem total das Ohr abkauen.<br />

DEBUG: Was hältst du von Leuten wie Moodyman oder<br />

Theo Parrish, die gewisse Gesten im internationalen DJ-<br />

Set unterlaufen. Sie manifestieren damit einen Bruch<br />

und sagen: Diese eine heilige universale Rave-Community<br />

existiert nicht ....<br />

RICARDO: Ihr Verhältnis ist gebrochen und sie handeln<br />

aus dem Komplex heraus, dass sie in der Gesellschaft, von<br />

der weißen Community nicht für voll genommen werden.<br />

So z.B. Moodyman, der der weißen Community vorwirft, sie<br />

hätten bei der schwarzen gestohlen. So etwas ist natürlich<br />

extrem unmusikalisch. Wenn man anfängt zu sagen, alles<br />

wurde gestohlen und Musik kommt eigentlich aus Afrika,<br />

wo wäre Musik dann heutzutage, wenn Musiker so denken<br />

würden?<br />

LEINWAND IST NICHT LEIWAND<br />

DEBUG: Man kann immer sagen: Na gut, ihr seid auf Separatismus<br />

aus, aber das ist nicht der Punkt. Es geht ja<br />

darum, wenn sie hinter Folien spielen, sich verstecken -<br />

dieses ganze Disappearing-Moment -, dass es eine performative<br />

Politik gegen diesen gute Laune-Terror der<br />

DJs gibt. Einen Bruch in der Zeit des Vergnügens im<br />

Vergnügen.<br />

RICARDO: Das hat aber trotzdem etwas sehr Unfreundliches<br />

für die Zuhörer.<br />

DEBUG: Das ist ja genau das, was ich meine ...<br />

RICARDO: Ja, dann braucht man doch gar nicht in eine<br />

Diskothek zu gehen, um Spaß zu haben, wenn irgend so ein<br />

Typ sich hinter einer Leinwand versteckt, weil er es nicht für<br />

angemessen hält, von den Weißen überhaupt angesehen zu<br />

werden.<br />

DEBUG: Diese Folie reflektiert doch einfach nur etwas.<br />

RICARDO: Dann brauche ich nicht in den Club gehen. Ich<br />

kann dann wirklich auch zu Hause bleiben und dabei fernsehgucken<br />

...<br />

DEBUG: ... und DJ-Sets streamen und nicht mehr anwesend<br />

sein?<br />

RICARDO: Ja, soll jemand in irgendeiner amerikanischen<br />

Radiostation auflegen und an 20 verschiedenen Plätzen auf<br />

der Welt stellen sich 20 Leute mit Afro-Perücken hin und<br />

tun so, als würden sie auflegen.<br />

DIE "AMERIKANISCHE NACHT" EMIGRIERT<br />

DEBUG: Könnte man nicht sagen, das größte Versprechen<br />

liefert die ”Amerikanische Nacht”?<br />

RICARDO: Ja klar.<br />

DEBUG: Heißt das nicht, dass man Amerika ganz anders<br />

affirmieren muss? Kann der ganze Traum von Rave und<br />

allem, was man an Soundpolitiken erzeugen kann, daran<br />

gar nicht vorbeigehen?<br />

RICARDO: Ja, das war mal so. Aber mittlerweile haben die<br />

Amerikaner den Rave-Act verabschiedet und NYC ist von<br />

der aufregensten Stadt zur langweiligsten mutiert.<br />

DEBUG: Ist nichts mehr übriggeblieben?<br />

RICARDO: Auf keinen Fall. Das Einzige ist der musikalische<br />

Fortschritt, der immer wieder aus Amerika kommt.<br />

Labels, Musiker, Kreative, die auch aus ihrer Realität heraus<br />

gute Musik machen. <strong>De</strong>troit etc.<br />

DEBUG: Aber die Amerikanische Nacht - metaphorisch<br />

betrachtet – bleibt faszinierend. In den USA haben sich,<br />

so restriktiv die Gesetze auch immer waren, popkulturelle<br />

Räume eröffnet. Von Christopher Street Day bis hin<br />

zu Paradise Garage ...<br />

RICARDO: Ich sehe vermehrt, dass Amerikaner nach Europa<br />

gehen, um diese Amerikanische Nacht zu leben.<br />

DEBUG: Weiterzuleben an einem anderen Ort?<br />

RICARDO: Mit der Ortsungebundenheit entfällt die Gebundenheit<br />

an Amerika, während sie an andere Orte<br />

gleichzeitig wächst.<br />

DEBUG: Warum sollten politische Statements in Musik<br />

hörbar gemacht werden?<br />

RICARDO: Ich wäre als halber Südamerikaner völlig fehl<br />

geraten, wenn ich keine politische Message in meine Musik<br />

einbringen würde. Man kann politische Statements dadurch<br />

setzen, dass man wie Ultra Red <strong>De</strong>monstrationsparolen<br />

aufnimmt und wie einen Chor als Gesang einsetzt<br />

und mit elektronischer Musik paart. Die Aura des entstanden<br />

Stücks hat etwas sehr Protesthaftes.<br />

DEBUG: Aber nicht im klassischen Sinne, weil dieser<br />

Chor etwas Gespenstisches hat.<br />

RICARDO: Ja, er bespielt nur den Hintergrund des Stücks,<br />

INFO<br />

Ricardo Villalobos, Alcachofa, ist auf Playhouse, das<br />

Mixalbum ”Taka Taka” ist auf Coocon erschienen.<br />

www.mad-net.de/ongaku ;<br />

www.cocoon.net ; www.ultrared.org<br />

”La nuit américaine” ist ein Film von<br />

François Truffaut (F / I 1972/73)<br />

DIE AMERIKANISCHE NACHT / Ricardo Villalobos<br />

TEXT ALJOSCHA WESKOTT, SAMI KHATIB | ALJOSCH@YAHOO.DE, SAMI@DE-BUG.DE<br />

dennoch spürt man die Aura dieser Masse. Es gibt viele Ebenen<br />

des politischen Statements in einem Stück, z.B. durch<br />

eine bestimmte Titelwahl. Als Musiker oder DJ ist man<br />

durch die Aufmerksamkeit, die man erfährt, verpflichtet, in<br />

Interviews oder durch die Musik, durch die man wahrgenommen<br />

wird, politische Statements zu setzen. Ich habe<br />

Protestmusik oder Aufnahmen wie die der letzten Rede des<br />

chilenischen Präsidenten (Allende) wegen meiner linken Eltern<br />

schon immer gehört und deshalb <strong>De</strong>rartiges bereits in<br />

anderen Stücken benutzt.<br />

DEBUG: Es geht dir aber primär um den Club als Raum?<br />

RICARDO: Es geht zentral um die Rhythmik, um den<br />

Raum, den die Musik einnimmt und schafft.<br />

DEBUG: Kann mit dieser Musik auch ein Hotelzimmer<br />

zum Club mutieren?<br />

RICARDO: Ja, auch. Die Zeitungebundenheit ist letztlich<br />

das, wonach wir uns sehnen, warum wir auch so lange in<br />

Diskotheken bleiben, 30, 40 Stunden.<br />

MAKRO-POLITISCH UND MIKRO-RAUSCHHAFT<br />

DEBUG: Was ich nicht verstehe, ist dieses Verhältnis<br />

von Real- und Mikropolitik. Wie sieht der realpolitische<br />

Anschluss aus, wenn doch alle Soundpolitiken darauf<br />

ausgerichtet sind, einen Diskozustand auszudehnen, zu<br />

verlängern, um aus der vorgegebenen Zeitrechnung in<br />

eine eigene, kollektive Zeit zu verschwinden. Wo ist da<br />

die Realpolitik? Mit Protestbewegungen in Südamerika<br />

ist das nicht vergleichbar.<br />

RICARDO: Ich sehe unsere ganze Clubszene eher wie eine<br />

Art Siesta, weg aus der Realität. Die Politik ist das, was man<br />

in dieser Siesta, diesem Traum oder den Gesprächen in der<br />

Clubsituation erlebt und in die Realität überträgt.<br />

DEBUG: Ist das wirklich möglich? Was ist mit der Trennung<br />

zwischen makro-politisch und mikro-rauschhaft?<br />

RICARDO: Wenn die Trennung zu stark wird, höre ich auf,<br />

Musik zu machen.<br />

DEBUG: In welche Zeitschriften blätterst du zwischendurch?<br />

Face oder ID?<br />

RICARDO: In keiner.<br />

DEBUG: Welche Mode beeindruckt dich auf Ibiza?<br />

RICARDO: <strong>De</strong>r krasse Gegensatz von Hippietum und Glamour.<br />

Die Touristen wollen in die Nähe des Glamours, etwa<br />

im Amnesia, wo im V.I.P.-Bereich der Champagner schon<br />

mal 1000 Euro kostet, während im Norden der Insel von der<br />

Hand in den Mund gelebt wird. Dieser Widerspruch zieht<br />

Ich wäre als halber Südamerikaner<br />

völlig fehl geraten,<br />

wenn ich keine politische<br />

Message in meine Musik<br />

einbringen würde.<br />

mich an. Und der Wunsch, auch mal neben Puff Daddy zu<br />

sitzen.<br />

DEBUG: Also doch auch Lifestyle?<br />

RICARDO: Ich nehme mir gerne etwas von diesem Kuchen,<br />

bin aber nicht Teil davon.<br />

DEBUG: Auch nicht für den Moment?<br />

RICARDO: Naja, nicht von dieser Glamourwelt. Es gibt<br />

dort gemietete V.I.P.-Räume, in die niemand - nicht mal die<br />

Polizei - rein darf. Das wird alles von einer Armee von Securityleuten<br />

geregelt.<br />

<strong>De</strong>r Fernseher läuft noch. Es ist 15 Uhr morgens. <strong>De</strong>r<br />

Aufbruchsloop des Auscheckens beginnt.<br />

DEBUG: Wie ist das?<br />

RICARDO: Wenn man wegfährt, dann will man einfach<br />

nur noch weg. Ich habe meinen Job getan. Entweder nach<br />

Hause oder zum nächsten Gig. Mit dem Kopf bin ich schon<br />

bei der nächsten Station. <strong>De</strong>r Prozess des Auscheckens ist<br />

völlig automatisiert. Es ist etwas, an das ich mich auch nie<br />

erinnere.<br />

DEBUG: Ist man als DJ dann jeden Morgen am falschen<br />

Ort?<br />

RICARDO: Theoretisch ja. <strong>De</strong>r Sinn ist verflogen. Man<br />

möchte zurück zu den Menschen, die man liebt.<br />

TECHNO<br />

BILD JULIA WINDHOFF<br />

TEXT SASCHA KÖSCH | BLEED@DE-BUG.DE<br />

THOMAS SCHUMACHER IST:<br />

ELEKTROCHEMIE LK<br />

In Bremen gibt es nicht nur die Esel-Posse, nein, einer<br />

der beständigsten Ravegrößen <strong>De</strong>utschlands<br />

kommt auch daher. Raven konnte er allerdings<br />

dort kaum, und eine Techno-Infrastruktur gab es<br />

auch nicht, ein Sysex ist nicht genug, also reiste er<br />

wie so viele durch die Gegend. Thomas Schumacher<br />

bekam mit 14 seinen ersten Synthesizer und<br />

machte, das war '86, als es noch nicht in war, von<br />

elektronischer Musik zu HipHop zu wechseln, HipHop.<br />

Wieso? Weil es jede Menge GIs gab. In welches<br />

Studio Schumacher auch reinlugte, immer<br />

war ein GI am Mikrofon. Er wechselte aber schnell<br />

zu EBM, Nitzer Ebb, Front 242, wurde aber, sobald<br />

er das erste Mal in Frankfurts damaligem Technotempel,<br />

dem Dorian Gray, einlief kuriert und fand<br />

niemals wieder von Techno zurück. Sein Projekt<br />

Elektrochemie LK, stellenweise sein Raveaushängeschild<br />

per se, versucht sich auf dem neuen Album,<br />

nicht zuletzt wegen der vielen Sängerinnen,<br />

allen voran seine Freundin Kaitlin, in souligeren<br />

Gefilden. Trotz aller erprobter Technopartyeffekte.<br />

Aber seinen Eigennamen behält er nach wie vor<br />

Technotracks vor. Ravebretter, wie man damals gesagt<br />

hätte. Ab 1992 hatte er ein erstes Projekt, NIP<br />

Collective, das auf Pedobeat, einem Bremer Label,<br />

rauskam, von Steve Mason, seinem damaligen<br />

Held, auf BFBS gespielt wurde und in Taniths<br />

Frontpage-Charts war. Ein Motivationsschub, der<br />

bis heute nicht aufhört. '95 trennten sich die beiden,<br />

weil sein Freund House machen wollte, er<br />

aber in die 303 vernarrt war, und mit seinem Bush<br />

Release standen Tür und Tor zum Techno-Adel offen.<br />

“Es ging richtig los, eine Techno-DJ-Karriere”,<br />

sagt er mit einem Schmunzeln. Und seine Freundin<br />

sagt: OhOh. Im Februar dieses Jahr hatte er sich<br />

dann entschlossen “wenns am schönsten ist aufzuhören.<br />

Ich muss sagen, grade das letzte Jahr war<br />

toll für mich. Wo ich auch aufgelegt habe, immer war<br />

es gut. Vielleicht sogar ganz gegen den Trend. Viele<br />

Leute meinten ja, das läuft nicht mehr, die Clubs machen<br />

dicht, aber ich habe das überhaupt nicht so<br />

empfunden. Natürlich habe ich mit vielen Kollegen<br />

geredet, viel mitgekriegt, und du siehst nicht nur positive<br />

Sachen. Da gibt es Kollegen, die total ausgebrannt<br />

sind und sich einfach nur noch die Nase goldig<br />

verdienen.” Gesünder und zufriedener als Schumacher<br />

kann man allerdings kaum aussehen. <strong>De</strong>nn in<br />

Bremen hat er Zeit, sich auszuruhen und A&R für<br />

sein Label Spielzeug Schallplatten zu sein. Es ist ja<br />

höchstens mal ein Northern Soul Allnighter, auf<br />

den man tanzen gehen müsste. Beschäftigt mit<br />

seinem neuen Album und der Tour dazu fehlt ihm<br />

aber trotzdem das Auflegen, und das Ende war<br />

wohl nur eine kurze Pause. Live performt Kaitlin<br />

(“not like Beonce Knowles or anything like that”)<br />

zu den Tracks, aber immer mit der Crowd. Auf dem<br />

Sonne Mond und Sterne Festival hatten sie ihr bestes<br />

Set. Thomas sah laut International Pony aus<br />

wie ein Kraftwerkclone, das Publikum liebte sie<br />

und die extra für das Set gemachten Kurzfilme von<br />

Bremer Freunden. Festivalfreuden eines Profiravers.<br />

“Ich finde, es gibt Grenzen, wenn die Leute nur<br />

noch abgehen, weil da diese Person steht, aber es gibt<br />

auch genügend mündige Raver.“ Thomas Schumacher<br />

kommt aus den Clubs und er lässt es auch bei<br />

Liveauftritten nicht dabei, einen Track nach dem<br />

anderen mit Pausen dazwischen runterzuspielen,<br />

sondern ist jetzt passionierter Ableton Live Benutzer.<br />

Spielt Remixe von anderen für ihn, Mashups<br />

von seinen Tracks mit z.B. “Tainted Love” oder einen<br />

Track, der via Residents von Michael Jackson<br />

und über Clemens Neufeld dann noch Madonna<br />

passiert. “Ich warte nur darauf, dass eine Flut von<br />

coolen Bootlegs kommt. Das ist es doch jetzt. Für<br />

mich ist der Ansatz von Techno aber vielleicht auch<br />

ein anderer als bei manchen, weil es für mich von<br />

Punk kommt. Tun und lassen, was man will.” Raven<br />

kann immer down to earth bleiben, egal in welcher<br />

Liga es spielt.<br />

Elektrochemie LK, Come Right OnTime, ist auf Fuel /<br />

EastWest erschienen.<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


DIGITALE LIEDERMACHER<br />

ISOLIERTE KOLLISION / Markus Popp & Eriko Toyoda machen “So”<br />

TEXT ALEXIS WALTZ| ALEXIS@DE-BUG.DE BILD KAI VON RABENAU<br />

Ovals Markus Popp hat sich mit der japanischen Musikerin Eriko Toyoda zusammengetan,<br />

um ein Vocal-Album aufzunehmen. Das scheint mit dem Trend der<br />

Gegenwart ganz d'accord. Dabei ist beim Projekt "So" alles ganz anders.<br />

DEBUG: Worum geht es bei so? Ist das Oval mit mehr<br />

Songstruktur?<br />

POPP: In Bezug auf So ist es ein Missverständnis, von der<br />

Oval-Economy auszugehen und Song-Formate hinzuzufügen.<br />

Es ist nicht so, dass ich da jemanden hinstelle und zu<br />

meiner Musik singen lasse. Eriko hat jahrelang für sich extrem<br />

viel und sehr verschiedenartiges Material aufgenommen.<br />

Die Stücke existierten, aber nur bei ihr, aber das ist<br />

wesentlich mehr als ein Song-Writing, sie macht auch die<br />

ganze Elektronik. Die Arbeit an So ist die, ein Archiv durchzuschauen<br />

und zu sehen, was man damit machen kann. Es<br />

geht darum, wieder ein Handmade Appeal da rein zu bekommen,<br />

obwohl es natürlich alles gerechnet ist. Das ist<br />

schon durch zwei, drei Reflexionsstufen gegangen, bevor<br />

man sagt, da hört man eine Gitarre.<br />

DEBUG: Die Rezeption kam euch nicht gerade entgegen?<br />

POPP: Es gibt wieder mal eine Reihe von Vermeidungsimperativen<br />

um die Musik herum. Man verbringt viel Zeit damit<br />

zu erklären, was die Musik nicht ist: zu erklären, warum<br />

es kein Song-Writing ist, keine Folk-Musik. Es ist in erster<br />

Linie das, was zwei Produzenten, die beide in sich eine kompromisslose<br />

Art haben, daraus machen können. Das ganze<br />

Projekt stand hundertmal an einem Punkt, wo wir es gar<br />

nicht mehr machen wollten. Weil da alles aufeinander<br />

knallt. Es ist nicht so, dass man sich hinsetzt und ein paar<br />

Files ausbalanciert, gerade rechnet und die meiste Zeit mit<br />

Labelverhandlungen verbringt. Es ist eine Kollision. <strong>De</strong>shalb<br />

auch das Schlachtschiff-Szenario [auf dem Cover] – da<br />

schießt man sich die Sachen hin und her. Es entspricht nicht<br />

dem Spirit, dass alles ganz einfach und kompatibel ist, dass<br />

man sich einfach in das Wireless-Netzwerk reinklinkt.<br />

DEBUG: Werden die Stücke in der Struktur von Songs<br />

geschrieben?<br />

TOYODA: Es geht weniger um die Teile, mehr um Atmosphären.<br />

POPP: Einiges ist von ihr sehr weit entwickelt, anderes sehr<br />

direkt. Manchmal kann ich gar nichts hinzufügen, manchmal<br />

füge ich etwas hinzu, aber der Track geht in eine ganz<br />

andere Richtung.<br />

TOYODA: Das hängt vom Track ab. Jeder Track hat seine<br />

eigenen Regeln. Ich oder wir setzen keine Grenzen, wie der<br />

Song sein soll. Ich oder wir finden Sounds, aus denen entwickeln<br />

wir die Regeln, nach denen wir arbeiten. Was ich<br />

nicht machen will, ist experimentelle Musik - die Musik entspricht<br />

dem, wie ich erinnert werden will.<br />

POPP: Statt von Atmosphäre würde ich von Qualität sprechen,<br />

was wahrscheinlich das Reaktionärste ist, was man<br />

vorschlagen kann. Die Sachen, die ich vorher gemacht habe,<br />

sollten den Leuten ermöglichen, ihre eigenen Kriterien<br />

zu entwickeln, um zu beurteilen, was passiert – Oval und<br />

Ovalprocess. Ovalprocess war nichts anderes als ein Interface,<br />

um den Hörer zu befähigen, Erwartungen zu reflektieren.<br />

Ich wollte mich nicht mehr hinter dem "music only“-<br />

Ansatz verstecken. Bei So geht es zum ersten Mal weniger<br />

darum, die Leute zu etwas zu ermutigen, es geht eher darum,<br />

die Leute zu ermutigen aufzuhören. Obwohl es reaktionär<br />

klingt, würde ich sagen, dass es um Qualität geht.<br />

Die Qualität zu verbessern, ist natürlich ein sehr komplizierter<br />

Prozess, aber er findet jenseits des Punktes statt, an<br />

dem es Sinn machen würde, auf die Komplexität hinzuweisen,<br />

oder darauf, dass etwas super kontingent ist, oder darauf,<br />

dass aufwändige Technik verwendet wird. Heute entwickelt<br />

sich die Musik insgesamt zu einem strategischen<br />

und formalen Preset, das Sound produziert. Uns geht es um<br />

die Qualität, die Atmosphäre des Sounds. Das ist komplett<br />

subjektiv, jeder hat natürlich seine eigenen Qualitätskrite-<br />

rien. Was heute zirkuliert, ist reiner Output, reiner Datenstrom.<br />

Natürlich hängt So von der Infrastruktur, von der<br />

Logistik von seinem Rahmen ab, es ist technologisch im selben<br />

Rahmen hergestellt. Aber jeder Track hat seine eigene<br />

Charakteristik, sein eigenes Gleichgewicht. Auch das klingt<br />

reaktionär: der Komponist, der subjektive Künstler, der Produzent,<br />

der für sich einen eigenen Ansatz in Anspruch<br />

nimmt. So soll Musik sein, die zu den Leuten spricht, die<br />

wirklich nur gehört werden kann. Meiner Meinung nach ist<br />

das nicht gewöhnlich, weil die Musik funktionaler geworden<br />

ist: ein performativer Messwert, eine Technologie, eine<br />

Strategie Sound gegenüber - und nicht etwas, dem man<br />

zuhören kann.<br />

DEBUG: Was ist die Funktion experimentellerer elektronischer<br />

Musik?<br />

POPP: Sie dient dazu, das System am Laufen zu halten, das<br />

System komplexer zu machen. Es geht weniger um das performative<br />

Ergebnis einer Aufführung, sondern um die<br />

Komplexität der Rahmenbedingungen. Es geht darum, die<br />

Zahl der Releases, der Vertriebe, die Zahl der Protagonisten,<br />

der Recording Artists zu erhöhen. Es geht darum, ein System<br />

zu füttern. Die theoretischen Grundlagen von So sind<br />

auch sehr komplex, aber sie müssen nicht notwendigerwei-<br />

Andere Musik ist nicht wichtig für euch?<br />

“Nein. Ich habe mich lange mit Lautsprechern<br />

beschäftigt, da habe ich auch andere Musik zum<br />

Testen benutzt.“<br />

se artikuliert werden. So versucht alles einfach aussehen zu<br />

lassen. Es geht nicht um vorausgeplante Konzepte im Bezug<br />

auf die Sounds, es ist ein Vorschlag, eine Organisation<br />

des Sounds, den wir anbieten können. Weil Eriko so viel anbieten<br />

kann, ist es ein erster Versuch.<br />

DEBUG: Wenn du von Qualität sprichst, welche spezifischen<br />

Qualitäten interessieren dich?<br />

POPP: Für diese Aufnahme streben wir eine handgemachte<br />

Qualität an, alles klingt, als sei es minutiös aus einer<br />

natürlichen Struktur geschnitzt.<br />

TOYODA: Es soll etwas sein, das die Leute annehmen können.<br />

POPP: Es geht um eine Struktur, die als Songwriting erkennbar<br />

ist, obwohl sie nicht so entstand – Second-Order-<br />

Songwriting. Alles was man von dieser handgemachten Arbeitsweise<br />

hört, ist natürlich simuliert. Es ist sehr risikoreich,<br />

etwas wie So zu machen. Es entwickelt sich zu langsam.<br />

Wir sind nicht ins Studio gegangen, wir haben kein<br />

Equipment für draußen, wir treffen keine berühmten Musiker,<br />

um mit ihnen zu arbeiten. Insofern ist es minimal.<br />

Natürlich profitieren wir auch von der Produktivitäts-Revolution,<br />

im Wesentlichen ist alles auf einem iBook entstanden.<br />

Letzten Endes braucht der Prozess einfach Zeit. Es ist<br />

eine Test-Aufnahme, eine <strong>De</strong>monstration der Technologie.<br />

Wir warten ab, wie es aufgenommen wird. Wenn es diese<br />

Reaktion gibt, können wir damit arbeiten und uns verbessern.<br />

DEBUG: Wie arbeitet ihr zusammen?<br />

POPP: Wir arbeiten überhaupt nicht zusammen. Wir arbeiten<br />

getrennt. Jeder hat seine eigenen Strategien, Methoden,<br />

Zeitpläne bis ins letzte <strong>De</strong>tail. Tatsächlich gleichzeitig<br />

in einem Raum zu arbeiten wäre für uns beide eine Überforderung.<br />

Da würde es wahrscheinlich bis jetzt überhaupt<br />

kein Ergebnis geben. Dieser Sommer-Camp-Ansatz, eine<br />

Aufnahme in drei Monaten auf dem Land herzustellen,<br />

hätte nie funktioniert. Das hätte nach zwei Stunden in einem<br />

gewaltigen, erbitterten Streit geendet.<br />

Es ist eine Zusammenarbeit, bei der jeder einzelne sehr genau<br />

weiß, was sie/ er will. Es gibt kaum gemeinsamen Boden.<br />

Nachdem wir uns getroffen haben, war sofort klar,<br />

dass wir Feinde für immer sein würden, wenn wir nicht das<br />

Material verschmelzen.<br />

DEBUG: Wie wird die produktive Verbindung organisiert?<br />

POPP: Wir treffen uns von Zeit zu Zeit und besprechen,<br />

was es zu tun gibt. Es gibt eine Abmachung über einen gemeinsamen<br />

Pool von Material. Es gibt eine Roadmap, was<br />

wir erreichen wollen, da geht es um ganz kleine Schritte,<br />

keinen Karriere-Plan.<br />

Wir stellen uns unsere Produktion als Hinterlassenschaft<br />

vor, deshalb ist es sehr verantwortlich, es geht darum, sein<br />

eigenes Archiv zu erschaffen. Es reflektiert weniger, was wir<br />

jetzt tun, eher wie wenn man nach Jahren retrospektiv<br />

zurückschaut und sieht, das haben wir gemacht, wir konnten<br />

die Zeit auf eine okaye Art benutzen, anstatt zu jeder<br />

Zeit alles zu veröffentlichen. Alle Kontexte sind heute so<br />

zersplittert. Ich weiß nicht, wie eine typische Karriere in<br />

diesem Feld aussehen könnte, deshalb arbeiten wir in unserem<br />

eigenen Tempo, das braucht Zeit. Natürlich gibt es<br />

Möglichkeiten, aber das ist nicht mehr so sehr das Kriterium.<br />

Alles ist möglich, man kann jeden Tag eine CD veröffentlichen<br />

oder etwas ins Internet stellen oder was auch immer<br />

man in Echtzeit macht. Das Statement von So ist anders,<br />

So ist komplett isoliert.<br />

DEBUG: Andere Musik ist nicht wichtig für euch?<br />

POPP: Nein. Ich habe mich lange mit Lautsprechern beschäftigt,<br />

da habe ich auch andere Musik zum Testen benutzt.<br />

DEBUG: Du arbeitest eigentlich aus dir heraus?<br />

POPP: Da gibt es genug Material, man kann das umarbeiten.<br />

Das Statement ist, eher zu reduzieren.<br />

DEBUG: Ist das ein kulturpolitisches Statement, das<br />

nun verfügbare Archiv abzuschneiden?<br />

POPP: Ich sehe das in keinem größeren Zusammenhang,<br />

Ausnahmsweise. Wo es bei Oval nur um Konzepte ging, das<br />

war ein einziges Modell dafür. Bei So soll man einfach hinhören,<br />

dann merkt man schon was. Das Statement ist: Es<br />

sind zwei Leute und die machen da was und das kann man<br />

sich anhören. Das ist einfacher, 1 zu 1, das sind die Leute, die<br />

sind ganz nett und die machen das nur so, die haben halt so<br />

und so viel Zeit.<br />

DEBUG: Warum der Name So?<br />

TOYODA: Es ist ein gutes Wort, für mich hat es zahllose<br />

Bedeutungen, zugleich ist einfach der Hinweis: So, hier, das.<br />

Es sollte auch ein Name sein, den man sich leicht merken<br />

kann.<br />

POPP: Im Japanischen organisiert er die Zeit, wenn man jemand<br />

anders zustimmt, ohne es explizit zu sagen. Man gibt<br />

dem anderen die Möglichkeit nachzudenken oder zu kommentieren.<br />

INFO<br />

So, s/t, ist auf Thrill Jockey erschienen.<br />

www.thrilljockey.com


FINDER<br />

14 TY<br />

HipHop von Süd-London Richtung aufwärts<br />

14 CALIBRE<br />

Neues vom Drum and Bass-Wunderkind<br />

15 URSULA RUCKER<br />

Das Leid der Welt in Spoken Words<br />

15 GUSTAVO LLAMAS<br />

Elektronischer Eigensinn aus Argentinien<br />

HIPHOP<br />

Aesop Rock ist ein wenig erledigt. Gestern ist er von<br />

New York nach Berlin gekommen, hat auf dem Nachtflug<br />

nicht geschlafen und abends gab es dann als Krönung<br />

ein verdorbenes Essen im Hotel. <strong>De</strong>mentsprechend<br />

geplättet sitzt er mit Augenringen und weißen<br />

Tennissocken in seinem Hotelzimmer, hinter ihm ein<br />

zerwühltes Bett und auf dem Tisch ein paar Graskrümel.<br />

Seinem Redefluss tut das momentan eher passable<br />

Wohlbefinden allerdings keinen Abbruch, schließlich ist<br />

er ja MC, und da muss man das mit dem Erzählen unter<br />

allen Umständen schon irgendwie hinbiegen können.<br />

Bei <strong>De</strong>fJux erscheint gerade sein neues Album, Bazooka<br />

Tooth, und es ist mal wieder sehr gut geworden.<br />

MUST NOT SLEEP<br />

Aesop Rocks Platten sind essentiell. Sicherlich nicht,<br />

weil sie besonders leicht zugänglich sind und sich die Lyrics<br />

bereits nach dem ersten Hören erschließen. Es sind<br />

eher langlebige Platten, die nach und nach mehr Bedeutung<br />

bekommen. Das liegt vor allem an seiner Art, Wörter<br />

zu kombinieren und damit eine abseitig wirkende<br />

Perspektive in ein ausdrucksstarkes Gewand zu stecken.<br />

Bevor ihm ein Plattenvertrag in der Tasche lag, hat Aesop<br />

Rock seine Tracks auf CD gebrannt und unter anderem<br />

auf Konzerten verkauft. "Music For Earthworms"<br />

und "Appleseed" waren sehr beliebt und haben inzwischen<br />

Kultstatus. Auf Fragen nach Wiederveröffentlichung,<br />

die er bereits hinter dem Aussprechen der Plattentitel<br />

vermutet, reagiert er jedoch etwas gereizt, indem<br />

er sich eine imaginäre Knarre in den Mund steckt.<br />

Was heißen soll, dass er sie keinesfalls wieder rausbringen<br />

möchte, auch wenn er damit, wie Preise dieser Platten<br />

bei Ebay nahe legen, vermutlich ganz gut verdienen<br />

würde. Aber darum geht es nicht, man entwickelt sich ja<br />

weiter, weshalb also auf vergangene Zeiten zurückblicken<br />

und mit alten Kamellen Geld scheffeln. Zumal<br />

das ja eigentlich EPs waren, "Float" war sein erstes Album<br />

mit Plattenvertrag, das 2000 auf Anfrage bei Mush<br />

erschien. Gern denkt er nicht an diese Zeit, denn viel ist<br />

da nicht richtig gelaufen, die Vorstellungen divergierten<br />

und von Zusammenarbeit kann nicht die Rede gewesen<br />

sein. Bei seinem jetzigen Label, <strong>De</strong>f Jux, ist das alles<br />

ganz anders. Labelchef El-P und er sind gute Kumpel,<br />

Cannibal Ox schon lange gute Freunde, sie wohnen alle<br />

um die Ecke voneinander, und überhaupt ist der ganze<br />

Vibe gemeinschaftlich und produktiv, denn einem wird<br />

freie Hand gelassen, und selbst wenn El-P einen von Aesop<br />

Rocks Tracks mal nicht so brilliant finden sollte, ändert<br />

das nichts daran, dass der Track auf die Platte<br />

kommt. "Es gibt dort viel mehr sowas wie eine Atmosphä-<br />

CHEMICAL BROTHERS<br />

16 10 Jahre Rave’n‘Roll<br />

16 WALL OF SOUND<br />

Die BigBeat-Kumpels feiern Geburtstag<br />

17 THE BOOKS<br />

Folky Cutup-Pop aus Holland<br />

18 <strong>APPARAT</strong><br />

Jenseits von Cosmic Baby und Max/MSP<br />

AESOP ROCK / Mehr Kopf als Kappe<br />

TEXT CLARA VÖLKER | CAYND@DE-BUG.DE BILD JOHANNA PAGELS<br />

Mit seinen brillanten Lyrics gehört der New Yorker Aesop Rock längst in den<br />

MC-Olymp. Auch auf seiner zweiten LP bei <strong>De</strong>fJux treffen ungewohnte Wortkombinationen<br />

auf scharfsinnige Betrachtungen und rumpelig-dreckige Beats.<br />

re, einen Vibe. Da es weniger Stress gibt, kann man sich viel<br />

mehr aufs Musik machen konzentrieren. Und das ist eh alles,<br />

was ich je wollte. Ich kann einfach mit Leuten abhängen,<br />

die meine Freunde sind und dann nach Hause gehen<br />

und meine Platte machen." 2001 kam bei <strong>De</strong>f Jux Aesop<br />

Rocks groß gefeiertes Album "Labor Days" raus, das ihm<br />

zu allerhand Magazinfeatures und einem positiven Pressekanon<br />

verhalf. Aufgrund seiner neuen Platte ist er gerade<br />

auf Pressetour und in Berlin.<br />

MUST WARN OTHERS<br />

Aufgefallen ist ihm, dass es hier etwas Graffiti gibt, ist er<br />

doch in der Nähe der Eastside Gallery untergebracht, einem<br />

alten Stück Mauer mit Farbe drauf. Die verschiedenen<br />

Styles findet er beim Rumfahren eh immer ganz interessant,<br />

zumal es in New York aufgrund extrem strikter<br />

Gesetze inzwischen kaum noch Graffiti gibt. Das findet<br />

Aesop Rock natürlich schade, denn er ist in New<br />

York und folglich mit besprühten Mauern und Zügen<br />

aufgewachsen und hat sich selbst auch mal darin versucht,<br />

es dann aber irgendwann aufgegeben, nachdem<br />

er einerseits eine Nacht in polizeilichem Gewahrsam<br />

bleiben musste, weil er einen Sticker auf eine Telefonzelle<br />

geklebt hat, und er andererseits gemerkt hat, dass<br />

es Leute gibt, die eine krassere Einstellung zur Sache haben.<br />

Seitdem ist er großer Fan mit Fotoapparat.<br />

Seit drei oder vier Jahren kann man auf seinen Unterarmen<br />

zwei eintätowierte Sätze lesen: "must not sleep"<br />

und "must warn others". Glücklicherweise in ziemlich<br />

simpler Blockschrift, derselben wie auf dem Cover von<br />

"Labor Days", und nicht, wie man, da er in Boston Kunst<br />

studiert hat, vermuten könnte, in einer ähnlich grotesken<br />

Gestaltung wie sein jetziger Plattenumschlag, den<br />

er etwas verrückt findet. "Bazooka Tooth heißt das Album<br />

wegen einer fixen Idee von mir von einem Typen, der lauter<br />

Stuff und eine Pistole in seinem Mund hat und damit<br />

schießen kann, ich dachte, das wäre eine lustige Art Superheld."<br />

Momentan gefällt es ihm sehr gut, aber der Zufriedenheitsgrad<br />

wechselt immer, er ist da etwas unschlüssig<br />

und wie bei jeder Platte etwas verwundert<br />

über das Ergebnis, denn "das ist jetzt also das, wonach<br />

man mich und mein Leben im letzen Jahr beurteilen wird?"<br />

Auf Bazooka Tooth hat er, neben seinem langjährigen<br />

Produktionspartner und bestem Freund Blockhead, der<br />

bald eine Platte bei Ninja Tune herausbringt, fast die<br />

Hälfte der Beats selbst gemacht. Wieso verwendet er eigentlich<br />

neben den sehr suspekten Samples, eventuell<br />

ein Relikt seiner litauischen Wurzeln, so vergleichsweise<br />

seltsame Wortkombinationen? "Es ist einfach ein endloser<br />

Versuch, etwas Originelles zu machen. Ich lese keine<br />

19 T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong><br />

Hardocoregebratze und Technogeknarze<br />

20 RHYTHM & SOUND<br />

Werkschau mit Reggae-Legenden<br />

21 PSYCHONAUTS<br />

Vom DJ-Freistil zum Freistil-<strong>De</strong>büt auf Gigolo<br />

21 DJ DSL<br />

<strong>De</strong>r Mensch als DJ<br />

INFO<br />

Aesop Rock, Bazooka Tooth, ist auf <strong>De</strong>fJux erschienen.<br />

Auf www.definitivejux.net gibt es u.a. das Video zu “No Jumper Cables” zu sehen. Ein weiteres Video, in dem<br />

Aesop Rock von El-P und Camu Tao als durchgedrehten Zahnartzfreaks Bazooka Tooth verpasst bekommt,<br />

wird es für die Maxi des Albums, Freeze, geben. Und die Lyrics werden der Platte nicht beigefügt. Aesop Rock<br />

ist doch MC, nicht Schriftsteller.<br />

Bücher, ich schreibe nur aufgrund von Rap-Musik. Wenn<br />

man mit einer Sache aufwächst ist es wichtig, zwar den<br />

Pionieren zu huldigen, aber mit etwas Originellem, jetzt<br />

Relevantem und für sich selber Ehrlichem zu kommen. Ich<br />

will, dass die Leute meinen Shit hören, und sich denken,<br />

dass sie sowas vorher noch nie gehört haben. <strong>De</strong>nn das ist<br />

der Grund, weshalb ich, als ich jünger war, Run DMC, Wu-<br />

Tang und Tribe Called Quest und diese ganzen Gruppen<br />

mochte. Bis die Leute mir das sagen, fällt mir aber meistens<br />

gar nicht auf, dass ich diesen weirden Shit schreibe. Ich mache<br />

halt das, was mir liegt, aber das ist meistens etwas ab<br />

vom Schuss."<br />

PLAY AND PAY<br />

Spielen ist eine von Aesop Rocks Lieblingsfreizeitbeschäftigungen.<br />

Videospiele, versteht sich. Ein Glücksfall,<br />

dass man beim Zusammenstellen des Soundtracks<br />

für "Tony Hawk 4" an die <strong>De</strong>f Jux Crew gedacht, und u.a.<br />

seinen Track "Labor" verwendet hat. Irgendwelche moralischen<br />

Probleme damit, zumal die X-Box ein Microsoft<br />

Produkt ist? "Ich war sofort bereit, das zu tun. Wir<br />

sind alle große Videospieler. Ich habe momentan eine Playstation,<br />

einen Gamecube und eine X-Box zu Hause. Wir ha-<br />

ben auch auf einem anderen Game ein paar Songs. Es ist<br />

außerdem nicht nur für X-Box, sondern für alle drei Konsolen.<br />

Und jede Firma ist doch böse. Ich hätte denen um Teil<br />

des Soundtracks zu sein auch einen Song geschrieben. Plus<br />

ich bin zehn Jahre lang Skateboard gefahren. Als wir das<br />

Game bekommen haben, war ich begeistert.” Ein Problem<br />

hat Aesop Rock eher mit Filesharing bzw. den Leuten,<br />

die seine Tracks downloaden. "Wenn ich eine Platte mache,<br />

möchte ich schon, dass die Leute sie kaufen." Damit<br />

nicht wieder irgendwelche Journalistengurken ihre Vorabversionen<br />

der <strong>De</strong>fJux CDs ins Netz stellen, gibt es darauf<br />

mittlerweile einen so genannten Promo-Bot. Da der<br />

zu Anfang so nervtötend war, dass eigentlich niemand<br />

mehr Lust hatte, sich die <strong>De</strong>fJux Platten im Vorhinein<br />

anzuhören, plumpst der Promobot inzwischen in einer<br />

etwas dezenteren Variante in die Tracks. <strong>De</strong>r Grund<br />

dafür ist natürlich nicht Journalistenterror sondern<br />

Künstlerschutz: "Insbesondere für einen Independent<br />

Künstler wie mich, macht es sehr viel aus, wenn sich 5000<br />

Leute das Album aus dem Internet ziehen. Für einen Main-<br />

22 GROOVE AGENT<br />

Simulier‘ dir deinen Drummer<br />

22 MELODYNE 2.0<br />

Audiodaten zerlegen, aber richtig<br />

23 APPLE SOUNDTRACK<br />

Apple denkt wieder an die Musiker<br />

23 PROTOOLS 6.0<br />

Harddiskrecording trifft LIVE<br />

stream-Artist mag das nicht so schlimm sein, aber für uns<br />

ist das echt eine Plage, zumal wir ja unser Geld nur durch<br />

den Plattenverkauf verdienen."<br />

Außerdem tötet es so den Hype, der vor dem Releasedate<br />

des Albums entsteht. Überhaupt kümmert Aesop<br />

Rock das Internet nur wenig, er nutzt es kaum, denn "einige<br />

Sachen sind mir einfach ein Rätsel, und ehrlich gesagt<br />

interessiert es mich auch nicht allzu sehr.” Dass sein Video<br />

zu “No Jumper Cables”, das größtenteils aus übrig gebliebenem<br />

Material des Graffitifilms Style Wars besteht,<br />

auf der <strong>De</strong>f Jux Website zu sehen ist, findet Aesop Rock<br />

natürlich gut. Aber ansonsten ist er eher analog orientiert<br />

und schätzt direktere Kommunikationsweisen.<br />

Zum Beispiel beim Samples suchen: “Ich höre mir meistens<br />

Sachen an, die in den 70ern gemacht wurden und wo<br />

ein Keyboarder mit dabei war. Mitte der 70er scheint es bei<br />

den ganzen komischen Rockbands irgendwie cool geworden<br />

zu sein, ein Keyboarder in der Band zu haben. Ich bin<br />

kein Cratedigger oder so, ich gebe keine Umsummen für<br />

Platten aus, drei Dollar pro Platte sind meiner Meinung<br />

nach vollkommen ausreichend. Ich gucke mir die Band auf<br />

dem Cover an und wenn sie lustig aussehen, nehme ich die<br />

Platte mit. Oder wenn es interessante Instrumente auf der<br />

Was mir liegt, ist meistens etwas ab vom Schuss.<br />

Platte gibt, kaufe ich sie und hoffe, dass sie auf keinem Majorlabel<br />

ist, so dass es keine Probleme gibt. Die Samples beruhen<br />

also eher auf Zufall.” Von seinem Sampler ist er<br />

sehr begeistert und schwärmt eine Weile: “Ich benutze<br />

einen ASR 10. <strong>De</strong>r ist etwas primitiv. Viele Leute mögen ihn<br />

nicht mehr, die meisten benutzen lieber eine MPC. Die<br />

MPC2000 mag ich gar nicht, der ASR 10 ist viel besser, denn<br />

er ist primitiver, viel größer, schwerer, etwas barscher,<br />

schmutziger und funktioniert im Grunde genommen die<br />

ganze Zeit nicht, wie er sollte. Es ist eine gute Maschine.<br />

Und wenn sie abfuckt, bin ich stolz drauf. Ich mag den Sound<br />

einfach. Die Firma gibt es zwar nicht mehr, aber wenn<br />

meiner kaputt geht, würde ich mir nochmal denselben holen.”<br />

DE:BUG.75 - 10.2003 –


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

HIPHOP<br />

TEXT RENKO HEUER | RENKOHEUER@WEB.DE<br />

TY<br />

AUFWÄRTS<br />

<strong>De</strong>r Rapper Ty wagt einen gut gelaunten Rundumblick<br />

von Süd-London aus in die weite Welt und<br />

stellt fest, dass es aufwärts geht. Und in jede Menge<br />

neue Richtungen, in die man gehen könnte. Also<br />

macht er sich auf den Weg durch die schwarze<br />

Musikgeschichte und zurück, die urbane Stadt dabei<br />

immer fest im Blick.<br />

Urbane Beobachtungen. Ty ist ein Kind der Stadt,<br />

Süd-London seine Heimat. <strong>De</strong>nnoch hat er mit<br />

dem Wort "Urban“ seine Probleme: "Ich finde es<br />

großartig, dass im deutschen Fernsehen gesagt wird,<br />

wenn etwas 'schwarze Musik' ist. Ich habe während<br />

meines letzten Aufenthalts eine TV-Werbung gesehen,<br />

in der das der Fall war. In England würde so etwas<br />

nicht passieren, die würden der Musik den Stempel<br />

'Urban' aufdrücken und somit die Wurzeln verschweigen.“<br />

Ty ist nicht umsonst so sprachbewusst, denn er ist<br />

Rapper. Schwarzer Rapper. Und besitzt, zusammen<br />

mit Roots Manuva, eine der wohl markantesten<br />

Stimmen, die in Englands städtischen Gegenden<br />

zu hören ist.<br />

Big Dada bringt dieser Tage seinen zweiten Longplayer<br />

raus. Während die Grundstimmung auf<br />

seinem <strong>De</strong>but noch "Awkward“ (2001) war, ging es<br />

seitdem "Upwards“: "Ja, mit meinem Leben ging es<br />

definitiv aufwärts seit dem letzten Album. Allein die<br />

Tatsache, als Musiker die Welt kennen zu lernen, neue<br />

Leute zu treffen, seinen Blickwinkel zu verändern – all<br />

das bringt mich nach oben. Aufwärts. Ich merke, dass<br />

das, was ich mache, einen Effekt hat. Leute hören mir<br />

zu, und das war eines meiner Ziele.“ Sein Album<br />

klingt dementsprechend wie ein Höhenflug, voller<br />

Redefluss mit Aufwärtsströmung. Obwohl seine<br />

Eltern ihm schon früh beigebracht haben, dass<br />

man sich am besten auf sich selbst verlässt, haben<br />

bei der Gestaltung des Flussbetts einige seiner<br />

Reisebekanntschaften mitgeholfen. So zum Beispiel<br />

der Über-Schlagzeuger Tony Allen: "Tony ist<br />

extra nach London geflogen, um mit mir aufzunehmen.<br />

Das gab mir das Gefühl, dass den Leuten auch<br />

wirklich etwas daran liegt, mit mir zu arbeiten.“ Ty<br />

zeigt nicht nur im persönlichen Gespräch, wie sehr<br />

ihn die Dinge bewegen – auch sein Album entwickelte<br />

sich nach und nach zum Spiegel seiner<br />

Gefühle. Die stilistische Offenheit, die er dabei an<br />

den Tag legt, hat er sich in der Heimat seiner Eltern<br />

abgeschaut: "Wenn man aus London kommt, ist man<br />

es nicht gewöhnt, Leute auf der Straße zu grüßen. Als<br />

ich in Nigeria war und die Leute auf einmal, ohne ersichtlichen<br />

Grund, freundlich auf mich zu kamen,<br />

wurde mir klar, dass wir generell viel zu verschlossen<br />

sind.“ Insgesamt ist seine Platte daher frei von<br />

Schwarzmalerei und strotzt vor "Dreams,“ "Expectations“<br />

und neuen Richtungen, in die HipHop<br />

heute gehen kann. Samba trifft auf Verspieltes,<br />

"Hot Spice“ auf seine eigene "Music To Fly To“. Für<br />

alle, die ihm mit festgefahrenen Ansichten (oder<br />

gar Big Dada-Schubladen) kommen wollen, hat er<br />

nur ein grandioses "Ha Ha“ übrig, und zieht sich in<br />

seine Wortwelt zurück, während der "Rain“ plötzlich<br />

sanft zu Boden fällt. Die Reise durch die<br />

schwarze Musikgeschichte verlässt dabei teilweise<br />

das urbane Territorium, kommt zurück mit tiefem<br />

Bass und Spoken Word, um dann wieder drei <strong>De</strong>kaden<br />

zurückzuschweifen. Mit Beobachtungen im<br />

Stile eines Curtis Mayfield. <strong>De</strong>r blickte zu Lebzeiten<br />

durch eine vergleichbar ungefärbte Brille. Sagte<br />

"Darker Than Blue“ statt "Urban“. Und sang<br />

"Move On Up“.<br />

INFO<br />

"Upwards“ ist auf Big Dada/Zomba erschienen.<br />

DRUM AND BASS<br />

CALIBRE<br />

WUNDERKIND MIT<br />

SAMPLER IM BETT<br />

TEXT NICOLAUS SCHÄFER | FIGHTNIKOLAUS@WEB.DE<br />

Opulentes <strong>De</strong>but auf Fabios Creative Source Label und angeblich 300 fertige<br />

Tracks in der Schublade - trotzdem ist Calibre, das Wunderkind, unzufrieden.<br />

Mit der Veröffentlichungspolitik mancher Labels und mit Drum and Bass im Allgemeinen.<br />

Zu viel Geschiele auf den Floor, zu wenig musikalischer Mehrwert.<br />

Schlussfolgerung: eigenes Label, neues Album und Fühler ausstrecken in - John<br />

Tejada lässt grüßen - Richtung House.<br />

Man tut Dominick Martin bestimmt nicht Unrecht,<br />

wenn man ihn als ehemaligen Protegé von Fabio bezeichnet.<br />

Wem sonst außer ihm wurde die Ehre zu Teil,<br />

als Newcomer ein 5x12" <strong>De</strong>büt-Album auf Creative Source,<br />

einem der profiliertesten Labels der D’n‘B- Welt, zu<br />

veröffentlichen? Knapp zwei Jahre nach dem Erscheinen<br />

von "Musique Concrete" will Martin, den meisten wohl<br />

besser bekannt unter seinem Pseudonym Calibre, nicht<br />

mehr auf fremde Hilfe angewiesen sein und so gründet<br />

er im Juni 2003 sein ganz privates Label: Signature. Nach<br />

"nur mäßig befriedigenden" Erfahrungen mit anderen<br />

Labels, die mitunter auch mal ein, zwei Jahre brauchen,<br />

um sein Material zu veröffentlichen, will er sich voll und<br />

ganz auf seinen Output konzentrieren. Ein Egomaniac,<br />

wie es eine englische Zeitschrift behauptete? Mitnichten.<br />

Das hat er nun davon: Promotion Tour und Interviews,<br />

die notwendigen Übel, auf die das Genie so gerne verzichten<br />

würde. Calibre ist einer von den introvertierten<br />

Typen, die mit ihrem Sampler ins Bett gehen und die<br />

Musik am liebsten für sich selber sprechen lassen würden.<br />

Aber es hilft ja alles nix.<br />

Kreativität lässt sich nach wie vor nicht erzwingen und<br />

Geschäftstermine sind dem Output nicht gerade förderlich,<br />

das hat auch Calibre mitbekommen: "Gestern war<br />

ich mit Marcus Intalex und ST Files im Studio und wir<br />

sprachen genau darüber: Wir müssen aufpassen, dass<br />

das Musikmachen weiterhin die Hauptsache bleibt - eine<br />

Sache, an die wir mit Spaß und Freude herangehen.<br />

Es kann nicht sein, dass wir im Studio sitzen uns selbst<br />

unter Druck setzen und denken: 'Was mache ich hier eigentlich<br />

für einen Scheiß?!' Aber versteh‘ mich nicht<br />

falsch: Ich liebe diesen Job. Ich kann durch die Welt reisen,<br />

meine Musik spielen und die Leute tanzen dazu,<br />

was kann ich mehr verlangen? Vor fünf Jahren hätte ich<br />

mir das nicht vorstellen können."<br />

Kein Wunder, liegt Martin mit seinem Ausgehverhalten<br />

doch voll im Trend der Produzentenriege: Es tendiert gegen<br />

Null. Gefeiert wird inzwischen hauptsächlich hinter<br />

den <strong>De</strong>cks. Alle paar Monate findet er dann doch Muße,<br />

selbst auszugehen und die Entwicklung der Szene zu beobachten.<br />

Zurzeit ist er allerdings eher gelangweilt von<br />

dem, was die Kollegen so produzieren: "Ich komme nur<br />

noch selten zum Ausgehen, aber das ist ok, mit zunehmendem<br />

Alter bekomme ich mehr Abstand zu der ganzen Clubbing-Sache.<br />

Zuletzt war ich in London auf einer Valve-Labelnacht.<br />

Es war nett, aber es lief den ganzen Abend Musik,<br />

die nur für den Dancefloor produziert war und die nur über<br />

kurze Zeit funktionieren kann. Es ist eine komische Situation.<br />

Was mich an Drun and Bass nervt, ist, dass alles so eingefahren<br />

ist, viele Tracks funktionieren nur noch über Intros.<br />

Das erinnert mich an Trance irgendwann Mitte der<br />

90er. Da gab es auch ganze Abende nur mit Snare Rolls. Alle<br />

stehen da und warten darauf, dass die Beats einsetzen,<br />

immer und immer wieder, über einen ganzen Abend lang.<br />

Das macht doch keinen Sinn. Ich will zeitlose Musik machen,<br />

die man auch noch in zehn, zwanzig Jahren hören<br />

kann, Musik, die nicht nur auf dem Dancefloor kickt ansonsten<br />

aber "wertlos" ist. Bei House Musik hingegen ist es kein<br />

Problem, einen zehn Jahre alten Track in das Set einzubauen<br />

oder diese Musik einfach zu Hause zu hören."<br />

Es kommt nicht von ungefähr, dass der gebürtige Belfaster<br />

inzwischen mit seinem Studio nach Manchester<br />

umgezogen ist und von dort aus auch sein Label betreut<br />

- sitzen da doch Mitstreiter wie eben Marcus Intalex<br />

und ST Files, die eine ähnliche Auffassung von der Mu-<br />

Viele Drum and Bass-Tracks funktionieren nur noch über<br />

Intros. Das erinnert mich an Trance irgendwann Mitte<br />

der 90er.<br />

sik vertreten. Ein Glück für ihn. Auch wenn der Sound<br />

der London/Bristol-Achse nach wie vor die öffentliche<br />

Wahrnehmung bestimmt, es besteht Hoffnung: "Wir<br />

fühlen uns in England manchmal wie auf einer einsamen<br />

Insel, aber das ist ok. Dafür haben wir Partner wie D.Kay in<br />

Österreich, Marky in Brasilien (den er vor zwei Monaten für<br />

ein paar gemeinsame Auftritte besucht hat und der wie ein<br />

Superstar behandelt wird - mit eigener Sendung auf MTV<br />

und so) und die Boys (Beta 2 und Zero Tolerance. -Anm. ) in<br />

Dublin, da tut sich was. Die Probleme fangen meiner Meinung<br />

nach schon bei der Bezeichnung an: Leute brauchen<br />

Schubladen und nennen es "Liquid Funk". Darum geht es<br />

doch nicht! Es ist einfach unsere Vorstellung von Musik, wie<br />

wir sie lieben, wir brauchen kein Label dafür! Außerdem<br />

gibt es nicht nur einen Stil, wir produzieren sehr unterschiedliches<br />

Zeug, es gibt deep, soulful Stuff genauso wie<br />

richtig harte, krachende Tracks.”<br />

Moment mal, da war noch was. Werden auf einer Promotion<br />

Tour nicht auch Zahlen und Fakten genannt?<br />

INFO<br />

www.soulr.co.uk<br />

(das Label von Marcus Intalex)<br />

Bis die Signature-Website erscheint, gibt es Newsletter:<br />

http://dnbforum.com/forums/showthread.php?thre<br />

adid=4430<br />

Was zum Beispiel hat Herr Martin zum Thema top-aktuelle<br />

Tonträger zu sagen? "'Peso' und 'Makes Me Wonder',<br />

die A-Seiten der ersten zwei Releases, sind beide ca. ein halbes<br />

Jahr alt, 'Feeling Happy' ist ca. anderthalb Jahre alt,<br />

funktioniert aber immer noch einwandfrei im Club ('It still<br />

fires the dancefloors‘). Trust habe ich vor zwei Monaten<br />

aufgenommen, das wird die dritte Veröffentlichung." Die<br />

wird dann als 10" rauskommen, als Referenz an Martins<br />

Obsession als Sammler. Könnte auch sein, dass es eine<br />

ganze Reihe von 10"-Releases geben wird, das weiß er<br />

jetzt aber noch nicht. Jedenfalls sind zwischendurch<br />

wieder ganz normale 12"s geplant. <strong>De</strong>mnächst erscheinen<br />

erst mal Remixe seiner Tracks von Zero Tolerance,<br />

Omni Trio & <strong>De</strong>ep Blue (die Helden seiner Jugend) und<br />

Klute. Und wie steht es mit den Verkaufszahlen? "'Makes<br />

Me Wonder' haben wir in England schon ausverkauft: Es<br />

wurden 3000 Stück gepresst und die sind weg. Für die Zeit<br />

des Jahres gar nicht so schlecht und wenn wir sehen, dass es<br />

eine Nachfrage gibt, können wir eine 2. Auflage nachschieben.<br />

Bei Soul:R verkaufen wir ca. 7.000-10.000 Stück pro<br />

Veröffentlichung." Für die Zukunft darf man gespannt<br />

sein auf Picture Cover und Artwork vom man himself: "In<br />

meinem Studio hängen ein paar Zeichnungen, die ich so<br />

zwischen 18 und 20 gemacht habe, und viele, die mich im<br />

Studio besuchen, sind begeistert. Hauptsächlich sind es<br />

'Pussies, cocks and balls', aber man erkennt es erst auf den<br />

zweiten Blick. Von denen möchte ich Photos oder eine<br />

Collage entweder als Cover oder als Bild auf dem Label verwenden.<br />

Limited Edition Releases könnten dann mit<br />

Drucken oder Posters kommen, wieder ein Zugeständnis an<br />

meine Sammler-Leidenschaft. Aber das kann alles noch eine<br />

Weile dauern, weil ich mich in erster Linie natürlich um<br />

die Musik kümmere. Es ist wie mit einem Eisberg: Ich habe<br />

so viele Ideen, was man noch alles machen könnte, aber<br />

jetzt hat erst mal die Musik Vorrang."<br />

Nachdem er sich in den letzten Jahren einen Namen in<br />

der Drum and Bass-Szene gemacht hat, kann er sich nun<br />

den Luxus leisten, auch mit seinen House-Produktionen<br />

an die Öffentlichkeit zu treten. Nach wie vor gibt es nur<br />

wenige Produzenten, die sicher zwischen den Stilen hinund<br />

herpendeln, geschweige denn Labels, die offen genug<br />

für die Vermischung der Stile sind. Brother in mind<br />

John Tejada jedenfalls war begeistert und veröffentlichte<br />

Calibres Produktionen auf seinem Label "Palette" und<br />

in Zukunft will Dominick Martin auch auf Signature reine<br />

House Platten veröffentlichen. Ob er denn auch Lust<br />

hat, die Musik, die ihn seit seiner Jugend begleitet, vor<br />

Publikum aufzulegen, will ich wissen. Tatsächlich gab es<br />

wohl schon eine Anfrage aus Frankfurt, ob er nicht ein<br />

House-Set spielen wolle, aber bevor er sich einem Publikum<br />

stellt, will er perfekt sein. "Wenn ich zu Hause bin,<br />

übe ich viel mit House-Platten, ich finde es im Vergleich zu<br />

D’n‘B ziemlich schwer zu mixen, ich lasse so etwas ganz<br />

langsam angehen. Das bin ich der Musik schuldig."


SPOKEN WORD<br />

DIE WEINENDE POETIN / Ursula Rucker<br />

TEXT JAN KAGE | JAN1KAGE@AOL.COM BILD STEVE BELKOWITZ<br />

Das Leid der Welt trägt Ursula Rucker<br />

auf gebildeten Schultern und kanalisiert<br />

es unverbittert und möglichst<br />

wirklichkeitsgetreu in ihren Spoken-<br />

Word-Texten, die sie soeben auf einer<br />

neuen Platte sanft und scharfsinnig<br />

zum Besten gibt.<br />

"Ursula Rucker? Die ist doch in fünf Jahren verbittert, wenn<br />

die so weitermacht", sagte ein Freund, als wir über das anstehende<br />

Rucker-Interview telefonieren. "Verbittert?<br />

Das ist doch voll deep!“, erwidere ich. "Das kann man da<br />

wohl auch drin sehen, wenn man das will”, kam die gnädige<br />

Antwort. Die Grenzen von Ursula Ruckers Rezeption<br />

sind also schon vor dem Interview gezogen.<br />

"Verbittert?“ Ursula Rucker nimmt die Frage halb amüsiert,<br />

halb geschockt auf, die Augen leicht geweitet, der<br />

Oberkörper nimmt ein wenig Distanz. "Ich wäre verbittert,<br />

wenn ich meine Gedichte nicht schreiben würde. Im<br />

Gegenteil: Meine Texte helfen mir. Im Schreiben ist viel Therapie.“<br />

Ursula Rucker verarbeitet in ihren Texten die Welt, im<br />

Kleinen wie im Großen. Die Beobachtung scharf, die<br />

Stimme sanft, die Stimmung oft düster. Kein Wunder bei<br />

den Themen ihrer Texte: alleinerziehende Mütter, Afrozentrisches,<br />

HipHop, Macho und Politik. Es ist immer<br />

der nachdenkliche Blick auf die Welt, die nicht ist, was<br />

ELEKTRONIKA<br />

RESISTANCE NACH NOTEN / Gustavo Llamas<br />

TEXT FEE MAGDANZ, DIRK LEYERS<br />

Argentinien ist ein verwüstetes Land,<br />

in dem die Musikindustrie die letzten<br />

Mittel für den Mainstream bündelt.<br />

Schlechte Zeiten für Gustavo Llamas<br />

und die anderen argentinischen Musiker,<br />

die eigenwilligere musikalische<br />

Vorstellungen haben. Aber in den lokalen<br />

Netzwerken blühen die Knospen.<br />

Es ist sicherlich kein Zufall, dass Gustavo Llamas sich als<br />

Titel für sein neues Album "Brotes“ ausgewählt hat, der<br />

übersetzt soviel bedeutet wie die Knospen oder Anfänge.<br />

<strong>De</strong>nn für ihn markiert diese Platte tatsächlich so etwas<br />

wie einen Neubeginn: "Das Album enthält Tracks, die<br />

zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind, aber dennoch<br />

alle etwas gemeinsam haben. Ich würde sagen, sie schließen<br />

eine bestimmte Periode innerhalb meiner Arbeit ab.“<br />

Wie schon die 12“ "Presente“ erscheint auch das Album auf<br />

Onitor, ein Label, mit dem Gustavo gerne zusammenarbeitet,<br />

da es, wie er sagt, “an seine Musik glaubt”. <strong>De</strong>r Kontakt<br />

zu Onitor ergab sich wie so oft eher zufällig: "Mitten in der<br />

sie sein sollte. Recht bemerkenswert, mit Moral in einer<br />

Welt dagegenzuhalten, in welcher der letzte verbliebene<br />

allgemeingültige Wert ein monetärer ist. Und das in einer<br />

Kultur, die diesen Materialismus in jigged-out Videos<br />

abfeiert.<br />

RUCKER: Ich mach einfach meinen Kram, bring ihn raus<br />

und gucke, was passiert. Ich kann die Leute ja nicht zwingen,<br />

sich meiner Sichtweise und meiner Philosophie anzuschließen,<br />

und versuche es auch nicht. Obwohl ich von Menschen<br />

viel erwarte. Ich erwarte viel von mir selbst. Ich erwarte<br />

viel von HipHop-Künstlern. Ich glaube, die könnten<br />

viel besser sein. Und nicht nur, indem sie über gesellschaftliche<br />

oder politische Themen reden. Die könnten einfach<br />

bessere Musik machen und einen besseren Flow haben. <strong>De</strong>r<br />

meiste Scheiß ist langweilig. Es ist doch nur eine sehr kleine<br />

Gruppe Leute, die abgehen und den echten Scheiß machen.<br />

RELIGIÖS ODER SOZIALISTISCH?<br />

Woher kommt deine Moral? Bist du besonders religiös<br />

oder sozialistisch erzogen worden? "Ich bin zur katholischen<br />

Schule gegangen“, sagt sie etwas verschämt. Schon<br />

wieder ertappt. "Meine Mutter ist sehr religiös. Sie ist italienischer<br />

Abstammung, also katholisch und in der baptistischen<br />

Kirche, in der mein Vater predigt. Sie geht jeden Sonntag<br />

zweimal zur Kirche. Ich hab mir als Kind schon immer<br />

alles reingefahren. <strong>De</strong>n armen Mann an der Ecke und so.<br />

Das hat mich schwer bewegt. Ich habe dann immer rumgeheult<br />

und wollte unbedingt was unternehmen. Meine Mutter<br />

meint deshalb, ich hätte ein weinendes Herz“, sagt<br />

Rucker und lacht.<br />

großen Krise in Argentinien habe ich an diverse Leute, die<br />

ich kannte, Mails geschickt, um sie auf diesem Weg erfahren<br />

zu lassen, was eigentlich hier in Argentinien gerade passiert.<br />

So geschah es, dass ich auch Thomas Venker anschrieb,<br />

den ich bei einem Interview einige Jahre vorher kennen<br />

gelernt hatte. Er war interessiert an unserer lokalen Situation<br />

und im Verlauf des Briefwechsels kam es dazu, dass<br />

ich ihm von meinem unveröffentlichten Material erzählte<br />

und es ihm schließlich zugesandt habe.“<br />

Gustavo Llamas wie auch seine Musik sind beeinflusst<br />

von der ökonomischen und politischen Situation Argentiniens,<br />

aber er versteht sich selbst keinesfalls als "Protest-Songwriter“:<br />

"Natürlich hat die Situation hier großen<br />

Einfluss, einfach weil es die Umstände sind, in denen man<br />

arbeitet. Manchmal stellt der hier herrschende Informationsmangel<br />

und der schlechte Zugang zu Technologie eine<br />

große Behinderung dar. Ich habe keinen Zutritt zu einem<br />

guten Studio, um meine Platten aufzunehmen, und besitze<br />

kein gutes Equipment. Ich kann nicht die Platten kaufen, die<br />

ich gerne hätte, weil sie zum größten Teil nicht erhältlich,<br />

und wenn doch, einfach zu teuer sind. In den letzten Jahren<br />

habe ich sehr viele von mir ungeliebte Jobs machen müssen,<br />

nur weil ich Geld zum täglichem Leben brauchte. Aber diese<br />

Umstände fließen nicht wirklich explizit in meine Musik<br />

Wenn also die Texte ein wenig Therapie sind und das<br />

weinende Herz die Inspiration und der Motor, dann sind<br />

die Beats das Medium, um die Welt, die Frau Rucker beeindruckt<br />

und die sie verändern will, wissen zu lassen,<br />

was sie ist, die Welt. Überhaupt die Beats: Erstaunlich<br />

ist, dass sich soundästhetisch ein recht homogenes Album<br />

präsentiert, obwohl jeder der zehn Album-Tracks<br />

von einem anderen Produzenten stammt. Zusammengehalten<br />

von der monotonen, sanften Poesie. Wie gehst du<br />

vor? Schreibst du deine Texte auf die Beats oder existieren<br />

die Texte schon als Gedichte und du passt die Phrasierung<br />

dem fertigen Beat an?<br />

RUCKER: Beides ist möglich. Die Texte sind zum Teil auch<br />

schon älter. 'Lonely can be sweet' ist zum Beispiel schon<br />

acht Jahre alt. Ich bin inzwischen verheiratet, hab Kinder,<br />

bin also nicht mehr einsam. Aber ich wollte, dass das Gedicht<br />

auf meinem Album ist. Nein, ich will mir einfach die<br />

Freiheit bewahren, mit verschiedenen Leuten, die auch alle<br />

Freunde von mir sind, zusammenzuarbeiten. Da steckt<br />

nicht viel Überlegung dahinter. Auf dem Album sind u.a.<br />

Beats von King Britt, Jazzanova, 4 Hero oder den Roots. Das<br />

sind alles Künstler, die ich sehr schätze und mit denen ich<br />

zusammenarbeiten wollte. Und diese Freiheit will ich mir<br />

auch bewahren.<br />

Also: Entwarnung an den Freund. Frau Rucker opfert sich<br />

nicht für die Kunst allein auf. Es gibt eine gewisse Distanz<br />

zwischen Kunst und Künstlerin, zumindest zeitlich.<br />

Trotzdem schöpft diese voll aus sich selber. Und das<br />

ist auch gut so, denn sie hat was zu sagen. Nicht alle Tex-<br />

mit ein, sondern eher hintergründig.“<br />

Trotz der schwierigen Situation für Musiker in Argentinien<br />

gibt es viele, die innerhalb der lokalen Szene stetig<br />

weiterarbeiten:<br />

"Die derzeitige Situation ist, dass das Land nach einer <strong>De</strong>kade<br />

neoliberaler Politik verwüstet ist und mehr als die<br />

Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt.<br />

Und selbst die Mittelklasse, die in der Vergangenheit sehr<br />

wichtig war, ist verarmt. Das hat den kulturellen Konsum<br />

beeinflusst. Die Musikindustrie arbeitet in diesem Kontext<br />

deshalb nur mit den Dingen, bei denen sie denkt, es wäre<br />

richtiges Business. Und das ist der Grund, warum von dem,<br />

was hier in der Vergangenheit an elektronischer Musik gewachsen<br />

ist, nur der Mainstream wirklich existiert. Aber es<br />

gab immer eine große Gruppe von Musikern, die, fast schon<br />

als eine Art ‘Resistance’, nie aufgehört hat zu produzieren<br />

und immer um ihren Platz in der lokalen Szene gekämpft<br />

hat. Das mag sehr negativ klingen und vielleicht auch traurig,<br />

aber es ist der Aspekt der lokalen Szene, dem ich mich<br />

verbunden fühle, – zwar mit etwas Melancholie, dass man<br />

so weit weg ist von dort, wo die Dinge passieren, aber andererseits<br />

mit der Freude darüber, dass man tun kann, was<br />

man möchte, egal wie die Umstände um einen herum auch<br />

immer sind.“<br />

INFO<br />

http://www.ursula-rucker.com<br />

Ursula Rucker, Silver Or Lead, ist auf !K7 erschienen.<br />

te beziehen sich auf sie selber. Viele sind auch einfach<br />

über andere Leute geschrieben. Aber der Blick auf die<br />

Welt, den uns Ursula Rucker bietet, ist wertvoll. Alleine<br />

aus dem Grund, dass ihr das ganze Leid nicht selbst leben<br />

müsst. Auch nicht schlecht, oder?<br />

INFO<br />

Gustavo Llamas, Brotes, erscheint als CD auf Onitor.<br />

Dort gibt es auch die 12“ "Presente“.<br />

www.onitor.de<br />

oceanclub for china<br />

wurde von Gudrun Gut und Thomas Fehlmann<br />

zusammengestellt und enthält Tracks von Jürgen<br />

Paape, Thomas Fehlmann, Bus, Monkeytribe,<br />

Morgenstern / Lippok, Masha Qrella, Turner, Komeit,<br />

The Orb, Jusko Trust, Soundstream, Jan Jelinek,<br />

Adventure Time und Ekkehard Ehlers.<br />

Seit nahezu 10 Jahren begibt sich der Berliner Oceanclub abseits der gewohnten<br />

musikalischen Pfade auf Entdeckungsreise. Gemäß dem Prinzip »nur Highlights« werden<br />

in regelmäßigen Radiosendungen (z.B. wöchentlich im Berliner Raum auf Radio Eins<br />

95,8 und in Guangzhou (China)), auf mobilen Clubabenden weltweit, und natürlich auf<br />

Tonträgern kreative Helden zusammengeführt.<br />

Weitere Infos unter: www.oceanclub.de<br />

www.v2music.de<br />

DE:BUG.75 - 10.2003 –


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

BIGBEAT<br />

TEXT MIKE RIEMEL | RIEMEL@BORDER2000.ORG<br />

WALL OF SOUND WIRD 10<br />

GUT GELAUNT VON<br />

BIGBEAT ZU 80’S<br />

Big Beat und Rave. Bei den Chemical Brothers<br />

heißt es Rave und Big Beat. Beim englischen Label<br />

Wall of Sound eben andersherum. Beide sind aber<br />

Teil eines großen Feierimperiums, das in seinem<br />

selbstverständlichen, bierselig schulterklopfigen<br />

Egalitäts-Drang so nur Anfang der 90er in UK<br />

wachsen konnte. Ein Feierimperium, in dem man<br />

nicht rückblickend über die alten, chaotisch improvisierten<br />

Amateurzeiten, sondern über die Abstecher<br />

in die fettigen Major-Kochtöpfe wegwerfend<br />

grinst. Und in dem man es gelassen hinnimmt,<br />

wenn man nach Zeiten bombastischster Major-<br />

Hofierung nur noch am goldenen Faden von<br />

Röyksopp und Zoot Woman hängt. <strong>De</strong>r Gründer<br />

des Wall-of-Sound-Labels Mark Jones setzt sich zurecht<br />

und holt zum 10-jährigen Label-Jubiläum ein<br />

paar handfeste Anekdoten raus.<br />

MARK JONES: Oh Boy, wie oft habe ich mich gefragt:<br />

weitermachen oder verkaufen? Als es mit den<br />

Propellerheads durchstartete, 1997, 1996, als wir uns<br />

die heißeste Band gegriffen hatten, was haben wir da<br />

mit den Ohren geschlackert, wie weit die Majors gehen<br />

würden. Es wurde richtiggehend hysterisch. Ich<br />

wurde am Ende in Landschenken zum Essen eingeladen,<br />

weil alle Londoner Nobelrestaurants abgeklappert<br />

waren. Und frag' mich mal nach Frauen. Ich war<br />

ein lediger Mann damals ...<br />

Alex Gifford von den Propellerheads hat mich schließlich<br />

vom Major-Karren weggezerrt. Er wollte unabhängig<br />

arbeiten und hat mich überzeugt, dass wir es<br />

schaffen können. Wir haben's geschafft.<br />

DEBUG: ... und du bist immer noch nicht müde?<br />

MARK JONES: Ein Indie-Label schaukelt sich durch<br />

solch enorme Aufs und Abs, das hält einen ordentlich<br />

wach. Und wenn es gut ist, dann ist es WIRKLICH gut.<br />

Rock'n'Roll. Ohne das Label hätte ich zum Beispiel nie<br />

Nile Rodgers von Chic getroffen. Er kam zu unserer<br />

Wall-Of-Sound-Nacht in New York. Mein Gott, bin<br />

ich ein Fan von ihm. Ich klammerte mich an sein Gesicht,<br />

hielt ihn fest, ganz dicht. Rodgers sagte nur:<br />

"Yeah, hi." Dann: "Security, könnten sie diesen Typ<br />

von mir abhebeln?" Schließlich: "Was zum Teufel ist<br />

das für ein Psychopath?" Das waren seine drei Sätze<br />

zu meiner Person. So cool, richtig cool.<br />

DEBUG: Gehst du noch viel aus?<br />

MARK JONES: Mein Lieblingsort heißt "Melotonian<br />

Dreams".<br />

DEBUG: Melotonian Dreams?<br />

MARK JONES: Yeah, so eine kleine Pille, die dich im<br />

Schlaf in die wildeste Gegend führt ...<br />

DEBUG: Welche Musik hat dich als Teenager angetrieben?<br />

MARK JONES: Ich stand auf Abba und Blondie. Abba,<br />

Blondie, The Clash, ABC ... Ich liebe Pop-Musik.<br />

Und Gabba - ein bisschen. Wir hatten eine WOS-<br />

Nacht in Rotterdam und vertaten uns in der Adresse.<br />

Also landeten wir auf einer Gabba-Party. Verrückt,<br />

fucking intensiv.<br />

DEBUG: Oho, aus der Ecke wehen neue Pläne für<br />

Wall Of Sound?<br />

MARK JONES: Nö, ich plane keine neuen Acts. Wir<br />

hatten aber mal eine 10Inch, die klang wie Gabba-<br />

Rock falsch herum, von Pascal R. Sehr Nerven-beruhigend.<br />

DEBUG: Mit "Les Rhythmes Digitales" und "Zoot<br />

Woman" ist Wall Of Sound nicht ganz unschuldig<br />

am 80s-Hype ...<br />

MARK JONES: Das hingegen finde ich gar nicht Nerven-beruhigend.<br />

Als wir deren Album "Dark Dancer"<br />

herausbrachten, hielt es die Mehrheit für einen Witz.<br />

Es war aber ganz autobiografisch Liebhaber-mäßig<br />

gemeint. Niemand hatte sich gesagt, okay, lass uns<br />

die 80er wieder erfinden. Sobald sich Elektroclash genau<br />

das sagte, wurde es wirklich zu einem Witz, einem<br />

schlechten. Wenn ich noch eine Platte höre, auf<br />

der eine Frauenstimme "Bhoo ... Berlin" krakeelt,<br />

bringe ich jemanden um!<br />

INFO<br />

www.wallofsound.net<br />

Die Wall of Sound-Jubelcompilation "Off the<br />

Wall" ist auf Wall of Sound/Labels erschienen.<br />

CHEMOKEULE<br />

THE CHEMICAL BROTHERS<br />

RAVE-O-LUTION IN DER ZEITSCHLEIFE<br />

TEXT SVEN VON THÜLEN | SVEN@DE-BUG.DE<br />

Sie entstiegen der glorreichen Acid-House-Ursuppe und wurden mangels DJ-<br />

Skills zu einem der prägenden Live-Acts der 90er: die Chemical Brothers. Zwischen<br />

"Song To The Siren" und "Star Guitar" liegen nun auch schon zehn Jahre.<br />

Mittlerweile sind sie in den Dreißigern, fallen aber immer noch gerne mit der Tür<br />

ins Haus.<br />

What I think about our music, is that it has a human element,<br />

it's quite emotional but not in a <strong>De</strong>troit emotional<br />

way, it's got more sweatiness, more clubiness."<br />

(Tom Rowlands anno 1994 in Jockeyslut)<br />

Die Chemical Brothers sind eine Legende. Oder besser,<br />

sie sind Teil einer Legende. Einer Legende, die von den<br />

Feldern der englischen Pampa, vom Summer of Love,<br />

der Hacienda, dem Criminal Justice Act, Ecstasy und allem,<br />

was auf diese ebenso aufregenden wie aufreibenden<br />

Dingen folgte, erzählt. <strong>De</strong>r gemeine englische Lad<br />

pflegt diesen Mythos, der wie der Kelch der Erkenntnis<br />

immer weitergereicht wird. Zuletzt besang ihn Mike<br />

Skinner von The Streets in "Weak Become Heroes" inklusive<br />

Respektsbekundung und Danksagung " … to<br />

everyone who gave us these times". Und weil Ed Simmons<br />

und Tom Rowlands, die beiden thirtysomethings,<br />

die es heutzutage unter dem Namen Chemical Brothers<br />

zu einiger Bekanntheit gebracht haben, damals, als Acid<br />

House und Raveculture wie die Wirkung von diesen kleinen<br />

Tabletten, die es plötzlich überall gab, einschlugen,<br />

nicht nur mit dabei waren, sondern auch einige richtungsweisende<br />

Tracks in Eds Schlafzimmer produziert<br />

haben, ist ihnen ein Platz in der Ahnengalerie dieser Mythologie<br />

sicher. Gleich neben Paul Oakenfold, The Prodigy<br />

und Danny Rampling. Nur, dass ihre musikalischen<br />

Verdienste eben nicht im Rausch von Ruhm und Erfolg,<br />

Starallüren und Mainstreamanbiederung auf der<br />

Strecke geblieben sind.<br />

Ihre erste Maxi, "Song To The Siren", samplete Meat Beat<br />

Manifesto und This Mortal Coil und verschmolz metallische<br />

Breakbeats und manisches Sirenengeheul zu<br />

einem Track gewordenen Ravesignal. Wenn "Song To<br />

The Siren" ertönte, war auch dem letzten Spiral Tribe-<br />

Hippie klar, dass die gebeutelten Synapsen jetzt auch<br />

noch musikalisch bombardiert würden, dass jetzt ernst<br />

gemacht werden würde. Mit der Party, dem Tanzen, dem<br />

Raven an sich. Andrew Weatherall und Richie Hawtin sahen<br />

das ähnlich, spielten den Track rauf und runter und<br />

sind im Endeffekt dafür mitverantwortlich, dass es die<br />

Chemical Brothers als das Live-Erlebnis, zu dem sie in<br />

den Jahren gereift sind, überhaupt gibt. Platten auflegen<br />

konnten die beiden damals, so 1993, nämlich noch nicht.<br />

Oder besser gesagt begann ihnen bei der Vorstellung,<br />

neben Richie Hawtin oder Andrew Weatherall bei dessen<br />

Clubnacht Sabresonic aufzulegen ("Man, this was a<br />

serious techno night."), leicht schwindelig zu werden.<br />

Da Ed und Tom die Einladung der beiden aber nicht ablehnen<br />

wollten, bastelten sie lieber einen zwanzigminütigen<br />

Live-Act zusammen, als mit ihren bescheidenen<br />

DJ-Fähigkeiten im Schatten der Meister unterzugehen.<br />

IMMER REIN IN DEN HEIßEN BREI<br />

Am musikalischen Konzept der Chemical Brothers hat<br />

sich seit jener ersten Maxi, die sie noch unter dem Namen<br />

The Dust Brothers veröffentlicht hatten, wenig<br />

geändert. (Die echten, Beastie Boys produzierenden<br />

Dust Brothers fanden diese Ehrerbietung der beiden<br />

übrigens weniger lustig und deren Rechtsanwälte überzeugten<br />

Ed und Tom davon, ihrer Vorbilder von da an lieber<br />

im Stillen zu gedenken.) Prinzipiell fällt man lieber<br />

mit der Tür ins Haus, als das man lange um den heißen<br />

Brei herumtanzen würde. Die Tracks der Chemical Brothers<br />

zeichnete dieser unbedarfte Drang, den kürzesten<br />

Weg zur totalen Euphorie zu gehen, immer aus. So viele<br />

Einwände Distinktionshüter vielleicht auch gerechtfer-<br />

INFO<br />

The Chemical Brothers, Singles 1993-2003 ist auf<br />

Virgin erschienen.<br />

www.chemicalbrothers.com<br />

Eds Lieblingssingle: "Leave Home"<br />

Toms Lieblingssingle: "Star Guitar"<br />

tigterweise anbringen mochten, charmant und vor allem<br />

mitreißend war dieses Kaleidoskop aus Ravesignalen,<br />

dicken Beats und verstrahlter Euphorie, das die Initationszusammenhänge<br />

der Rave-o-lution von Happy<br />

Mondays bis <strong>De</strong>troit Techno immer wieder heraufbeschwor,<br />

trotzdem. Live alle mal. Dass ihnen später das<br />

Prädikat Big Beat angehängt wurde, lag dann auch eher<br />

daran, dass die beiden als alte Fans von My Bloody Valentine<br />

und New Order keine Berührungsängste mit<br />

Rockanleihen hatten und das sprichwörtliche Rocken<br />

sowieso Sinn und Zweck der ganzen Sache war, als dass<br />

sie mit dem anderen großen Big Beater, Fatboy Slim,<br />

musikalisch wirklich etwas gemeinsam hätten. Schenkelklopfersamples<br />

sucht man bei den Chemical Brothers<br />

zumindest vergeblich. Dann eher eine ordentliche Portion<br />

psychedelischen Mummenschanz und entzückend<br />

sinnfreie Texte von geschätzten Indiekumpels wie Noel<br />

Gallagher oder Richard Ashcroft.<br />

Wenn "Song To The Siren" ertönte, war auch dem letzten<br />

Spiral Tribe-Hippie klar, dass die gebeutelten Synapsen<br />

jetzt auch noch musikalisch bombardiert würden.<br />

Song To The Siren, Chemical Beats, Leave Home, Block<br />

Rockin Beats, Let forever be, Out of Control, Get yourself<br />

High, The Test, The Golden Path; zehn Jahre nach ihrer<br />

ersten Maxi kann man allein anhand ihrer gesammelten<br />

Singletitel den fröhlichen Hedonismus der Chemical<br />

Brothers noch einmal nachvollziehen. Rave on.<br />

"I've always thought that when you're near hippies you're<br />

never far away from good music." (Ed Simmons)


INDIETRONICS<br />

THE BOOKS<br />

SCHÖNER ESSEN<br />

TEXT RENÉ MARGRAFF | THECRASHKID@GMX.DE<br />

Die Niederländer "The Books" machen Musik zum Köcheln knackigen Gemüses,<br />

die den Unterschied zwischen grünem und schwarzem Tee vertont. Jau, sie sind<br />

eine Lebensmittel-Band! Und als solche kümmern sie sich mit ihrem folky Cut-<br />

Up-Pop um die elementaren Dinge des Lebens in aller fortschrittlichen Konservativität.<br />

Farbenfroh wie in der Herbstsonne getrocknetes Laub<br />

klingt die Melange aus Akustikgitarren, Celli und Vocals,<br />

die "The Books" auf ihrem zweiten Album für Tomlab zusammengerührt<br />

haben. Nick Willscher Zammuto und<br />

Paul <strong>De</strong> Jong haben einige Zeit gemeinsam in einem alten<br />

Haus in North Adams, Massachusetts verbracht und<br />

schicken uns nun einen herbstlichen Küchensoundtrack.<br />

Das Rezept ist eigentlich simpel, aber hier<br />

schmeckt alles besonders gut. Man nehme drei Befehle<br />

am Computer, nennt sie Cut, Copy & Paste. Nimmt akustische<br />

Instrumente auf, baut sich eine Samplebank und<br />

sorgt für einen vollen Magen, dann klappt das mit dem<br />

folky Cutup-Pop. The Books berichten von Essen, ihrer<br />

Zusammenarbeit und was sie sich erhoffen …<br />

WE'RE NOT A PUNK BAND, WE´RE A FOOD BAND<br />

Die ganzen platten Küchen-Metaphern seien mir bei<br />

The Books verziehen, denn schließlich nannte sich ihr<br />

erstes Album aus dem Jahr 2002 “Food for Thought“. Es<br />

ist eines dieser Alben, die Tomlab gerade eben nachpressen<br />

lassen musste. Schön, dass so etwas auch 2003<br />

noch passiert. <strong>De</strong>r Titel des neuen, “The Lemon Of Pink“,<br />

kommt vitaminreich und positiv bei mir an. Sind The<br />

Books eine Lebensmittelband?<br />

NICK UND PAUL: “YES! Wir sind eine Lebensmittelband<br />

und wären auch gerne als solche bekannt. Es wäre uns<br />

nämlich lieber, bei Konzerten für die Gäste zu kochen als ihnen<br />

unsere Musik zu präsentieren. Essen ist essentiell, da<br />

gibt es wohl keine Zweifel. Wenn einer von uns im Studio arbeitet,<br />

steht der andere in der Küche. Wir bevorzugen einfaches<br />

und gesundes Essen, dunkelgrünes Gemüse, Kartoffeln,<br />

guten Käse, Vollkornbrot, süße reife Früchte, Mandeln,<br />

Pilze und etwas Rotwein.“<br />

HÖR MAL<br />

Das eigentliche Ziel von The Books war Pop. "Das hat<br />

nicht wirklich geklappt, aber Spaß hatten wir allemal.“ Ei-<br />

ne gemeinsame Freundin hat die beiden miteinander<br />

bekannt gemacht und nachdem die gemeinsame Leidenschaft<br />

für komische Sounds entdeckt war, begannen<br />

sie auch gleich mit ihrer Zusammenarbeit. Und die<br />

klappt prächtig, obwohl die beiden auf den ersten Blick<br />

aus unterschiedlichen Ecken kommen und Tom Steinle<br />

ihnen immer wieder Termine setzen musste. Paul <strong>De</strong><br />

Jong komponiert sonst Musik für die städtischen Bühnen<br />

in Rotterdam, gibt klassische und zeitgenössische<br />

Konzerte, komponiert Scores für Tanz- und Bühnenstücke<br />

und bringt den Kids in Manhattan bei, wie sie mit<br />

ihrem Cello umgehen sollen. Nick Willscher Zammuto<br />

ist der Koch in der Band, hat aber auch Kunst unterrichtet<br />

und sich mit "Soundskulpturen“ beschäftigt. Einiges<br />

davon ist unter dem Namen Zammuto auf Apartment B<br />

und dem Netaudiolabel No Type erschienen.<br />

The Books ist für beide etwas Spezielles und Neues: "Es<br />

geht hauptsächlich um die Zusammenarbeit. Wenn die<br />

nämlich klappt, passieren magische Dinge, das Ergebnis ist<br />

dann viel größer und schöner als die einzelnen von uns beigesteuerten<br />

Teile. Es ist das beste Gefühl, dass wir kennen<br />

und gibt uns einen guten Grund, hier auf diesem Planeten<br />

zu sein. Wenn die Musik ‘funktioniert’, verwandelt sie sich<br />

in etwas eher Universelles. Inspiriert werden wir dabei von<br />

allen Dingen, die unseren Weg kreuzen (Musik, Filme, Literatur,<br />

Geschichte, Familien, Freunde, Wetter). Unsere Musik<br />

ist unsere Art, all das umzudrehen und etwas zurück zu<br />

geben. Im Zentrum steht dabei das Hören. Richtiges<br />

Zuhören hat aber weniger mit den Ohren zu tun als man<br />

INFO<br />

The Books, The Lemon of Pink, erscheint Ende<br />

Oktober auf Tomlab/Hausmusik<br />

www.tomlab.de<br />

www.thebooksmusic.com<br />

glaubt. Die Technik, die es uns ermöglicht, so zu arbeiten<br />

und zu komponieren, ist einfach wunderbar. Wir können so<br />

wirklich zuhören und den Klang komplett aufsaugen. Hoffentlich<br />

hört man das unserer Musik an, vorsichtiges<br />

Zuhören und eine Leidenschaft für Sound.“<br />

MY DEFINITION OF …<br />

“Food for Thought” wirkte in der Soundauswahl unter-<br />

Wir sind eine Lebensmittelband<br />

und wären auch gerne<br />

als solche bekannt.<br />

schiedlicher, nervöser und auch unentschlossener. Auf<br />

“The Lemon Of Pink“ sind sowohl Sprache als auch Akustikgitarren<br />

und Celli weiter ins Zentrum geschoben.<br />

Sind The Books absichtlich noch “folkier” geworden?<br />

NICK UND PAUL: Hmmm ... die beiden Alben sind eher<br />

wie schwarzer Tee versus grüner Tee. 'Folky' ist momentan<br />

ein so oft gelesenes Wort. Es geht bei The Books ganz sicher<br />

nicht um ’Twang-Twang Folk’. Für uns bedeutet ‘folky’ eher<br />

seltsam, aber ehrlich, offen, aber persönlich, zugänglich,<br />

aber eigen, verwurzelt, aber nach vorne schauend, irgendwie<br />

konservativ, aber zugleich fortschrittlich. Es wäre<br />

schön, wenn dies auf unsere Platten zutreffen würde.<br />

DE:BUG.75 - 10.2003 –


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

ELEKTRONIKA<br />

MACH MEINEN KUMPEL NICHT AN / Apparat<br />

TEXT THADDEUS HERRMANN | THADDI@DE-BUG.DE BILD SIBYLLE FENDT<br />

Frickeln allein macht auf die Dauer auch nicht glücklich. Und so faszinierend<br />

MAX/MSP auch immer noch ist, Sascha Ring aka Apparat lässt die Synthese auf<br />

seinem dritten Album "Duplex" Synthese sein und holt sich ein paar Musiker ins<br />

Studio. Ganz oldschool. Und sehr angemessen für den ruhenden Pol des rotzigen<br />

Shitkatapult-Universums<br />

Es gibt diese Szene bei "Die drei ??? und der Kapartenhund",<br />

in der Justus Jonas und Bob Andrews in einer Kirche<br />

niergergeschlagen und dann eingeschlossen werden.<br />

Wieder aufgewacht bollern sie gegen die Tür und<br />

werden schließlich vom Pfarrer gefunden. Nach kurzer<br />

Unterhaltung reicht Justus dem Pfarrer die Visitenkarte<br />

der <strong>De</strong>tektive und ermuntert den Pfarrer, sich bei ihnen<br />

zu melden, sollte dieser noch Fragen haben. <strong>De</strong>r Pfarrer<br />

sagt daraufhin lediglich: "Fragen? Ich habe keine Fragen."<br />

Bei der neuen LP von Apparat aka Sascha Ring fühle<br />

ich mich wie eine Mischung aus beiden Charakteren.<br />

Tracks wie "Steinholz" erschlagen mich und sobald ich<br />

wieder zurechnungsfähig bin, kann ich nur sagen: "Fragen?<br />

Nee, hab ich nicht. Mir ist alles klar, so sonnenklar,<br />

wie es mir noch nie war."<br />

"Duplex", besagtes neues Album, ist ein Monster, im positivsten<br />

Sinne, ist advanct wie lange kein Album mehr,<br />

ohne das stolz zur Schau zu stellen. Vielmehr verweist<br />

Sascha Ring, der auf seinen beiden Vorgänger-Alben<br />

"Multifunktionsebene" und "Tttrial And Eror" seine<br />

Fähigkeiten als Programmierer eindrucksvoll unter Beweis<br />

gestellt hat und in Berlin schon lange als offizieller<br />

MAX/MSP-Beauftragter gilt, auf "Duplex" sowohl die<br />

Elektronik als auch die verstärkt zum Einsatz kommenden<br />

akustischen Elemente auf ihre Plätze und lässt die<br />

Tracks einfach aus ganz eigener Kraft leuchten, lässt jegliche<br />

technische Feinheit erscheinen, als sei es das Normalste<br />

der Welt, und revolutioniert das elektronische<br />

Songwriting. Strike. Oder so ähnlich. Da muss man auch<br />

gar nicht viele Worte verlieren und sich schon gar nicht<br />

an überstrapazierten Allgemeinplätzen abarbeiten. Wie<br />

das denn ist mit der Invasion der Sänger und akustischen<br />

Instrumenten in der elektronischen Musik und<br />

warum das jetzt alle machen und ob die Frickelei jetzt<br />

ein für alle Mal vorbei ist und wie es denn um Gottes<br />

Willen weitergeht oder weitergehen könnte. Vielmehr<br />

macht man die Augen zu und stellt sich vor, wie Apparat<br />

den Club rockt, seine zurückhaltenden Tracks mit Bassdrums<br />

aufmotzt ("Ich hatte auch mal eine Gabba-Phase,<br />

ja.") und einfach alles in Schutt und Asche legt. Wieder<br />

im positivsten Sinne, denn: Apparat ist ein Guter<br />

und mit den Platten von Cosmic Baby aufgewachsen.<br />

LAUNE VERDERBEN MIT LOOP-TECHNO<br />

"Das hat damals irgendwie gepasst", wiegelt Sascha ab,<br />

"ich war auch noch klein." Als ob man sich da rechtfertigen<br />

müsste. Über MfS-Releases in Berliner Platten-<br />

sammlungen könnte man die eine oder andere Enthüllungsgeschichte<br />

schreiben. Und außerdem war diese<br />

Phase ziemlich schnell wieder vorbei, Apparat kaufte<br />

Plattenspieler und fing an aufzulegen, "härter und härter<br />

und härter und irgendwann hat mir Loop-Techno alles verdorben<br />

und ich kaufte meinen ersten Synthesizer und alles<br />

ging mehr in Richtung Kerzen anzünden." Schließlich kam<br />

der Umzug nach Berlin, erste <strong>De</strong>mos wurden verschickt<br />

und neben Jetlag interessierte sich Marco Haas von<br />

Shitkatapult, ebenfalls gerade nach Berlin übergesiedelt,<br />

für die Tracks. Beide verstanden sich so gut, dass<br />

sie sich fortan gemeinsam um das Label kümmerten.<br />

Heute, Jahre später, kann sich Sascha Ring eigentlich<br />

genüsslich zurücklehnen, denn außer dem immer noch<br />

nicht begonnenen Studium ("kommt immer wieder was<br />

dazwischen") läuft alles nach Plan, auch wenn es fürchterlich<br />

stürmisch ist beim Interview und der Apfelsaft<br />

fast vom Tisch fegt.<br />

<strong>APPARAT</strong>: Ich wollte das immer machen ... mehr Instrumente<br />

in die Tracks packen. Das hat eine Weile gedauert.<br />

<strong>De</strong>n Sänger zum Beispiel habe ich ganz einfach per Aushang<br />

an der Musikhochschule gesucht. Wir haben ein bisschen<br />

gebraucht, bis wir uns sozusagen synchronisiert hatten,<br />

aber dann war es prima. Im Unterschied zu den ersten<br />

beiden Platten, habe ich "Duplex" gründlich geplant, mir eine<br />

Library an Sounds angelegt, ganz gezielt ein paar Patches<br />

programmiert und mit diesem Grundstock dann angefangen,<br />

an den Tracks zu arbeiten. Prinzipiell hatte ich<br />

von Synthese aber die Nase voll, ich konnte das alles nicht<br />

mehr hören. Mittlerweile ist das schon wieder ein bisschen<br />

anders.<br />

DEBUG: Wird ja eh alles gerade wieder fluffiger zur Zeit,<br />

oder? Die Zeit des endlosen Programmierens ist irgendwie<br />

vorbei. Oder zumindest veröffentlichen die Leute<br />

nicht mehr jedes neue Patch auch gleich als Track.<br />

<strong>APPARAT</strong>: Absolutes Revival, ganz klar. Oldschool. Mal<br />

Sounddesign ist irgendwie<br />

komplett abgecheckt. Ich<br />

frage mich zwar immer<br />

noch bei bestimmten<br />

Tracks, wie die das zur Hölle<br />

gemacht haben, aber ich<br />

möchte selber sowas nicht<br />

mehr machen.<br />

wieder einen Drumcomputer benutzen, ohne die Snare<br />

stundenlang nachzubearbeiten. Sounddesign ist irgendwie<br />

komplett abgecheckt. Ich frage mich zwar immer noch bei<br />

bestimmten Tracks, wie die das zur Hölle gemacht haben,<br />

aber ich möchte selber sowas nicht mehr machen. Die Zeitspanne<br />

zwischen Idee oder Motiv und Ergebnis muss einfach<br />

wieder kürzer werden, gerade wenn man mit anderen<br />

Leuten zusammenarbeitet.<br />

DEBUG: Wieso überhaupt selber programmieren?<br />

<strong>APPARAT</strong>: Früher war die Motivation ganz klar ein Innovationsdrang.<br />

Diese naive Vorstellung, jeder Track müsse<br />

und könne das Rad neu erfinden und wenn Autechre etwas<br />

INFO<br />

Apparat, Duplex, ist auf<br />

Shitkatapult/Hausmusik/Kompakt erschienen.<br />

www.shitkatapult.com<br />

www.apparat.net<br />

schon mal gemacht hatten, konnte man eh alles hinschmeißen.<br />

Geändert hat sich das ja auch nicht wirklich.<br />

Die einen feiern neue Tracks, die anderen behaupten, dass<br />

sei auf "Amber" alles schonmal vorgemacht worden.<br />

DEBUG: Außerdem gab es plötzlich so eine Hetzjagd<br />

auf diese Musik.<br />

<strong>APPARAT</strong>: Zu Unrecht. Wenn heute irgendwo Minimaltechno<br />

läuft, sagt ja auch keiner "Ey, Maurizio". Aber so ist<br />

das halt. Ich sage nicht, Elektronika ist tot, man muss sich<br />

einfach umschauen und für sich selbst rausfinden, wie man<br />

weitermachen will. Ich hab ja sogar mal Schlagzeug gespielt,<br />

so richtig in der Musikschule mit theoretischer Ausbildung.<br />

Mich ärgert total, dass ich damals zwei, drei Jahre<br />

zu jung war, um nicht bei einer dieser Kellerbands einzusteigen.<br />

Als dann die elektronische Musik losging, hab ich<br />

mich gefragt, warum um Gottes Willen ein Schlagzeug.<br />

DEBUG: Ich habe das Gefühl, im Moment bringen alle<br />

Platten raus mit den Tracks, die sie schon immer machen<br />

wollten, aber nie konnten, warum auch immer. Ist "Duplex"<br />

auch das Ende deiner Beta-Phase?<br />

<strong>APPARAT</strong>: Eigentlich hat sich nicht viel geändert. Ich bin<br />

nach wie vor ein wenig sentimental in den Melodien, vielleicht<br />

haben sich die Sounds und das Arrangement ein bisschen<br />

verändert, was auch daran liegt, das in einem Track<br />

mittlerweile viel mehr Zeit steckt. Aber du hast schon recht.<br />

Viele Platten in den letzten Jahren waren einfach nur Experimente.<br />

Dass das dann gleich veröffentlicht wurde, ist komisch.<br />

Zwar cool, aber doch komisch.<br />

DEBUG: Hat 'ne Menge kaputt gemacht...<br />

<strong>APPARAT</strong>: Kann sein. Heute ist die Hemmschwelle viel<br />

kleiner, um sich in das Musikmachen reinzustürzen. Das<br />

merke ich vor allem als Labelbetreiber. Das ist ganz doll<br />

schlimm. <strong>De</strong>mos werden immer schlechter. Ich habe in letzter<br />

Zeit auf jeden Fall gemerkt: Mir ist das alles nicht easy<br />

genug. Ich höre beim Arbeiten auch gerne Otto von Schirach,<br />

aber irgendwie ist es das nicht.<br />

DEBUG: Live ist das aber wieder eine ganz andere Geschichte<br />

...<br />

<strong>APPARAT</strong>: Ja, live ist alles viel straighter. Weil man ja letztendlich<br />

doch immer wieder im Club spielen muss und es<br />

einfach auch verdammt viel Spaß macht zu rocken. Die<br />

Jungs von Modeselektor haben mir das wieder beigebracht.<br />

Wenn wir zusammen als Moderat spielen, sind unsere<br />

Rechner einfach nur gesynct, alles andere passiert einfach.<br />

Drauf los. Das haben mir die Jungs beigebracht. Und ich bezahle<br />

in Form von Software. Das reizt mich immer noch.<br />

Wenn ein Problem auftaucht, irgendwas programmiert<br />

werden soll, dann setze ich mich die ganze Nacht hin und<br />

frickel.<br />

Zum Glück steht groß auf dem neuen Apparat-Album<br />

"There Are Things That Can Never Be Frickeled". So wird<br />

plötzlich alles klar. Danke, Apparat.


TECHNOROCK<br />

DER TRUCKER<br />

FÄLLT NICHT<br />

WEIT VOM<br />

STAMM<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong><br />

TEXT SVEN VON THÜLEN | SVEN@DE-BUG.DE BILD SIBYLLE FENDT<br />

Die Schnorrer-Punks in der U-Bahn haben sich von den Fashion-Punks nicht in<br />

ihrer Haltung beeindrucken lassen. Na, und wer trägt jetzt immer noch Nietenarmband<br />

und hat Spaß dabei? Auch T.Raumschmiere knarzt und bolzt auf seinem<br />

neuen Album "Radio Blackout" siegreich der Dreck-Trash-Mode davon.<br />

<strong>De</strong>nn wo muss man das Nietenarmband tragen? Im Herzen.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Mit dem Album wollte ich wieder in<br />

die Richtung meiner ersten Platte "Stromschleifen" auf Shitkatapult<br />

gehen. Da waren ja auch sehr unterschiedliche<br />

Stücke drauf. Und nicht nur so Bolzen wie auf den Maxis danach.<br />

Bei der ersten Platte damals habe ich mich einfach frei<br />

gefühlt. Es gab niemanden, der irgendetwas erwartet hat.<br />

Ich habe gemacht, worauf ich Bock hatte. Und so wollte ich<br />

es dieses Mal auch machen, deswegen habe ich Novamute<br />

auch von Anfang an gesagt, dass ich kein Techno-Album<br />

machen werde, weil ich auch kein Techno-Artist sein will und<br />

ich auch nicht in diese Ecke gedrängt werden will.<br />

DEBUG: Welche Ecke wäre denn dann deine?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Ich weiß nicht genau. Ich kann das<br />

immer so schlecht in Schubladen oder Kategorien einstufen.<br />

Ich will ganz einfach nicht meine Karriere mit "Sonne Mond<br />

und Sterne" etc, jetzt nichts gegen das Festival, also dieser<br />

klassischen Techno-Veranstaltung, verbringen. Das ist immer<br />

mal nett, aber interessiert mich auf Dauer nicht. Da<br />

passiert nichts und die Art und Weise, wie da Musik konsumiert<br />

wird, ist auch nicht mein Ding. Da fahre ich primär<br />

hin, um Geld zu verdienen.<br />

DEBUG: Ist das Fusion-Festival am Müritzsee dann so<br />

ein Festival, das als Gegenmodell herhalten könnte?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Die Fusion ist auf jeden Fall interssant,<br />

weil die sich ganz einfach von Anfang an was trauen,<br />

die Leute einladen, die keinen Namen haben. Die sie aber unbedingt<br />

da haben wollen. Das machen andere etablierte<br />

Festivals nicht. Die gucken, dass sie große Namen auf dem<br />

Flyer haben und das wars. Von denen wäre ich vor drei, vier<br />

Jahren niemals eingeladen worden.<br />

DEBUG: Hat sich für dich dieses ganze Punkrock-Ding<br />

nicht nochmal zugespitzt? Ist es expliziter geworden, sowohl<br />

ästhetisch als auch musikalisch?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Auf jeden Fall. Es ist ja gerade unübersehbar,<br />

dass es diesen Punkrock- und Trash-Hype gibt. Da<br />

haben jetzt auch viele ihre Fahne in den Wind gehängt, die<br />

vor einer Weile noch von der neuen Technogeneration geredet<br />

haben und bei Gitarren sofort ins Koma gefallen sind.<br />

DEBUG: Ich meine auch für dich selber. Ich denke, von<br />

deiner alten Punkband Zorn bis T.Raumschmiere ist für<br />

dich eine stringente Linie, aber spätestens mit "The<br />

Great Rock'n'Roll Swindle" hast du den Aspekt Punkrock<br />

nochmal an eine exponierte Stelle gerückt.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Für mich hat sich da tatsächlich<br />

nichts geändert. Ich mache immer noch Musik, die laut ist<br />

und meinetwegen auch hart, um Dampf abzulassen. Statt<br />

Hardcoregebratze gibt es jetzt halt Technogeknarze. Ich<br />

mach das nach wie vor aus dem selben Antrieb heraus. Aber<br />

es stimmt schon, mit "The Great Rock'n'Roll Swindle" haben<br />

wir das perfekte Timing gehabt. Wie Malcom McLaren damals<br />

mit den Sex Pistols (lacht). Zur richtigen Zeit, am richtigen<br />

Ort hat er die richtige Idee gehabt. Und im Grund war<br />

die Platte ja genau das. Sie hatte den Namen, weil da ein<br />

neues Stück drauf war. <strong>De</strong>r Rest war altes Zeug. Aber der<br />

Plan ist aufgegangen (lacht noch lauter).<br />

DEBUG: Welche Platten haben dich für elektronische<br />

Musik begeistert?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Schwer, da etwas hervorzuheben. Das<br />

hat sich ja langsam herauskristallisiert. Hm … , was mir auf<br />

jeden Fall damals den Dreck und das dreckige in elektronischer<br />

Musik nahe gebracht hat, waren die ersten Profan-<br />

Platten. Dieses stumpfe, dreckige Nach-vorne-Gebolze. Da<br />

konnte ich gar nicht mehr aufhören zu grinsen. Ich dachte,<br />

dass gibt es doch gar nicht. Aber natürlich haben mich auch<br />

so Sachen wie Aphex Twin beeindruckt. Gerade weil ich damals<br />

auch noch keine Ahnung von der Technik hatte. Man<br />

kann also doch mit Elektronik Rock'n'Roll machen.<br />

DEBUG: Glaubst du eigentlich, dass diese explizite Auseinandersetzung<br />

mit Punkrock irgendwann für dich gegessen<br />

ist? So nach dem Motto: Jetzt hab ich dazu alles<br />

gesagt, es reicht.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Wenn ich überall gespielt habe, ist<br />

Schluss. Das war schon vorher bei meinen Bands so. Wir haben<br />

immer aufgehört, wenn es am besten war. Oder auch<br />

beim Sport. Immer, wenn ich kurz vor irgendwelchen Nationalmannschaften<br />

stand, wurde es mir zu blöd. Das artete in<br />

Arbeit aus und das wollte ich nicht.<br />

DEBUG: (ungläubig) In welche Nationalmannschaft<br />

wärst du denn fast gekommen?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: (lacht) Okay, Nationalmannschaft ist<br />

vielleicht ein bisschen übertrieben, aber es wurde ernster als<br />

ich wollte.<br />

DEBUG: In welchen "Nationalmannschaften" hast du<br />

denn nun fast gespielt?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Fußball und Basketball.<br />

DEBUG: So so.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>:Shitkatapult und T.Raumschmiere<br />

macht mir immer noch sehr viel Spaß. Das ist das, was ich<br />

immer machen wollte. Und seit zwei Jahren läuft es halt.<br />

Manchmal denke ich mir auch, fuck, was ich für ein Glück<br />

habe, dass ich so ein Leben leben darf. Das ist schon was besonderes.<br />

Unsere ersten drei Platten haben wir immerhin<br />

noch selbst finanziert. Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger,<br />

die wir waren, haben wir alles zusammengekratzt,<br />

was irgendwo auf der Kante lag. Und jetzt trägt<br />

sich das Label.<br />

DEBUG: <strong>De</strong>ine Live-Acts haben sich in den letzten zwei<br />

Jahren ja auch immer mehr zu einer rotzigen Performance<br />

entwickelt. Es scheint, als ob du da viel selbstbewusster<br />

geworden bist.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Die Kompakt-Party zur Popkomm vor<br />

zwei Jahren war der Katalysator. Da stimmte plötzlich alles.<br />

Als Wolfgang Voigt bei meinem Live-Set dann noch Stagediving<br />

gemacht hat, habe ich mir gedacht, Marco, du bist auf<br />

dem richtigen Weg (lacht).<br />

INFO<br />

T.Raumschmiere, Radio Blackout, ist auf Novamute<br />

erschienen.<br />

www.novamute.com<br />

www.shitkatapulkt.com<br />

Von seiner aktuellen Punkrockband “Crackhorse<br />

Society” (vormals Mos Eisley Rock) sind eine 7" und<br />

diverse Samplerbeiträge erschienen.<br />

DEBUG: Und wie soll es live weitergehen?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Mein Plan, beziehungsweise mein<br />

Wunsch ist es ja, bis nächstes Jahr für die Festivalsaison eine<br />

kleine live Punkrocktrashelektrocombo auf die Beine zu stellen.<br />

So mit E-Drums und Moog Bass ...<br />

DEBUG: Ist das bis jetzt nur eine Idee oder …?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>:<br />

Ich hab da schon ein paar potenzielle Kandidaten, mit denen<br />

ich das gerne machen möchte. Ideen gibt es genug und die<br />

Tracks, die ich gerade mache, hören sich schon so an, als<br />

wären sie für eine Band arrangiert. Ich genieße es zwar auch<br />

oft, aber auf die Dauer nervt mich das alleine Rumreisen<br />

schon. Und wie gesagt, musikalisch passt das sowieso. Wenn<br />

du dir die neuen Stücke unserer Band (Die seit neuestem auf<br />

den schönen Namen Crackhorse Society hört. Vorher Mos<br />

Eisley Rock. Anm.) anhörst und die mit meinen Solosachen<br />

vergleichst, dann kann man da sehr viele Ähnlichkeiten feststellen.<br />

Natürlich ist der elektronische Kram viel filigraner,<br />

aber das liegt einfach auch daran, wass wir vier Punkrocker<br />

sind, die meistens zu verpeilt sind, um großartigen Wert auf<br />

<strong>De</strong>tails zu legen.<br />

DEBUG: Dann geht der ganze Bandhustle aber los. Ihr<br />

seid doch zu viert oder nicht?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: (stuzt) … Oh ja, da muss man sich<br />

dann immer erstmal darauf einigen, wie der Bass überhaupt<br />

klingen soll. Ähm, …. das war ja eigentlich auch der Grund,<br />

warum ich überhaupt mit elektronischer Musik angefangen<br />

habe, weil ich auf diese ganze Kompromissscheiße keinen<br />

Bock mehr hatte. Weil ich meine Soundvision umsetzen<br />

wollte, ohne jemanden zu fragen, ob das so okay ist. Ach, das<br />

wird schon.<br />

DEBUG: Darf ich zum Abschluss um die Namen deiner<br />

Top-Five Rockplatten bitten?<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Shellac, "At Action Park" ist auf jeden<br />

Fall Number One. "<strong>De</strong>stroy Oh Boy" von den New Bomb<br />

Turks, "Goo" von Sonic Youth und dann natürlich Helmets<br />

"Meantime". Die Platte hat mich schwer beeinflusst. Da<br />

kann ich immer noch Arrangements und Riffs klauen. Das<br />

Album hat echt Druck. Wieviel waren das jetzt?<br />

DEBUG: Vier.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: (grübelt) … was gab es denn noch für<br />

gute Platten? Ach ja natürlich: fünfte Platte ist Neurosis'<br />

"Souls At Zero". Das war der Burner damals. Diese Monotonie,<br />

die die da in Gitarrenmusik reingebracht haben, das war<br />

auch so ein entscheidender Moment in meiner Entwicklung.<br />

DEBUG: Die gibt es noch.<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong>: Ich weiß, ich steh bei denen auf der<br />

Mailingliste. Aber man hört denen jetzt an, dass sie alle clean<br />

sind und Kinder haben. Das ist zwar noch brachial, aber<br />

es hört sich alles so bodenständig, so durchdacht an.


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

DUB<br />

JETZT GEVOICT<br />

RHYTHM & SOUND<br />

TEXT JAN OLE JÖHNK | JANOLE@LEBENSASPEKTE.DE BILD CHRISTOPH KLENZENDORF<br />

Rhythm & Sound-Veröffentlichungen sind Platten, für die man auch eine Bank überfallen würde, nur um sie weiterhin<br />

sammeln zu können. Mark Ernestus und Moritz von Oswald haben in den vergangenen Jahren nicht nur ihre Produktionsmethoden<br />

immer mehr verfeinert, sondern ihr eigenes Universum um Reggae-Legenden erweitert. Soeben ist eine<br />

umfangreiche Werkschau erschienen.<br />

Rhythm & Sound, jenes Projekt der beiden Basic Channel-Masterminds<br />

Mark Ernestus und Moritz von Oswald,<br />

das jetzt mit einer aus zwei CDs bestehenden Werkschau<br />

Bilanz zieht, scheint der mit Abstand Jamaika-orientierteste<br />

Output der beiden Berliner zu sein. Hört man nämlich<br />

die acht Vocal-Versionen der “w/ the artists”-CD,<br />

könnte man denken, hier hätten sich zwei in Gänze dem<br />

Dub verschrieben und sich vom Techno komplett losgesagt.<br />

Doch weit gefehlt, denn die beiden haben ihre eigene<br />

Formel elektronischer Musik zwar modifiziert, gehen<br />

aber nicht völlig neue Wege. Evolution nicht Revolution<br />

ist das Motto.<br />

Einen stärkeren Dub-Einfluss sehen die beiden nämlich<br />

keineswegs, das wurde gleich zu Beginn des Gespräches<br />

deutlich. Was sich auf den beiden CDs findet, hat sich<br />

eher ergeben, als dass es geplant war, die Grundhaltung<br />

ist keine andere geworden. Sie bewegen sich und arbeiten<br />

auch nicht anders, als etwa bei Basic Channel- oder<br />

Maurizio-Veröffentlichungen. Die beiden ausgewiesenen<br />

Reggae- und Dub-Kenner lassen sich nicht auf diese<br />

letztendlich billige Analogie festlegen. Tracks sind<br />

schließlich immer Momentaufnahmen, die dem außenstehenden<br />

Hörer durchaus als großer Bruch und Neuorientierung<br />

erscheinen können. Für die Schöpfer sind sie<br />

das Ergebnis eines kontinuierlichen Prozesses, den sie<br />

komplett gestaltet haben und weiter betreiben, der Abschluss<br />

eines Kapitels, das für sie nicht in klar umrissene<br />

Phasen zu unterteilen ist. In diesem Prozess haben sich<br />

Mark und Moritz sehr oft treiben lassen, ein Motiv übrigens,<br />

das einem bei elektronischer Musik immer wieder<br />

begegnet. Da muss die Frage nach einem stärkeren Einfluss<br />

durch Dub seltsam anmuten. Hört man nämlich genau<br />

hin, unterscheiden sich Basic Channel-Tracks nicht<br />

so stark von Rhythm & Sound-Stücken. Im Raum steht da<br />

eher die Bemerkung, dass die beiden schon vor langer<br />

Zeit eine gewisse 4/4-Club-Orientiertheit, mithin also<br />

diese Funktions-Orientierung ihrer Musik, aufgegeben<br />

haben. Es ist also eher etwas fortgefallen und Dub eben<br />

nicht als neues plakatives Element hinzugefügt oder ver-<br />

1) CORNEL CAMPBELL: Dieser Sänger zählt zu den<br />

ganz großen Veteran Artists unter den Roots Reggae-<br />

Sängern Jamaikas. Er hat seit Ende der 60er kontinuierlich<br />

mit verschiedenen Produzenten aufgenommen, unter<br />

anderem mit Bunny Lee. Er stand aber immer im<br />

Schatten der ganz großen Namen, und ist daher eher<br />

nur den Reggae-Kennern als einer größeren Öffentlichkeit<br />

bekannt.<br />

2) JAH BATTA: Dieser in New York lebende Exil-Jamaikaner<br />

stammt aus dem engsten Wackies-Umfeld und<br />

nimmt vor allem dort seit Ende der 80er als Sänger Platten<br />

auf. Er ist vor allem für seinen DJ-Style bekannt geworden,<br />

der sich auf vielen Aufnahmen perfekt mit den<br />

Vocals von Sugar Minott ergänzt. Er ist ein klassischer<br />

DJ, der aber auch mit Gesang experimentiert.<br />

stärkt worden. Als bewusste Orientierung möchten sie<br />

das aber nicht verstanden wissen, ja eigentlich ist das<br />

Thema für die beiden gar keine Frage.<br />

NICHT MEHR ALLEIN<br />

Wichtiger ist in diesem Zusammenhang ganz offensichtlich<br />

das Arbeiten mit Sängern, denn hier geht es um Probieren,<br />

um einen bestimmten Grund-Sound und -Groove<br />

zu finden, der zu den jeweiligen Vocals passt. Wie weit<br />

kann man gehen, was muss weggenommen werden, wo<br />

reduziert werden. An verschiedenen Orten – Berlin, New<br />

York und auf Jamaika – gevoict, mussten sich die beiden<br />

immer auf die Sänger und die jeweiligen Gegebenheiten<br />

einstellen, was oft in eine kurzfristig improvisierte Skizze<br />

mündete, über die dann gesungen wurde. Eine ausführlichere<br />

Vorbereitung war nur bei Paul St. Hilaire (der<br />

früher als Tikiman veröffentlichte) möglich, da dieser in<br />

Berlin lebt, man sich sehr gut kennt und immer wieder im<br />

Studio zusammen arbeitet. Jeder Sänger ist anders, arbeitet<br />

anders, was gleichzeitig Reiz und Hauptschwierigkeit<br />

darstellt. Jemand anderen in den eigenen Arbeitskosmos<br />

zu lassen, ist nicht unbedingt das Naheliegendste<br />

für Mark und Moritz, arbeiten die beiden doch seit<br />

Jahren vor allem zu zweit. Diese Öffnung scheint ihnen<br />

aber keinerlei Probleme zu bereiten. Ebensowenig wie<br />

den Sängern, die oft Entwürfe im Kopf haben, aus denen<br />

sie dann sehr schnell vollständige Vocals improvisieren<br />

können. Beide Seiten können sich also sehr schnell aufeinander<br />

einstellen.<br />

VON DER SKIZZE ZUM TRACK<br />

Rhythm & Sound verwandten für die Zusammenarbeit<br />

fast immer einen skizzenhaften Basic Track, der dann gevoict<br />

wurde. Was für den Laien so klingt, als blieben den<br />

Produzenten nach den Gesangsaufnahmen nicht mehr<br />

viele Möglichkeiten der Bearbeitung, scheint ein sehr offenes<br />

Sound-Universum zu sein. Moritz von Oswald offenbarte<br />

verschmitzt, dass aller Spielraum bleibe und<br />

man die Tracks von Grund auf neu definieren könne. Es<br />

solle ja schließlich ein Rhythm & Sound-Stück sein! Das<br />

3) JENNIFER LARA: Sie hat Ende der 60er bei Studio<br />

One unter dem legendären Produzenten Clement “Coxsone”<br />

Dodd ihre Gesangskarriere begonnen, hat aber<br />

danach auch mit anderen zusammengearbeitet. Auf Jamaika<br />

hatte sie verschiedene Hits, was auch sie zu einem<br />

bekannten veteran artist des Rocksteady und später<br />

des Lovers Rock machte.<br />

4) LOVE JOY: Claudette Brown, eine Hälfte des Lovers-<br />

Vocal-Duos Love Joys, hat jamaikanische Wurzeln, ist<br />

aber via Brixton – ja der Londoner Stadtteil ist gemeint<br />

– in New York aufgeschlagen. Berühmt ist sie für ihren<br />

wunderschönen Gesang auf den beiden legendären<br />

Love Joys-Alben sowie ihre Beteiligung an den Backing<br />

Vocals auf zahlreichen Wackies-Produktionen.<br />

gerät dann mal zu einer schwierigen, mal zu einer einfachen<br />

Aufgabe, in jedem Fall nimmt man sich die Zeit, die<br />

nötig ist.<br />

Das Voicing hingegen fand meist unter improvisierten<br />

Umständen statt. Nicht immer konnte es so einfach sein,<br />

wie mit der jamaikanischen Sängerin Jennifer Lara, die<br />

“King In My Empire” mit Cornel Campbell hörte und sofort<br />

eine Answer-Version aufnehmen wollte. Mark und<br />

Moritz mussten nicht mal in die Karibik reisen, denn es<br />

wurde einfach die version gevoict, um eine hinreißende<br />

weibliche Antwort zu erhalten. Die Reggae-Legende Cornel<br />

Campbell war da schon weniger einfach vor ein Mikrophon<br />

zu bekommen. <strong>De</strong>r weilte nämlich nur zufällig<br />

einen Tag länger in Berlin, weil ein Konzert abgesagt worden<br />

war. Man traf sich spontan im Studio, nachdem der<br />

in Berlin lebende DJ (das ist der MC im Reggae!) Joseph<br />

Cotton das Treffen vermittelt hatte. In 30 Minuten musste<br />

eine der besagten Skizzen produziert werden.<br />

Zunächst musste mit Campbell allerdings die Gage verhandelt<br />

werden. In Jamaika muss eben jeder sehen, wo er<br />

bleibt und vor allem sein Geld herbekommt. Mark und<br />

Moritz wissen das natürlich, einigten sich mit Cornel<br />

Campbell und das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist<br />

ein Stück, das uns sechs der schönsten Minuten unseres<br />

Lebens schenken kann: “King In My Empire”.<br />

ALLES WAR FLIEßEND<br />

Während der New York-Aufenthalte bei Lloyd “Bullwackies”<br />

Barnes, mit dem die beiden seit langem freundschaftlich<br />

wie geschäftlich verbunden sind – Basic Channel<br />

betreut die sorgfältige Neuedition der ebenso raren<br />

wie legendären Reggae- und Dub-Veröffentlichungen<br />

seines Labels Wackies –, hing man oft tagelang im Haus<br />

und Studio von Bullwackies in der Bronx herum. Barnes<br />

fungierte dabei als eine Art Koodinator. Die Uhren gehen<br />

dort eben etwas anders, Sänger und Musiker gehen ein<br />

und aus, und irgendwann ergibt sich etwas. Das konnte<br />

dann schon mal morgens um 7 Uhr sein. Also ab ins Studio,<br />

schnell einen Basic Track gebastelt und los ging es.<br />

01 02 03 04 05 06 07<br />

5) PAUL ST. HILAIRE: <strong>De</strong>r früher als Tikiman aktive, in<br />

Berlin lebende und ursprünglich von der südkaribischen<br />

Insel Dominica stammende Sänger steht für einen eher<br />

offenen Umgang mit Reggae-Vocals. Nachdem er mit<br />

Mark Ernestus und Moritz von Oswald erste Erfahrungen<br />

in der Zusammenarbeit mit elektronisch arbeitenden<br />

Produzenten machte, arbeitet er seitdem auch mit<br />

anderen. Sein eigenes <strong>De</strong>bütalbum “Specified” erschien<br />

jüngst auf False Tuned/Indigo.<br />

5) SHALOM: Dieser jamaikanische Sänger stammt aus<br />

dem Wackies- und Sugar Minott/Youth Promotion-Umfeld<br />

und ist seit Ende der 80er aktiv. Er zählt also zur jüngeren<br />

Generation und gilt als Lovers Rock- und Roots-<br />

Sänger, der mit “I Got News For You” vor einiger Zeit einen<br />

Nr. 1-Hit auf der Insel hatte. Mittlerweile reist er oft<br />

für Aufnahmen nach New York.<br />

INFO<br />

Rhythm & Sound, “W/ The Artist”s und<br />

“The Versions”, sind auf Burial Mix/Indigo<br />

erschienen<br />

www.basicchannel.com<br />

www.wackies.de<br />

Alles war fließend, gestaltete sich unglaublich vage. Ein<br />

“Kommen lassen” eben, dem sich die beiden aber gerne<br />

überließen. Die Relaxtheit der New Yorker-Reggae-Szene<br />

färbte einfach auf sie ab – und auf ihre Stücke.<br />

Da aber kein verbindlicher Plan existierte, mit wem man<br />

Stücke aufnehmen wollte, gestalteten sich die Treffen<br />

immer sehr ungezwungen und man tastete sich zunächst<br />

ab. So fanden beide Seiten heraus, ob es passen könnte.<br />

Die letztendliche Auswahl der Sänger hing somit auch<br />

eher von Zufällen ab, auch wenn sich die Ergebnisse<br />

überhaupt nicht so anhören. Vielmehr ist eine organische<br />

Einheit aus Produktion und Vocals entstanden, die<br />

nicht unbedingt selbstverständlich ist bei diesen doch<br />

eher ungeplanten und bisweilen auch holperigen Voicing-Umständen.<br />

Wenn man dann noch bedenkt, dass<br />

die meisten Sänger eine weniger elektronisch-improvisierende<br />

Arbeitsweise gewöhnt sind, staunt man über<br />

die Musik nur noch mehr. <strong>De</strong>nn die Stimmen sind so homogen<br />

in die Produktion eingebettet und drücken ihr<br />

gleichzeitig ihren Stempel auf, ohne sie einzuengen. Es<br />

sind die Stimmen, die die Rhythm & Sound-Musik von<br />

Track- hin zu Song-Orientiertheit zu modifizieren scheinen.<br />

Menschen haben eben die Angewohnheit, sich an<br />

Stimmen festzuhalten. Texte und Stimmen sind immer<br />

prägnanter als Sounds, dominieren diese auf eine Art, so<br />

auch bei Rhythm & Sound. Da ist es nur folgerichtig,<br />

wenn die Versions einem deutlich elektronischer, ja fast<br />

schon technoider erscheinen. Und hörte man nur diese,<br />

ohne Kenntnis der Vocal-Stücke, erledigte sich die Frage<br />

nach dem Jamaika Bezug vielleicht. Aber wer kann nach<br />

dem Hören der wunderschönen Vocal-Stücke diese<br />

schon aus seinem Kopf verbannen. Ursprünglich auf 10”s<br />

als A- und B-Seite veröffentlicht, waren sie sowieso als<br />

zwei Aspekte eines Stückes gedacht, ergänzen sich also<br />

und sind keineswegs als Gegensatz zu verstehen. Nur um<br />

zum Schluss einem möglichen weiteren Irrtum vorzubeugen.<br />

7) CHOSEN BROTHERS:<br />

Unter diesem Pseudonym singt der Produzent Lloyd<br />

“Bullwackies” Barnes. Als Emigrant kam er Anfang der<br />

70er von Jamaika nach New York, gründete dort das erste<br />

dortige Reggae-Studio und wenig später mit<br />

Wackies auch das erste Reggae-Label im big apple. Singen<br />

ist seine zweite Leidenschaft, die er so meisterlich<br />

beherrscht wie das Produzieren.


FREISTIL-PARTY<br />

LAUNISCHE<br />

KREATUREN<br />

PSYCHONAUTS<br />

TEXT RENKO HEUER | RENKOHEUER@WEB.DE BILD JUERGEN TELLER<br />

Lange haben sie nur aufgelegt, die Psychonauts. Als lebende Schnittstellen stellen<br />

sie die Genrefixierungen auf unscharf und packen umso vielschichtiger ihre<br />

Launen, nächtlichen Träume und jahrelangen Erfahrungen auf ihr <strong>De</strong>but-Album.<br />

Schnittstellenphilosophie. <strong>De</strong>r DJ als lebende Schnittstelle.<br />

Als Punkt, an dem Konsum und Eigenkreation von<br />

Musik zusammentreffen. Wo Genre-Grenzen und Tracks<br />

gleichermaßen verschwimmen. Die Kunst dieses DJ-Balanceakts<br />

haben Paul Mogg und Pablo Clements lange<br />

Zeit praktiziert. Fast eine <strong>De</strong>kade, als Psychonauts. Seit<br />

der Grundschule befreundet, begannen die beiden bereits<br />

früh damit, Songs für andere Kreaturen zu spielen:<br />

von den Pet Shop Boys zu Breakdance, von Soul zu Disco.<br />

Immer zusammen, und immer auch dem HipHop verpflichtet.<br />

Was folgte, war der Kontakt zu James Lavelle<br />

und somit der Einstieg in die dieser Tage implodierende<br />

Mo’Wax-Sphäre. Sie remixten Money Mark, Liquid Liquid<br />

und vieles mehr. Und lernten nebenbei, wie man selber<br />

Musik macht: "Vorher haben wir eigentlich nichts anderes<br />

gemacht, als irgendwo aufzulegen. Pablo und ich waren<br />

die ganze Zeit unterwegs. Daher haben wir nach und<br />

nach erst gelernt, wie man wirklich selber Musik macht,<br />

mit den ganzen Computern und dem Equipment umzugehen<br />

hat.“ Das ist auch der Grund, warum ihr spätes <strong>De</strong>but<br />

erst jetzt erscheint, im Hell’schen Hause Gigolo. Einmal<br />

im Besitz der Producer-Skills, mussten die beiden nur<br />

noch morgens mit dem rechten Bein aufstehen. Man<br />

kann das Eklektizismus nennen, oder Launenhaftigkeit:<br />

"Unsere Songs entstehen eigentlich jedes Mal aus einer<br />

Laune. Dafür ist natürlich wichtig, wie man am Morgen<br />

aufgestanden ist, was man geträumt hat.“ Die unterschiedlichen<br />

Traumwelten der "Songs For Creatues“ ergeben<br />

ein vielschichtiges Ganzes, die Jahrzehnte ihrer<br />

musikalischen Sozialisation scheinen sich "magnetic“ anzuziehen:<br />

"Pablo ist immer noch mehr beim HipHop geblie-<br />

DJ CULTURE<br />

JEDES DING<br />

HAT 3 SEITEN<br />

DJ DSL<br />

"My name is DJ DSL – I want to L.O.V.E love you.“ Ein Satz<br />

und seine Melodie, den man über Stunden in sich trägt<br />

und der mit wachsender Begeisterung andauernd wiederholt<br />

werden will. DJ DSL ist Sampling-Kultur in Reinstform,<br />

personifiziertes Sampling sozusagen: Seit mehr als<br />

15 Jahren legt er auf, hat letztes Jahr sein <strong>De</strong>büt auf G-Stone<br />

herausgebracht. <strong>De</strong>r gebürtige Wiener und jetzige<br />

Wahl-Hamburger erlebte nicht erst mit der Veröffentlichung<br />

des obigen Tracks weltweite Anerkennung, gewann<br />

zunehmend Legenden-Status und wurde daher von<br />

seinen Freunden schon früh tautologisch doppelt richtig<br />

DJ DSL getauft, was für "DJ Super Leiwand“ steht und<br />

"Leiwand“ im Wienerischen so viel wie "super“ heißt –<br />

Beschreibungen, die jemandem wie DJ DSL für seine eigene<br />

Person fern lägen.<br />

DJ DSL legt Wert darauf, dass das DJ in seinem Namen<br />

nicht weggelassen wird, und das aus gutem Grund: "Dadurch,<br />

dass ich mich als DJ sehe und auch einer bin, nehme<br />

ich mir das Recht heraus, woanders Sachen zu samplen, weil<br />

ich mich auch beim Produzieren immer als DJ betrachte. Ich<br />

setze also nur die DJ-Aktion in eine Musikproduktion um und<br />

benutze meine Plattensammlung als Reservoir, aus dem ich<br />

homöopathische Dosen schöpfe. Mir geht es dabei gar nicht<br />

so um die Melodie, sondern vielmehr um den Sound. Man<br />

sampelt ja eine einzelne Snare nicht deswegen, weil der<br />

Drummer so einen Superbeat gespielt hat, sondern man<br />

klaut eigentlich die Mischung, die der Tontechniker gezaubert<br />

hat. Eigentlich sind die die Leidtragenden.“<br />

DJ DSLs Verständnis von HipHop gibt der Musikrichtung<br />

außerdem eine Freiheit wieder, die bei vielen Jiggy-Jiggy-<br />

Pling-Plings in Vergessenheit geraten zu sein scheint:<br />

"Ich habe es immer so empfunden, dass im HipHop alles<br />

möglich ist. Auch wenn der HipHop-DJ zwischen zwei anderen<br />

Stücken z.B. Country spielt, wird dieses Stück in dem Moment<br />

auch zu einem Bestandteil von HipHop. <strong>De</strong>swegen<br />

darf der HipHop-DJ alles spielen, was er will.“ Eine gedank-<br />

ben, hat sich zwar dann mal für Rock interessiert, aber generell:<br />

HipHop. Ich habe schon länger House, Folk, Disco,<br />

ganz viele Sachen in die Musik mit reingebracht.“ So variiert<br />

ihr Sound von Stück zu Stück. Während die "Distance<br />

Between Dreams“ noch an ihr Zusammentreffen mit<br />

Mark Ramos-Nishita erinnert, ist an den nicht zu denken,<br />

wenn "Hot Blood“ die Geschwindigkeit nach vorne treibt<br />

oder "World Keeps Turning“ einen glauben lässt, sie könne<br />

sich nunmehr um eine Eighties-Snare drehen. Die Zeit,<br />

die sie sich genommen haben, um ihr Wechselbad der<br />

Träume zu vertonen, spiegelt sich letztlich im 9-Minüter<br />

"Dream Chaser“.<br />

Freunde und Bekannte wurden dabei natürlich auch bedacht,<br />

so gibt es vereinzelt Vocal-Parts von James Yorkston<br />

oder Siobhan Fahey, während Major Force-Mitglied<br />

Kudo das Mixen übernahm. <strong>De</strong>r musste auch damit klarkommen,<br />

dass die Launen der beiden eine Menge Arbeit<br />

bedeuteten: "Wir haben die Songs in bis zu fünfzehn Versionen<br />

aufgenommen, weil wir uns einfach nicht festlegen<br />

konnten. Eigentlich ist es schade um einige von denen, aber<br />

wir werden versuchen, sie noch auf den 12“s rauszubringen.“<br />

Vor den Maxis sollte eigentlich eine Tour stattfinden, doch<br />

das ist "leider alles sehr teuer“, so dass die beiden wohl<br />

noch ein wenig ihrer Schnittstellentätigkeit nachgehen<br />

werden.<br />

INFO<br />

Psychonauts, Songs For Creatures, erscheint bei<br />

International <strong>De</strong>ejay Gigolos.<br />

TEXT HEIKE LÜKEN | HEIKELUEKEN@WEB.DE BILD WWW.TASEK.DE<br />

<strong>De</strong>r Wiener DJ DSL ist der leidenschaftlichste Professional des DJing - seit Jahren.<br />

Ein Mann, auf den immer wieder aufmerksam gemacht werden sollte.<br />

liche Pole Position, bei der die Berufswahl eine logische<br />

Konsequenz ist: "Es gibt niemand, der Platten macht, die so<br />

klingen wie meine, das selbe gilt fürs Auflegen. Da ist es am<br />

offensichtlichsten, weil im Prinzip jeder DJ der Welt die genau<br />

gleiche Ausgangsbasis hat. Ich habe mich immer gewundert,<br />

warum die anderen DJs nicht die gleichen Platten<br />

spielen, die ich spiele. Das liegt halt daran, dass die eine andere<br />

Wahrnehmung und andere Prioritäten haben, und ich<br />

habe mir gedacht, ich möchte aber gerne das spielen, was<br />

mir am besten gefällt. Und darum bin ich dann DJ geworden.“<br />

In seiner Arbeit als Produzent bezeichnet sich DJ DSL als<br />

Einzelkämpfer, der sowieso alles nur nach einem "leicht<br />

autistischen Wahrnehmen beurteilt“ und die Zusammenarbeit<br />

mit anderen oftmals scheut, weil er weder Kompetenzen<br />

noch Entscheidungsfreiheit abgeben will.<br />

Was sich nahezu einsiedlerisch anhört, läuft fast konträr<br />

zu dem Kosmos, den DJ DSL nicht nur in der Musik streift.<br />

Nach "L.O.V.E.“ hier ein weiterer gedanklicher Ohrwurm:<br />

“Es gibt einen super Spruch, den ich mal in so einer österreichischen<br />

Fernsehserie gehört habe und den ich mein Leben<br />

lang griffbereit haben werde. Da hat der eine Typ zum<br />

anderen gesagt: 'Schau, jedes Ding hat ja bekanntlicherweise<br />

drei Seiten. Nämlich die eine, die andere - und die, wie es<br />

wirklich ist.' Das finde ich, ist die unglaubliche Wahrheit. Es<br />

gibt immer eine Argumentation dafür, aber andererseits ...<br />

Und in Wirklichkeit ist es genau die Schnittmenge aus beiden,<br />

die dann irgendwie die Wahrheit produziert.“ It's all in<br />

the Mix.<br />

INFO<br />

DJ DSL, #1, ist 2002 bei G-Stone recordings<br />

erschienen<br />

www.dj-dsl.com<br />

BIZ MARKIE FT. ELEPHANT MAN<br />

"LET ME SEE YOU BOUNCE"<br />

GROOVE ATTACK 12" (GAP087-1) / CDM (GAP087-2)<br />

Kaum zu glauben, aber sie ist finally am Start, die erste offizielle<br />

Single vom im Oktober erscheinenden Weekend Warrior<br />

Album. "Let Me See You Bounce" featured den Dancehall<br />

Chef Elephant Man. Biz in full effect am 27.10.03!!!<br />

FREUNDE DER SONNE "NUR NOCH 24 STUNDEN..."<br />

FDS RECORDS CD (FDS001CD) / 2LP (FDS001LP)<br />

Kool Savas und Costa aka Illmat!ic mit brandneuem<br />

- in einem 24 Stunden Marathon - aufgenommenen Album!<br />

Produziert von den 3P Kollegen DJ Release und Katch<br />

Money werden Brücken geschlagen und der Sonne<br />

gehuldigt! 12 Tracks und 2 Skitz for da Headz!<br />

Champions League eben!<br />

FUNKBRÜDER "GRAND PRIX UNITED"<br />

EGO STYLE MUSIC CD (ESM002)<br />

Sebastian Studnitzky & Markus Kössler - jahrelang erfolgreich<br />

als Musiker unterwegs ( u.a. bei Joy <strong>De</strong>nalane, den<br />

Fantastischen 4 & div. internationalen Jazzgrössen), stellen<br />

nun ihre eigene Musik vor und diese hat einiges zu bieten -<br />

stets clubbig, zwischen Chill Out, House & NuJazz! Die Herren<br />

bedienen: Fender Rhodes, Bass, Trompete & Laptop!<br />

Clubsessel & Dance Floor Füll Garantie!<br />

3582 "SITUATIONAL ETHICS"<br />

HUM DRUMS 2x12"(HD008-1) / CD (HD008-2)<br />

Neues Mini-Album mit Lone Catalysts-Produzent J.Rawls an<br />

den Reglern und Five <strong>De</strong>ez Mastermind Fat Jon am Mic!<br />

Inklusive der Singles "Vanessa From Venezuela" und "The E"!<br />

Die CD kommt mit 2 Bonus-Remixen von Fat Jon, Vinyl-Format<br />

beinhaltet alle Instrumental-Versionen!<br />

e m p fie h lt<br />

VARIOUS "LE POP VOL. 2"<br />

LE POP MUSIK 2LP ( LPM02-1) / CD (LPM02-2)<br />

Pop aus Frankreich. Das war bis vor einem Jahr vor allem Daft<br />

Punk, Air und HipHop. Doch dann kam "Le Pop". Jetzt ist der<br />

lange herbei gesehnte zweite Teil zu haben. Die 16 Songs bieten<br />

einen faszinierenden Einblick in das aktuelle Geschehen der<br />

"Nouvelle Chanson"-Szene Frankreichs. Mit Jérôme Minière,<br />

Coralie Clément, Superflu, Toog, Mathieu Boogaerts, Pascal<br />

Parisot, Toma, Mickey 3D, Camille, Olivier Libaux ...<br />

VARIOUS "SOUL:UTION VOL.1"<br />

SOUL:R CD (SOULR010)<br />

Soulful Drum & Bass deluxe. Das Erste Compilation Album<br />

des Top DJs und Producers Marcus Intalex auf seinem<br />

grandiosen SOUL:R Label. 16 fette, zum Teil unveröffentlichte<br />

Tunes von Calibre, Zero Tolerance, M.I.S.T, D.Kay,<br />

DJ Marky & XRS, Nu:Tone, Mist:I:Cal und Sonic & Silver<br />

vom Meister persönlich - wie gewohnt - perfekt gemixt.<br />

Zweifelsfrei "die" D&B Mix-CD des Jahres!!!<br />

VARIOUS "THE SOUND OF COLOGNE VOL.3"<br />

SOUND OF COLOGNE RECORDS 2CD (SOC003CD)<br />

3. Runde! Vielseitiger Überblick über die Kölner Elektronikszene<br />

auf 2 CD's. Spetrum: Techno-House, Electro, Drum&Bass &<br />

experimentellere Elektronik ! 30 Tracks von Künstlern wie: Justus<br />

Köhncke, The Modernist, Thomas Brinkmann, Wassermann,<br />

Hans Nieswandt, Michael Mayer & Reinhardt Voigt, Brant,<br />

Mathias Schaffhäuser, Superpitcher, Joseph Suchy, TGM, Beige,<br />

u.a., machen diese Silberlinge zum Pflichtkauf!<br />

HIEROGLYPHICS "FULL CIRCLE"<br />

HIEROGLYPHICS 2LP (230109-1) / CD (230109-2)<br />

Nach 5 Jahren endlich der Nachfolger zu "Third Eye Vision"!<br />

Das zweite Album vereint wieder die gesamte Crew aus<br />

Oakland um <strong>De</strong>l The Funky Homosapien, Souls Of Mischief,<br />

Pep Love, Casual & Domino und featured Goapele &<br />

Abstract Rude sowie die aktuelle Single "Powers That Be".<br />

Addicts know where to get it... 25 Music Hannover, Apollo-disc Berlin, Bamboo Bays Essen, Beat Boutique Magdeburg,<br />

Benning Bremerhaven, Blu:Box Kiel, Cover Schallplatten Berlin, City CD Darmstadt, Crazy Diamond Heidelberg, <strong>De</strong>ejays<br />

Bremen, <strong>De</strong>eroy’s Dubstore Berlin, Dussmann das Kulturkaufhaus Berlin, Dig A Little <strong>De</strong>eper Berlin, Discover Bochum, Dis<br />

Records Göttingen, Drop-Out Records Dresden, Elpi Münster, Elpi Wuppertal, Flight 13 Records Freiburg, Freebase Records<br />

Frankfurt, Groove Attack Köln, Groove City Hamburg, Kunstkabinett Brandenburg, Magic Music Lounge Düsseldorf,<br />

Michelle Records Hamburg, Optimal München, Oye Records Berlin, Pentagon Darmstadt, Plattenlädle Reutlingen, Pro Vinyl<br />

Frankfurt, Pauls Musique Stuttgart, Pressezentrum Rostock, Rex Rotari Saarbrücken, Record Corner Osnabrück,<br />

Recordstore 77 Straubing, Rimpo Tübingen, Schall & Rausch Leipzig, Scratch-Records Kottbusser Damm, Berlin, Scratch-<br />

Records Zossener Straße, Berlin, Soultrade Berlin, Soundcircus Ulm, Space-Hall Berlin, Studio 2 Konstanz, Tam Tam<br />

Aachen, Tonträger Augsburg, Unger Sound + Vision Paderborn, Underworld Chemnitz, Vinyl West Stuttgart, Woodstock<br />

Erfurt, www.hiphopvinyl.de Berlin, Zardoz Schallplatten Hamburg, Zitelmann’s Musicland Erlangen ... to be continued.


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

MUSIKTECHNIK<br />

DRUMPRESETSCHLEUDER MIT EXTRAS / Groove Agent<br />

TEXT BENJAMIN WEISS | NERK@DE-BUG.DE<br />

Ähnlich vermarktet wie der Virtual Guitarist in der Drummer-Ausführung ist<br />

Groove Agent eine Art Drumcomputer PlugIn, das vor allem die, ähem, "authentische"<br />

Emulation eines echten Drummers sein soll, der die wichtigsten Stile<br />

der letzten 50 Jahre beherrscht und das auch noch im jeweils charakteristischen<br />

Sound. Dass das natürlich ein bischen hochgegriffen ist, versteht sich von<br />

selbst, die Funktionen und Sounds von Groove Agent sind aber auf jeden Fall eine<br />

genauere Untersuchung wert.<br />

ÜBERSICHT Auf einer Zeitleiste sind die ca. 50 verschiedenen<br />

Musikstile angeordnet, die der Groove Agent zu<br />

bieten hat. Mit einem Schieberegler kann man den gewünschten<br />

Stil und die entsprechenden Samples auswählen.<br />

Ein weiterer Schieberegler erlaubt die Auswahl<br />

des Patterns nach Komplexität (je Stil gibt es 20 Patterns).<br />

Beide Schieberegler können auf Wunsch auch gesplittet<br />

werden: beim oberen lassen sich dann auch Stil<br />

und Samples unabhängig voneinander auswählen (zum<br />

Beispiel 2Step Patterns mit Samba Sounds spielen), beim<br />

unteren die Zuordnung der Patterns und Fills voneinander<br />

trennen. Dann gibt's noch diverse Buttons, die das<br />

Abspielen der Fills beeinflussen: Fill spielt sofort ein Fill,<br />

Auto Fill dient dem automatischen Spielen von Fills (alle<br />

MUSIKTECHNIK<br />

MELODYNE 2.0 UPDATE<br />

TEXT BENJAMIN WEISS | NERK@DE-BUG.DE<br />

Gib alles. Aber nicht<br />

um jeden Preis.<br />

Druckvolle Drumtracks, fauchende Hammond B3-<br />

Riffs, coole E-Piano-Akkorde und fette Synthesizer-<br />

Bässe – du hast jeden Song und die Sounds dafür<br />

schon im Kopf. Dann wird es Zeit, dass du sie aufnimmst.<br />

Das Logic Gold Production Kit enthält<br />

alles, was du für richtig professionelles Recording<br />

brauchst. Sogar die Instrumente sind integriert.<br />

Und das zu einem um über die Hälfte günstigeren<br />

Preis im Vergleich zur Summe der Einzelprodukte.<br />

Das Logic Gold Production Kit enthält den Logic<br />

Gold 6 MIDI/Audio-Sequenzer für Aufnahmen in 24<br />

Bit/96 kHz mit 42 hochwertigen Effekt-Plug-ins<br />

zur kreativen Soundbearbeitung, das A62 m<br />

USB-Audio/MIDI-Interface mit 6 Aufnahme- und<br />

2 Wiedergabekanälen, die EVB3 Vintage-B3-Orgel<br />

und das EVP88 E-Piano für die unglaublich realistische<br />

Klangerzeugung dieser Klassiker sowie den<br />

EXSP24 Sample Player inklusive der Sample-CD<br />

Xtreme Digital für<br />

das Beste an digitalen<br />

Synthesizer-<br />

Klängen. So viele<br />

Profi-Tools für so<br />

wenig Geld gibt’s<br />

nur mit dem Logic<br />

Gold Production Kit<br />

von Emagic.<br />

Technology with soul.<br />

vier oder acht Takte), Random Fill tut das gleiche, jedoch<br />

in unregelmäßiger Reihenfolge. Auch für die Patterns<br />

gibt es eine Zufallsfunktion, die beliebige Patterns aus<br />

dem ausgewählten Stil spielt, außerdem sind da noch die<br />

Buttons Snare/Sidestick (wahlweise wird die Snare oder<br />

der Sidestick im Pattern gespielt), Accent (spielt per<br />

Knopfdruck eine Crash) und 1/2 Tempo Feel. Ganz links<br />

gibt's die Drehregler für patternübergreifende Einstellungen:<br />

Shuffle (wohl selbsterklärend), Humanize (addiert<br />

Ungenauigkeiten beim Spielen), Limiter (ein einfacher<br />

Limiter für den Gesamtsound) und Ambience (hiermit<br />

kann dem Signal Raumanteil / Hall zugefügt werden).<br />

Die einzelnen Sounds lassen sich separat austauschen,<br />

muten, tunen sowie mit <strong>De</strong>cay und Ambience ver-<br />

Audio-Dateien zerlegen und bearbeiten, als ob es Midi-Noten wären: Das konnten<br />

die bisherigen Melodyne-Versionen ziemlich gut, genossen trotzdem bislang<br />

aber eher Geheimtipp-Status. Das wird sich jetzt ändern, denn Version 2.0<br />

spendiert dem Programm ein dickes Mehr an neuen Funktionen.<br />

Für alle, die Melodyne nicht kennen, noch mal eine kurze<br />

Zusammenfassung der Features: automatische Melodieerkennung<br />

aus Audiofiles jeglicher Herkunft mit der<br />

Möglichkeit, daraus Midifiles zu machen, Pitch und Formantkorrektur,<br />

wahlweise pro Note oder pro File sowie<br />

diverse Timestretchfunktionen. Die neue Version Melodyne<br />

2 kommt in zwei Geschmacksrichtungen: Melodyne<br />

Cre8 und Melodyne Studio Edition. Erstere besitzt gegenüber<br />

der Studio Edition folgende Beschränkungen:<br />

die Zahl der Audiospuren ist auf acht im Monobetrieb<br />

begrenzt, außerdem geht die verfügbare Samplerate nur<br />

bis 24 Bit / 48 kHz , die Studio Edition unterstützt bis zu<br />

192 kHz und 32 Bit und bietet darüber hinaus noch Unterstützung<br />

für Digidesigns Direct IO.<br />

NEUE FUNKTIONEN:<br />

INTEGRATION: Lange gefordert und jetzt da: die Integration<br />

von Melodyne in bestehende DAW Setups. Auf<br />

der einen Seite lässt sich Melodyne nun per ReWire einbinden<br />

(sowohl als Client als auch als Host), aber auch<br />

über die sogenannte MelodyneBridge: diese muss als erster<br />

Insert Effekt in die zu bearbeitende Spur eingeklinkt<br />

werden und schickt an das im Hintergrund laufende Melodyne<br />

die entsprechenden Audiodaten. Die lassen sich<br />

dann in Melodyne wie gewohnt bearbeiten und werden<br />

anstelle der Ursprungsdaten an das DAW gestreamt, wo-<br />

bei man sie auch problemlos in Echtzeit editieren kann.<br />

MelodyneBridge unterstützt dabei das <strong>VS</strong>T und das Audio<br />

Unit Format.<br />

INTERFACE LIFTING: Das gesamte Interface von Melodyne<br />

gab sich bisher etwas spröde, wenn es an schnelles,<br />

intuitives Editieren ging, was jetzt aber durch eine Menge<br />

von <strong>De</strong>tailverbesserungen geändert wurde. Neu dabei<br />

sind Features wie Import von Audiofiles per Drag &<br />

Drop, die verbesserte Grafikengine (geht jetzt irgendwie<br />

alles schneller), die grafische Darstellung des ausgewählten<br />

Snapwerts, aber auch die Copy & Paste Möglichkeiten<br />

wurden intelligent erweitert. So ist es nun<br />

möglich den Loop zu selektieren, die Selektion umzukehren,<br />

die gleichen Noten auf dem ganzen Track zu selektieren,<br />

eine Selektion auf die danebenliegende Spur zu<br />

kopieren (wahlweise an gleicher Stelle oder unabhängig<br />

von der Quantisierung, oder auch mit leichter Ungenauigkeit<br />

im Timing um Stimmen zu doppeln) usw. Das Pitch<br />

Align Tool kann jetzt bestehende Vibratos invertieren<br />

und mit dem Pitch Tool können nun auch einzelne "Noten"<br />

unter Beibehaltung ihrer Tonhöhenschwankungen<br />

in der Höhe geändert werden.<br />

MIDI FUNKTIONALITÄT: Auch auf der Midiseite hat<br />

sich viel getan. Das Exportieren von Mididateien einer<br />

sehen und in der Lautstärke und der Velocity einstellen.<br />

Außerdem können sie vier verschiedenen Einzelausgängen<br />

zugeordnet werden, was glücklicherweise auch für<br />

den Hallanteil separat möglich ist. So weit so gut, aber<br />

der Groove Agent kann noch ein bischen mehr als das:<br />

die Patterns und Fills mit allen Einstellungen wie Shuffle<br />

und Humanize können auch über Midi ausgegeben werden,<br />

damit man bei Bedarf auch eigene Samples mit Ihnen<br />

ansteuern kann, auf Wunsch auch im General Midi<br />

Format.<br />

PERFORMANCE, BEDIENUNG UND SOUND Die Performance<br />

ist den Erwartungen entsprechend problemlos<br />

und auch die Bedienung übersichtlich und logisch. Die<br />

Sounds sind, bis auf die "neueren" (80er und 90er in der<br />

Zeitleiste) erstaunlich gut, besonders gefallen haben mir<br />

die pappigen Snares und Toms aus den 50ern und auch<br />

die Ambience Funktion klingt trotz der relativen Beschränktheit<br />

recht gut. Dass man eigene Sounds nicht in<br />

das PlugIn laden kann, ist auch nicht wirklich ein Nachteil,<br />

weil man sie über die Mididaten mit einem Sampler<br />

oder einer Drummachine ja trotzdem nutzen kann.<br />

Einzig der Preis von 248,- Euro ist bei dem Funktionsumfang<br />

vielleicht ein bisschen arg hoch, ansonsten macht<br />

der Groove Agent schon Spaß.<br />

INFO<br />

Melodyne 2.0 cre8: 395 Euro<br />

Melodyne 2.0 Studio Edition: 695 Euro<br />

Upgrade von Version 1.5x: je 99 Euro<br />

Systemanforderungen:<br />

PC: Windows SE/ME/XP<br />

Mac: OS 9 (Einschränkungen siehe Text), OS X<br />

Info & <strong>De</strong>modownload: www.celemony.com<br />

erkannten Melodie ist jetzt noch präziser möglich, da auf<br />

Wunsch auch entsprechende Pitchbenddaten und Controller<br />

wie Volume ausgegeben werden können. Außerdem<br />

lässt sich Melodyne jetzt auch über Midi wie ein<br />

ganz normales Instrument spielen. Es geht aber auch andersrum:<br />

Melodyne kann die Mididaten einer erkannten<br />

Melodie auch selbst in Echtzeit an externe Instrumente<br />

schicken. Gesynct werden kann jetzt sowohl per Midi<br />

Clock (in & Out) als auch zu SMPTE und MTC.<br />

HARDWARE CONTROLLER: Melodyne lässt sich nun<br />

auch per Hardware fernsteuern. Unterstützt werden dabei<br />

MackieControl und LogicControl sowie Radikal SAC.<br />

<strong>De</strong>r Test mit der Mackie Control war aber ein wenig<br />

ernüchternd, denn es funktionierten zwar sämtliche<br />

Transport Controls, die LED Anzeige blieb allerdings leer<br />

und die Fader bestanden darauf, unten zu bleiben wenn<br />

man versuchte, sie hochzuschieben. Da muß wohl noch<br />

nachgebessert werden, auch wenn ich persönlich für die<br />

bei Melodyne vergleichsweise übersichtliche Parameteranzahl<br />

nicht unbedingt einen Hardwarecontroller<br />

brauche.<br />

MIXER AUSBAU: <strong>De</strong>r bisher eher spartanische Mixer<br />

wurde deutlich ausgebaut. Neben integrierten EQs gibt<br />

es nun auch Inserts, Auxsends und Gruppentracks, wo-<br />

INFO<br />

*** (wegen Preis)<br />

Preis: 248 Euro<br />

Info & <strong>De</strong>modownload: www.steinberg.de<br />

Systemanforderungen:<br />

PC:<br />

Pentium III/AMD 400 MHz, 256 MB RAM, 300 MB<br />

Plattenplatz, W2000/XP, <strong>VS</strong>T 2.0 Host<br />

Mac:<br />

G3/500MHz, 256 MB RAM, 300 MB Plattenplatz,<br />

OS9/X, <strong>VS</strong>T 2.0 Host<br />

bei die Sends und Inserts sich jetzt auch mit Audio Units<br />

und <strong>VS</strong>T PlugIns bestücken lassen. Die EQs klingen ziemlich<br />

gut und verfärbungsfrei und lassen sich auf Wunsch<br />

auch grafisch editieren.<br />

EINSCHRÄNKUNGEN UNTER OS 9: Für alle, die noch<br />

auf OS 9 arbeiten, ist dieses Update wohl leider keine so<br />

gute Nachricht: alle wirklich interessanten Neuerungen<br />

wie ReWire, die MelodyneBridge und die <strong>VS</strong>T Unterstützung<br />

sowie die Möglichkeit Melodyne in Echtzeit per Midi<br />

zu steuern oder von Melodyne aus externe Geräte<br />

steuern zu können fallen weg, übrig bleibt der aufgeräumte<br />

Mixer und die anderen Verbesserungen.<br />

PERFORMANCE, BEDIENUNG UND SOUND: Die Performance<br />

wurde erstaunlicherweise trotz der Vielzahl an<br />

neuen Funktionen noch einmal verbessert, auch im Betrieb<br />

mit der MelodyneBridge mit exzessivem Editieren<br />

gab es hier auf meiner alten 733er Kiste keine Probleme.<br />

Die Hardwarecontrollersektion ist das einzige neue Feature,<br />

das noch nicht richtig funktioniert, meiner Meinung<br />

nach aber auch eher überflüssig. Die Bedienung<br />

wurde sehr vereinfacht: selbst ohne das Handbuch kann<br />

man relativ schnell einsteigen und loslegen. Die wesentlich<br />

verbesserten und effizienteren Editfunktionen und<br />

die Integration per MelodyneBridge und ReWire lassen<br />

beim Basteln und Manipulieren noch viel mehr Spaß aufkommen<br />

und Steigern den Workflow gewaltig.<br />

<strong>De</strong>r Sound ist nach wie vor konkurrenzlos gut, und wenn<br />

PitchCorrection à la Autotune inzwischen das einzig verbleibende<br />

Feature ist, dass sich mit anderen Apps vergleichen<br />

lässt, so kann man nur sagen: 10 zu 0 für Melodyne<br />

und zwar nicht nur wegen dem deutlich besseren<br />

Sound, sondern auch wegen den viel weitergehenden<br />

und präziseren Manipulationsmöglichkeiten. Für alle OS<br />

X und XP User bedingungslos zu empfehlen!<br />

gold<br />

Production Kit<br />

www.emagic.de


MUSIKTECHNIK<br />

PROTOOLS UND LIVE TUN ES<br />

NEU VERDRAHTET<br />

TEXT THADDEUS HERRMANN | THADDI@DE-BUG.DE<br />

ReWire baut Brücken. Jetzt sind ProTools, erwürdige Könige des Harddiskrecording,<br />

dran. <strong>De</strong>nn mit der Version 6.1 macht Digidesign einen kleinen Quantensprung<br />

in der sonst konservativen Entwicklungspolitik und baut die ReWire-<br />

Schnittstelle ein. Auf das sich die soliden Recording-Fähigkeiten von ProTools<br />

mit der Flexibilität von Reason und LIVE produktiv kombinieren mögen. Auch<br />

wenn dabei erstmal die ein oder andere Hürde zu überwinden ist.<br />

ProTools gilt immer noch als der heilige Gral des Hard<br />

Disk Recording. Zu Recht, möchte ich sagen, denn selbst<br />

in der Flut der Programme ist mir noch keine Software<br />

untergekommen, mit der sich Audiomaterial so einfach,<br />

schnell und übersichtlich schneiden lässt. Die Schar von<br />

Musikern, die ihre gesamten Produktionen in ProTools<br />

mischen, ist weiteres Argument, dass Digidesigns Megaseller<br />

nichts von seiner Wichtigkeit eingebüßt hat. An<br />

diesem Studiostandard kommt man nicht vorbei. Die<br />

Nachteile oder Probleme liegen ebenso deutlich auf der<br />

Hand: <strong>De</strong>zidierte Hochpreispolitik, die fast immer zwingende<br />

Anbindung von ProTools an Hardware und eine<br />

sehr konservative Entwicklungspolitik haben User in der<br />

Vergangenheit das eine oder andere Mal zur Verzweiflung<br />

getrieben. Aber was tut man nicht alles, um ein Pro-<br />

TEXT THADDEUS HERRMANN | THADDI@DE-BUG.DE<br />

Mit dem Kauf von Emagic hat sich letztes Jahr Apple wieder an seinen einstigen<br />

Schlüsselmarkt Musikproduktion erinnert. Jetzt liegt Soundtrack vor, ein kleiner,<br />

feiner Loop-Player mit Final Cut Pro Anbindung. Apples definitiver Einstieg<br />

in den Sequencer-Markt? Oder nur überteuertes Tool?<br />

Wir stellen uns das so vor: Da sitzt man bei Apple in Cupertino<br />

zusammen, Steve Jobs erzählt irgendwas und alle<br />

schauen aus dem Fenster oder daddeln an ihrem Powerbook.<br />

Und dann sagt einer: "Damn it, Steve, wir müssen<br />

uns einfach wieder an die alten Hardcore-User erinnern.<br />

Die Musiker." "Musiker?", fragt Steve. "Haben wir<br />

nicht gerade diese deutsche Firma gekauft, die diese<br />

Programme macht? What's it called ... Emagic!" "Genau,<br />

genau. Ich hätte da eine Idee. Einen Loop-Player." "Bitte<br />

was?" "Einen Loop-Player für Final Cut". "Bitte was?" "Alle<br />

Musiker arbeiten zur Zeit mit Loops, mit Programmen<br />

wie ACID oder LIVE. Schau doch mal hier." "Du hast Virtual<br />

PC auf deinem Powerbook laufen? Hast du ein<br />

Glück, dass ich heute gute Laune habe." 20 Minuten<br />

später hat Steve Jobs einen kleinen Track mit ACID gebaut.<br />

"Kauft diesen Mann, sofort. Dann baut der uns einen<br />

Loop-Dingsbums mit Final Cut Integration. Einen<br />

Namen habe ich schon. Wir nennen das "Soundtrack".<br />

dukt zu benutzen, dass man wohl als 150% rock solid bezeichnen<br />

darf. In meinen fünf Jahren ProTools ist mir das<br />

Programm nicht einmal abgestürzt. Hinzu kommt, dass<br />

mir, vom Sound Manager mal abgesehen, einfach kein<br />

Protokoll bekannt ist, das Soundkarten besser und mit<br />

<strong>De</strong>r intuitive Umgang mit Audiomaterial in LIVE dürfte<br />

für User der Digidesign-Welt die eine oder andere Revolution<br />

bedeuten.<br />

MUSIKTECHNIK<br />

APPLE SOUNDTRACK<br />

weniger Latenz ansteuert als die Direct I/O Schnittstelle.<br />

ASIO kann da auf jeden Fall einpacken.<br />

Aber auch bei Digidesign hat man die Zeichen der Zeit<br />

erkannt und ProTools nach und nach mehr Erweiterungsmöglichkeiten<br />

spendiert. Neben preiswerter Hardware<br />

wie der MBox spricht ProTools schon seit längerem auch<br />

MIDI, über das PlugIn Format RTAS können auch Software-Instrumente<br />

eingebunden werden und spätestens<br />

seit der RTAS-Version von PLUGGO kann ProTools auch<br />

richtig dreckig klingen.<br />

BOXENSTOPP<br />

Gesagt, getan. Apple hat seinen eigenen Loop-Player<br />

und macht damit einen Schritt in den hart umkämpften<br />

Musiksoftware-Markt, einen Markt, der ohne Apple-<br />

Rechner so eigentlich nie denkbar gewesen wäre. Auf<br />

Macs wird Musik gemacht. Punkt.<br />

Die Oberfläche sieht sehr vertraut aus. Links findet sich<br />

der Browser, der einem eine Übersicht über seine Soundfiles<br />

gibt, Suchfunktion und Favoriten-Verwaltung<br />

inklusive, rechts daneben das Arranger-Fenster, das<br />

oben Platz für die Videospur bietet, darunter kommen<br />

die Audiotracks. Man braucht ungefähr zehn Sekunden,<br />

um sich zurecht zu finden. Per Drag & Drop werden die<br />

Soundfiles (AIFF und WAV in 8, 16 oder 24 Bit bei 22.05,<br />

32, 44.1, 48 oder 96 kHz) in den Arranger gezogen, entweder<br />

als Loop oder in längeren Arrangements als One-<br />

Shot. Einmal in den Kanälen nehmen die Samples sofort<br />

das Master-Tempo an. Die Time Stretch Engine klingt<br />

sehr ordentlich und braucht sich hinter Programmen<br />

wie LIVE nicht zu verstecken. Auch der generelle Pitch<br />

Seit der Version 6 beschränkt sich Digidesign Mac-seitig<br />

auf OS X und das Update 6.1 integriert per ReWire die<br />

Möglichkeit, andere Programme in das SetUp mit einzubinden.<br />

Reason oder Live können nun als Slave brav im<br />

ProTools-Takt mittuckern, diverse Bundle-Angebote gibt<br />

es beim Fachhändler. Mit von der Partie, und aus Sicht<br />

der ProTools Anwender sicherlich das interessanteste<br />

Angebot, ist Ableton LIVE. Interessant, weil der intuitive<br />

Umgang mit Audiomaterial für User der Digidesign-Welt<br />

die eine oder andere Revolution bedeuten dürfte.<br />

AUSPROBIERT<br />

Über ReWire sind schon Freundschaften zerbrochen.<br />

Zwei Programme gleichzeitig auf dem Rechner laufen zu<br />

lassen, ist per se schon mal kritisch, weil Audio Processing<br />

den Computer um ein Vielfaches mehr belastet. Andererseits,<br />

weil es bislang ordentlich Nerven gekostet<br />

hat, ReWire richtig und funktional einzurichten. Also los.<br />

Unser Test-SetUp besteht aus einem Powerbook<br />

G4/1Ghz mit 512 MB Ram, Hardware-seitig einem DI-<br />

GI002 Rack, dem neuen Audio-Interface von Digidesign,<br />

das genau wie sein großer Bruder Digi002 per Firewire<br />

angesteuert wird, und Software-seitig ProTools 6.1 und<br />

LIVE 2.1.2. Die Installation und die ReWire-Aktivierung<br />

verläuft problemlos, im Zweifelsfall hilft das kleine Tutorial<br />

auf www.ableton.com. LIVE lässt sich im Mixer von<br />

ProTools direkt ansteuern und läuft tadellos. ReWire galore<br />

sozusagen, so einfach hatte ich das nicht in Erinnerung.<br />

Zuerst knallen wir ProTools voll mit einer ziemlich<br />

komplexen Session mit ordentlich Effekten und reichlich<br />

Automation. Alle Audiodaten werden hier von der internen<br />

ATA-Festplatte gestreamt, auf die von Digidesign<br />

empfohlene, externe Firewire-Platte verzichten wir. Aus<br />

Shift klingt amtlich. Eine Mixereinheit gibt es nicht, Parameter<br />

wie Volume oder Pan werden direkt im Kanalzug<br />

eingestellt. Alle Kanäle können mit Effekten belegt<br />

werden. Soundtrack unterstützt, wie könnte es anders<br />

sein, Audio Units. <strong>VS</strong>T und RTAS werden bislang nicht<br />

unterstützt, wobei auch in zukünftigen Updates eine Integration<br />

dieser Schnittstellen fraglich scheint. Apple<br />

bleibt gar nichts anderes übrig, als ihr eigenes PlugIn-<br />

Format zu pushen. Und können hier nach dem Kauf von<br />

Emagic ja auch aus dem Vollen schöpfen. Soundtrack<br />

wird mit Logic PlugIns ausgeliefert, sowie mit den Eigenentwicklungen<br />

von Apple. Third Party Plugs werden<br />

problemlos akzeptiert. Schade nur, dass Anwender von<br />

Logic nicht auf all ihre Emagic PlugIns zurückgreifen<br />

können. Für alle aktivierten Komponenten der PlugIns<br />

legt Soundtrack in den entsprechenden Kanalzügen Automationskurven<br />

an. Für das jeweilige Projekt können<br />

darüber hinaus auch Master-Envelopes angelegt werden,<br />

die Volume, Transponierung und das Song-Tempo<br />

beeinflussen. Hüllkurven-Verläufe können problemlos<br />

kopiert und so an mehreren Stellen des Projektes verwendet<br />

werden.<br />

IN DER BIBLIOTHEK<br />

Im Lieferumfang enthalten ist eine umfangreiche Loop-<br />

Library, die flotte 4 GB Platz auf der Festplatte beansprucht<br />

und aus der Sicht der elektronischen Lebensa-<br />

INFO<br />

ProTools User bekommen LIVE derzeit zum Vorzugspreis<br />

von<br />

239 Euro (Download) und 259 Euro (Box)<br />

ProTools 6.1 kostet im Bundle mit dem DIGI002 Rack<br />

ca. 1300 Euro.<br />

Neue ProTools User erhalten beim Kauf zusätzlich<br />

Einsteigsversionen von LIVE, Reason, Sampletank<br />

und AmpliTube<br />

www.digidesign.com<br />

www.ableton.com<br />

Erfahrung, denn auch alte Systeme unter OS 9 verhielten<br />

sich prima ohne die (damals noch) empfohlenen SCSI-<br />

Platten. Das DIGI002 Rack klingt laut, druckvoll und sehr<br />

exakt. Alles andere wäre auch verwunderlich gewesen,<br />

die Soundkarten von Digidesign (egal, ob die gute alte<br />

Audiomedia oder aber die Digi001) klingen nunmal sehr<br />

gut. Sobald LIVE ins Spiel kommt, ist aber ziemlich<br />

schnell Schluss. Drei kurze Beats in LIVE produzieren den<br />

ersten Overload. Stille. Kopfkratzen. Also die Audiodaten<br />

auf eine Firewire-Platte kopieren und erneut versuchen.<br />

Jetzt läuft es besser, aber ein reibungsloser Betrieb<br />

mit unfangreichen Sessions ist über längere Zeit nicht<br />

wirklich einwandfrei zu garantieren. Wir schieben diese<br />

Tatsache mal auf das kleine Gigahertz und erinnern uns<br />

wehmütig an die schnellen Windows-Rechner und träumen<br />

vom G5. <strong>De</strong>n Test deklarieren wir dennoch ganz klar<br />

als bestanden.<br />

DRÜBER NACHGEDACHT<br />

Die ReWire-Integration von ProTools ist vorbildlich und<br />

für User auf beiden Seiten interessant. Die Digidesign-<br />

Gemeinde kann endlich mit einem Teil der restlichen<br />

Welt reden und kann die spontanen Eingriffsmöglichkeiten<br />

von LIVE nutzen. Nutzer von LIVE wiederum können<br />

mit ProTools komfortabel Audiomaterial schneiden und<br />

andere Arten des Arrangierens ausprobieren und sogar<br />

MIDI-Sequencing in ihr SetUp integrieren, wenn sie auf<br />

Logic oder Reason keine Lust haben. LIVE profitiert<br />

obendrein von der Direct I/O Schnittstelle. ProTools und<br />

LIVE sind ein gutes Team, keine Frage.<br />

INFO<br />

Soundtrack kostet ca. 350 Euro<br />

www.apple.com/soundtrack<br />

spekte ungefähr so nützlich ist wie eine Flying V für einen<br />

Technotrack. Will sagen, Apple legt hier den Fokus<br />

ganz klar auf den Familienpapa, der seine Urlaubsvideos<br />

ein bisschen aufmotzen will. Aus musikalischer Sicht<br />

kann man diesen Ordner gerne gleich wieder in den<br />

Mülleimer ziehen. Daher ist es mehr als praktisch, dass<br />

Soundtrack neben den selbst gesammelten Loops auch<br />

aufnehmen kann. In der Loop-Utility können diese<br />

Loops dann mit den entsprechenden Tags versehen werden.<br />

IM LADEN<br />

Soundtrack schlägt mit 350 Euro zu Buche. Das ist nicht<br />

gerade billig, wenn man sich überlegt, das LIVE auch nur<br />

50 Euro teurer ist und natürlich ein Vielfaches an Features<br />

beinhaltet. Apple setzt auf Einfachheit und auf die<br />

Integration von Video, macht dadurch also den Unterschied<br />

wieder wett. Soundtrack macht rundum einen<br />

guten Eindruck, ist auf einem Powerbook 1Ghz / 512 MB<br />

ziemlich belastbar, sehr leicht einsetzbar und extrem<br />

Nutzer-freundlich. User, die sich die Anschaffung von<br />

Soundtrack aus rein musikalischen Gründen überlegen,<br />

sollten sich das Programm aber genau ansehen und<br />

dann entscheiden, ob ihnen die Funktionalität reicht.<br />

Für Video-Vertoner ist Soundtrack auf jeden Fall ideal.<br />

DE:BUG.75 - 10.2003 –


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

VERLOSUNG<br />

DO, FETT JEWINNEN IS BESSER ALS AT<br />

HOME ALLEENE ABZUSINN’N ...<br />

POLE CD'S<br />

5 X 90/90 MAXI, 5 X PROMO ONLY POLE DJ-MIX<br />

Immer noch toll und deshalb hier nochmal für euch: Wir verlosen fünf<br />

Packages mit der Pole Maxi-CD "90/90" und einer exklusiven Mix-CD von<br />

Stefan Betke mit Tracks vom aktuellen Album. Wenn das nichts ist.<br />

Postkarte an <strong>De</strong>bug, Kennwort “Genau meine Maße”. Brunnenstr. 196,<br />

10119 Berlin. <strong>De</strong>r Pole kennt keinen Rechtsweg.<br />

OOCH KNORKE ...<br />

SCHON JEWONNEN<br />

HABN ...<br />

1 X APPLE SOUNDTRACK<br />

Macht euren eigenen Soundtrack. Mit "Soundtrack" launcht Apple einen<br />

universellen Loop-Player mit Timestretch-Engine, kompletter Final Cut-Integration<br />

und dicken PlugIns von Emagic. Ein feines Tool, vor allem, wenn<br />

es mal schnell gehen muss. Nur für Mac OS X!<br />

Postkarte an <strong>De</strong>bug, Kennwort "Ich gewinn den Oscar", Brunnenstr. 196,<br />

10119 Berlin. Auch der Oscar kennt keinen Rechtsweg.<br />

1 X STEINBERG STUDIO CASE<br />

Prima Startpaket zum Musikmachen auf dem Rechner zu gewinnen: Das<br />

Steinberg Studio Case ist ein Software Bundle, das Cubase SL und leicht<br />

abgespeckte Versionen der PlugIns HALion, The Grand, Virtual Guitarist<br />

Electric Edition, D´cota und Groove Agent umfasst, formschön eingepackt<br />

in eine Pappimitation eines Flightcases. Ihr könnt es gewinnen, wenn ihr<br />

so schnell wie möglich eine Postkarte an <strong>De</strong>:<strong>Bug</strong>, Brunnenstr.196, 10119<br />

Berlin schreibt. <strong>De</strong>r Rechtsweg ist wie immer ausgeschlossen.<br />

GRAPHIC DESIGN FOR THE 21. CENTURY AUS DEM TASCHEN VERLAG HABEN GEWONNEN:<br />

FLORIAN BREITHAUPT, KÖLN; VOLKER BELKHAUS, VELBERT; MARCEL WEBER, LEIPZIG<br />

SENNHEISER KOPFHÖRER HABEN GEWONNEN:<br />

SEBASTIAN BRÜCKNER, WÜRZBURG; THOMAS BERGMANN, KÖLN; MICHAELA WEIERSHAUS, BERLIN;<br />

MIKE THALLAHIDIS, MANCHESTER


FINDER<br />

26 STIMMENFANG PER WEBLOG<br />

Lawrence Lessig über Wahlkampf im Netz<br />

28 WÄHLEN PER LOCHKARTE<br />

Zählmaschinen sind ungenauer, als man denkt<br />

29 FASHION<br />

Aufgemotzte Gebrauchskleidung<br />

WAHLEN<br />

DIE GEEK-KANDIDATIN<br />

Was das mit elektronischen Lebensaspekten zu tun hat?<br />

Eine ganze Menge. Da wäre zum Beispiel Georgy Russell,<br />

die im kalifornischen Recall-Wahnsinn die Rolle der<br />

Geek-Kandidatin einnimmt. Russel ist Mitte 20, arbeitet<br />

als Programmiererin bei der im Silicon Valley ansässigen<br />

Firma Veritas und studierte Informatik an der UC Berkeley<br />

– jener Hochschule, an der man Unix-Distributionen<br />

in Anlehnung an seine Lieblingsdrogen zu benennen<br />

pflegt. Außerdem ist sie Mitglied der demokratischen<br />

Partei, befürwortet die Schwulenehe, will Marihuana legalisieren,<br />

die Reichen stärker besteuern und die Armen<br />

entlasten. Sie ist gegen die Todesstrafe, aber für Open<br />

Source-Software und ein funktionierendes Krankenversicherungssystem.<br />

Und mit diesem Programm will sie<br />

Gouverneurin werden. Ganz ernsthaft.<br />

Wie es sich für einen echten Geek gehört, setzt sie dabei<br />

natürlich auch aufs Netz. Mit Weblog und Thong-<br />

Shop will sie alle Westküsten-Nerds überzeugen, ihr das<br />

höchste Amt im Staat zu übertragen. Zu einem Slashdot-Interview<br />

hat es immerhin schon gereicht. Dort<br />

konnte sie dann erklären, welchen Linux-Editor sie am<br />

liebsten benutzt, ihre Position bezüglich der Tauschbörsen-Problematik<br />

erläutern und ganz nebenbei auch ein<br />

bisschen über Politik reden. So antwortete sie auf die<br />

Frage, ob sie wirklich glaube gewinnen zu können: "Die<br />

Chancen sind ganz offensichtlich gering, aber nicht unerreichbar.<br />

Zu glauben, mein Sieg sei unmöglich, hieße zu akzeptieren,<br />

dass Geld der einzige Sieger sein kann.”<br />

Natürlich ist ihre Kandidatur trotzdem ein völlig unrealistisches<br />

Ansinnen. Georgy Russell mag Slashdot-Lesern<br />

ein Begriff sein, doch in den klasssischen Medien<br />

INTERVIEW: MATTHEW BARNEY<br />

32 Kunst als surrealer Blockbuster<br />

33 DER KUNSTHERBST IST DA<br />

Galerie-Guide für Köln und Berlin<br />

TOTAL RECALL / Kalifornien hat die Wahl<br />

TEXT JANKO ROETTGERS | ROETTGERS@LOWPASS.DE BILD<br />

WWW.JOINARNOLD.COM<br />

Arnold Schwarzenegger for Governor? Bei den kalifornischen Gouverneurswahlen<br />

ist es erstmals jedem möglich zu kandidieren. Und das macht auch jeder:<br />

Arnold Schwarzenegger, Slashdot-Liebling Georgy Russell, Hustler-Verleger<br />

Larry Flynt sind nur drei der 135 Kalifornier, die kommen, um den derzeitigen demokratischen<br />

Gouverneur Gray Davis abzulösen. Unser Amerika-Korrespondent<br />

Janko Röttgers erklärt, warum die Chancen für Chancenlose noch nie so<br />

gut standen. Fortsetzung von Seite 01<br />

kam ihr Wahlkampf höchstens als amüsante Randnotiz<br />

vor. Russell nimmt das offenbar mit Humor. So findet<br />

sich auf der online veröffentlichten Liste ihrer prominenten<br />

Unterstützer auch ihr Querflötenlehrer aus der<br />

sechsten Klasse wieder, der zu berichten weiß, wie<br />

schnell Georgy damals ihre Noten gelernt hat. Wer will<br />

ihr da schon noch vorwerfen, unerfahren zu sein?<br />

Außerdem standen die Chancen für Chancenlose wie<br />

Georgy Russell noch nie so gut. In den Umfragen spielte<br />

sie zwar auch wenige Wochen vor der Wahl noch keine<br />

Rolle. Doch diese machten auch klar, dass es nicht<br />

viel braucht, um diese Wahl zu gewinnen. So ist es gut<br />

möglich, dass der Sieger weniger als 30 Prozent der<br />

Stimmen auf sich vereinigen wird. Bei der letzten regulären<br />

Wahl vor einem Jahr nahmen nicht einmal sieben<br />

Millionen Kalifornier den Urnengang auf sich.<br />

Durchaus vorstellbar also, dass dieses Mal schon weniger<br />

als zwei Millionen Stimmen zu einem Wahlsieg ausreichen.<br />

DER TERMINATOR<br />

Arnold Schwarzenegger könnte die niedrige Wahlbeteiligung<br />

dagegen zum Verhängnis werden. <strong>De</strong>r markige<br />

Österreicher hat sich im Wahlkampf als Anti-Politiker<br />

inszeniert. Als jemand, der es denen da oben mal richtig<br />

zeigen und Gouverneur der einfachen Leute werden<br />

will. Das kommt gut an. Allerdings nicht bei den richtigen.<br />

Schwarzeneggers typischer Fan ist Statistiken zufolge<br />

männlich, jung, Latino - und geht nicht wählen.<br />

Klar, Schwarzenegger könnte versuchen, das Ruder rumzureißen<br />

und seinen jugendlichen Fans zu erklären, dass<br />

<strong>De</strong>mokratie doch 'ne ganz tolle Sache sein kann. Viel<br />

33 CLIP-COMPILATIONS AUF DVD<br />

Die Alternative zum Musikfernsehen<br />

GAMES-CONVENTION LEIPZIG<br />

34 Was gibt’s Neues? ‘ne ganze Menge<br />

35 LESEN NETZLINKE NICHT QUER?<br />

Telepolis, 9-11 und Verschwörungstheorien<br />

Zeit ist ihm dazu jedoch nicht geblieben: Wahlberechtigt<br />

ist in den USA nur, wer sich rechtzeitig zur Wahl registriert<br />

hat. In Kalifornien endete die Frist dazu rund<br />

zwei Wochen vor der eigentlichen Abstimmung.<br />

Bleiben noch die klassischen konservativen Wähler und<br />

enttäuschte <strong>De</strong>mokraten. Bei denen kam jedoch nicht<br />

gut an, dass sich Schwarzenegger praktisch während<br />

seiner gesamten Kampagne um konkrete Antworten gedrückt<br />

hat. Einer Fernsehdiskussion mit fünf bekannten<br />

Opponenten blieb er gar ganz fern, da ihm die Fragen<br />

nicht vorab vorgelegt wurden. Ausgemachten Konservativen<br />

gilt er außerdem als zu liberal – schließlich hat<br />

er in den Siebzigern Drogen genommen und Gruppensex<br />

gehabt. Liberale Aktivisten stoßen sich wiederum<br />

daran, dass zu Arnolds Beraterstab ein ganzer Haufen<br />

ausgemachter Migrantenfeinde gehört.<br />

DER AMTSINHABER<br />

Und wer wird nun neuer Gouverneur? Möglicherweise<br />

niemand. In einer ersten Frage müssen sich die Wahlgänger<br />

nämlich entscheiden, ob sie den Amtsinhaber<br />

Gray Davis überhaupt aus dem Amt werfen werden. <strong>De</strong>r<br />

bemüht sich seit Wochen darum, sein Image aufzupolieren<br />

– was nicht ganz einfach ist für einen Mann, der es<br />

für eine gute Idee hielt, freiwillig den Vornamen Gray<br />

anzunehmen. Trotzdem steigt seine Unterstützung.<br />

Nicht ganz unwesentlich dazu beigetragen hat ein neues<br />

Gesetz, das Davis Anfang September unterzeichnet<br />

hat und das undokumentierten Einwanderern erlaubt,<br />

sich einen Führerschein zuzulegen. Die kleinen gelben<br />

Plastikkarten sind in den USA eben nicht nur ein Beleg<br />

der Fahrerlaubnis, sondern auch Quasi-Ersatz für den<br />

nicht existierenden Personalausweis. Wer ein Bankkonto<br />

eröffnen, einen Kredit beantragen, eine Versicherung<br />

abschließen oder auch einfach nur Alkohol kaufen will,<br />

braucht dazu einen Führerschein. <strong>De</strong>n gab es aber bisher<br />

nur gegen Beleg einer legalen Aufenthaltserlaubnis.<br />

Nun bekommt ihn jeder gegen Vorlage zweier Identifikationsdokumente.<br />

Seit mehreren Jahren haben Aktivisten und progressive<br />

Politiker für die Durchsetzung des Gesetzes gestritten.<br />

Dann kam 911, und die Idee, einfach so Führerscheine<br />

auszustellen, galt plötzlich als extrem gefährlich – und<br />

das, obwohl die Al Quaida-Terroristen bekanntlich we-<br />

GOTO / DEBUG PRESENTS<br />

36 Wohin im Oktober?<br />

36 ABO<br />

Zu schwierig, <strong>De</strong>bug zu jagen?<br />

INFO<br />

Georgy Russell: www.georgyforgov.com<br />

Arnold Schwarzenegger: www.joinarnold.com<br />

Gray Davis: www.gray-davis.com<br />

der an Alkohol noch Lebensversicherungen ein besonders<br />

großes Interesse hatten. Um die Paranoiker in der<br />

eigenen Partei ruhig zu stellen und sich gleichzeitig die<br />

Stimmen aller wahlberechtigten Latinos zu sichern,<br />

heckte Davis deshalb etwas besonders Perfides aus:<br />

Führerscheine für jeden – aber nur gegen zusätzliche Sicherheit.<br />

Schon jetzt muss jeder beim Beantragen des Dokuments<br />

seine Fingerabdrücke abgeben. Wanderten diese<br />

bisher in ein lokales Archiv der jeweiligen Behörde, so<br />

sollten sie nach Davis Plänen biometrisch ausgewertet<br />

und zentral erfasst werden. Aus dem Fingerabdruck sollte<br />

dabei eine Prüfsumme und aus all den Prüfsummen<br />

eine große Datenbank gebastelt werden. In letzter Sekunde<br />

kam dann allerdings jemand auf die Idee, doch<br />

mal einen Fachmann zu fragen, was das ganze Datenbänkeln<br />

denn so kosten würde. Mit dreistelligen Millionenbeträgen<br />

konfrontiert, entschied sich Davis schließlich<br />

dafür, dass Paranoia schlicht zu teuer ist, und ließ<br />

die ganzen Biometrie-Pläne aus dem Gesetz streichen.<br />

DIE MORAL VON DER GESCHICHT?<br />

Egal, ob Gray Davis tatsächlich weitermachen kann oder<br />

nicht – wahrscheinlich wird sich an der kalifornischen<br />

Politik rein gar nichts ändern. <strong>De</strong>r aussichtsreichste<br />

Kandidat zur Ablösung von Davis ist nämlich ausgerechnet<br />

sein Stellvertreter Cruz Bustamante. Wenn Arnold<br />

Schwarzenegger nicht doch noch ungeahnte Kräfte mo-<br />

Von der Oma über 90 über den Hustler-Verleger Larry<br />

Flynt bis zum Wassermelonen-zerschmetternden Comedy-Künstler<br />

ist jedoch alles dabei. Ach ja, und natürlich<br />

Arnold Schwarzenegger. Crazy California.<br />

bilisiert, wird das ganze Spektakel wohl genau da enden,<br />

wo es angefangen hat – mit einem demokratischen<br />

Gouverneur.<br />

Trotzdem wird die ganze Episode nicht ganz umsonst<br />

gewesen sein. Kalifornier sind an ein Zweiparteiensystem<br />

gewöhnt, in dem die Kandidaten für gewöhnlich so<br />

grau sind, wie sie heißen. Grüne und unabhängige Kandidaten<br />

finden praktisch keine Öffentlichkeit, werden<br />

zu TV-Diskussionen gar nicht erst eingeladen. Dieses<br />

mal war es jedoch anders. Überall wurde fröhlich die<br />

Pluralität gefeiert. Wähler konnten erfahren, dass es<br />

tatsächlich auch andere Positionen gibt. Dass Politiker<br />

nicht zwangsläufig die Todesstrafe befürworten müssen.<br />

Und dass Schauspieler ohne guten Regisseur ganz<br />

schön aufgeschmissen sein können.<br />

DE:BUG.75 - 10.2003 –


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

WAHLEN / WEBLOGS<br />

HOWARD DEAN, JOE TRIPPI, WAHLKAMPFHELFER WEBWAHLZENTRALE<br />

DAS ERSTE WEBLOG FOR PRESIDENT / Joe Trippi<br />

TEXT LAWRENCE LESSIG | LESSIG@POBOX.COM<br />

Weblogs machen es möglich: Um Howard <strong>De</strong>an, einem Kandidaten für den Posten<br />

als amerikanischer Präsident, hat die erste Open Source Wahlkampf-Kampagne<br />

eingesetzt. Über ein Weblog hält er enge Verbindung zu den Bürgern -<br />

weitaus effektiver als die Machtlobby um Cheney und Bush. Und das kommt<br />

nicht von ungefähr, denn der <strong>De</strong>mokrat hat als Wahlkampfmanager Joe Trippiengagiert,<br />

der früher bei Progeny Linux Systems gearbeitet hat. Lawrence Lessig,<br />

Rechtsprofessor an der Universität Stanford, kritischer Copyright-Aktivist<br />

und Vorsitzender des Creative Common Projektes, hat Trippi interviewt.<br />

LESSIG: Haben die Weblogs <strong>De</strong>an entdeckt oder <strong>De</strong>an<br />

die Weblogs?<br />

TRIPPI: Eine interessante Frage. Seit mindestens 2 Jahren<br />

bin ich ein regelmäßiger Weblogs-Leser. Ab und an gab ich<br />

mal Kommentare ab, aber eigentlich war ich eher ein "Lurker".<br />

Vor ungefähr 18 Monaten gab es dann im<br />

"myDD.com" Weblog einen Kommentar, dass Howard <strong>De</strong>an<br />

sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen lassen sollte.<br />

Ich kommentierte das wiederum, und war von da an ein<br />

ziemlich konstanter Leser des Blogs. Als ich dann der Manager<br />

der Wahlkampagne von <strong>De</strong>an wurde, wusste ich<br />

zwar, dass wir ein Blog machen wollten, es war mir aber zuerst<br />

nicht ganz so wichtig. Es gab zunächst genug anderes<br />

zu tun.<br />

Aber dann geschahen zwei wichtige Dinge. Das erste war<br />

Meetup.com. MeetUp.com ist eine Website, die Leute mit<br />

gemeinsamen Interessen nutzen, um sich vor Ort zu organisieren.<br />

Ich las eines Tages im MyDD.com-Blog, dass sich<br />

dort auch Leute wegen Howard <strong>De</strong>an versammeln. Innerhalb<br />

weniger Wochen war uns klar, dass wir diese Leute von<br />

Meetup.com unterstützen müssen. Das zweite war eher ein<br />

Schicksalsmoment. Ein Typ namens Matt Gross kam eines<br />

Tages in mein Office. Er erzählte mir, dass er gerade nach<br />

Utah gefahren war, weil er so viel von <strong>De</strong>an halte. Er kam<br />

direkt nach Burlington, ohne vorher anzurufen, um uns<br />

nach einem Job zu fragen. Irgendwie kam er an der Sekretärin<br />

vorbei und hielt seinen Kopf gerade lang genug in<br />

mein Office, um zu rufen: "Ich hab fürs myDD.com-Blog<br />

geschrieben." Ich habe ganz unvermittelt geantwortet: "Du<br />

hast einen Job bei uns". Und ich glaube, keine 48 Stunden<br />

später hatte er ein hässliches Weblog für uns bei Blogspot<br />

aufgesetzt. Das Blog war irgendwie zugleich niedlich und<br />

hässlich, jedenfalls war es wohl das erste Blog in einer Präsidentschaftskampagne.<br />

LESSIG: Welche Art von Problemen gab es mit dem<br />

Blog?<br />

TRIPPI: Ich brauchte über eine Woche, um das IT-<strong>De</strong>partment<br />

davon zu überzeugen, dass wir ein Icon von Meetup.com<br />

auf unser Blog machen. Aber über das Weblog generell<br />

gab es eigentlich keine Diskussion. Es war in der Kampagne<br />

ein Ding unter vielen. Es brauchte wirklich jemanden<br />

wie Matt, der sich jeden Tag um das Blog kümmern konnte,<br />

während Leute wie ich und der Gouverneur quer durch Iowa<br />

reisen mussten. Mittlerweile haben wir ein anderes<br />

Blog. Das "Call to Action" Weblog mussten wir zurückziehen.<br />

Es tat uns leid, aber dem fehlte einfach eine Kommentar<br />

Sektion. Und wenn man eine Community aufbauen will<br />

und so etwas wie die Story der Kampagne erzählen möchte,<br />

dann braucht man Interaktion. Das Feedback, das wir<br />

bekommen und die Ideen, die wir daraus ziehen sind einfach<br />

atemberaubend. Kleine Dinge, an die ein Wahlkampfbüro<br />

niemals gedacht hätte. Das Weblog kann all die kleinen<br />

Löcher unserer Kampagne stopfen, die wir übersehen<br />

haben. Sie sagen uns: "Hey, das habt ihr vergessen, das<br />

braucht ihr noch." Und wir machen es dann und stellen es<br />

zum Download bereit.<br />

Ich habe eine Zeitlang für Progeny Linux Systeme gearbeitet<br />

und mich immer gefragt, wie man die Art der Kollaboration<br />

von Linux und Open Source generell auf unsere<br />

Kampagne übertragen könnte. Was würde passieren, wenn<br />

es einen Weg gäbe, jeden in die Präsidentschaftskampagne<br />

zu integrieren?<br />

LESSIG: Sie würden es also eine Open Source Präsidentschaftskampagne<br />

nennen?<br />

TRIPPI: Ja. Genau der Gedanke kam mir, als ich sah, wie<br />

sich das Blog entwickelte. Ich denke, es ist so "Open", wie<br />

moderne Politik sein kann.<br />

LESSIG: Es ist ja die Aufgabe des Managers einer solchen<br />

Kampagne, Leute dafür zu motivieren. Inwiefern<br />

hilft das Blog dabei auf eine andere Art und Weise als<br />

früher?<br />

TRIPPI: Es stellt einfach eine reale Verbindung zu den Leuten<br />

her. Es wäre unmöglich, die Ideen, die es generiert, sonst<br />

zu bekommen. Wir hätten sonst gar nicht die Möglichkeit<br />

gehabt, mit so vielen Leuten direkt zu kommunizieren, und<br />

jetzt stellen sie zentrale Ideen, Ideen, auf denen unsere<br />

Kampagne aufbaut. Wir wissen auch sofort, wenn wir etwas<br />

falsch machen. Ich hatte gestern Abend einen Auftritt<br />

bei CNBC, Capital Report, und als ich aus dem Studio kam,<br />

bin ich sofort zum Blog und habe allen erzählt: "Das war<br />

der schlimmste Fernsehauftritt, den ich in der gesamten<br />

Kampagne hatte". Ich musste nicht mal vorher nachfragen.<br />

Man weiß einfach, wenn man etwas verpatzt. Man weiß<br />

einfach, dass man über etwas dringend nachdenken muss,<br />

was man vergessen hatte, weil die Leute dich daran denken<br />

lassen.<br />

LESSIG: Angenommen mal, ich wäre der Manager einer<br />

anderen Kampagne und ich würde dir sagen, schau mal,<br />

ich habe eine Email Liste, die ist 10mal so dick wie die Liste<br />

der Leute in deinem Blog. Ich akzeptiere Feedback<br />

und Leute können mir mailen, wenn ich etwas falsch mache.<br />

Was finden Sie im Vergleich dazu an einem Blog<br />

besser?<br />

TRIPPI: Es ist zunächst mal schneller. Fast Real-Time, wenn<br />

man, während man etwas tut, die Kommentare liest. Man<br />

kann die Ideen des Blogs aussprechen. Aber wichtiger ist<br />

diese Art von Community, die sich um ein Blog herum bildet.<br />

Das ist es, worum es im Netz geht: Gemeinschaften<br />

aufbauen. Es mag zwar eine Zillionen Communities geben,<br />

aber du weißt, deine Community bildet sich rings um das<br />

Weblog.<br />

LESSIG: Es ist also eine Gemeinschaft, weil die Leute<br />

dort nicht nur über Ideen lesen sondern auch selber zu-<br />

BILD JOHN PETTITT/DEANFORAMERICA.COM<br />

gleich schreiben?<br />

TRIPPI: Ja, es ist ein Gefühl. Es ist ein Gefühl dafür, dass wir<br />

alle ein Teil davon sind, und dass wir gemeinsam unseren<br />

Weg finden. Egal, ob es um etwas geht, das sehr wichtig für<br />

die Kampagne oder die Nation ist, wir tauschen diese Ideen<br />

offen aus. Trolls ausgenommen.<br />

LESSIG: Lass uns ein wenig über Trolls reden. Wäre ich<br />

ein traditioneller Manager einer Kampagne, dann würde<br />

ich doch als erstes sagen: "Mein Gott, man gibt hier die<br />

Kontrolle aus der Hand und dann steht man sofort vor<br />

einer Horde von Trolls. Wie soll man damit zurecht kommen?"<br />

Was ist Ihre Antwort auf Trolls?<br />

TRIPPI: Also wir haben eine recht gute Methode entwickelt,<br />

die im übrigen direkt aus dem Blog heraus entstand:<br />

Es gibt so etwas wie ein <strong>De</strong>an-Team. Dazu haben wir<br />

einen "Team-Raiser" entwickelt, dem man Geld überweisen<br />

kann. Für Trolls gibt es einen speziellen "Troll <strong>De</strong>an-Raiser".<br />

Wann immer jemand eine Troll-Bemerkung loslässt, gehen<br />

eine Menge Leute hin und überweisen dem "Troll <strong>De</strong>an-Raiser"<br />

Geld. Das funktioniert tatsächlich. Also wenn jemand<br />

ins Blog kommt, nur um <strong>De</strong>an runterzumachen, sorgt er<br />

dafür, dass <strong>De</strong>an innerhalb einer halben Stunde 500$ für<br />

seine Wahlkampagne mehr hat. Das hat einige Troll-Poster<br />

demoralisiert.<br />

Aber was die Kontrolle betrifft. Ich glaube, das ist der<br />

Grund, warum andere Kampagnen keinen Erfolg im Internet<br />

haben. Es ist meine 7te Präsidentenkampagne, und in<br />

jeder habe ich vor allem eins gelernt: Man soll eine strenge<br />

Kontrolle über deine Community haben. Eine Art militäri-<br />

sche Kommandokette. Man gibt den Direktoren der Staaten<br />

Befehle, die geben die Befehle weiter ins County und die<br />

in die kleineren Reviere.<br />

Ich habe nun mit genug Technologie im Netz gearbeitet,<br />

um zu wissen, dass man definitiv alles erstickt, wenn man<br />

im Internet mit einer 'Command and Control'-Mentalität<br />

arbeiten will. Es ist schwer, das aufzugeben, aber wir haben<br />

uns einfach dazu entschieden. Ich denke, die anderen Kampagnen<br />

werden sich das nicht trauen.<br />

Es gibt ein paar Gründe, warum das gerade mit Howard<br />

<strong>De</strong>an funktionieren kann. Erst mal ist er der, der er ist. Er ist<br />

anders als die restlichen Kandidaten. Er ist offen, fällt Entscheidungen,<br />

die auf Fakten basieren und er glaubt wirklich,<br />

dass es darum geht, die Menschen wieder für die <strong>De</strong>mokratie<br />

zu engagieren.<br />

Die Kampagne sagt aber auch ganz klar: "Okay, wir sind bereit,<br />

den Leuten die Schläger in die Hand zu geben, das Blog<br />

sozusagen, und sind offen für ihre Hilfe." Und drittens, egal<br />

was ihre Meinung zu Gesundheit, Copyright oder all die anderen<br />

Themen sind, um die wir uns kümmern, wenn die<br />

Menschen nicht aufhören zu jammern und sich nicht in der<br />

<strong>De</strong>mokratie engagieren und daran partizipieren, dann ist<br />

es auch egal wie ihre Meinung ist, denn es wird nie jemand<br />

kommen und sich für ihre Meinung einsetzen. <strong>De</strong>nn, so wie<br />

es jetzt ist, geht es doch vor allem ums Geld.<br />

Diese Kampagne versucht etwas anderes zu sagen: "Sieh<br />

her, man kann das anders machen. Es muss sich nicht immer<br />

alles um die 33 Lobbyisten pro Kongressmitglied in<br />

Washington drehen. Die Leute haben die Macht, sich zu engagieren<br />

und einen Unterschied zu machen." Ich glaube,<br />

unser Blog hilft genau an dieser Stelle. Und je mehr wir diese<br />

Community aufbauen, um so mehr verstehen auch Leute<br />

mit Positionen, die sich vom Gouvernor unterscheiden,<br />

dass wir das gemeinsam tun. Wenn wir ins Weiße Haus<br />

kommen, dann wissen die Leute, dass wir ihnen zuhören<br />

und einige ihrer Issues diskutieren werden.<br />

[Es folgt eine 'Governor-on-the-phone-Break']<br />

TRIPPI: Es gibt eine Verantwortung der Bürger, sich in ihre<br />

<strong>De</strong>mokratie zu involvieren. Das fehlt uns seit 20, 30 Jahren.<br />

Wenn Tausende kleine Aktionen machen würden, ein wenig<br />

Zeit und Geld investieren, dann gibt es eine Chance, dass<br />

ein Kandidat wie unserer das Weiße Haus erobert und den<br />

Leuten wird ihre Regierung endlich wieder gehören. Und<br />

dann haben wir auch eine ehrliche Diskussion über all die<br />

Themen, die normalerweise von den Mächten unterdrückt<br />

werden, die darüber keine Diskussion haben wollen.<br />

LESSIG: Wenn also das "<strong>De</strong>mocratic Leadership Council"<br />

eure Kampagne attackiert, dann sind sie einfach mit<br />

dieser Form von <strong>De</strong>mokratie nicht glücklich?<br />

TRIPPI: Ja. Ich glaube, das ist einer der Hauptgründe. Die<br />

mögen es, berufen zu sein. Die mögen es auch so, wie es<br />

Ich habe eine zeitlang für Progeny Linux Systeme gearbeitet<br />

und mich immer gefragt, wie man die Art der Kollaboration<br />

von Linux und Open Source generell auf unsere<br />

Kampagne übertragen könnte.<br />

jetzt ist. Zuviele von ihnen jedenfalls. Und sie haben Angst<br />

davor, was passiert, wenn das Volk sich wieder kümmern<br />

würde, wenn es beispielsweise verlangen würde, dass ein<br />

Thema wie das Gesundheitswesen wirklich wieder in Angriff<br />

genommen wird.<br />

Aber genau das ist es, was wir wollen: Das Verlangen des<br />

Volkes danach schüren, wieder eine Stimme zu haben. Unsere<br />

Kampagne ist eine Plattform für sie. Wenn es uns gelingen<br />

sollte, haben wir eine große Veränderung in der politischen<br />

Landschaft. Und eine große Veränderung in der<br />

Art, wie Kampagnen finanziert werden. Wir hätten die partizipierende<br />

<strong>De</strong>mokratie zurück.<br />

Unsere größte Hürde dabei ist, die Leute davon zu überzeugen,<br />

dass sie wirklich etwas bewirken können. Das Internet<br />

ist einer der Orte, an dem die Menschen daran glauben<br />

können. Dieses Gefühl der Gemeinschaft, wenn sie an einem<br />

Blog teilnehmen oder wenn sie Reaktionen an die Regulierungsbehörde<br />

Federal Communication Commission<br />

(FCC) schicken. "Warte mal, wir haben ja wirklich die<br />

Macht, etwas zu tun". Bei der FCC haben sie gesehen, wie<br />

der Kongress reagiert hat. Und bei unserer Kampagne sehen<br />

sie es auch.<br />

Es geht nicht darum, dass uns jeder 25$ spendet. Diese Art


WAHLEN / WEBLOGS<br />

HOWARD DEAN FOR HOWARD DEAN<br />

von Akt ist nicht so viel wert. Es geht um etwas anderes.<br />

Darum, dass so viele Leute daran glauben, dass sie, wenn sie<br />

etwas tun, damit das Rennen auf das Präsidentschaftsamt<br />

rocken können. Das hat sie dazu gebracht, es zu versuchen.<br />

Ich finde, das hat die gleiche Bedeutung wie: "Wir haben die<br />

Macht, das System zu verändern."<br />

Wenn man selber Kandidat ist, ist das natürlich schwieriger.<br />

Es gibt eine Art natürlichen Zynismus, etwa ob der Kandidat<br />

es wirklich ernst meint und solche Sachen. Ist der<br />

echt? Oder ist er einer von den anderen? Unsere Kampagne<br />

gibt sich Mühe zu zeigen, dass er keiner von den anderen ist<br />

und dabei hilft das Weblog auch. Jeden Tag kann man da<br />

hin und nachschauen, was los ist, und man bekommt einen<br />

Eindruck von den Leuten, die hinter der Kampagne stehen.<br />

Wer sie sind und wofür sie stehen. Und irgendwie hoffen<br />

wir, dass aufgrund dieser Beziehung die Menschen irgendwann<br />

realisieren, "Ja, vielleicht sind die wirklich anders.<br />

Vielleicht ist diese Kampagne wirklich anders." Wie man<br />

das von einer Wallpaper-Webseite bekommen sollte, weiß<br />

ich nicht. Mit einem Blog gibt es jedenfalls eine andere Art<br />

Tiefe in der Verbindung mit den Leuten. Ich hoffe das jedenfalls.<br />

LESSIG: Also glauben Sie, dass die Architektur des Blogs<br />

etwas ist, was eine engere Verbindung mit den Leuten<br />

ermöglicht als Webseiten normalerweise oder das Fernsehen<br />

z.B.?<br />

TRIPPI: Auf jeden Fall.<br />

LESSIG: Ich möchte noch einmal über Geld reden. Wie<br />

stehen die Zahlen zur Zeit? Was sind die Durchschnitte?<br />

War der Erfolg überraschend oder haben Sie das so erwartet?<br />

Und, lassen Sie uns auch über das Abendessen<br />

von Dick Cheney reden.<br />

TRIPPI: Wir haben jetzt 224.000 Leute, die subscribed sind,<br />

um Howard <strong>De</strong>an zu supporten. Was das "Cheney Lunch"<br />

betrifft, der Vizepräsident hatte ca. 125 Leute zu einem<br />

Lunch eingeladen, die ihm je 2000 Dollar gegeben haben.<br />

250.000 Dollar insgesamt. Wir hatten 9.700 Leute, die im<br />

Durchschnitt 53$ gespendet haben. Das sind 508.000$.<br />

Es gab dabei ein paar Dinge, die uns überrascht haben. Wir<br />

haben zunächst mal ein wenig daran gezweifelt, dass unsere<br />

Supporter wirklich an die Cheney Summe rankommen<br />

würden. Und dass es so schnell passieren würde, hätten wir<br />

nie erwartet. Wir haben die Email mit unserem Aufruf erst<br />

Freitag Abend eher spät losgeschickt, wir waren deshalb<br />

nicht sicher, ob überhaupt die Hälfte der Leute ihre Email<br />

lesen würden. Wir dachten, am Wochenende gehen eh die<br />

meisten weg und wenn sie zurückkommen, wüssten sie gar<br />

nicht mehr, dass etwas passiert war.<br />

Aber andererseits haben wir die ganze Zeit gewusst, dass<br />

wir das alles nicht wegen des Geldes machen. Das war das<br />

Interessante daran. Wir haben das vom ersten Tag an aufgebaut,<br />

weil wir überzeugt waren, dass es nicht reicht, "irgendetwas"<br />

im Netz zu machen. Wir wollten, dass die Leute<br />

sich organisieren und die Online Community dazu nutzen,<br />

die Offline Community weiter zu organisieren. Und<br />

was wir bisher gesehen haben, war absolut begeisternd.<br />

Wir hatten z.B. eine Email-Liste von 481 Leuten in Austin.<br />

<strong>De</strong>nen haben wir gemailt: "Wir kommen.” Als wir dann an-<br />

INFO<br />

Lawrence Lessig, einer der profiliertesten und interessantesten<br />

unter den kritischen Copyright Aktivisten,<br />

plant derzeit ein Buch über Weblogs. Er hatte<br />

dieses Interview mit Joe Trippi in einer geringfügig<br />

ausführlicheren Version für sein eigenes Weblog geführt.<br />

Es steht unter der Creative Commons License<br />

Nummer 1 und kann kopiert, verteilt, verändert und<br />

auch kommerziell genutzt werden unter der Voraussetzung,<br />

dass der Name des Autoren genannt wird<br />

und die Lizensierungskonditionen beibehalten und<br />

kenntlich gemacht werden. Fair Use, oder?<br />

http://lessig.org/blog/<br />

(Mit RSS Feeds)<br />

http://www.lessig.org/blog/archives/001428.shtml<br />

kamen, waren 3200 Leute da. Und der Grund für diese hohe<br />

Zahl war, dass diese 481 Leute hingegangen sind und die<br />

Flyer heruntergeladen haben, sie kopierten, sie in der Latino<br />

Community ausgelegt haben, in den Wahlstationen, in<br />

denen Kommunalwahlen waren, und dass sie andere Leute<br />

angerufen haben und all diese Dinge von selbst organisiert<br />

haben. Das passiert uns andauernd. In Seattle waren 1200<br />

Leute, die Hälfte davon hatten niemals vorher etwas mit<br />

Politik zu tun. Sie wurden organisiert von Leuten, die im<br />

Blog waren oder irgendwie sonst unsere Organisationstools<br />

benutzt haben. All das sind Effekte der <strong>De</strong>an-Community,<br />

die wir aufgebaut haben.<br />

Und genau deshalb haben wir die Community ja auch aufgebaut,<br />

und es war uns auch nicht entgangen, dass bestimmt<br />

Geldspenden daraus folgen würden. Aber die Menge<br />

hat uns völlig überrascht. Bislang haben wir 83.000<br />

Spenden bekommen, alles in allem mehrere Millionen<br />

Es gibt eine Verantwortung der Bürger, sich in ihre<br />

<strong>De</strong>mokratie zu involvieren. Das fehlt uns seit 20, 30<br />

Jahren. Das Weblog ist eine Plattform für sie, eine Plattform<br />

für eine partizipierende <strong>De</strong>mokratie.<br />

Dollar. Als wir diesen Wettkampf mit Cheney hatten und<br />

mit Howard <strong>De</strong>an vor dem Blog saßen, bewaffnet mit einem<br />

3$ Turkey-Sandwich und gegen Cheney und sein 2000$<br />

Essen antraten, das hat einen der Punkte, die wir machen<br />

wollen, wirklich gut herausgebracht. Wir lernen aber jeden<br />

Tag dazu. Als der Governor das erste Mal hier war, wusste<br />

er nicht mal, was ein Blog ist. Jetzt fragt er: "Hey, warum<br />

hat das Weiße Haus kein Weblog?" Es ist ein Lernprozess für<br />

ihn. Für beide. Leute, die das Netz benutzen, um mehr über<br />

die Themen zu erfahren, die alle betreffen, sehen, dass da<br />

jemand ist, der Präsident werden will und der wenigstens<br />

ein Interesse für dieses Medium hat und das als Erfahrung<br />

begreift und es versucht. Manchmal vielleicht zum ersten<br />

Mal und nicht ganz den Erwartungen entsprechend, aber<br />

ich denke, es ist cool, ihn dabei zu beobachten. Er hat Dinge<br />

entdeckt, die wir schon vor drei Jahren wussten, aber es<br />

ist trotzdem cool, einen Präsidentschaftskandidaten dabei<br />

zu beobachten, wie er die gleichen Dinge entdeckt, die man<br />

selber schon entdeckt hat. Ich selber war einer der Early<br />

Adopters, als das Netz noch etwas war, das nur wenige<br />

kannten. Und ich bin da schon durch, aber vor allem habe<br />

ich für eine Menge Leute gearbeitet, die gegenüber dem<br />

Netz keinerlei Neugierde haben.


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

WAHLEN / LOCHKARTEN / EDV<br />

SCHMEISS DIE URNE INS MEER / Wählen mit Maschinen<br />

TEXT ANTON WALDT | WALDT@QUINTESSENZ.AT<br />

Ist Papier zu old-fashioned und sind Sonntage Menschen zu schade zum Zählen,<br />

müssen die digitalen Maschinen einspringen. Auch wenn sie sich in Echtzeit<br />

selbst auszählen, verschieben sie aber nur das unmoderne Imageproblem: Mit<br />

ihrer Unsicherheit verlieren sie vielleicht die wichtigste Wahl-Funktion. Das<br />

Vertrauen der Wähler.<br />

Wahlen können so viel Spaß machen. In Korsika wurden<br />

zu Osolemirnixs Zeiten die Urnen liebevoll gefüllt, ins<br />

Meer geworfen und dann der Gewinner ehrlich ausgefochten.<br />

Aber auch ohne Salzwasser und Messer macht<br />

es richtig Laune, alle vier Jahre die lokale Grundschule<br />

zu betreten, hinter muffigen Stellwänden Kreuzchen auf<br />

einen großen Zettel zu machen und diesen dann nach<br />

einer komplizierten Faltprozedur in eine Blechbox zu<br />

werfen, dessen Schlitz von einem eigens dafür abkommandierten<br />

Grünflächenbeamten mit einem Klassenbuch<br />

geschützt wird, damit kein Scherzbold das demokratische<br />

Hochamt mit einer Müllermilch versauen<br />

kann. Außer den Gerüchen und dem sozialen Erlebnis<br />

der Sonderklasse ist die Prozedur aber auch ziemlich fälschungssicher,<br />

weil die Grünflächenbeamten meistens<br />

ein Kreuz erkennen und fast nie Zettel aufessen oder<br />

verbrennen. Da kann man Wahlen sinnhaft finden wie<br />

man will, am Ergebnis ist da nicht viel rumzudeuten.<br />

Zettel haben allerdings auch ihre Nachteile, sie zählen<br />

sich zum Beispiel nicht in Echtzeit selbst aus und die Bereitschaft<br />

der Grünflächenbeamten für die <strong>De</strong>mokratien<br />

einen Sonntag zu opfern läßt rapide nach. Zettel sind<br />

aber vor allem altmodisch. Und auf sowas stehen heute<br />

nicht mal konservative Politiker, auch diese wollen es<br />

überall modern und chic, auch und gerade bei den Wahlen,<br />

also muss moderne Technik her, am besten sogar<br />

"modernste Technologie". In den USA sieht das nicht anders<br />

aus, auch wenn in einigen Bundesstaaten bei Präsidentschaftswahlen<br />

am Wahlmänner-Prinzip festgehalten<br />

wird, das mal sinnvoll war, als der Westen noch von<br />

stinkenden Kuhtreibern spärlich bevölkert war. In Gottes<br />

eigenem Land waren viele Politiker sogar schon vor<br />

ein paar Jahrzehnten ganz heiß auf den modernen<br />

Scheiß, was zur Anschaffung der berüchtigten Stanzmaschinen<br />

führte, die durch das Auszählungsdebakel bei<br />

der "Wahl" George Bushs weltweit berüchtigt wurden.<br />

Diese Maschinen arbeiten nach dem eigentlich bewährten<br />

Lochkartenprinzip, dass schon vor mehr als hundert<br />

Jahren die automatische Datenverarbeitung ermöglichte.<br />

Leider lochen die Wähler nicht durchgehend so sorgfältig<br />

wie früher die IBM-Hilfskräfte und auch viele Karten-Layouts<br />

hätten die Qualitätskontrollen der Internationalen<br />

Büromaschinen-Manufaktur nicht überstanden,<br />

so dass es immer wieder zu halben oder verrutschten<br />

Stanzungen kommt, die dann zu unschönem Streit<br />

zwischen den Grünflächenbeamten und den Wahlbeobachtern<br />

der Parteien führen. Nun könnte man im Sinne<br />

der Wiedergewinnung des Wählervertrauens eigentlich<br />

zu den bewährten Zetteln zurück kehren, aber es soll ja<br />

wie gesagt alles immer moderner werden, also müssen<br />

digitale Maschinen ran. Womit die Probleme auf einer<br />

anderen Ebene weitergehen: Statt über analoge Loch-<br />

debakel dürfen sich jetzt viele US-Bürger darüber Sorgen<br />

machen, dass die Wahlmaschine ihre Stimme nicht<br />

korrekt speichert oder ein ganz böser Hacker die Ergebnisse<br />

verfälscht, denn die eingesetzte Software scheint<br />

nach jüngsten Erkenntnissen etwa so sicher zu sein, wie<br />

Microsofts beliebte Software für die Massen und die<br />

Hersteller der Wahlsysteme gebären sich auch in etwa<br />

so heimlichtuerisch und obskur wie der Konzern aus<br />

Redmond.<br />

SKIP BETA-TEST<br />

Allerdings passieren den Herstellern auch genauso<br />

peinliche Pannen wie Microsoft und so konnte kürzlich<br />

von einem völlig ungeschützten Server der Firma Diebold<br />

deren "Direct Recording Electronic"-System (DRE)<br />

zur Begutachtung herunter geladen werden. Diebold ist<br />

weltweiter Player im Bereich Bankensicherheit und<br />

stellt auch Geldautomaten und eben Wahlmaschinen<br />

her, das DRE kam unter anderem bereits in Georgia bei<br />

Wahlen zum Einsatz. Bis zum Entdecken des offenen<br />

Servers war eine unabhängige Überprüfung der Software<br />

nicht möglich, da eine solche in bester Microsoft-<br />

Tradition ein "Sicherheitsproblem" darstellen soll. Bei<br />

der Auswertung der Diebold-Software durch Wissenschaftler<br />

der Johns Hopkins University kam allerdings<br />

eher heraus, dass das System selbst das Sicherheitsproblem<br />

zu sein scheint. So fanden die Forscher Manipulationsmöglichkeiten<br />

in fast allen Schritten des Wahlprozesses:<br />

Beim SetUp der Touchscreen-Maschinen, die etwa<br />

so manipuliert werden könnten, dass Kandidatennamen<br />

ausgetauscht und daher falsch gezählt werden. Die<br />

Authentifizierung der Wähler mittels eines PIN-Codes<br />

oder einer Smartcard könnte außerdem leicht ausge-<br />

INFO<br />

Diebold www.diebold.com<br />

Kritische DRE-Untersuchung<br />

http://avirubin.com/vote.pdf<br />

trickst werden und so Stimmen schlicht gestohlen werden.<br />

Und schließlich können Eindringlinge die Übertragung<br />

der Ergebnisse vom Wahllokal zur zentralen Auswertung<br />

manipulieren. Das Ergebnis ist um so erschreckender,<br />

als dass die Informatiker nur einen Teil<br />

des Diebold-Codes untersuchten und auf den - schlecht<br />

Nicht mal konservative<br />

Politiker stehen auf Zettel.<br />

Modernste Technologie<br />

muss her - auch und gerade<br />

bei den Wahlen.<br />

verschlüsselten - Rest verzichteten, um nicht mit dem<br />

US-Copright-Gesetz in Konflikt zu geraten. Und der<br />

größte Schaden dürfte nicht einmal darin bestehen,<br />

dass bisher wirklich Wahlen manipuliert wurden oder<br />

dies in der Zukunft geschieht, weil entsprechende Komplotte<br />

in der Regel an zu vielen Mitwissern kranken.<br />

Wirklich schlimm an der wackeligen Wahlsoftware ist<br />

dagegen - mit Schröder-Stimme vorstellen - "<strong>De</strong>r Vertrauensverlust<br />

der Bürgerinnen und Bürger in die <strong>De</strong>mokratie":<br />

Die fehlerhafte Software dürfte zukünftig in<br />

jede paranoide Verschwörungstheorie über das US-System<br />

Eingang finden und so die politische Kultur des<br />

Landes noch obskurer machen.


STECKT EIN WALTER IN DIR ? / Feine Unterschiede, social Engineering und Status-Paranoia<br />

"... Später auf der Toilette spricht mich Walter an: 'Du, dein Chef [Adler], der<br />

lässt mich nicht hängen, der ist doch gar nicht so, wie du mir am ersten Tag<br />

gesagt hast ... Hast du das gesehen, wie der vielleicht geguckt hat, als er sah,<br />

dass ich den gleichen Anzug wie er an hab'?' ... Beide tragen zwar einen blau-<br />

en Nadelstreifenanzug. Adler einen äußerst teuren maßgeschneiderten und<br />

Walter einen billigen aus dem Kaufhaus von der Stange."<br />

Günter Wallraff, Ganz unten, Köln 1985, Seite 188 ff.<br />

BLAUMANN: LEVI'S RED TM / RIPPENTRÄGERHEMD: SCHIESSER REVIVAL


HERSTELLERNACHWEIS:<br />

Closed: Circle Culture, 030 27581780<br />

GSus: www.g-sus.com, 0551 500830 Vertrieb <strong>De</strong>utschland<br />

Gravis: www.gravisfootwear.com, Krauts PR 089 34 69 99<br />

Schiesser Revival: www.schiesser.com, <strong>De</strong> Bie Communication, 030 400 442 03<br />

BRD: zu beziehen bei Villa Caprice, Dircksenstraße 37, 10178 Berlin<br />

Royal Elastics: www.royalelastics.com, Krauts PR 089 34 69 99<br />

Haltbar Murkudis: www.haltbarprodukte.de, Andreas Murkudis, Münzstr. 21, 10178 Berlin, 030 275 821 70<br />

Levi's Red TM<br />

: Buttenheim, Neue Schönhauserstr. 15, 10178 Berlin, 030 275 944 60<br />

Y3 Adidas Yamamoto: www.adidas.com<br />

ZIMMERMANNSHOSE: KOSTAS MURKUDIS HALTBAR /<br />

RIPPENTRÄGERHEMD: SCHIESSER REVIVAL / KUNGFU-SCHUHE: ROYAL ELASTICS / TRACHTENJEANSKLEID: CLOSED


Produktion: Jan Joswig<br />

Foto: Gene Glover<br />

Styling: Jan Joswig<br />

Styling-Assistenz: Martina Kolvenbach, Felix Koschinsky<br />

Make Up & Haare: Kitty Fox<br />

Models: Kitty & Peter *<br />

* Kitty und Peter wissen: Liebe ist cool. Mit feinen Unterschieden, die die Liebe be- und ausgrenzen, halten sie sich nicht auf.<br />

Im Juli ist auf Bruchstücke 12 ihre "Liebe EP" erschienen, Teil 1 ihrer sozialen Plastik. Teil 2 folgt im Winter 2003. www.liebeistcool.de<br />

FÖRSTERINNENJOPPE: GSUS / JOGGINGHOSE: ADIDAS YAMAMOTO Y3 / TRAININGSBLOUSON: BRD / EINKAUFSBEUTEL: GRAVIS


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

KUNST<br />

EIN VERSTÖRENDER BLOCKBUSTER / Cremaster von Matthew Barney<br />

TEXT VERENA DAUERER | VERENA@DE-BUG.DE BILD M. BARNEY / M.J. O'BRIEN<br />

Matthew Barney hat mit seinem aalglatt surrealen und pathologisch schönen<br />

"Cremaster"-Alptraum aus Film, Fotografie und Installationen der Kunstwelt<br />

den verstörendsten Blockbuster aus Kafka und "Twin Peaks" aufgefrachtet.<br />

Beim Filmfest in Locarno traf Verena Dauerer den Allround-Künstler.<br />

Matthew Barney ist jemand, der in der Kunstwelt der<br />

90er so ungefähr den Status hatte/hat wie - darf ich das<br />

sagen? - Jeff Koons in den 80ern, der schon vor seiner ersten<br />

Soloausstellung 1991 ungemein gehyped wurde.<br />

Für die hat Barney sich dann nackt an Eiszapfen von der<br />

<strong>De</strong>cke der New Yorker Gallerie von Barbara Gladstone<br />

rumgehangelt. Barney ist der jüngste Künstler, der zur<br />

Zeit im kompletten New Yorker Guggenheim Museum<br />

ausstellt. Ein Mann mit einer Affinität zu glitschiger Vaseline<br />

und elfenbeinfarbenen, zart schimmerndem Bienenwachs,<br />

der in seinem aktuellen Cremaster-Film zum<br />

Beispiel daraus eine Dudelsack-Schaf-Mutation modelliert.<br />

Nochmal: <strong>De</strong>r "Cremaster” ist der Muskel, der die<br />

Hoden kontrolliert. Diesem widmete sich Barney fast<br />

die letzten zehn Jahre mit dem Cremaster-Zyklus, seinem<br />

Monumenten-Ouevre in Form von fünf chronologisch<br />

nicht durchnummerierten Arbeiten.<br />

Als Kunstwerk in der Produktion teuer, aber als Filme<br />

und im Verhältnis zu ihrer Länge Low Budget-Produktionen<br />

verstrahlen die Arbeiten wunderschöne Bilder<br />

und fächern unverhoffte Levels an Glattheit auf. <strong>De</strong>r<br />

letzte Teil, "Cremaster 3” mit Produktionskosten von 4<br />

Millionen Dollar, wurde 2002 teilweise im Guggenheim<br />

Museum gefilmt. Er thematisiert, platt zusammengezogen,<br />

den Bau des Chrysler Buildings. Barney erzählt Geschichten<br />

und benutzt dazu Partikel vom American Way<br />

of Life, Mythen und Märchen. Amerikanische Straßenkreuzer<br />

verbinden sich mit merkwürdigen Gynäkologiestühlen<br />

mit Freimaurerinsignien mit Mormonensymboliken<br />

mit Freeclimbing in Gebäuden. Er benutzte den<br />

Schriftsteller Norman Mailer, Ex-Bond Girl Ursula Andress<br />

und aktuell den Bildhauer Richard Serra, um verschiedene<br />

Querverbindungen durch und über sie zu<br />

knüpfen.<br />

"Cremaster 3” lief gerade auf dem Filmfest in Locarno.<br />

Ein Screening als allabendliche Vorführung auf dem betulichen<br />

Marktplatz mit mehr als 6000 Stühlen, an dessen<br />

östlichem Ende eine riesige Leinwand die Häuserseiten<br />

verbindet, darüber der Himmel. Und dann dort<br />

dieser Film, nicht gerade ein Publikumsfilm und dann<br />

noch drei Stunden ab nachts um halb zwölf. Schon eine<br />

Mutprobe.<br />

Wie ist Matthew Barney so, wenn man ihm begegnen<br />

darf? Die Zusammenstellung seiner Erscheinung ist<br />

äußerst abgestimmt und soll keinen Raum für Unsicherheiten<br />

lassen. Er kommt ganz akkurat in Understatement<br />

an, in seiner blauen Workwear. Alles muss stimmen,<br />

das System wird davon gehalten, strukturiert, eingegrenzt.<br />

Ähnlich wie er seinen Körper offensichtlich<br />

mit Extremsportarten züchtigt/regelt wie dem Freeclimbing.<br />

Ein kleines Ecklein Versnobtheit ist doch dabei,<br />

bei ihm, der in Yale studiert hat. Einer, der sich nicht<br />

um Publikumsgriffigkeit bemüht und eher sogleich<br />

schüchtern entschwindet, sobald er nicht mehr in Umgebungen<br />

eingebunden ist. Nur für zwei Sekunden gab<br />

es einen anderen Blick. Er nähert sich mit der Presseagentin,<br />

sieht einen von weitem und hat diesen Ausdruck<br />

im Gesicht von Erschrecken, so die Ecke unheilvolles<br />

Wiedererkennen. Keine Übertreibung: Als wäre<br />

man aus einem seiner Alpträume entstiegen. Später<br />

wird er sagen, dass er tut, was er tut, um die Dämonen<br />

los zu werden. Das war gerade so ein Moment, um sich<br />

davon ein Bild zu machen. Bei den Interviewern davor<br />

und danach wird er offensichtlich flüssiger, sicherer re-<br />

den. Er setzt sich also hin. Das Mikro fällt ihm runter,<br />

wobei ihm eben ein unsicheres Grinsen entwischt. Bei<br />

fast jeder Frage beginnt er erst mit dem Antworten,<br />

stockt dann, als ob sich seine Gedankenkette verhakt<br />

hat. Er überlegt, guckt auf den Boden, auf meine Füße,<br />

auf das Grünzeug neben ihm, und sieht aus, als hätte er<br />

den Faden verloren und sich in seinem Kopf verlaufen. In<br />

seinem Gesicht gibt es keine Regung, nichts. Als ob er<br />

dahinter rumtapert, nach Gedanken sucht und nur Nebel<br />

findet. Wie bei einer Art Verdrängungstaktik. Sobald<br />

er aber seine konstruierte Welt ausbreitet, werden die<br />

Worte plastisch. Dann klingt es während er redet, als ob<br />

Analogien zwischen nebeneinander stehenden Türmen<br />

hergestellt werden, schnelle und immer mehr Verbindungen,<br />

und die sind milchig weiß verschwommen und<br />

sehen aus wie seine länglichen Skulpturen.<br />

DEBUG: Warum das Guggenheim Museum als Setting<br />

für den Cremaster 3?<br />

MB: Teils mit dem Wissen im Hinterkopf, dass die Retrospektive<br />

bald nach der Fertigstellung von Nummer 3 kommen<br />

würde. Ich wollte zurück zur begonnenen Arbeitsweise<br />

vor dem Cremaster Zyklus: Zur Absicht, etwas an ein und<br />

demselben Ort aufzunehmen und abzuspielen. Die Absicht,<br />

eine Spur aus Objekten mit dem Video Playback zu<br />

kombinieren und damit eine Geschichte zu erzählen, die<br />

nicht mit allein einem von beiden erzählt werden könnte.<br />

Diesen Arbeitsprozess habe ich nie aus meinem System verbannt.<br />

Und da die Erzählung von Nummer 3 im Chrysler<br />

Building stattfindet, schien die Ornamentsprache des Guggenheim<br />

wie ein verfügbarer Verwandter des Chrysler Building.<br />

Damit wurde ein Aspekt der Arbeit organisiert, was<br />

der auch brauchte. <strong>De</strong>r Aspekt einer ziemlich binären Geschichte<br />

zwischen dem Lehrling und dem Architekten. Einem<br />

sehr unbarmherzigen bis zu dem Punkt, wo die Story<br />

im Fundament des Bürohauses beginnt und sich ihren Weg<br />

hoch zur Nadel arbeitet. Am Höhepunkt der Geschichte<br />

schien es, dass sie in diesem Fall in fünf Konfliktebenen zerbrechen<br />

muss.<br />

DEBUG: Wie die Ebenen in einem Game?<br />

MB: Diese zwei Strukturen waren voneinander abhängig.<br />

Durch das Zerbrechen des Endes wird ermöglicht, dass der<br />

Anfang der Geschichte eher wie ein Gangsterfilm funktioniert.<br />

Die Art von Story, mit gut und böse. Die Szene im<br />

Guggenheim funktioniert wahrscheinlich ähnlich wie die<br />

Szenen aus den vorangegangenen Stücken. Die waren in<br />

mancher Hinsicht vom Humor oder der Gewalt abhängig,<br />

um den Druck freizusetzen, der sich im Stück bis dahin aufgebaut<br />

hatte. Während der Planung von Nummer 3 wollte<br />

ich, dass das mehrmals mit Szenen geschieht, damit alle<br />

fünf Filme darin repräsentiert würden - wie durch eine Art<br />

Chor. Das passiert bei der Vernichtungsszene in der Lobby,<br />

in der alle fünf Autos die fünf Symbole und Farben der jeweiligen<br />

Filme tragen. Und in der Szene mit den Pferden<br />

auf der Rennbahn - und dann in der Guggenheim Szene.<br />

DEBUG: Gibt es eine Art Kontrollsystem, das alle fünf<br />

Filme zusammenhält?<br />

MB: Ja, aber ich denke, dass es letzten Endes unmöglich<br />

funktioniert. Es gibt da eine Reihe an Befehlen, die angelegt<br />

werden, soweit wie die Geschichte geschrieben wurde. Die<br />

Befehle sind wie Prüfungen, die wir durchführen. Das sind<br />

die wesentlichen Szenen. Die Dinge ändern sich auf jeden<br />

Fall, und die Regeln müssen gebrochen werden, um eins<br />

dieser Dinge beenden zu können. <strong>De</strong>r Umfang des ganzen<br />

ist es, warum ich immer wieder zu dieser Arbeitsweise<br />

zurückkehre. Zu einem Ausmaß, das so viel größer ist als<br />

ich, und das eine Gruppe von Leuten trägt. Ein Umfang, der<br />

verlangt, dass man sich ihm manchmal unterordnet.<br />

DEBUG: Heißt das mehr Freiheit, im Sinne von Freiheit<br />

innerhalb der Regeln?<br />

MB: Ja, es geht verschoben darum, eine freie Art der Arbeit<br />

zu finden. Aus der Distanz scheint es wahrscheinlich ziemlich<br />

starr und wie etwas, das mit Kontrolle zu tun hat. Aber<br />

eigentlich ist es völlig außer Kontrolle.<br />

DEBUG: <strong>De</strong>in Arbeitsverfahren?<br />

MB: Die Bestandteile haben sich nicht gegenüber den<br />

mehr plastischen Arbeiten vor dem Cremaster Zyklus<br />

verändert. Aber die Anordnung. Anders gesagt, Projekte<br />

vor dem Cremaster begannen mit einem Objekt, aus<br />

dem sich die Geschichte entwickelte. Im Fall des Cremaster<br />

Zyklus führte die Erzählung und das Objekt entwickelte<br />

sich daraus. Aber deren Beziehung zum Objekt<br />

hat sich nicht verändert. Auf einer praktischen Ebene<br />

beginnen beide Fälle mit dem Zeichnen.<br />

DEBUG: Arbeitest du assoziativ?<br />

MB: Bei den Projekten kam es durch das Reisen, das Zu-einem-Ort-Gehen<br />

und darin Aufgehen. Es der Form des Cre-<br />

Amerikanische Straßenkreuzer verbinden sich mit merkwürdigen<br />

Gynäkologiestühlen mit Freimaurerinsignien<br />

mit Mormonensymboliken mit Freeclimbing in Gebäuden.<br />

Und das ist absolut auf den Punkt. Im Ernst.<br />

master Projekts erlauben, lokale Mythen, Symbolismen<br />

und Figuren dieser Orte zu absorbieren. Ich würde es nicht<br />

freie Assoziation nennen. Aber es ist eine leicht intuitive<br />

Annäherung, an einem Ort so offen wie möglich zu bleiben<br />

und zu sehen, welche von den Dingen nach vorne kommen,<br />

welche sich an dem beteiligen können, was bereits in meinem<br />

Projekt vorhanden ist.<br />

Was mich interessiert ist der Inhalt und die Rezeption als<br />

verzögerte Reaktion darauf. Wenn diese Arbeiten sich auf<br />

diese Regel einlassen, auch gefühlsmäßig, und eine Zeit<br />

später in den Köpfen ankommen. Es geht um die emotionale<br />

Erfahrung und die in den Eingeweiden. Und wie der Inhalt<br />

sich langsamer durch eine visuelle Sprache anstatt<br />

durch einen expliziten Text oder eine Narration erschließt.<br />

DEBUG: Soll es provozieren?<br />

MB: Bei den schwierigeren Szenen geht es eher um den Versuch,<br />

die Dämonen auszutreiben. Es geht darum, einen<br />

Kreativitätszyklus fortzusetzen und die Hemmstoffe auszuschalten.<br />

INFO<br />

www.cremaster.net<br />

www.guggenheim.org/exhibitions/past_exhibitions/barney


DVD<br />

MUSIKFERNSEHEN?<br />

LIEBER VIDEOS<br />

AUF DVD<br />

TEXT VERENA DAUERER | VERENA@DE-BUG.DE<br />

Welche Plattformen gibt es eigentlich für Musikvideos? Verena Dauerer hat sich<br />

im Business umgehört, jetzt, wo das Musikfernsehen inspirationslos und ziemlich<br />

tot ist. Zuletzt ist sie bei einem aktuellen DVD-Sampler "Visual Niches 2"<br />

hängen geblieben. Cop that shit.<br />

<strong>De</strong>r Nischenclip als Ausgangspunkt lässt erstmal über<br />

den Stand des selbigen Nachdenken. Wenigstens ist er<br />

eine Weile und nicht erst seit dem Einmarsch vom Musikfernsehen<br />

im Kunstkontext und als Gegenstand von<br />

AnalysenInterpretationenPsychologisierungen anerkannt.<br />

Da wären Peter Weibels alte Texte bis zu neueren<br />

Aufsätzen in der testcard oder Christoph Drehers alles<br />

umgreifende Dokuserie "Fantastic Voyages" auf 3sat. <strong>De</strong>r<br />

Musikclip als Genre ist akzeptiert, weil er halt als innovativ<br />

gilt. Junge, bastelfreudige Regisseure fangen mit ihm<br />

an, bis die Firmen ihnen später und irgendwann vielleicht<br />

den Umfang einer Hollywood-Produktion zutrauen. Beispiele<br />

wären da vor einer Weile David Fincher, später Spike<br />

Jonze, Jonas Akerlund, Michel Gondry oder Jonathan<br />

Glazer. <strong>De</strong>r Clip ist deshalb ein rundum bearbeitbares<br />

Multitool, weil er den ähnlichen Stand unter Kreativlingen<br />

hat wie der Werbetrailer. Nur leider mit einem Minimum<br />

des Budgets vom letzteren. <strong>De</strong>shalb machen Leute<br />

wie Rigley und Tony Scott oder Spike Lee Werbung. Und<br />

weil man über ihn auch die Fühler in Richtung Kunst ausstrecken<br />

kann, wie das Chris Cunningham mit seinen<br />

Perfomances macht.<br />

KUNSTTERMINE<br />

KUNST IM HERBST<br />

TEXT JUTTA VOORHOEVE | J.VOORHOEVE@GMX.DE<br />

Gerne spricht man ja, wenn nach den Sommerferien die Flipflops wieder gut<br />

verstaut sind, immer von so was wie einem Kunstherbst, bei den kränkelnden<br />

Kunstmessen sollte man allerdings lieber von einem Kunstherbstlein reden.<br />

Egal: Wir haben uns umgeschaut und notiert, wann die Messen sind und was<br />

sonst noch so drum herum stattfindet.<br />

BERLIN:<br />

Das finanziell in Bedrängnis geratene Art Forum Berlin<br />

bildet den Auftakt. Vom 1. - 5. Oktober ist in den Messehallen<br />

18-20 auf dem Messegelände Berlin täglich von<br />

12-20 Uhr zwar nur noch wenig Berlin zu sehen, die stadtbekannten<br />

Galerien glänzen wegen ansteigender Konzeptlosigkeit<br />

der Messe mit Abwesenheit, aber dennoch:<br />

hingehen, es könnte ein letztes Mal sein. Mit nur noch 94<br />

Ausstellern extrem verschlankt, ist der Blick auf osteuropäische<br />

Galerien vielleicht das Interessanteste.<br />

Spannend könnte auch die Ausstellung "Im Geschmack<br />

der Zeit" von Christian Philipp Müller in der Weydinger<br />

Str. 20, 10178 Berlin werden (03.10.-30.11.). Veranstaltet<br />

vom Verein zur Förderung von Kunst und Kultur am Rosa<br />

Luxemburg Platz und von Plattform-Macherin Ulrike<br />

Kremeier kuratiert, ist Müllers Show eine eigene Auseinandersetzung<br />

mit der Innenarchitektin Marlene Poelzig<br />

und deren Mann, dem Architekten Hans Poelzig, der die<br />

Volksbühne baute, aber vor allem für außergewöhnliche<br />

Bauten u.a. im Stil des Expressionismus bekannt ist.<br />

Und da zwischen den Events die regelmäßigen Veranstaltungen<br />

gerne mal untergehen, packen wir zu den ak-<br />

AKZEPTANZ OHNE PLATTFORM<br />

Das Problem sind offensichtlich eher die Plattformen für<br />

die Clips. Wo man als erstes beim Musikfernsehen anlegt.<br />

Das Kriterium fürs Musik-TV ist mit Rücksicht auf<br />

mögliche Zielgruppen Chartlastigkeit, die Musik muss<br />

ins Programm passen. Auch nichts neues. Das TV will<br />

nichts Unkommerziellem Platz machen. Randgruppensendungen<br />

wurden im Zuge der Rationalisierung weggeschluckt.<br />

Die seligen Tage von früher Tele5, unlängst VI-<br />

VA 2 und anfangs noch VIVA Plus sind vorbei. Allein der<br />

Opisender ONYX hat sich ein wenig gemacht. Das war es<br />

auch schon. MTV ist vorgezogen, VIVA dackelt dahinter:<br />

Letzten Endes soll die einfache Clippräsentation durch<br />

Entertainment ersetzt werden, so Jörg Sädler von Bits +<br />

Pieces bei VIVA: "VIVA zeigt Clips tagsüber und ist zu Serien<br />

im Abendprogramm übergegangen. Die generelle Strömung<br />

im Musikfernsehen ist, dass es sich überlebt hat und<br />

verstärkt in den Bereich des Jugendentertainment reingeht.<br />

Es reicht nicht mehr, einfach nur Videos zu zeigen."<br />

Ein möglicher Ersatz ist das Online-Gucken der Clips. Ein<br />

Argument dafür: Wenn man die Glotze anmacht, kommt<br />

nie das Video, das man sehen möchte. Mit dem PC-Monitor<br />

befasst man sich sowieso den ganzen Tag, also war-<br />

tuellen Tipps noch unsere Lieblingsreihen oben drauf:<br />

Um das Bootlab im raum 3 (Ziegelstrasse 20, 10117) zeigt<br />

man ja ansonsten immer ein exzellentes Kinoprogramm,<br />

derzeit gibt es dort allerdings die Veranstaltungsreihe<br />

"Attachement" und zwar mit Fokus auf selbstorganisierter<br />

Wissensaneignung, also nicht-institutionellem Wissen.<br />

http://lists.minordomo.org/raum3/<br />

Außerdem wird Ende Oktober das Magazin Starship in<br />

neuem relaunchten Kleid erscheinen. Und zwar mit dem<br />

Special "Verdunkelung". Wir sind gespannt. www.starship-magazine.org<br />

KÖLN:<br />

Die auf ihre Tradition beharrende und inzwischen leicht<br />

angemuffte rheinische Metropole schickt vom 29.10. bis<br />

2.11. die 37. Art Cologne ins Rennen - und alles gähnt. Am<br />

Messeplatz 1 in 50679 Köln ist das internationale Terrain<br />

auch eingebrochen, doch viele Global Players sind hier<br />

nach wie vor am Start. Dieses Jahr gibt es nach Jahren<br />

wieder eine Zusatzmesse in Köln, doch vom Engagement<br />

der "Unfair" anno 1992 oder der "Messe2ok" keine Spur.<br />

Eventmanager stecken hinter der art.fair, die unweit der<br />

um ihn nicht gleich weiter statt dem TV benutzen. Bitfilm,<br />

viva.tv und vh1.com sind Alternativen im Netz, zumindest<br />

für die Hits. Volker Heisterberg, Regisseur von<br />

T.Raumschmieres "Monstertruckdriver" empfiehlt Sputnik7<br />

für Anregungen, weil, eben: "Ich guck selber nicht<br />

sonderlich viel VIVA."<br />

Eine weitere Nische, in die man sich ducken kann, bevor<br />

einen der Popstrom mitschwemmt, sind Sampler wie die<br />

zweite "Visual Niches"-DVD. Die fangen die Nischenclips<br />

ein, die wegen ihres Sounds ein paar Mal nachts im Musikfernsehen<br />

laufen. Wie DJ Shadows "Walkie Talkie", eine<br />

wild-wüste Collagenästhetik, bei der die zusammen<br />

geschnipselten Figuren mit der Kettensäge reinen Tisch<br />

machen. Eine Compilation also als Gartenteich für allerhand<br />

trashige Annäherung. Trash heißt auch lustig und<br />

mit sich selbst lustig, nicht zu vergessen. Wie Laurent<br />

Garnier, der in "Flashback” (Quentin Dupieux) als Rocker<br />

im Keller mit den schmachte Groupies headbangend auf<br />

der Gitarre schrammelt. Oder Turner, der kleine Pelzmopsies<br />

an Luftballons wegfliegen lässt. Oder Rocko<br />

Schamoni mit der Strichmännchen-Geschichte vom<br />

dicken Sabberer.<br />

WAS GIBT ES AN AUSWAHL?<br />

Sowohl die Simpelkunstfertigkeit von Low-Budget-Produkten<br />

(Modeselektor), als auch die anstrengende Verkünsteltheit<br />

von Experimentalclips in bester Tradition<br />

(Anti-Pop Consortium) wie genauso fette Sfx-Teile<br />

(<strong>De</strong>ichkind). Was vielerlei Platz hat für beispielsweise die<br />

Weathermen-nahe Parole "Make Pigs Pay” von Carsten<br />

Art Cologne im Palladium, Schanzenstrasse 40, 51063<br />

stattfindet. Nach dem Muster von New York und London<br />

als "Affordable Art Fair” angelegt, kostet Kunst höchstens<br />

5000 Euro. Die Kaufhausvariante einer Kunstmesse<br />

mit "Führungen für Beginners” zeigt 50 Galerien, die<br />

sich an der Jury der Art Cologne nicht vorbeischummeln<br />

konnten und wollten. Täglich von 14 bis 22 Uhr und mit<br />

viel Eventcharakter gilt es, neue Sammlerschichten zu erschließen.<br />

Gucken kostet 8 Euro.<br />

Am besten sofort zur KunstFilmBiennale gehen, einem<br />

ungewöhnlichen Filmfestival mit ernst gemeinter<br />

Schnittstelle von Bildender Kunst und Film. Chris <strong>De</strong>rcon,<br />

der Leiter des Hauses der Kunst in München, kuratiert<br />

drei Programme mit neustem Künstlerfilmimport<br />

aus den Niederlanden und Belgien. Vom 26.10. bis 2.11.<br />

kann man zwischen 2001 und 2003 entstandene Filme<br />

von Pierre Hyghe und Konsorten in diversen Locations<br />

schauen. Ein Internationaler Wettbewerb mit 40 Filmen<br />

wird am Ende einen von der Filmstiftung Nordrhein-<br />

Westfalens gestifteten Hauptpreis von 15.000 Euro vergeben.<br />

Zusätzlich diskutiert das Symposion jenseits der<br />

großen Apparate die Produktionsbedingungen von<br />

Jost mit von <strong>De</strong>monstranten gemachten Aufnahmen der<br />

Genua-Ausschreitungen. Direkt neben architektonisch<br />

schwungvoll sich überlagernden Split-Screens mit Stills<br />

von Amon Tobins "4 Ton Mantis” (Floria Sigismondi).<br />

Oder Mosaikkaskaden des Duos Klöfkorn/Husain bei Alter<br />

Egos "Betty Ford”. Alte Bekannte dürfen auch nicht<br />

fehlen wie die Knetmännchen- und Puppentrickanimation<br />

mit zusammengewürfelten Robotern bei Consoles<br />

"14, Zero, Zero”. Oder <strong>De</strong>ichkinds Game-Setting bzw. Samurai<br />

bzw. Michael Jackson-Lookalike in "Limit”. In einem<br />

Sinn dürfen die Clips auch Punk sein, Spaßpunk, wie<br />

bei den Spaßprollis Basement Jaxx, die in "Where's Your<br />

Head At?” als Affen im Versuchslabor musizieren. Einen<br />

ähnlichen Ansatz packt der bolzige T.Raumschmiere in<br />

"Monstertruckdriver”: immer schön unbarmherzig anrotzen<br />

und plattwalzen. Als Alternative zum Musikfernsehen<br />

lohnt sie sich jedenfalls, die Compilation.<br />

INFO<br />

www.efa-emotion.de/visualniches2<br />

www.bitfilm.de, www.sputnik7.com<br />

www.cliparchiv.tv<br />

DVD (e:motion/EFA), VÖ: Oktober<br />

Künstlerfilmen.<br />

Wer zu der Zeit in Köln unterwegs sein sollte und nicht<br />

ins Ludwig Museum, Bischofsgartenstr. 1, 50667 Köln<br />

geht, hat das selber zu verantworten. Dort ist vom 18.10.<br />

bis 11.01.04 Roth-Zeit - die erste große Retrospektive des<br />

1998 verstorbenen Dieter Roths, der alles und nichts war:<br />

Künstler, Musiker, Filmer - manisch immer am Ticker der<br />

Zeit und dahinter. Alles klar?!<br />

Wirklicher Schnittpunkt Köln/Berlin ist der liebenswerte<br />

kjubh-Ausstellungsraum in der Dasselstrasse 75, 50674<br />

Köln. Eingeladen von Annette Freudenberger gibt sich<br />

die Berliner Künstlerin Friederike Clever mit neusten<br />

Gemälden und Zeichnungen dort ein Stell-dich-Ein.


DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

GAMES<br />

MEHR VON ALLEM, TEIL ZWEI / Games Convention<br />

TEXT NILS DITTBRENNER | NILS@PINGIPUNG.DE<br />

Seitdem die Games Convention sich in Leipzig etabliert hat, liegt die Stadt zumindest<br />

für einen Moment neben Tokio oder London. Gameredaktion Nils und<br />

Heiko verschafften sich zwischen 92 000 anderen Besuchern durch tapferes tagelanges<br />

Daddeln den Überblick über das, was da so kommt.<br />

<strong>De</strong>r oben zitierte, zugegebenerweise dämliche Spruch<br />

war zwar nicht offizieller Leitspruch der zweiten Games<br />

Convention, doch immerhin, Fachbesucher sollten mit<br />

ihm im Vorfeld zur Anreise nach Leipzig bewegt werden.<br />

Scheinbar mit Erfolg: Diese wie auch das gemeine<br />

Fußvolk kamen zahlreicher als noch letztes Jahr nach<br />

Sachsen (92.000 Besucher, 6.000 vom Fach wurden gezählt),<br />

um sich über den aktuellen Spiele-Markt auf dem<br />

Laufenden zu halten. Neuerungen trugen u.a. dem novellierten<br />

Jugendschutzgesetz Rechnung, wie die Altersnachweis-Plastikbändchen<br />

für Teenage-Besucher und<br />

der eigene Bereich "GC Family", welcher in verschiedenen<br />

Foren vor allem Medienkompetenz-Schulungs-Potenziale<br />

im Edutainment-Bereich beschwor und einen<br />

Kindergarten für den kleinen Nachwuchs bereitstellte.<br />

LEIPZIG NEBEN LONDON<br />

"Mehr von allem" hieß in den beiden Messehallen: Mehr<br />

Aussteller, mehr dB, mehr Masse, mehr Goodies, GIGAund<br />

VIVA-Liveübertragungen vom Puls des Geschehens<br />

und das Frohlocken vieler Branchenvertreter, Leipzig<br />

neben London, Los Angeles und Tokio im Weltmarkt der<br />

Spielemessen etabliert zu haben.<br />

Die drei Konsolenfirmen waren jeder in seinem Marktsegment<br />

dank Powerpoint am Führen und kamen mit<br />

überraschend wenig Neuem daher. Die Marketingteams<br />

von Microsoft und Sony haben scheinbar inzwischen<br />

mal zusammen vor der Konsole gesessen und verabschiedeten<br />

sich in Leipzig von ihren auf Eskapismus basierenden<br />

Claims "Play more – the Xbox Xperience" und<br />

"The third Place" zugunsten von – höchst originell: "It’s<br />

good to play together" oder "Fun, anyone?". Vor allem<br />

wohl um das Daddelvergnügen zu mehreren mit Eye Toy<br />

bzw. dem angekündigten Karaoke-Dienst der Gates-Firma<br />

neu zu besetzen. Bei Sony wird die kleine Kamera,<br />

die mit für den lustigsten Messestand sorgte, als Killerapplikation<br />

ins Weihnachtsgeschäft ziehen, gleichzeitig<br />

soll alles ein wenig alberner werden, um, tja, den<br />

"Fun" in den Vordergrund zu stellen.<br />

Das Microsoft-Imperium will mit dem Music Mixer<br />

spaßige Karaoke-Partys endlich auch in deutschen<br />

Wohnzimmern etablieren. <strong>De</strong>r Clou: Die Software soll<br />

aus beliebigen AudioCD-Tracks die Gesangsspur rausfiltern<br />

können, um diese dann mit eigenem Gesang zu ersetzen.<br />

Hauptsache wohl: In jedem steckt ein Superstar.<br />

Über den Live!-Dienst soll dann auch ein Voice-Chat-<br />

Dienst und gemeinsames, vernetztes Krakelen von verschiedenen<br />

Party-Standorten aus möglich sein, it’s good<br />

to - wir sind gespannt.<br />

Nintendo - in diesem Jahr erstmals auf der GC - baut auf<br />

Game Boy, Pokémon und "Connectivity", also den Link<br />

zwischen Konsole und Handheld. Sowohl die von der<br />

Idee geniale PacMan-Umsetzung (ein Spieler spielt Pacman<br />

auf dem GBA, drei Geister jagen diesen am Cube-<br />

Screen in jeweils kurzsichtigen Ausschnitten) als auch<br />

der Sequel-Titel Mario Kart: Double Dash ("Multiplayer<br />

Game der Show"-Award-Gewinner) zeigen, dass die<br />

Mehrspieler-Spaß-Verheißungen im Mario-Wohnzimmer<br />

schon mitgedacht wurden.<br />

GRÖßER, KLEINER, SCHNELLER<br />

Omnipräsent auf der Messe zeigte sich Nokia, jugendlich<br />

und fest entschlossen mit dem im Oktober erscheinenden<br />

Spielehandy N-Gage eine selbst entdeckte<br />

Marktlücke im Segment Portable und Online zu füllen.<br />

Inwieweit das N-Gage zum Preis einer "großen" Konsole<br />

mit kleinerem Display als die portablen Mitstreiter<br />

und als Telefon-Zwitter bestehen wird, wird die nähere<br />

Zukunft zeigen, gerade das "online" will auf Game-Seite<br />

noch nicht überzeugen, müssen wir uns doch auf eine<br />

"Arena" zum Austausch von Geist-Daten im Internet beschränken.<br />

Trotz des hohen Preises und der zum Telefonieren<br />

eigenartigen Form (abgedrängt auf die Seite)<br />

könnte durch die bei Handys üblichen Bundle-Angebote<br />

dem N-Gage ein gewisser Erfolg beschert werden. <strong>De</strong>r<br />

Markteintritt in Europa des aus Korea stammenden Gamepark<br />

32 (für DEBUG die Hardware der Show) dürfte<br />

den Nokia-Managern dennoch Schweißperlen auf die<br />

Stirn zaubern, kommt es doch als Feature-Riese mit<br />

320x240 Pixel großem Display, Open Source OS samt<br />

jetzt schon riesiger Online-Software-Bibliothek, USB-<br />

Link, MP3- und DivX-Player sowie weiteren Gimmicks,<br />

voraussichtlich zur Hälfte des N-Gage-Preises und zur<br />

selben Zeit in den Handel und könnte dem Nokia im angepeilten<br />

Altersgruppensegment (ohne Telefonoption)<br />

ein unerwarteter Konkurrent werden. <strong>De</strong>r Gameboy Advance<br />

/ SP bleibt auch dank Pokémon unangefochten<br />

Marktführer beim portablen Gaming, ihn wird es ab sofort,<br />

dem Erfolg Rechnung tragend, in zwei weiteren<br />

Farben geben. <strong>De</strong>n schmucken Nintendo-Handheld<br />

durften sich Interessierte einen Messetag lang gegen<br />

Abgabe eines Pfandes ausleihen und so vom ganzen<br />

Drumherum gebührend Abstand nehmend den Tag verdaddeln.<br />

Eine Randnotiz noch: Von Sonys PSP (Playstation<br />

Portable) war noch nix zu sehen und zu hören.<br />

DIE GAMES<br />

Das Haupthema 2003 war anders als letztes Jahr jedoch<br />

weniger die Hardware, sondern selbstredend die Games.<br />

Und denen ist es grundsätzlich egal, auf welcher<br />

Plattform sie laufen. Viele Toptitel wie das lange erwartete<br />

Soul Calibur 2 erscheinen von vornherein auf allen<br />

drei Konsolen, ebenso der grafisch imposante Sequel zu<br />

Prince of Persia, der Cel-Shooter XIII oder der Genremix<br />

Beyond Good & Evil (alle von Ubi Soft, die Franzosen<br />

hatten eines der besten Line-Ups vorzuweisen). Letzteres<br />

erhielt nebenbei zusammen mit Konamis Pro Evolution<br />

Soccer 3 die Auszeichnung "bestes Gameplay" der<br />

Show. Auch Activision setzt mit Tony Hawks Underground<br />

sowie dem brutalen Gangsterepos True Crime (welches<br />

GTA ernsthaft Konkurrenz machen könnte) weiterhin<br />

auf die größtmögliche Plattform-Abdeckung, ebenso<br />

wie Mega-Publisher Electronic Arts.<br />

Sowohl Atari als auch Vivendi Universal haben sich aufs<br />

Thema Hollywood eingestochen, im Großen und<br />

Ganzen dürften diesem Trend aber keine Klassiker entspringen.<br />

Das Rohmaterial für die Lizenzen können wir<br />

ab frühestens nächstem Jahr in Peter Molyneux’ jüngstem<br />

Spiel "The Movies" selbst produzieren, auch bei<br />

dieser Filmstudiosimulation ist die Plattform egal und<br />

das Gameplay viel versprechend, auch im Hinblick auf<br />

die sogenannte Machinimas (Spielfilme in Computerspielengines)<br />

dürfte das Spiel ein interessanter Titel<br />

werden. Auf Sonys Konsole stach neben der späten und<br />

grafisch spartanischen Online-Rollenspiel-Umsetzung<br />

"Everquest" besonders der kuriose Titel "A Dog’s Life"<br />

(nomen est omen: die Simulation eines Hundelebens<br />

aus der Wauwauperspektive, "Innovativstes Produkt der<br />

Show"-Award inklusive) aus dem Gezeigten heraus.<br />

Microsoft präsentierte die ersten Titel vom aufgekauf-<br />

ten Ex-Nintendo Hausteam Rare: das aufpolierte N64-<br />

Eichhörnchen Conker (wir freuen uns) ebenso wie das<br />

witzige Grabbed by the Ghoulies und (mal wieder) Kameo:<br />

Elements of Power. Darüber hinaus wurden mit<br />

Amped 2 und TopSpin zwei anspruchsvolle Sportspiele<br />

für den Live-Dienst vorgestellt. Für Gamecube gab es<br />

neben den oben genannten Multiplayer-Hits vor allem<br />

den grafisch beeindruckenden Superstar-Plattformer<br />

"Viewtiful Joe", den neuen F-Zero-Racer und das langerwartete<br />

"Pikmin 2" (endlich mit 2-Spieler-Modus) zu sehen.<br />

Die für den PC erwarteten Blockbuster "Half Life 2"<br />

und "Doom 3" gab es leider nicht zu sehen, auch die<br />

"Sims 2" wurde uns vorenthalten. Dafür gab es als Premieren<br />

den neuen, vierten "You don’t know Jack"–Teil<br />

mit erwartungsgemäß zotigem Humor sowie eine wahre<br />

Flut an Ego-Shooter- und Strategietiteln und ein wirklich<br />

bahnbrechendes, weil neues Spielkonzept in Form<br />

von "In Memorian" zu sehen. "In Memorian" versetzt<br />

den Spieler in die Rolle eines <strong>De</strong>tektives, der ein gutes<br />

Paket von auf CD mitgeliefertem medialen Footage<br />

durch eigene Analyse-Skills und darauf folgenden Real-<br />

Life-Google-Recherchen, Minispielchen und ("wirklichen")<br />

Emails zur Lösung einer Serienkiller-Angelegenheit<br />

geschickt miteinander kombinieren muss. Laut der<br />

französischen Entwickler Lexis Numérique wurden für<br />

das auf Mac wie PC im Oktober erscheinende Spiel in<br />

den vier Jahren Entwicklungszeit über 300 Fake-Webseiten<br />

online gestellt. Mit einer Vielzahl von Lösungswegen<br />

und einer intelligenten "Lösungs-KI" dürfte das<br />

Spiel selbst für Neulinge interessant sein, scheinbar<br />

wurde von den Fehlern aus EAs "Majestic" gelernt. In<br />

Memorian gehört auf jeden Fall zu den innovativsten<br />

und interessantesten Produkten der diesjährigen GC.<br />

Ob die E-Mails vom Game nicht im Spam der Inbox untergehen,<br />

wird sich dabei noch zeigen. Ein weiteres PC-<br />

Highlight stellt "Tron 2.0" da, welches gut 20 Jahre nach<br />

dem ersten Tron-Film demnächst erscheint und wie der<br />

Film schon einige interessante Ansätze zur Visualisierung<br />

bzw. Verstofflichung der Computerwelt ausführt.<br />

GAMES STATT STEINKOHLE<br />

In den Messehallen versteckten sich neben den großen<br />

und kleinen Publishern mit ihrem multimedialen Popanz<br />

außerdem Case-Modding-Spezialhändler, die Dreamcast-Freaks<br />

der gleichlautenden Petition sowie die Games<br />

Academy mit einem interessanten Vortrags-Programm.<br />

LAN-Partys gab es ebenso, und - ganz ernst und<br />

ein wenig deplaziert wirkend - Stände vom Arbeitsamt<br />

und der Bundeswehr.<br />

Auf einer GC Germany dürfen die Diskussionen zu<br />

<strong>De</strong>utschland als (oder gerade nicht) Entwickler-Land<br />

nicht zu kurz kommen, weitaus mehr Diskussionen als<br />

im letzten Jahr gab es im Vorfeld der eigentlichen Messetage<br />

auf der <strong>De</strong>veloper–Konferenz GC/DC sowie im<br />

Dunstkreis der Game-Face-Initiative, die anstehende<br />

Novellierung des Gesetzes zur staatlichen Filmförderung<br />

auf den Bereich der Computerspiele auszuweiten.<br />

Die Initiatoren versprechen sich von dieser Gamesstatt-Steinkohle-Lösung,<br />

lenkend auf Qualität und Inhalt<br />

von in <strong>De</strong>utschland produzierten Titeln Einfluss<br />

nehmen zu können. Ein in <strong>De</strong>tailfragen kritisch diskutierter<br />

Beitrag, der aber grundsätzlich unterstützenswert<br />

ist, gerade wenn wir uns im europäischen Ausland<br />

umschauen.<br />

Mehr von allem – Teil 2. Was bleibt? Die Vorfreude auf<br />

eine von der digitalen Unterhaltung her gesicherte kalte<br />

Jahreszeit und die Gewissheit, dass sich die Games<br />

Convention als wichtigste europäische Fachmesse für<br />

digitales Entertainment etabliert hat. Dieses Jahr war es<br />

Content-bezogen und abseits der messetypischen Kommerz-Sonderbarkeiten<br />

spannender und vielfältiger in<br />

Leipzig. Das, finden wir, ist schon was.<br />

INFO<br />

http://www.dreamcast-petition.com<br />

http://www.game-face.com<br />

http://www.games-academy.de<br />

http://www.gc-germany.de<br />

http://english.gamepark.com<br />

http://www.n-gage.com<br />

http://www.nintendo.de<br />

http://www.playstation2.de<br />

http://www.ubi-soft.com<br />

http://www.xbox.de<br />

DOGSLIFEGAME<br />

GAMEPARK 32<br />

NOKIA N-GAGE<br />

SONY STAND


INTERNET<br />

9/11 IS A JOKE / Oder: Lesen Netzlinke nicht quer?<br />

TEXT SEBASTIAN LÜTGERT | SEBASTIAN@ROLUX.ORG BILD OLE BRÖMME<br />

Im September waren die Beiträge auf Rohrpost, der<br />

"deutschsprachigen Liste zur Kultur digitaler Medien<br />

und Netze", aufgeregt. Man diskutierte - zunächst -<br />

den Zustand des Netzmagazins Telepolis. Nach dem<br />

Weggang des langjährigen, verdienten Redakteurs<br />

Armin Medosch diagnostizierte man einen "Niedergang<br />

von Telepolis", andere fanden den "alltäglichen<br />

links-paranoiden Scan durch die Presse" trotz alledem<br />

"durchaus angenehm". Klar wurde jedoch, dass<br />

mit Armin Medosch auch den Kulturproduzenten im<br />

Netz irgendwie das öffentliche Medium abhanden<br />

gekommen war. Tatsächlich hat sich Telepolis seit einiger<br />

Zeit eher auf politische Topoi bzw. Wissenschaftsnachrichten<br />

konzentriert und Netzkultur<br />

außer bei Plichtevents eher vernachlässigt. Unheimlichen<br />

Verschwörungstheorien um den 11. September<br />

wurden dagegen extrem viel Platz eingeräumt. Zuviel<br />

und vor allem zuviel mit antisemitischer Tendenz,<br />

findet Sebastian Lütgert und zeigt gleichzeitig,<br />

dass solche Momente in Telepolis auch früher schon<br />

da waren.<br />

Übrigens: In Sachen Webmagazin tut sich nach der<br />

Diskussion zumindest etwas. Serverplätze wurden<br />

sofort angeboten. Um das Ganze allerdings realistisch<br />

auszubauen, braucht es noch eine Trägerstruktur.<br />

Eine kleine Gruppe von Leuten hat sich gefunden,<br />

Konkreteres scheint sich etwa um art.net/hartware,<br />

Dortmund zu ergeben - aber man soll den Tag ja<br />

nicht vor dem Abend loben. Wir sind gespannt, was<br />

folgt. Übrigens: In Sachen Webmagazin tut sich nach<br />

der Diskussion zumindest etwas. Serverplätze wur-<br />

den sofort angeboten. Um das Ganze allerdings realistisch<br />

auszubauen, braucht es noch eine Trägerstruktur.<br />

Eine kleine Gruppe von Leuten hat sich gefunden,<br />

Konkreteres scheint sich etwa um art.net/hartware,<br />

Dortmund zu ergeben - aber man soll den Tag ja<br />

nicht vor dem Abend loben. Wir sind gespannt, was<br />

da folgt. Jetzt aber folgt erstmal Sebastian Lütgert:<br />

Die Frage, "was am 11. September wirklich geschah",<br />

treibt auch in diesem Herbst wieder Millionen <strong>De</strong>utsche<br />

um. Fernsehmagazine erreichen Rekordquoten, "Sachbücher"<br />

werden zu Bestsellern und auch im Internet<br />

steigen die Zugriffszahlen. Wer dort nach Verschwörungstheorien<br />

sucht, braucht sich nicht bis an obskure<br />

Ränder des Netzes durchzuklicken, sondern wird<br />

bereits mitten im Mainstream fündig.<br />

Besonders viele Treffer in Sachen 9/11 liefert Telepolis,<br />

das vom Heise Verlag betriebene "Magazin der Netzkultur".<br />

In 52 Folgen durfte dort Mathias Bröckers, der seine<br />

Sammlung "unterdrückter Beweise" mittlerweile<br />

vom Zweitausendeins-Verlag unter die Leute bringen<br />

lässt, über die "wahren Hintergründe" der Terroranschläge<br />

spekulieren. Um seine These zu belegen, der 11.<br />

September ginge auf das Konto amerikanischer und israelischer<br />

Geheimdienste, karrte der ehemalige taz-Redakteur<br />

ganze Halden angeblicher "Fakten, Fakten, Fakten"<br />

an: Die Anschläge seien ein "Turmopfer im geopolitischen<br />

Schach" gewesen, geplant von einer "Kosher<br />

Conspiracy" aus "Gestapo Homeland und Stasi Security",<br />

die "Propagandamythen aus dem Führerbunker"<br />

verbreite. "Hail Bush!" sei deren Motto, und: "<strong>De</strong>r Mossad<br />

lässt grüßen!"<br />

Dass sich Telepolis mit einem solchen Feuerwerk antisemitischer<br />

Klischees in die Nachbarschaft noch berühmterer<br />

Knallköpfe katapultiert hat, scheint der Redaktion<br />

mittlerweile zu dämmern. Schließlich behauptet auch<br />

Horst Mahler, das World Trade Center hätten "die Juden"<br />

auf dem Gewissen. Und "weil eine auch nur angenommene<br />

Übereinstimmung mit Horst Mahler jeden<br />

aufrechten <strong>De</strong>utschen ins Zwielicht bringt", so Telepolis,<br />

ist jetzt Vorwärtsverteidigung angesagt gegen jene<br />

"Schlammschlacht", die in den deutschen Medien tobe.<br />

Meinungsfreiheit gelte auch für Mahler und man müsse<br />

sich zumindest fragen, "ob was dran sein könnte an seiner<br />

Theorie, dass da gar kein Flugzeug, sondern vielmehr<br />

ein Marschflugkörper ins WTC gelenkt wurde."<br />

Doch wer sich ernsthaft mit der "Theorie" auseinander<br />

setzen muss, bei den meistwiederholten Bildern des<br />

bestübertragenen Live-Ereignisses der Menschheitsgeschichte<br />

handele es sich um eine Fälschung, wird als<br />

Nächstes die Frage beantworten müssen, ob die Gaskammern<br />

in Auschwitz nicht vielleicht doch bloß<br />

Duschräume waren. <strong>De</strong>nn der einzige Zweck dieser Figur<br />

- "ob was dran sein könnte" an einer offensichtlichen<br />

Lüge - besteht darin, den Verstand der Leute zu untergraben,<br />

im Vertrauen auf die Grundthese der Nazi-Propaganda,<br />

dass das Volk eine große Lüge eher glaubt als<br />

eine kleine. Die von Telepolis wöchentlich neu enthüllte<br />

"WTC Conspiracy" ist nicht bloß der übliche Borderline-<br />

INFO<br />

www.telepolis.de<br />

Journalismus, sondern Holocaustleugnung für Anfänger.<br />

<strong>De</strong>m Ruf des Online-Magazins scheint das nicht zu<br />

schaden. Telepolis ist nicht nur File-Sharing-Partner von<br />

<strong>De</strong>bug, sondern wurde sogar von Konkret als Startportal<br />

für Netzlinke empfohlen. Ehemalige Autoren machen<br />

eine Umbildung der Redaktion für den angeblichen<br />

Kurswechsel verantwortlich. Doch wer glaubt, Telepolis<br />

sei erst kürzlich rechts abgebogen, sollte sich mal im Archiv<br />

umsehen. Was dort schon 1998 aus "postmodernen<br />

Reichskristallnächten", "virtuellen Holocausts" und "Ermächtigungsgesetzen<br />

des Europäischen Rats" zusammengerührt<br />

wurde, gehört zum gequirltesten Dreck, der<br />

je, Seite an Seite mit Texten von Geert Lovink und John<br />

Perry Barlow, als "Netzkultur" beworben wurde.<br />

Da die vermeintliche Netzlinke aber fast nichts im Netz<br />

auch nur querliest, hatte sie mit Telepolis nie ein Problem.<br />

Ohnehin steht die Vita von Bröckers exemplarisch<br />

für den Langen Marsch einer Linken, auf deren Traditionen<br />

ein Großteil des heutigen deutschen Antiamerikanismus<br />

zurückgeht. Dass schon für den Tod von Baader<br />

und Ensslin der Mossad verantwortlich gemacht wurde,<br />

ist kaum noch jemandem in Erinnerung. Und dass die<br />

beiden Anwälte, die Horst Mahler verteidigt haben, als<br />

der noch vom "Sieg im Volkskrieg" der RAF gegen die<br />

USA träumte, heute die Bundesrepublik regieren,<br />

scheint nicht mal Donald Rumsfeld so richtig klar zu<br />

sein.<br />

DE:BUG.75 - 10.2003 –


GOTO<br />

DE:BUG PRESENTS: GOTO<br />

TEXT KAREN KHURANA | KAREN@DE-BUG.DE<br />

MUSIK DIDACTIQUE Zürich, 24. Oktober bis 30. November<br />

"Musik Didactique - Inhalte und Botschaften in elektronischer Popmusik nach Techno" ist Lounge, Ausstellung, Musik-Bibliothek<br />

und Symposium in einem bzw. in drei Teilen: Plastik, Praktik, Plausch. Die Veranstaltungs-Serie verfolgt<br />

die Zeichen einer neuen Zuwendung elektronischer Musik hin zum Geschichten-Erzählen, der Wiederentdeckung<br />

der Live-Show und einer Neuformatierung von Vocal-Einsätzen in elektronischer Popmusik. Anstatt gleich<br />

den "Rückfall in Rockattitüden" auszurufen oder mit "Bewahrt den Techno"-Fahnen durch die Clubs zu ziehen, versucht<br />

Musik Didactique zu einer zeitgemäßen <strong>De</strong>finition der Formate "Inhalt" und "Botschaft" zu finden, zu einer<br />

Art elektronischem Update also. Dazu gibt es im "Plausch" Panels, Künstlergespräche und konzentrierte Vorträge<br />

(etwa zu Copyright, Gender und Clubkultur) mit u.a. Ekkehard Ehlers, Hans Nieswandt und Diedrich Diederichsen;<br />

in der "Praktik" Performances und mitreißende Konzertauftritte von u.a. Chicks on Speed (Photo), Electric Indigo<br />

und Senor Coconut und im dritten Segment, "Plastik", erwartet euch eine Club-Lounge inkl. Lesesaal-Features: ein<br />

Archiv aus Tonträgern, Videos (Musikclips, Dokumentationen, künstlerischen Arbeiten) und Texten (Bücher, Musikzeitschriften,<br />

Theorie). Kopiert das weiter. www.musik-didactique.net<br />

MUSIKPROTOKOLL / STEIRISCHER HERBSTGraz, 19. September bis 30. November<br />

Was prägt die Kunst heute? <strong>De</strong>r Steirische Herbst erkundet die Gegenwart jedes Jahr neu und verstrickt sich in<br />

neue Positionen: Das von <strong>De</strong>bug präsentierte Musikprotokoll versammelt Konzertinstallation, Elektronik und Video<br />

im Medienturm. <strong>De</strong>but- & Uraufführungen (von u.a. Salvatore Sciarrino, George Lopez oder Michael Jarrell) füllen<br />

den Innenraum mit Klang, während der Video- und Photokünster Phill Niblock ein Wasserreinigungssilo in einen<br />

Subwoover umgebaut hat. <strong>De</strong>ssen Frequenzsprünge und Druckwellen werden in Michael Pinters Komposition<br />

Sub/Dc zu Musik. Aber auch ein Blick ins herbstliche Gesamtprogramm lohnt sich: Neben Lynchs "Lost Highway"<br />

als Musiktheater tritt hier Kid606 samt Label-Tigerbeat-Community gegen Kim Cascone an: Soundscape vs Laptop<br />

Punk. Nachschub hier: www.kultur.orf.at/musikprotokoll // www.steirischerbst.at<br />

BACK_UP FESTIVAL Weimar, 30. Oktober bis 02. November<br />

Das "Back_up Festival. Neue Medien im Film" zeichnet mittels Ausschreibung des Backup_Awards erneut Treffpunkte<br />

aus, an denen sich gegenwärtig digitale Technologien mit Film auf der Leinwand zusammenschließen und<br />

so neue Pfade in Ästhetik, Narration oder Produktion entwickeln. Das Festival substituiert dazu die üblichen<br />

Genre-Kategorien und teilt die Filme einfach in Programm-Farben ein: Rot, Grün, Blau (RGB). Nett. Neben dem<br />

Film-Award verleiht das Festival gemeinsam mit <strong>De</strong>bug den gutdotierten Musik-Clip.Award, lädt unter dem Titel<br />

"Testing Truth XOR" ins backup.loungelab und fügt mit dem backup.closeup-Baustein noch Podien und Präsentationen<br />

(etwa zu On-Air-<strong>De</strong>sign, Partnerfestivals) hinzu. Weitere nichtidentische Sicherungskopien (backup.preroll,<br />

backup.club), <strong>De</strong>tails und Updates unter: http://www.backup-festival.de/<br />

ABO<br />

nnement<br />

ALLE DE:BUGS VERGRIFFEN ?<br />

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UNSER MONATSANGEBOT:<br />

EIN JAHR DE:BUG MIT CD-PRÄMIE,<br />

SOLANGE DER VORRAT REICHT (merke: zahlungseingang entscheidet)<br />

AESOP ROCK - BAZOOKA TOOTH (DEF JUX)<br />

Wenn Aesop Rock mit seinen gigantischen Lyrics um die Ecke kommt, guckt dein<br />

Poesiealbum dumm. Dreckig, funky und eine Spur daneben schlägt sein zweites<br />

Album bei <strong>De</strong>f Jux in die urbane Kante und bewahrt sich das schmutzige Moment am<br />

Beat.<br />

FABRICE LIG - (RAYGUN)<br />

Kaum einer, der <strong>De</strong>troit so im Geiste und im Herzen trägt wie Fabrice Lig. Und kaum<br />

einer, der das typische florale Melodiezwitschern aus Motorcity so packend umsetzt.<br />

Sein neues Album breitet die Arme weit und vollmundig aus, bis auch der Letzte zu<br />

Fabrice rockend Mad Mike und Co. eine Kerze anzündet.<br />

RHYTHM & SOUND - THE ARTISTS/THE VERSIONS (BURIAL MIX)<br />

Da steigt selbst Jah aus dem Himmel hinab. Rhythm & Sound versammeln ihre<br />

Geniestreiche auf zwei CDs, bei denen einem glatt die Superlativen ausgehen. Jeder<br />

Track ein Gigant. Und das alles jeweils einmal als Instrumental und Vocalversion.<br />

<strong>De</strong>r Hammer. Ja ja.<br />

MATMOS - THE CIVIL WAR (MATADOR)<br />

Sie sind zurück. Die knusprigen Matmos-Beats sind wieder auf so unerklärliche und<br />

trackähnliche Weise zusammengeknuspert, dass am Ende ein Bastard entsteht, der<br />

in seinem Hybrid-Dasein auf lange Zeit unübertroffen dastehen wird! So soll es<br />

sein. Und wir verneigen uns vor so viel Größe.<br />

V.A. - SOUL:UTION (SOUL:R)<br />

Kaum ein Label hat mit einer Hand voll Veröffentlichungen für so viel Wirbel<br />

gesorgt wie Soul:R. Marcus Intalex und seine Mannen rollen die Drum and Bass<br />

Welt von Manchster aus auf. Die erste Mix-Compilation vereint alles, was das<br />

housige Drum and Bass Herz höher schlagen lässt. Um es mit Cleveland Watkiss zu<br />

sagen: "You gotta meditate on this one."<br />

01<br />

02<br />

03<br />

SOUND STUDIES<br />

Berlin, 30. Oktober bis 1. November, jeweils 18-24 Uhr<br />

Vorbereitend zum neuen Aufbau-Studiengang “Sound<br />

Studies” (ab Herbst 2004) findet an der Universität der<br />

Künste an drei Abenden ein gleichnamiges Symposium<br />

Raum, das Möglichkeiten und Wirkungsweisen der<br />

Sound Studies von heute auslotet. Die junge Disziplin<br />

interessiert sich für künstlerische, theoretische und philosophische<br />

Versuche, in Klangumgebungen einzugreifen:<br />

Welche gestalterischen Möglichkeiten bietet das<br />

Verhältnis von Mensch und Klang? Das Symposium<br />

dreht sich dazu schon vorab in diesem Herbst um Fragen<br />

von Identität und Sound, um Spielräume neuer Formate<br />

(etwa von elektronischer Musik) und experimenteller<br />

Sound-Gestaltung (z.B. in Film, Installationen, Computerspielen).<br />

So schließt es mit dem umrissenen Studienfeld<br />

an Arbeitsfelder wie Architektur, Urbanistik, Produkt-<br />

und Corporate <strong>De</strong>sign an, ohne politische Agitation<br />

und das tägliche Leben auszuschließen. Und was<br />

hörst du gerade?<br />

soundXchange@udk-berlin.de (formlos anmelden)<br />

http://www.soundxchange.net<br />

MEDIA-SPACE 03<br />

Stuttgart, 10. bis 12. Oktober<br />

<strong>De</strong>r Media Space 03 von Wand5 (Stuttgarter Filmwinter)<br />

forscht nach Dreieckskonstellationen zwischen Architektur,<br />

Pop Culture und Maschinen/Körper. Dazu gibt es<br />

drei Tage Präsentationen, Filmvorführungen und Panels<br />

mit Spezialisten und Künstlern aus den verschiedenen<br />

Ecken. Zu Gast sind der Gründer und Chef-<strong>De</strong>signer von<br />

<strong>De</strong>signers Republic Ian Anderson (Platten auflegend<br />

und über Oberfläche und Architektur sprechend), der<br />

Philosoph Andrew Benjamin (Sydney), der Robotikspezialist<br />

Stefan Doepner (f18, Hamburg) sowie der Architekt<br />

Patrik Schumacher (Zaha Hadid Architects, Lon-<br />

DEBUG VERLAGS GMBH, BRUNNENSTRASSE 196, 10119 BERLIN<br />

FON 030 2838 4458 EMAIL: ABO@DE-BUG.DE<br />

DEUTSCHE BANK, BLZ: 10070024, KONTO: 1498922<br />

HIERMIT BESTELLE ICH 12 AUSGABEN DE:BUG<br />

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de:<strong>Bug</strong> für ein Jahr zum Preis von 28,- ¤ inkl. Porto und Mwst.<br />

don). Neben Panels zu elektronischer Musik, Kybernetik,<br />

Körper und Umgebung präsentieren sich Bots und Simulationssoftware<br />

einzeln sowie Brezel Göring und Jim<br />

Avignon zusammen und performen im Dreieck.<br />

www.media-space.org<br />

AUTO-NOM<br />

Düsseldorf, 27. September bis 4. Januar<br />

Die Ausstellung “Auto-nom” fokussiert das Automobil -<br />

nicht wie üblich allein als Symbol für Mobilität und Unabhängigkeit,<br />

sondern vor allem als eigenständiges Objekt<br />

mit formalen, strukturellen Eigenschaften, die es in<br />

Kunst und Diskurs freizustellen, anders zusammenzufügen<br />

und zu verformen gilt, um sie als kulturelles Zeichen<br />

lesbar zu machen. Die von Ulrich Lehmann (Victoria &<br />

Albert Museum London) kuratierte Austellung fasst dazu<br />

Arbeiten (Filme, Fotografien, Videos und Autos) von<br />

u.a. Frank Stella, Jenny Holzer, Julien Opie, Wolfgang<br />

Tillmanns zusammen und bildet sie auch noch mal zum<br />

Mitnehmen im Katalog (Hatje Cantz Verlag) ab - gemeinsam<br />

mit einer ersten deutschen Übersetzung von<br />

Roland Barthes Text "Mythologie des Automobils".<br />

http://www.nrw-forum.de<br />

GAMES/KUNST<br />

Dortmund, 11. Oktober bis 30. November<br />

Die Ausstellung "Games. Computerspiele von KünstlerInnen"<br />

versammelt ca. 30 Arbeiten internationaler<br />

Künstler (darunter Space Invader, Jodi, Tillmann Reiff,<br />

Vuk Cosic und Josephine Starrs), die Computerspiele<br />

(Tetris und Co) manipuliert und modifiziert haben, bis<br />

man nur noch auf ihre blanke Logik blickt, ihre Funktionen<br />

versagen oder die Grenze zwischen virtuell und<br />

wirklich sich vervielfältigt und anfängt mitzuspielen.<br />

http://www.hartware-projekte.de<br />

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überweisen,<br />

Verwendungszweck und Namen auf der Überweisung angeben oder als ehrlichen Verrechnungsscheck beilegen.<br />

Akzeptieren: Falls man nicht spätestens 8 Wochen vor dem Abonnementablauf kündigt, wird es sich durch einen funky Automatismus<br />

sehr wohl verlängern.


REVIEWS<br />

37 CDS 40 DEUTSCHLAND 42 CONTINENTAL 44 USA 44 DRUM AND BASS 45 UK<br />

45 HIPHOP 46 DVD 47 BÜCHER 47 NETAUDIO 47 GAMES 48 TERMINE<br />

CD<br />

LFO - SHEATH [WARP]<br />

Schon der Opening-Track “Blown” bläst uns weg, weil Jahre nach dem letzten Lebenszeichen von Mark Bell in seiner LFO-Verkleidung, hier<br />

plötzlich alles wunderbar weich und freundlich schimmert, leicht gleitet und dem LFO-Sounddesign gleich zu Beginn eine Verjüngungskur verabreicht<br />

wird. Herr Bell hat es ja auch schwer. “Frequencies” ist ein Klassiker, der auch vom Nachfolger “Advance” nicht mehr wirklich eingeholt<br />

werden konnte. Wenn von LFO gesprochen wird, reden alle von eben diesem Track oder von “Simon From Sydney”, eher selten von “Tied<br />

Up”. Schon die Maxi-Auskopplung “Freak” hat aber gezeigt wohin die Reise auf dem neuen Album geht. Zurück. Klassisch. Noisy, mit Bassdrums,<br />

die mindestens drei Meter breit sind und zerren, was das Zeug hält. War “Freak” die klare Kampfansage an alle Remixe alter Rave-Hits<br />

und vielleicht von vornherein als zweiter Teil von “We’re Back” geplant, verlässt sich Bell auf “Sheath” auf sein Gefühl für schmirgelnde Grooves,<br />

den Headroom seines Analogpultes und rollt den ganzen rotzigen Punk, der gerade so rumlungert, mit präzise gesetzen Beats von einer<br />

ganz anderen Seite auf. Jedenfalls manchmal, denn natürlich ist das nur die eine Geschichte, denn natürlich hat Bell auch immer noch Gefühl<br />

für diese einzigartigen, plöckrigen Melodieverläufe, die in ihrem früheren Leben bestimmt mal Acid-Sequenzen waren und wie Bienenschwärme<br />

durch die Tracks fluffen. Gen Ende tritt Bell aufs Gas, rettet den Warehouse-Rave in die Jetztzeit und beweist, dass die Euphorie von<br />

damals heute immer noch genauso gilt. Next is the E. www.warprecords.com<br />

THADDI •••••<br />

CD<br />

JAYLIB - CHAMPION SOUND [STONES THROW]<br />

<strong>De</strong>r Herbst ist die optimale Zeit, um stilvoll abzuprollen, weswegen Jaylib diesen Monat einer unser Favoriten ist. Schließlich bekommt man<br />

nicht oft zwei der besten HipHop Produzenten, die beide zugleich auch MCs sind, gemeinsam auf einer Platte zu hören. Jay <strong>De</strong>e ist <strong>De</strong>troiter<br />

und bisher neben seinen Einzelveröffentlichungen durch seine ehemalige Gruppe “Slum Village” und Beats für “ATribe Called Quest” u.v.m.<br />

aufgefallen, während Madlib bei dem Westküstenlabel Stones Throw zuhause ist, dort vor drei Jahren unter seinem Alter Ego Quasimoto, einer<br />

fiktiven Rapfigur mit skuriller Stimme, eine sehr charmante LP gemacht hat, vorher mit Lootpack Klassiker gedroppt und kürzlich eine Art<br />

Remixplatte bei Blue Note rausgebracht hat. <strong>De</strong>finitiv markante und multiaktive Produzenten, die beiden. Hier haben sie einen Track zusammen<br />

produziert, ansonsten jeder acht Beats, auf denen entweder der jeweils andere oder Talib Kweli, Frank’n Dank, Guilty Simpson und Percee<br />

P rappen. Zustande kam Jaylib übrigens, weil Madlib mal eine CD mit Beats von Jay <strong>De</strong>e von DJ J-Rocc bekam und davon so begeistert war,<br />

dass er sie komplett berappt und verlegenheitsmäßig Jaylib genannt hat. Irgendwann wurden von einem Track dieser eigentlich nur spaßeshalber<br />

entstandenen CD bei Stones Throw so 300 Maxis gepresst, wodurch Madlibs Aktion natürlich auch zu Jay <strong>De</strong>e durchdrang, der die Kombination<br />

cool fand und ein gemeinsames Album vorschlug. Gesagt, getan, gerockt. <strong>De</strong>nn tatsächlich ergänzt sich Jay <strong>De</strong>es lässige Druckbass-<br />

Prollart perfekt mit Madlibs feingliedrigem und humorvollem Jazzstyle. Funky, fett und schlicht... Killer. www.stonesthrow.com<br />

CAYND •••••<br />

CD<br />

MATMOS - THE CIVIL WAR [MATADOR]<br />

Auch wenn es sich vielleicht anfangs so anhört, Matmos legen hier keine Geschichststunde zum amerikanischen Bürgerkrieg vor und zeigen<br />

sich trotz des Titels auch nicht kämpferisch oder aggressiv. Es geht wohl eher um die persönlichen Auseinandersetzungen im privaten Miteinander.<br />

Einige angedeutete Referenzen auf die englischen und amerikanischen Bürgerkriege finden sich unüberhörbar hier und da und auch<br />

auf die verdummte Politik ihres gewählten Präsidenten wird zweideutig verwiesen - aber Achtung: dennoch sollte man dringlichst vermeiden,<br />

Matmos als politisch motiviert zu verstehen. Jetzt aber zur Musik: zuallererst muss gesagt werden, dass der opener ‘Regicide’ fast nichts mit<br />

ihrem letzten Album ‘A Chance to Cut’ zu tun hat, sondern viel mehr einer futuristischen Vertonung der Canterbury Tales gleichkommt. Sowieso<br />

poppen übers ganze Album hin die seltsamsten und nie dagewesenen Anachronismen auf, die das Album in kein bekanntes Genre oder<br />

einen begreifbaren Kontext rücken lassen. Und das ist natürlich gut so. Wo sonst gehen Hurdy Gurdy, Kaninchenfell (!),Piano (David Grubbs),<br />

Violine (Bevin Blectum), Modular Syth (KFWhitman) etc. und die knusprigen Matmos-Beats auf so unerklärliche und trackähnliche Weise zusammen,<br />

um am Ende einen Bastard entstehen zu lassen, der in seinem Hybrid-Dasein auf lange Zeit hin unübertroffen dastehen wird? In der<br />

Tat ist ‘The Civil War’ ein wahres Monster mit großem Geist dahinter! www.matadorrecords.com/<br />

ED •••••<br />

NETAUDIO<br />

CD • = NEIN / ••••• = JA<br />

PHILIP COHRAN AND THE ARTISTIC HERITAGE<br />

ENSEMBLE - ON THE BEACH<br />

[AESTUARIUM 01/ HEFTY]<br />

In den 60ern schiffte sich der Free Jazz gerne mal nach<br />

Afrika ein und packte die Kuhglocke unter die kollektiv<br />

erhitzten Überblasungen. Das Art Ensemble of<br />

Chicago oder Archie Shepp waren ganz groß in diesen<br />

psychedelisch bluesigen Groove-Bündelungen der totalen<br />

Freiheit. Auch Philip Cohran und sein 14-köpfiges<br />

Ensemble gehören vorne mit dazu. Auf diesem<br />

Reissue des 67er Albums “On The Beach”, das damals<br />

nur in Kleinstauflage erschienen war, umtänzeln sie<br />

locker zwischen Afroperkussion, Funkrock, Folk und<br />

Wasserballett das goldene Kalb “Freie Improvisation”,<br />

ohne je die Nach-vorne-Dynamik aus dem Visier zu<br />

nehmen. Jamie Hodge startet mit “On the Beach” auf<br />

seinem Aestuarium-Label in eine wahnwitzige Reissue-Reihe,<br />

die als nächstes Singles (!) von Soul/Funk-<br />

Raritäten rausbringen wird. Dürfte ein Geheimtipp<br />

werden.<br />

www.aestuarium.com<br />

JEEP •••••<br />

CHRONOMAD [ALIEN TRANSISTOR / N02]<br />

<strong>De</strong>r tolle Saam Schlamminger, der auch schon auf<br />

dem Lichter-Sountrack von den Notwists mit dabei<br />

war, debütiert hier mit einer E.P., in die man sich sofort<br />

verguckt, so toll und bedacht klickern die Streicher<br />

in “Sard” rein. Ein Killertrack, mit weit weg gezogenen<br />

Megaphon-Ansagen und dieser Trademark-<br />

Percussion. “Sabs” gibt sich dann sehr orientalisch,<br />

klingt aber nur auf den ersten Blick wie ein Tune, der<br />

auch aus dem türkischen Cafe um die Ecke rauswummern<br />

könnte, ist natürlich viel feingliedriger und<br />

protzt mit Tambourin-Tiefe. Vier sehr gelungene<br />

Tracks, die irgendwie einen völlig neuen Horizont aufmachen,<br />

ohne dabei gleich nach MultiKulti-Sponsoring<br />

zu klingen.<br />

www.alientransistor.de<br />

THADDI ••••<br />

JAY HAZE - MUST HAVE BACK [Textone]<br />

Jay Hazes Netlabel ist ja schon in der letzten <strong>De</strong>bug im Interview angekündigt worden. Jetzt hat der Wahlniederländer den Worten Tracks folgen<br />

lassen. Eine erste EP kommt von Rene Breitbarth und ist natürlich exzellent. Noch mehr ans Herz gewachsen ist mir jedoch die EP 02 vom<br />

Contextterrior-Mastermind himself. Die EP legt mit einer Art düsterem, elektronischem HipHop-Track los, nutzt dann im folgenden Track die<br />

Schnittstelle zu Elektro, um das Tempo anzuziehen und Raum zu machen, den dann Track Nummer drei (Lush Lover) mit einer verspielt-verträumten<br />

<strong>De</strong>epness ausfüllt. Weiter geht's mit minimalistisch-experimentellem Dub-Techno für Leute, die bei Dub nicht an Jamaica-Sonne,<br />

sondern an Fabrikhallen oder auch unaufgeräumte Schreibtische denken. New Shoes schließlich zoomt noch mal ganz genau ran, wirft ein<br />

funky Drumbreak ein und lässt die Cubicles dieser Welt zum Dancefloor werden. Großartig. Textone veröffentlicht übrigens alle Releases unter<br />

einer Creative Commons License. Außerdem will das Netlabel seinem Namen alle Ehre machen und tatsächlich neben Musik auch Artikel<br />

und Interviews veröffentlichen. Geplant ist zudem ein Release vom Shitkatapult-bekannten Kero. http://www.textone.org<br />

JANKO •••••<br />

JLIAT - MY COMPUTER<br />

[ALKU / BEGINNING47]<br />

Lecker Ding kommt hier: 39 Tracks tummeln sich auf<br />

knapp 9 Minuten. Zuvor wurden ordentlich .exe files<br />

ins Hörbare konvertiert, um endlich den ganzen Sotz<br />

Digiterror in markanten Häppchen auszuröhren. Wer<br />

unten ist mit farmers, Hecker und Tone, riskiert hier<br />

kein Ohr, aber vielleicht beide.<br />

personal.ilimit.es/principio<br />

ED •••••<br />

THE USER - ABANDON<br />

[ASPHODEL / ASP2016-2]<br />

Oh je, was ein langweiliges Album. Zwar scheint die<br />

location, wo ‘Abadon’ entstand, der Traum vieler Musiker<br />

zu sein (ein altes Getreidesilo, 20 Stockwerke<br />

hoch und eine halbe Meile lang), aber das war’s dann<br />

auch schon. Was The User abliefern, klingt schlichtweg<br />

nach verkorstem Soundcheck eines Thomas Köner,<br />

also nach Musik, die im Grunde jedes Label ablehnen<br />

sollte. Was Asphodel bewegt hat, diese eindimensionalen<br />

Drones trotzdem zu veröffentlichen,<br />

bleibt daher äußerst fraglich.<br />

ED •<br />

V.A. - LET IT ROLL<br />

[BEATMASTER]<br />

Nachdem Let It Rock auf der Berlinale 2003 für Furore<br />

sorgte, machte sich Oldenburg auf, mit Let It Roll<br />

ein Pendant auf die Leinwand und schließlich auch in<br />

die heimischen CD-Player zu bringen. Joe Zanul<br />

brachte hierfür tatsächlich einige der fähigsten Elektroniker<br />

der sympathischen und familiären Großstadt<br />

kurz vor Ostfriesland zusammen. Das alleine verdient<br />

schon einen Orden. <strong>De</strong>r Soundtrack zeigt sich daher<br />

sehr vielseitig. <strong>De</strong>r Techno-Head Svensson trifft auf<br />

die HipHop-Skills von Acetronaut, der Houser Phish<br />

trifft auf einen Moonman-NuJazz-Remix von Insanity<br />

5 und 2Step Marke Michiko auf Drum’n’Bass von Realson<br />

aka Real DJ Real. In der Bandbreite bleibt da kaum<br />

ein Wunsch offen. Die Produktionen können jedoch<br />

nicht durchweg überzeugen. Einiges braucht den Vergleich<br />

mit Berlin - wo ja bekanntlich auch nicht alles<br />

glänzt - aber absolut nicht zu scheuen. Auch wenn der<br />

dann hinkt. Mich überzeugt insbesondere Frank Röseler,<br />

der gleich mit 3 unterschiedlichen Projekten (Tribal-Trance<br />

als Kowloon, Techno als Mikko Eloranta<br />

und Afro-Percussion-House als Paul Fernandez) vertreten<br />

ist. www.beatmaster.tv<br />

M.PATH.IQ ••••-••<br />

NURSE WITH WOUND - THE MUSTY ODOUR OF<br />

PIERCED RECTUMS<br />

[BETA-LACTAM RING / MT056]<br />

Nicht umsonst lautet der Untertitel des neuen NWW<br />

Albums ‘A Collection of Obsolete Primitive Variations’,<br />

finden sich doch größtenteils, so scheint es zumindest,<br />

unfertige Fragmente, die der weiteren Ausarbeitung<br />

bedürfen (auch fehlen jegliche Tracktitel).<br />

<strong>De</strong>nnoch macht sich unbedingt von Anfang an diese<br />

typisch-organische und unwirkliche Stimmung breit,<br />

die ein einzigartiges Behagen im Unbehagen hervorrufen<br />

kann und die allein Steve Stapleton kreieren<br />

kann. Fernab aller Gewöhnlichkeit babbeln seltsame<br />

Stimmen in nicht näher auszumachende Klanggebäude,<br />

die allerdings auch ohne Stimme auskommen können<br />

und zu jeder Zeit einem wahnsinnig-windenden<br />

Cut zu Opfer fallen können, um sich nach allen Richtungen<br />

in noch fremderen Hybriden auszubreiten<br />

oder ohne Teilnahme am Verlorenen verstörend weiterwirken.<br />

<strong>De</strong>nnoch handelt es sich bei ‘The Musty<br />

Odour..’ natürlich um eine Wohltat für die Seele.<br />

records.com<br />

ED •••••<br />

BRIQUE ROUGE 4 - THE FELLOWSHIP OF THE BRI-<br />

QUE [BRIQUE ROUGE]<br />

Die vierte der Labelcompilations mit Tracks der Posse<br />

rings um David Duriez, und schon wieder ist das ein<br />

reines Fest für alle, die ihre Housewelt slammend und<br />

dennoch deep funky halten wollen. Massive Monster<br />

für den Dancefloor, der sich schnell mal in reine Physis<br />

verwandeln kann und dabei trotzdem den Soul auf<br />

einen Sockel stellt, von dem ihn keiner mehr runterholen<br />

kann. Mit dabei viele der neuen und kommenden<br />

Releases auf dem Label wie James Flavours “Come<br />

Inside”, der Killertrack “<strong>Bug</strong>gin Da Headphones”,<br />

aber natürlich auch Phil Weeks “Song For Maya” und<br />

Daniel Spencer im Llorca Remix, Cartoons<br />

“Time/Change” oder ein Phonique Remix von Funky<br />

Transport. Ach so, vergesst auf keinen Fall die Webseite<br />

von Briquerouge zu checken, denn dort gibt es<br />

ab dem 15.ten September eine Mixcompilation von<br />

Duriez mit dem Namen “Duriez Downloaded” zum<br />

runterladen. www.briquerouge.com<br />

BLEED •••••<br />

RHYTHM & SOUND - THE VERSIONS<br />

[BURIAL MIX / BMD-3]<br />

Genauso essentiell wie die Versionen mit Vocals sind<br />

bei Rhythm & Sound die B-Seiten, die klassischen Versions.<br />

Einerseits, weil es aus historischer Sicht einfach<br />

so sein soll und muss, andererseits weil man auf diese<br />

Weise noch tiefer in den Klang hineinkrabbbeln kann<br />

und detaillierte Protokolle über die Echoschleifen anfertigen<br />

kann. Erst so ergibt sich das komplette Bild.<br />

Muss man wohl auch kaufen. www.basicchannel.com<br />

THADDI •••••<br />

RHYTHM & SOUND - W/ THE ARTISTS<br />

[BURIAL MIX / BMD-2]<br />

Was um alles in der Welt soll man zu so einer Compilation<br />

sagen. Wo jede einzelne 10” das Gigantischste<br />

der Welt, jeder Release per se ein Meilenstein war und<br />

den Sound von Mark Ernestus und Moritz von Oswald<br />

wieder um ein Vielfaches verfeinerte, auch wenn man<br />

sich immer sich war, dass das eigentlich unmöglich<br />

war und man mit den Platten wochenlang durchs<br />

Zimmer flog, sich in jedes <strong>De</strong>tail vertiefte, in die Bassbins<br />

der Genelecs reinkroch und einfach glücklich<br />

war. Was also um alles in der Welt soll man schreiben.<br />

Außer: Gigantisch, unfassbar, brilliant. Die Zeit steht<br />

still, wenn Cornel Campell, Jennifer Lara, Paul St. Hilaire,<br />

Shalom, The Chosen Brothers, Jah Batta (neu!),<br />

Love Joy und nochmal The Chosen Brothers (auch<br />

neu!) vor dem Mikro stehen und ihre kleinen Universen<br />

an die endlose Tiefe des Sounds von Ernestus und<br />

von Oswald andocken. Alles ist gut, wenn diese CD<br />

läuft. Einfach alles. Ohne Ausnahme. Und das ist<br />

sonst nie so, nein. Pure Magie. www.basicchannel.com<br />

THADDI •••••<br />

MATT FLORES - METAWORLD<br />

[COMBINATION RECORDS]<br />

Man weiss schon bei den ersten Tönen, dass man dieses<br />

Album lieben wird, denn Matt Flores bewegt sich<br />

einfach so sicher zwischen den Stilen, die irgendetwas<br />

mit <strong>De</strong>epness und Breaks zu tun haben, dass man immer<br />

das Gefühl hat, es könnte jetzt einfach nicht<br />

mehr smoother und präziser kicken. Selbst wenn er<br />

Vocals benutzt, und das macht Flores auf dem Album<br />

verdammt gerne, dann bewegt er sich niemals in einer<br />

Idee, sondern immer mitten im Groove, und Grooves<br />

macht er aus Sounds und Breaks, die so frisch klingen,<br />

als würde er mit jedem neuen Track immer erst mal alles<br />

wieder vergessen und sich ganz von vorne dransetzen.<br />

Wenn diese Platte Popmusik ist, und definitiv<br />

ist das Pop, dann eine Art von Pop die durch Jahre von<br />

Cluberfahrung gegangen ist, und sich nicht einmal davon<br />

abwendet. www.combination-rec.de<br />

BLEED •••••<br />

ROOM 207 [CIRQUE]<br />

Wieder mal eine neue Compilation von Yoshihiro<br />

Hanno zusammengestellt, und natürlich ist das dann<br />

auch Geknister bis zum Umfallen. Sehr schön aber<br />

auch und technologisch vielseitig von Sinus-Kuhglocken-Vibe<br />

Minifers über die eigenwillige Barjazz-<br />

Click-Oper von Nobuyasu Sakonda mit dem skurrilsten<br />

Vocoder, den ich bislang gehört habe, über flir-<br />

FAVORITEN<br />

01. B. Fleischmann - Sleep<br />

(Morr Music)<br />

02. Aesop Rock - Bazooka Tooth<br />

(<strong>De</strong>fJux)<br />

03. Jaylib - Champion Sound<br />

(Stones Throw)<br />

04. LFO - Sheath (Warp)<br />

05. I:Cube - 3 (Versatile)<br />

06. Luke Vibert - Synthax / I Love Acid<br />

(Warp)<br />

07. T.Raumschmiere - Radio Blackout<br />

(Novamute)<br />

08. Like A Tim - Draw A Bot (Like 002)<br />

09. Bucci - Dude (WMF Records 018)<br />

10. Matt Flores - Metaworld<br />

(Combination 021 / PP Sales)<br />

11. V.A. - Soul:ution Vol.1 (Soul:R)<br />

12. Twerk - Living Vicariously<br />

(Mille Plateaux)<br />

13. Monolake - Momentum<br />

(Monolake)<br />

14. Kid Koala - Some Of My Best<br />

Friends Are DJs (Ninja Tune)<br />

15. Appear - Bound Club (Freispiel)<br />

16. Lusine ICL - Condensed (Hymen)<br />

17. Monolake - Momentum<br />

(Imbalance Computer Music)<br />

18. Rhythm & Sound - W/ The Artists<br />

(Burial Mix / BMD-2)<br />

19. The Books - The Lemon Of Pink<br />

(Tomlab/032)<br />

20. Spinform (Hobby Industries)<br />

21. Chicken Lips - DJ Kicks (K7)<br />

22. Hanna - Glamorous<br />

(Séparé Records)<br />

23. Nick Holder - The Other Side<br />

(NRK)<br />

24. The Rapture - Echoes (DFA)<br />

25. James DIN A 4 - Leisure World<br />

(Diät)<br />

26. Lowfish (Suction)<br />

27. Matmos - The Civil War<br />

(Matador)<br />

28. Tijuana Mon Amour Broadcasting<br />

Inc (Hobby <strong>De</strong>luxe)<br />

29. Henrik Schwarz - Chicago<br />

(Mood Music 023) 30.<br />

30. V/A - Ocean Club For China (V2)<br />

rend sweet bonbonbunte Kirmes-Loops von Shinsei &<br />

Regressive Audio bis zum strenger konzeptionierten<br />

Carl Stone Track, dem rabiat knatternden Staubfresser<br />

von Hanno selbst, unglaublich schönen Tracks von<br />

Discom und O.Lamm und einem Bonus-Harmonie-<br />

Gezerr von Aoki Takamasa gegen Ende, eine Compilation,<br />

die sich einen Freiraum für ruhige Impressionen<br />

von eher schüchtern vorgetragenem Hightech<br />

schafft, der nicht zwingend grooven muss, aber eben<br />

auch nicht wie ein Experiment klingt.<br />

cirque.cd<br />

BLEED •••••<br />

MATT FLORES - METAWORLD<br />

[COMBINATION]<br />

2Step war einer dieser Hypes, der irgendwie nie so<br />

richtig bei uns ankommen wollten. Damals arbeitete<br />

Matthias Flores noch mit J.Buzz an 2Smart. Gush<br />

Collective war das Zauberwort. Inzwischen ist dieser<br />

Sound zwar fast verstorben wie eine Eintagsfliege,<br />

doch was uns die Düsseldorfer hier zusenden, riecht<br />

nach einer unheimlich inspirierten Reanimation inklusive<br />

Frischzellenkur. Was sich schon durch die beiden<br />

12”s andeutete, bringt Flores nun auch auf Albumlänge.<br />

Diesen Sound umgibt etwas schwer fassbares,<br />

das seine Kraft aus Drum’n’Bass, Reggae, House,<br />

Jungle und aus <strong>De</strong>troit zieht und damit ganze Szenen<br />

en passant näher zusammen rückt in eine warme Metawelt<br />

Breakbeats. Da steuert auch Tyree Cooper gerne<br />

ein paar Vocals bei.<br />

www.combination-rec.de<br />

M.PATH.IQ •••••<br />

V/A - ENNIO MORRICONE REMIXES/VOL.1<br />

[COMPOST]<br />

Was wäre die Welt ohne Morricone. <strong>De</strong>r Mann, der<br />

Filmmusik am Fliessband komponieren kann und<br />

doch im Vergleich zu Kollegen wie Zimmer, etc. für Soundtracks<br />

steht, die man allein als morriconesk bezeichnen<br />

kann. Obwohl manchmal nah am Klas-<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


RECORD STORE • MAIL ORDER • DISTRIBUTION<br />

Paul-Lincke-Ufer 44a • 10999 Berlin<br />

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business hours Mo-Sa 12.00-20.00<br />

Rhythm & Sound w/ Jah Batta:<br />

Music Hit You<br />

Burial Mix 13 (D 10" @ ¤ 8,50)<br />

Rhythm & Sounds meets the leg-<br />

endary Wackies DJ, b/w version<br />

41865<br />

René Löwe & Paul St. Hilaire: Faith<br />

False Tuned 003 (D 12" @ ¤ 8,00)<br />

R.Löwe (aka Vainqueur) & P. St. Hilaire<br />

delievering deepest dub house vibes -<br />

TIP!<br />

41804<br />

Rhythm & Sound: the versions<br />

Burial Mix BMD 3 (D CD @ ¤ 15,00)<br />

Collection of all the instrumental ver-<br />

sions of BMD-2. An essential dub<br />

album!<br />

41896<br />

Various Artists: New Town<br />

Area Industries LP 005 (UK Do LP @ ¤ 17,00)<br />

brilliant compilation between classic<br />

warm detroit techno, electro & IDM<br />

41732<br />

Television Set: Moscow At Midnight<br />

Genetic Music 016 (D LP @ ¤ 12,00)<br />

Skanfrom's latest efforts: more 80s<br />

minimal electronic tracks, more vox<br />

41745<br />

Shake / Soundhack:<br />

Like A Dream / Lay Back<br />

Frictional 014 (US 12" @ ¤ 10,00)<br />

ultra funky & cuted up Sound Hack<br />

rmx; B-side deep & soulful downtempo<br />

track<br />

41409<br />

Erik Travis: Return Of Voices<br />

Data Bass 046 (US 12" @ ¤ 9,00)<br />

fast pumpin' <strong>De</strong>troit electro bass<br />

tracks w/s x-rated vocals<br />

41822<br />

Secret Frequency Crew: Miamy Eyes<br />

Mass Transit 007 (US 12" @ ¤ 9,00)<br />

a/w strong Miami vocoder electro tune<br />

b/w cool Andrea Parker remix<br />

41810<br />

DJ Godfather: Trash Bag Ho<br />

Data Bass 047 (US 12" @ ¤ 9,00)<br />

fast pumpin' <strong>De</strong>troit booty bass tracks<br />

41820<br />

Freeform: Prowl<br />

Warp 073 (UK Do 12" @ ¤ 14,00)<br />

released in 1997, tricky technoid blue<br />

atmospheric pre-IDM electronics - TIP!<br />

12012<br />

Various Artists: Skampler<br />

Skampler (UK CD @ ¤ 15,50)<br />

sampler of that legendary<br />

label,Gescom, Freeform, Jega, Bola,<br />

B.O.C -TIP!<br />

18178<br />

Push Button Objects: A day in a life<br />

Skam 011 (UK 12" @ ¤ 8,50) 26351<br />

Skam 011 CD (UK CD @ ¤ 8,50) 41103<br />

6 deep & smooth instrumental hip<br />

hop tracks - TIP!!!<br />

Dual Purpose: Runfastmaybefaster<br />

30 Mil 002 (UK 12" @ ¤ 10,00)<br />

2nd on a Skam related (?!) label,<br />

excellent raw + noisy electro-esque<br />

tracks<br />

41904<br />

Bogdan Racynski:<br />

I Will Eat Your Children Too<br />

Rephlex 131 (UK 12" @ ¤ 9,00)<br />

absolute mindblowing super fast<br />

drill'n'bass electronics - TIP!!!<br />

41903<br />

Amen Andrews: Vol. 3<br />

Rephlex 140 (UK 12" @ ¤ 9,00)<br />

third strike for Luke Vibert: wicked<br />

oldschool d'n'b cuts w/ reggae vibes<br />

41902<br />

Diese Liste kann nur eine Auswahl aus unserem Angebot sein. Wenn diese Liste vom Drucker kommt,<br />

sind manche Platten vielleicht schon vergriffen und andere wieder neu reingekommen (wir setzen nur<br />

Platten in die Liste, die wir zu dem Zeitpunkt des eintippens auch wirklich am Lager haben!). <strong>De</strong>shalb bei<br />

Bestellung bitte möglichst Ersatztitel angeben. Normalerweise bekommen wir jeden Tag Lieferungen mit<br />

Neuheiten oder Nachbestellungen. Bestellung telefonisch oder schriftlich und bitte die Bestellnummern<br />

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Titeln oder Labels vorkommen). Versand erfolgt per Nachnahme oder Bankeinzug mit Paketpost.<br />

Innerhalb <strong>De</strong>utschland berechnen wir als Versandspesen pauschal: Paketpost standard NN: ¤ 9,74<br />

(dazu kassiert die Post noch ¤ 2,00 NN Gebühr) / Paketpost Bankeinzug: ¤ 5,56 (eine Standardsendung<br />

sollte normalerweise innerhalb 48 Stunden ankommen). Bei einem Rechnungswert über ¤ 150,-<br />

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Aufpreis möglich. Wenn eine Lieferung durch Verschulden des Empfängers zurückgeht, müssen wir die<br />

entstandenen Porto- bzw. Rückportokosten berechnen. Großhandelsanfragen sind willkommen.<br />

Nachdruck oder Vervielfältigung dieser Liste (auch auszugsweise) ist nicht erlaubt.<br />

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Rhythm & Sound w/ the artists<br />

Burial Mix BMD 2 (D CD @ ¤ 15,00) 41895<br />

This album showcases the series of heavily Reggae-orientated tunes that was created throughout the<br />

past three years - starting with the landmark King In My Empire w/ Cornel Campbell - and that so far has<br />

only been available on 10" vinyl format. After the previous Burial Mix album Showcase (BMD-1, released<br />

1998), exclusively with vocals by Paul St. Hilaire, the present release features eight tunes, voiced in<br />

Berlin, New York and Jamaica by seven artists, some of them living legends; Cornel Campbell, Paul St.<br />

Hilaire, Shalom, The Chosen Brothers, Love Joy, Jennifer Lara and Jah Batta. Released simultaneously,<br />

The Versions (BMD-3) contains the corresponding instrumental versions b/w Dubs that integrate minimal<br />

structures with Rhythm & Sound's breathtaking athmospheric density. An essential twin-release.<br />

Rhythm & Sound w/ Chosen Brothers: Mash Down Babylon<br />

Burial Mix 12 (D 10" @ ¤ 8,50) 41897<br />

Burial Mix 12 Coloured (D 10" @ ¤ 10,00) 41898<br />

Alternate riddim version of BM-13 with classic Bullwackie lyrics.<br />

CD • = NEIN / ••••• = JA<br />

senkämpfer mit Joan Baez “Heres to you”, die Grenzen des<br />

hörbaren austestend mit “L´Attentat”. Morricone ist der<br />

dickste Fisch, wenn es um die gekonnte Vertonung geht. Le-<br />

gendär seine Zusammenarbeit mit Sergio Leone, mit dem<br />

Wahnsinnsansatz, der immernoch seines gleichen sucht:<br />

Drehbuch und Film entstehen wechselseitig zur Musik. Nun<br />

Remixe und damit der Versuch, Morricone auf den Dance-<br />

floor zu locken. Das Aufgebot ist mächtig, die Stilmittel<br />

reichlich: 4/4 bis Drum and Bass. Das Ergebnis kann sich se-<br />

hen lassen. Wenn man International Pony, Hakan Libdo,<br />

Alex Attias, Raw <strong>De</strong>al, Kabuki, Needs für die erste Ausgabe<br />

des Samplers und im folgenden 2Raumwohnung, Rima und-<br />

soweiterundsofort auf den Römer Ennio los lässt, muss es<br />

einfach funken. Besonders International Pony schiessen<br />

hier die Haarkante ab. So eine lustig groovende 60ties Beat<br />

Version ist die wohl denkwürdigste Überraschung und Ver-<br />

neigung vor dem fast am Fliessband werkelnden Genius. Si-<br />

cherlich kann man das Original nie wirklich mit dem Ergeb-<br />

nis vergleichen, weil Genre und Aura weit auseinander lie-<br />

gen, aber Respekt, es mit dem Don der Filmmusik aufge-<br />

nommen zu haben.<br />

KAM •••••<br />

KOOP - WALTZ FOR KOOP - ALTERNATIVE TAKES<br />

[COMPOST 153-2]<br />

Die gesammelten Remixe für das unglaubliche Waltz For Ko-<br />

op-Album kursieren überwiegend schon eine Weile auf<br />

Vinyl. Zu Nicola Conte, Rima, DJ Patife, Markus Enochson,<br />

Dorfmeister vs. Madrid <strong>De</strong> Los Austrias und Carlito gesellen<br />

sich nun noch 2 Banks Of 4, Hird und D’Malicious. Da hilft<br />

nur andächtiges Schweigen und Lauschen. Selbstläufer für<br />

alle, die irgendwie um die Vinyle rumgekommen sind.<br />

www.k-o-o-p.com<br />

M.PATH.IQ •••••-••••<br />

DO MAKE THEY THINK - WINTER HYMN COUNTRY<br />

HYMN SECRET HYMN [CONSTELLATION / CST025]<br />

Hier hüpft per se schon mal mein Herz, weil Do Make They<br />

Think einfach toll sind und Kanada mal von der anderen Sei-<br />

te beleuchten, wobei ich nicht mal sicher bin, ob sie daher<br />

kommen oder nicht. Ist auch egal, denn im Prinzip träumen<br />

immer alle nur von Chicago, von wilden Tempiwechseln in<br />

der molligen zarten Grundstimmung. Jeder Track birgt<br />

schon genug Ideen für ein separates Album und so ist das<br />

Album eine wilde Achterbahnfahrt der Gitarren. Groß von<br />

der ersten bis zur letzten Sekunde und irgendwie ein Licht-<br />

blick auf Constellation, vor allem, wenn man Godspeed! ein-<br />

fach nicht mehr ertragen kann in ihrem pathetischen Rum-<br />

gesumpfe. Voller wundervoller Überraschungen.<br />

THADDI ••••<br />

FERTILE GROUND - REMIXED<br />

[COUNTERPOINT]<br />

Das Sextett aus Baltimore um die charismatische Sängerin<br />

Navasha Day kann sich nach drei erfolgreichen Indepen-<br />

dent-Alben die Remixer scheinbar aussuchen. Die Ansamm-<br />

lung von Seiji, Ayro, Waiwan, Jazztronik, Blueboy oder Kaidi<br />

Tatham spricht eine deutliche Sprache und zeigt, was Sache<br />

ist. Das Ausgangsmaterial scheint zusätzliche Motivaion ge-<br />

spendet zu haben. <strong>De</strong>m Jazz und Soul wird eine gehörige Pri-<br />

se Leftfield-Dancefloorism eingeimpft. Die großartige<br />

Drum’n’Bass-Version von Waiwan dürfte einigen von Rüt-<br />

tens Tribes 7 Compilation bekannt sein. Ansonsten handelt<br />

es sich aber überwiegend um neues Material, dass leider auf<br />

Vinyl gar nicht erscheinen wird. Schade eigentlich, denn die-<br />

se spirituellen Grooves gehören in jedes eklektrische Set.<br />

www.blackoutstudios.com<br />

M.PATH.IQ •••••<br />

ZOMBIE NATION - ABSORBER<br />

[DEKATHLON]<br />

Zombie Nation, einst Hells großer (vielleicht größter?) Fang<br />

für Gigolo, kennt man ja landläufig unter dem Pseudonym<br />

“die, die Kernkraft 400 gemacht haben”. Fluch oder Segen<br />

des Erfolgs, jedenfalls müssen Zombie Nation heute nicht<br />

mehr groß erklärt werden. Nach “Leichenschmaus” (1999,<br />

Gigolo) nun auf <strong>De</strong>kathlon in ähnlichem Soundkostüm: Von<br />

straight clubtauglich bis Stolperelectro-nisch grüßen 80s<br />

Synthies der Sorten Wave bis Proto-EBM. Die Frage, ob das<br />

nun wirklich innovativ ist, darf augenzwinkernd mal über-<br />

sprungen werden, gefolgt von der Selbstbezichtigung, so-<br />

undmäßig für immer 80s Fan zu bleiben, ohne zum elec-<br />

troclashigem Retro-Plagiat zu verkommen. Und die 80s wa-<br />

ren nun mal musikalisch vielschichtig genug, ihre dunklen<br />

Seiten (die Besucher nicht nur des ehemaligen Zillo-Clubs in<br />

Hamburg werden sich ihrer langen Wehrmachtsledermän-<br />

tel erinnern) warten noch immer auf eine abschließende<br />

Aufarbeitung, die darken Belgier T. Fixmer und Co stehen<br />

schon in den Startlöchern... Also nix wie Schulterpolster<br />

rausgerissen, Kinder- und Klamottendisko ausgestellt, Neon<br />

gegen Kajal getauscht und ab in den Nebel, der so dark gar<br />

nicht zu sein braucht (“Crystal Six”).<br />

SK ••••<br />

ULRICH TROYER - ROSE DE SHIRAZ<br />

[DELUXE RECORDS]<br />

Mit welcher Sicherheit <strong>De</strong>luxe Records immer wieder CDs<br />

rausbringt die so außergewöhnlich und überraschend klin-<br />

gen, ist schon erstaunlich. Klar, das ist wie immer Hitech,<br />

was Uli Troyer (der schon auf Mego releast hat) hier macht,<br />

aber es es auch extrem melodische Musik, und es arrangiert<br />

Field Recordings, sehr eigenwillig spartanische Beats aus<br />

unbekannten Sounds und Einflüsse von verschiedensten<br />

Ländern so gut miteinander, dass jeder der Tracks eine<br />

Oberfläche aus Pop bietet, die er gleichzeitig so perfekt un-<br />

terläuft, dass man es sofort ganz gross findet. Verspielte,<br />

aber nie alberne Tracks die immer extrem viel Raum öffnen<br />

und sich darin austoben wie ein Traum den man sofort nach<br />

dem Aufwachen wieder vergisst, weil die Konnotationen<br />

einfach zu seltsam waren, obwohl alles so greifbar schien.<br />

Sehr, sehr schöne Platte.<br />

www.deluxerecs.com<br />

BLEED •••••<br />

ASMUS TIETCHENS - BIOTOP<br />

[DIE STADT / DS61]<br />

Mag ja sein, dass Tietchens 1980 ganz weit vorne im Anwen-<br />

den neuster Technik war, aber ob dieses getaktete und bas-<br />

slose Moog-Geeiere heute noch in irgendeiner Form taug-<br />

lich sein kann, wage ich stark zu bezweifeln. Viel zu unspan-<br />

nend hallen die 18 Tracks ins leere Niemandsland und ver-<br />

wehen wie Wind um den Mund. Nee, Tietchens’ Sky-Phase<br />

bleibt mir verschlossen, und muß eigentlich auch nicht sein.<br />

<strong>De</strong>nnoch freuen wir uns natürlich schon auf Teil drei der<br />

außergewöhnlichen Rückschau.<br />

stadtmusik.de<br />

ED •-••<br />

ORGANUM - DIE LETZTE MUSIK VOR DEM KRIEG<br />

[DIE STADT / DS70]<br />

Ein wunderbarer Titel für verwundbare sechseinhalb Minu-<br />

ten zweier herausragender Arbeiten David Jackmans am Pi-<br />

ano und am Tibetan Horn. Natürlich klingt neben den In-<br />

strumenten auch unüberhörbar alles Kaputte mit. <strong>De</strong>r<br />

ganze Müll, auf dem sich unsere Kultur seit Jahrhunderten<br />

aufbaut, knartzt bedrohlich hinter jedem Anflug Heimselig-<br />

keit, der immer nur Andeutung bleibt und sich im Wieder-<br />

holgang aufs Neue zu beweisen versucht. Leider fehlge-<br />

schlagen. Oh, welch große Musik!<br />

stadtmusik.de<br />

ED •••••<br />

TRICKY - BACK TO MINE<br />

[DMC / ZOMBA]<br />

Afterhour in Trickys Wohnzimmer? So zumindest dürfte die-<br />

se MixCD gemeint sein. Seit die 90er wieder zum Revival an-<br />

setzen, hauen die einstigen Größen der <strong>De</strong>kade fleißig Plat-<br />

ten, Werkschauen oder sonstige unveröffentlichtes Sachen<br />

raus. In diesem Zusammenhang wundert dieses Release<br />

vom Trip Hop Godfather und Bristol-Hero Tricky nicht wirk-<br />

lich, die Zusammenstellung der Tracks allerdings auch nicht.<br />

Neu auferstanden oder nicht, in entsprechenden Lokalitä-<br />

ten wird Trickys Musik nie gänzlich retro sein, seine Kompi-<br />

lation jedenfalls setzt zum Freestyle-Ritt (Punk, Reggae,<br />

New Wave, Blues etc.) durch die Tricky’sche Plattenkiste an<br />

und schert sich wenig um aktuelle Hypes: einmal tief durch<br />

die Epochen und Styles gewühlt finden sich The Cure und<br />

Chet Baker neben Kate Bush, Eric B & Rakim und Doctor<br />

John neben Morphine wieder. 80er Jugendlieblingstape<br />

meets 90er Latte Macchiato im Mojo-Café (R.I.P.).<br />

SK •••-••••<br />

SOUL GLOW - WE COME ALONG<br />

[DRAFT]<br />

Eine stellenweise etwas überproduziert wirkende Platte<br />

zwischen den Stühlen von <strong>De</strong>ephouse und Broken Beats, die<br />

aber trotzdem irgendwie immer leicht genug dahinfedert<br />

um einen für sich einzunehmen, und das was man als über-<br />

produziert empfinden kann, eben schnell auch in eine Nai-<br />

vität im Umgang mit Fragmenten aus lang ausgedienten Ge-<br />

schichten verwandelt, die dann doch wieder bezaubernd<br />

wirkt. Sehr musikalisch und immer in die Vollen der Strings<br />

und Samples greifend, aber irgendwie wird es trotzdem nie<br />

zu sehr zu Kitsch.<br />

www.soulglow.de<br />

BLEED ••••<br />

BENT - FABRICLIVE 11<br />

[FABRIC]<br />

Bent tummeln sich auf Gemeinplätzen und mixen sich durch<br />

den Environ-Katalog, hat man den Eindruck, zumindest bei<br />

gleich drei Environ-Tracks im ersten Drittel der CD. Metro<br />

Areas “Caught up” oder Morgan Geists “24K” sind zwar nett,<br />

hat man nun schon oft genug gehört. Annies “Greatest Hit”<br />

im letzten Drittel ebenso. Selbst Perlen wie I:Cubes “Tunnel<br />

Vision” oder Giorgio Moroders “From here to Eternity” fal-<br />

len kaum weiter auf, in dieser kuscheligen Umgebung. Kom-<br />

biniert mit unspannendem Mixing führt das dazu, dass ich<br />

mir vorstelle, wie ein Tänzer nach dem anderen auf dem<br />

Bent-Floor im Fabric im Stehen einschläft und in Zeitlupe<br />

vornüber kippt. Und das ist schon eine Leistung, bei in den<br />

Boden eingelassenen Bassboxen. Nicht gerade die stärkste<br />

Folge der Fabriclive-Reihe.<br />

LUDWIG •••<br />

GROOVE GALAXI - BACK ON DECK<br />

[FANTE / AUDIOPHARM / SPV]<br />

Auch ausgedehntes Touring kann Drummer und Samplo-<br />

naut Sönke Düwer und Keyboarder Markus Kuczewski nicht<br />

davon abhalten, auf sicherem Erfolgskurs ihren bereits drit-<br />

ten Longplayer zu veröffentlichen. Und dabei wandern sie<br />

nicht nur selber auf unbetretenen Umlaufpfaden, sondern<br />

haben erstmals eine ganze Truppe von Fachkräften mit ins<br />

All genommen. Dadurch bekommt ihre futuristische Auffas-<br />

sung von elektronischem Live-Jazz weitere Teils ungeahnte<br />

Facetten. Ob nun der Tabla-Breakbeat Nada Brahma, der<br />

Vocal-Drum´n´Bass On My Trip To Myself oder die Jazz-<br />

House-Stücke Silence und Discotheque Brazil, die beiden<br />

Hamburger ruhen sich nicht auf ihrem Status als Mojo-Club-<br />

Hausband aus, sondern entwickeln ihren Sound konsequent<br />

weiter. Zum ersten Mal kommen auch Scratchings und ein<br />

MC zum Einsatz. Unbedingt live checken!<br />

www.groovegalaxi.de<br />

M.PATH.IQ •••••-••••<br />

SIDEWINDER - RESOLUTION<br />

[FENETIK / SOMA]<br />

Alan Bryden ist sicherlich nicht der erste, der sich nach hin-<br />

ten umschaut, um nach vorne zu kommen. Aber er tut das so<br />

resolut, dass es tatsächlich als Lösung von so manch selbst<br />

angewöhntem Zwang der Hörgewohnheiten taugt. Er kom-<br />

biniert analog und digital, Funk und Jazz mit Midtempo-Bro-<br />

kenBeats und zeigt damit gleich die angenehmen Seiten des<br />

Herbsts daheim auf. Seine Erfahrung als professioneller Cel-<br />

list half ihm dabei, dass all die eingespielten Instrumentals<br />

so warm klingen und subtil Zufriedenheit auslösen. Durch<br />

sein Gefühl für das Arrangement trennt er sich endgültig<br />

von der Spreu. Dabei kann er es sich auch leisten, fast ganz<br />

auf Gesang zu verzichten. Allein die 7”-Auskopplung Ego<br />

Riot rockt im Disco-Funk-Format.<br />

www.fenetik.co.uk<br />

M.PATH.IQ •••••<br />

BABY FORD - BASKING IN THE BREAKLIGHTS<br />

[FORCE INC]<br />

Ein Album von Baby Ford, das ausnahmsweise mal nicht so<br />

klingt wie alles, was er immer schon am besten konnte, auch<br />

wenn das immer verdammt funky war. Mr. Ford scheint<br />

zunächst mal irgendwie doch noch Gefallen zu finden an der<br />

digitalen Welt spartanischerer Beats und sehr räumlicher<br />

Grooves, an der Vielseitigkeit verschiedenster Ansätze und<br />

kommt dann plötzlich mit minimalen Funktracks, rollend<br />

deepen Housebreaks, verknarzten Prähiphop-Electrotracks,<br />

schiebenden Akufen Annäherungen oder warmen Minimal-<br />

housesounds. Natürlich finden sich auch hier diese merk-<br />

würdig zusammengewürfelten Stimmfetzen von Baby Ford,<br />

die manche Tracks zu Hits machen, ohne dass man wüsste,<br />

was daran nun eigentlich so ergreifend sein sollte und wer<br />

vermutet, dass Ford jetzt seine <strong>De</strong>epness verloren hat, der<br />

täuscht sich gewaltig. Ein Album das einem seine Neuorien-<br />

tierung einem eher ins Ohr haucht, als damit in plakativen<br />

Samples hausieren zu gehen. Aber das kommt dadurch nicht<br />

weniger an.<br />

www.force-inc.com<br />

BLEED •••••<br />

K-LED - TOMORROW IN THE MORNING<br />

[FORCE INC]<br />

Lange hat man auf eine <strong>De</strong>troit-Platte auf Force Inc warten<br />

müssen, dabei ist das genau der Sound, den man hier per-<br />

fekt zu allen anderen Labeln passend zum Durchbruch brin-<br />

gen könnte. Das “<strong>De</strong>troit City” Intro wäre ein guter Start-<br />

schuss dafür, denn was sonst außer einer Hymne an diese<br />

Stadt hält diese Art souliger Technosounds zusammen. Stel-<br />

lenweise mit einer sehr dunklen analogen Basis, macht sich<br />

K-Led an das Thema, ohne sich dabei zu sehr bei Strings oder<br />

einem eher an dem breitwandigen eposartigen <strong>De</strong>troit-Part<br />

zu bedienen, aber natürlich fehlt auch das nicht. Eine Platte,<br />

die wieder mal bezeugt, dass <strong>De</strong>troit weniger ein Genre ist,<br />

als vielmehr eine Herangehensweise, eine Suche nach Tiefe<br />

und Kicks in einem Sound, der genügend offen lässt, um nie<br />

zu streng zu klingen. Sehr schöne, aber auch durchweg<br />

kickende Platte, die stellenweise sogar richtig heiter klingt,<br />

selbst wenn es mal dichter wird.<br />

www.force-inc.com<br />

BLEED •••••<br />

DIGITAL DISCO - 2<br />

[FORCE TRACKS]<br />

Die neue Compilation der Digital Disco Serie zeigt einiges<br />

von den letzten 12”es des Labels, das sich ja rasant schnell<br />

von einem Minimalhouse- hin zu einem Discolabel ent-<br />

wickelt hat und so die Floors mit einer stampfenderen, aber<br />

ebenso zwingenden Art von Flackergroove aufmischt. Sehr<br />

gerne voller Vocals und überschwenglicher Euphorie,<br />

manchmal eben dabei auch ein wenig zu dreist, aber dann<br />

immer in einem verdammt stylischen Sound, der auf der<br />

Compilation um so klarer wird, da nur die Hits der jeweiligen<br />

12”es drauf sind. Filter, Effekte, Blitzlichter, Neon. Alles da,<br />

alles mit einer Lust an Albernheiten durchgezogen, dass ei-<br />

nem schon manchmal ein wenig schwindelig wird. Und das<br />

einzige, was wir uns fragen ist, wo ist hier eigentlich die<br />

Gungeligung-Posse, die ja irgendwie einer der Vorläufer die-<br />

ses Sound war. Mit dabei: Dub Taylor, Luomo, Hakan, Adju-<br />

ster, Moonbootica, MRI, Unai und auch wieder Ian Pooley.<br />

www.force-tracks.net<br />

BLEED •••••<br />

APPEAR - BOUND CLUB<br />

[FREISPIEL]<br />

<strong>De</strong>utschland hat seinen Mad Professor. <strong>De</strong>r Engländer Mad<br />

Professor hat in den 80ern mit seiner freisinnigen Außen-<br />

sicht auf jamaikanischen Dub die kuriosesten Spielarten<br />

jenseits des <strong>De</strong>nkbaren hervorgezaubert. Und auch Appear<br />

schlängelt sich mit raunziger Stimme durch einen krachigen<br />

Irrgarten aus Dancehall, HipHop, Klezmer, Glitch und MC-<br />

Rollenspiel, den man so nicht für denkbar gehalten hätte.<br />

Ein superfrisches Amalgam, das seine einzelnen Teile or-<br />

dentlich homogen clashen lässt. Ach ja, Appear ist das Solo-<br />

projekt von Seeeds Sänger und Texter ear. Da arbeitet also<br />

jemand an der Schnittstelle zwischen Rappen/Toasten und<br />

Elektronika, die von der anderen Seite auch Pole oder Dani-<br />

el Meteo/Bus angehen. Das führt aber zu stupende anderen<br />

Ergebnissen. Mad Professor eben.<br />

www.freispielmusic.de<br />

JEEP •••••<br />

THIRD FACE - TOPICS IN PRACTICAL SCIENCE<br />

[FULL CYCLE]<br />

Genau, Full Cycle, das Drum and Bass Label, das schon im-<br />

mer mehr sein wollte, macht das jetzt hier endlich wahr und<br />

releast eine CD die eigentlich eher Downtempogrooves mit<br />

einem sicheren Flair für gut spartanische HipHop Grooves,<br />

aber eben auch sehr viel Jazz und Brasilgitarre bringt, und<br />

auch schon mal ambient werden kann oder in den Skits et-<br />

was experimenteller mit Vocals umgehen kann. Manche<br />

Tracks wachsen definitiv über das Genre hinaus und dürften<br />

ihre Freunde auch bei der Broken Beats Posse oder den eher<br />

eklektizistischen Downtempo-Hörern finden. Vielleicht<br />

mag sowas sogar der ein oder andere Westcoast-B-Boy.<br />

BLEED ••••<br />

MIDWEST PRODUCT - WORLD SERIES OF LOVE<br />

[GHOSTLY / GI-16]<br />

<strong>De</strong>finitiv Killer, dieses Midwest Produkt. Auch wenn hier ei-<br />

gentlich mal wieder nur Elektronik mit Akustik gemischt<br />

wird, aber irgendwie passiert das völlig anders und ich stel-<br />

le mir das vor wie eine monumentale Rockband mit minde-<br />

stens zwölf Leuten, die alle an Basssynthesizern stehen und<br />

rocken und auch das AC/DC Schlagzeug im Hintergund<br />

hören und, mal laut mal leise, einfach machen und dabei to-<br />

tal großartig sind. In so einer Kombination habe ich das<br />

noch nie gehört. Wunderbar kraftvoll und leicht zugleich,<br />

sehr plinkernd und motzig dick. So stelle ich mir Technorock<br />

vor, wenn er kein Schimpfwort ist.<br />

www.ghostly.com<br />

THADDI •••••<br />

LITTLE ANNIE & THE LEGALLY JAMMIN<br />

[ITALIC]<br />

<strong>De</strong>finitv mal etwas ganz anderes für Italic, dieses Album von<br />

Kahn, Jendreiko und Little Annie. Und: ihr seid gar nicht<br />

überrascht, das ist No Wave der schwülen Art, in der in den<br />

80ern schon Chanson, Blues, elektronische Beats und viel<br />

Percussion zusammengefunden haben. Bestimmt wird das<br />

Album definitiv von der Sängerin, die sleazy, dirty und leicht<br />

poetrymässig über die dunklen, etwas rotzigen aber eher<br />

slowmotion swingenden Tracks ihren Sprechgesang legt,<br />

den man definiv lieben muss, vielleicht nach ein paar Fla-<br />

schen Wiskey, um mit dieser Platte klarzukommen. Wer von<br />

verräuchteren Bars träumt, in denen die LEDs sich in drin-<br />

gend benötigten Eiswürfen brechen und die Discokugel<br />

dem Ganzen das Gefühl eines viel zu tief ausgeatmeten<br />

Grooves gibt, der wird diese Platte lieben wie eine gute Zi-<br />

garre, und wenn er Blut riechen will von den verlassenen<br />

Strassen New Yorks träumen.<br />

www.italic.de<br />

BLEED ••••<br />

HIGHGRADE COMPILATION VOL1<br />

[HIGHGRADE RECORDS]<br />

Etwas irreführend, da es ja schon mal eine Compilation auf<br />

Vinyl gab, die soweit ich weiß genau so hieß, aber hier nun<br />

die erste Zusammenstellung der Labelgeschichte so far, mit<br />

einer Bonus CD voller Downtempo der gleichen Posse, die<br />

fast nur aus exklusiven Tracks besteht. Clark, Flavour, Bodi-<br />

ne, Soopa-Fi, Dialogue, Interpol und Sven Brede jedenfalls<br />

rocken lässig durch ihr Repertoire, und wenn ihr die 12”es<br />

kennt, dann wisst ihr, dass hier eins der lässigsten Minimal-<br />

houselabel Berlins von Anfang bis Ende in einer solchen Per-<br />

fektion kickt, dass man nichts davon auslassen möchte.<br />

Schön, das jetzt endlich auch mal auf CD zu haben, und die<br />

8 Tracks der Downtempo CD haben auch etwas, auch wenn<br />

man sich stellenweise nicht ganz sicher ist, ob sie als 12”es<br />

ähnlich viel bewegen könnten wie Highgrade sonst. Sollte<br />

man vielleicht eher als Bonbon betrachten.<br />

www.highgrade-records.de<br />

BLEED •••••-••••<br />

TIJUNA MON AMOUR BROADCASTING INC. - SONGS<br />

[HOBBY DELUXE / INDIGO]<br />

Irgendwie eine meiner Lieblingsplatten diese Monat. Die Ti-<br />

juana-Jungs aus Dresden, deren erstes Album bei mir kom-<br />

plett unterging, setzen sich einfach hin und spielen. So stel-<br />

le ich mir das jedenfalls vor. Zwischen tollem, besigem<br />

Schlagzeug, einem immer presenten Rhodes und der<br />

ganzen Bandbreite akustischer Instrumente, die man sich so<br />

vorstellen kann, wird man hier sofort gefesselt von Tracks,<br />

die ihre merkwürdig anmutende Darkness nur dazu benut-<br />

zen, einen ganz woanders hinzustuppsen, die ihre Spookin-<br />

ess immer wieder aufbrechen zum Durchlüften, kurz die<br />

Sonne reinlassen, um sich dann wieder im Kreis zu drehen,<br />

bis einem so schwindelig ist, dass man nicht mehr kann. Die-<br />

se Wüste würde ich gerne mal besuchen. Sechszehn wun-<br />

dervoll inszenierte Kamerafahrten, unbedint checken!<br />

THADDI •••••<br />

JAMES HARDWAY - BIG CASINO<br />

[HYDROGEN DUKEBOX 126CD]<br />

James Hardway will wohl auf Gummigliedern im Zoot-Suite<br />

durch sein Casino eiern. Er kann noch so housig werden -<br />

und das will er auf diesem Album -, immer gerät ihm ein Wal-<br />

king Bass und irgendwelches moody Getröte dazwischen.<br />

Muss der seine musizierenden Verwandten beschäftigen?<br />

Nicht, dass er keine flotten Grooves bis zu Breakbeats hin-<br />

kriegen würde, aber immer klingt es, als hätte er durchhän-<br />

gende Downtempo-Tracks in den Zeitraffer gesteckt. Viel-<br />

leicht der Matt Bianco des Techno-Zeitalters?<br />

JEEP •••<br />

NEUTRAL - CALLER ID<br />

[HYMEN / 733]<br />

Tut mir leid, ich bin nicht informiert. Nicole Elmer sagt mir<br />

gar nichts, aber offenbar hat sie schon diverse Platten ver-<br />

öffentlicht und “Caller ID” scheint eine Sammlung von Re-<br />

mixen zu sein, aufgefüllt mir ein paar neuen Stücken, und ist<br />

stilistisch ungefähr so breit wie alle Freeways nebeneinan-<br />

der. Wenn Yingu Hill remixen, ist alles sehr scharf und ab-<br />

rupt, wenn Solenoid mixt, dann sieht die Sasche schon wie-<br />

der ganz anderd aus. Wir vermuten auch, Nicole Elmer singt<br />

und treibt sich eher im experimentelle Umfeld rum und<br />

dann ist so eine Compilation hier natürlich der perfekte Ein-<br />

stieg. Von sweet bis harsch über dark findet man hier alle.<br />

Mal die Artist Releases checken. Und noch zur Vervollstän-<br />

digung: Es remixen PAL, Solenoid, Xingu Hill, Gridlock Chan-<br />

geo Feo.<br />

THADDI •••-••••<br />

LUSINE ICL - CONDENSED<br />

[HYMEN / 734]<br />

Das war ja wohl überfällig. Lusine kompiliert sich durch sein<br />

Werk und weil wir uns an absolut keinen schlechten Track<br />

des Meisters erinnern können, kann hier auch nichts schief-<br />

gehen. Um die frische Chaos E.P auf Mental Industries her-<br />

um gibt es hier Tracks, die es bislang nur auf Vinyl gab oder<br />

auf Compilations zu finden waren, konkret auf Zeal, <strong>De</strong>lika-<br />

tessen, Awkward Silence, !K7, U-Cover, Tigerbeat 6 und ei-<br />

ner früheren Mental Industries, aufgefüllt mit einem bislang<br />

unveröffentlichten Stück. Wir hatten das fast vergessen.<br />

Dass Lusine in seiner Anfangsphase gar nicht nur so weich<br />

und tief sein konnte, sondern die Beats viel mehr in den Vor-<br />

dergrund mixte und alles irgendwie viel härter und vor allem<br />

schärfer war und erst im Breakdown die Fläche droppte. Je-<br />

denfalls manchmal. Tracks wie “Vacate” erzählen da schon<br />

wieder eine ganz andere Geschichte. One for the iPod. Und<br />

für jede Sekunde des Musikhörens. Riesengroß!<br />

THADDI •••••<br />

MONOLAKE - MOMENTUM<br />

[IMBALANCE COMPUTER MUSIC]<br />

Monolake, dass wisst ihr bestimmt, hat ja schon immer eine<br />

Art von dubbig bis fraktalem Sound gepflegt, der einem die<br />

Ohren öffnen konnte für eine unbekannte Dichte von So-<br />

und. Reste davon findet man auch noch auf dem neuen Al-<br />

bum, aber “Momentum” klingt gegen andere Tracks von<br />

Robert Henke erstaunlich aufgeräumt. Stellenweise mit<br />

Harddiscschreddern versehen, wollen die Beats hier auf ein-<br />

mal kicken wie ein Raggamonster, die Sounds wirken kon-<br />

kreter arrangiert als zuvor, dürfen auch schon mal als Hoo-<br />

kline fungieren und trotzdem findet Henke dazwischen im-<br />

mer noch Zeit seine Grooves so zu verknoten, dass auch die<br />

Liebhaber endloser Effektreihen nach dem Hören erst mal<br />

an der Oberfläche der CD schnuppern werden, ob das auch<br />

alles seine Richtigkeit hat. Gegen Ende werden die Tracks<br />

von “Momentum” dann immer dunkler und finden auch<br />

noch zu Techno zurück.<br />

www.monolake.de<br />

BLEED •••••<br />

VOLKER MEITZ - VERTIKAL<br />

[INFRACOM]<br />

Volker Meitz gehört ganz gewiss zu den Produzenten und<br />

Musikern, die jeden Studenten hinter seiner Sammlung<br />

selbstgebrannter Alternativ-Scheiben hervorlocken kön-<br />

nen. <strong>De</strong>r Gute öffnet Ohren und lockert Hüften bei jenen,<br />

für die House abseits von Daft Punk unbekannt und Down-<br />

beat jenseits von K&D ein Rätsel ist. Sicher ist das ein Er-<br />

gebnis seines Ansatzes, die Musik, die er produziert, stets<br />

mit seiner achtköpfigen Combo live umsetzen zu können.<br />

Diesen Weg verfolgt er mit seinem <strong>De</strong>büt “Vertikal” konse-<br />

quent. Das auch führte dazu, statt beim beheimateten So-<br />

nar Kollektiv zu veröffentlichen, die Infracom-Live-Offensi-<br />

ve maßgeblich mitzugestalten. Die “Vertikal”-Songs pen-<br />

deln zwischen bekannten wie “Can You Live”, “Get On Up”<br />

sowie “Africa” und Neuigkeiten, die für schnucklige Überra-<br />

schungen sorgen.<br />

KAM •••••<br />

CHICKEN LIPS - DJ KICKS<br />

[!K7]<br />

Diese CD ist so gut kopiergeschützt, dass wie sie leider auf<br />

drei Geräten nicht abspielen konnten, dabei hatten wir uns<br />

so auf ein Chicken Lips DJ Set gefreut.<br />

www.K7.com<br />

BLEED<br />

HECQ - A DRIED YOUTH<br />

[KALEIDOSKOP / KAL003Y]<br />

Ein Neueinsteiger. Benny Boysen, sag mal, warum hast du<br />

nicht schon früher angefangen Musik zu machen? “A Dried<br />

Youth” ist in der Tat trocken, die Beats sind sehr präzise ge-<br />

setzt und voller Klarheit auf der Suche nach dem perfekt mi-<br />

nimalen Groove, finden Menschen wie Lusine bestimmt<br />

großartig und hören abends immer heimlich noch mal ge-<br />

nau hin. Überhaupt findet hier jemand Lusine bestimmt<br />

ganz große Klasse, die tiefen, stehenden Flächen strahlen<br />

auf jeden Fall eine ähnliche Heiligkeit aus, auch und viel-<br />

leicht vor allem wenn das Tempo auf Tracks wie “Numb<br />

Woods” angezogen wird. Mit verführerischem Hall und aus-<br />

gebremsten RestHop, einem untrüglichen Gefühl für weite<br />

Dubs und molligen Flächen kann bei Hecq eigentlich auch in<br />

der Zukunft nichts schiefgehen.<br />

THADDI •••-••••<br />

HEIKO LAUX PRESENTS - OFFSHORE FUNK<br />

[KANZLERAMT/099]<br />

Ein Projekt von Heiko Laux und dem Studionachbarn und Ja-<br />

zzmusiker Teo Schulte, das sehr funky ist, wie ihr euch den-<br />

ken könnt, und vor Maracas und sonstiger Percussion nur so<br />

strotzt, das böse Breaks kennt, rotzige Basslines, grade Bas-<br />

sdrums, discoid kickendes Schlagzeug und schillernde Se-<br />

quenzen, aber trotzdem definitiv nicht so klingt als wollte<br />

Laux jetzt doch mal Downtempo machen, sondern eher die-<br />

ses Herumspielen mit soviel altbekanntem Material im So-<br />

und geniesst und je nach Laune eine Idee so lange weiter-<br />

verfolgt, bis man sich auf etwas eingegroovt hat das nicht<br />

sagt: schau mal, hier spielt die Band; sondern: pass auf, hier<br />

kommt ein Studio mit allem was es kann. Von sehr offensi-<br />

ven Latintracks über Tejada ähnliche <strong>De</strong>troittracks (nur in<br />

einem ganz anderen Sounddesign) bis hin zum Technomon-<br />

sterfunk. Ein Album, das so floorsicher wie angejazzt ist und<br />

nur ab und an mal eine Trompete zuviel auf die Festplatte<br />

gejagt hat.<br />

BLEED •••••-••••<br />

CHICKS ON SPEED - 99CENTS<br />

[LABELS]<br />

Jetzt machen auch die Chicks ernst und bringen eine richti-<br />

ge Popplatte raus. Bislang waren sie ja dann doch oft eher<br />

etwas spröde und verknautscht, obwohl sie definitiv an der<br />

Electroclash Welle mit ihren ersten Singles nicht unschuldig<br />

waren, hatten sie immer noch soviel Noise dazwischen, dass<br />

es für die Charts nicht gereicht hätte, hier aber sind sie stel-<br />

lenweise nicht weit davon entfernt eine Mischung aus<br />

50Cent und dem Ketchupsong zusammenzufusseln, oder<br />

die Glamrockphase von Brittney Spears übertreffen zu wol-<br />

len. Sogar ein Braziltrack ist dabei. Tja, wir sind sicher, dass<br />

wir die Chicks von nun ab eher im Fernsehen treffen werden<br />

als auf Ausstellungen, aber irgendwie mag ich das trotzdem<br />

meist.<br />

BLEED ••••-•••••<br />

MUGISON - LONELY MOUNTAIN<br />

[LIFELIKE]<br />

Auf Lifelike lässt Herbert weiter seine Vorliebe für Singer-<br />

songwritergenerationen der Zukunft aus, und hat mit Mugi-<br />

son aus Island einen perfekten Kandidaten gefunden, denn<br />

ihm ist egal ob er nun eine One Man Studiorockband ist, ein<br />

Elektronika-Schnupftuch, ein sleazy Soulmonster oder eher<br />

jemand, der im Bett mit seiner Freundin herumtuschelt. Das<br />

hat alles Platz und wirkt alles zusammen, lässt Träume aus<br />

40 Jahren Popmusik aufmarschieren wie Schosshündchen<br />

mit Aufziehschlüssel, steckt jedem brav ein Stück Papier in<br />

den Mund und wirbelt los um jedem Traum von Ehrlichkeit<br />

gegenüber Popmusik gute Nacht zu sagen. Stellenweise<br />

klingelig im Sound wie ein Xylophon aus Schneeflocken,<br />

manchmal aber auch eher vollgedröhnt mit Rock eines Eis-<br />

brechers der auf Kerosin läuft.<br />

www.mugison.com<br />

BLEED •••••<br />

THE LITHIUM PROJECT - MANY WORLDS THEORY<br />

[HYDROGEN DUKEBOX 125CD]<br />

Ist das die Chance für Downtempo-Engländer? So schleimig<br />

elegant zu klingen wie Air? Das Lithium Project heuert mit<br />

Lenor-gewaschenen Engtanz-Schmonzetten auf umgebau-<br />

ten Krabbenkuttern an, die mühsam auf Luxusliner mimen.<br />

Eine echte Karfreitags-Platte.<br />

JEEP ••<br />

DANIEL BELL - BLIP, BLURP, BLEEP THE MUSIC OF DA-<br />

NIEL BELL<br />

[LOGISTIC]<br />

Machen wir es kurz: Das hier ist eine Sammlung seiner ganz<br />

frühen Tracks auf Accidential (oder dem was hinterher auf<br />

Klang noch erschienen ist und anderen Labeln), von denen<br />

allerdings längst nicht alle drauf sind und manche aus ir-<br />

gendeinem Grund verrauschter klingen, als die auf den<br />

12”es, vielleicht bilde ich mir das aber nur ein. Was ein wenig<br />

trist ist, denn seine Tracks dieser Zeit leben ja gerade davon,<br />

dass sie so spartanische unglaublich minimale Monster<br />

sind, die einem die Lücken in den Tracks um die Ohren hau-<br />

en mit einer Intensitiät, der wir definitiv zu großen Teilen<br />

das zu verdanken haben, was wir heute unter Minimal ver-<br />

stehen. Wer die 12”es nicht wie ich und ein paar andere vor-<br />

sorglich Stück für Stück gesammelt hat und in einem kleinen<br />

Schrein aufbewahrt, der wird diese Platte definitiv brau-<br />

chen.<br />

www.logistic.com<br />

BLEED •••••<br />

V/A - MERCK MIX 2<br />

[MERCK]<br />

Wieder mal unschlagbar. Schon die zweite NicePrice MixCD<br />

in Folge, die den gesamten Merck-Katalog grandios durch-<br />

einanderwürfelt und Hit nach Hit droppt. Machinedrum,<br />

Kristuit Salu, Esem, Brothomstates, Blamstrain, Ikae, Syn-<br />

drone, Lackluster, Adam Johnson, Proem usw mussten<br />

wahrscheinlich in ihren Verträgen krassen Pitch-Unter-<br />

schieden zustimmen in solchen Mixen. Zum Glück. Ben Cor-<br />

mier und Dan Hartell mixen was das Zeug hält und ich<br />

schnuppere schon ein neues Genre. Elektronika-Mixe für<br />

den Dancefloor. Das gehört zum Allerbesten zur Zeit. Killer.<br />

www.m3rck.net<br />

THADDI •••••<br />

SECEDE - BYEBYEGRIDLOCKTRAFFIC<br />

[MERCK / 017]<br />

Wieder ein ganzer Stapel neuer Merck-Releases diesen Mo-<br />

nat, naja, immerhin drei. Los geht es mit Secede, der ganz<br />

vorsichtig seine Geschichten in kleine ambiente Gewänder<br />

hüllt, den Hall selbstverständlich immer voll aufdreht und<br />

zwischen Pianofiguren und weichen Sounds mit unfassbar<br />

langer Einschwingphase nach dem richtigen Beat sucht.<br />

Zwischendrin hört man allerhand Merkwürdiges, bevor die<br />

berghohen Flächen in den unglaublichsten Euohoriesounds<br />

alles zudecken. Irgendwie sehr oldschoolig und schön und<br />

vor allem beruhigend, dass es sowas noch geben kann heut-<br />

zutage.<br />

www.m3rck.net<br />

THADDI ••••<br />

MIASMAI<br />

[MERCK / 018]<br />

Ungewöhnlich für Merck: Miasmai kann zwar sehr Merck-<br />

mäßigen HipHop cutten, fühlt sich aber, mutmaßen wir fre-<br />

cherweise, in seichteren Gefilden viel, viel wohler. Das ist<br />

stellenweise ganz bezaubernd, oft aber einfach nicht genug.<br />

So ist das mit Miasmai.<br />

THADDI •••<br />

TILMAN EHRHORN - TASK<br />

[MILLE PLATEAUX]<br />

Microjazz von einem Saxophonisten, der aber nun gar nicht<br />

so klingt, als wäre hier jemand mal eben von einem ins an-<br />

dere Genre geflüchtet, sondern so verdammt verclickert<br />

und deep dabei, dass man jeden einzelnen Sound genießt.<br />

Wer nicht mehr weiß, wohin Clicks & Cuts eigentlich führen<br />

sollte, der dürfte mit dieser Platte seinen Glauben zurück-<br />

gewonnen haben, noch ehe das erste Stück vorbei ist. Groo-<br />

ves aus dem allseits beliebten und immer neue Varianten<br />

entdeckenden Knistern, Kratzen, Knacksen, dazu sehr gut<br />

herumgeisternde freie Akkorde und eine Auswahl an Sam-<br />

ples in Bruchstücken, die jedem Track eine Art von Ge-<br />

schmack verleiht, den man fast anfassen kann. Ich kenne<br />

nicht viele Jazzmusiker, die den Sprung in die Elektronik so<br />

gnadenlos perfekt hinbekommen haben, dass sie fähig<br />

wären eine Platte zu machen, die sowohl Raster Noton wie


CD • = NEIN / ••••• = JA<br />

auch Intr_Vision staunen lassen dürfte. Gross.<br />

www.mille-plateaux.com<br />

BLEED •••••<br />

TWERK - LIVING VICARIOUSLY THROUGH<br />

BURNT BREAD [MILLE PLATEAUX]<br />

Irgendwie ist Mille Plateaux auf einem neuen Plateaux<br />

gelandet. Release nach Release nur brilliante<br />

Platten. Die Neue von Twerk ist so deep und schön, so<br />

warm und zeitlos, dass man jeden einzelnen der<br />

Tracks hört wie einen großen Schluck Honig, der nicht<br />

klebt. Clicks & Cuts ist ein Genre, das sich heimlich<br />

weiterentwickelt und immer eigener und vertiefter<br />

wird, ohne dabei irgendwie auch nur den Hauch eines<br />

nervigen Frickeltums anzunehmen. Sehr harmonisch,<br />

aber dennoch verdammt klar und knisternd, erinnert<br />

diese Platte ein wenig an Dan Abrahams oder Electric<br />

Birds und schafft es sowohl in den sehr ruhigen Passagen,<br />

wie auch wenn es funkiger wird, einfach immer<br />

majestätisch zu wirken. Eine fraktale Hymne an die digitale<br />

Tiefe.<br />

www.mille-plateaux.com<br />

BLEED •••••<br />

PARSLEY SOUND - PARSLEY SOUNDS<br />

[MO WAX]<br />

Das beste an dieser Psychedelika-Truppe ist eigentlich,<br />

dass ihre Sounds immer so angerauscht klingen,<br />

ist ja leider kein Muss. Preston Mead und Danny Sargasse<br />

lassen es jedenfalls im besten 70erfolk meets<br />

Lofipop und Schrammelgitarre und -Spinett Stil<br />

rocken, so als wäre das Träumen von bengalischen<br />

Teppichen und blubbernden Lavalampen eigentlich<br />

nie ausgestorben, und warum auch, gibt ja schließlich<br />

Speichermedien. Etwas für die Zuckergussliebhaber<br />

unter euch, die schon mal Sonntagsnachmittags auf<br />

dem Bett sitzen und sich denken, hey, weisst du was,<br />

ich häkle mir heute eine Überzugdecke mit voll bunten<br />

blumigen Mustern. Sweet und ein wenig selbstverloren.<br />

BLEED ••••<br />

V/A - FEEDBACK TO THE FUTURE<br />

[MOBILÉ / MOBCD03]<br />

Die neue Mobilé widmet sich dem guten, alten Shoegazing,<br />

weil, einerseits ist das eh mal fällig und zweitens<br />

zeitlos, drittens knorke und viertens killer. Neben<br />

den Helden Ride und Slowdive, Pale Saints, Lush und<br />

Adorable, finden sich auf der CD auch Tracks, die damals<br />

in <strong>De</strong>utschland schon eher untergingen: Moose<br />

zum Beispiel, oder auch Revolver. 1990-1992 wird hier<br />

als zeitlicher Rahmen gesteckt und mir geht das Herz<br />

auf. Ohne Slowdive und Plae Saints könnte ich heute<br />

noch genauso wenig leben wie damals und, ähem, die<br />

großartigen Telescopes zum Beispiel hatte ich<br />

schlicht vergessen. Große, unglaublich wichtige<br />

Tracks. Ende. Und wenn man sich überleggt, dass ein<br />

Großteil der Rechte an diesen Tracks bei irgendwelchen<br />

Majors vergammeln, die ganzen Alben nicht<br />

mehr wirklich erhältlich sind, wird einem erst bewusst,<br />

wie wichtig so eine Compilation hier ist. Und dass<br />

es auch die einzige bleiben wird für eine lange Zeit.<br />

Please appreciate.<br />

THADDI •••••<br />

MONOLAKE - MOMENTUM<br />

[MONOLAKE / IMBALANCE COMPUTER MUSIC]<br />

Schier unglaublich gutes neues Album von Monolake,<br />

aber das war nach der 12” neulich ja eigentlich schon<br />

klar. Straighter geht es auf Momentum zu, eher so,<br />

wie man Robert Henke von seinen zahlreichen Konzerten<br />

kennt, bei denen der Beat immer weiter in den<br />

Vordergrund rückt und einfach alles klar macht. Vollgestopft<br />

mit mächtigen Bassdrums und den wahnwitzigsten<br />

Modulationen, immer mit einem Auge auf der<br />

Hallfahne, die allen Tracks eine unwirkliche Tiefe verleihen,<br />

ist Momentum ein knalliger Angriff auf die<br />

langweiligen Dancefloors dieser Welt. Monolake<br />

dürfte mittlerweile beim Patentamt kein Unbekannter<br />

mehr sein, so viele Trademarks schleppt er mittlerweile<br />

mit sich rum, die auf Momentum noch weiter<br />

verfeinert werden, auch wenn das eigentlich kaum<br />

noch möglich scheint. Hin- und hergerissen zwischen<br />

einer immer präsenten Darkness und einer Wahnsinnskälte,<br />

abstrahiert Robert Henke den Groove und<br />

lässt den Kopf klackern. Diese verwobenen Elemente<br />

aus sehr gradeaus gedachten Beats, die aber nur deshalb<br />

so straight sind, weil sie durch Milliarden fein<br />

granulierter Irritationen so mechanisch funken, und<br />

dem ständigen Kampf zwischen trockenem Stomp<br />

und weiter Atmosphäre, macht Monolakes Faszination<br />

aus. Ein distanzierter, kalter Traum, der dennoch<br />

warm und vertraut schimmert. Großartig.<br />

www.monolake.de<br />

THADDI •••••<br />

TIED & TICKLED TRIO - OBSERVING SYSTEMS<br />

[MORR]<br />

Jaussa, der Boden ist noch fruchtbar, auf dem sich von<br />

Taj Mahal bis Carla Bley das eiernde Hippie-Kollektiv<br />

in sauwohler Groove-Improvisation verjazzte. Das<br />

Weilheimer Kern-Trio ist diesmal zur Big Band angeschwollen,<br />

die einen unverkrampft bauchigen Nachmittags-Jazz<br />

um schiefe Achsen, verkurvte Rhythmen<br />

und dickwangige Bläser strickt. Unsperriger und gastfreundlicher<br />

kann der Treffpunkt von Kollektivimprovisation<br />

und Elektronika nicht anvisiert werden. Space<br />

is the Place? Die Landkommune is the Place.<br />

JEEP ••••-•••••<br />

ERYKAH BADU - WORLD WIDE UNDERGROUND<br />

[MOTOWN]<br />

Entweder man hasst Erykah Badu, weil sie so ethnomäßig<br />

und angeplinkert für reichen und sauberen<br />

Soul steht, inzwischen schon viel zu oft an den<br />

falschen Plätzen zu hören war und man sie latent mit<br />

anstrengenden Pseudo-Consciousness-Bräuten assoziiert.<br />

Oder man liebt sie, weil sie so eine weiche Stimme<br />

hat, immer die Flagge für die Liebe hochhält, einen<br />

unverkennbaren Stil hat und ein bisschen kosmisch<br />

angehauchten Optimismus verbreitet, gerne auch<br />

mal in HipHop Stücken. Womit wir direkt beim besten<br />

Stück dieser CD wären, einem funky Remix von “Love<br />

of My Life” mit Bahamadia, Queen Latifah und Angie<br />

Stone, extrem poppig und dabei sehr gut. Die anderen<br />

Stücke sind halt so wie erwartet, sphärisch, clean und<br />

mit zwischen der Produktion schwebendem lieblichem<br />

Gesang. Zeitgemäßer Retro-Soul.<br />

CAYND ••••<br />

KID KOALA - SOME OF MY BEST FRIENDS ARE DJS<br />

[NINJA TUNE]<br />

Insbesondere wegen seiner Nebenaktivität als Comic-<br />

bzw. Figurenzeichner ist Kid Koala der sweeteste<br />

DJ der Welt. Kürzlich erschien seine gezeichnete melancholische<br />

Liebesgeschichte “Nufonia Must Fall”<br />

und seitdem hat er natürlich nicht untätig in seinem<br />

kanadischen Heim herumgesessen und Däumchen<br />

gedreht, sondern Fader geschüttelt, Jazz ausgebuddelt<br />

und alles so zusammen gestellt, dass daraus eine<br />

höchst niedliche neue Platte entstanden ist. Schließlich<br />

ist Kid Koala einer der wenigen DJs, die nur weil<br />

sie scratchen etc. können, nicht ständig daran erinnern<br />

müssen, dass es HipHop gibt. Im Gegenteil, hier<br />

geht der Groove und eine Menge analoge und dadurch<br />

sehr weiche Sounds mit einer ruhigen Perspektive<br />

Hand in Hand, und um sowas wie Jazz zu sein, ist<br />

es zu komplex und flowig zugleich. Zwischen fidelen<br />

Instrumenten erfährt man beispielsweise, wie Koalas<br />

so miteinander umgehen, warum Hifi-Fans immer<br />

barfuß auf dem Boden sitzen und ähnliches, hört sich<br />

alles sehr lebendig und real an. Sehr nette Platte.<br />

www.kidkoala.com<br />

CAYND •••••<br />

HOMELIFE - FLYING WONDERS EP<br />

[NINJA TUNE / ZOMBA]<br />

Als exzentrisch werden Homelife gerne bezeichnet.<br />

So exzentrisch gar, dass sie in dieser Disziplin alle anderen<br />

Ninjas glatt ausboten. Und das will einiges<br />

heißen. Anders als andere klingt das Kollektiv, von<br />

dem 12 für diese EP ins Studio gingen, immer. Dabei<br />

entstanden 2 weitere 4. Welt-Songs, die näher zu beschreiben<br />

zu einer Farce verkommen muss. <strong>De</strong>nn all<br />

die Violinen, Glockenspiele, Banjos, chinesischen<br />

Streicher und hast Du nicht gehört in eine Schublade<br />

zu stecken, wäre immer weit ab von der Realität. Da<br />

sind sie Lieblinge vom gern herbeizitierten Gilles Peterson.<br />

Und der sollte zwischen unmotiviertem Freak-<br />

Out und eigenständiger Genialität unterscheiden<br />

können. Was nichts daran ändert, dass sich jeder zu<br />

Homelife noch mehr als sonst seine eigene Meinung<br />

bilden muss.<br />

www.madwaltz.com<br />

M.PATH.IQ ••••<br />

AGF - WESTERNIZATION COMPLETED<br />

[ORTHLORNG MUSORK]<br />

Die neue Platte von Antje Greie Fuchs geht nicht nur<br />

musikalisch noch mal einen ganzen Schritt weiter als<br />

das letzte Laub Album, oder manche ihrer anderen<br />

AGF Tracks. Antje singt jetzt auf englisch, was allen,<br />

denen ihre Stimme vielleicht manchmal etwas zu nah<br />

war, zu intensiv, entgegenkommen dürfte, aber sie<br />

versucht definitiv nicht zu verstecken, woher sie<br />

kommt, im Gegenteil, denn bei den Texten hat man<br />

oft genug das Gefühl, dass Agf irgendwie noch direkter<br />

geworden ist. Die Tracks, die Musik dazu ist sehr<br />

spartanisch, aber trotzdem ausgefeilt und vertrackt.<br />

Stellenweise stehen die Lücken im Vordergrund, um<br />

dem Groove mehr Druck zu geben, vielleicht geht es<br />

aber auch um Skandierung, darum, die Brüche gut<br />

hörbar zu machen, mit denen die Sounds sowieso leben,<br />

kurze schwarze Vorhänge zu ziehen, damit man<br />

die Distanz wahren kann, weil man in dem Nachflackern<br />

der Erinnerung noch ein Stück näher an die<br />

Szenen rutscht. Das theatralische Moment solcher<br />

Stücke verliert seine Künstlichkeit aber sofort in den<br />

Momenten wieder, wo das Ganze in einen eigenwilligen<br />

Humor mit der Auseinandersetzung der eigenen<br />

Geschichte auch als Producer zusammenfällt und<br />

nach Vocals wie: “You are my most amazing new<br />

patch, with the special features, beautiful” plötzlich<br />

der Track einfach eine Festplatte weiterspringt und so<br />

Dinge nebeneinander stehen lassen kann, und schlüssig<br />

und dicht erscheinen lässt, die trotzdem sauber<br />

getrennt werden. Musik, die man auf vielen Leveln<br />

hören kann, aber nicht ohne gelegentlich vom einen<br />

ins andere zu sliden. Ja, der Titeltrack erzählt von Antjes<br />

Aufwachsen in der DDR.<br />

www.musork.com<br />

BLEED •••••<br />

BOMB 20 - REALITY SURPASSES FICTION<br />

[NOISE/SRD]<br />

Unter anderem ist Bomb 20 der DJ der Puppetmastaz,<br />

besagter unterhaltsamen, angeranzten und dabei<br />

äußerst poptauglichen Puppenkombo aus Berlin, wobei<br />

man das DJ sein hier nicht auf Schallplatten ineinander<br />

mischen beschränken sollte, Bomb20 kann da<br />

mit seinem Powerpack an vorgefertigten Mix-CDs<br />

und MP3s weitaus mehr leisten. Hier also eine neue<br />

Platte von diesem famosen Terrorproduzenten, komplett<br />

unbehaglich rumpelig und vollgestopft mit aneinandergeschnittenen<br />

Sprachfetzen, zerquetschten<br />

Melodiefragmenten und musikalischen Samples,<br />

nicht nur aus der HipHop Bibliothek. Vielmehr hat<br />

Bomb20 hier schmutzigen elektronischen Lärm mit<br />

einem weiten Spektrum angefangener Aussagen und<br />

abgebrochener Wahrheiten zusammengestellt, was<br />

nie leicht oder langweilig wirkt, sondern auch außerhalb<br />

von Berliner Kellergewölben eine Menge an verquerer<br />

Eigenheit hergibt. Korrekter Krach.<br />

CAYND ••••-•••••<br />

T.<strong>RAUMSCHMIERE</strong> - RADIO BLACKOUT [<br />

NOVAMUTE]<br />

Ist ja ein gnadenloser Rocker, der T.Raumschmiere,<br />

und wenn er dann schon mal eine Platte für eine Majorfirma<br />

machen kann, dann nutzt er das um so gnadenloser<br />

aus und deshalb klingt “Radio Blackout”<br />

auch so unverfroren brachial und böse knarzig wie<br />

schon lange nichts mehr, und bratzt alle Elektroclash<br />

Freunde einfach so nebenher an die Wand, lässt aber<br />

auch ruhigere und dubbigere Tracks miteinfließen,<br />

damit hinterher keiner denkt, das wäre jetzt der reine<br />

Sellout, und letztendlich geht es damit von Glamrock<br />

über Bassbin Gebratze im grossen Stil bis hin zu<br />

schwermütig verknurspelten Downtown-Tempo-<br />

Moshouts, überschreitet aber selten das Format kurzer<br />

Tracks und leistet sich gerne mal eine Portion Pogo<br />

dazu. Guest Appearences von Kittin und MC Soom<br />

T. Eine ranzige Trashplatte vom Feinsten, die die<br />

ganze Bandbreite des Spektrums von Raumschmiere<br />

auf den Tisch haut wie einen frisch geschlachteten<br />

Eber.<br />

BLEED •••••<br />

ROLANDO - NITE:LIFE 016<br />

[NRK]<br />

Sehr gute Mix-CD von Rolando. So viel schon mal vorweg.<br />

Sehr elegant, und weit weniger fix und hart, als<br />

die Sets, die ich bis jetzt von ihm kannte, balanciert er<br />

zwischen deepen, treibenden House- und Technotracks,<br />

die alle mehr oder weniger vom musikalischen<br />

Vermächtnis <strong>De</strong>troits beseelt sind, hin und her. Da<br />

bleibt viel Platz, um auch so unterschiedliche Produzenten<br />

wie Nick Holder, Adam Beyer, Gene Farris,<br />

Agoria, Joey Beltram John Thomas, Technasia, Steve<br />

<strong>Bug</strong>, Model 500, Jeff Mills und natürlich Los Hermanos,<br />

seinem neuen Projekt, in seinem knackigen Mix<br />

zu vereinen. Sehr cool.<br />

SVEN.VT •••••<br />

ALTON MILLER - STORIES FROM BOHEMIA<br />

[PEACEFROG]<br />

Dieser Glaube an Bohemia hört wohl nie auf. Merkwürdig<br />

eigentlich. Man weiß aber auch genau, warum<br />

das bei einer solchen <strong>De</strong>troitsoul Platte irgendwie<br />

auch scheiter muss. Soul heiß hier Soul Gesang und es<br />

gibt keine Frage, jede einzelne Zeile klingt so, als hätte<br />

man sie schon ein paar tausend Mal gehört, aber<br />

das Problem ist, dass die Musik dazu einfach zu sehr<br />

Musik ist, die für sich stehen möchte und überhaupt<br />

keine Vocals verträgt oder nur ab und an mal. Wenn<br />

die dann auch wegfallen, ist es eine stellenweise extrem<br />

schöne, deepe Houseplatte mit sehr zerbrechlichem<br />

Sound, der fast ein wenig verstaubt klingt, aber<br />

grade deshalb gut.<br />

BLEED •••-••••<br />

NICK HOLDER - THE OTHER SIDE<br />

[NRK]<br />

Auf seinem fünften Longplayer nimmt sich der Toronto<br />

Don mal wieder so ernst und alle Freiheiten dazu.<br />

Dabei zeigt er uns sein kanadisches Humorverständnis<br />

und einige äußerst fähige Nachbarn. Überragend<br />

etwa die Spoken Word Performance von Jemeni, die<br />

mit ihrem Text zu No More Dating DJs jeden auch nur<br />

mit minimalen Englischkenntnissen ausgestatteten<br />

Plattendreher lachend zu Boden befördert. Gilles Peterson<br />

schaffte es auch hier wieder als einer der ersten<br />

zurück zum Arbeitsgerät. Aber auch Reigns Raps<br />

bei History In The Making und Sankofas Reggae-Lyrics<br />

überzeugen augenblicklich. Natürlich fehlt auch<br />

die Straighness im House nicht. Eher mellow bei Player<br />

1, percussiv bei Magic Carpet Ride und direkt stompend<br />

bei The Dream Loves On. Cool.<br />

music.com<br />

M.PATH.IQ ••••-•••••<br />

V.A. - NOVA VIDA VOL. 1<br />

[NOVA VIDA / TRAMA]<br />

Bei Nova Vida handelt es sich um neues Leben im<br />

Hause Trama. Bruno E hat dazu die brasilianische Produzentenelite<br />

für House und Broken Beats in São Paulo<br />

versammelt. Die stellt er uns mit seinem Mix erstmal<br />

vor. <strong>De</strong>nn an Anderson Soares, Mad Zoo, Alpha 5<br />

und auch seinen eigenen Namen dürfen wir uns gewöhnen.<br />

Endlich kommt Brasil-House auch von dort.<br />

Das Temperament geht jedoch mit keinem der Beteiligten<br />

durch. Eher deep und zuweilen gar jazzy stellen<br />

sie sich bislang dar. Von den beiden Dreingaben erfreut<br />

zusätzlich noch der progressive Makako-Remix<br />

für Patricia Marx besonders.<br />

www.trama.com.br<br />

M.PATH.IQ ••••<br />

THE SOUND OF YOUNG NEW YORK<br />

[PLANT]<br />

Hätte man ja eigentlich schon früher mit gerechnet,<br />

vielleicht war aber einfach doch noch nicht genug Material<br />

da, das zwischen Rapture und Metro Area passt.<br />

Hier jedenfalls Tracks von Rinocerose (Rapture Mix),<br />

Metro Area (DFA Mix), The Glass, Clones, Syrup, Ilana,<br />

Kap 10 Kurt bis Plant, von denen man eigentlich nur<br />

Rapture und die DFA-Posse kennt, und natürlich ist es<br />

irgendwo zwischen Oldschoolhouse und No Wave angesiedelt,<br />

wirkt aber stellenweise auch fast schon so<br />

wie die Band-Version von Herbert. Wenn man nicht irgendwann<br />

ein wenig genug von den etwas klassisch<br />

slammenden Drumsounds, hätte die hier fast durchgehend<br />

benutzt werden, dann würde man sogar an eine<br />

Lebensdauer von mehreren Jahren dieses Sounds<br />

glauben, aber genau an dieser Stelle, da wo der<br />

Hauptgroove herkommt, wirkt diese Platte dann so<br />

wie ein Schlaglicht auf eine Szene, die sich vermutlich<br />

schnell in ganz verschiedende auseinanderdividieren<br />

wird. Aber genau das macht es zur Zeit eben auch<br />

spannend. Glücklicherweise viel weniger Rock als viele<br />

von euch vielleicht befürchtet hätten. Checkt es aus<br />

und sucht nach den einzelnen Acts, denn es gibt definitv<br />

etwas zu entdecken.<br />

BLEED •••••<br />

MOORE MUSIC - TO THE COWBOYS<br />

[POPUP-RECORDS]<br />

Nettes, adrettes <strong>De</strong>but von Patric Lange und Laurent<br />

<strong>De</strong>dieut. Eingebettet zwischen melancholischen Melodien<br />

finden sich sphärische Klänge und repetitive<br />

Gesangspassagen, wie man es noch von Airs “Moon<br />

Safari” kennt, allerdings bewegt sich das Album variantenreich<br />

über die Grenzen dieses Bereichs hinaus.<br />

Das Air-Erbe hat wohl einen Trend geschaffen, der in<br />

Frankreich noch länger anzuhalten scheint. Mit “stars<br />

are burning” oder “can’t get used to it” sind ein paar<br />

durchaus gelungene, potentielle Hits auf der CD, und<br />

zwischendurch kann man vielleicht noch heraushören,<br />

dass <strong>De</strong>dieut und Lange ursprünglich aus der<br />

klassischen Vier-Mann-Bandformation kommen. Die<br />

französische Herkunft ist unverkennbar, und wenn<br />

man sowas gern erkennt, liegt man mit “to the cowboys”<br />

bestimmt richtig.<br />

MATTHIAS ••••<br />

BUS - MIDDLE OF THE ROAD<br />

[SCAPE 19]<br />

Ja, wir sprechen von Dub. Und wir meinen nicht den<br />

minimalen Dubhouser vom Spree-Rhein oder den<br />

wursthaarbehangenen Eurohippie mit verkifftem<br />

Echtheitszertifikat in Grün-gelb-rot, sondern “Bus”.<br />

Das Projekt der Berliner Produzenten Daniel Meteo<br />

(auch Betreiber des Labels Meteosound und umtriebiger<br />

Clubveranstalter des guten Geschmacks) und<br />

Tom Thiel (sonst “Ocean Club”-Member) umkurvt<br />

elektronisch bis HipHop-lastig alle Genreklischeefallen,<br />

um jenseits von Posertum und introvertiert harmlosem<br />

Dubgefrickel die Hüften zu schwingen. Die<br />

Leichtigkeit, mit der “Middle of the Road” mit Dub<br />

und seiner überdeterminierten Symbolwelt verfährt,<br />

rührt nicht zuletzt aus der Hinzunahme des Glasgower<br />

MC Soom-T von Monkeytribe (Meteosound): eine<br />

Frau mit derart hingerotzt cooler Stimmlage und<br />

Schnelligkeit, die die männliche Konkurrenz wie unlängst<br />

bei den 8 Mile MC Championships alt aussehen<br />

ließ und die allzu oft gesehene Kombination “Jungs an<br />

die Rechner und Mädels ans Mikro” gründlich durcheinander<br />

wirbelt. Ihr Sprechgesang steht stark im Vordergrund,<br />

während sich auf den Instrumentalstücken<br />

eine intelligente Dubinterpretation ihrer elektronischen<br />

Zitierweise jamaikanischer Musiktradition<br />

nicht zu schämen braucht. Mal affirmativ warm, mal<br />

gebrochen mit Arschtritt.<br />

SK •••••-••••<br />

HANNA - GLAMOROUS<br />

[SÉPARÉ RECORDS]<br />

Sehr schön, dass auch Hanna aus Cleveland mal wieder<br />

eine Platte macht, und dass es dieses Mal ein Label<br />

aus <strong>De</strong>utschland ist und so Hanna vielleicht auch<br />

hierzulande endlich mal etwas bekannter wird, denn<br />

nicht nur seine Produktionen mit Dan Curtin und seine<br />

Alben und 12”s auf Sublime, Shadow, Headspace,<br />

Track Mode, Viva usw. haben uns ja schon lange zu<br />

Fans seines sehr smoothen <strong>De</strong>troit-House Sounds<br />

werden lassen, sondern vor allem die immer jazziger<br />

werdenen Tracks, diese Stakkatobrillianz in den Grooves,<br />

die manchmal klingt wie der reinste Broken Beats<br />

Himmel und die immer deeper werdende Musikalität<br />

der Tracks, die hier noch mal einen neuen Höhepunkt<br />

erreicht und sich selbst diverse Synthesizersolos leisten<br />

kann, ohne in Kitsch abzudriften. <strong>De</strong>ephouse<br />

sollte man allerdings schon mögen. Sehr fein.<br />

www.separe-rec.com<br />

BLEED •••••<br />

THE ZEPHYRS - A YEAR TO THE DAY<br />

[SETANTA / SETCD103]<br />

Die Zephyrs kommen zurück, dieses Mal auf Setanta,<br />

nachdem das kleine Mogwai Label ja irgendwie eingeschlafen<br />

zu sein scheint, schnüff. Zur Erinnerung: Auf<br />

ihrer ersten LP, eigentlich die zweite, aber das ist eine<br />

andere Geschichte, in Schottland machen offenbar<br />

immer wieder mal Bands so LPs in Miniauflage), sang<br />

Rachel Goswell von Slowdive und einige Tracks waren<br />

so wahnsinnig deep, das es schon beängstigend war.<br />

“A Year To The Day” knüpft mit einem gigantischen<br />

Songwriting da an, auch wenn ich kein Fan der Slide-<br />

Guitar bin, aber egal. Und auch wenn Island ja ganz<br />

schön ist, denke ich, dass die Zephyrs eigentlich genauso<br />

viele Platten verkaufen müssten wie Sigur Ros.<br />

Verdient hätten sie es allemal. Herrliche SlowMotion<br />

Karrussells, diese Tracks. Mitten ins Herz. Klar, dass<br />

Ulrich Schnauss da demnächst einen Remix machen<br />

wird...<br />

THADDI •••••<br />

2ND COCOWAFFLE FLAKE<br />

[SKI-PP]<br />

Ah, Weltkongress der spleenigsten Harddiscspalter<br />

der Erde. Blechdom, Dat Politics, Scratch Pet Land,<br />

Aelters, Goodiepal, Felix Kubin und ein paar weniger<br />

bekannte Bekannte wie Hitz Express, Secret Mommy,<br />

Anne, Nathan Michel und The Park Royal Trio. Monsterlineup<br />

denkt ihr? Wartet erst mal bis Kevin Blechdom<br />

mit “Slow Me Down” loslegt und alle Zweifel an<br />

ihr, die irgendein Banjohasser hatte, auf einmal weggefegt<br />

sind, und eure Ohren gleich mit, denn der<br />

Track geht gleich in den DAT Politics Remix über, und<br />

da wird wirklich nichts ausgelassen, was einen digitalen<br />

Effekt zum Popstar machen könnte. Hitz Express<br />

lassen die Beats so versprengt rocken, dass selbst<br />

dem besten Elektronika-HipHopper ganz schwach in<br />

den Knien werden dürfte, Secret Mummy machen einen<br />

unglaublichen Bluestracks aus ein wenig Niesen<br />

und viel Spinnerei, definitiv einer meiner Lieblingstracks<br />

des Monats, und überhaupt ist diese Platte so<br />

albern, dass man endlich mal wieder einen dieser etwas<br />

seltenen Momente erwischt, wo man einfach<br />

nicht anders kann als sich über die Musik die man grade<br />

hört wegzulachen. Mehr Spass gibt’s gar nicht auf<br />

CD. Ach so. Als Bonus noch 15 skurrile Flashfilme, wie<br />

man sie von der Ski-PP Seite kennt und ein A2 Poster<br />

zum selberausdrucken.<br />

www.ski-pp.com<br />

BLEED •••••<br />

AE - BOOTLEG<br />

[SONIG]<br />

Ouch, ganz schön rasant was Andrew Sharpley und<br />

Emiko Ota da machen, und wer an No Wave und Elektroclash<br />

glaubt, den dürfte diese CD sogar heilen können,<br />

denn die beiden wuseln im ersten Track so unverfroren<br />

in einem Soundclash aus Sampleoverload<br />

derselben Zeit, kennen aber einfach ein paar Zentner<br />

vergessener 45s zuviel und flirren durch die verschiedensten<br />

Ideologien mit Tracks, die nur noch einen halben<br />

Zeh auf dem Boden haben. Harddisc-Monster die<br />

man am liebsten gar nicht freigelassen hätte. Wer<br />

Peoplelikeus liebt, der wird sich bei AE gleich zu Hause<br />

fühlen. Musik, die wirkt als hätte man seine Wohnung<br />

mit einem Tornado geduscht und aus irgendeinem<br />

unerklärlichen Grund wäre am Ende nichts als<br />

ein nach eher schwer zu begreifenden Kriteren “aufgeräumtes”<br />

Kinderzimmer dabei rausgekommen.<br />

www.sonig.com<br />

BLEED •••••<br />

JOSEPH SUCHY - CALABI.YAU<br />

[STAUBGOLD / 43]<br />

Suchy ist nicht nur Franke, sondern auch Ordinarius<br />

der Gitarrenforschung, so steht es geschrieben. Und<br />

der Opener seines mittlerweile vierten Album läßt<br />

auch schnell Großes erahnen: gemächliches Pocken,<br />

Rumpeln und Fiepen der Gitarre verwurzeln sich mit<br />

digitaleren und ebenso gemütlichen Klangfeldern,<br />

wobei Zeit sich in sich selbst zurückziehen darf und alles<br />

Wichtige erstmal belanglos wird. Wie ein Sog nehmen<br />

die acht weiteren Tracks alle Aufmerksamkeit in<br />

sich auf und lassen die unausstehlichen 35° Zimmertemperatur<br />

des vergangenen August durch weite,<br />

wellige Dronelandschaften mit kurzweiligen Melodieskizzen<br />

in kühlere Gefilde driften. Ein perfekter Soundtrack<br />

für anstehende Herbstnächte.<br />

www.staubgold.com<br />

ED ••••<br />

MO´HORIZONS - ...AND THE NEW BOHEMIAN<br />

FREEDOM<br />

[STEREO DELUXE / SPV]<br />

Die neue künstlerische Freiheit lässt sich an dieser<br />

Stelle leicht beschreiben. <strong>De</strong>r massive Erfolg der ersten<br />

beiden Alben Come Touch The Sun und Remember<br />

Tomorrow sowie des Hits Photo Viva gab ihnen<br />

zum einen die Freiheit, ein - wie es in Promotion-Neu-<br />

<strong>De</strong>utsch heißt - Finished Product abzuliefern und zum<br />

anderen ihre Laptops über den halben Planeten zu<br />

schleifen, um im Gefühl des ewigen Sonnenuntergangs<br />

zu arbeiten. Die Einflüsse sind daher vielfältiger<br />

geworden. Fans wie Jürgen Trittin dürfen sich auf<br />

Mundharmonika, Drum’n Boogaloo, Mambo, Sitar<br />

und einiges mehr freuen. Und zu guter letzt treffen<br />

wir wieder auf Jazz-Ikone Karin Krog, deren Vocals bereits<br />

beim Labelkollegen Espen Horne aka Bobby<br />

Hughes aufhorchen ließen.<br />

www.stereodeluxe.com<br />

M.PATH.IQ ••••-•••<br />

LOWFISH - 1000 CORRECTIONS PER SECOND<br />

[SUCTION / 018]<br />

Um Lowfish haben wir uns in letzter Zeit ein bisschen<br />

sorgen gemacht. Einfach weil es uns komisch vorkam,<br />

die Jungs in kanada immer so von <strong>De</strong>troit Electro geschwärmt<br />

haben, Ersatz Audio hin oder her und Roboter,<br />

selbst nüchtern, eigentlich lieber Synthpop machen<br />

sollten. Da ist Lowfish jetzt wieder, mit einem Album<br />

voll wundervoller Tracks, die untenrum immer<br />

ein gigantisches Bollerfeuerwerk veranstalten, sich<br />

aber im Gesamtsound einfach sehr schwelgerisch geben<br />

und den Oktavbass nur als bouncenden Flummi<br />

extrem präzise plazieren. Die alten Maschinen laufen<br />

heiß, uns ist auch ziemlich warm und wir tanzen den<br />

Highspeed und fragen uns, warum Futurama-Fry neulich<br />

im alten New York nur den Breakfast Club-Soundtrack<br />

gefunden hat. Tse, tse. Vor allem, weil doch eigentlich<br />

klar sein müsste, dass, aber lassen wir das.<br />

“1000 Corrections Per Second” ist ein großartiges Album,<br />

das in seiner Liebe für damals moderner klingt<br />

als so manch andere Platte, bei der auf dem Cover eine<br />

große 80 drauf ist. Aber das ist ja immer so bei Suction.<br />

www.suctionrecords.com<br />

THADDI •••••<br />

KOMA & BONES - SHUTTERSPEED<br />

[TCR]<br />

Im Jahr der Breakbeat-Longplayer-Releases dürfen<br />

auch die Breakbeat Meister Koma & Bones nicht fehlen.<br />

Ihre letzten 12”es waren nicht immer mein Ding,<br />

aber hier gibt’s was Feines auf die Ohren. Beim ersten<br />

Hinhören ist man ja immer ein wenig enttäuscht,<br />

wenn man eine volle CD hört, die im Gegensatz zu<br />

den EPs einen nicht gleich anspringt. Aber Shutterspeed<br />

begeistert gerade durch diese Mischung von<br />

Clubtracks und Homelistening-geeigneten Songs. Ein<br />

Hören ist zu jeder Zeit und an jedem Ort möglich. Stil:<br />

im weitesten Sinn Breakbeat natürlich, auch mal geradeaus<br />

und oft mit einem gehörigen Anteil an Soul, u.a.<br />

durch die Vocaleinlagen von Robert Owens und Matt<br />

Maudsley. Highlight ist die aktuelle Single Black Satsuma.<br />

Für mich ein Song des Sommers, die einem zu<br />

heftigen Kopfnicken nötigt und die Dancefloors rockt.<br />

www.tcr.uk.com<br />

FABIAN •••••<br />

GEORG LEVIN - CAN´T HOLD BACK<br />

[SONAR KOLLEKTIV / ZOMBA]<br />

Nun hat also auch das Sonar Kollektiv seinen Soul-<br />

Brother. Wer dabei gleich wieder Philadelphia-Schablonen<br />

oder andere progressive Kollegen wie Leme im<br />

Ohr hat, sieht sich getäuscht. Hier ist Soul wirklich<br />

noch Soul. Wenn er nicht gerade wieder einen housigen<br />

oder boogiesken Hit Marke When I’m With You, In<br />

Your Car oder (I Got) Somebody New schreibt, ist er<br />

eher pathetisch. Aber nie aufgesetzt. Levin hat eine<br />

Vision, die durch alle Songs durchscheint, egal ob bei<br />

der Jazz-Ballade Polar Odyssey, oder wie bei Mrs Superficial<br />

nur von Piano und Klavier begleitet. Er bleibt<br />

auch digital von Leuten wie Axel Reinemer oder Roskow<br />

Kretschmann (Jazzanova), Robert Philipp (Mellowbag)<br />

oder seinem Wahoo-Kollegen Dixon co-produziert<br />

unverwechselbar und trifft die Töne, die Kerze<br />

und Sofa förmlich herbeizitieren.<br />

M.PATH.IQ •••••-•••<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

CD • = NEIN / ••••• = JA<br />

KEN IKEDA - MERGE<br />

[TOUCH / T33.19]<br />

Merge bringt Ausschnitte aus Ikedas Sound-Tagebuch,<br />

das er seit 1990 auf unzähligen Tapes festhält.<br />

Wir werden aber keineswegs mit den tiefen Leidenschaften<br />

und Geheimnissen des Musikers vertraut gemacht,<br />

sondern durch nicht darstellbare Ortschaften<br />

und über minimale Melodiebögen getragen, denen<br />

auf den insgesamt elf Tracks dennoch eine fast unheimliche<br />

Intimität anhaftet. Oft ist ein einzelner, hoher<br />

Ton Ausgangspunkt. Dieser entwickelt durch seine<br />

unüberhörbare Präsenz nicht annähernd eine verständliche,<br />

lineare Narrativität und konfrontiert mit<br />

mit gehörigem Übermaß an Möglichkeiten, in diese<br />

wunderschönen Sounds konkrete Bedeutung hineinzuinterpretieren.<br />

Das entpuppt sich letztendlich sogar<br />

als vielleicht zu große Herausforderung an unsere<br />

Vorstellungskraft.<br />

www.touchmusic.org.uk<br />

ED •••••<br />

K.I.M. - MIYAGE<br />

[TIGERSUSHI]<br />

Tigersushi legt uns diese CD einer veganen semifiktiven<br />

Terrortruppe vor, die eigentlich eher eine Mix-<br />

Compilation ist, die irgendwo zwischen dem Teaching-Faktor<br />

der Webseite und den Re-Edits der Kill<br />

The DJ Serien seine eigene Ideologie zwischen Remixen,<br />

Mixen, Herauskramen, Neubearbeiten und all<br />

diesem Gewusel aus wem gehörts, wo kommts her,<br />

wo gehts hin als neue Frage stellt, die jedes Mal wieder<br />

gelöst werden muss, bevor eine Platte überhaupt<br />

erst mal losgrooven kann. Sehr strange Reise durch<br />

verschiedenste Tempi, Filmmusik, Disco, Absonderlichkeiten,<br />

Fata Morganas von Mixen, Überblendun-<br />

BRD<br />

MONOSURROUND - BO BULLET - MINI IPI<br />

[1ST DECADE]<br />

Sehr schön deep rockende aufwühlende Technotracks<br />

mit genau der richtigen Portion aus Oldschoolbeats,<br />

Disco, Harmoniewechseln, Popalbernheiten und allem,<br />

was so ein richtiger grenzüberschreitender Hit<br />

begehrt. Dabei ist es nicht einfach irgendwie so Elektrotrash,<br />

sondern ziemlich ausgefuchste Discomusik,<br />

die die Berliner da auf “Take Me, Love Me, Hate Me”<br />

veranstalten. Das etwas mehr rocken wollende “Bo<br />

Bullet” scheitert aber leider an der sich etwas in dirtyness<br />

selber überfordernden Stimme, da würden wir<br />

fürs nächste Mal einen Raggasänger vorschlagen, und<br />

“Dreamer” ist dann wirklich nicht wesentlich anders<br />

als Marilyn Manson, nur halt ohne das ganze Image<br />

drumherum.<br />

BLEED •••••-••<br />

JEFF MILLIGAN - IN MY LIFE<br />

[BACKGROUND RECORDS/036]<br />

Sehr schöne Platte die mit dem Titeltrack für Jeff ungewohnt<br />

sanfte Töne anschlägt. “In My Life” ist soetwas<br />

wie ein Aufbruch zu einer Geschichte die noch erzählt<br />

werden will und soviel Zukunft in sich trägt wie<br />

Vergangenheit. Es ist etwas das man mit sich herumträgt<br />

und dass einen bestimmen kann, definieren,<br />

vielleicht nur als der Raum in dem man selber nur<br />

noch ein Pronomen ist, vielleicht aber auch als das<br />

was man anderen als Geschenk in die Hand drücken<br />

möchte. Wir setzen mal vorraus, ihr kennt Jeff Milligan<br />

von Revolver. <strong>De</strong>n canadischen <strong>De</strong>ckwizzard und<br />

plinkernden Hyperminimalisten. “Eight” auf der Rückseite<br />

geht noch weiter in sich, ohne sich festhalten zu<br />

wollen und reduziert das Tempo bis hin zu einem<br />

Groove, der jeden Tropfen Melodie sofort verdampfen<br />

lässt, wie Sommernieselregen auf dem viel zu<br />

heissen Pflaster der Unendlichkeit.<br />

www.background-records.de<br />

BLEED •••••<br />

RHYTHM & SOUND W/ THE CHOSEN BROTHERS -<br />

MASH DOWN BABYLON<br />

[BURIAL MIX / BM-12]<br />

Die Chosen Brothers kehren zurück ins Rhythm & Sound-Studio<br />

und “Mash Down Babylon” ist in seiner<br />

trockenen Funkyness wieder mal ein kompletter heiliger<br />

Gral, allein schon, weil die typischen Akkorde und<br />

warmen Harmonien diesmal weit im Hintergrund<br />

sind, nur noch andeutungsweise in den Stabs wahrgenommen,<br />

mitunter durch spookige Sonnenaufgänge<br />

abgelöst werden und den Congas allen Platz der Welt<br />

lassen. Sehr aufgeräumt und dem windigen Dub so<br />

nah wie nie. Perfekt.<br />

THADDI •••••<br />

PORTABLE - CYCLING<br />

[BACKGROUND RECORDS/037]<br />

Ah, wieder ein Album von Portable. Und es ist mehr<br />

als erstaunlich wie sehr er sich in der kurzen Zeit weiterentwickelt<br />

hat, obwohl er von uns aus auch hätte<br />

stehen bleiben können. Das Cover besteht aus Bäumen,<br />

die wiederum aus Namen von Tour <strong>De</strong> France<br />

Gewinnern zu bestehen scheinen. Oder Gito D`Italia,<br />

oder beides, die Schatten sind kleine Fahrradicons.<br />

Ob Fahrräder so etwas wie die Metapher eines Exils<br />

sind, das sich nicht auf ein Land bezieht, wie sagen wir<br />

mal so wie bei Beckett... keine Ahnung. Die Musik<br />

zählt hier eh. Und die vertieft sich noch weiter in der<br />

Dichte, die Portable immer schon ausgezeichnet hat,<br />

lässt einen weit hinabsteigen in einen Groove, der<br />

sich nur mit der Zeit erschließt, nur indem man sich<br />

wirklich drauf einlässt, der dann aber auch immer un-<br />

gen ins unmöglichste, Zusammenbrüche, Aufgefangenem<br />

und weichen Landungen. <strong>De</strong>finiv eine der Mix-<br />

CDs des Jahres, denn so vielseitig (von Piaf bis zu<br />

Weevie Stonder, von Gun Club zu Psychic TV und immer<br />

wieder K.I.M. als Puffer dazwischen) war nicht<br />

nur wenig, sondern so wenig eklektizistisch wirkte<br />

auch nichts was sich mit den Federn von Freestyle<br />

schmücken wollte, und so gut ineinandergemixt war<br />

sowieso schon mal nichts. Alles ist Material und alles<br />

ist Souvenir. Gross.<br />

www.tigersushi.com<br />

BLEED •••••<br />

THE BOOKS - THE LEMON OF PINK<br />

[TOMLAB/032]<br />

Die letzte The Books CD war ja Ewigkeiten eine meiner<br />

Lieblingsplatten was skurrile Arrangements und<br />

überzogende Samples anbelangt, und so schnell und<br />

rasant, dass man dazu am liebsten explodiert wäre,<br />

aua, die neue ist ruhiger und hat ein zentrales Thema,<br />

Folk, Stealgitarren, Cottonfelder, Blues, Geigen, alles<br />

was einen in ein virtuellen Oklahoma versetzen kann,<br />

in eine Zeit als man seine Quantencomputer noch aus<br />

Grasshalmen basteln musste. Das Ganze bekommt<br />

dann so eine Art japanischer Patina aus verfrickeltem<br />

Unsinn und schon ist man in einer Parallelwelt, aus<br />

der man erst mal nur unter Gebrüll wieder raus möchte.<br />

Die zweite Spezialität des Album sind übrigens<br />

sehr merkwürdige Stimmfetzen und deren absurde<br />

Zusammenstellung. Platte für jeden, der gerne überrascht<br />

wird und sich in der Überraschung dann gleich<br />

zuhause fühlt, obwohl er niemals dahin kann.<br />

www.tomlab.de<br />

BLEED •••••<br />

gewöhnlicher wird, und aus jedem Geräusch irgendwie<br />

etwas zieht, das einen bewegt. Die ersten Hinweise<br />

auf seine Liveumsetzung mit Bassisten finden<br />

sich auf “Counter Source”, und anstatt, wie so viele<br />

die Sounds immer transparenter zu machen und weiter<br />

im Raum zu verteilen, findet Portable eine Methode,<br />

Sounds zusammen zu schmelzen und dichter werden<br />

zu lassen, ohne dass sie dabei auf übliche Zusammenhänge<br />

zurückgreifen müssten. Eine schwierige<br />

Platte, die man trotzdem immer wieder gerne hört<br />

und die einem mit jedem Mal, wo man sich auf sie einlässt,<br />

immer leichter und immer mehr zurückgibt.<br />

www.background-records.de<br />

BLEED •••••<br />

TWIG - AUTUMN<br />

[BOXER SPORT/010]<br />

Ach, was für ein Hit. Ok, ich gebe zu, das ist ganz<br />

schön dreist, so einen Popsong rauszuhauen, aber irgendwie<br />

kann man das besser nicht singen: “It was<br />

summer, now it`s autumn” könnte auch ein Track<br />

sein, den die Pet Shop Boys für die große Schwester<br />

einer unbenannten Discoheldin “New Order” umgeschrieben<br />

haben, aber eigentlich ist es selbst dafür zu<br />

prägnant. Auf der Rückseite wird es dann etwas<br />

smoother und mit eher klassischem Minimalsound<br />

der weichzeichnenderen Art, bleibt aber immer noch<br />

sehr charmant und leicht melancholisch (“Olympic”)<br />

bis weltumarmend (“Traffic”). Sehr glitzernde Platte<br />

von Torsten Mauss, der sonst zusammen mit Volker<br />

Bertelmann “Tonetraeger” macht. Überraschung.<br />

www.boxer-recordings.com<br />

BLEED •••••<br />

STEFAN SCHROM - TANZVOYEUR<br />

[BOXER SPORT/011]<br />

Das sind die Leute, die im Club immer am Rand der<br />

Tanzfläche stehen, und davon gibt es ja immer schon<br />

viele, und ob sie es bleiben bei solchen Hits wie denen,<br />

die Boxer gerade raushaut, bleibt zu bezweifeln.<br />

Etwas mehr Mitte und ein Hauch discoider kommt<br />

Schrom von Big Chief Electric hier mit einem Track<br />

zwischen Acid-Gebrubbel, Discobasslines und guter<br />

deutscher Polka, die einen natürlich an Tracks wie<br />

“Tanz Dazu” erinnert, aber, hey, über das Tanzen<br />

Tracks zu machen, war schon immer eine <strong>De</strong>tailarbeit<br />

kleinster Nuancen. “Come On” rockt funkiger und mit<br />

gut durchgestyltem Electro-Flavour, das einen in der<br />

Art der freigestellten Sounds manchmal an manche<br />

Areal Platte erinnert und wenn es dann noch in die<br />

Umlanddisco zieht, wenn in Köln alles schließt, der<br />

wird wohl irgendwann unweigerlich dem <strong>De</strong>composed<br />

Subsonic Mix begegnen, denn der hat sich vorgenommen,<br />

Westbam und Hell auf einmal den Kampf<br />

anzusagen.<br />

www.boxer-recordings.com<br />

BLEED •••••-••••<br />

HOUSEMEISTER - PSYCHO<br />

[BPITCHCONTROL/068]<br />

<strong>De</strong>finitv der Richtige, wenn auch ein wenig irreleitender<br />

Name für diese Platte, denn auf der Rückseite<br />

kommt zum von allem gestrippten Punkbeats, die nix<br />

von Elektroclash haben, sondern eher von guter alter<br />

Kirmespolka, Zirpen, Quietschen und Quäken, als<br />

wären mindestens Generationen von Gummitieren<br />

für die Produktion dieser Tracks gestorben, und Orgeln<br />

aus dem Gruselkabinett einer 50er Jahre Unterhaltungsindustrie<br />

auf Speed, dann auch noch gelegentlich<br />

eine Acidline hinzu, etwas Stummfilm-Uhr-<br />

Tackern und Basslines für those who können einfach<br />

nicht mehr vor Lachen. Musik eher für Seitenstiche als<br />

ANDREY KIRITCHENKO - BEES AND HONEY<br />

[ZEROMOON]<br />

Fünf Tracks von Kiritchenko und ein voller Satz von<br />

zehn Remixen bzw. Bearbeitungen von Leuten wie<br />

Scanner, Marcus Maeder, Brian Lavelle, Kotra, Kim<br />

Cascone, Feiband usw. Wer andere Platten von ihm<br />

kennt, weiß, dass es hier um relativ strenge Musik<br />

geht, die nah am akustischen reinen Experiment arbeitet,<br />

Microsounds in langsam verfremdeten Loops,<br />

aber manchmal eben auch harmonischere Umgebungen<br />

mit leichtem Knistern, immer jedoch Musik, die<br />

viel mehr im Raum steht, als sich zu bewegen und ihn<br />

langsam von einer Impression zur anderen morpht.<br />

Die Remixe bewegen sich von manchmal etwas darkeren<br />

Sounds über reine Click-Experimente bis hin zu<br />

großangelegten generativen Breitwand-DSP-Szenen<br />

für den Dancefloor, aber trotzdem brüllend gut. Die<br />

etwas brachial betitelte A-Seite “Panzer” rotzt einmal<br />

ordentlich ins Gesicht aller Electrotrash- und Booty-<br />

Fans und zeigt einem dann mit dem sicheren Grinsen<br />

eines Gewinners die kalte Chicago-Schulter. Blendend.<br />

www.bpitchcontrol.de<br />

BLEED •••••<br />

ELLEN ALLIEN - ALLES SEHEN REMIXE<br />

[BPITCHCONTROL/073]<br />

Martini Brös, Safety Scissors, Miss Kittin und Ellen<br />

machen die Remixe dieser Platte und jeder Track<br />

stimmt. Die Martinis knuffeln Ellens Stimme zu einem<br />

flüsternden Orakel zusammen und brutzeln sich eine<br />

Monster-Bassline über’m offenen Feuer solider Oldschool-Acid-Referenzen<br />

in blubbernder Synthesizer-<br />

Sauce, Safety lässt es trocken abperlen und heizt<br />

durch die Tasten, als wäre er einfach, was vielleicht<br />

stimmt, der unschlagbare Funkgott mit den Samthandschuhen,<br />

eine Art Bleep-König, der kommt, um<br />

das Rockit der nächsten Generation zu kicken, das<br />

man sich als Mobile über den Dancefloor und übers<br />

Bett hängen kann, als gäbe es da keinen Unterschied.<br />

Ellen lässt es in ihrem Mix ordentlich krachen und fällt<br />

trotz noisiger Sounds immer wieder auf die swingenden<br />

Füße, auch wenn sie sich verraucht verruchter<br />

klingen lässt, als man es ihr abnehmen würde, und erinnert<br />

mich dabei merkwürdigerweise an M.A.N.D.Y.<br />

Zum Abschluss ein Track von Kittin, der so deep und<br />

verclickt tuschelt, dass man glauben könnte, sie hätte<br />

ihn zur eigenen Beruhigung direkt nach einem Traum<br />

von einem Abendessen mit Aphex Twin und Oval gemacht.<br />

www.bpitchcontrol.de<br />

BLEED •••••<br />

BEN MONO - PLASTIK PASSION, SUBURBAN RE-<br />

SIDENT/REMIXE<br />

[COMPOST]<br />

Ach ja, der Ben, Space Clique im Hinterkopf, das Album<br />

vor Augen, schneien die Mixe von Plastik-Passion<br />

recht unvermutet herein und machen Freude. Vorneweg<br />

und vor allem gewiss John Tejada, der mal wieder<br />

einen VIP-Mix bastelt, der die Vorlage in neue<br />

Höhen schießt und die Dancefloor-Tortenschlacht<br />

eröffnet. Wer hier keinen Kullerkeks abkriegt, ist selber<br />

Schuld. So verdammt gewitzt, dass es Spass<br />

macht über alle Ohren. Landslide klopfen auf<br />

Hartholz und stiebitzen dem Ben mindestens einen<br />

Kanal. Schließlich der Dharma One Mix.<br />

Drum´n´Bass, oh ja, so dick aufgetragen und doch<br />

phasenweise nach Beanfield auf Quasselstrippe klingend,<br />

da hat sich der Michael Reinboth bestimmt sehr<br />

gefreut.<br />

KAM •••••<br />

STEPPAH HUNTAH - WALK THIS STEP/WITH SEIJI<br />

REMIXES<br />

[COMPOST]<br />

Die Freunde der gebrochenen Beatschule dürfen sich<br />

auf Neuigkeiten von Seiji freuen. Paul Dolby kommt<br />

mit seinen Mixen für Steppah Huntah diesmal ohne<br />

hektischen Einschlag aus. Das Original legt er in<br />

gleich zwei Mixen dezent tiefer, ohne die Funktionalität<br />

einzubüßen. Die Vocals aus dem Original geben<br />

seinen Ideen neuen Spielraum. Ist die Steppah-Vorlage<br />

schon so gelungen, dass hier gebrochene Musik<br />

ohne Erinnerungen an vergangene Wirrungen auskommt,<br />

setzt Seiji dem Ganzen das West-London-geschulte<br />

Sahnehäubchen auf.<br />

KAM •••••<br />

und selbst ein wenig Harddisc-Funk darf da schon mal<br />

auftauchen. Nur selten Musik die wirklich anstrengend<br />

ist in ihrer Experimentalität.<br />

www.zeromoon.com<br />

BLEED •••••-•••<br />

OCEAN CLUB FOR CHINA<br />

[V2]<br />

<strong>De</strong>r Ocean Club um Gudrun Gut und Thomas Fehlmann<br />

war eingeladen hochoffiziell nach China. Künstlerisch<br />

freier Blick, das kategorische Verlassen auf die<br />

eigene Geschmackssicherheit und Sinn für die Homelistening-Variante<br />

von 4/4-geschraubter Elektronika<br />

sind hier das Exportgut, das nun auch hierzulande veröffentlicht<br />

wird. Herausgekommen ist dabei Musik<br />

für Ocean Club Radiohörer mit kleiner Küche und daher<br />

zu wenig Platz zum Tanzen. Also keine Hektik, und<br />

so grast man gemächlich kulturbotschaftlerisch mit<br />

OK-Stempel der staatlichen Zensurbehörde die flauschigeren<br />

Seiten der verschiedenen Richtungen ab,<br />

die der elektronische Kosmos so zu bieten hat, zwischen<br />

Shuffeligem wie Komeits “3 hours” im T.Raumschmiere-Mix<br />

oder “From a distance” von the Orb und<br />

poppig Kuscheligem im Sinne von Jürgen Paapes “So<br />

weit wie noch nie”. Bleibt dabei aber meist vorhersehbar<br />

und zählt den Bitcrusher selbstverständlich zu<br />

den gängigen Küchengerätschaften, die in jeden guten<br />

Haushalt gehören und die anscheinend auch in der<br />

asiatischen Küche nicht fehlen sollten.<br />

LUDWIG ••••<br />

CH.ELECTRONIQUE [ZAP MUSIC]<br />

Eine Doppel-CD mit schweizer Elektronik, die mit<br />

Golden Boy und Miss Kitten natürlich gleich einen<br />

thematischen Startschuss bekommt und sich dann<br />

TRÜBY TRIO - UNIVERSAL LOVE<br />

[COMPOST 139]<br />

<strong>De</strong>r zweite Teil der Remixe zu Elevator Music bringt<br />

uns raus aus dem Fahrstuhl direkt in die Berliner Partykultur,<br />

wo sowohl die Gebrüder Schwarz als auch<br />

me (Sonar Kollektiv) sitzen. Für sie war der Weg vom<br />

Boogie des Originals zu House bzw. 80er Electroclash<br />

besonders kurz. Tiefschwarz setzen ihrem Retrostyle<br />

durch ein Gitarrensolo zum Break die Ironiekrone auf.<br />

Dass dürfte zwar die meisten Trüby-Jünger nicht wirklich<br />

berühren, rockt aber bereits an manch unerwarteter<br />

Stelle. me liegen da ihrem Rootdown Round<br />

Midnight Mix fast schon in der goldenen Mitte und<br />

versöhnen Rainer und seine Faunas mit den straighten<br />

Floors. <strong>De</strong>r Soul in den Vocals von Marcus Begg<br />

bekommt durch den fein gebrochenem <strong>De</strong>eptroit-Style<br />

erst richtig Raum. Hammer!<br />

M.PATH.IQ •••••-••••<br />

STEPPAH HUNTAH - WALK THIS STEP<br />

[COMPOST 143]<br />

Was die Produktion angeht, hat sich Meister Reinboth<br />

mal wieder einen ganz dicken Fisch geangelt. Steppah<br />

Huntah alias Steven-Joyce Ames und Olessia Tourkevitch<br />

sind bei ‘Walk This Step’ so dermaßen West-<br />

West-London, dass auch Seiji nach dem ersten Hören<br />

bei Rainer Trübys Root Down nicht anders konnte, als<br />

eine Remixanfrage zu stellen. Oder eben gleich zwei.<br />

Allein das ‘Bahdapbahdap-bapdabadap’ will beim<br />

Meister nicht immer so flowen wie beim Original. Da<br />

geht der zweite Track von Steppah fast aber eben völlig<br />

zu unrecht unter. <strong>De</strong>r abstrakte BrokenFunk von<br />

‘Earth’ besitzt nämlich auch jede Menge Tiefe.<br />

M.PATH.IQ •••••-••••<br />

RHYTHM & SOUND W/ JAH BATTA - MUSIC HITS<br />

YOU<br />

[BURIAL MIX / BM-13]<br />

Mit fast demselben Backing Track wie “Mash Down<br />

Babylon” geht Jah Batta an den Start, fühlt sich in der<br />

Gesellschaft von Jerry Harris’ Gitarre mehr als wohl<br />

und organisiert das gesamte Rhythm & Sound-Gefühl<br />

komplett um, das eh immer, im klassischen Sinn, traditioneller<br />

wird und sich nicht mehr auf die jahrelang<br />

eingeführten Trademark-Sounds verlässt, sondern<br />

sich selbst immer mehr zurücknimmt und Dinge einfach<br />

passieren lässt. Unfassbar deep und neu.<br />

THADDI •••••<br />

TRÜBY TRIO - A FESTA / JALEO<br />

[COMPOST 146]<br />

Mit A Go Go ebneten sie seinerzeit in der Tat den Weg<br />

für Drum’n’Bossa. A Festa kann das zwar nicht mehr<br />

erfüllen, kombiniert aber Jorge Ben auf so raffinierte<br />

Weise mit Bassline und deepen Synths und Bongos<br />

von Mike T. (Organic Grooves), dass es nur so flockt.<br />

Sure shot. Dazu kümmern sich Cuica und Señor Coconut<br />

um die erste Single Jaleo. Wem dort die Vocals von<br />

Concha Buica zu prägend waren, dürfte durch Simone<br />

Serritella und Pete Herbert beglückt werden. Perfekt<br />

arrangierter Prime-Time-Brasil-House, wie man es<br />

von ihnen kennt. Atom Heart dagegen legt noch einige<br />

Kokosnüsse drauf und zeigt, dass Mallorca und<br />

Mambo nicht nur im Lexikon dicht beieinander liegen.<br />

Spätestens wenn dann aber das Saxophon in die Gitarrenphalanx<br />

hineinbricht, ist mir das aber doch zu<br />

albern.<br />

M.PATH.IQ •••••- •••<br />

PHONIQUE - FAKE IT<br />

[DESSOUS RECORINGS/040]<br />

“Fake It” kommt erst mal in einem deepen ruhigen Re-<br />

quer durch die Szenen von Styro2000, Monoblock B,<br />

Crowdpleaser, Plastique de Reve, Fugo, Steinbrüchel,<br />

Box Blaze, Kalabrese bis hin zu Dictaphone wuselt, eigentlich<br />

durchgehend mit sehr guten Tracks, aber, geben<br />

wir es mal zu, die Schweiz ist musikalisch längst<br />

so fett geworden, dass man mit einer Doppel CD einfach<br />

soviel auslassen muss, was dort passiert (dass die<br />

Schweiz eine <strong>De</strong>troit-Hochburg ist, kommt z.B. gar<br />

nicht vor), dass man sich eigentlich schon gar nicht<br />

mehr nach dem Land benennen müsste. Wir fordern<br />

eine Kanton-Compilation für jeden! Egal. Eher die<br />

rockenden Tracks mit leichtem 80s Einschlag und alles<br />

was irgendwo zwischen Elektro und Knarz Platz<br />

findet. <strong>De</strong>nnoch sehr gute CD für alle, die tatsächlich<br />

wenig von der Schweiz wissen und eher mal von der<br />

Party zu elektronischer Musik kommen.<br />

www.electonique03.ch<br />

BLEED ••••<br />

PHIL WEEKS - YEAH I LIKE THAT<br />

[ROBSOUL RECORDINGS]<br />

Und ob ich das mag. Das Album von Phil Weeks ist<br />

endlich draußen und es featured neben den Tracks,<br />

die schon als Promovinyl durch die Welt geisterten<br />

und die Floors bei jedem Set von ihm und Duriez und<br />

ein paar anderen gerockt haben, noch einen Haufen<br />

anderer und alles ist so verdammt mächtig, dass einem<br />

ganz schwarz vor Augen wird. Weeks ist definitiv<br />

jemand, der nicht nur die Bassline aus dem Sumpf<br />

hebt, sondern auch die Art von Sprechgesang zu dichten<br />

Houseslammern so perfekt beherrscht, dass man<br />

ihm, wenn es nicht so verdammt grooven würde, auch<br />

den ganzen Abend zuhören könnte. Sehr mächtige<br />

Platte die definitiv zu den Houseplatten des Jahres<br />

gehören dürfte. Wenn nicht mehr. Von den alten Hits<br />

mix von Frankman daher, der sehr lässig auf funkigem<br />

Fundament das Vocal auskostet und mit den Strings<br />

in die Höhe treibt, bis eigentlich jeder Housefloor das<br />

hier zu seiner Hymne auserkoren hat. Phonique ist ja<br />

in seiner Produktion etwas direkter und mittlerweile<br />

so ein Bleepliebhaber, dass sich “This Junk” sofort in<br />

die Reihe der lässig bewegenden Hits einreiht, die den<br />

Sommer bestimmt haben, und das breakigere Orignal<br />

von “Fake It” dürfte dann den Herbst einleiten, denn<br />

der fordert definitv wieder mehr Breaks überall, und<br />

glücklicherweise ist Phonique dabei nicht so klassisch<br />

Disco wie viele andere, sondern immer noch sehr harmonisch<br />

und real. Sehr schöne Platte.<br />

www.dessous-recordings.com<br />

BLEED •••••<br />

JAMES DINA4 - LEISURE WORLD<br />

[DIÄT/002]<br />

Endlich die zweite Platte des Bremer Labels, die mit<br />

James DinA 4 natürlich strengst bei der Familie bleibt,<br />

vor allem aber 5 dieser unglaublichen Tracks rausbringt,<br />

die den Sound von James DinA 4 so typisch<br />

und unverwechselbar machen. Mal konteraktive<br />

Grooves, mal straightes Rocken, schwere harmonische<br />

<strong>De</strong>troitsounds, offen gelegte und ans Herz gedrückte<br />

Sampleloops, Beats die Theo Parrish aussehen<br />

lassen wie einen gradlinigen Technoproduzenten,<br />

Stimmfragmente, die lockerer hängen als bei manchen<br />

Herbert Tracks aber trotzdem Stücke, die eine<br />

Faszination ausüben und so unablässig gegen den<br />

Strich grooven, dass man einfach immer wieder voller<br />

Staunen mitwippt.<br />

BLEED •••••<br />

FLOWMOTION - VISUAL PLEASURE VOL.2<br />

[ELEKTROLUX]<br />

Was auf Bayern 3 die Space Night, das ist im Hessen<br />

Fernsehen die Flowmotion. Wer keine Lust hat, Wölkchen<br />

beim Kräuseln überm Nildelta zuzuschauen,<br />

kann hier bei Videoanimationen in den Schlaf finden.<br />

Die Musik kommt trotzdem von Elektrolux, wie auch<br />

bei der Space Night. Die arbeiten weiter am audiovisuellen<br />

Chilloutmonopol, machen sich in ihrer Nische<br />

breit und bringen mit Flowmotion 2.0 schon das zweite<br />

musikalische Resümee ihrer nächtlichen Aktivitäten<br />

heraus. Darauf finden sich mit Múm, Aural Float,<br />

üNN oder The Sushi Club sowas wie die Allstars der<br />

nächtlichen Chilloutgemeinde. Hier also im Doppelpack<br />

der perfekte Bildschirmschoner für vom urbanen<br />

Lärm geplagte Ohren.<br />

LUDWIG ••••<br />

DOLE & KOM PRES. REPLAY - MELODIE & RHYTH-<br />

MUS<br />

[FORCE TRACKS]<br />

Tja, da sind sie wieder die unermüdlichen Kasinogänger<br />

Dole und Kom und zu aller Überraschung auf Force<br />

Tracks. Schenkelklopfende Disco ist die Folge, klar,<br />

mit allem was das Genre so an typischen Basslines,<br />

Strings, Wumms und Effekten zu bieten hat, perfekt<br />

produziert aber irgendwie auch etwas zu glatt und gefällig<br />

für meinen Geschmack und die Rückseite will<br />

auch noch einen Hauch Elektroclash-Darkness abhaben,<br />

was wirklich ein wenig zu viel des Guten ist.<br />

www.force-tracks.net<br />

BLEED ••••-•••<br />

MARKUS MÜLLER - QUATTRO STAGGIONE<br />

[FESTPLATTEN/018]<br />

Festplatten haben ja gerne etwas holziges, sprödes.<br />

Man könnte auch sagen, sie verzichten gern auf überflüssige<br />

Effekte. Und diese vier Funkmonster von Mar-<br />

“Fire in the Woods”, “Hypnose” bis hin zum Killertrack<br />

der zur Zeit alles wegrockt, “Track for Maya”, der Produktion<br />

mit Diz, “Searching For Someone”, eine Platte<br />

die einfach immer stärker wird. Endlich eine Nachfolge<br />

für das Freaks Album gefunden.<br />

www.robsoulrecordings.com<br />

BLEED •••••<br />

NOBODY - PACIFIC DRIFT<br />

[UBIQUITY]<br />

Western Water Music Vol. 1 lautet der Untertitel des<br />

zweiten Albums von Elvin Estela. Darin lässt er wieder<br />

seine Wurzeln HipHop, 60s Psychedelic und Indie-<br />

Pop zusammenfließen. Dieses Mal neigt sich der Wasserpegel<br />

wie die Gästeliste, die von Jimmy Tamborello<br />

und Paul Larson (Dntel), Dave Scher und Chris<br />

Gunst (Beachwood Sparks) und Ikey Owens (Mars<br />

Volta) bevölkert wird, eher dem Indie entgegen. Die<br />

Beats halten das, was aus seinen prähistorischen<br />

Samplern und Sequencern kommt, zusammen. Dabei<br />

träumt er von der Westküste, wie es sonst wohl kein<br />

normaler Fünfundzwanzigjähriger tut. Abstrakter bis<br />

weirder Chill.<br />

www.ubiquityrecords.com<br />

M.PATH.IQ ••••-•••<br />

M a sse und M a cht 0 6 – CD: Alvin Luciers „Ex plora tion of the House“<br />

2 5 .1 0 .2 0 0 3 : Psychogeogra phie III<br />

Begehung Leipziger Pla tz. w w w .musik missbra uch.org<br />

2 9 .1 0 .2 0 0 3 : ma sse und ma cht disco<br />

Ca fé M osk a u, M a tra tzen und M eyer Sound im ersten Stock , 2 0 :0 0 Uhr<br />

www.masseundmacht.com<br />

M a n n e h m e<br />

6 (12)<br />

M O E B E L H O R Z O N<br />

kus Müller machen da keine Ausnahme. Sichtlich<br />

ebenso verliebt in dieses Universum in dem Rock sich<br />

perfekt in einen Technokillertrack transponieren lässt<br />

und die neue Ada mal wieder jeden an die Wand rockt,<br />

der es wagt ein Schulterhalfter zu tragen, kann man<br />

auch schon mal den letzten Spice aus einem Grashalm<br />

knabbern bis alles seelig mit dem Groove klatscht. 4<br />

Hits für alle Freunde von Black Music in Pixeln denen<br />

irgend jemand ein paar Bärte angemalt hat. Wir finden<br />

flipflopflying.com sollte die Festplatten Crew<br />

endlich in seine Hall Of Minipopfame aufnehmen.<br />

www.fest-platten.de<br />

BLEED •••••<br />

K-LED - DETROIT CITY<br />

[FORCE INC/242]<br />

Tja, wem diese Platte in den ersten Tönen nicht vorkommen<br />

wird wie eine <strong>De</strong>troit-Ode von Fabrice Lig,<br />

der hört schlecht. Aber mit dem Beat geht es in eine<br />

ganz andere deepere Richtung von <strong>De</strong>troit, die nicht<br />

so pushy ist, sondern eher grabend und leicht acidinfiziert<br />

mit Rauchschwaden über der Stadt der Ahnen.<br />

Ist <strong>De</strong>troit eigentlich sowas wie Altgriechisch für<br />

Technosophen? Und selbst wenn, dann geht es hier<br />

um einen Eindruck, ein Bild, und das steht und wird<br />

von Winkel zu Winkel eben nur dichter. Die “Change”<br />

Seite kommt mit einem noch langsameren Acidtrack<br />

der sich irgendwie anhört, wie man sich eine frühe<br />

Djax Platte zurechgeträumt haben mag. Sehr gute<br />

Wendung, als <strong>De</strong>troitlabel sollte Force Inc weitermachen.<br />

www.force-inc.com<br />

BLEED •••••<br />

V.A. - F.U.N. COMPILATION<br />

[FOUR MUSIC]<br />

Glänzender Glitzer-Glamour, was ist echt, was ist Fake?<br />

Was ist gut und was nur <strong>De</strong>ko aus der vermeintlichen<br />

Undergroundkostümkiste für Jetsetschneckchen<br />

und Fashion-Boys mit der man sich<br />

schmückt, weil das, hach, so schick ist? Wer kann das<br />

schon sagen, jedenfalls kommt die Compilation des<br />

Berliner F.U.N. Clubs ziemlich lasziv elektroid 80iesmäßig<br />

rüber, mal simpel plump (DJ Naughty), mal augenzwinkernd<br />

(Tiefschwarz), aber immer betont feierwütig,<br />

auch mal gerne ein paar Schweissfleckchen auf<br />

den teuren Gewändern riskierend. Jedenfalls haben<br />

hier die DJs besagten Clubs jeder einen exklusiven<br />

Track beigesteuert und damit einen angemessen<br />

mondänen Soundtrack kreiert, der, so man sich den<br />

darauf einlassen will, durchaus Spaß machen kann<br />

und mit Tiefschwarz, Headman, DJ Kaos und den Turntablerockern<br />

ja auch ganz ordentlich was auffährt. Für<br />

Leute, die Sonnenbrillen auch nachts tragen und kein<br />

Problem damit haben, wenn neben ihnen auf der<br />

Tanzfläche Karl Lagerfeld den Pferdeschwanz kreisen<br />

lässt. Dandytum galore.<br />

LUDWIG •••<br />

ULTRAHIGH - FIBONACCI<br />

[FUMAKILLA]<br />

Tja, das soll ein Ravemonster sein, aber irgendwie fusseln<br />

die beiden, Kerosene und Jammin Unit, dann<br />

doch ein wenig zu sehr oder zuwenig, je nach dem aus<br />

welcher Perspektive man das sieht, in Oldschoolgewässern<br />

herum. “Fibonacci” kann sich nicht so recht<br />

entscheiden, ob es einfach durchschnittlicher<br />

Wummstechno der Mittneunziger sein will oder lieber<br />

doch mal ein Piano rausholt, “Pay Me” versucht in<br />

den etwas neurotisch weggetriggerten Psychofunk<br />

etwas zuviel an unheimlichen, tereminartigen Sounds<br />

reinzudrängen und schwappt dann irgendwann über


BRD • = NEIN / ••••• = JA<br />

in ein Tommy Rework und erst auf der Rückseite<br />

kommt mit dem Autotune Remix von “Pay Me” etwas<br />

mehr für so eine Platte notwendige Direktheit in die<br />

Platte, und dann geht auch wieder alles auf. Manchmal<br />

ist die Grenze zwischen Oldschool und altmodisch<br />

eben nicht leicht zu definieren.<br />

www.fumakilla.de<br />

BLEED •••••-•••<br />

DEXTER - THINGS HAVE CHANGED<br />

[FORCE TRACKS]<br />

Mit Abstand die albernste Force Tracks der letzten<br />

Zeit. Die zur Zeit ganz schön beliebten Vocalstakkatomelodien,<br />

fiepsige Discogrooves und dazu ein Vocal<br />

für alle die Housemusik lieben die sich wie ein Karussell<br />

dreht und von der Vergänglichkeit erzählt, soweit<br />

jedenfalls der Adjuster Mix. Die Dinge verändern sich,<br />

ach, aber manches verändert sich nie. Auf der Rückseite<br />

entpuppt sich ein deeperer Mix in Oldschool mit<br />

Akufensample, als das Orginal von Hakan Lidbo. Es<br />

herrscht schon ganz schön Verwirrung im Land der digitalen<br />

Disco. Lidbo immer vorne dabei.<br />

www.force-tracks.com<br />

BLEED •••••-••••<br />

CLEMENS NEUFELD - FAIRLIGHT / LOVE AT SUN-<br />

SET<br />

[GIANT WHEEL/016]<br />

Großer Sport das. Clemens Neufeld hat so dieses<br />

heimtückische Abräumergrinsen in manchen seiner<br />

Tracks. “Fairlight” bringt das auf den Punkt. Ein relativ<br />

reduzierter Neodisco-Monstergroove, der perfekt<br />

zwischen M.A.N.D.Y. und ähnliche passen würde und<br />

dazu ein so blöde albernes Vocalsample (mal sagt es<br />

“a” mal “o” oder so, jedenfalls klingt wie auf dem old-<br />

schooligsten Sampler der Welt, hey, ein Fairlight etwa?,<br />

zusammengesamplet) und dazu noch ordentliche<br />

Arrangements aus der guten alten Technowelt.<br />

Perfekt. Das kickt, rockt, heizt ein und macht obendrein<br />

auch noch Spaß, weil einfach nicht dreist genug<br />

sein kann. Etwas stampfiger und noch prototypischer<br />

Neodisco, die Rückseite mit Claps aus der Tanzschule<br />

und Strings aus dem Trance-Arsenal, Funk-Gitarren<br />

wie auf einer Supersoundsingle und trotzdem, tja, nix<br />

mit Hüter der elektronischen Intelligenzia und Bewahrer<br />

des kritischen Grooves, das schlägt so manche<br />

Kompakt-12”.<br />

www.giant-wheel.com<br />

BLEED •••••<br />

MEITZ - VERTIKAL<br />

[INFRACOM!]<br />

Raschelnde Snares, Steeldrums, afro-portugiesisch<br />

anmutende Chöre, mal aus weiblichen, mal männlichen<br />

Kehlen, slicke Rhodeslicks und Streicher. Kurz<br />

mal breakige Beats, sprechende Basslines und doch<br />

drängt sich dieser Un-Begriff auf, ja dieser, der Liebhaber<br />

dieser Musik immer so böse schauen lässt, und<br />

um den man manchmal trotzdem nicht herum<br />

kommt, auch wenn’s weh tut. Kurz: Nu-Jazz. Hier nicht<br />

gerade die fröhlich-unbedarfte Variante, wie sie sich<br />

so auf mancher Nuphonic Platte findet, sondern eher<br />

die nachdenkliche und - schon wieder ein Un-Wort -<br />

sophisticatetere Spielart. Solide klassisch, verlässlich<br />

und betont musikalische Arrangements. Wollsocken<br />

an, Honig in den Tee, die CD in die Bang & Oluffsen<br />

schlenzen und gucken, ob sich nicht doch noch mal<br />

kurz die Sonne zeigt.<br />

LUDWIG •••-••••<br />

PSYCHONAUTS - SONGS FOR CREATURES<br />

[INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO RECORDS/121]<br />

Schon strange, dass die Psychonauts auf Gigolo gelandet<br />

sind. Das ist nämlich je nach belieben eine 70er<br />

Funkband mit einem satten Psychedelika Overload,<br />

zu dem ein zahnloser Tripster singt, Beachboys Phantasien<br />

in Plüsch, Freaks-Rock mit Knieschonern, Slideguitar<br />

Flowermusikalität die selbst Manitoba als überzogen<br />

betrachten könnte, Mundharmonika Hi-Energy<br />

für Trucker und noch so ein paar diverse skurrile Dinge<br />

mehr. Mann könnte fast sagen, hey, das sind druchgeknallte<br />

Engländer, die machen sowas wenn es ihnen<br />

im Studio zu rauchig wird, und klar, schon andere sind<br />

dem Kif erlegen, nur, wenn sie dann nicht manchmal<br />

dieses Klebrige an den Fingern hätten, dass kommt<br />

wenn der Stoff einfach zu frisch ist, dann gäbe es eigentlich<br />

auch nichts was einen diesen Trip nicht mitmachen<br />

liesse. So muss man schon durch gelegentliche<br />

Untiefen.<br />

www.gigolo-records.de<br />

BLEED •••••-•••<br />

TERRENCE FIXMER<br />

[INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO RECORDS/127]<br />

Tja, mit Fixmer komme ich einfach nicht klar. Das ist<br />

mir zu sehr Düsterelektro der aus seinen Hollywoodvorbildsoundscapes<br />

einfach nicht so wirklich den<br />

Sprung schafft, Tracks zu machen, die einem etwas<br />

mehr als einen kalten Schauer des “gleich kommt ne<br />

Verfolgungsjagt” Bangens beizubringen. Er macht das<br />

gut, aber letztendlich klingts dann doch wie Musik zu<br />

einem etwas stumpfsinnigen One-Person Shooter.<br />

www.gigolo-records.de<br />

BLEED •••<br />

HELL FEAT ERLEND OYE - KEEP ON WAITING<br />

[INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO<br />

RECORDS/122]<br />

Hey, wenn das hier der neue Style von Hell ist der<br />

auch auf seiner kommenden LP “NY Muscle” kommt,<br />

dann war Hell nie besser, und Erlend Oye übrigens<br />

auch nicht. Killertrack durch und durch der einfach<br />

gar nicht gestrickt sein könnte und trotzdem perfekt<br />

rockt. Beats aus der darken NoWave wie auch immer<br />

ihr es nennen wollt Schule, einfach Bassline und Sequenz<br />

drüber und mehr braucht es gar nicht außer<br />

vielleicht hier und da mal ein Break und schon rockt<br />

Hell ganz vorne mit in der Neodiscoszene an der er ja<br />

eh nicht ganz unschuldig ist. <strong>De</strong>r Remix von Tomas<br />

Andersson ein bischen mehr klassisches Clubflair mit<br />

DAF-artigen Sequenzen und viel Claps und Bleeps<br />

aber bleibt der Art von Retro treu, die jedesmal Revolution<br />

rufen möchte wenn es etwas neues gibt das mal<br />

alt war aber jetzt wieder ganz neu klingt. Hit.<br />

www.gigolo-records.de<br />

BLEED •••••<br />

FABRICE LIG - LOS PICAROS<br />

[KANZLERAMT/098]<br />

Tja, wer gedacht hätte, Fabrice ruht sich jetzt erst mal<br />

aus auf den Loorbeeren seines Monsterhits auf der<br />

letzten “Universal Tech” EP und dem Album bei Raygun,<br />

der hat sich verdammt getäuscht, denn hier erfindet<br />

er Latin-<strong>De</strong>troit noch einmal mit so poppig<br />

übertriebenem Charme und fast prototypisch neu,<br />

dass man, obwohl hier schon wieder ein “<strong>De</strong>troit”-<br />

Sample vorkommt und die Strings und Basslines aus<br />

der Reese Schule stammen, langsam glaubt, Fabrice<br />

wäre soetwas wie ein Architekt, der Monumente für<br />

die Vergangenheit entwirft, die sie jedes Mal ein wenig<br />

größer erscheinen lassen und das Monument<br />

selbst jedesmal noch atemberaubender. Auf der Rückseite<br />

kontert Diego ganz unerwartet mit einem Remix,<br />

der augenzwinkernd zu den Jazzanovas rübergroovt.<br />

<strong>De</strong>ep, breakend und verdammt lässig federnd<br />

und gnadenlos durchgezogen bis hin zum virtuellen<br />

dial16<br />

v.a. - the lost tracks<br />

lost tracks by autosundmädchen, carsten jost and<br />

cross fade enter tainment.<br />

www.dial-rec.de<br />

Xylophonsolo.<br />

www.kanzleramt.com<br />

BLEED •••••<br />

HEIKO VOSS - I THINK ABOUT YOU<br />

[KOMPAKT POP/003]<br />

Eine Gesangsnummer mit leichtem Popfunk-Hintergrund,<br />

für die Heiko Voss viele Gitarren, Strings und<br />

dezente 70er Discobeats verwendet hat, was man<br />

natürlich schon endlos oft gehört hat, und, klar, wenn<br />

man immer an dich denkt, dann wiederholt man das<br />

auch immer, aber hören wir uns doch mal die Remixe<br />

an. <strong>De</strong>r Geiger Mix plustert den Track auf zu einem<br />

richtigen Discodubmonster, das die Elemente des Orginals<br />

eher ans versöhnliche Ende verlegt. Koze ist<br />

schon auf dem “I” hängen geblieben und baut sich,<br />

leicht mönchshaft, seine Disco-Funkvariante drumherum,<br />

die mit Sicherheit auch auf Physical hätte erscheinen<br />

können, den 7ten Himmel unter der Discokugel<br />

verspricht, hält und einlöst. Zum Abschluss versucht<br />

Adolf Noise, das Ganze dann noch klingen zu<br />

lassen, als wäre es eigentlich eine Turner-Maxi. Dank<br />

an die Erfindung des Remixes.<br />

www.kompakt-net.de<br />

BLEED •••-•••••<br />

SUPERPITCHER / WASSERMANN - SCHAFFELFIE-<br />

BER 2 [KOMPAKT/082]<br />

<strong>De</strong>r Superpitcher Track von der Schaffelfieber CD und<br />

ein neues Wassermann Stück. Zur trancig triefigen<br />

String-Sause von “To Turn You On” ist eigentlich<br />

schon alles gesagt, wenn man weiß, mit wieviel Hingabe<br />

Trance in Köln zur Zeit wieder gepflegt wird, und<br />

auch wenn es einen etwas tragischen Beigeschmack<br />

hat, nimmt man das gerne mit, der Hit aber ist sicher<br />

die Glamrock-Schmonzette von Wassermann auf der<br />

Rückseite, die dem Freiland die Lederhosen als Trophäe<br />

überreicht und sich freudig und ausgelassen auf<br />

die Schenkel klopft, während sich die Pop-Ideen Kölns<br />

mal wieder im Kreise drehen.<br />

BLEED ••••-•••••<br />

DR. SCHMIDT - BORG<br />

[MASCHINEN MUSIK 01]<br />

Maschinen-Musik ist Dr. Schmidt und Schmidt ist gerade<br />

in Süddeutschland kein Unbekannter in der DJ-<br />

Szene. Mit seinem neu gegründeten Label will er sich<br />

und anderen jetzt eine Plattform für elektronische<br />

Musik zwischen Breakbeat, Elektro und Techno, verpackt<br />

in einem kühlen industriellen Gewand schaffen.<br />

Release Nummer 1 kommt natürlich von ihm selbst:<br />

die vorliegende 12” mit 3 Stücken skizziert recht anschaulich<br />

das, was Dr. Schmidt mit seinem Label vorhat:<br />

darker, Industrialelektrobreakbeat gepaart mit<br />

Atmosphäre und Melodie aufs Vinyl und die Tanzfläche<br />

zu bringen. Borg auf der A-Seite ist ein derber<br />

Elektrokracher und mit dem nötigen Druck und Tempo<br />

gut clubtauglich. Die Flip kommt etwas ruhiger daher.<br />

Robot’s Dream schiebt sich in kühler Ästhetik<br />

voran, umgarnt von Flächen und Melodien und mit Electronic<br />

Self wird die Platte mit entspannten elektroiden<br />

Breakbeats abgerundet. Eine viel versprechende<br />

Startveröffentlichung. Zu bestellen und zu hören unter:<br />

www.maschinen-musik.de<br />

FABIAN •••••<br />

STAR YOU STAR ME - ANTIDIS<br />

[MOOD MUSIC 021]<br />

Tatu Metsatahti und Jani Lehto, die zwei Jungs hinter<br />

Star You Star Me schwelgen mit “Antidis” in melodischen,<br />

angenehm unaufgeregten House-Sphären. Die<br />

Original-Version mit Rhodes-Chords und harmonischen<br />

Stringsätzen baut freundlich eine Hängematte,<br />

in die sich der Beat entspannt fallen lassen kann, und<br />

das tut er dann auch gerne. So wiederholt sich dann<br />

Pattern um Pattern, alles ist am richtigen Platz, ohne<br />

dass viel passiert und man kann sich zurücklehnen,<br />

ohne von einer unerwarteten Wendung überrascht zu<br />

werden. Im Common Factor Mix kommt der Track<br />

zunächst etwas trockener und die zirpsigen Melodien<br />

rücken mehr in den Vordergrund, werden dann Richtung<br />

Ende aber wieder von mehr Melodien aus dem<br />

höheren Klangspektrum umgarnt. Sasse bzw. Freestyle<br />

Man haut uns dann auf der B-Seite mit seinem Thirsty<br />

Monk Mix die analog Snares um die Ohren, verstärkt<br />

die Percussion-Komponente und greift sich<br />

eher die düsteren Melodielemente heraus und trimmt<br />

so das Ganze Richtung Club-affinem, Elektro beeinflusstem<br />

House, was sich wiederum mit dem ohnehin<br />

schon stark repetitiven Charakter des Originals gut<br />

verträgt und atmosphärisch dem Track auf jeden Fall<br />

neue Seiten abgewinnt.<br />

LUDWIG ••••<br />

ALESSANDRO OLIVIERO - REVIEW AND PROFILE<br />

EP [PERFECT.TOY 005 / GROOVE ATTACK]<br />

Zumeist lässt sich NuJazz von Jazz in seinen Strukturen<br />

gar nicht unterscheiden. Und doch ändert sich die<br />

Natur schon durch die Verwendung von Loops gewaltig.<br />

Alessandro Oliveiros Musik klingt wie die perfekte<br />

Ineinanderreihung von Sessionschleifen. Eben genau<br />

der lupenreine Klang, von dem sich Compost zur<br />

Zeit eher distanziert. Eigentlich schade, denn Oliveiro<br />

beherrscht die Temperamente anscheinend spielerisch,<br />

zeigt sich dabei aber nie übertrieben verspielt,<br />

sondern eher mit einem klaren Blick zurück, also sachlicher<br />

als seine Mitstreiter bei Schema. Wie der Titel<br />

schon sagt, eine Essenz dessen, was man ruhigen Gewissens<br />

NuJazz nennen darf. Mich erfreut insbesondere<br />

der Latin-Percussion-Bassline-flow von ‘Get Off’.<br />

www.perfecttoy.de<br />

M.PATH.IQ •••••-•••<br />

HENRIK SCHWARZ - CHICAGO<br />

[MOOD MUSIC 023]<br />

Die Mood Music Nummer 23 heißt nicht nur Chicago,<br />

sondern klingt auch so. Henrik Schwarz hat da aus<br />

Roy Ayers “Chicago” einen vor <strong>De</strong>epness im positivsten<br />

aller Sinne nur so strotzenden, sich zeitlupenartig<br />

entwickelnden, ziemlichen massiven Brummer<br />

von einem Track gebastelt. Ein Track, der sich so richtig<br />

viel Zeit nimmt, sich lässig groovend aus dem Intro<br />

schält, mit Strings, die sich im Hintergrund gemächlich<br />

hochschaukeln und runtergepitchter Stimme, die<br />

immer wieder - na was wohl -”Chicago” grummelt und<br />

die, wie auch Teile des strictly einfach gehaltenen Beats,<br />

durch die verschiedenen Frequenzbereiche gewarped<br />

wird. Langsamkeit ruled hier und trotzdem:<br />

Bei all diesen plakativen Zutaten wirkt das Ganze<br />

nicht aufgesetzt, im Sinne von “Och, jetzt mach ich<br />

mal auf Theo Parrish”, sondern extrem dicht verwoben<br />

und als Ganzes richtig stimmig. Kickt! Kann man<br />

nur hoffen, dass Henrik Schwarz nicht anfängt hinter<br />

Vorhängen aufzulegen und sich auf die Mixe freuen,<br />

denn die sind auf der Promo noch nicht mit drauf.<br />

LUDWIG •••••<br />

HENRIK SCHWARZ - CHICAGO<br />

[MOOD MUSIC 025]<br />

Uargh! Er zeigte kürzlichst erst bei Jon, seinem ersten<br />

Release auf seinem eigenen Imprint Sunday Music,<br />

dass er ein unglaubliches Gefühl für epische Strukturen<br />

hat, die nicht nur Gilles Peterson oder Michael<br />

Rütten zu Supportern machen, sondern auch noch<br />

derbe grooven. Und nun haut er auf Sasses Mood Music<br />

ein dermaßen kickendes <strong>De</strong>epHouse-Brett raus,<br />

dass es selbst mich, obwohl ich nur sehr selten die<br />

straighten Sachen präferiere (Ja, Outings sind out...),<br />

richtig erwischt hat. Dieses Mal hat er sich nach Jon<br />

Lucien eben selbiges Chicago von Altmeister Roy Ayers<br />

gegriffen und schafft es, diesen in ein so neues Gewand<br />

zu hüllen, das es wohl fast gar nicht auffallen<br />

wird. Wer das Original kennt, wird mir aber in jedem<br />

Falle beipflichten, wenn ich sage, dass es hier zu einer<br />

verblüffenden bis genialen Interpretation kommt. Ein<br />

Endlosfilterintro steigert die Spannung, bis endlich<br />

die 115 Schläge percussiv daherstampfen, und sich<br />

bald auch ein Chic-Sample einarbeitet, das dann erst<br />

im kurzen aber exstatischen Hauptteil im Ganzen erstrahlt.<br />

Ich kann die jubelnden Schreie schon hören...<br />

Auch live ein Killer!<br />

www.moodmusicrecords.com<br />

M.PATH.IQ •••••<br />

V.A. - MICROFUNK E.P.<br />

[NEUTON MUSIC/012]<br />

Das ist endlich mal die richtige Idee für das Inhouselabel<br />

von Neuton. Minicompilations zu einem guten<br />

Thema mit Ausnahme-Tracks der Leute machen, die in<br />

ihrem Vertrieb sind, oder einfach zur ausgedehnten<br />

Familie gehören könnten. Jackmate, M.I.A., Cabanne<br />

und <strong>De</strong>frag Sound Processing. Eine Tour dazu soll es<br />

auch noch geben. Aber von vorn: “Tapeworms” von<br />

Jackmate kickt mit einem sehr skurrilen Vocal, das in<br />

den besten Chicagozeiten schon ein Muss gewesen<br />

wäre und hier zu konkret quietschig hüpfenden Beats<br />

und heimlichen Oldschool-Schüssen einfach glücklich<br />

macht. M.I.A. ist immer sweet, sie hätte ihren Track<br />

gar nicht so nennen müssen, obwohl es einfach zu gut<br />

passt. Sehr melancholisch bassgetriebener Minimaltrab<br />

mit einer charmanten Oldschool-Synth-Sound-<br />

Melodie, die den Bassbin-Brecher perfekt abrundet.<br />

Am besten zum Thema passt natürlich der Cabanne<br />

Track “Tartaton”, der mit leichten clickrig schuffelnden<br />

Beats und analogen Blubbereffekten zu Schluckauf-Breaks<br />

und spartanischer Topfdeckel-Percussion<br />

ein Nest für alle baut, die den Groove verknubbelt<br />

und kompakt (nein, nicht die) lieben. Etwas relaxter in<br />

den Knien groovend, aber mit einem ähnlichen Sound,<br />

kommt der Italiener <strong>De</strong>frag Sound Processing daher<br />

und wendet den Sound ins dezent melancholische mit<br />

einem deepen Orgelvibe. Sehr schöne Compilation<br />

auf jeden fall.<br />

www.neuton.com<br />

BLEED •••••<br />

TOLCHA - STREET VIBES<br />

[P-PACK RECORDS / LASSOMUSIC]<br />

“Oh Streets vibes, cold like ice”, singt der Reaggae-<br />

Künstler Martin Jondo immer wieder über die Flächen<br />

von Tolchas <strong>De</strong>but-12” und beweist damit, dass man<br />

nicht viel Textmasse braucht., um einen Track zu füllen.<br />

<strong>De</strong>büt-12” ist ein wenig untertrieben: Genau genommen<br />

ist es eine Doppel 12”. Ihren Sound bezeichneten<br />

die vier Berliner mal als Elektro-Dub. In ihrem<br />

aktuellen Info heißt es inzwischen etwas genauer “electronic<br />

crossover”, obwohl auch dieser Name das<br />

Phänomen Tolcha noch nicht richtig fasst, denn soo<br />

elektronisch ist es nicht die Loops und Samples vom<br />

Laptop mit Schlagzeug, Bass, Percussion und DJ zu begleiten.<br />

Aber es ist doch das treffendste Wort für die<br />

große Musik, die Tolcha abliefern und der man anhört,<br />

wie wohlüberlegt der Auftritt ist. Die Sounds sind<br />

feingedreht, die Flächen aufgeräumt, der Rhythmus<br />

treibt. An Tolcha ist alles selbstgemacht: der Sound,<br />

das Cover mit der “Never Mind the Bollocks”-Farbgebung,<br />

die Visuals, welche sie bei Konzerten hinter die<br />

Bühne projizieren und auch das Label: P-Pack Records.<br />

Alles außer den sechs Remixen: Die stammen<br />

von Kraans de Lutin + Mellow Mark, den Produzenten<br />

der Puppet Masters Prosetti Brothers, dem broken-<br />

beats Künstler Seidemann (Hammer-Rmx!!), den Bungalow<br />

Machern Le Hammond Inferno und Ms. John<br />

Soda, die zur Hälfte aus dem Notwist Gitarristen besteht<br />

und deren Rmx schicke Indie-Gitarren sportet.<br />

Super Platte von einer Band von der noch mehr zu erwarten<br />

sein dürfte und die vor allem auf dem Tanzboden<br />

funktioniert. Thumbs up, Kumpel!<br />

JANK •••••<br />

CRACK - WE ARE ROCK<br />

[INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO RE-<br />

CORDS/126]<br />

Sehr skurrile Platte, die auch mal Leuten gefallen<br />

dürfte, denen Gigolo normalerweise etwas zu provokant<br />

ist, denn hier bratzt die Bassline zwar, und es gibt<br />

auch einen gepflegten Punkette Sprechgesang, aber<br />

irgendwie ist das doch eher ein smoother ruhiger<br />

Track der eher spooky und zum zuhören ist. Perfekt<br />

für Bladerunner und andere Szenarios des kalten Krieges<br />

zwischen Robotern und dem Rest. Auf der Rückseite<br />

ein Tommie Sunshine Electro Remix der zwischen<br />

den satten Beats immer noch Zeit findet mit<br />

den Fingern zu schnippen, als wäre er der Chefgangster<br />

Chicagos per se.<br />

www.gigolo-records.de<br />

BLEED •••••<br />

BASIL FEAT. DIGITAL DIVIDE - ANOTHER WAY<br />

[PESTO/002]<br />

Sehr deepe Vocalhouse-Platte mit Remixen vom Jesper<br />

Dahlbäck Cousin John, Pino Shamlou und einem<br />

Pesto Dub, dieses Tracks, der hier noch mal als Rework<br />

mit sehr süßlichen Melodien und einer Trompete zu<br />

nicht gerade Weisheit versprühenden Lyrics zur Relativitätstheorie<br />

(“between black and white i found shades<br />

of grey”) kommt. Dahlbäck packt das Vocal weich<br />

und muffig ein und flirrt mit eher smoothen Harmoniewechseln<br />

und analogem Synthsound mit leicht detroitigen<br />

Bleeps herum, was noch mal 100% mehr<br />

<strong>De</strong>epness verheißt, Shamlou holt sich leider das<br />

Trompetensample ins Haus und scheint die sonstigen<br />

Sounds von einer Sample-CD zu holen, während der<br />

Dub dann mächtig und mit leicht 2Stepiger Bassline<br />

losgroovt. Wir hätten’s genau andersrum gepresst.<br />

www.pesto.de<br />

BLEED •••-•••••<br />

SID DITHERS & JOHNY LARUE - THE 2ND CITY EP<br />

[ONITOR/020]<br />

Jeff Milligan und Mike Shannon sind schon ein Dream<br />

Team, da gibt es gar nichts. 4 minimale Tracks mit deepen<br />

Bassdrums und plinkernden Melodien die so gut<br />

auf den Zähnen rollen, dass man am liebsten eine Orgel<br />

von den beiden kaufen möchte. Verspielt und vertrackt<br />

aber nie jenseits des Dancefloors, den die beiden<br />

hier besser denn jeh im Griff haben. Milligan etwas<br />

trockener auf der A-Seite und Mike Shannon mit<br />

staighterem Wumms auf der B-Seite, aber dennoch<br />

beide mit Tracks die eine verdammt schlüssige 12” abgeben.<br />

Minimalstfunk der Techno auch in 4 Dimensionen<br />

buchstabieren kann.<br />

www.onitor.de<br />

BLEED •••••<br />

DETROIT GRAND PUBAHS - THE CLAPPER<br />

[POKER FLAT/038]<br />

Schon merkwürdig für Poker Flat, dass sie jetzt auf<br />

einmal die Pubahs haben, und dass nicht nur für diese<br />

EP, sogar ein Album soll nächstes Jahr folgen. <strong>De</strong>r<br />

neue Track von ihnen dürfte allerdings das Herz der<br />

Martini Brös so dermaßen getroffen haben, dass wir<br />

es auch wiederum verstehen können. “The Clapper”<br />

ist schon ein richiges Monster, dass die verdrehte<br />

Ghostbuster-Stimme immer intensiver klingen lässt,<br />

und den Beat dazu langsam immer höher schraubt, so<br />

dass definitiv irgendwann jeden Dancefloor explodie-<br />

ren lässt. <strong>De</strong>r Dahlbäck (Jesper) Remix ist eine ganze<br />

Ecke straighter und so technoid wie man ihn vielleicht<br />

erst mal auf einer Pubahs EP nicht erwartet. Die Stimme<br />

ist wieder runtergetunt und so extrem böse und in<br />

seiner sturen Art definitiv ein Monsterhit, der dem<br />

Orginal ebenbürtig ist.<br />

www.pokerflat-recordings.com<br />

BLEED •••••<br />

MATTHIAS SCHAFFHÄUSER / JAUMETIC - REGU-<br />

LAR LOOKS AT WARE [REGULAR/005]<br />

In einer Serie von 3 SplitEPs macht das Label von Jaume<br />

aus Barcelona einen Rundgang durch Kölner Labellandschaften<br />

und teilt sich jeweils eine 12” mit einem<br />

der Acts der Label. Matthias Schaffhäuser hat<br />

viel Platz um sich mit sehr breiten Dubbasslines und<br />

leichtem Geknacker zu Soundeffekten langsam hochzusteigern<br />

vom deepesten Punkt der Party aus hin zu<br />

einem wirklich verwirrend sprudelnden Slammer namens<br />

“Being Wild”. Während Jaumetic (ich finde die<br />

Punkte auf dem E grad nicht) auf der Rückseite mit<br />

putzig deepen Harmoniewechseln und schwer sinnierender<br />

Orgel eine Art von Nanoprobe aus <strong>De</strong>troit<br />

zieht und in klinisch flirrend percussiver Art mit fast<br />

Latinartigen Melodien verziert und die Festplatten<br />

nur von den Rändern des grossen Kuchens snacken<br />

lässt, während mittendrin eine Ode an Minimalpop<br />

singt, die wir so zurückgenommen und zwingend<br />

schon länger nicht mehr gehört haben. Zwei sehr deepe<br />

Hits.<br />

www.regularlabel.com<br />

BLEED ••••<br />

ZOOM - SAFETY PIN<br />

[SENATOR RECORDINGS 001]<br />

Ein neues Label aus Frankfurt am Main, dass sich laut<br />

Angaben auf ihrer Website sowohl Techno und House,<br />

als auch der Kombination aus beiden widmen will.<br />

Das ist ist ja nun nicht bahnbrechend neu, aber man<br />

muss ja nun auch nicht alle 10 Minuten das Rad neu<br />

erfinden. <strong>De</strong>r erste Release kommt von Zoom und ist<br />

im Original eher housig, mit holzig-klapprigem Beat,<br />

diesem berühmten “Hahaha”-Sample, dessen düstres<br />

Lachen von Effekten nach hinten in den Raum gezerrt<br />

zu werden scheint. Ansonsten sägt da eine gameboymäßige<br />

Synthieline im Hintergrund herum und<br />

melancholische Chords fächern blass durch den<br />

Raum. George Spruce sorgt mit dem Horse Gold-Mix<br />

schon für mehr Drive, wenn auch nicht unbedingt für<br />

frischen Wind. Wobei der Mix mit trockenen Snares,<br />

Pieps-Sounds und einem Zap-Sound, der zusammen<br />

mit der federnden Bassline alles zum Hüpfen bringt,<br />

natürlich auch nicht um das “Hahaha”-Sample drum<br />

rum kommt und am Ende wieder von den Flächen<br />

nascht. Wie auch bei der “Antidis” (Mood Music 21)<br />

sorgt Freestyle Man Sasse wieder mit einem Thirsty<br />

Monk Mix auf der B-Seite für die clubigere Variante,<br />

packt eine gute Ladung mehr Druck hinein und bringt<br />

den Mix so richtig ins Rollen, indem er die breakig gesetzten<br />

Snare-Drums zusammen mit dem Bass so filtert,<br />

dass dieser Talking-Drum-Effekt entsteht. Das<br />

rockt! Sonst: solider, aber nicht gerade aufregender<br />

Labelstart. www.senator-recordings.com/<br />

LUDWIG ••••<br />

MISC. - TRASH TALK EP<br />

[SENDER/029]<br />

Etwas sehr dem Sender Sound angepasst, dürfte die<br />

erste Überraschung sein, wenn man die neue Misc. EP<br />

anhört. <strong>De</strong>r erste Track versucht die bratzigen Basslines<br />

von soetwas wie Headcleaner nachzuempfinden,<br />

wirkt aber nicht ganz so drängend, der zweite wühlt in<br />

dunklen Harmonien und einem Endzeitvocal (“Störsignal”)<br />

ohne dabei ganz so in die Tiefe zu gehen wie<br />

manches von Carsten Jost, und erst auf der Rückseite<br />

finden sie wieder mehr zu ihrer Form zurück und machen<br />

einen Track, bei dem die Sounds orginell und klar<br />

klingen, und alles etwas mehr Flow hat, als nur nach<br />

einer Stilübung zu klingen. <strong>De</strong>r Abschluss klingt ein<br />

wenig wie ein Add-On zu ihrer Niederflur Serie.<br />

www.sender-records.de<br />

BLEED ••••<br />

REWORK - MONTPELLIER<br />

[SCHEINSELBSTÄNDIG/007]<br />

Egal was Rework machen, das stimmt schon. Eine 4<br />

Track Ep auf der sie mal so richtig jenseits vom Popdruck<br />

der wohl nach “You´re so just” auf ihnen lasten<br />

müsste, losjammen können. Die Sängerin kommt dabei<br />

so lakonisch rüber als wäre sie die kleine Tochter<br />

von DJ Rush und die Beats hämmern und rocken hinter<br />

ihr weg als wäre das hier die einzig ware Discotruppe<br />

ohne Illusionen. Auf der Rückseite noch ein<br />

Oldschooltechnoacidhit mit Casiodrums und ein kleines<br />

Stück Grammophonjazz mit Skipps. Perfekt.<br />

www.scheinselbstaendig.net<br />

BLEED •••••<br />

ANDERS ILAR<br />

[SHITKATAPULT/042]<br />

Wer macht die reduziertesten Ravehymnen im<br />

ganzen Land? Richtig, Anders Ilar. Auf seiner neuen<br />

Shitkatapult EP rockt er mit sehr ausgefeilten harmonisch<br />

verdrehten Acidbasslines und einer Bassdrum<br />

die sich tief ins Herz pflockt zu einem Hintergrund<br />

aus trudelnden leicht trancigen Sequenzen, die auf<br />

völlig unmögliche Weise nach <strong>De</strong>troit klingt ohne<br />

nach <strong>De</strong>troit zu klingen. Ihr wisst, was ich meine. Ein<br />

Track der Superpitcher an monströser Elegie locker<br />

um Längen überholt. Auf der Rückseite dann wieder<br />

eisiger, wie man es von seinem Album kennt. Sehr<br />

weitläufige Flächenhintergründe zu grabend tiefen<br />

Basslines und clickrigem Groove, bei dem jedes Kerzenlicht<br />

zu einem Eiskristall gefriert auf dem ersten,<br />

und Subbassorgien mit angekratzer Oberfläche auf<br />

dem zweiten Track, den für mich so klingt, wie eine<br />

herbeihalluzinierte Hymne aus den nicht mehr existenten<br />

Ruinen des Ostgut.<br />

www.shitkatapult.com<br />

BLEED •••••<br />

KLAS LINDBLAD<br />

[SUNDAY MUSIC 002]<br />

Nach der extrem coolen ersten Sunday Music von Klas<br />

(aka Freestyle Man, Sasse) und Henrik Schwartz, auf<br />

der die beiden <strong>De</strong>ep House aufs Nötigste reduziert<br />

haben, schaltet Klas hier einen Gang zurück. Es wird<br />

heimelig. da passt der Name des Labels, wie der Holzscheit<br />

in den Kamin. Sehr entspannte Tracks, locker<br />

angebreakt und auch hier kein Krümel typsichen<br />

<strong>De</strong>ep House-Schluffs zu viel. Sehr cool.<br />

www.dnp-music.com<br />

SVEN.VT ••••-•••••<br />

GEORG LEVIN - YOU KNOW WHAT YOU WANT ...<br />

[SONAR KOLLEKTIV 13]<br />

Man mag von Georg Levins Album halten, was man in<br />

seinen Soul-Ressentiments will. Aber die EP-Auskopplungen<br />

und Remixe verschieben das Licht. Es fällt<br />

plötzlich aus dem etwas sehr gefühlig gefälligen Maßanzugs-Feldweg<br />

auf spitziges Kopfsteinpflaster.<br />

Dixons Street Edit von “You know what you want ...”<br />

bewegt sich noch in einem Rahmen, in dem sich ausgewiesene<br />

House-Kenner hinter vorgehaltener Hand<br />

Karaoke Kalk Roonstrasse 61 | 50674 Köln | kalkfee@netcologne.de | www.karaokekalk.de | Im Vertrieb von Indigo, Hausmusik, Kompakt & A-Musik.<br />

Im Oktober<br />

Pluramon feat. Julee Cruise<br />

Dreams Top Rock<br />

kk32 | cd23<br />

Im November<br />

Pascal Schäfer<br />

Melody Express<br />

kk33<br />

das Attribut “deep” zuraunen. Space-gesanglich interessant,<br />

aber insgesamt sehr abgesichert wohlig. Die<br />

beiden Spinna-Remixe von “In your car” - der Spannungs-geladenere<br />

editiert von Dixon - machen aus<br />

Georg Levin aber den coolsten Neo-Soul-Stepfather<br />

seit Mtume und Nick Martinelli: die abgespeckte<br />

Wahrheit hinter lederbeschlagenen Loft-Entrees.<br />

JEEP ••••<br />

COORDINATES - TUNING FIELDS<br />

[SUB STATIC/032]<br />

Irgendwie hinterlässt Sub Static gerade den Eindruck<br />

,als würden sie ein wenig Minimalismus-Pause in <strong>De</strong>troitigeren<br />

Sounds suchen, aber der Sound von Coordinates<br />

hat beides, diese bestimmte Art Sounds nicht<br />

ausbrechen zu lassen, und das deepe Jamflavour von<br />

<strong>De</strong>troittracks, die so schwermütig aber dennoch ungebrochen<br />

dahingleiten. Zwei Tracks, die einem endlos<br />

viel Zeit lassen, sich in den Groove einzuleben und<br />

dann einfach nur immer ungreifbarer werden. Sehr<br />

schöne sehr unscheinbare Platte.<br />

www.sub-static.de<br />

BLEED •••••<br />

ATTILA JAHANVASH - MADE IN IRAN<br />

[Z-SCHALLPLATTEN/011]<br />

Acht neue Tracks von Jahanvash, die seine unterkühlte<br />

aber dennoch intensive Art von verhangen dunklen<br />

aber auch halluzinatorischen Technotracks noch einmal<br />

in voller Bandbreite auf den Teller legen und dabei<br />

manchmal mehr rocken als zuvor, wie z.B. bei<br />

“Nicht Ohne <strong>De</strong>ine Tochter” oder dem fast überraschend<br />

funkigen “The American Way”, manchmal<br />

aber auch wenig zu sehr diese Art von schnellschiessenden<br />

Basslinesequenzen als Basis nimmt, die manche<br />

Trancetracks als Fundament ansehen und hier<br />

glücklicherweise von sehr breit geschichteten Sounds<br />

und Effekten aufgefangen wird. Vielseitiger als bisher,<br />

aber immer noch sehr verwüstet.<br />

www.z-schallplatten.de<br />

BLEED ••••<br />

OLIVER NICOLO & WOLLE HAARNAGEL - MITTE<br />

SUCKS EP [TEN24FIVE MUSIC/001]<br />

Ja, oder? Kreuzberg ist geil. <strong>De</strong>r SO36-Resident Wolle<br />

und Oliver Nicolo schlagen zurück. Sagen wir’s mal so:<br />

Mitte suckt mindestens schon länger als Neue Mitte.<br />

Gibt’s Mitte überhaupt anders denn als Schimpfwort?<br />

Jedenfalls in Berlin? Nun ja. Und die Tracks dazu? Etwas<br />

gestelzte Technoslammer mit stampfigen Beats<br />

und relativ reduziertem Sound. “Eins” gerade und aufrecht<br />

wie ‘ne Eins und “I Say” mit Oldschool-Drumsounds<br />

und Mitte-Bassline. Trocken, spartanisch, aber<br />

nicht ganz so selbsterklärlich wie der Titel der EP.<br />

BLEED ••••<br />

STERIL - A DAY AT THE RACES<br />

[INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO RCORDS/128]<br />

Sagen wirs mal so. “While You Were Art” ist so etwas<br />

wie ein japanisches “Inner City Life” das am liebsten<br />

als Oper aufgeführt werden möchte. Die ganze Platte<br />

hat so etwas. Man will ganz groß hinaus (“es sollte ein<br />

Film werden, der nie gedreht wurde”), man will das alles<br />

sagen, man will so richtig Pop sein, aber irgendwie<br />

bricht das mittendrin dann doch immer zusammen<br />

und man bleibt ein Teil der grossen Träume von einer<br />

Unterhaltungsindustrie des Undergrounds, den man<br />

nun doch nicht so einfach nachmachen kann. Etwas<br />

für Leute die auch Jazztanz Unterricht nehmen würden.<br />

www.sterilatex.com/<br />

BLEED •••-••••<br />

MARCO CABRAL - I [TRAPEZ LTD/009]<br />

Eine für diese Ltd. Serie relativ darke Platte, deren A-<br />

Seiten Track mit einer funkig kantigen Bassline und<br />

flirrendem Hintergrund langsam immer drängender<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


BRD • = NEIN / ••••• = JA<br />

wird auf einer Art, die man vielleicht als eine Kreu-<br />

zung aus DAF und Housemusik beschreiben könnte.<br />

Auf der B-Seite mit ähnlich knubbeligen Basslines<br />

aber mehr Sounds und einem nervösen Background<br />

aus Discoresten, die flattern wie aufgescheuchte<br />

fliegende Hunde, deren Flugbahnen irgendeine Me-<br />

lancholie nachzeichnen. <strong>De</strong>r letzte Track ist dann ei-<br />

ner dieser strangen Kanalisationsepen, in denen al-<br />

les glitzert, obwohl eigentlich kein Licht da sein<br />

dürfte.<br />

BLEED ••••<br />

RILEY REINHOLD & STEVE BARNES - AIRFIX<br />

[TRAPEZ/032]<br />

Die erste Platte von Riley auf einem seiner Label,<br />

produziert mit seinem langjährigen Freund Barnes,<br />

aka Process, und wer sich noch an die EMD von ihm<br />

erinnern kann, der weiß, RRR geht es eher um den<br />

Groove, die Beständigkeit, als um kleinteilige Arran-<br />

gements oder irgendeine Art von Musikalität. Es soll<br />

rocken und das tut es, auch wenn es dabei minimal-<br />

ste Mittel benutzt. Schiebende Basslines, ein wenig<br />

Plockern, und ab und an mal ein spartanischer So-<br />

und auf der A-Seite; leichter, federnd und vielleicht<br />

sogar ein wenig melancholisch, aber ebenso straight<br />

auf der Rückseite, die mich etwas an die Zeiten ma-<br />

gischer und endloser Modulationen erinnert.<br />

BLEED ••••-•••••<br />

LIL’MARK - DIVERSION<br />

[WMF REC. 020]<br />

Da hat WMF einen dicken Fisch eingeheimst. Lil’-<br />

Mark gehört zur Blase der UK-Aufrechten um Clas-<br />

sic/ Music for Freaks. Und auch auf WMF Records<br />

spielt er diesen ungemein frohgemut bis übermüti-<br />

gen Rosaroter-Panther-House voller unverschämter<br />

Melodien, rhythmisch flummiger Griffigkeit und<br />

dem Wissen, dass einmal um die Ecke denken wirk-<br />

lich mal reichen kann, voll aus, der gerade deshalb<br />

imer ganz vorne ist, weil er sich weder um Minimal-<br />

noch <strong>De</strong>ep-Dogmen schert. Ein leichtsinniger Spaß<br />

an knarzigem “Vom Herz in den Hintern”-Schwung<br />

(um die Teichmänner zu zitieren).<br />

JEEP ••••-•••••<br />

THE MODERNIST - PROTEST SONGS [WONDER]<br />

Vier Mixe dieses neuen Tracks von Burger, der sich<br />

mal wieder weit zurücklehnt in der Zeit und irgend-<br />

wie auf einmal wieder da anfängt, wo Köln mit La-<br />

beln wie Trance Atlantic begann, nur um dann in ei-<br />

ner Popnummer aufzugehen, die der geheimen Pet<br />

Shop Boys Verschwörung in Köln neues Futter gibt.<br />

<strong>De</strong>r Remixereigen beginnt mit einem glücklich im<br />

Plinkern aufgehenden Reinhard Voigt, der so befreit<br />

wie lange nicht mehr wirkt. Michael Mayer hingegen<br />

versucht es auf die Großravealarmsignalschiene<br />

breitwandigstem Trance die irgendwie nicht so ganz<br />

zünden will, weil die Vocals dann doch viel zu viel<br />

Pop über die möglichen Kicks legen, aber dafür in die<br />

Annalen als eine Art Ambientravetrance eingehen<br />

könnten. Und als Abschluss holt M.I.A. die Gitarren<br />

raus gibt dem ganzen einen Hauch von minimalem<br />

Wavecharme. Wir vermuten einige der Mixe werden<br />

wir noch oft genug in der nächsten Zeit hören, ist ja<br />

auch einfach viel zu verlockend das Thema.<br />

BLEED ••••-•••••<br />

KEEN K - ROCK YOU [STARSCHNITT/003]<br />

Sympathische, einfache, gelegentlich etwas überzo-<br />

gene Elektrotracks aus Berlin mit relativ gut breaki-<br />

gen Beats, bleepigen Melodien in den verschieden-<br />

sten Spielarten des Genres. Von schnell und nah an<br />

Computerspielemusik für Futuristen über trällernd<br />

und zum Mitsingen, bis hin zum Disco-HiEnergy Re-<br />

tro mit dezenter Schnitzelfunktechnik oder abstrak-<br />

terem digitalem Elektronika-Funk auf strangen Ab-<br />

wegen ist alles dabei. Und manchmal erwischt es ei-<br />

nen auch komplett. www.starschnitt.com<br />

BLEED ••••-•••••<br />

KAMUE FLASH / BEA - NACHBAUKASTEN<br />

[RINGELBEATZ/010]<br />

Sehr strange Platte, jedenfalls der erste Track, bei<br />

dem eine eigenwillig angesäuselte Stimme zu einem<br />

Spinett und solidem Trancegefühl einem etwas über<br />

“Feel The Freedom” erzählt. <strong>De</strong>r zweite Track jam-<br />

mert auch mit einem Vocal herum, dass klingt wie El-<br />

ton John aus dem Odenwald und der letzte gibt dem<br />

Ganzen dann wenigstens noch etwas Grammophon-<br />

flair. Tragisch, aber definitiv etwas zu weit in die Per-<br />

former mit Piano Ecke gegangen finde ich.<br />

www.ringelbeatz.de<br />

BLEED •••<br />

MAX.E<br />

[MAX ERNST/013]<br />

Thomas lässt nichts rumliegen. Ein Promopacket<br />

von Minus wird schnell zum Cover seiner 13ten EP<br />

auf dem immer funkiger werdenden Max Ernst Label<br />

umfunktioniert und die Tracks halten die trocken<br />

plockernde Bassdrum aufrecht und säuseln und sur-<br />

ren mit Samples aus der Black Music Revolutionsge-<br />

schichte drumherum als gelte es die Floors zu einem<br />

ganz persönlichen Schlachtfeld zwischen Technolo-<br />

gie, Erinnerung und eben Funk zu machen. Hängen-<br />

bleiben vs. Schweinegroove auf 4 Tracks die so wohl<br />

von niemand anders kommen könnten. Wer sonst<br />

hätte soetwas wie eine Slapbass Carte Blance?<br />

www.max-ernst.de/<br />

BLEED •••••<br />

CONTINENTAL<br />

SQUARE MEAL - PERLE DU LAC<br />

[ARM RECORDS/003]<br />

Arm rockt einem die Oldschool in Teile des Hirns, wo<br />

man sie gar nicht vermutet hätte. Mit “Power 106” vom<br />

Team aus Rosario und Ianeq kicken grade Beats, ver-<br />

drehte Vocalstakkatos und bratzige Samplesounds in<br />

einem perfekten Acidpop-Style, der alle Arme in der<br />

Luft sehen will und mit den Akkorden dann plötzlich<br />

die Zeitmaschine gen 1990 ganz unverfroren aus-<br />

packen kann, ohne uns für Retro zu verkaufen. “Gam-<br />

ma” ist dann plötzlich ein tiefer fiepsiger Dubtrack mit<br />

Besenbeats und schwermütigen Akkorden, der in der<br />

Bassline Dub wirklich Respekt zollt, während es auf der<br />

Rückseite mit “Late Afternoon” erst mal wieder zurück<br />

in die Schule geht, in der House erst noch erfunden<br />

werden musste und es mit jedem Sound darum geht,<br />

frisch und ausgelassen die Party zu kicken. Zuletzt<br />

dann noch ein Full-Vocal-Downtempo-Track, der mei-<br />

ner Meinung nach allerdings ein wenig an der Stimme<br />

scheitert. Ansonsten aber Killerplatte.<br />

www.imploz.com<br />

BLEED •••••-••••<br />

AUDIO DELICATESSEN - VOL 1<br />

[AUDIO DELICATESSEN]<br />

Eine Mashup EP mit Metro Area vs. K.O.T. auf der A-<br />

Seite, das “Caught Up” mit dem Vocal von “Finally” zu<br />

einem Discoslammer verbindet, der klingt, als wären<br />

die beiden Dinge nie voneinander getrennt gewesen.<br />

Auf der Rückseite ein Mr.Caine & Mr.Case Discostück<br />

mit Sting Vocal, das einem natürlich auf die Nerven<br />

geht, wenn man allergisch gegen Sting ist, und einen<br />

auf “Why dont you answer” natürlich mit, hey, ist be-<br />

setzt, du <strong>De</strong>pp, antworten lässt. Ansonsten sicher ein<br />

Hit für die Mitte-Crows und sonstige Freestyler und<br />

außerdem eine recht gelungene Übung in Undercover-<br />

Dreistigkeit.<br />

BLEED •••••-••••<br />

PAUL HUGHES - LOST TO MUSIC EP<br />

[BRIQUE ROUGE/032]<br />

Ein sehr deeper Release auf Brique Rouge, mit Vocals<br />

die auch auf frühen Drum and Bass Platten ihren Platz<br />

gefunden hätten, sehr weichen Akkorden und Harmo-<br />

nien und einem schleppend fetten Groove. “Wait” ist<br />

einfach einer der süßlichsten Sommergrooves über-<br />

haupt. “Lost” pusht die Beats einiges percussiver und<br />

entwickelt sich mit der Zeit zu einem detroit Track,<br />

dessen Breakdown so gewaltige Stringberge aufbaut,<br />

dass einem der Atem wegbleibt, während “Sunrise”<br />

diese detroitige Stimmung noch mit shuffeligen Beats<br />

antreibt. Verdammt deep auch das.<br />

www.briquerouge.com<br />

BLEED •••••<br />

PHONIQUE - MISCH MASCH EP<br />

[BRIQUE ROUGE/033]<br />

Phonique auf einem Abstecher bei Brique Rouge, und<br />

seine Tracks geben sich Mühe, sich der <strong>De</strong>epness und<br />

dem funkigen Groove des Labels anzupassen, eigent-<br />

lich schaffen sie das sogar mit Leichtigkeit. <strong>De</strong>r mon-<br />

ströse “Hypno Dub” Track geht über schwergewichtige<br />

10 Minuten mit einem Vocal, das etwas Ragga klingt<br />

und sehr spartanischem aber fundamentalem Groove,<br />

der spleenige kurze Funktrack “Nothing To Say” über-<br />

rascht einen mit albernen Slowmotion-Exkursen in<br />

Computervocals, “Mexico” rockt wie ein Housetrack<br />

von vor 10 Jahren in der <strong>De</strong>troitbassline und holt weit<br />

auch mit flirrenden Synthesizern zu einem smoothen<br />

Clubhit mit plinkernder Melodie und “Wiggle It” ist<br />

komplett spartanischer Killerfunk der deepesten Art<br />

mit einem Hauch Berliner Rockattitude. Sehr schöne<br />

Platte.<br />

www.briquerouge.com<br />

BLEED •••••<br />

DAVID DURIEZ - TRIBE OF THE WAVE EP<br />

[BRTRAX/009]<br />

Auf der A-Seite ein Tony Hewitt Remix des Duriez<br />

Tracks, der mit einem sehr satten, fetten Groove ein-<br />

fach nur noch ab und an ein paar Effekte und Sounds<br />

einspielen muss um ein perfektes Dancefloormonster<br />

zu werden. Leicht acidangehaucht ohne auf die übliche<br />

303 kommen zu müssen. Tracks für den Körper, defini-<br />

tiv, der nur noch Groove will. Das orginal ist in den Be-<br />

ats um einiges komplexer und verlagert die Effekte viel<br />

tiefer in den Groove, und man bekommt langsam eine<br />

Ahnung, dass Duriez diese Label vor allem dazu<br />

braucht seine Beats soweit zu perfektionieren, dass er<br />

allen anderen die Knochen bricht.<br />

www.briquerouge.com<br />

BLEED •••••<br />

RUBBA J - KIND OF PEOPLE<br />

[BRTRAX/010]<br />

Was diese Posse rings um David Duriez zur Zeit an<br />

Tracks raushaut ist schon wirklich ziemlich unglaub-<br />

lich, und nichts was einen nicht umhauen würde. “Kind<br />

Of People” ist ein Oldschoolhit mit verhangenen an-<br />

gedubbten Pizzicatostrings und einer trompetenden<br />

Bassline zu slammend trockenen, böse einpeitschen-<br />

den Beats. “Hot Griddle” geht eher in die Tiefe und läs-<br />

st die Synthesizer in quer gestellten Loops brummen,<br />

während der Duriez Mix des Tracks dem ganzen wieder<br />

schwer kickenden Groove verleiht.<br />

www.briquerouge.com<br />

BLEED •••••<br />

CABO SAN ROQUE <strong>VS</strong>. LUCIANO - MEMBRILLO EP<br />

[BRUCHSTUECKE/013]<br />

Cabo San Roque sind eine Band aus Barcelona, die auf<br />

selbstgezimmerten Instrumenten so etwas wie Calyp-<br />

so machen, und dabei einfach so lässig rumschrabbeln<br />

und singen, dass man ihnen einfach jeden Abend<br />

zuhören würde, wenn sie auf einmal am Strand der<br />

Barceloneta auftauchen würden, obwohl man sich si-<br />

cher erst mal kaum schlimmeres im Spanienurlaub<br />

vorstellen könnte, als eine folkloristische Band zu se-<br />

hen. Auf der Rückseite, zurück in der elektronischen<br />

Heimat, ein Remix von Luciano, der wider Erwarten<br />

erst mal nicht mitten im Latin-Sample-Wirrwar be-<br />

ginnt, sondern nach gut rockendem Techno-Intro nicht<br />

einfach versucht, die Methode von Luciano mit ande-<br />

ren aber eh schon immer ideell zu Grunde liegenden<br />

Sounds zu verwirklichen, sondern wirklich ein hartes<br />

Stück nacharbeiten des Tracks. Eher eine Coverversion<br />

also als ein Remix.<br />

www.bruchstuecke.com<br />

BLEED •••••<br />

LAB - FRIENDLY REMIXED BY...<br />

[CLAPPING MUSIC]<br />

Wieder so ein Fall, wo ich passen muss, was das Origi-<br />

nal angeht. Bei solchen Remixen ist mir das aber auch<br />

egal. My Jazzy Child legen los, zerbollern kurz einen<br />

Stab, lassen eine Gitarre zerfließen und benutzen eine<br />

hektische Bassdrum, um die Erinnerung an This Mortal<br />

Coil aufzufrischen. Erich Zahn (nein, Arovane hat kei-<br />

nen Bruder, also hat er doch, aber der macht keine Mu-<br />

sik) vergräbt sich unter seinem Prozessorlüfter, schrot-<br />

tet einen kurzen Moment granulierter Aufmerksam-<br />

keit und modernisiert den Dub als solchen. Encre gibt<br />

sich klassisch, träumt von Massive Attack Basslines<br />

und gescratchtem Kindergegluckse, fügt ein paar<br />

Streicher hinzu, fertig. PS: perfekt. Nur King Q4 ist am<br />

Ende ein bisschen zu wattig und starr, wenn auch noi-<br />

sig.<br />

www.clappingmusic.com<br />

THADDI ••••<br />

LAB RAT XL - MICE OR CYBORG<br />

[CLONE/031]<br />

Es ist schwer etwas über Drexciya zu sagen. Diese letz-<br />

te der schon vor viel zu langer Zeit angekündigten<br />

Platten könnte das letzte Release sein, dass wir von<br />

ihm zu hören bekommen und trotzdem klingen die<br />

Tracks, egal wie schwer manche an ihren Sequenzen<br />

knacken und wie sehr die Sounds manchmal an der<br />

Grenze der Zerstörung knirschen, irgendwie optimi-<br />

stisch. <strong>De</strong>r Opener sowieso, denn er ist vielleicht eines<br />

der schönsten leichtesten Stücke das jeh aus den Tie-<br />

fen kam. 6 sehr präzise Experimente in einem Sound<br />

der sich immer treu geblieben ist, aber dennoch so<br />

klingt als wäre jeder einzelne Part immer wieder neu<br />

entdeckt worden.<br />

www.clone.nl<br />

BLEED •••••<br />

ARKUS P - STAUS ENQUIRY<br />

[DEFINITION RECORDS]<br />

Autsch! Brachial diese Leipziger. Ts. Klirrende Melodie-<br />

rushs, Bassdrums aus der Kriegsmaschinerie der Un-<br />

terhaltungsindustrie und Hihats, die die Luft in der<br />

Luft zerreißen, wie es sich gehört. Musik für Leute, die<br />

zwar harte brachiale Technohits mögen, dabei aber<br />

nicht darauf verzichten möchten, ihren Speed-Rausch<br />

mit ein paar klingelnden Tönen zu versüßen. Ich mag’s.<br />

www.definition-records.de<br />

BLEED ••••<br />

R.E.C. - BATTER UP EP<br />

[EEVOLUTE/2302]<br />

Tja, wer hätte gedacht, dass sich R.E.C. nochmal<br />

zurückmeldet. Mr. Robbers selbst mit dark arrangier-<br />

ten Slammertracks die Eevolute auf einmal in eine<br />

Welt zurückbringen, in der Electro und Disco noch zu-<br />

sammengehörten und mit einer Steppdecke aus brum-<br />

mend dunklen Basslines und angetrümmerten Beats<br />

zusammengehalten werden. Auch die Acidbassline<br />

holt er raus, die guten alten Roland Sounds, ohne al-<br />

lerdings in eine Retro-Nostalgie zu verfallen, sondern<br />

immer mit einem verdammt gut konstruierten perfekt<br />

arrangierten Sound. Mal schwebend leicht, mal fast<br />

EBM Style und ein Vocoder-Poptrack ist auch noch<br />

drauf, aber nichts davon, was andere so gerne mal klin-<br />

gen lässt wie die tausendste Version eines Sounds, den<br />

man nicht mehr hören kann, schmeckt auch nur im ge-<br />

ringsten wie das Fahrtwasser, sondern jeder macht in<br />

seiner leicht verschrobenen Art zwischen Reminis-<br />

zenz, Erinnerung und Wiederentdeckung durch und<br />

durch Sinn.<br />

www.eevolute.com<br />

BLEED •••••<br />

LAB INSECT<br />

[ELECTROFON/001]<br />

Dunklere Elektrotracks mit irgendwie unheimlicher<br />

Stimmung, die trotzdem nicht runterziehen, sondern<br />

irgendwie auch noch einen Hauch von der Discostim-<br />

mung mitnehmen und irgendwie Soul transportieren<br />

und diese poppige 80er Leichtigkeit französischer Mu-<br />

sik, ohne dabei auf allen Tracks zu tief in die Retrokiste<br />

schauen zu müssen. Die Vocals von “<strong>De</strong>praved Girls”<br />

sind natürlich reinster Wavesound, aber dafür fangen<br />

es Stücke wie “Fill For Me” und das darkere Prototech-<br />

noelektrostück “A.D.N. Transfer” wieder auf.<br />

www.electrofon.com<br />

BLEED ••••<br />

LAURENT GARNIER - EXCESS LUGAGE<br />

[F COMMUNICATIONS]<br />

Laurent Garnier setzt sich selbst ein <strong>De</strong>nkmal. Wer<br />

nach seiner DVD noch immer nicht genug von seinen<br />

Dj-Künsten hat, kommt jetzt aber sowas von voll auf<br />

seine Kosten, denn mit “Excess Lugage” wird ein Werk<br />

in nahezu epischen Dimensionen vorgelegt: Konzi-<br />

piert für bescheidene 5 CDs, kommen erstmal drei Mi-<br />

xe als 3er CD Box, zwei sind separat erhältlich. Die Or-<br />

te der Aufnahme sind ebenso illuster wie verschieden:<br />

Sonar Festival (wo er anscheinend unter einem obsku-<br />

ren Pseudonym gespielt hatte), <strong>De</strong>troit (auf einer ge-<br />

busteten Party, die dann wohl spontan mehrfach ver-<br />

legt wurde, daher ist das Set nur nachgespielt), im Rex<br />

in Paris, auf seinem eigenen Webradio PBB und<br />

schließlich noch ein Mix für BBC 1 “Annie on One”, wo<br />

er nach eigenen Angaben wohl seinen Unmut über<br />

den Ausgang des ersten Wahlgangs der letzten franzö-<br />

sischen Präsidentschaftwahl musikalisch verarbeitet<br />

hat. Dabei streift er durch die verschiedensten Einfär-<br />

bungen im Vier-Viertel Bereich, was da halt so geht,<br />

zwischen Bleeps und Saxophon, technoid und elektro-<br />

like, housig, italo- und Discohaftem. Manchmal setzt<br />

die gerade Bassdrum auch mal kurz aus, sonst domi-<br />

niert aber schon der treibende, mal leicht angedüster-<br />

te, mal euphorischere Garnier-Style, der immer raus-<br />

zuhören ist, auch wenn er sich gerade durch verschie-<br />

dene Sub-Genres zappt, um diese dann elegant auf<br />

dem reduziert soliden 4/4 Tablett zu präsentieren. Mo-<br />

numental.<br />

LUDWIG ••••<br />

VICKNOISE & UNDO - NOCTAMBULA<br />

[FACTOR CITY/001]<br />

Sehr smooth und darauf angelegt ein melodischer<br />

Technohit für den Spätsommer zu werden, geht das<br />

neue Label aus Barcelona mit “Noctambula” auf einen<br />

Sound zu der irgendwo zwischen <strong>De</strong>troit und leicht<br />

trancigem Technasia-Sound eine Nische gefunden hat,<br />

in der perlende Sequenzen und Harmoniewechsel sich<br />

solange abwechseln, bis man komplett Melodiesüch-<br />

tig geworden ist. Die Rückseite “Another Soul” ist et-<br />

was deeper und ein wenig dunkler, mehr Strings und<br />

Percussion, bewahrt aber diese schwebend glückliche<br />

erhabene Stimmung. Fein.<br />

BLEED •••••<br />

VIRTA - COUNTRYSIDE CRACKHEAD<br />

[FAK RECORDS/016]<br />

Muss sagen ich hatte dieses Finnische Label ein wenig<br />

aus den Augen verloren. Aber sie sind zurück und ha-<br />

ben hier mit Tracks, die irgendwie so klingen, wie eine<br />

Country-Techno-Version von DJ Rush auf einer Gallone<br />

psychedelischem Whiskey definitv eine Monsterplatte<br />

für alle, die selbst beim schwer angescheppert tech-<br />

noiden Part eines Abends noch fest im Sattel ihrer<br />

Hirnschale sitzen gemacht. Und warum? Damit auch<br />

der Rest an Verstand noch rausgewummert wird. Die<br />

Tracks ohne diese Irrenvocals sind zumindest noch<br />

verdammt ausgelassen rumrockende Schranznum-<br />

mern erster Güte.<br />

www.fak-records.com<br />

BLEED ••••<br />

SCALLYMATIC ORCHESTRA - AUTUMN FOREST<br />

SONG<br />

[FLYIN´ HIGH RECORDS 001 / RUSHHOUR]<br />

Aus Utrecht kommt diesen Monat eine Überraschung.<br />

Bereits mit dem ersten Release auf ihrem neuen Label<br />

Flyin´High macht das MFP Kollektiv Schlagzeilen. Das<br />

Scallymatic Orchestra, in den Niederlanden bereits<br />

durch diverse (Jazz-)Club-Gigs auf ihren souveränen<br />

Brückenschlag zwischen Jazz, Funk, Brasil, 70s Sound-<br />

tracks und progressiveren Clubsounds geeicht, zeigt<br />

bei ihrem <strong>De</strong>büt gleich den Kern dessen. Dazu drei Re-<br />

mixe von Buruman, dem MFP Collective und Rednose<br />

Distrikt. Buruman und die MFP-Gesellen machen mit<br />

gedämpfter Trompete und mellow broken Vibes auf<br />

Atjazz. Rednose haben wohl einen zuviel getrunken<br />

und fallen daher fast ganz aus der Reihe. <strong>De</strong>r rotzig-<br />

schmutzig funkende Downbeat wartet zwar auf den<br />

ekstatischen Moment, bleibt aber auch so wirklich un-<br />

verschämt groovy. Absolut rundes Package!<br />

www.mfpcollective.com<br />

M.PATH.IQ •••••-••••<br />

SPINFORM<br />

[HOBBY INDUSTRIES / HI 014]<br />

Spinform ist ja der unglaubliche Erik Möller, aka I, akai<br />

Unai, der mit diesem Projekt hier eher die ruhige Seite<br />

seiner multiplen Persönlichkeit unter die Lupe nimmt<br />

und mit ein paar wundervollen Tracks für kurze Zeit die<br />

Sonne über meinem Fenster festhält. Dabei ist das al-<br />

les zunächst gar nicht so klar, sondern klingt eher so<br />

wie ein ganz arg unordentliches Zimmer, in dem aber<br />

ein ganzer Trupp kleiner Helferlein schon dabei ist, klar<br />

Schiff zu machen. Aber Herr Möller beherrscht das aus<br />

dem FF und so wird aus dieser EP ein wundervolles<br />

Monster, spätestens mit dem Pianotrack am Ende der<br />

A-Seite ist man Spinform verfallen. Hier verschwinden<br />

die klackernden Beats, dafür wird der Mini-Spiel-<br />

mannszug ausgepackt. Die B-Seite wird dann noch<br />

akustischer, protzt mit echtem Schlagzeug, hihi, und<br />

ist ein Hit. Aber sowas von. Unfassbar schwelgerisch.<br />

Und so bleibt es. Erik, bitte spiel immer einfach nur Pi-<br />

ano. Und ein bisschen Schlagzeug. “Fallstjemor” ist ei-<br />

ner der tollsten Tracks des Jahres, mir läuft es schon<br />

eiskalt den Rücken runter und suche das Taschentuch,<br />

so weich und warm brennt sich die Melodie ins Ohr.<br />

Das darf nie aufhören. Ein Christoffer Brus Remix run-<br />

det die EP ab. Bei Hobby Industries kann man eh nie<br />

was falsch machen.<br />

www.hobbyind.com<br />

THADDI •••••<br />

PAULI JYLHÄNKANGAS - CLUTZ<br />

[KLAKSON/007]<br />

Wer auf seiner Webseite verkündet: Klakson is broke,<br />

please buy all our records now”, der ist auf dem richti-<br />

gen Weg. Eigentlich ist Klakson längst angekommen.<br />

Eins der spleenigsten Label der Niederlande mit den<br />

Taschen so voller Elektro und Oldschool, dass sie sich<br />

schon nicht mehr in die Half-Pipe wagen. Die neue<br />

Platte klingt so als wäre sie von einem Finnen, was<br />

weiß ich, aber es sind vier Killertracks mit so rocken-<br />

den Basslines und verfusselten Melodien, so viel uplif-<br />

tendem Sound und lässig rockenden Albernheiten<br />

trotz gelegentlich ernsthaftester Discomiene, und so<br />

satt in den Oldschool-Bassdrums und Tanzstilen, dass<br />

wir das kleine Wunderwerk am liebsten sofort auf den<br />

Dancefloor zerren würden, um der Welt die nächste<br />

Disco-Revolution nahezulegen. Da kann Metro Area<br />

doch einpacken.<br />

www.klakson.nl/<br />

BLEED •••••<br />

SCAPE ONE - THE FUTURE...IT WILL NEVER BE THE<br />

SAME<br />

[KONE RECORDS/004]<br />

Eigenwillig ruhiges Electroalbum, dass sich stellenwei-<br />

se etwas zu sehr in Soundscapes verliert, aber es dann<br />

mit bleepigen Klängen und stellenweise sehr gut<br />

durch die Elektronen tropfenden Beats doch ganz gut<br />

wieder auffängt und letztendlich auf seinen 8 Tracks<br />

alles versucht um einer zu engen <strong>De</strong>finition zu ent-<br />

kommen und dabei eine ganze Menge Oldschoolstaub<br />

aufwirbelt. Lieblingstracks: der etwas detroitigere “In-<br />

to the Void” und das sehr elegische reine perlende Me-<br />

lodiestück “The Dark Side Of Nowhere” wegen denen<br />

allein sich das Album schon lohnt.<br />

www.konerec.net<br />

BLEED ••••<br />

TERRESTRISTESTIGRES - SEA & CABLE EP<br />

[KONE/003]<br />

Ein noch sehr frisches Label aus Genf, das auf dieser EP<br />

der Leute mit dem sehr strangen Namen eine ver-<br />

dammt feinsinnig gestrickte Art von Electro releast,<br />

die irgendwie smooth und ruhig wirkt, aber dennoch<br />

genug Intensität hat um den Floor zu rocken und mit<br />

einem Hauch von Discosounds und dem Vocoder, der<br />

klingt wie Oxtongue eine Poppigkeit erzeugen, die ir-<br />

gendwie auch noch einen Rest von Elektronica mit ins<br />

Boot bekommt. Die rubbelndere Rückseite bewahrt<br />

diesen Popaspekt auf “Lia” mit etwas mehr klassi-<br />

schem Retrosound und kommt auf “Konetic” dann<br />

noch mal mit Bonusfunkyness. Wir sind gespannt, wie<br />

sich das Label entwickelt.<br />

www.konerec.net<br />

BLEED •••••-••••<br />

LIKE A TIM - DRAW A BOT<br />

[LIKE/002]<br />

Wer es noch nicht mitbekommen haben sollte, Like A<br />

Tim hat ein eigenes Label. Die erste EP voller kleiner<br />

Acidtracks immer noch in den Ohren, kommt er hier<br />

von einer ganz anderen Seite und beschwört uns mit<br />

einem Discosmasher der drittten Art, einem rasseln-<br />

den, ungezogen deepen Electro-Freakout, einem Track<br />

der “Girls just wanna have Fun” in eine Art Popcorn<br />

Version für junggebliebene 303 Alleinunterhalter ver-<br />

wandelt, und einem Stück fürs Herz. Grandiose Platte,<br />

die in einer handgemalten Sonderedition erscheint, al-<br />

so am besten schon mal ein Ticket nach Rotterdam<br />

booken.<br />

home.wanadoo.nl/like/<br />

BLEED •••••<br />

JOHN THOMAS & TECHNASIA - ALWAYS TRYING<br />

EP<br />

[LOGISTIC RECORDS/032]<br />

Hey, Dreamteam. Ich gebe zu, lange Zeit konnte ich<br />

Technasia nichts abgewinnen aber irgendwie werden<br />

sie von Track zu Track besser und so pushen sie hier ei-<br />

nen External Remix so massiv und straight wie einen<br />

Pflock in das Herz eines jeden Zombieravers, auf dass<br />

er wieder erwache. Ein Beat, langsam modulierte Ak-<br />

korde und verdammt viel Euphorie mit sehr gut einge-<br />

fädelten Harmoniewechseln und extrem süsslichem<br />

Flavour ohne dabei an Brachialität zu verlieren. Härte,<br />

Stringenz und dennoch nur ein charmant säuselnder<br />

Track sein wollen war schon immer eine gute Idee. Auf<br />

der Rückseite dann zwei der deepesten John Thomas<br />

Tracks. “In <strong>De</strong>pth” ein minimal clonkiges Basslinedub-<br />

stück dass in friedlicher Nähe zu Telegraph dem Sub-<br />

label schnurrt, und das smooth swingende Bassline-<br />

monster “Jeff`s Song” vom Blackstage Album.<br />

www.logisticrecords.com<br />

BLEED •••••<br />

CANSON - HOLIDAY PLUG IN<br />

[MORRIS AUDIO CITY SPORT EDITION/005]<br />

Canson, aka Amar <strong>De</strong>rradj, dessen zwei EPs auf Hand-<br />

held, auf Substatic und Stattmusik, jedesmal wieder<br />

klingen wie der pure minimalistische Sonnenschein,<br />

kommt hier mir vier neuen Stücken, die allesamt so<br />

sweet und leicht sind, wie man es von ihm gewohnt ist.<br />

“Streetbeat” rockt mit pappiger Bassdrum und sparta-<br />

nischen Vocalsamples zu einem gut von allem befreiten<br />

trippligen Orgel-Groove, “Selberg” könnte man für sei-<br />

nen rockigsten Track halten, aber auch hier ist soviel<br />

Luft zwischen den einzelnen Sounds, dass man ihm die<br />

Maxime, Kleckern, nicht Kleistern zuschreiben würde.<br />

Leicht melancholisch, aber immer upliftend geht es<br />

weiter mit “Itoma” einem fast klonkigen Pixeldiscotrack<br />

für Nachmittagsspaziergänge durch das Glück und mit<br />

“Flause” gibt’s zum Abschluss noch einmal Minimalst-<br />

Funk mit tief in den Magen gehenden Bass-Slides und<br />

zeitlos tapsig eingeflechteten Snare-Wirbeln. Perfekte<br />

Platte wie immer von Canson.<br />

www.morrisaudio.com<br />

BLEED •••••<br />

AROY DEE - GODDESS / RAZOR<br />

[MOS RECORDINGS/001]<br />

Aroys eigenes Label featured zwei Killertracks für alle<br />

Liebhaber dichter breiter <strong>De</strong>troitsounds, die weniger<br />

auf sehr präsente Melodien bauen, als vielmehr auf ei-<br />

nen getragenen endlosen Groove. Melodisch zwar aber<br />

auch etwas dubbiger und mit eher heimlicher Harmo-<br />

niesucht, als offen vorgetragener Überfülle. Sehr smoo-<br />

the Platte mit einer Guestappearance von Peel Seamus<br />

auf “Razor”. Musik für flauschige Tage.<br />

www.nomorewords.net<br />

BLEED •••••<br />

SONAR LODGE & MAX 4040 - CELSIUS<br />

[MUSIC FOR SPEAKERS/023]<br />

Die EP beginnt mit einem Remix von Domu, der seine<br />

Raggavorlieben jetzt auch bei Broken Beats einfliessen<br />

lässt, verdrehte vor lauter Kanten nur so sprudelnde<br />

Breaks mit blubbernden Synthesizereffekten versetzt,<br />

und so einen verdammt gut kickenden Groove ent-<br />

wickelt. Max 404 verwandelt das auf seinem Remix<br />

dann in etwas gleitendere detroitigere Stimmung und<br />

gerät mit der Percussion näher an Latinsounds mit ei-<br />

nem Synthesizerkammermusikflair. Sonar Lodge nen-<br />

nen ihren ersten Remix “Needlework” und natürlich ist<br />

es ein loopiger knisternder Track mit sehr deepen Har-<br />

monien und einer flüsternd singenden Stimmung. <strong>De</strong>r<br />

zweite ist etwas housiger, kommt aber in seinen Per-<br />

cussionparts und den Funklicks gelegentlich auch et-<br />

was zu abgehangen rüber. Als Bunus gibts dann noch ei-<br />

ne kleine beatlose Skizze von Domu.<br />

www.musicforspeakers.com<br />

BLEED •••••-•••<br />

MUSICSYSTEM / RONALD REAGAN<br />

[MUSICSYSTEM/009]<br />

Eigentlich eine Compilation mit Acts wie: Lo-Bat, Om-<br />

nicac, Seducers und DJ Kondi. Weshalb da Ronald das<br />

Cover ziert, wissen wir auch nicht so genau, vielleicht<br />

um Distanz zu wahren. Die Tracks jedenfalls sind so<br />

überstürzt rockender hyperaktiver Elektropop der zir-<br />

pend, zauselig, wuselnden Art, mit einer gewissen Nähe<br />

zu Gameboy-Hymnen, dass einem jeder Zusammen-<br />

hang schwerfällt. Merkwürdigerweise klingt die EP aber<br />

auch so geschlossen, dass selbst wenn Omnicac sehr<br />

dubbig und mit Slowmotionalbernheiten meets früher<br />

Sähkö-Style, kommen Lo-Bat ringsum fremde High-<br />

Scores erschießt, die Seducer atemlos zu einem fast lo-<br />

optechno-artigen Beat Silikonreste ausspucken und DJ<br />

Kondi eher die Harddisc scratcht bis die letzte Old-<br />

schoolhousehymne aus dem Regal gepurzelt ist, alles<br />

miteinander perfekt Sinn macht. Bis vielleicht auf das<br />

Wappentier auf dem Label.<br />

www.musicsystem.dk<br />

BLEED •••••<br />

DEL WIRE - ANGE<br />

[NACOPAJAZ]<br />

Sehr strange und verdammt schöne EP auf diesem neu-<br />

en Französischen Label, dass eine ganz andere Annähe-<br />

rung an BrokenBeats und Jazz nimmt, als man erwarten<br />

würde, denn sie rütteln es mit dem Shutterhiphop von<br />

Prefuse zusammen und lassen es dabei nicht nur noch<br />

mehr clickern und knuspern, sondern bewegen sich<br />

gleichzeitig in einer Tradition von eher kinoartigen Har-<br />

monien aus den Zeiten als es noch ein französisches Ki-<br />

no gab. Zwei Tracks von <strong>De</strong>l Wire, die mit jedem Hören<br />

gewinnen und immer ungewöhnlicher werden und ein<br />

Remix von Kapsaicine, der mit einer extremen Soundbi-<br />

bliothek und Drum-and-Bass- geschulten Beats an die<br />

Sache rangeht. Eins der überraschendsten neuen Label.<br />

www.nacopajaz.net<br />

BLEED •••••<br />

CANVAS - ORIGINE J<br />

[NACOPAJAZ]<br />

Canvas lassen sich für diese EP von Labelmates <strong>De</strong>l Wi-<br />

re und Readymade FC remixen, und der Track den sie<br />

vorlegen, “Origine J”, bietet so viele Möglichkeiten mit<br />

seinen clickrigen Broken Beats und den Livebasslines,<br />

dem vertrackt funkigen Jazz und der gleichzeitig so ab-<br />

gehobenen Soundästhetik, dass man sich auf die Hard-<br />

Disc-HipHop-Variante von <strong>De</strong>l Wire zurecht freut. Die<br />

reißen alles in Grund und Boden mit schwergewichti-<br />

gen Beats und wirrem aber präzisem Effektgeflausel<br />

wie aus einem tropischen Gewächshaus, das bis auf sei-<br />

ne Eingeweide untersucht wird. Auf der Rückseite ein<br />

Stück hypertechnisierter <strong>De</strong>troitdancefloor mit wei-<br />

chen 808 Bassboomern und minimaler aber drängen-<br />

der Glückseligkeit. Verdammt schöne Platte, die Elec-<br />

tronika einen völlig neuen Beigeschmack gibt.<br />

www.nacopajaz.net<br />

BLEED •••••<br />

CANVAS - NAKED EP<br />

[NACOPAJAZ]<br />

Eine EP mit Remixen von Burger, Canvas selbst und Du-<br />

plex 100 eines Vocaltracks von denen Burger natürlich<br />

den leicht Country-Minimalistischen macht, Canvas<br />

selber mit leicht 80er angehauchten Beats und Funk-At-<br />

titude losrockt und Duplex dann alles in eine stolpern-<br />

de Highspeed-House-Szenerie setzen, die soviel Rave-<br />

Charme hat, dass sie sicherlich zu einer wenigen Club-<br />

hymnen mit Kontrabass werden dürfte.<br />

www.nacopajaz.net<br />

BLEED ••••-•••••<br />

RAIDERS OF THE LOST ARP - 3<br />

[NATURE]<br />

Auch diese Platte hier von Mario Pierro mit einem Re-<br />

mix von Passarani aka Analogue Fingerprints, rockt wie<br />

schon jede einzelne der Pigna Releases, so optimistisch,<br />

dass man jede Sekunde genießt und einem der flow kalt<br />

den Rücken runterläuft. Die A-Seite ein schwerer Mon-<br />

sterstomper mit leichten Oldschool-, leichten Disco-Ef-<br />

fekten, aber trotzdem so frisch und treibend, dass man<br />

es sofort zu seinem Lieblingsclubhit erklärt, wenn man<br />

es hört und sei es nur weil hier Funk lebt, ohne wieder-<br />

auferstanden zu sein. Auf der Rückseite die verdrehtere<br />

bleepigere Version des Tracks mit slammenden Old-<br />

school-Technobeats von Analogue Fingerprints, die<br />

wohl einer der wenigen Tracks sein dürfte, die man LFO<br />

diesen Monat entgegensetzen kann und als Bonus noch<br />

ein ruhiges Stück 808 Synthesizerpoesie mit leicht ba-<br />

learischem Unterton. Killerplatte.<br />

www.finalfrontier.it<br />

BLEED •••••<br />

MIRWEIS SANGIN<br />

[PHICTIV RECORDS/001]<br />

Eine minimale Techfunk-Platte von einem neuen Pro-<br />

ducer, die weniger in Richtung von gewohntem Mini-<br />

malsound geht, sondern eher dem verbunden ist, was<br />

Robert Hood mal mit Minimal Nation ganz gut auf den<br />

Punkt gebracht hat. Sehr “analog” in gewisser Weise,<br />

sequentiell und leicht dunkel mit pumpenden Beats<br />

und stellenweise wobbligen Basslines, die sich irgend-<br />

wo in der Percussion dann auch wieder mit so etwas<br />

wie Cabanne trifft. Musik, die man auf englisch ver-<br />

mutlich “physical” nennen würde, mit einem sehr char-<br />

manten “Rubab Dub” am Ende, bei dem Mirweis San-<br />

gin dann ein paar einfache Gitarrentöne zu einem per-<br />

fekt swingenden hüpfenden Shuffletrack der Kölner<br />

Popschule macht. Fein.<br />

www.imploz.com<br />

BLEED ••••-•••••<br />

MARK WILLIAMS - ALL I NEED IS BEATS EP<br />

[PHONT MUSIC/032]<br />

Sehr percussive Beats meint er damit. Das kann er<br />

auch, und viel mehr ist dazu eigentlich kaum zu sagen.<br />

4 Tracks die viel Druck machen, aber viel mehr auch<br />

nicht.<br />

mypage.bluewin.ch/PHONT-PAGE<br />

BLEED •••<br />

BERLIN DUB SESSIONS<br />

[FUTUREDUB/004]<br />

Warum eigentlich Berlin? Vielleicht, weil dieser Teil<br />

der Dubserie so unglaublich weitläufig und trotz aller<br />

Kopfnicker hin zu den großen Göttern des Dubs in den<br />

Hallräumen irgendwie etwas technoideres hat, etwas<br />

ausgebleichter lineares, etwas, das einem wie ein Ge-<br />

schmack am Morgen danach auf der Kopfhaut kleben<br />

geblieben ist? Wir sind uns nicht ganz sicher. Jedenfalls<br />

die clickernste, irgendwie weicheste der Serie, aber<br />

dennoch nicht frei von sehr überzeugenden Experi-<br />

menten mit Hall und breitester Breite. Fundamental.<br />

www.futuredub.com<br />

BLEED •••••<br />

FRANCISCO - FRENGA<br />

[PIGNA/005]<br />

Mein derzeitiges Lieblingslabel aus Italien schafft es<br />

auch mit der neuen EP von Francisco, dem Jollymusic<br />

DJ, wieder voll und ganz das Herz eines jeden gutge-<br />

launten anti-retro Oldschoolfans zu überzeugen.Drei<br />

Tracks zwischen skurril quietschiger Italodisco, bratzi-<br />

gem Neodiscosound mit Bleeps und leicht disharmo-<br />

nischen Tapferkeiten der dreist kickenden Art. Es<br />

steckt einfach so viel in diesen einfachen Tracks, dass<br />

man es gar nicht abwarten kann, sie im Club zu hören,<br />

denn sie sind immer einfach genug, um jeden zu über-<br />

zeugen und dabei trotzdem so auf den Punkt, dass<br />

man einfach mittanzen muss. Italien lebt. Und das<br />

nach wie vor bei Finalfrontier.<br />

www.finalfrontier.it<br />

BLEED •••••<br />

PROCESS / JAUMETIC - REGULAR LOOKS AT<br />

TRAUM<br />

[REGULAR/003]<br />

Process kommt auf dieser EP mit einem seiner ruhige-<br />

ren, aber dennoch straight durchrockenden Tracks, die<br />

vor allem von den extrem gut sitzenden Beats leben,<br />

die alles im Griff haben und, obwohl der Track auf der<br />

Oberfläche eher ruhig wirkt, einen verdammt treiben-<br />

den Groove entwickeln. Jaumetic “Feinh han” kommt<br />

eher mit einem shuffelnden Beat und dagegen ver-<br />

spielt wirkender Minimal-Percussion, die auf darkere<br />

treibendere Sounds trifft, die gelegentlich etwas be-<br />

drängend wirken können, aber innerhalb des immer<br />

funkiger werdenden Tracks einfach nur sehr gut die<br />

Spannung aufbauen. Jaumetic wird noch zu so was wie<br />

dem Punisher des Minimalhouse, wenn er so weiter<br />

rockt. Perfekter Start dieser Reihe von Split EP Koope-<br />

rationen mit Kölner Labels.<br />

www.regularlabel.com<br />

BLEED •••••<br />

M.RAHN / IÃKI MARÍN - REGULAR LOOKS AT<br />

TRAUM<br />

[REGULAR/004]<br />

Mit seinem “Freischwimmer” Track hat Matthias Rahn<br />

es so lässig angehen lassen, dass man ganz schön baff<br />

ist, warum dieser Track einen eigentlich so faszinieren<br />

kann. Alles einfach, Beats leicht balearic, Dubs schil-<br />

lernd, Bassline leicht knusprig, aber trotzdem erwischt<br />

einen dieser Track mit seiner verdammt ungreifbaren<br />

Stimmung so, als wäre er etwas wie eine Impression,<br />

die man immer wieder erinnert, nur um wieder da zu<br />

sein, wo der Track war. Extrem charmanter smoother<br />

Track, der einfach immer weiter wächst. Iãki Marín`s<br />

“Unarmed” klingt etwas aufwendiger produziert, hat<br />

aber auch diese sehr ruhige dahingleitende Art von un-<br />

bekümmertem Minimalsound, der keine Pressure und<br />

kein Pumpen kennt, aber trotzdem einen Groove ent-<br />

wickelt dem man kaum widerstehen kann.<br />

www.regularlabel.com<br />

BLEED •••••<br />

MARK KNIGHT - THE GROOVE<br />

[SLOP SHOP RECORDS]<br />

Strange Platte zwischen dreistem Discofunk incl. Filter<br />

und allem drum und dran nebst UK-Rave Shouter, Slap-<br />

bass, Discostrings in gleich zwei Mixen. Solider Dance-<br />

floorrocker für die ganze Familie.<br />

www.slopshop-records.com<br />

BLEED ••••<br />

V/A - A SPEZIAL MATERIAL COMPILATION [SPE-<br />

ZIALMATERIAL / SM03]<br />

Endlich Neuigkeiten von Spezialmaterial, die hier mit<br />

einer fetten Doppel-LP (Remix-)Compilation in die Re-<br />

gale zurückkehren. Intricate, Staubsauger, Monoblock<br />

B, Person, Solotempo und Softland rocken, was das<br />

Zeug hält, sind dabei aber zum Glück strellenweise<br />

sehr verträumt und retten so die Frickelei vor dem Um-<br />

kippen. Remixe kommen dann von Bistream, Skan-<br />

from, Plaid, Team Doyobi, E.Stonji, Made + Ad Vanz<br />

und Phonem, die dem sehr technischen Approach der<br />

Spezialmaetrial Crew ein völlig anderes Leben einhau-<br />

chen; die Scratch-Orgie von Bitstream macht da einen<br />

beeindruckenden Anfang. Alle fühlen sich irgendwie<br />

total wohl, das merkt man gleich, und so ... ja. Alles pri-<br />

ma bei Spezialmaterial.<br />

THADDI •••-••••<br />

ENDORPHINS - TAMING TEXTURES<br />

[VYNALOGICA/004]<br />

Merkwürdig, dass ich jetzt erst checke, dass Endorph-<br />

ins natürlich Endorphine auf englisch bedeutet. Was<br />

sonst eigentlich? Hatte ich meinen Kopf so voll mit<br />

ihren Tracks, dass ich gar nicht mehr nachdenken<br />

konnte? Egal. Endorphins machen hier Elektrotracks,<br />

wie sie zur Zeit nur aus den Niederlanden kommen.<br />

Sehr melodisch, aber nie zu sehr in dieser alten Schule<br />

stecken geblieben, sehr einfach aber dennoch alles an-<br />

dere als platt, verspielt aber nicht technologisch, und<br />

so völlig weg von jeder Future-Romantik und allem,<br />

was nur nach Spielzeug klingt, mal ein wenig in Rich-<br />

tung Electronika driftend, aber dennoch nie zu triefig,<br />

und vieles mehr. Eine Platte für Rumlungerer, Raver,<br />

Rastlose und Elektronikfreaks zugleich. Vynalogica ist<br />

eines der überragendsten Label der Niederlande zur<br />

Zeit.<br />

www.cemstudio.com<br />

BLEED •••••<br />

DJ LINUS - FLOKATI / TEMPER<br />

[STAY TRUE/006]<br />

Nach der Kooperation mit Duriez hier eine Linus EP auf<br />

dem Stay True Label, auf der er seine Vorliebe für La-<br />

tinpercussion so elektrifiziert ausleben kann, dass ei-<br />

nem ein Schauer den Rücken runterläuft und dann<br />

packt er auch noch Vocals aus und diese Oldschoolor-<br />

geln und alles rockt nur noch besinnunglos. Die “Tem-<br />

per” Rückseite ist etwas smoother und straighter und<br />

hat noch mehr Oldschoolvibe in der Art mit leicht an-<br />

gehallter, hyperpräsenter Bassline umzugehen. Ein<br />

Klassiker.<br />

BLEED •••••<br />

HÅKAN LIDBO - 4 EASY PIECES<br />

[WOLFSKUIL RECORDS/002]<br />

Ein neues Label aus Nijmegen, das mit vier außerge-<br />

wöhnlichen Tracks des eh schon immer vielseitigen<br />

Håkan Lidbo bestimmt den Sprung in die Liga der Wat-<br />

chlist-Labels schaffen dürfte. Mal beginnt Lidbo mit ei-<br />

nem solide darken Technogroove, der sich langsam<br />

aber sicher hochschaukelt zu einem unter die Haut ge-<br />

henden Acid-Horror-Sirenen-Monster, dann breakt er<br />

zu <strong>De</strong>troit-Basslines und Strings so ausgelassen fiepsig<br />

herum, dass man sofort per <strong>De</strong>kret einen Technosoul-<br />

Abend in jeder Großstadt fordern möchte, dann shuf-<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


442<br />

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überlegen,<br />

überleben<br />

Lassen Sie sich nicht täuschen!<br />

In Politik und Gesellschaft liegt<br />

Manches tiefer als es scheint.<br />

Die taz schaut unter die Oberfläche.<br />

Abb.: Nahrungsbeschaffung in Gewässern


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

CONTINENTAL • = NEIN / ••••• = JA<br />

felt er auf einmal percussiv und jazzig minimal in ausbrechenden<br />

Sequenzen, die sich für eine abstraktere<br />

Idee von House stark machen, die Chicago ganz groß<br />

schreibt und am Ende rockt er uns auch noch mit einem<br />

seiner Tracks, die er wohl auch live spielt, den<br />

Dancefloor-Vocoder-Smasher zwischen die Beine, der<br />

klingt, als hätte er 101 bei Mad Mike studiert. Grandios.<br />

BLEED •••••<br />

DAVIDE SQUILLACE - CONTROLLIN PIECES<br />

[SUPERBRA/025]<br />

Wenn ich nicht wüsste, dass es einfach solide Techhousetracks<br />

sind, dann würde ich es für Disco halten.<br />

So in einer <strong>De</strong>nkrichtung die sich ein Fragment der<br />

sich immer noch drehenden Spiegelkugel herauspickt<br />

und darauf herumschwirrt, bis allen ganz schwindelig<br />

geworden ist. Manische hängengebliebene Tracks für<br />

Filterfreaks.<br />

BLEED ••••<br />

DRUM AND BASS • = NEIN / ••••• = JA<br />

RESISTANCE & D-TEK`D - LOSING CONTROL /<br />

SPACE JAM<br />

[DZR/003]<br />

Wieder mal sehr feine, melodisch soulige Tracks auf<br />

diesem Label. “Losing Control” verliert die Kontrolle<br />

vermutlich deshalb, weil es einfach ein deepes Stück<br />

ist, dass sich um nichts weiter kümmert und das fast<br />

albern heitere “Space Jam” rockt mit dichtem, gefilterten<br />

Orgelsound und sehr dezent verteilten Effektsounds<br />

so tief in die Hysterie um alte Houseplatten<br />

hinein, dass man einfach schon beim ersten Ton<br />

glücklich ist. Feine Platte.<br />

BLEED •••••<br />

ELEMENTZ OF NOISE - COLD LIGHT OF DAY /<br />

TORNADO [EMOTIF]<br />

Weiter geht’s mit Naturgewalten und Drum and Bass<br />

und auf “Cold Light Of Day” haben die Elementz Of<br />

Noise einen Break eingebaut, bei dem sogar der<br />

kitschigste Hollywoodproduzent rot werden würde,<br />

so trieft es da vor Verlassenheit und Unglück. Klar,<br />

dass da eine ansteigene Snaredrum über mindestens<br />

256 Takte hermuss. Nunja. Vielleicht etwas übertrieben,<br />

aber dafür schleicht sich die Rückseite böse und<br />

mit Acidsounds herein und rockt ab.<br />

BLEED ••••-•••••<br />

PROGRESSION SESSIONS - MAKOTO FEAT. DE-<br />

EIZM<br />

[GOOD LOOKING]<br />

Wieder eine CD aus LTJ Bukems “Progression Session”-Reihe,<br />

die, obwohl den Fortschritt im Namen,<br />

strikt dem Kontext des angejazzt flächigen Drum’n’bass<br />

treu bleibt. Diesmal ist es eine Doppel-CD mit<br />

dem Good-Looking-Mann für den fernen Osten, Makoto.<br />

Einmal als Mix-CD aus seinem Heimatclub in Tokyo<br />

zusammen mit der Sängerin/MC <strong>De</strong>eizm, einmal<br />

ungemixt. <strong>De</strong>r Livemix bringt die Stimmung aus dem<br />

Tokyoer Club erstaunlich gut rüber, auch dank Sängerin<br />

<strong>De</strong>eizm. Allerdings tritt das<br />

Gesangselement sehr in den Vorder- und die Musik<br />

etwas in den Hintergrund. <strong>De</strong>nn durch die homogene<br />

Trackauswahl scheinen die einzelnen Stücke zu einem<br />

einzigen Strom zu verschmelzen - der von funky, über<br />

asia, bis flächig, aber immer sehr GoodLooking, 34 Minuten<br />

kurz, dahinrollt. Das ein oder andere Highlight<br />

ist auch dabei, z.B. kann man bei Makotos “Take my<br />

Soul Baby” förmlich das begeisterte Glitzern in den<br />

Augen der Tänzer leuchten sehen, während man bei<br />

AMERIKA • = NEIN / ••••• = JA<br />

PACIFIC TECHNICS - EP VOL.2<br />

Eine Serie von EPs und eine Mix-CD von Noah Pred<br />

mit lauter unveröffentlichten Tracks, deren Erlöse an<br />

Amnesty International in Kanada gehen. Auf der zweiten<br />

der Serie Mateo Murphy mit einem smooth techhousigen<br />

Track namens “<strong>De</strong>ep Thoughts”, der mit<br />

weichen Dub-Effekten wirklich verdammt deep und<br />

housig rockt, ein Marky Star Track mit härteren, pulsierenden<br />

Grooves und dem skurrilen Titel “I Love<br />

Your Money”. “Refuge” von Noa Pred ist ein klassischer<br />

Dubhousetrack mit sehr solider Subbassline<br />

und einem Groove, der einem das Rückgrat gerade<br />

zerrt. Zum Abschluss noch ein Track von Preach mit<br />

leicht strangem Flair zwischen Techhouse-Percussion-Andeutungen<br />

und vollmundigem Housetrack.<br />

thmicnyc.com<br />

BLEED •••••-••••<br />

URSULA RUCKER - SILVER OR LEAD [!K7]<br />

Nach ihrem groß gefeierten <strong>De</strong>büt sammelt Ursula<br />

Rucker wieder mit The Roots, King Britt, Rob Yancey<br />

und Tom Motzer die Produzentenriege aus Philadelphia,<br />

sowie Little Louie Vega für New York, Jazzanova<br />

für Berlin und 4hero für London um sich. Die liefern<br />

den diesmal etwas orchestraleren Soundtrack, der ihre<br />

Spoken-Words musikalisch untermalt, während sie<br />

immer weiter die weibliche Variante in der Tradition<br />

von Gil Scott Heron ausarbeitet, konsequent ihren<br />

Ansatz der lyrischen Spoken-Word-Poetry-Texte zum<br />

Mitdenken weiterführt. Wort für Wort gesprochen in<br />

dem ihr eigenen Flow, der bislang seinesgleichen<br />

sucht und sich wieder durch Themen wie Ausbeutung,<br />

Frau-sein, Politisches und Afrozentristisches durcharbeitet.<br />

Dabei tastet sich ihre Stimme sanft durch die<br />

Strophen, mit Musikalität die Bedeutungsschwere<br />

der Textinhalte abfedernd, obwohl sich dieser traurige<br />

Blick auf die Welt, wie sie nunmal ist, natürlich immer<br />

wieder als omnipresent erweist, viel Raum einnimmt,<br />

und das soll ja auch so sein. Trotzdem möchte man ihr<br />

nach dieser ganzen dunkelgrauen Melancholie eigentlich<br />

gerne mal zurufen: Lach doch mal, Ursula.<br />

Hier, nimm ein paar Lachgummis!<br />

LUDWIG ••••<br />

TRAPEZ 31<br />

OLIVER HACKE - Clip<br />

TRAPEZ 32<br />

RILEY REINHOLD &<br />

STEVE BARNES - Airfix<br />

anderen Tracks eher an den Sonnenaufgang über Tokyo<br />

und Wohnröhren-Drum’n’Bass denken mag.<br />

LUDWIG •••-••••<br />

MATHEMATICS / AQUASKY - ONE DAY /BRASIL<br />

66<br />

[INCIDENT/006]<br />

Mathematics bleiben eine der Posses, die mit melodischen<br />

Drum and Bass Tracks nach wie vor eben so gut<br />

rocken, als hätten sie den Funky Drummer hinter sich,<br />

und das hier auf “One Day” vor allem, weil sie diese<br />

gut brummende lässige Bassline durchziehen, die<br />

klingt wie eine schnurrende Katze, deren Fell mal grade<br />

zwischen zwei Wolkenkratzer passt. Sehr lässig<br />

und mit dezenten Oldschoolhousefragmenten versetzt.<br />

Aquasky hingegen amüsieren sich trotz Titel<br />

mit eher detroitigen Sequenzen und tun so, als würden<br />

sie Bukem samplen der irgendwie Metroplex<br />

sampelt, landen dann aber über sehr gut brummenden<br />

deepen Subbasslines in einem deepen Funktrack<br />

mit immer wiederkehrendem Vocal in dem eigentlich<br />

ab und an mal eine Querflöte klingt, als wäre hier etwas<br />

folkiger.<br />

BLEED •••••<br />

JAHEIM - CALIBRE REMIX<br />

[WHITELABEL]<br />

Großartiger Remix vom Belfaster Wunderkind. So nahe<br />

waren sich klassischer US-Garage und Drum and<br />

Bass selten. Das Piano drückt einen einfach an die<br />

Wand vor Übermut und eleganter Euphorie. Fast<br />

schon zu geschmackssischer. Wer mit den Vocals<br />

nicht so viel anfangen kann, der darf sich dann mit<br />

dem Instrumental amüsieren. Calibre hat momentan<br />

einfach seine Asse im Ärmel.<br />

SVEN.VT •••••<br />

J.MAJIK PRESENTS - NEW GENERATION<br />

[INFRARED]<br />

Futurebound mixt sich durch die Hits der kommenden<br />

Infrared Generation und neben Wickerman, Futurebound,<br />

Jaquen, Sonic, Cookie Monsters und Codec<br />

ist natürlich vor allem J.Majic der den Sound hier bestimmt<br />

und die Posse zusammenhält. MC E-LL sorgt<br />

dafür dass die massiven Basslinediscomonster in einen<br />

Flow kommen der Oldschoolfans von Drum and<br />

Bass ebenso zusammenhält wie die neuen Kids, die<br />

einfach die Filter nicht voll genug bekommen können,<br />

und wenn wir mal ehrlich sind und man es wirklich<br />

PACIFIC TECHNICS - EP VOL.1<br />

Die erste EP dieser Serie von Tracks deren Erlöse an<br />

Amnesty in Canada gehen kommt mit Tracks von<br />

Adam Jay, der mit schillernden Akkord-Dubs und einem<br />

kurz angerissenen Vocal-Sample recht smooth<br />

und mächtig durch die langsam rauf und runter gefadeten<br />

Hihats rauscht, einem unglaublichen Stück von<br />

Ben Neville, der jedesmal wieder ganz woanders ansetzt,<br />

um einen aus dem Hinterhalt zu locken. “Chicago<br />

On TP” wummert so knisternd und tuschelnd über<br />

einer deepen dunklen Dubstimmung, dass man sich<br />

danach fühlt, als hätte einem jemand ein Kilo Gänsefedern<br />

in die Ohren gesteckt. HD Substance enttäuschen<br />

leider etwas in ihrer pulsierenden Techno-Beliebigkeit,<br />

aber dafür holt es Mike Shannon mit einem<br />

deep verdubbten kompromisslosen Monster wieder<br />

raus.<br />

thmicnyc.com<br />

BLEED •••••-•••<br />

HOLY C [ATTIC SPACE]<br />

Ah, schon wieder ein Billie Holiday-Sample. Immer.<br />

Und wenn dazu auch noch ein so erfrischend anders<br />

arrangierter Housetrack dazu kommt, der mal wieder<br />

die Grundlagen durchforstet und zu Ergebnissen<br />

kommt, die nicht nur kicken, sondern auch noch eine<br />

Art von Musikalität definieren, die definitiv eine Ausnahmeerscheinung<br />

bleibt, weil sie so selbstgezimmert<br />

wie perfekt klingt, dass selbst ein Break mit<br />

Trompete irgendwie cool kommt, dann um so mehr.<br />

“Da G-Tar Of Sorrow” ist ein Latintrack, kommt aber<br />

auch so skurril mit einer Lofiattitude um die Ecke,<br />

dass es einfach funktioniert, “Dusk” schwirrt vor lauter<br />

Sonntagsnachmittags-Filmsounds und ist dennoch<br />

deep wie Bushkangaroo und erträgt selbst eine<br />

Bonusgitarre und mit “<strong>De</strong>licioso” hört die EP genau so<br />

zwieschneidig, aber ebenso überraschend auf. Eine<br />

Art von House die man viel zu selten hört.<br />

www.ultrasoundrecordings.com<br />

BLEED •••••<br />

UNRAVELLED VOL.1 [CONTEXT/010A]<br />

Das hat definitv eine Weile gedauert, bis endlich wieder<br />

mal was von Sutekhs Label Context zu hören war.<br />

Und jetzt kündigt er gleich eine Serie von drei Kollaborations<br />

12”es an, die, wenn sie alle so kicken wie die-<br />

TRAPEZ 33<br />

DIALOGUE - Serious Swingers<br />

WWW.TRAUMSCHALLPLATTEN.DE<br />

FON 0049 (0)221 23 32 97<br />

TRAUM@NETCOLOGNE.DE<br />

FYM - THE MONKEY STYLER [TELEGRAPH/010]<br />

Klar, das Fym von Boogizm auf seiner Platte für Telegraph<br />

öfter als sonst die gerade Bassdrum rausholt,<br />

aber dass er dabei weniger verdreht und funky sein<br />

würde, ist absolut nicht drin. Sechs Tracks mit feinstem<br />

Geraschel, deepest davonschleichenden Grooves,<br />

smoothen Akkorden, die dem Ganzen einen Zusammenhalt<br />

geben, einem Zuckerguss aus Knistern und<br />

Fiepsen, aber trotzdem bleibt die Platte etwas, das<br />

man gerne auch auf dem Dancefloor spielt und das<br />

aushält, diese Energy über eine knappe Dreiviertelstunde<br />

durch sich rushen zu lassen wie einen Sturm<br />

von Beats und Effekten, dann ist man am Ende ganz<br />

platt und glücklich und lässt sich von niemand mehr<br />

erzählen, dass Drum and Bass ja nicht mehr das ist,<br />

was es mal war. Aber wir bewegen uns ja eh grade in<br />

einer Phase, wo alle wieder neugierig auf Drum and<br />

Bass werden. Zu Recht. Monsterset mit Tracks wie<br />

“Share The Blame” von Majik & Kathy Brown, Pit Bull<br />

von der gesamten Posse, das mörderische Amenrockout<br />

“Flat Spin” von Futurebound & Codec und das kleine<br />

Brasilschmuckstück “Capoeira”.<br />

www.infraredrecords.co.uk<br />

BLEED •••••<br />

SPIRIT & DIGITAL - CHINESE WHISPERS / KNIGHT<br />

RIDER [INNERACTIVE MUSIC/006]<br />

An Pathos kaum noch zu überbieten, dieses Intro<br />

“Chines Whispers” und dann auch noch diese Triolen<br />

von Snarerolls. Eine Platte, die so böse wie mächtig ist<br />

und fast schon klingt wie in den bösesten Hardcore-<br />

Zeiten, als nur noch gemosht wurde. Die Rückseite<br />

kommt mit einem sich überschlagenden Congabreak<br />

und geht dann völlig in Bass-Wellen unter, die einem<br />

die Haut bei lebendigem Leib über die Ohren ziehen.<br />

Böse Platte das.<br />

BLEED •••••<br />

XRS - LAND<br />

[SAMBALOCO RECORDS]<br />

Das Dreigestirn am wolkenlosen Brasil’n’Bass-Himmel<br />

heisst Marky, Patif und XRS. Letzterer legt nun ein<br />

Album vor, dass eigentlich in die Sparte “brasilianische<br />

Volksmusik” gehört, denn sowas in der Art stellt<br />

Drum’n’Bass in Brasilien ja wohl mittlerweile dar. Und<br />

so wird sich der vom konventionellen Drum’n’Bass<br />

“made in UK” erzogene Hörer hier erstmal verdutzt<br />

umgucken und sich fragen, wo denn die ganzen High-<br />

Speed-Sounds aus Musik-gewordener Geschwindigkeit<br />

und die dicken Mörder-Basslines hin sind. <strong>De</strong>nn<br />

XRS lässt es ruhiger angehen, bzw. verbleibt eher in<br />

akkustischen Soundentwürfen, die allein schon von<br />

der Attitude mehr Brasil als Drum’n’Bass sind. Finsterkeit?<br />

Falsche Ausfahrt, hier ist Brasilien, die Sonne<br />

scheint, die Tracks haben Zeit, auch wenn die Beats<br />

schnell sind. Dabei arbeitet XRS an den <strong>De</strong>tails des<br />

musikalischen Hybriden, fernab von knalliger Effekthascherei.<br />

Das muss man ihm zu Gute halten, wenn er<br />

se Platte hier, Context zu einem unserer Lieblingslabel<br />

diesen Winter machen dürfte. Sutekh remixt Ben<br />

Nevile zu einem sehr quirligen Minimalfunkbreakmonster<br />

zusammen, Kit Clayton wirft die eher<br />

schwergewichtigen Sounds von Murcof in die Luft<br />

und lässt sie mit einem Aliengrummeln zum Soundtrack<br />

von Alien 23 werden, Portable brilliert mit einem<br />

Remake von Sutekh Material, das so viel smoothe<br />

Dichte hat, und so lässig Beats erfindet, die man noch<br />

nie gehört hat, dass man spätestens jetzt nach einem<br />

neuen Namen für all diese Musik sucht, und Twerk beendet<br />

das Ganze wiederum mit Portable Sounds in einem<br />

sehr weichen, clickrig-digitalen Nebel aus brodelnden<br />

Athmosphären. Perfekt bis ins allerkleinste<br />

<strong>De</strong>tail.<br />

www.context.fm<br />

BLEED •••••<br />

OSBOURNE [GHOSTLY INTERNATIONAL / 015]<br />

Auf Ghostly kommen zur Zeit nur Killer. Von diesem<br />

hier waren wir so betört, dass wir glatt vergessen haben,<br />

ihn in der letzten Ausgabe würdig zu feiern. Zwei<br />

sehr feingliedrige Tracks, die so melodisch, so euphorisch,<br />

dabei aber so unaufdringlich sind, dass man sich<br />

erst mal setzen muss, sobald die Pianos einsetzen.<br />

Und erst der Isolee Remix. Da ächzt man vor Verzückung<br />

und jubelt in glückseliger Eintracht. Ein Fest<br />

von einer Platte.<br />

SVEN.VT •••••<br />

ALEX BIOTIC - FUNK MATTER EP [GOTHAM<br />

GROOVES/005]<br />

Tja, und auch die neue Gotham Grooves kommt aus<br />

diesem etwas eintönig slammenden Technosound<br />

von vor Jahren nicht heraus. Nur der ganz gut in den<br />

Bässen groovende Agent Orange Mix hebt sich aus<br />

dem ansonsten eher US-schranzigen Umfeld ab.<br />

www.gothamgrooves.com<br />

BLEED ••-••••<br />

V/A - FRAMED & FORMED [IRON BOX / IBOX007]<br />

Sehr gelungener 4-Tracker dieses Labels aus Dallas.<br />

Scott Findley lässt sich zu Beginn viel Zeit, um seinen<br />

Groove zu entwickeln und sparsam kleine Fitzelelemente<br />

hinzuzugeben, bevor der große House-Stab,<br />

nicht nur, um ihn aufzuräumen, sondern um ihm etwas<br />

Bandbreite zurückzugeben. Hyperaktiv und überfunky,<br />

wenn man es nur laut genug knallen lässt und<br />

den Kopf frei hat für ein paar Aliensounds.<br />

www.logisticrecords.com<br />

BLEED •••••<br />

BANGKOK IMPACT FEAT. KASSEN - COLOUR OVER<br />

TASTE [VYNALOGICA/003]<br />

Während hierzulande Disco immer einen Hauch Rich-<br />

auch manchmal etwas dudelig wird und brasilianisch<br />

über den Beat gehauchter Gesang sicher nicht jedermanns<br />

Sache ist. Auf die Fresse kriegt hier keiner,<br />

höchstens ein paar sanfte Streichler mit dem Palmwedel<br />

und das ist ja auch was.<br />

LUDWIG ••-••••<br />

LICKABLE BEATS - SAMPLER<br />

[INTERCOM]<br />

Killer, das wisst ihr ja schon von der CD, aber hier endlich<br />

auch vier der Tracks auf sattem Vinyl, das einem<br />

die Basslines hinter die Augäpfel nagelt vor lauter<br />

Realness und mit “Crowd Rocker” in beiden Versionen<br />

so dermaßen abräumt, dass man sogar Angst um die<br />

Fundamente eines jeden Clubs haben muss, in dem<br />

das gedroppt wird. Dazu noch das hypereuphorische<br />

“Tonight” von 60 Minuteman und DJ Touch und der<br />

unglaubliche Tommy Knocker Track “Roule”. Intercom<br />

ist definitv eins der kickendsten Label der Stunde, und<br />

haben es wirklich auch mehr als verdient. Killerplatte<br />

durch und durch.<br />

www.intercomrecordings.com<br />

BLEED •••••<br />

COMMIX - SOMETHING BETTER<br />

[NEW IDENTITY RECORDINGS/029]<br />

Sehr smoothe leichte Tracks von diesem neuen Act<br />

auf New Identity, der aus Cambridge kommt und hier<br />

auf “All You Need” mit guten Oldschool-Soulvocals<br />

und langsam hereingefilterter String-Euphorie perfekt<br />

in einen sehr swingenden Jazztrack rast, der mit<br />

seinen fast albernen Basslines und Funk-Licks vor lauter<br />

Groove nur so aus sich heraussprudelt. “Something<br />

Better” ist die deepere Variante davon, die mit<br />

lässig aus dem Ärmel geschüttelten Gitarren und Subbasslines<br />

eine hitzig dünstende Sommerstimmung erzeugt.<br />

Könnten glatt zur Konkurrenz von Influx Datum<br />

werden, wenn sie so weiter machen.<br />

BLEED •••••<br />

‘TEEBEE - WAREHOUSE / BOUNCE<br />

[PHOTEKPRODUCTIONS]<br />

Klar, ein Teebee-Track rockt immer alles weg. Und<br />

wenn er sich so fundamentalen Themen widmet wie<br />

hier, “Warehouse”, dann sind die Techno-Piano-Dubs<br />

eigentlich vorprogrammiert und wir grooven uns erst<br />

mal locker warm in dem langsam hochgefilterten<br />

Monster aus purem brachialem Funk und lassen Teebee<br />

auf der Rückseite die Tragik in vollen Kannen mit<br />

hier in warmer Akkordform, loslegt. Soultek sind einen<br />

Tick schneller und effektverliebter, dabei aber immer<br />

sehr auf Trockenheit bedacht und malen den<br />

Techno nur sehr vorsichtig an. Dann bricht der gecuttete<br />

Shuffle aus, alles ist irre funky und im Breakdown<br />

reichen wir uns die Hände. Maetrik will es auf der B-<br />

Seite dann wissen, droppt den Dub und legt volle Kanne<br />

los. Stomper-Style, muss sein, wissen wir alle. Brian<br />

Aneurysm baut sich ein minimales Bett, das irre<br />

gut swingt und oben rum toll fiept und singt ein bisschen<br />

dazu. Vier sehr gute Tracks.<br />

THADDI ••••<br />

HRDVISION - OH TEHO SAVES [ITISWHATI-<br />

TIS/008]<br />

Eine der wildesten Techno-EPs des Jahres und gleichzeitig<br />

eine Platte, die auch Elektronika-Fans der fusseligeren<br />

Art zu einem Ansatz führen könnte, der nicht<br />

nur heißen muss: DSP über alles. <strong>De</strong>nn was Nathan<br />

Jonson hier macht, hat einfach viel mehr Ansätze als<br />

das, und auch wenn er manchmal sehr strange und<br />

schwierig wirken kann, geht es doch auch immer um<br />

kickende Beats und um einen Wahnsinn, der sich<br />

nicht klassifizieren lässt. Sehr eigenwillige Platte, die<br />

voller Beats und schwebender Stimmungen hängt, die<br />

sich weder als Melancholie auflösen lassen wollen,<br />

noch als Neurose, sondern immer eine Intensität bewahren,<br />

die irgendwie unter die Haut geht.<br />

www.itiswhatitisrecordings.com<br />

BLEED •••••<br />

NIETSCH & GLEINSER - TIME CONTROL EP [LA-<br />

SERGUN]<br />

Lasergun ist auf einem recht merkwürdigen Trip zur<br />

Zeit, denn hier kommen auf einmal nach wirklich<br />

smashenden Technomonstertracks eher smoothe<br />

Elektrotracks mit vielen Strings und alten Synthesizersequenzen,<br />

die vor allem deshalb nouveaux klingen,<br />

weil die Beats so Schlagzeugartig kicken. Sehr<br />

amüsant meist und irgendwie verspielt ohne dabei<br />

nur herumzwirbelnd zu wollen, aber dennoch auf<br />

manchen Tracks einfach ein klein wenig zu dark. Ach,<br />

und wer hat von euch wirklich ein Indiestück mit<br />

Schrummelgitarre und breitwandiger Melancholie<br />

auf Lasergun erwartet? Niemand. Aber allein dafür<br />

POLAR<br />

VÖ: September/ Ok tober 0 3<br />

TRAUM CD1 3<br />

PROCESS - Spectra CD<br />

VÖ: Ok tober 0 3<br />

TRAUM V4 0<br />

POLAR II - Ada m K<br />

WWW.TRAUMSCHALLPLATTEN.DE<br />

FON 0049 (0)221 23 32 97<br />

TRAUM@NETCOLOGNE.DE<br />

tung Funk driftet, scheint in Holland vor allem die Synthesizerphase<br />

der 70er immer wieder druchzublitzen<br />

und das mit jedem Mal frischer und glücklicher. Die<br />

neue Bangkok Impact markiert mit “Bounce Baby” definitiv<br />

einen Höhepunkt in diesem Sound. Auch “Poppets”<br />

rockt, wenn auch dezenter und mit einer Art an<br />

Melodien ranzugehn, die so einfach wie überzeugend<br />

ist. Musik irgendwo zwischen Leierkastenschlager und<br />

Aliendisco. Die Rückseite blubbert ein wenig mit 1/16-<br />

Discobass und Vocoder und hat zum Abschluss noch<br />

Gitarren und Strings ausgießen in einem dieser<br />

Tracks, die sehr spartanische trockene Beats zu einer<br />

leicht trancigen Hymne entwickeln, die aber mit ihren<br />

Drumrolls und dem lässig gesprochenen “Bounce”<br />

Sample trotzdem nicht kitschig wirkt sondern irgendwie<br />

sehr süß.<br />

www.photekproductions.com<br />

BLEED •••••<br />

JONNY L - 24 HOURS A DAY<br />

[PIRANHA RECORDS]<br />

Yes. Jonny L ist zurück und das Album dürfte wirklich<br />

für alle die Drum’n’Bass nicht nur rockend und fett lieben,<br />

sondern auch voller deeper Melodien und verdammt<br />

guter Effekte, denn was er auf diesen zehn<br />

Tracks macht, ist mal wieder mehr ein Beweis dafür,<br />

dass die Computer endgültig Einzug gefunden haben<br />

in Drum’n’Bass und das zu einem Effekt, der in England<br />

vermutlich “devastating” heißen würde. Die Beats<br />

sind oft wie bei Jonny L früher schon böse und drastisch<br />

knochig, die Sounds verfremdet bis zum geht<br />

nicht mehr, und trotzdem kickt diese Platte auf jedem<br />

der Tracks bis ins Letzte. Strangerweise haben einige<br />

Tracks auch noch dieses Monstergefühl von Ragga<br />

aus dem nächsten Jahrtausend, und, wenig überraschend,<br />

jeder der Tracks ist ein Hit. Massivstes Return.<br />

www.jonnyl.net<br />

BLEED •••••<br />

EASTENDERS - MISTERIO (KABUKI REMIX)<br />

[POETS CLUB 028]<br />

Kabuki arbeitet mal wieder mit Precision. Nur eben<br />

heute im Hofheimer Klub der Poeten, wo sich sonst<br />

eher Atom Hockey oder auch Slop Shop aktiv zeigen.<br />

Er bastelt ein schlichtes und gerades, aber äußerst<br />

eingängiges und effektives Tool, bei dem nur die kurzen<br />

indischen Gesänge noch an den Ethno des Ausgangsmaterials<br />

erinnern. Und wer meint, dass das<br />

nicht geht, lasse sich hier eines besseren belehren.<br />

Warme Chords und kurze Streicher unterlegen den<br />

Marsch der Snare zu einem Warm-Up-Tune, der dann<br />

auch direkt die DCC stürmte.<br />

www.poetsclubrec.com<br />

M.PATH.IQ ••••<br />

YOUNG AX - CONFUSED / SLICK<br />

[SANTORIN]<br />

Doch, auch Santorin ist jetzt auf dem Brasilvibe. Und<br />

muss man dieses Label einfach lieben.<br />

www.lasergun-records.com<br />

BLEED ••••<br />

ALGORITMO [MINUS]<br />

Und weiter geht es mit dieser Serie von neuen Platten<br />

des Hawtin-Labels, die den amerikanischen Minimalismus<br />

wieder neu beleben. Auf der A-Seite ein grabendes<br />

Bassline-Monster mit gelegentlichen Bleeps<br />

in Dub, ein Stück tief wummernder Piano-Swingtime<br />

mit fast psychotischen Vocals, die wirklich “close”<br />

sind, und auf der Rückseite ein weiterer tiefer Graben<br />

aus Bassline und Effekten namens “ChaCha” und ein<br />

leicht angeschrägtes Stück, das perfekt jeden Hangover<br />

nach einer durchtanzten Nacht auffangen kann.<br />

Sehr kickende, aber dennoch extrem leise und präzise<br />

Platte.<br />

m-nus.com<br />

BLEED •••••<br />

BRUNO PRONSATO - READ ME / SILVER CITY<br />

[ORAC/005]<br />

<strong>De</strong>finitiv Seattles Label Nr.1 geht Orac hier mit einer<br />

extrem clickrig kickenden Platte von Bruno Ponsato<br />

noch mal einen Schritt in eine ganz andere Richtung.<br />

“Read Me” lässt die komplexen Basslines heimtückisch<br />

ausbrechen, rattert mit sehr vielen digitalen<br />

Percussion-Effekten und hinterlegt alles mit einer<br />

ständig kleiner gehackten Stimme und deepen<br />

Chords, die allein schon die Platte zu einem der Minimal-Releases<br />

des Monats machen dürften. Die Stimme<br />

gibt es noch einmal in einem perkussiven Acapella<br />

und auf der Rückseite kommt ein weitere Track in<br />

diesem perfekt detaillierten Sound mit Kick, der mit<br />

seinen shuffelnd verdrehten Beats und der tief unter<br />

allem pumpenden Bassdrum selbst den besten Background-Platten<br />

Konkurrenz macht. Dazu ein Remix<br />

von Frozen Modules, der das Ganze dann noch in die<br />

Ästhetik gebreakter Harddisc-Frickel-Sounds übersetzt<br />

und damit trotzdem rockt. Etwas für Menschen,<br />

deren Ohren einfach nicht genug bekommen können,<br />

und die trotzdem tanzen wollen. Orac bleibt eins meiner<br />

Lieblingslabel.<br />

www.orac.vu<br />

BLEED •••••<br />

BARF - LIEBE MEINE EP [PROPTONICS]<br />

Keine Ahnung, wer dieser DJ Pooterhoots sein soll,<br />

von dem die Tracks dieser neuen Proptronix EP stammen,<br />

aber er hat Acid mit dem Kinderbrei eingeflösst<br />

bekommen und quietscht so ausgelassen wie rockend<br />

vor sich her und wirft einem Lofipianos zwischen die<br />

Beine, sing dazu als wäre sein Bart länger als die von<br />

allen ZZ Top Mitgliedern zusammen, säuselt nebenher<br />

ein wenig Alleinunterhaltermusik für die Harddisc-Gameshow<br />

dazwischen, lässt sich von Safety zu einem<br />

sprudeligen Cocktail aus verspieltem Gefussel<br />

zusammenmixen. 6 Tracks kompletter Verwirrung, die<br />

für einen Dancefloor plädieren auf dem der Irrsinn<br />

hinter jeder Ecke lauert, und trotzdem funky gegroovt<br />

werden darf. Sehr alberne Platte.<br />

www.proptronix.com<br />

BLEED •••••<br />

JACKSTONE [PROPTRONIX/003]<br />

Das Label von Safety Scissors, jetzt wieder in San<br />

Francisco, lässt Geoff White hier mit Michael Jackson<br />

Tracks herumalbern und klar, wir wissen alle, Bootlegs,<br />

Aufgewärmtes, im Windschatten von Pop stehen<br />

ist nicht der heißeste Scheiß. Geoff weiß das ebenso,<br />

deshalb sind die Tracks auch weniger blöde nachgespieltes,<br />

nachgesampletes, sondern eher auseinandergefastertes<br />

Licht und selbst auch ohne Jackson so<br />

sehr Pop, dass es einem schon den Atem verschlagen<br />

kann, wie präzise, klar, leicht und melodieverliebt so<br />

ein Chefminimalist auf einmal loslegt und mit den<br />

kleinstteiligen Sounds aus Midifragmenten oder was<br />

immer als Ausgangsmaterial benutzt wurde, eine Ode<br />

an Jackson zusammenzwirbelt, die so klingt, wie<br />

Kraftwerk heutzutage klingen müssten. Funky und<br />

quirlig.<br />

www.proptronix.com<br />

BLEED •••••<br />

SEAN SMITH - WHAT YOU FEEL IS REAL<br />

[ULTRASOUND DISCO]<br />

Sehr sommerliche Discoplatte mit Hörnern, kurz ge-<br />

mal einen tief in den Modulationen wühlenden eher<br />

ruhigen Track. Alle Daumen hoch jedenfalls für Bangkok<br />

Impact, denn das ist definiv ihre beste Platte ever.<br />

www.cemstudio.com<br />

BLEED •••••<br />

das mit mindestens ebenso lässig gezupften Gitarren<br />

und verdammt freshen Oldschoolbeats, wie die üblichen<br />

Verdächtigen. Sehr eigenwilliger Track, dieses<br />

“Confused” weil hier Breaks zum Einsatz kommen, die<br />

man viel zu lange vermisst hat und die trotzdem nicht<br />

alt klingen, und dann auch noch ein Vocal von MC Ramon<br />

dass durch die Luft fegt wie eine Sommerbriese.<br />

Auf der Rückseite stranger und verwirrter aber mindestens<br />

ebenso fresh mit höchst merkwürdig kollabierenden<br />

Samples und Vocals. Überraschung und eines<br />

der Releases, das ganz neue Wege für Drum and<br />

Bass verspricht ohne die Kriegspfade verlassen zu<br />

müssen.<br />

www.santorin.de<br />

BLEED •••••<br />

V.A. - SOUL:UTION VOL.1 [SOUL:R]<br />

Perfekt. Marcus Intalex hat nochmal alle Highlights -<br />

und derer gab es viele - der Soul:ution Serie zusammengesucht,<br />

noch einige Future Classics aus den Archiven<br />

der Soul:R-Hitschmiede dazugesellt und den<br />

Ausnahmenstatus seines Labels einmal mehr eindrucksvoll<br />

unter Beweis gestellt. Mit dabei natürlich<br />

Calibre, M.I.S.T., D.Kay, DJ Marky & XRS, Labelneuling<br />

Nu:Tone und Jenna G. So stilbildend, wie die Jungs und<br />

Mädchen aus Manchester, schafft es zur Zeit niemand,<br />

unterschiedliche House-Spielarten in ein Drum<br />

and Bass-Kostüm zu übersetzen und dabei so wahnsinnig<br />

smart rüberzukommen. Da real Shit!<br />

SVEN.VT •••••<br />

THE RAGGA TWINS & SKETCH & CODE - WHERES<br />

THE PARTY<br />

[TIMES TWO]<br />

Ob mans glaubt oder nicht, aber nach Flava for Raver<br />

setzten die Leute von Times Two noch einen drauf und<br />

holen die Ragga Twins als MCs zurück und lassen sie<br />

über den Basslinerocker “You Don`t Know” von<br />

Sketch & Code rocken, als wäre es einfach nur eine<br />

Frage des gut durchgebrutzelten Dancefloors und ein<br />

paar lustiger Oldschoolelemente und schön würde alles<br />

wieder sein wie damals. Dampfwalzen Track. Auf<br />

der Rückseite mit etwas steppender und mit “Wheres<br />

the party at” definitv mit mehr gut gelauntem und etwas<br />

übertriebenem Partyflavour. Trotzdem sweet und<br />

irgendwie bin ich froh, die Ragga Twins wieder da zu<br />

haben wo sie hingehören.<br />

BLEED ••••-•••••<br />

hackten Sampleloops und Filtern und einer ausgelassen<br />

dazu brummelnden Bassline. Vielleicht nicht so<br />

die Monsterhits, aber mit ihren typisch amerikanisch<br />

shuffelnden Grooves und dem guten Grundgerüst jazzig<br />

angehauchter Chicago-Slammer-Attitude eigentlich<br />

sehr sympathische einfache und charmant altmodische<br />

Discoplatte.<br />

www.ultrasoundrecordings.com<br />

BLEED ••••<br />

WEST MAGNETIC - LIGHT IN ME [ULTRASOUND<br />

RECORDINGS]<br />

Sehr smoother deeper Vocalhousetrack mit etwas<br />

trällernden aber sehr netten Vocals zu einem leichten<br />

Gitarren-bestimmten Groove mit Orgel und straight<br />

durchshuffelndem Beat, der vor allem von der warmen<br />

Bassline lebt. Perfekter Popsong für Houseliebhaber.<br />

www.ultrasoundrecordings.com<br />

BLEED ••••<br />

JORIS VOORN - THE WAY THINGS APPEAR<br />

[WOLFSKUIL RECORDS/001]<br />

Joris Voorn ist ja ein Spezialist für tief grabende Technohymnen<br />

und das lebt er auf dieser EP wieder voll<br />

aus. Schwergewichtige Basslines, sehr dubbige Percussion,<br />

schimmernde Akkordpads und weitläufig arrangiertes<br />

<strong>De</strong>troitflair überall treiben die A-Seite an<br />

und auf der Rückseite gibt es dazu noch die Electrosmasher<br />

mit treibenster Acidbassline. Checkt das aus.<br />

BLEED ••••-•••••<br />

DJ COSMO - THE DISCO-TECH OF... [YELLOW /<br />

TODAY AND TOMORROW]<br />

Disco-tech, der Begriff trifft die Richtung, in die diese<br />

Mix CD von DJ Cosmo aus New York abzielt schon<br />

ganz gut. Abseits von jeglichem Elektrogeclashe treffen<br />

hier wenige deepe Garage-Tracks auf viele offiziell<br />

zertifizierte Euphorieschleudern wie “Freek” und “I<br />

know a Place” jeweils im Ewan Pearson Mix, “He not<br />

in” von den Chicken Lipps oder “House of Jealouse<br />

Lovers” von The Rapture im Morgan Geist Mix. Zwischendurch<br />

wird mit “The Visitors” (Gino Soccio)<br />

noch schnell die totale Italo-House-Bombe gezündet,<br />

dann schraubt es sich mit Carl Craigs “Science Fiction”<br />

in Richtung Höhepunkt, jegliche Beatkonventionen<br />

liegen sprachlos in der Ecke, dann dieses ekstatische<br />

Gitarrensolo und es geht zum Ende hin wieder<br />

ruhigeren Gefilden zu. So weit, so rund. Nicht das sowas<br />

noch nie gegeben hätte, aber trotzdem ein Treffer.<br />

Daumen hoch!<br />

LUDWIG •••••<br />

LIFESTYLE INTERIORS<br />

[240 VOLTS]<br />

<strong>De</strong>finitiv eine der smoothesten deepesten Platten auf<br />

dem Label von Swayzak, dass sich hier freimacht von<br />

allen zwingenden Clubeffekten und eher eine leichte<br />

clickrig minimale aber sehr harmonische Sicht auf vier<br />

Tracks ausbreitet, die ausgelassen vor sich hin swingen<br />

kann, als hätte sie zuviel Farben gehört und dabei<br />

dennoch eine etwas leichtere fast ländliche Stimmung<br />

bewahrt. Wir vermuten, hinter dieser Platte<br />

steckt ein ausgedehnter Urlaub auf einem Ponyhof.<br />

Sehr schön. Ach so, klar kann man dazu tanzen. Man<br />

sollte sich das jedenfalls nicht entgehen lassen.<br />

www.swayzak.com<br />

BLEED •••••<br />

KONRAD BLACK - SCRAWLED IN BLOOD ACROSS<br />

YOUR T-SHIRT<br />

[240 VOLTS/005]<br />

Eine sehr deepe Minimalplatte mit etwas skurrilen Titeln<br />

von dem Kanadier, der auch Mitproduzent bei<br />

Headgear ist. “Busting Down The Door With A Shotgun”<br />

erzählt vom Unwohlsein in den Gittern strenger<br />

Elektronik und klingt so komplex reduziert und dabei<br />

so transparent und endlos, wie ein Nachthimmel aus<br />

Neon. Dark, aber nicht bedrückend und mit einem<br />

breitwandig endlosen Acid-Nachgeschmack wie manche<br />

Minus Platten. “The <strong>De</strong>vil May Care, I Thought...”<br />

geht in eine ähnlich abstrakte Richtung von Minimalelektronik<br />

zu rockender Bassdrum und bleibt leicht<br />

klinisch bis zu dem Moment, an dem Vocalsamples<br />

dem Ganzen noch einen Hauch von B-Boy Sound geben.<br />

“Still Waiting...Haven´t Even Started Yet” hingegen<br />

setzt sich mit seinen breitwandigen Vocoderstimmen<br />

und dem flirrend harmonischen Background<br />

gleich in die Mitte von Tracks, die man als letzte an einem<br />

Abend so lange hören möchte, bis die Sonne endlich<br />

wieder untergeht.<br />

www.swayzak.com<br />

BLEED •••••<br />

RICHARD DAVIS - EP<br />

[240 VOLTS/007]<br />

Tracks von Richard Davis reißen einen einfach mit.<br />

Und das jetzt noch umso mehr, als Davis schon mit<br />

dem ersten Track, einem tragisch angehauchten<br />

Stringtrack, der auch Rolando und die 430West-Gebrüder<br />

kalt erwischen würde, einen Strudel von Intensität<br />

entwickelt, die auf der neuen EP für das Swayzak<br />

Label ein slammenderes Fundament bekommt. “Bring<br />

You Closer” ist von den Vocals nah an seiner “Safety”<br />

LP (Wer’s nicht erwarten kann, neues Album kommt<br />

im Frühjahr 2004 auf Punktmusik) aber rockt im Hin-


UK<br />

tergrund so deep, dass es mit Sicherheit einer der<br />

Clubhits wird, die man nicht nur in jedem Ricardo-Set<br />

der nächsten Zeit hören dürfte. Und so geht es Hit auf<br />

Hit weiter auf der Platte. “A Million Miles” pumpt tiefste<br />

Bassdrums über Phaser-Effekte zu monumentalen<br />

Subbasslines und einem 80s Hook, der ausnahmsweise<br />

mal das Gegenteil von peinlicher Erinnerung ist,<br />

“Your Hands” lässt eine clickernde Uhr in den Groove<br />

einfließen, ohne dass man es merken würde und lässt<br />

die ganze Garde der neuen Discoproduzenten im Regen<br />

stehen, so fett kickt die Bassline zu den leicht angeshuffleten<br />

Housebeats, und mit “Cruel Sun” landet<br />

man endgültig im deepesten House-Himmel mit einem<br />

Gefühl, dass es weicher kaum grooven könnte als<br />

hier. Killer.<br />

www.swayzak.com<br />

BLEED •••••<br />

V/A - NEWTOWN<br />

[AI RECORDS / AI005]<br />

<strong>De</strong>r nächste Teil der Ai-Compilations rollt an, auf unglaublich<br />

schön designtem Doppelvinyl und erschütternd<br />

limitiert, also schnell sein, denn, wie immer, Ai<br />

macht seinem Ruf als Killer-Label alle Ehre. Andy Feer,<br />

Claro Intellecto, Fold, SWF, Joe Franks etc., irgendwie<br />

wieder ein Haufen Newcomer also, bouncen zwischen<br />

detroitiger Tiefe, rockendem Minimal-Electro (die<br />

808 wird der nächste Bürgermeister in Manchester,<br />

dafür sorgt schon Rob Hall), mit oder ohne schwerem<br />

Breakbeat alle knallig geradeaus und ja, irgendwie<br />

scheint die schwarze Drummachine der gemeinsame<br />

Nenner diesen Monat bei Ai zu sein. Und Claro Intellecto<br />

macht dann eh wieder alles klar. Sehr gute<br />

Compilation.<br />

www.airecords.com<br />

THADDI •••-•••••<br />

JOHANNES HEIL - THE HITMACHINE 2<br />

[JH RECORDS/007]<br />

Klar sind das wie immer bei ihm fiebrige Technotracks,<br />

aber er schafft es ja dann doch immer noch<br />

trotzdem einen Spririt in die Tracks hineinzubekommen,<br />

der so voller Oldschoolideen in neuem Gewand<br />

ist, dass man mit jedem der Tracks abgeht, wenn sie<br />

nur richtig gedroppt werden. Techno mit einer ganzen<br />

Portion früh90er Sounds, Beats und Stimmung, aber<br />

trotzdem sehr frisch.<br />

BLEED ••••<br />

SEYMOUR BITS - HIT ME WITH TECHNOLOGY EP<br />

[BREAKIN RECORDS 041]<br />

Bei Breakin’ kriegt man die in Tüll gehüllten Achtziger<br />

Jahre Träume immer noch ganz ironiefrei serviert, so<br />

dass das Ganze immer ein bisschen nach Schulparty<br />

klingt und nicht nach Purple Rain, wie uns der Wasschzettel<br />

weismachen will. Vier Elektropoptracks, denen,<br />

außer handzahme Eingängigkeit nur wenig Reizvolles<br />

einfällt. Dann doch lieber Zoot Woman.<br />

SVEN.VT •••<br />

PHLASH 3000 - CHAOS IN THE BOARDROOM<br />

[ESTEREO 036 / 3MV]<br />

Phil Asher erweitert sein Phlash-Pseudonym um einige<br />

Ziffern und bringt bei der Gelegenheit gleich Rich<br />

Medina und Mark de Clive Lowe mit. Eingedenk seiner<br />

vielseitigen Verwendbarkeit ist es immer wieder<br />

HIPHOP<br />

KILLA KELA - THE PERMANENT MARKER<br />

Killa Kela ist Human Beatbox, was heißt, dass er Sounds<br />

wie Basslines, Beats und Scratches mit dem<br />

Mund macht. Nebenbei singt er auch ab und zu und<br />

hat einen breiten wie korrekten Musikgeschmack und<br />

Humor. <strong>De</strong>mzufolge hört man auf dieser genialen,<br />

aber leider etwas kurzen LP fast mehr Drum and Bassals<br />

HipHop-Beats, ein paar andere Instrumente, DJs<br />

wie Plus One und Hype sowie als MC u.a. Akrobatik<br />

plus ein lustiges Skit mit irgendeinem Freak und jemandem,<br />

der wie Jerry von Tom und Jerry klingt und<br />

Diverses mehr. <strong>De</strong>m Ganzen merkt man an, dass es eine<br />

Menge Spaß gemacht hat und das Kela nicht nur<br />

Talent hat, sondern es auch auf Platte umzusetzen<br />

weiß. <strong>De</strong>wegen wird dieses Albumm jetzt, ein Jahr zu<br />

spät, auch tatsächlich veröffentlicht.<br />

CAYND •••••<br />

FREUNDE DER SONNE [3P]<br />

Pelham Power Productions ist noch immer einer der<br />

vielversprechendsten Labelnamen. Kool Savas hat<br />

hier zusammen mit IllMat!c nach einer gemeinsamen<br />

Radiosendung in Frankfurt wohl die spontane Idee,<br />

eine CD in 24 Stunden komplett aufzunehmen, in die<br />

Tat umgesetzt. Freunde der Sonne heißt dieses Projekt,<br />

an dem noch zwei DJs beteiligt sind, in Alehnung<br />

an die FDJ. Kool Savas prahlt damit, dass er voll fix Texte<br />

schreiben kann, viel Kohle gemacht hat und überhaupt<br />

der Geilste ist. Illmatic macht dasselbe, beide<br />

mit dezentem Verweis darauf, dass sie türkische bzw.<br />

griechische Vorfahren haben. Ihre Bitch-Fixiertheit ist<br />

etwas anstrengend, etwas platt auch der Indierapdiss.<br />

Ansonsten ganz cool agressiv, aber wie eine Radiosendung<br />

eben eine auf Dauer langweilige Eintagsfliege.<br />

CAYND •••<br />

THEMSELVES - THE NO MUSIC OF AIFFS<br />

[ANTICON]<br />

Jeffrey Logan aka Jel ist so oder so schon einer der<br />

gradlinigeren Produzenten aus dem Anticon-Haufen.<br />

Er hat die HipHop-Schule länger besucht als Odd Nosdam.<br />

Doseone, sein Vokalist bei Themselves, bietet<br />

dazu stets den Scatterbrain-Gegenpol. Stiftet Verwirrung.<br />

Nun handelt es sich bei dieser Platte um ein Remix-Album.<br />

<strong>De</strong>nn die eigentliche “No Music” gab es<br />

schon, im letzten Jahr. Die Vocals bleiben also erhalten,<br />

Jels Produktionen werden umgearbeitet. Und dabei<br />

meistens sogar noch weiter entschärft, geglättet.<br />

Why?s Version von “Poison Pit” ist so harmonisch,<br />

dass man sich fragt, wo er die Ruhe auf einmal hernimmt.<br />

“Dr. Moonorgun Please” wird von John Herndon<br />

in eine Chill-Out Stimmung geschneidert, und die<br />

Ecken von “Mouthful” darf Controller 7 abschneiden.<br />

Dazu wird Dose auch auf völlig neues Terrain geschickt:<br />

Kollege FOG geht in Richtung Old School-<br />

Gangster, die es bei Anticon so noch nie gegeben hat,<br />

Odd Nosdam jagt ihn per Zeitmaschine in die Achtziger,<br />

und die Überraschungsgäste The Notwist bringen<br />

• = NEIN / ••••• = JA<br />

beeindruckend, mit welch Raffinesse der gebürtige<br />

West-Londoner produziert. Das direkt eingespielte<br />

Drum-Loop von Phil und die Rhodes von Mark amalgamisieren<br />

mit der Botschaft Medinas zu einer House-Easyness,<br />

dass Little Louie Vega es gleich lizensiert<br />

hat. Sure Shot für alle, die es subtil und episch bis jazzy<br />

mögen.<br />

www.estereo-recordings.com<br />

M.PATH.IQ •••••-••••<br />

THE AMALGAMATION OF SOUNDZ - FABRIC 12<br />

[FABRIC]<br />

<strong>De</strong>r volle Genre-Parcours: Über Ambient, langsames<br />

Downbeatschwofen, knapp am Dub vorbei, voll rein in<br />

die breakige Haarnadelkurve und dann noch die Kurve<br />

kriegen zur technoiden Geraden (Bassdrum), hui<br />

Hochgeschwindigkeit! und dann Quietsch! am Ende<br />

Vollbremsung bei verpeilt Housigem. Nicht schlecht.<br />

Am Steuer sitzen die Chauffeure Amalgamation of Soundz<br />

und fahren die Style-Limousine aus der Fabric-<br />

Schmiede so sicher, dass man so wie bei den ganz teuren<br />

Schlitten gar nicht merkt, wie schnell man eigentlich<br />

unterwegs ist und was da eigentlich alles passieren<br />

könnte. Am Straßenrand flitzen Richard Davis,<br />

The Future Sound of London, Hakan Lidbo und Jeff<br />

Bennett vorbei, das Klima an Bord ist entspannt,<br />

manchmal fragt man sich ob die Jungs die nächste<br />

Kurve noch kriegen, doch dann geht’s souverän weiter<br />

und am Ende sogar in die Punkte, so sagt man doch<br />

unter Rennfahrern. Und jetzt Schluss mit dem Metapher-Quatsch.<br />

LUDWIG ••••<br />

FAT FREDDYS DROP - HOPE [KARTEL 001]<br />

Wem vor noch gar nicht langer Zeit DJ Fitchie & Joe<br />

Dukie mit ihrem Midnight Marauders auf Best Seven<br />

im Ohr lagen, sei an dieser Stelle gleich die nächste<br />

Perle aus Neuseeland empfohlen. Hier tauchen die<br />

beiden beim Septett Fat Freddys Drop wieder auf. Hope<br />

ist wirklich einer dieser Ohrwürmer, die den Tag<br />

mit Sinn beseelen. Da darf zu Dub- und Reggae-Vibes<br />

mitgesungen oder enggetanzt werden. Klingt seltsam,<br />

ist es aber gar nicht. Ich wette, da kommt noch<br />

einiges aus Wellington auf uns zu!<br />

www.fatfreddysdrop.com<br />

M.PATH.IQ •••••<br />

LES JARDINIERS [HAUTEC/006]<br />

Nach langer langer Zeit meldet sich das Label das uns<br />

damals Akufen brachte wieder zurück und die Tracks<br />

der Les Jardiniers haben immer noch diesen Sound<br />

von damals, bringen ihn aber mit einem Schuss mehr<br />

Technobeliebigkeit auf der A-Seite nicht wirklich dazu,<br />

funky zu werden und hechten auf der Rückseite<br />

zwar etwas deeper aber immer noch irgendwie zu rushed<br />

durch die stapfenden Bassdrums. Schade.<br />

BLEED •••-••••<br />

HANNA - FACELESS EMOTION [FREERANGE 031]<br />

Warren Harris bleibt mit seinen unquantisierten Basslinien<br />

einfach unverwechselbar. Das führt soweit,<br />

dass flüchtige Vergleiche mit SunRa im Raume schweben.<br />

Obwohl er wahrlich um einiges straighter zum<br />

Beate geht, so schafft er es doch, zugleich minimal,<br />

rau und soulig zu erscheinen. Das ist im Grunde auch<br />

bei Here’s To Love nicht anders. Lediglich die Synths<br />

• = NEIN / ••••• = JA<br />

endlich mal Ruhe unter sein Gezeter. Abschließend<br />

dürfen die Electric Birds ihn sogar erstmalig auf die<br />

Tanzfläche schicken. Aus so schon spannender “No<br />

Music” wurde hier noch ein bisschen mehr Musik.<br />

RNK ••••<br />

J. SANDS - THE BREAKS VOL. 1<br />

[BUKA]<br />

J. Sands ist die eine, oder die andere, je nach dem,<br />

Hälfte von Lone Catalysts zusammen mit dem Produzenten<br />

J. Rawls. Hier hat er seine Lieblings-HipHop-<br />

Beats und Classics, J. Sands ist bekennender Tape-Fan<br />

und -Sammler, in neuer Weise zusammengesetzt,<br />

bzw. zusammensetzen lassen, und rappt darüber, es<br />

ist also quasi eine Art Hommage an seine HipHop Sozialisation<br />

und die alte Liga, die einst so viel Gutes tat,<br />

um das mal ein wenig zu verherrlichen. Wichtig ist J.<br />

Sands insbesondere, dass es damals noch vor allem<br />

darum ging, eine gute Zeit zu haben, und nicht irgendwelche<br />

stupiden Battles aufgrund Medientauglichkeit<br />

inszeniert wurden, oder man automatisch in<br />

Schubladen wie “Underground”, “Gangsta” etc. gesteckt<br />

wurde. Mehr Freiheit, das fehlt HipHop<br />

tatsächlich manchmal. <strong>De</strong>swegen ist das hier eine<br />

sehr angenehme Platte, die als Brücke zum nächsten<br />

Lone Catalysts Album im nächsten Frühjahr gedacht,<br />

und dafür auch sehr gut geeignet ist. Ein entspannter<br />

Jazzstyle, der zwischen den Synthie- oder Rockstyles,<br />

die gerade ja sehr beliebt zu sein scheinen, positiv<br />

auffällt, auch wenn man einige der hier verwendeten<br />

Breaks vielleicht schon etwas über hat, aber die Zusammenstellung<br />

macht schon was Nettes draus.<br />

CAYND ••••-•••••<br />

WILL.I.AM - MUSTB21 [BBE]<br />

Er ist Teil der Black Eyed Peas und auch nach seiner<br />

Soloplatte vor zwei Jahren weiss man, dass Will.I.Am<br />

nichts von spaßlosem Betroffenheitsrap hält, sondern<br />

sowohl gehaltvolle als auch hauptsächlich amüsante<br />

und leichtfüßige Sätze stets mit sehr viel Funk präsentiert.<br />

Tanzen und Spaß haben soll man hier anstatt<br />

in der Ecke rumzulungern und zu grübeln. Während<br />

sein vorheriges Album “Lost Change” der Soundtrack<br />

zu irgendeinem Internetfilm war, ist das hier die Musik<br />

zu einem Bier, daher der Plattentitel. Keine reine<br />

Marketingidee, das ganze kam eher zufällig zustande,<br />

laut Will.I.Am war es seine Idee und er findet es eine<br />

gute Sache. Wo Alkohol gesagt wird, ist Tash von den<br />

Alkoholiks natürlich sofort zur Stelle, ebenso Planet<br />

Asia und Phife Dawg, MC Lyte, KRS One etc. Will.I.Am<br />

hosted anscheinend auch eine auf Freestyling basierte<br />

Show auf MTV Amerika. Hier geht es zu wackeligen<br />

und teilweise etwas neptunesk wirkenden Beats um<br />

Aktivitäten, die man so mit Party assoziert, in recht<br />

vielfältiger Weise, manchmal leider etwas schnulzig<br />

und gitarrenbetont. Jedenfalls ein gute Laune Garant,<br />

der aufgehen dürfte.<br />

CAYND ••••<br />

stehen über dem Gerüst der Bassdrum. Konsensfähiger,<br />

weil schon viel eher typischen melodischen Mustern<br />

folgend, ist der Remix von Landslide. Dabei<br />

bleibt er ebenfalls so schlicht und episch, dass sich die<br />

Nuancen langsam enthäuten und zu einem großen<br />

Ganzen verschmelzen.<br />

www.freerangerecords.co.uk<br />

M.PATH.IQ ••••<br />

SCOPER & BUBBA - USE YOUR IMAGINATION<br />

[GLOBAL UNDERGROUND]<br />

Eigentlich bin ich beim besten Willen kein Fan von<br />

diesem Label, aber was sie hier zusammenbrettern ist<br />

einfach zu niedlich, als dass man dran vorbeigehen<br />

sollte. Dubbig nur in den Hintergründen und ansonsten<br />

eher ein Aciddiscoinferno mit bleepigen Untertönen,<br />

das klingt wie die neue LFO, wenn man einen<br />

Zentner zuviel Haschisch geraucht hat. Die “From Us<br />

To You”-Seite ist eher deep und housig, mit Orgeln<br />

und einem wirklich sympathischen Frühstücksspaziergangsgroove.<br />

Nett.<br />

BLEED •••••-••••<br />

ALEX FUSE - WHIPEOUT [HUMANOISE]<br />

Klar, wer ein Label mit einem Advent Remix beginnt,<br />

der hat erst mal in der richtigen Szene die nötige Aufmerksamkeit,<br />

und das auch zu Recht, denn Ferreira<br />

rockt hier einfach so stolz und ungebrochen mit einem<br />

leicht melodisch-orgeligen Housestakkato und<br />

Killerbreaks, die alles andere ringsherum untergehen<br />

lassen und der Looptechnowelt erzählen, dass es einfach<br />

wieder mehr Fun in den Tracks geben muss, egal<br />

wie langsam man das angeht. Meister seines Fachs.<br />

Dagegen fällt der Track auf der Rückseite so dermaßen<br />

flach und wie ein Anfängerversuch, die Oldschool<br />

von Techno wiederaufleben zu lassen, runter,<br />

dass man fast schon besorgt ist, aber, hat man sich<br />

einmal eingegroovt, dann kickt das auch und erwischt<br />

einen unerwartet mit bratzigen Synthesizersounds.<br />

BLEED ••••<br />

THE LITHIUM PROJECT - MAJIK KIOSK<br />

[HYDROGEN DUKEBOX]<br />

Ich kann von mal zu mal weniger unterscheiden zwischen<br />

Salsa, Bossa, usw. Das Orginal ist aber auch<br />

eher ein smoother Broken Beats Track mit Jazzvocalpercussion<br />

und Funklicks, der sich trotzdem nicht mit<br />

Regenmantel in der guten Downtempobeliebigkeitssauce<br />

herumstapft. Metamatics steuern einen behutsamen<br />

Remix bei, der einen daran erinnert, dass Remixen<br />

ja auch mal Archäologie aus der Zukunft sein<br />

kann. Freigekratzte Erinnerungen mit technologisch<br />

hochfrisierten Mitteln, die die Vergangenheit des Orginals<br />

irgendwie magischer erscheinen lassen, auch<br />

wenn sie wissen, dass man niemals eine Wahrheit entdecken<br />

wird. Auf der Rückseite dann noch zwei<br />

schnuckelige Jazzeskapaden für Freunde der Besendrummer<br />

und Kopfhohen Echokammer.<br />

www.hydrogendukebox.com<br />

BLEED ••••<br />

RANDOM NUMBER / MOBLIN - FROM YOUR<br />

SUMMER ROADS [IRRITANT RECORDS/026]<br />

Vier Tracks von Random Number, die mal wieder sehr<br />

frisch und knusprig klingen und sich null darum kümmern,<br />

ob man nun besonders viele DSP-Units ange-<br />

3582 - SITUATIONAL ETHICS<br />

[HUM DRUMS]<br />

Bekanntermaßen verbergen sich hinter 3582 Fat Jon<br />

und J. Rawls. <strong>De</strong>r eine ist für ziemlich angedeepte Abschweifbeats<br />

bekannt, hat u.a. bei Mush ein paar Soloalben<br />

gemacht und rappt und produziert ansonsten<br />

für Five <strong>De</strong>ez. J. Rawls ist Teil der Lone Catalysts und<br />

hat neben seinem eigenen Album so einige Underground<br />

MCs mit angejazzten Beats versorgt. Hier gibt<br />

es zehn Stücke zu hören, alle ziemlich unspektakulär<br />

und einfühlsam produziert, schwelgerisch, klimpernd<br />

und halt sehr sweet, man merkt, dass die beiden gerne<br />

nach Samples graben. Auf der Vinylversion gibt es<br />

alle Instrumentals dazu. In den Lyrics geht es um gutes<br />

Leben, wie man in welcher Situation auf was reagiert,<br />

wie sich Leute und Beziehungen verändern usw.<br />

Eine reflektierte und relaxte Abhandlung über zwischenmenschliche<br />

Angelegenheiten und sehr nett.<br />

www.humdrums.de<br />

CAYND ••••<br />

DDAMAGE/TTC - TROP SIGNE E.P.<br />

[CLAPPING MUSIC]<br />

Sehr dick auftragende HipHop-CutUp Orgie aus<br />

Frankreich, wo TTC ja wohl schon bekannt sind und ihre<br />

Tracks hier in die Hände von DDamage geben, um<br />

genau das damit machen zu lassen. “Trop Signe” hat<br />

dieses Dancehall-Feel, ist aber eigentlich Acid auf halber<br />

Geschwindigkeit mit ordentlich Rotz und sehr direktem<br />

Bitcrusher. Auf “Pas D’Armure” kommt dann<br />

noch Dose One vorbei und alles ist fürchterlich laut<br />

und übersteuert und ja verdammt ziemlich cool. Ich<br />

find das gut!<br />

www.clappingmusic.com<br />

THADDI •••••<br />

ATMOSPHERE - SEVEN’S TRAVEL<br />

[EPITAPH/ RHYMESAYERS]<br />

Es gibt Dinge, die sich anzuprangern lohnt, und man<br />

hat manchmal auch ausreichend Gründe, ein wenig<br />

wütend oder gelassen, weil die Welt nunmal ungerecht<br />

ist, zu werden. Ein bisschen hören sich Atmosphere<br />

danach an, es geht weitgehend darum, dass einem<br />

oft andere Leute und generell Regeln sehr viel<br />

vermiesen können. Einen rockigen bzw. indiemäßigen<br />

Einschlag bekommen sie nicht nur durch ihre Stimmverwendung,<br />

ab und an werden Wörter gerne lang gezogen,<br />

sondern auch durch die Dominanz eingespielter<br />

Instrumente und die reflektierten Betrachtung der<br />

persönlichen Misere. Ein Fall für alle, die ungewöhnliche<br />

HipHop Produktionen zu schätzen wissen, sich<br />

angesichts des persönlichen Übels permanent<br />

schlecht fühlen, und für die Fankurve, die die drei Alben<br />

vor diesem bereits bejubelt hat. Irgendwie eine<br />

sehr amerikanische und nachdenkliche Platte, sie<br />

kommen übrigens aus Minneapolis, der MC namens<br />

Slug, Ant, der die Beats macht und DJ Mr. Dibbs. Epitaph<br />

ist übrigens ein Punkrock Label und bringt diese<br />

Platte deswegen raus, weil HipHop und Punk bekann-<br />

schaltet haben muss, oder einfach auf der Lofi-Orgel<br />

bimmelt, Hauptsache am Ende steht ein Track da, der<br />

einem die Ohren klingeln lässt, weil er so sweet ist wie<br />

kross und die Sounds und Beats knacken und gleichzeitig<br />

blinken lässt. Volksmusik für Laptop-Freunde,<br />

die auch schon mal auf den Lerncomputer der kleinen<br />

Geschwister schielen. Auf der anderen Seite dann<br />

drei Moblin Tracks, die ein wenig ernsthafter und düsterer<br />

in die Klangexperimente gehen und dabei gerne<br />

ihr eigenes Pathos zerbröseln in Beats, die eine Arcademaschine<br />

als Generator zu haben scheinen, aber<br />

kurz vor dem Highscore dann lieber noch mal die Helden<br />

komprimieren. Skurrile Musik zwischen Computergame-Simulation<br />

der nächsten Generation und<br />

Heavymetal-Arrangements ohne den geringsten<br />

Hauch Rock, Fieldrecording-Kammermusik-Geflüster<br />

und Progressive-Ambient.<br />

www.irritantrecords.com/<br />

BLEED •••••<br />

FAD GADGET - COLLAPSING NEW PEOPLE 2003<br />

[MUTE / TT1]<br />

Blasphemie, ganz klar. Könnte man denken. Jetzt, wo<br />

Frank Tovey tot ist und “Herr Lehmann” verfilmt wird,<br />

interpretiert man den definitven Monsterhit von Fad<br />

Gadget als Berlin-typsichen Track und re-releast.<br />

Westbam remixt einen Track, bei dem es eigentlich<br />

nichts zu remixen gibt. Das weiß auch Westbam, der<br />

das Stück dann in seiner Struktur erhält und eher auf<br />

die Industrial-Sounds von den Neubauten fokusiert<br />

(damals mit Tovey im Berliner Hansa-Studio zu<br />

Gange), fügt eine Bassdrum hinzu und kriegt die Kurve.<br />

Glück gehabt. Auf der B-Seite remixt John Aquaviva<br />

das ebenso legendäre “Lady Shave”, arrangiert alles<br />

ein bisschen tighter und moderner, achtet aber genauso<br />

auf die eigentliche Songstruktur und so geht<br />

das eigentlich auch total ok, auch wenn beide Originale<br />

einfach immer noch unerreicht sind. Glück gehabt!<br />

www.mute.com<br />

THADDI ••••<br />

IRIDITE PRODUCTIONS - ELECTRON MUSIC<br />

[IRIDITE PRODUCTIONS/004]<br />

Die kurze Mixcompilation beginnt mit einem Track<br />

von Marco Barnardi, der verdammt schnell und detroitig<br />

deep rockt mit einem flinken Track in dem die Sequenzen<br />

immer wieder ein moduliertes Update bekommen,<br />

und die Beats sich stellenweise fast digital<br />

überschlagen, aber dennoch diese smoothe Stimmung<br />

bewahrt wird. Rei Loci gehen weiter in die Tiefe<br />

von House und lassen in den Zwischenräumen die Galaxien<br />

aufblitzen, Methology kontern mit ihrem vergleichsweise<br />

langsamen “Wake Up Amerika” mit einem<br />

dunklen Track voller Brooklyn-Samples, die unglaublich<br />

intensiv rüberkommen und mit der stellenweise<br />

ausbrechenden Bassline auch den extremen<br />

dunklen Groove dazu haben. Eine Hymne in der die<br />

Acidline nur noch mehr Psychoeffekt hinzufügt. Zum<br />

Abschluss dann ein fast minimales, leicht clickriges digitales<br />

Stück von Tha Poke, das mit extrem coolen Sequenzen<br />

und unterkühlter Spannung langsam die<br />

Sonne aufgehen lässt und einen in eine Welt entführt,<br />

in der solche Tracks plötzlich ganz für sich alleine stehen<br />

und für eine Verheißung einer Zukunft, die unglaublich<br />

wird. www.iridite.com<br />

BLEED •••••<br />

termaßen eine Menge Überschneidungspunkte haben.<br />

Und damit sind hier nicht nur die Gitarren gemeint.<br />

Indierap galore.<br />

www.epitaph.com<br />

CAYND ••••<br />

HIEROGLYPHICS - FULL LENGHT<br />

[HIERO IMPERIUM]<br />

Seit mehr als zehn Jahren gibt es nun diesen rapmotivierten<br />

Verbund in der Bay Area. Zunächst mit Majorplatten<br />

von <strong>De</strong>l als Hitrapper, später dann mit den<br />

Souls of Mischief als Symphatieträgern. Seit 97 haben<br />

sie ihr Label Hiero Imperium, und bringen da in regelmäßigen<br />

Abständen neue Platten raus, während sie<br />

gleichzeitig ihre Website pflegen. “Full Lenght” ist ihr<br />

erstes Album als Crew seit fünf Jahren, klar, dass sie da<br />

vor nicht geringen Erwartungen stehen, die sie auch<br />

recht souverän erfüllen können. Man merkt, dass das<br />

Ende der 90er nicht spurlos an ihnen vorbei gegangen<br />

ist, die Beats, zumeist von Domino, aber auch von<br />

Opio, A+ und Casual produziert, sind alle auf der<br />

Höhe der Zeit, manchmal mit Klassikeinschlag, ab und<br />

zu orientalisch motiviert, oft elektronisch clubbig,<br />

und immer sehr dick. Inklusive Soulsängerin kann<br />

man ihnen nicht vorwerfen, sie wären stagniert, hier<br />

klingt es abwechselnd heiter, bouncig, battelig und<br />

sweet. Musikalisch wie von den Raps her eine ganz<br />

coole Platte.<br />

www.hieroglyphics.com<br />

CAYND •••••<br />

PARIS - SONIC JIHAD<br />

[GUERILLA FUNK RECORDINGS/ GROOVE<br />

ATTACK]<br />

Nach recht langer Abwesenheit auf dem Tonträgermarkt<br />

mal wieder ein Lebenszeichen von Paris, kompromissloser<br />

Kampf-MC aus früheren Tagen. An seiner<br />

kritischen Haltung hat sich nicht viel geändert,<br />

hier zielt seine Kritik insbesondere gegen den amerikanischen<br />

Imperialismus und natürlich mal wieder,<br />

NICK HOLDER - ON MY MIND POOLEY MIXES<br />

[NRK]<br />

Finde das neue Nick Holder Album ja verdammt gut,<br />

und Pooley ist bestimmt auch der richtige, mit so einem<br />

Sound umzugehen, aber irgendwie kommt der<br />

Vocal Mix von “On My Mind” dann doch nicht so wirklich<br />

an die Leichtigkeit von Holder ran und die Rückseite<br />

ohne Vocals wirkt auch eher lässig und smooth<br />

groovend und will etwas zuviel Sounds unterbringen.<br />

BLEED ••••<br />

THE ADVENT - DEEP SPACE EP<br />

[ON TEST]<br />

Drei Tracks des Schrubbertechnohelden, die ihn mal<br />

wieder als einen derjenigen dastehen lassen, die einfach<br />

immer mehr zum Beatfreak werden und egal wie<br />

straight die Tracks sind immer noch Raum finden Breaks<br />

einzubauen, die den wuchtigen Rollern einen extra<br />

Kick geben. Drei Floorfiller für die Knochenbeisser<br />

Posse, die etwas weicher geworden ist.<br />

www.ontest.co.uk<br />

BLEED ••••<br />

TRANSPARENT SOUND - DIRTY CURTAINS AND<br />

FOOTBALL POSTERS [ORSON]<br />

Muss zugeben, dass ich Orson als Label wirklich nicht<br />

kenne, kein Wunder, ist ja auch deren erstes Release,<br />

aber es zeugt mehr als vieles andere davon, dass sich<br />

in England eine neue Szene zwischen Electro und Acid<br />

entwickelt, die so groovy wie trancig und leicht ist, die<br />

kitschige Bleeps genaus so verträgt, wie einfache klare<br />

Sounds, und das tun sie hier auf sechs ziemlich albernen,<br />

manchmal kitschigen, aber immer irgendwie<br />

lässigen Tracks so exzellent, dass sogar die Rotters<br />

Golf Club Posse neidisch werden dürfte. Überraschend.<br />

BLEED •••••<br />

H FOUNDATION - TONIGHT THE FIVESIXMIXES<br />

[SOMA]<br />

Tja, King Britt kann zwar mit Vocals umgehen, aber ob<br />

sein Remix ohne nicht viel mehr der gewünschte<br />

“Sexy Mix” gewesen wäre, wissen wir nicht so genau.<br />

Und DJ Dozias “Hit Mix” geht eher so Richtung Danii<br />

Minogue. Nun ja. Nicht jeder kann singen, noch weniger<br />

sollten.<br />

BLEED •••<br />

SWAYZAK FEAT. KIRSTY HAWKSHAW - STATE OF<br />

GRACE [SWAYZAK]<br />

Jetzt ist dieses Stück ja schon ein bisschen alt, aber<br />

klingt immer noch sehr skurril und irgendwie bezaubernd,<br />

auch wenn die Stimme natürlich nach wie vor<br />

dieses leicht gestelzte kleinkindhafte Elfenflair hat.<br />

Die Remixe kommen von Sillicon Scally, der es irgendwie<br />

in einen deepen Electrotrack verwandelt, der<br />

Hymnencharakter hat, und natürlich Headgear, die es<br />

darker und schwergewichtiger mit nur schwer gezähmten<br />

Bassline-Zähnen und pulsierendem 80er Sound<br />

trotzdem ganz gut rollen lassen und in einen<br />

recht lässigen Retrohit verwandeln.<br />

www.swayzak.com<br />

BLEED ••••-•••••<br />

was man auch auf seiner recht umfangreichen Website<br />

nachlesen kann, um böse Dinge wie z.B. Ecstasy, die<br />

die Community und das Zusammenleben nach vertretbaren<br />

moralischen Gesichtspunkten überhaupt<br />

zerstören. Aufgrund dieser Thematik macht es natürlich<br />

Sinn, Medien, weiße Leute, die ja zumeist in dominaten<br />

Positionen sind, Diskriminierung, Ungerichtigkeit<br />

und mehr in Form von Rap anzufechten.<br />

Schließlich kann das eines der idealsten Ausdruckmittel<br />

für solche Belangnisse sein, vor allem wenn es so<br />

wie hier gleichzeitig heftigst bounct. <strong>De</strong>ad Prez und<br />

Public Enemy waren in diesem Wortgefecht für Freiheit<br />

übrigens mit dabei. Eine essentielle und notwendige<br />

Platte.<br />

www.guerillafunk.com<br />

CAYND ••••<br />

VENTURA BROS. - LIEBEN ODER HASSEN<br />

[LACOSAMIA]<br />

Wir wollen euch nicht unterschlagen, dass diese Kölner<br />

Rap CD, ja, auch da gibt’s harte Rapgangsta, Bösewichte,<br />

oder anderweitig eingeschränkte Leute, von<br />

Karl Kani unterstützt ist. Ein Kleidungsfabrikant, der<br />

für Strumpfmützen, posige Lederjacken und dergleichen<br />

verantwortlich ist. Tja, die Ventura Brüder legen<br />

uns auf ihren pompösen Beats nahe, “es” ernst zu nehmen,<br />

da sonst, na ihr wisst schon. Sie jedenfalls behaupten<br />

von sich Hardcore zu sein, benutzen öfter<br />

mal unoriginelle sexuelle Metaphern, sind aber gerne<br />

auch mal zu ein bisschen Nachdenklichkeit, Gitarrengeklimper,<br />

Outdoorstyles oder einem Miami Bass<br />

Track bereit und meistens sehr grob. Bisschen Spaß<br />

und Leichtigkeit würde ihnen auch nicht schaden.<br />

Hessischer Soul und Berliner Battlerap klingen irgendwie<br />

erträglicher. Afrob, die Spezialistz und die<br />

Firma sind übrigens auch mit dabei.<br />

CAYND ••<br />

NON PROPHETS - HOPE<br />

[LEX RECORDS/WARP]<br />

Lex will uns wohl deutlich machen, dass sie tatsächlich<br />

fest mit beiden Beinen auf HipHop-Terrain agieren.<br />

Ihre Triple-Maxi-Compilation hatte mit vielen Instrumentals<br />

und komischem, elektroidem Kram eine<br />

andere Sprache als die letzten Alben von DM & Jemini,<br />

Tes und nun die Non Prophets. Macht aber nichts:<br />

Non Prophets sind Joe Peats und der MC Sage Francis,<br />

der dieses Jahr auch schon ein Album bei Anticon veröffentlichte<br />

- ganz so gewöhnlich kann das hier also<br />

nicht sein. Anticon-Stress findet man hier aber trotzdem<br />

nicht: vor allem schön locker sind die Beats - böse,<br />

hektisch oder high-tech is nich. Die beiden docken<br />

auf sympathische Art an den früh-90er Alternativ-HipHop<br />

an.<br />

MEYER ••••<br />

TY - UPWARDS [NINA TUNE]<br />

Eine sehr liebliche, harmlose und soulvolle CD, alternativ<br />

könnte man auch sagen, dass es sich bei dem<br />

FILA BRAZILLIA - B2<br />

[TWENTYTHREE RECORDS]<br />

Was haben Fluke und Sven Väth (obwohl auf dem Cover<br />

“Vath” steht), Tosca und die United Future Organisation<br />

gemeinsam? Richtig, sie wurden alle schonmal<br />

von Fila Brazillia geremixt, dem Produzenten-Duo<br />

Dave Mc Sherry und Steve Cobby. Die Beiden remixen<br />

schon ein Weilchen, genauer gesagt seit 13 Jahren.<br />

Und da sie es immer wieder schaffen, aus den Originalen<br />

was rauszuzaubern ohne bloß billig zu remaken,<br />

sind sie als Mixer vom Dienst äußerst gefragt, und haben<br />

hier eine Sammlung von 21 Mixen zusammengestellt.<br />

Klar, dass man als Chef-Remixer dafür Chamäleon-artig<br />

durch die Stile und Genres mäandern muss<br />

und dass machen die Jungs mit einem lässigen Schulterzucken<br />

und irgendwie immer jazzigem Grundtenor.<br />

LUDWIG •••<br />

LUKE VIBERT - SYNTHAX / I LOVE ACID<br />

[WARP]<br />

Wenn mir nochmal jemand erzählt Acid, wäre nix<br />

Neues, dann empfehle ich ihm sich einfach trotzdem<br />

diese Platte von Luke Vibert anzuhören, denn das sind<br />

zwei meiner Lieblingstracks vom Album “Yoseph” und<br />

die holen Acid definitiv nicht nur zurück, sondern<br />

bringen ihn weit nach vorne, denn so albern und<br />

glücklich wie “Synthax” zu Vibert-Breaks herumquengelt,<br />

war schon lange nicht mehr in unserer nicht gerade<br />

Acidarmen Zeit. Und “I Love Acid” ist sowieso eine<br />

Hymne. Soviel Spaß hat Acid eigentlich schon Generationen<br />

lang nicht mehr gemacht.<br />

www.warprecords.com<br />

BLEED •••••<br />

LFO - FREAK<br />

[WARP]<br />

Nein, eigentlich sollte keiner sagen, dass er LFO das<br />

zugetraut hätte. “Freak” ist einfach ein Monster, das<br />

aufräumt. Das Dinge klarstellt, die schön längst mal<br />

wieder hätten klargestellt werden müssen. “Freak”<br />

bringt eine Agression in den Club, wo sie keiner vermutet<br />

hätte. “Freak” klingt irgendwie Oldschool, klar,<br />

das könnte auch Warp 91 sein. Aber irgendwie rockt es<br />

soviel mehr und ist so angriffslustig, dass sich jeder<br />

Elektrotrash dahinter einfach nur verstecken kann,<br />

und mich erinnert es dabei fast eher an Lil Louis “Videoclash”,<br />

oder “Stakker Humanoid” als an irgendetwas<br />

anderes, auch wenn Leute wie Ibrahim Alfa sich<br />

dabei vermutlich totlachen, denn schließlich haben<br />

sie ja lange Zeit die Schnellfeuerbeats für sich gepachtet.<br />

Ein Track der, selbst wenn er geremixt werden<br />

sollte, wohl einfach nicht mehr übertroffen werden<br />

kann, und der LFO als die absolute Ausnahme in<br />

die Clubs zurückbringt, die sie vor über 10 Jahren auch<br />

waren. Killer. Ach, und das hat auch noch eine Rückseite<br />

mit zwei bösen Slammertechnotracks, die vor<br />

keiner noch so bissigen Verzerrung zurückschrecken.<br />

Endlich mal eine Legende, die auch beim Wiederauftauchen<br />

noch eine ist.<br />

www.warprecords.com<br />

BLEED •••••<br />

mittlerweile zweiten Album von Ty um eine Art<br />

Weichspülersound handelt. Im Gegensatz zu seiner<br />

ersten LP “Awkward”, hat er hier eine Menge selber<br />

bzw. mit seinem Partner Drew produziert. Gast war<br />

neben Gesangseinlagen, die hier sehr oft vorkommen,<br />

u.a. der Schlagzeuger Tony Allen. Es hört sich alles<br />

sehr fortgeschritten und nahezu weise an, und das<br />

meint hier erwachsen und mit Herz und Harmonie. Einige<br />

Stücke sind natürlich auch tanztauglich, bei allem<br />

aber immer sehr bewusst und nie Standard oder<br />

glatt. Kann man seinen Kindern vorspielen, so höflich,<br />

licht, überlegt und gereinigt klingt es. Plus Ty gibt einige<br />

Weisheiten zum Besten.<br />

www.bigdada.com<br />

CAYND ••••<br />

THE HERBALISER - SOLID STEEL HERBAL BLEND<br />

[NINJA TUNE/ ZOMBA]<br />

In regelmäßigen Abständen bringen die Briten ihre<br />

Radiosendung Solid Steel als Mix CD raus. Das Intro<br />

bei dieser The Herbalizer Variante ist ganz nett und<br />

besteht aus ein paar britischen MCs, die zu Herbaliser<br />

Beats irgendwo live aufgenommen wurden. Es folgen<br />

allerlei umkombinierte Beats und Acapellas, z.B.<br />

Charles Bernstein mit Iriscience, Jay <strong>De</strong>e mit Run<br />

DMC usw, einige Mischungen sind sehr gelungen, anderen<br />

mangelt es etwas, positiv wie immmer, dass sie<br />

sich nicht bloß auf einen Musikstil beschränken, sondern<br />

in die unterschiedlichsten Kisten greifen, und<br />

daraus dann einen flüssigen Mix zaubern. Mit dem angefunkt<br />

abgespacten Teil der CD kann ich nicht so viel<br />

anfangen, aber es ist eine musikalische und einfallsreiche<br />

Mix-CD.<br />

www.ninjatune.net<br />

CAYND ••••<br />

DJ DEREZON - CHAMPIONS LEAGUE EPISODE 2<br />

[RAP.DE RECORDS]<br />

<strong>De</strong>r Einladung dieses durch seine Gruppe Rok Da<br />

Most bekannten Berliner Oldschoolers und Club-DJs,<br />

auf seinen Beats zu rappen, sind eine Menge MCs gefolgt.<br />

Im Mixtapestyle präsentiert sich diese CD und<br />

eindeutig ist das Herausragende daran die Zusammenstellung<br />

der verschiedenen MCs, die auch teilweise<br />

zu Höchstleistung aufgelaufen sind. Neben Savas,<br />

Fumanschu, Germ, Torch, Fuat, Schivv, Sera, Immo,<br />

Nosliw und vielen mehr sind auch eher weniger<br />

talentierte Rapper wie Afrob und Lisi neben einigen<br />

Sängern und eher nicht so bekannten MCs mit dabei.<br />

Cool ist, dass nicht alle Berliner sind, und schon ein<br />

recht breites Spektrum zu Wort kommt, ob man mit<br />

allen Styles was anfangen kann, ist natürlich Geschmackssache.<br />

Dumm ist, dass hier viele permanent<br />

einen etwas übertriebenen Mix aus englischen und<br />

deutschen Wörtern verwenden, und dass die etwas<br />

mager geratenen Drop-Ins alle von Amerikanern<br />

kommen, auf der CD aber eigentlich nur <strong>De</strong>utsche<br />

rappen. Das wirkt etws planlos und abgekupfert, aber<br />

die Produzentenplattenidee ist eine ganz gute, wenn<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

HIPHOP<br />

sie auch etwas ausgereifter und weniger glatt sein<br />

könnte. Aber da kommen bestimmt noch weitere Episoden.<br />

CAYND •••<br />

AESOP ROCK - BAZOOKA TOOTH<br />

[DEF JUX]<br />

Nicht dass es da irgendwelche Verwirrungen gibt, Aesop<br />

Rock ist kein Poet, er ist MC. Daher würde er irgendwie<br />

nie seine Texte den Platten beifügen, auch<br />

wenn nicht wenige der Ansicht sind, dass das ganz<br />

DVD<br />

VISUAL NICHES 2 - EXTRAORDINARY MUSIC VI-<br />

DEOS [E:MOTION / EFA]<br />

Visual Niches besetzt eine sich ausbauende Lücke im<br />

Gegenwarts-Musikfernsehen. Die DVD captured 15<br />

seltene und visuell nicht so leicht unterzukriegende<br />

Musikclips fürs Laufwerkbook. Die Auswahl hat sich<br />

wie schon bei der ersten Visual Niches-Compilation<br />

auf elektronische Musik konzentriert und Low Budget<br />

Clips integriert. Viel zu selten gesehen: Meret Beckers<br />

Kopf zerplatzt im Clip zu “perpendicular/vector”,<br />

nachdem sie die Worte des Anti Pop Consortiums in<br />

Stummfilmästhetik vernommen hat; Worte, die ein<br />

Mann mittels Cut-up und Fold-in Verfahren aus Zeitungen<br />

und Burroughs Büchern zusammengesetzt<br />

und mit einer Apparatur aus Stimmen-Typewriter und<br />

Telefon scheinbar übertragen ließ, erscheinen als<br />

Krankheit, Ansteckung, vielleicht sogar als Virus. Eigentlich<br />

ist das alles auch noch viel komplizierter.<br />

Oder: Modeselektor reisen in “loving memory” in<br />

wunderschöner Videoqualität aus der Untergrundwelt<br />

an die Erdoberfläche (wo sie als kleine Menschenkinder<br />

gelebt haben) und erfüllen eine Mission.<br />

Dazu das gruselige A&R/Menschen/Affen-Video zu<br />

Basement Jaxxs “Where’s your head?”, das niedliche<br />

“14 zero, zero” aus der Console, das Comic-inspirierte<br />

‘Head in the Sky’ (Turner experimentiert Luftballon-<br />

Fliegen mit Tieren) oder T-Raumschmieres “Monster-<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003<br />

• = NEIN / ••••• = JA<br />

hilfreich sein könnte. <strong>De</strong>nn seine Lyrics sind ziemlich<br />

dicht und man muss sie definitiv ein paar Mal hören,<br />

um zu verstehen, was genau da eigentlich gemeint ist.<br />

Simple Battleraps sind nämlich definitiv nicht seine<br />

Sache, eher volle und bildreiche Betrachtungen seiner<br />

Umgebung und andere Gedanken in cleveren Wortkombinationen.<br />

Seine neue Platte ist zu großen Teilen<br />

von ihm selber produziert worden, hat allerhand<br />

schräge Sounds und ist natürlich trotzdem sehr flüssig,<br />

auch wenn die LP vielleicht eine etwas eigentümliche<br />

Dramaturgie hat, man anfangs eine eher düstere<br />

Platte vermuten könnte, es im Endeffekt bei aller<br />

Komplexität aber doch ein in gewisser Weise fröhliches<br />

Album ist. Mit dabei sind El-P, der sich über die<br />

bekloppte Einstellung einiger Leute auslässt, die <strong>De</strong>f<br />

Jux Crew sei nicht HipHop, sie aber sehr wohl, da sie<br />

schon länger im Biz sind, auch wenn sie nicht mehr besonders<br />

viel Gutes auf die Reihe bekommen und eigentlich<br />

zu Stylefaschisten mutiert sind, desweiteren<br />

Camp Lo, etwas überraschend, aber Aesop Rock ist da<br />

ein sehr großer Fan und es beruht wohl auf Gegenseitigkeit,<br />

in einem wie der Rest der Tracks irgendwie<br />

rumpeligen Apokalypsen Stück. Schwer ist “Bazooka<br />

Tooth” kaum, bedeutsam und sowohl von der Produktion<br />

wie von den Texten einzigartig aber gewiss.<br />

Großartige und sehr urbane Platte.<br />

www.definitivejux.net<br />

CAYND •••••<br />

truckdriver” aus roughem Lo-fi Zeichentrick.<br />

Vielleicht vermisst man als Film Dvd Fan noch das übliche<br />

Zusatz-Material: herausgeschnittene Szenen,<br />

Making of Episoden, Interview-Kram. Aber klar, Visual<br />

Niches versteht seine Musikclips ja schon selbst als<br />

Zusatzmaterial (wenn nicht sogar als Ersatz fürs Musikfernsehen)<br />

und außerdem gibt es ja schon mal die<br />

Liner Notes. Karl Koch (ehemals Redaktion Wah2, freier<br />

Journalist) und Oliver Tepel (ehemals Redaktion<br />

Fast Forward, freier Journalist) stellen darin kurz, aber<br />

konzentriert Bezüge her, erklären Kontexte und geben<br />

Hintergrundinformationen zu jedem Clip. So<br />

schließt Visual Niches 2 ansatzweise auch an eine<br />

zweite, seit der Funtastic Voyages Reihe nicht mehr<br />

wirklich besetzte Lücke an (Verbindungslinien zu ziehen,<br />

Motive zu verknüpfen und sie guten Gewissens<br />

in theoretisch, ästhetische Diskurse geraten zu lassen)<br />

und erinnert mithin zumindest daran, dass Musikclips<br />

doch neben ihrer Promofunktion ästhetischen<br />

Mehrwert produzieren, der sicher nicht weniger wird,<br />

wenn ihn schlaue Köpfe beobachten. Gern noch mehr<br />

davon.<br />

www.efa-medien.de/<br />

KI ••••<br />

MIXMASTERS - EPISODE THREE [MOONSHINE]<br />

Während Ed DMX mit Vivian Wu (zwei skurrile Personen<br />

indeed) sich schon stark Richtung Video-Megamix-Clip<br />

Format umsieht, und krank genug ist, um einen<br />

durchaus zwischen Computerwelten80erretrocutouts<br />

mit Kraftwerkskins zu unterhalten, machen<br />

Wayward Soul & V-CR (Berlinerin!) einen London Bass<br />

Speadshutterurbanism-Grundkurs (Graffitti,<br />

Straßenszenen, immer gut) mit etwas überschätzten<br />

Animationspassagen (tanzende Männchen in Neongrün,<br />

fast immer blöd). Allen TG und Nurotroptics and<br />

Psi-Borg braucht man nur zu lesen, schon stehen einem<br />

die Nackenhaare fraktal und ordendlich gruftig<br />

(TG steht für Torture Garden, bäh), Pearle vom hierzulande<br />

fast inexistenten Law & Auder Label und Stan<br />

Mytkowski (Ministry Resident) pflegen die leicht<br />

überschätzte Kunst der Neonkalligraphie in sattem<br />

Grundfarbenterror, Quantik und VJ Kriel (Radio One<br />

VJ?) haben sich glatt eine Choregraphin dazugeholt,<br />

ergo Tanzschule, aka Kaleidoskoperobic mit schnuffigen<br />

arabisch-asiatischen Bonustänzerinnen und<br />

Clubschweiß im H&M Kleidchen, und wer sich von<br />

Tim Love Lee eine schmuddelig-käsig-kranke Videoumsetzung<br />

(engl. bonkers) wünscht, der wird von<br />

Word Salad und Vivid definitv nicht enttäuscht, weil<br />

sie irgendwo zwischen Schwarzweißportraitüberblendwahn,<br />

Ikebana-Revue mit unterschwelliger<br />

FERRIS MC - AUDIOBIOGRAPHIE<br />

[YO MAMA/ SONY]<br />

Ferris MC hat sein lange Jahre aufgebautes Image<br />

vom schnoddrigen Asirapper, der sich um nichts kümmert<br />

und voll real ist, irgendwie in den Dreck geworfen.<br />

Dass er den Glaubwürdigkeitsrapper beim Popsternchen<br />

Vanessa spielt, es gibt davon übrigens auch<br />

eine Version mit G.E.R.M., gibt ihm nicht gerade ein<br />

Symphatieplus, auch wenn er dazu vielleicht vertraglich<br />

verpflichtet war, Kohle brauchte o.ä. Hier also eine<br />

neue LP von Ferris, der einst zusammen mit Immo<br />

als Freak Assoziation Bremen unterwegs war und bekanntermaßen<br />

kein rappendes Mittelklassenkind ist.<br />

Neben dem Wegknallen geht es um Vergangenheit,<br />

ist ziemlich elektromäßig und rockend massiv produziert,<br />

zieht über Popstars her und man erfährt, dass<br />

Ferris ganzes Leben Sozialkritik ist. Naja, irgendwie<br />

Pathos und Pop aber in der Liga bestimmt ganz gelungen.<br />

CAYND •••<br />

INVISBLE - INVISIBLE<br />

[TABLETURNS]<br />

Ghettos auf der ganzen Welt, weiß Invisble aus Brooklyn,<br />

haben eins gemeinsam: sie stinken. Auf seinem<br />

Erstlingswerk erzählt er mit unterstrichener Ehrlichkeit,<br />

wie es so ist, dort aufzuwachwachsen, alles in einer<br />

sehr gelassen Art vorgetragen, dabei stets deutlich,<br />

verständlich und ohne unnnötige Aufregung. Das<br />

macht diese LP dann auch zusammen mit den durch-<br />

Wasserballettnähe, zwar immer auf einfache Effekte<br />

setzen, aber dafür aber Humor haben.<br />

www.addictive.com<br />

BLEED •-<br />

BARBARA MORGENSTERN - KLEINER AUS-<br />

SCHNITT<br />

[MONIKA VISION 01]<br />

Die erste Monika DVD ist ausgeschmückt von 11 Videos,<br />

gemacht zur Musik von Barbara Morgenstern.<br />

Die Filme zeigen den jeweils eigenen Blick auf den<br />

kleinen Ausschnitt, den Barbara mit ihrer Musik von<br />

sich preisgibt. Ihre sehr persönliche Musik von<br />

“Nichts Muss” veranlasst zu persönlicher Bezugnahme.<br />

“Phantasmen: Nichts und Niemand” verfolgt sich<br />

beispielsweise selbst leicht paranoid in den menschenleeren<br />

U-Bahn-Fluchten des Berliner Alexanderplatz,<br />

“Jantos und H.Rühl: Ohne Abstand” zeigt<br />

Barbara hautnah, durch den Effekt wie in einer Traumwelt,<br />

“Gudrun Gut: Nichts Muss” setzt Assoziationen<br />

im Interieur frei, “Thomas Fehlmann: Reset” erzeugt<br />

Aufmerksamkeit durch Langeweile, “Eike Swoboda:<br />

Aus heiterem Himmel” lässt den aufwendig aus Draht<br />

gebastelten Löti in seiner Festplattenwohnung wieder<br />

träumen, “Tina und Alex: Kleiner Ausschnitt” machen<br />

die Sicht der Kamera im Lumpini Park in Bangkok<br />

zum Fenster mit Ausblick, “Tim Voss: Gute Nacht”<br />

filmt eine weiße Feier mit Farn, “OCBK: Move” zeigen<br />

weg sehr netten und unspektakulären Beats zu einer<br />

hoffnungsspendenden, überdachten und so netten<br />

wie streetwisen, positiven und persönlichen Platte.<br />

CAYND •••••<br />

V.A. - STREET HOP: UNDERGROUND HIP<br />

[RICO]<br />

Zwar ein eher fragwürdiger Titel für eine Compilation,<br />

aber das macht die Sache zumindest explizit, man<br />

weiß, das hier keine Fersehhits zusammen gestellt<br />

mit drei Sportlerinnen auf der Aschebahn den Move<br />

des Lebens, “Rob Flint: Is” abstrahiert das Figürliche<br />

und umgekehrt und schließlich Barbara selbst mit<br />

“We`re all gonna fucking die”, wo sie ausgelassen Faxen<br />

macht und sich austobt. Das geniale Geschenk also<br />

für Sozialposer und Flunkerbräute mit dem dezenten<br />

Hinweis: “Alles kann, nichts muss.”<br />

ANETTF ••••<br />

GRAW BÖCKLER - SUPER 8 JAHRE<br />

[MUSIKVIDEO DVD COMPILATION]<br />

“Super 8 Jahre” ist eine wundervolle Video-Hommage,<br />

die sich an Freunde von Freestyleästhetik und<br />

grobkörniger 70er-Jahre Aufzeichnungstechnik wendet.<br />

Graw Böckler treten hier mit ihrem Videolabel eine<br />

improvisiert dokumentierte Reise an, mit Super<br />

Sieben Musikvideos “von Köln nach Korea über Ibiza<br />

nach Helsinki zum Amazonas auf das Damenklo des<br />

Nizzaclubs in Barcelona”. Wir sind unterwegs auf<br />

Straßen und Plätzen, im Kornfeld, im Vorbeifahren, in<br />

Autos, im Zug, in asiatischen Großstädten bei Nacht,<br />

im Sommer, per Zeitraffer oder im Loop gefangen, am<br />

Wasser, zwischen Menschen und mit Freunden, im<br />

Park beim Grill neben der Kuhwiese, in Schwarzweiß-<br />

Ästhetik oder auch in Retrobunt. Die Musik zu den Videos<br />

kommen von Donna Regina “Why”, Mantler<br />

“This time last year”, Ulf Lohmann “Because”, Markus<br />

Guentner “Regensburg Rmx”, Jürgen Paape “So weit<br />

worde, sondern eine recht treffsichere Auswahl an<br />

nicht besonders bekannten und auch nicht so massentauglichen,<br />

deswegen vermutlich Underground<br />

genannten, Tracks zu hören sind. Einige davon wurden<br />

noch nie veröffentlicht, andere sind eher selten.<br />

Mit dabei sind Apani, Rise&Shine, Saian Super Crew,<br />

Shabaam Sahdeeq, Cee-Rock feat. Promoe, Pachecos<br />

feat. The Pharcyde, Metaphysics, C-Rayz-Walz und<br />

viele mehr, also nicht nur Amerikaner, auch wenn<br />

hauptsächlich auf Englisch gereimt wird, sondern<br />

auch ein paar andere Nationalitäten, aber wir wissen<br />

ja, dass es darum eigentlich eh nicht mehr geht. Das<br />

Wild-Style-mäßige Trainyard Cover ist auch ganz nett,<br />

man erinnert sich halt gerne an die glorifizierten sogenannte<br />

goldene und unverdorbene Zeit und versucht<br />

was von dem damaligen Vibe heute weiterleben<br />

zu lassen. Ein netter Sampler, denn Reimen können<br />

sie alle und einen eigenen Style haben sie weitgehend<br />

auch.<br />

CAYND ••••-•••••<br />

ROYCE THE 5’9” - BUILD AND DESTROY, LOST SES-<br />

SIONS 1 [TROUBLE RECORDS]<br />

Die Beats sind definitiv cool chrom und bouncig, und<br />

Royce The 5’9”, <strong>De</strong>troiter MC, u.a. bekannt durch<br />

Clubknaller wie “Boom”, glänzt auch neben seinem<br />

Stadtkumpanen und Rapstar Eminem nicht weniger.<br />

Auf dieser Doppel-CD bekommt man neben auf Maxis<br />

untergekommenen Stücken hauptsächlich unveröffentlichte<br />

Tracks, oder z.B. einen schrägen RJD2 Re-<br />

wie noch nie” (leider ohne Orginalvocals), Thomas<br />

Brinkmann “Ursula” und von Niobe mit “Villa E”.<br />

Außerdem befindet sich ein kleines Werbefilmchen<br />

zur sinnvollen Gestaltung des öffentliches Raumes in<br />

Köln auf der DVD. “Mein Vorschlag Friesenbad”<br />

macht Werbung für Ideen und möchte ein Riesen-<br />

Friesen-Freibad in der Kölner City. Die Musik stammt<br />

von Danmass und “FormFreak”. Dieses Projekt ist<br />

dem Berliner “Flussbad” sehr ähnlich. “Realities United”<br />

stellten bereits 1998 ihre Vision der Spree als<br />

Swimmingpool inmitten der Museumsinsel vor. Als<br />

kleinen Zusatz kann man sich am Ende das Making of<br />

der Videoproduktionen ansehen.Supersüß und bezaubernd!<br />

Leider funktioniert das Scheibchen nur unwirsch<br />

auf “Sony Vaio” und Aldi-Rechnern.<br />

mfuerprojektion.de<br />

ANETTF •••••<br />

PETER THOMAS SOUND ORCHESTER - RAUMPA-<br />

TROUILLE [BUNGALOW/ZOMBA]<br />

<strong>De</strong>r Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das<br />

Jahr 3000. Dies sind die Abenteuer des schnellen<br />

Raumkreuzers Orion VIII und seiner tollkühnen Besatzung<br />

unter Commander Cliff Allister McLaine. In<br />

Wirklichkeit befanden wir uns im Jahr 1966, der Weltraum<br />

war ein Studio der Bavaria, die zu erkundenden<br />

Planeten ein Tagebaugelände in der Nähe von Aachen,<br />

gedreht wurde in schwarz-weiß und der Soundtrack<br />

stammte von Peter Thomas. <strong>De</strong>r hatte allerdings<br />

das Problem, dass es keine erschwingliche Elektronik<br />

für futuristische Musik gab. Also setzte er auf Jazz,<br />

Unterhaltungsmusik, 12-Ton-Kompositionen, abstrakte<br />

wie auch dramatische Sounds, nannte es “New<br />

Astronautic Sound” und bastelte daraus einen Soundtrack<br />

zusammen, der höchst amüsant die teutonischen<br />

Raumabenteuer vertont. Was aber noch wichtiger<br />

ist: Diese Musik funktioniert auch ohne die wenig<br />

bunten Bilder, kann also ohne Probleme für sich alleine<br />

bestehen. Vor einiger Zeit bereits von Bungalow<br />

wieder veröffentlicht, kommt der Soundtrack nun, um<br />

zehn bislang nicht erhältliche Bonus-Stücke ergänzt,<br />

zum Filmstart der fragwürdigen 90-Minuten-Kinoversion<br />

mit Elke Heidenreich-Überleitungen. <strong>De</strong>:<strong>Bug</strong>-<br />

Rat: Doppel-DVD samt diesem Soundtrack kaufen<br />

und zu Hause mit Freunden, Bügeleisen und Bleistiftanspitzer<br />

Spaß haben.<br />

JOJ •••••<br />

MIXMASTERS - EPISODE ONE [MOONSHINE]<br />

Äh, ihr erinnert euch an 2Step? Audio-Video-Clash im<br />

Fernsehformat? Oder ihr habt VJs in eurer Stadt, die<br />

es ernst meinen und kaum noch ein Clubabend<br />

mix von “Boom” zu hören. Als Produzenten waren ansonsten<br />

u.a. Neptunes, Jay <strong>De</strong>e und Rush dabei, weitere<br />

Gastrapper sind Methodman und Kelis. Royce<br />

The 5’9” hat auf jeden Fall einen sehr akkuraten, deutlichen<br />

und asozialen Rapstil.<br />

CAYND •••••<br />

FANNY PACK - SO STYLISTIC<br />

[TOMMY BOY]<br />

Salt’n’Pepper oder die unbekannteren aber ziemlich<br />

irren und guten L’Trimm sind die deutlichen Referenzen<br />

von Fanny Pack. Also Female Rap der späten 80er:<br />

aufgekratzt freche Raps plus minimalistische Beats<br />

aus der Roland-808. In der Version der zwei musizierenden<br />

Jungs und der drei Girls (Jessibel, Belinda und<br />

Cat heißen die) paart sich das zudem mit fettem Booty-Style.<br />

Das klingt zwar erst einmal sehr ausgedacht<br />

- und ist es wohl auch - doch die Mischung funktioniert<br />

vorzüglich. Wenn man „Push it” mochte und gegen<br />

Partymusik mit einer Extraportion Bass nichts<br />

einzuwenden hat, ist das genau das richtige. Und bitte<br />

nicht vom 80’s-Trash-Cover mit original Fat Boys<br />

Schriftzug abschrecken lassen und sich auf das Album<br />

im Oktober freuen.<br />

MEYER •••••<br />

kommt ohne aus? Dann dürfte euch klar sein, dass<br />

DVDs irgendwie das Medium dafür sind, solche Kollaborationen<br />

auch rauszubringen. Genau das macht<br />

diese neue Serie von Moonshine, und zwar gleich mit<br />

einem ganzen Satz von DVDs. Keine Clipsammlung,<br />

sondern eben schnell und (vermuten wir mal) live geschnitten.<br />

Bewegen wir uns also mit Alpha Omega<br />

von Reinforced durch seine letzten Releases und die<br />

Schrottplatzbesuche von Tapehed (“nichts rollt wie ne<br />

Markenfelge”), skippen durch eine Diashow von Tourerlebnissen<br />

der Krust Posse zu Skater- und Stadt-<br />

Hintergründen mit stellenweise outdateten und teachenden<br />

Animationshintergründen vom nicht unabsichtlich<br />

so genannten JustD Phantasmagoria, machen<br />

Stippvisite bei den Initiatoren der CD, Addictive<br />

TV, die frech viel Zeit für ihre polyforme und multiscreenende<br />

Oszillatoren Street-TV Sause zu etwas<br />

latinlastigen Spacer (Pussyfoot) Tracks hatten. So, das<br />

waren die musikalisch großen Namen von denen ichs<br />

wissen wollte. Und nu? Ist ja so schlimm interaktiv, so<br />

eine CD. Und wenn einen die Bilder nicht sofort bannen,<br />

die Musik tuts bestimmt nicht, denn bei DVDs ist<br />

nun mal das Bild das Primärmedium. Mellowtrons<br />

meets Giles Thaker ist was für Leute, die gerne vom<br />

Lesen in der Badewanne zum Nachtbaden zwecks<br />

sensorischer <strong>De</strong>privation zur Psychosensteigerung<br />

driften, Jes Benstock von Technobabble entführt uns<br />

mit Pork-Musik ins Land der Babyträume (Angeblich<br />

sehen die ja unscharf, vielleicht haben sie Glück), und<br />

Justin Eade von Glimpse zu Musik von Fructose (sagt<br />

mir beides absolut gar nichts) ist, vermutlich weil die<br />

Bilder einfach aus der interessantesten Stadt kommen,<br />

Hochbahnen sind einfach eine kulturelle Investition<br />

die sich auszahlt, mit seinen vielen Speedshuttereffekten<br />

zwar nicht unbedingt das coolste was ich<br />

so gesehen habe, aber wenigstens erzählt es einem<br />

schnell sehr, sehr viele Geschichten in verdammt vielen<br />

Bildern. An Glimpse geht also klar der Videopreis,<br />

an AlphaOmega die Schrotthaufenkrone. Als Bonus<br />

gibts dann von allen ein kurzes Interview (Musikanten<br />

wie Visualitäter (sorry), leider in einem etwas doofen<br />

Screendesign, das auch von Kulturzeit kommen könnte<br />

und in eher steifer Interviewsituation). Ich freu<br />

mich schon drauf, wenn die Videoposses demnächst<br />

so DVDs kaufen gehen müssen wie Producer 12”es, allein<br />

schon um von ihrer Szene zu hören. Das Label<br />

nennt es “Acid Film-Making” oder “Visual Therapy”,<br />

UK-Rave-Falldown also immernoch. Mixmasters ist<br />

jedenfalls Einsteigermaterial, etwas das man als Serie<br />

selbst auf gängigen Musikkanälen senden könnte,<br />

aber ausbaufähig.www.addictive.com<br />

BLEED ••-••••


BUCH • = NEIN / ••••• = JA<br />

NETAUDIO<br />

AXEL HONNETH, MARTIN SAAR (HG.) - FRANK-<br />

FURTER FOUCAULT-KONFERENZ 2001 [SUHR-<br />

KAMP]<br />

Bei Rezeptionen muss man ja immer auf der Hut sein<br />

und gerade bei einem unangepassten <strong>De</strong>nken wie<br />

dem von Foucault sind große Konferenzen unter Titeln<br />

wie “Zwischenbilanz einer Rezeption” nicht ungefährlich,<br />

sind sie doch immer auch der Versuch einer<br />

Aneignung und institutionellen Eingliederung<br />

dessen, was ihn zu einem besonderen und irritierenden<br />

Theoretiker gemacht hat. Tatsächlich zeigt dieser<br />

Band mit Beiträgen von Judith Butler, Nancy Fraser,<br />

Axel Honneth, Lorraine Daston, Christoph Menke<br />

et.al. zwischen politischen, philosophischen und wissenschaftsgeschichtlichen<br />

Leseweisen aber immer<br />

noch, dass Foucaults <strong>De</strong>nken zu vielfältig und zu unruhig<br />

ist - und auch bleibt. Trotzdem die Konferenz<br />

schon 2001 gewesen ist, lohnt es sich also auf Grund<br />

dieser Vielfalt, in den Band zu gucken. Beruhigend.<br />

14 Euro<br />

MERCEDES •••••<br />

AXEL HONNEDARIO AZZELLINI/BORIS KANZLEI-<br />

TER (HG.) - DAS UNTERNEHMEN KRIEG<br />

[ASSOZIATION A]<br />

Neben theoretischen Auseinandersetzungen zur Einschätzung<br />

der so genannten Neuen Kriege (die oft so<br />

neu nicht sind) analysieren die AutorInnen in 9 länderspezifischen<br />

Fallbeispielen Kooperationen von<br />

Staat, Militär, Private Military Companies (PMCs),<br />

Warlords und Konzernen. Sie entgehen dabei den Fallen<br />

der Überdeterminierung von kriegerischen Auseinandersetzungen<br />

durch ethnische oder religiöse<br />

Konflikte und richten den Blick auf die ökonomischen<br />

GAMES<br />

POKÉMON - RUBIN & SAPHIR EDITION<br />

[GBA / NINTENDO]<br />

Zugegebenerweise ließen uns Nintendos Pocket<br />

Monster bis dato ziemlich kalt. Klar, das Marketingkonzept,<br />

mit dem der technisch längst überholte Game<br />

Boy erster Generation viel länger verkauft wurde,<br />

als eigentlich fair gewesen wäre, verdiente Respekt,<br />

aber sonst? Gerade die penetrante Omnipräsenz von<br />

Pikachu, dem “gelben Scheißding” (aus einer alten<br />

<strong>De</strong>:<strong>Bug</strong>-Headline) und Konsorten, seit Jahren in Medien,<br />

Spielzeugabteilungen bis hin zu Bildungseinrichtungen<br />

kaum zu übersehen, verleitet einen gerne zu<br />

einem vorschnellen Diss. Sprich: Wir haben alle fünf<br />

Gameboy-Module sowie die zwei Titel fürs N64 geflissentlich<br />

ignoriert. Bis jetzt. Und wir sind überrascht.<br />

Einmal angeschaltet entfaltet das Spiel einen<br />

unwiderstehlichen Charme, der gerne trotz simpler<br />

Basisparameter zu ausufernden Sessions führt. Als<br />

Pokémon-Trainer gehen wir in der mit allen Nintendotypischen<br />

Finessen gespickten Welt Hoenn auf Reisen<br />

und werden ständig in rundenbasierte Kämpfe verwickelt.<br />

Somit ist das Spielziel nicht etwa, den Kontinent<br />

vorm Untergang oder entführte Adelige aus den<br />

Klauen fieser Unholde zu retten, nein, allein in sportlich-friedlichen,<br />

nie martialischen Kämpfen wird sich<br />

ausgetauscht. Alle Hoenn-Bewohner lieben Pokémon<br />

und leben mit ihnen in freudiger Eintracht. Die Fights<br />

verlaufen entweder gegen andere Trainer im Duell<br />

oder kontra wilde Pokémons, die im hohen Gras lauern.<br />

Unser Team verdient hierin die rollenspieltypischen<br />

Erfahrungspunkte und wir das nötige Kleingeld<br />

für Einkaufstouren in den zahlreichen Städten. Wilde<br />

Viecher können in Pokébällen eingefangen werden<br />

und gehören von dem Augenblick an zu unserem Dream-Team.<br />

So weit, so gut. Einen wesentlichen Reiz<br />

des ganzen Spektakels macht auf lange Sicht die<br />

schwer zu stillende Gier nach neuen, nur kurz gesehenen<br />

oder wieder entwischten Monstern und einige Erfahrungslevel<br />

später deren Weiterentwicklung aus:<br />

“Schnapp sie Dir alle!” Das Kampfsystem erinnert an<br />

alte Rollenspiele, ist in seiner Komplexität aber nicht<br />

zu unterschätzen (allein 14 Charakterklassen mit eigenen<br />

Attacken, Stärken, Schwächen etc.). Außerdem<br />

gibt es immer etwas zu tun, der Multilinearität sei<br />

dank. Ehe alle Arenaorden gesammelt und die Pokémonliga<br />

gewonnen ist, kann einige Zeit vergehen.<br />

Von Nintendos Produktspezi werden 200 Stunden<br />

grob geschätzt. Wir haben in gut 50 Spielstunden bisher<br />

nur 120 der insgesamt knapp 400 Pokémon zu Augen<br />

bekommen und nur 66 tatsächlich catchen können.<br />

Neben dem sehr clever designten, sich sukzessive<br />

aufbauenden, mannigfaltigen Arsenal an Spielelementen<br />

steckt nicht zuletzt auch wegen der Link-<br />

Möglichkeit zu anderen Spieler-GBAs, mit denen man<br />

Wesen tauschen, battlen oder einfach nur die zur Style-Entwicklung<br />

nötigen Kraftriegel mischen kann, einiges<br />

an Langzeit-Potenzial im farbigen Spielmodul.<br />

Wer das Phänomen Pokémon verstehen möchte, sollte<br />

es selber gespielt haben, soviel scheint nun klar.<br />

Dabei kann wohl auch ein anderer der fünf bisher erschienenen<br />

Haupttitel als Versuchsobjekt fungieren,<br />

denn laut Expertenmeinung sind die neuen Folgen<br />

mehr Updates als Pokè-Revolution. Pokémon ist ein<br />

grandioses Rollenspiel mit opulentem Umfang, vielen<br />

Freiheiten und wird aller Voraussicht nach weiterhin<br />

Nintendos Goldesel bleiben, denn Unkenrufen und<br />

der spartanischen Präsentation zum Trotz verkauft<br />

sich auch das aktuelle Duo wie geschnitten Brot. Unser<br />

Fazit: Kinder mögen sich zwar fix von Hypes verleiten<br />

lassen, greifen langfristig aber doch zu Qualität.<br />

BUB & BOB •••••<br />

SUPERPOWER [PC / DREAMCATCHER]<br />

140 Nationen und sie führen eine! Es geht los. Die<br />

Strategie spielt, und Sie spielen die Strategie. Super<br />

Power gibt sich hier als recht realistische geopolitische<br />

und militärische Simulation, deren Datenbankinformationen,<br />

über drei bis vier Jahre (??) gesammelt<br />

wurden. Da ist sie endlich, die perfekte künstliche Intelligenz<br />

und will ein ernstzunehmender Gegner, Pardon,<br />

Partner sein: der EME. Also nur Sie und die anderen<br />

139 Nationen dieser Welt. Vor allem all jene, die eigentlich<br />

schon immer‚ was zu nörgeln hatten, und sowieso<br />

alles besser machen, können hier auf politischer,<br />

wirtschaftlicher, demografischer und militärischer<br />

Ebene ihr tatsächliches Können unter Beweis<br />

stellen, wohlgemerkt in ganzer “Hau den Lukas”-Sensibilität.<br />

OK, Sie haben Geheimdienste und diplomatisches<br />

Geschick. Offen bleibt eigentlich nur alles Religiöse,<br />

Kulturelle und so. Vielleicht besser, vielleicht<br />

nicht. Kurzum, es passiert viel und es gibt viel zu tun.<br />

Doch leider bekommt man davon nichts mit. Man<br />

Vorteile vom Kriegzustand für die Akteure vom einzelnen<br />

Plünderer bis zum Waffenproduzenten. Ethnische<br />

Konflikte stellen sich dabei als Effekt von<br />

Kriegsökonomien ein oder dienen als notwendige Repräsentation<br />

und Legitimation von Kriegsakteuren.<br />

Azzellini beschreibt beispielsweise, wie Kolumbien<br />

seit 20 Jahren als “Versuchslabor für privatisierte<br />

Kriegsführung” funktioniert - was nicht als<br />

Schwächung des Staates gewertet werden kann. Paramilitärs,<br />

Warlords und Privatarmeen als Akteure<br />

der Neuen Kriegsordnung - so der Untertitel des Bandes<br />

- wollen die AutorInnen nicht als Verursacher von<br />

Chaos und Staatszerfall untersuchen, denen der Westen<br />

meist hilflos gegenübersteht. Die von Dieter<br />

Drüssel in diesem Band beschriebene Private Military<br />

Company DynCorp zeigt, wie die USA (neben anderen)<br />

als Auftraggeber die Privatisierung von Kriegen<br />

forciert. DynCorp hat sich seit seiner Gründung 1946<br />

zu einem global agierenden Konzern mit Einnahmen<br />

von über 2 Milliarden $ gemausert. Ihm obliegt die<br />

Verwaltung von Gefängnissen ebenso, wie die Ausbildung<br />

bosnischer und irakischer Polizisten, die Entwicklung<br />

hochsensibler Software für Sicherheitsapparate,<br />

der Schutz der US-mexikanischen Grenze,<br />

Wartung der US-Air Force-Stützpunkte, die Entwicklung<br />

von Impfstoffen gegen Pocken und Anthrax, Managing<br />

der Ölreserven der USA, Einsatz von Sprühflugzeugen<br />

in Kolumbien und Überwachung der Vernichtung<br />

der Massenvernichtungswaffen in Russland.<br />

In der Durchsetzung staatlicher und privatkapitalistischer<br />

Interessen, sowie der “Aufstandsbekämpfung”<br />

kooperieren PMCs, Paramilitärs, Armee,<br />

transnationale Konzerne, die US-Drogenbehörde,<br />

Viehzüchter und US-Army in wechselnden Konstellationen.<br />

Etwa wenn Texaco, Nestlé und Coca-Cola<br />

Paramiltärs zur Bewachung ihrer Anlagen und zur<br />

Verhinderung gewerkschaftlicher Organisierung aufbauen,<br />

die nicht selten die Liquidierung der Gewerkschaftsmitglieder<br />

bedeutet. Knut Rauchfuss beschreibt<br />

das Zusammenspiel von Geheimdiensten,<br />

organisiertem Verbrechen und Killerkommandos in<br />

der Türkei, wenn es um die Bekämpfung der PKK<br />

geht, und wie Drogenhandel und Glücksspiel dabei<br />

als lukrative Einnahmequelle genutzt wird. Stefanie<br />

Kron und Matilde Gonzales untersuchen Massenvergewaltigungen<br />

als Mittel der “Aufstandsbekämpfung”<br />

und kontrollierten (Neu-)Organisierung von<br />

Dorfgemeinschaften in Guatemala. Lisa Rimli beleuchtet<br />

die private Sicherheitsindustrie um Öl- und<br />

Diamantenfelder in Angola. Insgesamt gerät das<br />

Weltbild mit der analytischen Konzentration dieses<br />

Buchs auf die vom Krieg profitierenden Beteiligten<br />

pessimistisch, fast ohnmächtig. Einige Beiträge gera-<br />

sieht nichts, hört nichts, gar nichts, keine Bilder, das<br />

verdammte Ding redet nicht einmal mit Ihnen. Nur<br />

die gröbste aller Weltkarten im westlich zentrierten<br />

Stil und Striche. Ein Wust, fast ein Durcheinander, von<br />

verschiedenen Menüs und unterschiedlichen Buttons<br />

bildet die Basis dieses Spieles. Geduld ist hier gefragt.<br />

Und plötzlich hat Belgien ihnen die Handelsverträge<br />

über Energie gekündigt. Für passionierte Vielklicker<br />

und System-Nerds wie uns und Hardcore-Strategiespieler<br />

wie Euch genau die richtige Portion Realismus.<br />

Danke. Das nächste bitte.<br />

PUR ••-•••<br />

CARCASSONNE [PC / KOCH MEDIA]<br />

Carcassonne ist als Brettspiel der Burner der letzten<br />

Jahre. Ritter, Bauern und Wegelagerer versuchen ihr<br />

Glück und bauen die südfranzösische Stadt so auf,<br />

dass die eigenen Mannen möglichst viele Burgen, Wege,<br />

Wiesen, Wirtshäuser und Klöster ihr Eigen nennen.<br />

Dabei muss jeder pfiffig puzzeln und den<br />

Überblick behalten, denn jeder Nachbar schmarotzt<br />

und sahnt die eigenen Punkte ab. Riesenspaß! Das<br />

Spielfeld ist zunächst nur eins von den 72 quadratischen<br />

Kärtchen groß, an die die restlichen angelegt<br />

werden. Oder mehr, wenn man sich die Erweiterungen<br />

leistet. Also sieht Carcassonne immer anders aus.<br />

Jetzt gibt es das Game auch für den PC, optisch aufpoliert<br />

und onlinefähig. Die Spielfiguren können<br />

selbst gestaltet werden und sind, wenn erwünscht,<br />

auch spaßig animiert. Für jeden Spieler gibt es die Option,<br />

eine andere Perspektive zu wählen, so dass auch<br />

im Netzwerkdaddeln klar ist, wer an der Reihe ist. Die<br />

mitgelieferte Musik kann praktischerweise und dürfte<br />

schnellst möglichst durch eigene MP3s ersetzt werden.<br />

Ansonsten bietet die digitale Variante keine neuen<br />

Optionen, aber die Qualität des Originals überzeugt<br />

auch auf dem Screen, allein die Menüführung<br />

kann nicht überzeugen. Als kleiner Goodie liegt die<br />

Flusserweiterung für das Brettspiel bei, die nicht im<br />

Handel erhältlich ist.<br />

OTTO ••••<br />

CHAOS LEGION [PS 2 / CAPCOM]<br />

Neben diversen Fortsetzungen und Remakes, die in<br />

der letzten Zeit leider gameplay-technisch nicht gerade<br />

taufrisch ausfielen, schickt Capcom heuer einen<br />

unverbrauchten, wie es neuerdings auch in der Gamesbranche<br />

gerne heißt, “Franchise” ins Rennen.<br />

Zwei aktuelle Tendenzchen der Traditionsfirma spiegeln<br />

sich in Chaos Legion wider: ein irgendwie Gothic-angehauchtes<br />

Setting mit Burgen und Kathedralen<br />

(aber zum Glück wenig Darkness-Schmock) und<br />

die Affinität zu deutschen Namen. Fightete sich so<br />

letzten Monat noch Vanessa Schneider in P.N.03<br />

durch die Wüste “Öde”, so trägt diesmal unser Protagonist<br />

allen ernstes den Namen “Sieg Wahrheit” und<br />

das tut er natürlich auch in der japanischen Originalversion.<br />

Spielerisch besteht Chaos Legion rein aus<br />

sehr linearen Massenkeilereien, ein Begriff der auf<br />

dieser Seite öfter mal fällt, hier aber wie die Nadel ins<br />

Öhr passt: Sieg sieht sich mit seinem Schwert meist<br />

einer zweistelligen Feindanzahl gegenüber. Abhilfe<br />

schaffen die namensgebenden Legionen, kleine<br />

Kampftruppen mit unterschiedlicher Bewaffnung,<br />

die, temporär hervorgezaubert, uns einen Backup und<br />

den Gegnern Saures geben. Eine taktische Note verspricht<br />

die Limitierung auf nur zwei Einsatztrupps, die<br />

“mitgenommen” werden dürfen. <strong>De</strong>r Preis für die<br />

technisch ohne Mucken ablaufenden, oftmals gut losrockenden<br />

Schlachten, sind karge, unbelebte Schauplätze,<br />

die man sich mehr als singulär aneinander ge-<br />

ten aufgrund der Fülle an Informationen und Recherchen,<br />

was Namen, Akteure, Unter-und Nebenorganisationen,<br />

Filialen und jeweilige Umbenennungen angeht,<br />

an die Grenze der Lesbarkeit, die man andererseits<br />

aber den AutorInnen dann wieder nicht anlasten<br />

kann. 14 Euro www.schwarzerisse.de<br />

KK •••••<br />

ALEXANDER MESCHNIG/MATHIAS STUHR (HG.) -<br />

ARBEIT ALS LEBENSSTIL [SUHRKAMP]<br />

Auf der neverending Arbeitsparty der New Economy<br />

wurden die Macs zusammengefegt - zur Pink-Slip-<br />

Party wollte man nimme r- der Nemax ruht auf dem<br />

Indexfriedhof und was bleibt, stiftet die Ich-AG. Zeit<br />

für dafür, bleibenden Phänomenen wie der viel beschworenen<br />

“Kulturalisierung der Ökonomie” genauer<br />

nachzuspüren. Oscar Negt entdeckt den postfordistischen<br />

Optionisten, der statt Geld und Sicherheit<br />

von seinen Arbeitgebern nichts weiter als temporäre<br />

Zusatzqualifikation erwartet und seine Arbeitslosigkeit<br />

nur als selbst verschuldet begreifen kann. Auch<br />

das proteische Individuum bei Alexander Meschnig<br />

rackert sich eher für ein Arsenal an Erfahrungen und<br />

Beziehungen als für Produktion und Akkumulation<br />

ab. Arbeit wird also zum Workshop, für den (nicht nur<br />

potentiell) bezahlt werden darf. Gerburg Treusch-<br />

Dieter spannt in ihrer Analyse den Bogen von antiken<br />

und biblischen Diskursen zum Baudrillardschen<br />

nicht-vorhandene-Arbeit- simulierenden “Arbeitsmannequin”,<br />

zu Kontrollgesellschaft und Hartz-Papier.<br />

Sie setzt mit ihrer feministischen Kritik bei der<br />

ursprünglichen Akkumulation und bei Adam und Eva<br />

an, um Veränderungen im Verhältnis von Produktion<br />

und Reproduktion, Automation und Klonung zu beschreiben.<br />

Und resümiert, dass anstelle der Revolution<br />

die Postevolution auf den Plan tritt, um die Körper<br />

und nicht die Gesellschaft, zu verändern. In weiteren<br />

Beiträgen wird die New Economy als erste Popökonomie<br />

verhandelt, die Gegenwart des Nomadischen einer<br />

Kritik unterzogen oder gefordert, den Arbeitsbegriff<br />

auf emotionale Arbeit auszuweiten. Insgesamt<br />

bilden die 11 Beiträge ein theoretisch/analytisch<br />

reichhaltiges Buch, auch wenn sich von Zeit zu Zeit in<br />

Kulturpessimismus geflüchtet wird oder Effekte der<br />

Verflüssigung der Subjekte naturgemäß nur spekulativ<br />

verhandelt werden können. Etwas verwunderlich,<br />

dass die neoliberalen Verhältnisse zwar mit viel Geschichte,<br />

aber umso weniger Welt daherkommen. Arbeitsmannequin,<br />

Abfindungsempfänger und arbeitsloser<br />

Optionist dürften in denselben Turnschuhen<br />

aus recht eindeutigen Produktionsverhältnissen daherkommen.<br />

10,- Euro www.suhrkamp.de<br />

KK ••••-•••••<br />

reihte Arenen denn als erkundbare Welt vorstellen<br />

sollte. <strong>De</strong>r Gesamteindruck bleibt irgendwo zwischen<br />

Spektakel und Simplizität stecken, denn nach nur wenigen<br />

Stunden verliert das Gekeile seine Verlockung,<br />

ohne aber aufgrund der überdeterminierten Struktur<br />

einen “Immer mal wieder für ‘ne Runde gut - Reiz” á la<br />

“State of Emergency” zu entwickeln. Freunde von Dynasty<br />

Warriors & Co sollten trotzdem antesten.<br />

BUB •••<br />

DIE HARD VENDETTA<br />

[XBOX / VIVENDI UNIVERSAL]<br />

Wenn es einen Film gab, der dem Genre des so genannten<br />

Action-Film die absoluten Weihen verliehen<br />

hat, dann war es wohl Die Hard von John McTiernan.<br />

Seine Spannung zog dieser Film aber weniger aus irgendeiner<br />

Rachemotivation wie die Schwarzenegger-<br />

Filme davor, aus spektakulären Stunts oder aus Gunshot-Zelebrierungen<br />

(das hatte Sam Peckinpah schon<br />

lange vorher erledigt), sondern aus seiner fast schon<br />

aristotelisch zu nennenden Einheit von Zeit, Ort und<br />

Handlung. Die klaustrophobische Situation innerhalb<br />

des Nakatomi-Towers, die verzweifelten Bemühungen<br />

um Laufwege, das Spiel mit den Fahrstühlen, den<br />

Lüftungsschächten, den Funkgeräten - all das trug dazu<br />

bei, dass Die Hard etwas Besonderes wurde (OK,<br />

OK, Bruce Willis war auch noch da). Interessanterweise<br />

entstand Die Hard zu einer Zeit, als ein anderes<br />

Medium gerade seine Grundkonstituenten definierte<br />

und ausbaute, das der Computerspiele. Und auch dort<br />

ging es nur in Handbüchern und Vorspännen um Psychologie,<br />

auch dort entstand Spannung aus einer Einheit<br />

von Ort, Zeit und Handlung, auch dort ging es um<br />

Laufwege, Informationslogistik und Reaktion. Die<br />

Hard war gewissermaßen der filmische Ausdruck eines<br />

Paradigma, das sich seit Breakout an einem anderen<br />

Ort ausgebildet hatte, eine Reflexion auf die Möglichkeiten<br />

des anderen und eine <strong>De</strong>monstration der<br />

eigenen Stärken in Bezug darauf. Seltsam, dass erst<br />

seit zwei Jahren die Marketingstrategen der Entwicklungsstudios<br />

darauf gekommen sind, dass es ja eine<br />

Rückverwertung dieser Beeinflussung geben könnte,<br />

dass man Verspielungen von dieser Quasi-Verfilmung<br />

von Computerspielen machen kann, um noch mal abzukassieren.<br />

Das begann mit Die Hard - Nakatomi Plaza<br />

und setzt sich nun fort mit Die Hard Vendetta, und<br />

es lässt all das vermissen, was den Film so groß gemacht<br />

hat. Wo der Film filmisch war in seinem Aufgreifen<br />

des Computerspielparadigmas, da ist das<br />

Spiel nicht spielerisch genug, um diese zwei Ebenen<br />

nachzuvollziehen. Es ist ein gescripteter Ego-Shooter,<br />

mehr nicht. Also ein langweiliger Film. Nicht ganz<br />

schlecht. Aber weder so begeisternd wie anno-dunnemals<br />

Die Hard im Kino und Doom auf den Bildschirmen.<br />

Wenigstens hat man Manfred Lehmann als Stimme<br />

gewinnen können.<br />

MWM ••<br />

SUPER BUST A MOVE ALLSTARS<br />

[GAMECUBE / TAITO, UBI SOFT]<br />

Die Bust-A-Move- alias Puzzle-Bobble-Serie gehört zu<br />

den besten Spielen im schwer zu schubladisierenden<br />

Genre der Games von Breakout bis Tetris, in denen<br />

man fröhlich Farben und Formen aneinander reiht,<br />

herumdreht, abschießt usw., um den Bildschirm in irgendeiner<br />

Art zu “leeren”. Nun bekommt auch der<br />

Würfel seine exklusive Version, lobenswerter Weise<br />

gleich zum 30 Euro-Mid Price und unsere Namensvettern<br />

Bub&Bob sind auch wieder dabei, leider erneut<br />

zu Munitionsträgern degradiert. Das Grundprinzip<br />

bietet zum Glück business as usual: In diversen Varianten<br />

schießen wir mit unser Kanone verschiedenfarbige<br />

Blasen auf ebensolche. Sind mehr als drei der<br />

gleichen Couleur, platzen sie herunter und, vereinfacht<br />

gesagt, dem Opponenten auf den Schirm. Reißt<br />

ein feister Schuss noch andere Blasen mit in die Tiefe,<br />

kommt es zu einer Kettenreaktion. Für Komplexitätserhöhung<br />

sorgen neben verschiedenen Bubble-Typen<br />

wie Mini-, Explosions-, Bowling-, Sternen- oder<br />

Riesenblasen noch diverse Arten von Blocksteinen<br />

und die unterschiedlichen Farben- und Blubbertypus-<br />

Angriffsmuster der Charaktere. Technisch bleibt sich<br />

die Serie treu, ist also gut zwei Hartwarengenerationen<br />

hinten und mit vielen ultratrashigen, aber in der<br />

Gesamtheit sehr charmanten Hintergründen ausgestattet.<br />

Gezockt wird gegen menschliche Widersacher<br />

oder die CPU, ein exzellenter Puzzle- und ein<br />

neuer Shoot Em Up-Modus runden die Chose ab. Einen<br />

Rüffel gibt es allerdings für den Mogeltitel “Allstars”,<br />

denn wider Erwarten findet hier kein Aufeinandertreffen<br />

der Lieblingscharaktere aus den 10.000<br />

vorherigen Games der Reihe statt, sondern allein die<br />

Crew aus der letzten Folge gibt sich ein Stelldichein.<br />

Auch wenn Imperative in Rezis manchmal nerven: Einen<br />

Bust-A-Move-Titel sollte jede(r) in der Sammlung<br />

haben. Da diese Folge zum ersten mal einen vernünftigen<br />

Vierspieler-Simultanmodus sowie den größten<br />

Variantenreichtum aller Teile besitzt, greift in Massen<br />

zu!<br />

BUB •••••<br />

VARIOUS ARTISTS: AUTECHRE REMIX [XLTRONIC]<br />

Xltronic.com hat in diesem Sommer einen anscheinend halbwegs offiziellen Autechre-Remix-Contest veranstaltet.<br />

Insgesamt 171 Beiträge umfasst die komplett im Netz veröffentlichte Sammlung aller Remixe. Darunter<br />

findet sich natürlich eine ganze Menge unsinniges Rumgedrohne und so manch ein langweiliger Selbstverwirklichungsversuch<br />

– aber auch ungefähr genauso viele gute, interessante und bisweilen auch brillante<br />

Tracks. Schwierig ist es nur, sich das ganze Zeug tatsächlich anzuhören, ohne eine IDM-Allergie zu bekommen.<br />

<strong>De</strong>shalb hier jetzt mal ein paar völlig willkürlich ausgesuchte Highlights: Tilapia im Tia Reebot Remix von <strong>De</strong>fpoint<br />

(# 082) rockt definitiv, Gooks Milk DX Remix (#025) beweist Humor und Pixelliebe, Handoverthecarts<br />

Overand Remix (#035) ist ein guter Ohrwurm für Leute, die keine Würmer mögen, Intensivebears Vose In Remix<br />

(#007) bringt ein bisschen Elektronika-Sweetness mit ins Spiel und Shawn Grantzes Graf-Mix (#023)<br />

schwelgt im <strong>De</strong>tail. Fortsetzung folgt?<br />

http://www.xltronic.com<br />

JANKO •-•••••<br />

HPC: CONTRAST THE CATERPILLAR [DOPEDESIGN]<br />

Es gibt Situationen, da wird man richtig neidisch als Review-Schreiber. Zum Beispiel, wenn im Dopedesign-Forum<br />

so Sätze fallen wie dieser: "Ich weiß nicht, ob irgend jemand Zeug wie dieses macht ... ausgenommen vielleicht<br />

die Leute, die Jingles für das Cartoon Network machen." Besser könnte man nämlich den verspielten Optimismus<br />

dieses Tracks nämlich gar nicht auf den Punkt bringen. Weshalb ich's jetzt auch gar nicht erst versuche.<br />

Toller Track. Runterlanden!<br />

http://www.dopedesign.com<br />

JANKO •••••<br />

SYMPHONIC STEREO: 19 [PLEASEDOSOMETHING]<br />

<strong>De</strong>r Herbst kann kommen. Schließlich besitzt Symphonic Stereos neueste Netz-EP genug Wärme und Spätsommerromantik,<br />

um jeglichen Wetterwechsel zu vergessen. Fünf schöne Tracks, mit denen uns das schon von<br />

Starvingbuthappier bekannte Duo gleichzeitig wohlig einlullt und auf den Dancefloor drängt. Mein persönlicher<br />

Favorit ist Get Away mit einem Bass, der einen freundlich aus der Lethargie aufweckt. Apart In the Dark<br />

dagegen klingt für meinen Geschmack fast ein bisschen zu sehr nach 80er-Sentimentalität. Trotzdem, eine feine<br />

EP. Und ganz nebenbei ein Netlabel, das man im Auge behalten sollte.<br />

http://www.pleasedosomething.com<br />

JANKO ••••<br />

V.A.: ID.001 [IDEOLOGY]<br />

Netlabels sind im Jetzt und Hier wohl schon langsam aber sicher das, was<br />

die 7“Labels in den 90ern waren, zumindest wird es unüberschaubar.<br />

Schuld daran haben in diesem Fall Kollege Moritz Sauer, Jörg Friedrichs,<br />

Christian Sierpinski und Brigitte Bijoux mit ihrem neuen Netlabel Ideology.<br />

Super ist, dass es hier nicht um IDM zu gehen scheint. Stattdessen<br />

pendeln die Tracks zwischen Downbeat, entspanntem HipHop und<br />

Bleeps und Clonks der straighteren Sorte. Irgendwie klingt durch, dass<br />

die Ideology-Menschen wohl mal ganz tief drin waren im Drum and Bass.<br />

Für Fans von Tokyo Dawn ein Tipp, mir persönlich eine Spur zu sehr im<br />

Downbeat und Chill Out verhaftet. <strong>De</strong>nnoch auf jeden Fall eine Bereicherung<br />

der Netaudio-Landschaft.<br />

http://www.ideology.de RENÉ ••••<br />

SYLVAIN CHAUVEAU: GUINETTE PIRATE 09.01.2003<br />

Wunderbare 27 Minuten vom Minimalklassikwunderkind Sylvain Chauveau,<br />

dessen letzte Mini-LP eigentlich gerade jetzt zum Herbstbeginn<br />

passender veröffentlicht werden sollte, insgesamt im Frühjahr aber leider<br />

etwas untergegangen ist. Auf der Website von Grand Teton gibt es<br />

ein MP3 von Chauveaus Supportgig für Windsor for the <strong>De</strong>rby. Ein sich<br />

aufbauschendes Loopmonster voller Gitarrenplinkereien, Flächen und<br />

Samples, das gut und gerne doppelt so lang sein könnte. Ein Track, der einem<br />

tröstend auf die Schulter klopft, die Hand reicht und einfach den Tag<br />

rettet. Statt des Pianos ist es in diesem Fall die Gitarre, die Sylvain Chauveau<br />

bearbeitet und gleichzeitig streichelt. Windsor for the <strong>De</strong>rby sahen<br />

bestimmt verdammt blass aus. Loopdichimmerweiterbitteschön.<br />

http://www.grand-teton.net RENÉ •••••<br />

Silent Season Dub [Thinnerism]<br />

Eine Compilation eines der nun wirklich am konsequentesten releasenden Netzlabel im eher minimal orientierten<br />

Bereich und eine Compilation, die Minimal Dub endlich auch mal wieder so lässig und breitwandig cool<br />

klingen lässt, dass man sofort drin untergeht und jeden der Tracks bis ins letzte Knistern ausschöpfen möchte.<br />

Mit dabei Falter (Krill.Minima), Lufth, Selfish, Off The Ski, Rasmus Moebius, Periskop, Chronolux, Taho, Digitalis<br />

und Benfay, und nicht einer der Tracks enttäuscht, sondern jeder entwickelt in seinem eigenen Sound zwischen<br />

extrem ruhigen, fast geflüsterten Dubs und clickrigem Rauschen eine Welt, die smoother kaum sein<br />

könnte. Minimal Dub Platte des Monats für mich. Wie immer als 192kbps Qualitäts MP3s auf der Webseite.<br />

http://www.thinnerism.com<br />

BLEED •••••<br />

Krill.Minima - Zwischen Zwei Und Einer Sekunde [Thinnerism]<br />

Und nein, so kurz sind die Track natürlich nicht, die Krill.Minima hier macht. Im Gegenteil. Meist sind die Stücke<br />

von Martin Juhls eher lang, und diese Zeit brauchen sie auch, denn hier wird jeder Sound bis ins letzte <strong>De</strong>tail<br />

ausgehört. Eine Dubplatte auch das, aber Dubs in einem Tempo, dass man nicht mehr in Beats messen kann,<br />

sondern eher in Momenten. Sehr sehr smooth und trotzdem noch immer mit einem Hauch von Popappeal. Eine<br />

der ruhigsten Platten zur Zeit, die alles andere als dazu verleitet einzuschlafen.<br />

http://www.thinnerism.com<br />

BLEED •••••<br />

René Breitbarth - oo's [Textone/001]<br />

Auf dem neuen Label von Jay Haze erscheinen hier 4 Tracks der eher dark und funky steppenden Art von Breitbarth,<br />

den man so afro eigentlich selten erlebt hat. Weniger dubbig oder smooth als aus seinen Releases für<br />

Treibstoff bleibt aber natürlich auch hier die ein oder andere schwebende Fläche nicht aus, und mit "Woosave"<br />

gibt es auch einen dieser sweeten detroitigen Dubhits mit Extrasnaps von ihm, aber als Ganzes richtet sich diese<br />

EP viel mehr Richtung US-House, oder was daraus eigentlich hätte werden müssen. Sehr lässig.<br />

http://www.textone.org<br />

BLEED •••••<br />

DE:BUG.75 - 10.2003 –<br />

- DE:BUG.75 - 10.2003


DE:BUG PRESENTS: TERMINE IM OKTOBER:<br />

RICARDO VILLALOBOS<br />

ALCACHOFA TOUR<br />

Er ist nicht zu stoppen. Nachdem sein "Easy Lee" schon den halben<br />

Sommer als Promo durch die Plattenkisten geisterte,<br />

während Herr Villalobos selbst so gut wie kein Open-Air ausließ<br />

und fleißig Augenringe sammelte, kommt er jetzt nochmal mit<br />

der Tour zum Album bei euch vorbei.<br />

03.10. 12/34, Berlin / 17.10. Zieglers, Heidelberg / 25.10. Via Felsenau,<br />

Bern / 28.11. Preassure, Glasgow * / 29.11. Fabric, London *<br />

(* mit Richie Hawtin)<br />

ISO68 TOUR<br />

Florian Zimmer und Thomas Leboeg verzaubern mit ihren Miniaturen<br />

aus Akustik und Elektronik wieder das ganze Land. Mit im<br />

Gepäck: ein frisches Remix-Album mit Größen wie Calexico, Sixtoo<br />

oder Corker/Conboy. Hingehen und glücklich sein.<br />

24.10. Hann.Münden, Kurbelkasten / 25.10. Stuttgart, Neuer Travellersclub<br />

/ 26.10. Berlin, Magnet / 28.10. Marburg, Cafe Trauma (w/<br />

Ulrich Schnauss) / 29.10. Köln, Studio 672 / 30.10. Hamburg, Tanzhalle<br />

/ 31.10. Flensburg, Volxbad / 01.11. Leipzig, Ilses Erika / 02.11. Bayreuth,<br />

Glashaus / 07.11. München, Hausmusikfestival @ Pathos-<br />

Transport Theater<br />

TIGERBEAT 6 - PAWNS ACROSS<br />

EUROPE<br />

Kid 606, DJ/ Rupture und Dwayne Sodahberk. Brutaler Laptop-<br />

Berserker-Rock’n’Roll, was sonst. Kid 606 zieht durch die Clubs<br />

und zieht seine Buddies mit. Pogo im Club stirbt nie. Am Tresen<br />

festhalten, yo!<br />

01.10. Wien, Rhiz / 02.10. Karlsruhe, ZKM / 03.10. tba / 04.10. Dresden,<br />

Scheune, 05.10. tba / 07.10. Leipzig, Conne Island / 09.10. Köln, Studio<br />

672 / 09.10. Berlin, WMF / 10.10. Hamburg, Phonodrome<br />

SOUL:UTION TOUR<br />

Mit Marcus Intalex' Soul:ution Tour macht sich der Imprint für die<br />

soulfulle Seite des Drum and Bass auf die Reise durchs kontinentale<br />

Europa. Da sich dieser Sound hierzulande bereits großer Beliebtheit<br />

erfreut, darf man sich auf gut besuchte Abende mit Marcus<br />

Intalex & MC DRS jenseits jeglichen Endzeit-Geschredders<br />

freuen.<br />

11.10 . Genf /15.10. Düsseldorf / 16.10. Stuttgart, Le Fonque / 17.10. Berlin,<br />

Watergate /18.10. Leipzig, Conne Island (mit High Contrast!)<br />

WEILHEIM AUF RÄDERN TOUR<br />

Weilheim - längst ein Begriff in der Musik wie New Orleans Jazz<br />

oder Sound of Munich. Nur lebendig und auf Tour. Alle Stars der<br />

indietronischen Schneidersitz-Ballade schnallen sich im Kompaktpack<br />

die Räder unter - und die schwarzen Raben fliehen das<br />

Land. Dabei gibt es jeweils zwei Dates pro Stadt und zwei Lineup-<br />

Kombis: Entweder Ms John Soda, Tied&Tickled Trio und Console<br />

oder Couch, Lali Puna und Notwist. Schöner kann man die dunkle<br />

Jahreszeit nicht begehen.<br />

01.10. + 02.10. Berlin, Columbiafritz / 04.10. + 05.10. Brüssel, AB /<br />

06.10. + 07.10. Hamburg, Markthalle / 08.10. + 09.10. Köln, Stollwerk<br />

/ 15.10. + 16.10. München, Alabamahalle / 28.10. + 29.10. Wien, WUK<br />

ESSEN ELEKTRONISCH<br />

Weg mit den Hemmschwellen: Medien ins Leben, Leben ins Medium.<br />

Das hat man sich für diese Veranstaltung in der Essener<br />

Trichterhalle auf die Fahnen geschrieben. Dafür wird die Zeche<br />

zur audio-visuellen Landschaft zwischen Kunstprojekt und Live-<br />

Musikfestival, und das für Umme. Vormittags Workshops, abends<br />

Live-Auftritte von und mit:<br />

Porter Ricks / Frank Bretschneider / Lumen / Semiqrum / F.X.Randomize<br />

/ Vert / Niobe.<br />

03.10. Essen, Trichterhalle auf dem Gelände des Zollvereins<br />

ON THE FLOOR<br />

BAD KLOSTERLAUSNITZ - MUNA<br />

18.10. - Anthony Rother (live), Soundfreaks<br />

feat. He-Man, Foch, Kay<br />

BERLIN - 12|34<br />

03.10. - Richie Hawtin, Ricardo Villalobos,<br />

Sammy <strong>De</strong>e, Ata<br />

BERLIN - AUSLAND<br />

09.10. - Brenn van de Nessel feat.: Sascha (live),<br />

Döbereiner (live), Hey Driver Cool Down<br />

The Horses (live) / 10.10. - Otomo Yoshihide,<br />

Sachiko M, Aexel Dörner, Andrea Neumann,<br />

Annete Krebs / 25.10. - Colleen, Hervé Boghossian<br />

/ 31.10. - Si-Cut. DB<br />

BERLIN - BASTARD<br />

08.10. - Schneider TM, Justine / 08.10. - Schneider<br />

TM, Justine / 22.10. - Why (live)<br />

BERLIN - ICON<br />

03.10. - DJ Flore, T-Ina, Christine Lang, MC Looney<br />

Tunes / 04.10. - Klute, Alley Cat, Obiwan,<br />

MC Mace, White MC / 11.10. - Flare 5, Emisz,<br />

N'<strong>De</strong>e, White MC / 18.10. - Bassface Sascha,<br />

N'<strong>De</strong>e, Obiwan, MC Stunnah / 25.10. - J.Majik,<br />

Metro, Emisz, MC Mace<br />

BERLIN - LOVELITE<br />

10.10. - Caynd, Basti Zett, Gaucho, Kiwi, Audiossey,<br />

Shir Khan<br />

BERLIN - MARIA<br />

24.10. - Audio Bullys, Brooks, Alexkid, DJ Rabauke<br />

/ 31.10. - Barry Ashworth, Tanith Brx, Vela,<br />

Arzt, ED2000, Rollin Thunder, Mamiko San<br />

(live)<br />

BERLIN - PFEFFERBANK<br />

02.10. - Turner / 09.10. - Meteorites (live)<br />

BERLIN - PLANETARIUM PRENZLAUER<br />

ALLEE<br />

23.10. - Monolake (live)<br />

BERLIN - POLARTV<br />

04.10. - Alter Ego (live), Woody, Luciano, Frank<br />

Finger, Samim (live) / 11.10. - Savas Pascalidis,<br />

Luke Solomon, Martin Landsky, Broker / <strong>De</strong>aler<br />

(live) / 18.10. - Electric Indigo, Housemeister,<br />

MC Wuzi Khan, Modelselktor (live), Bucci<br />

(live), Clé / 22.10. - Diringer / 24.10. - Sven Väth<br />

/ 25.10. - Rob Mello, Phonique, Mike Vamp, Kiki,<br />

Damian Lazarus, The Glimmer Twins /<br />

29.10. - Hannes Teichmann<br />

BERLIN - SO36<br />

06.10. - Monomash (live), Oliver Nicolo, Lyaric<br />

Johnson / 13.10. - Wimpy, Wolle Haarnagel /<br />

20.10. - Mo, Monika Kruse, / 27.10. - DJoker<br />

Daan, Sebbo, Marc Snow<br />

BERLIN - STERNRADIO<br />

02.10. - Tasaka, Autotune / 03.10. - Funkie Junkie,<br />

Jan Driver, Daniel Sunn, Mohan, Felix Rennefeld<br />

(live) / 04.10. - Tom Clark, Bundi, Sven<br />

Brede / 10.10. - Frank Finger, Bad Baxter, Samim<br />

(live) / 11.10. - Jeremy Caulfield, Michi Moser,<br />

Tobi Dreher / 17.10. - Kiki, Silversurfer /<br />

18.10. - Matthias Tanzmann, Martin Landsky, P.<br />

Parker / 24.10. - Lowdon, Gunjah / 25.10. - Gebrüder<br />

Teichmann, Kombinat 100 (live) / 26.10.<br />

- Eric D. Clark, Dole & Kom, Mat Diaz, Da Rule,<br />

PF NFX, Frederic / 31.10. - Sascha Funke, Housemeister<br />

BERLIN - WATERGATE<br />

02.10. - Adam Sky, Terranova Soundsystem<br />

feat.: Fetisch & Naughty, Mike Vamp, Sebo K /<br />

03.10. - Aziz, MC Shnek, <strong>De</strong>fraq, Scamp, Bonobo,<br />

40 Oz / 04.10. - Tobi Neumann, Cornelius<br />

Tittel, Yannick, Hefner / 10.10. - Kabuki, Metro,<br />

<strong>De</strong>fiant, MC Santana, <strong>De</strong>joe / 11.10. - Magda,<br />

Dinky, Mo, Stella 76, Zoe, Nanday, Codex /<br />

16.10. - COKE DJ-Culture: Afrika Bambaataa,<br />

Turntablerocker, Sebo K, Mason / 17.10. - Marcus<br />

Intalex, MC DRS, Metro, <strong>De</strong>fiant, Danie<br />

Best, Daniel Störtebecker / 18.10. - ND Baumecker,<br />

Carsten Klemann, Gelbmusik / 23.10. -<br />

Ricardo Villalobos, Ewan Pearson, Carsten<br />

Klemann, Cornelius Tittel, Nick Höppner,<br />

Dixon, Ata / 24.10. - Lee, Metro, <strong>De</strong>fiant, MC<br />

Soultrain, Sebo K, 40 Oz / 25.10. - Dan Bell,<br />

Sammy <strong>De</strong>e, Cabanne (live), Baby Ford, Dimbiman<br />

(live), Thomas Melchior, Zip / 30.10. -<br />

Vela, Branka, Ipek, Popayata, Jose, D. nase,<br />

Okan, Sedyst / 31.10. - MTC Yaw, Wolff, <strong>De</strong>fiant,<br />

MC Soultrain, 40 Oz<br />

BERLIN - WMF<br />

04.10. - Jackmate (live), Highfish / 09.10. - Kid<br />

606, Dwayne Sodahberk, DJ Rupture / 18.10. -<br />

Egoexpress (live), Andreas Sachwitz, Daniel<br />

Wetzel, Shumi, Paulsen, Plock, Dreamz, Benjamin<br />

Gouda / 23.10. - Miss Kittin & Ellen Allien /<br />

25.10. - Tobias Thomas, Jennifer / 30.10. - Fenin<br />

(live), Safety Scissors (live), Daniel Meteo<br />

BERLIN - ZENTRAL<br />

14.10. - Criterion, Doily, 1-Speed Bike<br />

DRESDEN - FESTSPIELHAUS HELLERAU<br />

11.10. - Tuna Trigger (live)<br />

DüSSELDORF - KOELN E.V.<br />

11.10. - Safety Scissors (live), Frank D'Arpino,<br />

Marc Kanuer<br />

DüSSELDORF - UNIQUE<br />

01.10. - Aquasky / 03.10. - Luke Vibert / 15.10. -<br />

Crazy Cuts / 17.10. - Ata, Jan Krüger, Gee /<br />

24.10. - Rainer Trüby<br />

FRANKFURT / MAIN - MOUSONTURM<br />

11.10. - Meteorites (live), Ragazzi (live)<br />

FREIBURG - ELEKTROLOUNGE<br />

10.10. - Cabanne, Marek Dima, Ephy<br />

ON TOUR<br />

COLOMA<br />

07.10. - Linz, Stadtwerkstatt / 08.10. - Wien,<br />

B72 / 09.10. - München, Orange House / 10.10.<br />

- Heilbronn, Mobilat / 11.10. - Genf, L'Usine /<br />

12.10. - Feldkirch, Sonderbar / 21.10. - Hamburg,<br />

Indra / 22.10. - Berlin, Paradis / 23.10. - Hannover,<br />

Glocksee / 24.10. - Leipzig, Ilses Erika /<br />

25.10. - Dresden, Hellerau<br />

DONNA REGINA<br />

15.10. - Münster, Luna Bar / 16.10. - Hamburg,<br />

Astrastube / 17.10. - Berlin, Roter Salon / 18.10.<br />

- Dresden, Scheune / 19.10. - Würzburg, Cafe<br />

GRAZ - POSTGARAGE<br />

17.10. - Krust, CPt. Jogin, Suhaid, Illinois<br />

HAMBURG - ASTRASTUBE<br />

01.10. - Silly Walks / 02.10. - H.Heh, Black Walter<br />

/ 03.10. - Raf Le Spoink / 04.10. - Black<br />

Bunny, KXR / 05.10. - The Movement / 06.10. -<br />

G.Büttner, J. Rabeler / 07.10. - Kepler, Snailhouse<br />

/ 08.10. - Reggae Club Silly Walks /<br />

09.10. - Stromzähler: Nicromantik / 10.10. -<br />

S:Cream / 11.10. - Plastic Ivy, DJ Caulfield / 13.10.<br />

- Criterion, Dioly, One-Speed-Bike / 14.10. -<br />

Drekka, Mäkkela's Trasch Lounge, Mano Nelson<br />

/ 15.10. - Reggae Club Silly Walks / 16.10. -<br />

Donna Regina, Anna Loog, Tom Bola / 17.10. -<br />

Stubenarrest / 18.10. - Sunday Service / 20.10. -<br />

Okkervil River / 21.10. - H7-Club / 22.10. - Reggae<br />

Club Silly Walks / 23.10. - Gaffa, DJ<br />

Ram_Löser / 24.10. - Metroheadmusic for Metroheadpeople<br />

/ 25.10. - Harry Merry, Sonata<br />

Rec. / 27.10. - Ditterich von Euler-Donnersperg<br />

/ 28.10. - Colleen (Leaf / France) / 29.10. - Reggae<br />

Club Silly Walks / 30.10. - 7inchSpektor<br />

Drop-Out / 31.10. - Britta & Neil, Pussa & Roman<br />

HAMBURG - CLICK<br />

02.10. - RObi Insinna aka Headman, Marc<br />

Schneider / 04.10. - Ada (live), M.I.A., Cranque<br />

/ 10.10. - Stamina, ROmpa Stompa, MC Ire Vibe,<br />

Flowpro, Wile / 11.10. - Trike (live), Feadz,<br />

Lawrence / 17.10. - Beta 2, Zero Tolerance,<br />

Amaning, Fu / 18.10. - Luciano, Harre / 25.10. -<br />

Steve <strong>Bug</strong>, <strong>De</strong>troti Grand Pubahs (live), Martin<br />

Landsky, Henry<br />

HAMBURG - HOCHBUNKER<br />

02.10. - Richie Hawtin, Carson Plug, Maurizio<br />

Schmitz<br />

HAMBURG - INDRA<br />

31.10. - Ragazzi, Meteorites, Angie Reed<br />

HAMBURG - PHONODROME<br />

04.10. - Huah, die Sterne, Superpunk, Stella,<br />

Spillsbury, Von Spar, Arne Zank, Ascii Disko,<br />

Lado DJ-Team / 17.10. - Jeans Team, Das Bierbeben,<br />

Turner / 18.10. - Steve D, Mad Max, Pacou,<br />

Recyver Dogs (live) / 25.10. - Steve <strong>Bug</strong>, martin<br />

Landsky, <strong>De</strong>troit Grand Pubahs, Oliver Lieb,<br />

Mijk van Dijk<br />

HAMBURG - PUDEL<br />

01.10. - Oddatee , Mixwell & Friends / 03.10. -<br />

Marc Schneider, Zoran Zupanic / 04.10. - Carsten<br />

Jost, Lawrence / 05.10. - Raf, Superdefekt<br />

/ 08.10. - Cranque & Seriously Tight / 10.10. -<br />

Marc Schneider, Zoran Zupanic / 11.10. - Bonnie,<br />

Carsten Jost / 12.10. - Raf, Superdefekt /<br />

15.10. - Mixwell & Friends / 17.10. - Marc Schneider,<br />

Zoran Zupanic / 18.10. - Everlast Soundstation<br />

/ 19.10. - Paul B. Davis, Lektrogrill / 22.10. -<br />

Mr. Son & Twizzard / 24.10. - Marc Schneider,<br />

Zoran Zupanic / 25.10. - Bonnie, Lawrence /<br />

26.10. - Error23 (live), Repogrrl, Raf, Superdefekt<br />

/ 29.10. - Mixwell & Friends / 31.10. - Lawrence<br />

(live), Carsten Jost, Sten<br />

HAMBURG - STUBNITZ<br />

14.10. - Benjamin Wild (live), Vincenco, Lowtec<br />

(live), Losoul, Tobias Thomas, Carsten Jost,<br />

ND-Baumecker<br />

HAMBURG - TANZHALLE<br />

02.10. - Justin Case, Stanley Ipkiss / 03.10. -<br />

Psychonauts, <strong>De</strong>ine Villa / 09.10. - Gold Chains<br />

(live) / 16.10. - Erobique / 24.10. - Basteroid (live),<br />

Jan Eric Kayser, <strong>De</strong>ine Villa / 31.10. - D. Diggler<br />

HAMBURG - WAAGENBAU<br />

11.10. - Felix Kubin (live), CObra Killer (live), Jacques<br />

Palminger (live), Puyo Puyo, Raf Le<br />

Spoink, Superdefekt / 18.10. - COKE DJ-Culture:<br />

Afrika Bambaataa / 31.10 - Strobocop, Tayler<br />

Durden<br />

HAMBURG - WESTWERK<br />

28.10. - Earlydayminers (live), DJ Patrick Ziegelmüller<br />

HEIDELBERG - SCHWIMMBAD MUSIK CLUB<br />

08.10. - Gold Chains (live)<br />

HEIDELBERG - ZIEGLERS<br />

17.10. - Ricardo Villalobos<br />

INNSBRUCK - HADES<br />

18.10. - Krust, Ego, Node, Zest<br />

KöLN - ARTHEATER<br />

04.10. - Miss <strong>De</strong>e, Walter B38, DC, Henree, MC<br />

Marvelous, DJ Adlib, Harry Swinger<br />

KöLN - BLUE NOTE<br />

03.10. - Cranque, Jake / 10.10. - Jörg Waschat,<br />

Jan Lankisch / 17.10. - Butterfly Potion, Carbonid<br />

Solo / 18.10. - Pocket Rocket (live), Beatschubiger,<br />

Frank Martiniq, Catya / 24.10. -<br />

Cow, Chicken / 31.10. - DJ und ich, DJ Ob, DJ<br />

Kuhl<br />

KöLN - ESSIGFABRIK<br />

25.10. - Audio Bullys, Brooks, Alexkid, DJ Rabauke<br />

KöLN - KULTURBUNKER<br />

26.10. - Colleen, Hervé Boghossian<br />

KöLN - SENSOR<br />

04.10. - Broker <strong>De</strong>aler (live), Strobocop,<br />

Triple R<br />

KöLN - STADTGARTEN<br />

16.10. - COKE DJ-Culture: Afrika Bambaataa /<br />

18.10. - Teebee, basic, Forward, T.J. Hookah,<br />

Rinc, MC Marvelous<br />

KöLN - STUDIO672<br />

03.10. - Tobias Thomas, Eden, Batu / 08.10. -<br />

Kid606, Dwaynee Sodahberk, DJ/Rupture /<br />

Cairo / 20.10. - Konstanz, Kulturladen / 22.10. -<br />

München, Harry Klein / 26.10. - Winterthur,<br />

Kraftfeld / 28.10. - Stuttgart, Neuer Traveller /<br />

29.10. - Frankfurt / Main, Ahoy / 30.10. - Köln,<br />

Gebäude 9<br />

STYROFOAM<br />

08.10. - München, Harry Klein / 14.10. - Stuttgart,<br />

Neuer Traveller / 16.10. - Dortmund, Cosmotopia<br />

/ 19.10. - Hamburg, Hafenklang<br />

ZION I, K-OTIX<br />

04.10. - Biel, La Couple (tbc) / 07.10. - Berlin,<br />

Knaak / 08.10. - Hamburg, Echochamber /<br />

10.10. - Wil (CH), Remise / 11.10. - Aarau (CH),<br />

Kiff / 12.10. - Mannheim, Soho / 15.10. - Nürn-<br />

10.10. - Tobias Thomas, Superpitcher, Safety<br />

Scissors (live) / 15.10. - Styrofoam (live) / 24.10.<br />

- Tobias Thomas, Superpitcher / 29.10. - Iso68<br />

(live) / 31.10. - Tobias Thomas, Michael Mayer,<br />

Superpitcher, Thomas Fehlmann, Gudrun Gut,<br />

Chica Paula, Jan Jelinek<br />

KöLN - SUBWAY<br />

04.10. - Martin landsky, Caro, FM Alexander,<br />

Till Heinzelmann / 11.10. - Christian, Matias<br />

Aguayo / 17.10. - Uh-Young KIm, BB Stöpsel /<br />

25.10. - Acid Maria, Ata / 31.10. - Phanta, Phliipp<br />

Maiburg<br />

LEIPZIG - DISTILLERY<br />

02.10. - Dixon, Till, Isa, Mr. Edd & Mr. Muff /<br />

03.10. - Dr. Schmift, CFM, Sketch / 04.10. - Dave<br />

The Sheikhaka, Marc Figge, Chris Manura,<br />

Philip Alicke / 11.10. - André Galuzzi, Marc<br />

Miroir, Lars Christian Müller / 17.10. - MBValent,<br />

Windy, Booga, MC Phowa / 18.10. - The<br />

Auxmen (live), Keith Tucker, Steve Kotey, Chris<br />

Manura / 25.10. - Blame, Sketch, MC Ronin,<br />

Marlow<br />

MANNHEIM - MS CONNEXION<br />

02.10. - DJ Hype, DJ SS, Shimon, Darren Jay,<br />

Twisted INdividual, Distroted Minds, E. <strong>De</strong>cay,<br />

Bassline Generation, Chronic b2b Alex, Triple<br />

T, The Ragga Twins, Grooverider, High Contrast,<br />

Aquasky, Panacea, Crossfire, Ultraviolet<br />

MüNCHEN - CANDYCLUB<br />

17.10. - Meteorites (live)<br />

MüNCHEN - FLOKATI<br />

03.10. - Sascha Funke<br />

MüNCHEN - HARRY KLEIN<br />

01.10. - Kamerakino (live) / 03.10. - Dis*Ka (live),<br />

Jill Mingo / 04.10. - Oliver Kapp, Dominik<br />

Schuster / 09.10. - House Of Fix (live), Lester<br />

Jones / 10.10. - DJ FC Shuttle, DJ Hometrainer /<br />

11.10. - Acid Maria, König Saatgut, Joe Johnson<br />

/ 18.10. - Lester Jones, Cio D'Or, Mark Marniku<br />

/ 24.10. - Christian Kreuz, Kern 002 / 25.10. -<br />

Sonja Mooner, DJs Klub Kool Khan / 31.10. - Filippo<br />

Naughty Moscatello, Julietta<br />

MüNCHEN - PATHOS<br />

03.10. - Cio, Rho, Julius Kammerl, Frogstar,<br />

Dottore Mooner / 10.10. - Jamie Liddel, Funkstörung,<br />

Chris <strong>De</strong> Luca / 17.10. - La Loakai, Zebra3,<br />

Nemo / 24.10. - Dottore Mooner, Cnut (live)<br />

/ 31.10. - Goldie, MC Rage, Frogstar, Ryan,<br />

Nemo<br />

NüRNBERG - HIRSCH<br />

10.10. - Alexander Kowalski (live), Homebase,<br />

Letter<br />

OFFENBACH - ROBERT JOHNSON<br />

01.10. - Laurent Garnier / 02.10. - Superpitcher,<br />

Tobias Thomas / 03.10. - Miguel Ayala, MC Glacious<br />

/ 09.10. - Heiko MSO, Johnny Love, Weller<br />

/ 10.10. - Sascha Funke, Ellen Allien / 11.10. -<br />

Mocky (live), Munk DJ-Team / 17.10. - Steve<br />

<strong>Bug</strong>, Meat / 18.10. - Heiko MSO, Geoffroy /<br />

24.10. - DJ Koze, House Of Fix (live), Ata / 25.10.<br />

- Thomas Hamann, Gerd Janson, Sven Hellwig<br />

/ 31.10. - Zip<br />

POTSDAM - MINSK<br />

03.10. - Kay Meseberg, Rosko / 04.10. - Pete,<br />

Modelektor / 11.10. - skate, Reflector DJs, Visomat<br />

Inc., Framefarmers<br />

RAVENSBURG - DOUALA<br />

03.10. - Zombie Nation, John Starlight, Dominik<br />

Schuster / 17.10. - Eddie Flashin Fowlkes<br />

SCHWERIN - GERBEREI<br />

04.10. - Sascha Funke, Ellen Allien<br />

STUTTGART - LE FONQUE<br />

03.10. - Tomas Jirku, Joachim Spieth, Björn<br />

Stolpmann / 10.10. - I-F, Mick WIlls / 16.10. -<br />

Markus Intalex, Lightwood / 17.10. - Sascha<br />

Funke / 31.10. - Jackmate, M.R.I (live), Benjamin<br />

Lieten<br />

STUTTGART - NEUE HEIMAT<br />

04.10. - The Horrorist (live), Festes Weiss (live),<br />

Attuk, Mark Mautz / 11.10. - Ellen Allien,<br />

Daniel Benavente, Shon / 18.10. - Daniel Benavente,<br />

Attuk, Chris Sonax / 25.10. - Neil Landstrumm,<br />

Shon, Mark Mautz<br />

STUTTGART - SUITE 212<br />

04.10. - Ark / 11.10. - Ghost Cauldron / 17.10. -<br />

Daniel Haaksmann / 18.10. - Chloe, Rework,<br />

Monoton / 24.10. - The <strong>Bug</strong> & Tikiman<br />

STUTTGART - UNIVERSUM<br />

02.10. - Lee, Native Minds, Teasem NME Click,<br />

MC Haze, MC Remedy<br />

WEIMAR - E-WERK<br />

10.10. - 20.15 Uhr Robert Lippok (live) und<br />

Pingfm<br />

WIEN - FLEX<br />

11.10. - Panacea, Gon & Duke, Break Pitt / 16.10.<br />

- Krust, Suhaid, Resista, Coda<br />

ZüRICH - BOGEN 13<br />

18.10. - The Meteorites / 24.10. - Plaid, Spezialmaterial<br />

DJ-Team<br />

ZüRICH - ROHSTOFFLAGER<br />

03.10. - DAF (live) / 04.10. - Alexander Kowalski<br />

(live), Diego (live), Gangsta, Bang Goes, T-<br />

Nova / 10.10. - Bad Company, Neuro_Technologies,<br />

Task Horizon / 11.10. - Westbam, Lexy &<br />

K-Paul (live), Pauzl Kalkbrenner, Styro2000,<br />

Haito / 18.10. - Claude Young, Robert Hood,<br />

<strong>De</strong>etron, Mikky B / 25.10. - Luke Slater, Jesco<br />

Schuck, Mirko Loko, Eric Borgo / 31.10. - Remadfy,<br />

Player, Mark K, RCK<br />

berg, Viperroom (tbc) / 16.10. - Wien, tba /<br />

17.10. - Pfarrkirchen, Boogaloo / 18.10. - München,<br />

Muffathalle / 21.10. - Paris, Batofar /<br />

23.10. - Moers, Volksschule / 24.10. - Leipzig,<br />

Conne Island / 25.10. - Mattsee (A), Postkutsche<br />

/ 26.10. - Trier, Exhaus /<br />

NORTHERN LITE<br />

03.10. - Rostock, Mau Club / 18.10. - Erfurt, Centrum<br />

/ 24.10. - Ludwigshafen, Loft / 25.10. -<br />

Stuttgart, Wohlfahrt<br />

CLIENT + DJ ANDREW FLETCHER<br />

29.10. - Hamburg, Neu / 30.10. - Berlin, Maria /<br />

31.10. - Dresden, Blauer Salon<br />

DATES-DEADLINE FÜR DEN NOVEMBER: 12.10.03 / GETIPPT UND GEFILTERT VON THADDEUS HERRMANN


Informationen unter 0211 4371 5820<br />

www.royalelastics.com

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